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Schwarz-Weiße Weihnacht

von

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20.Dezember

Farfarellos Mundwinkel zuckten. Normalerweise unterschied sich seine Vorstellung von Amüsement ein wenig von dem, was andere, „normale“ Leute so als erheiternd empfanden. Doch der Anblick, der sich ihm gerade bot, war einfach zu komisch, um nicht darüber zu lachen. Er bemühte sich, es zu verbergen, aber vermutlich war das ohnehin überflüssig. Der Zorn des schwarzschen Teenagers konzentrierte sich gerade ausschließlich und vollkommen auf Schuldig, der mit einem breiten Grinsen sein Werk betrachtete.
 

„Du siehst gut aus, Nagi“, sagte er gerade und war sichtlich angestrengt, um nicht laut loszulachen. „Nein wirklich, die Sachen stehen dir.“

Ein wütender Blick unter braunen Stirnfransen antwortete ihm. „Nenn mir einen Grund, warum ich dich nicht aus dem Fenster werfen sollte. Nur einen!“

Nagis Ton erinnerte an den einer gereizten Bulldogge. Farfarello richtete sich auf, um auch nichts zu verpassen. Schuldig warf die orangerote Haarmähne nach hinten und setzte ein überlegenes Lächeln auf.

„Weil Crawford dir verboten hat, mich umzubringen. Ich bin einfach zu wertvoll für das Team.“

Im nächsten Moment griff sich der Telepath an den Hals, als würden dort unsichtbare Finger seine Luftröhre zusammendrücken.

„Er hat aber nicht gesagt, dass ich dir nicht wehtun darf“, knirschte Nagi und bleckte die Zähne wie ein knurrender Hund.

Schuldigs Bewegungen wurden hektischer, während Nagi mehr denn je wie ein tollwütiger Hund...oder vielmehr ein tollwütiges Rentier vor sich hin schäumte. Sein ganzer Körper steckte in einem braunen Plüsch-Overall mit einer weißen, puscheligen Brust und einer Kapuze, an der Ohren und ein kleines Geweih angebracht war. Diese Kapuze hatte er jetzt zurückgeschoben, während er versuchte, den teameigenen Telepathen mit seinen Kräften zu strangulieren. Schuldigs Gesichtsfarbe näherte sich langsam dem Punkt, wo sie von angestrengtem Rot zu sauerstoffmangelbedingten Blau überging. Farfarello überlegte gerade, ob er eingreifen sollte, als sich die Tür öffnete und Crawford den Raum betrat.

 

Das Orakel würdigte die Szene keines Blickes, sondern sagte nur knapp: „Nagi, lass den Unsinn. Wir brauchen Schuldig noch.“

Nagi bleckte noch einmal die Zähne, bevor er Schuldig aus seinem Griff entließ. Jedoch nicht, ohne dem Telepathen noch einen Stoß zu versetzen, der ihn in seinem geschwächten Zustand gegen das Sofa torkeln und hustend und keuchend daneben zusammenbrechen ließ. Farfarello betrachtete ihn mit mildem Interesse.

„Siehst du, was er mir angetan hat?“, heulte Nagi währenddessen auf und wandte sich mit anklagendem Gesichtsausdruck an Crawford. „Er sollte mir was zum Anziehen besorgen. Und dann hat er das hier gebracht. Angeblich war es das Einzige, was es in meiner Größe gab. Das ist nicht fair. Er hat sogar einen Ersatz für diesen furchtbaren, grünen Mantel gefunden, den er immer trägt. Aber für mich gab es nichts? Das ist lächerlich!“

Crawford hob kurz den Blick. „Ich kann das Problem nicht erkennen.“

„Was?“ Nagi starrte ihn fassungslos an. „Hast du mal richtig hingesehen? Es ist ein verdammtes Rentier-Kostüm. Ein Kostüm! Für Kinder!!“

„In dieser Größe wohl kaum“, lautete Crawfords Urteil. „Außerdem wird es kaum das Einzige sein, was Schuldig mitgebracht hat.“

Nagis Gesichtsfarbe näherte sich der, die Schuldig noch vor wenigen Augenblicken gehabt hatte. „Das andere war eine Schuluniform.“

Crawford wandte sich wieder seiner Akte zu. „Dann zieh doch die an.“

Nagis Gesicht wurde noch röter. „Die war für ein Mädchen. Und ich glaube nicht, dass sie dem offiziellen Katalog für korrekte Schulkleidung entnommen war.“

 

Schuldig, der sich inzwischen von dem Angriff erholt hatte, warf mit einem breiten Grinsen um sich. „Aber du würdest bestimmt ganz reizend darin aussehen, Nagilein. Oder hättest du gerne noch eine Perücke zu dem kurzen Rock gehabt? Blond oder schwarz.“

Der Telepath schien sich schier ausschütten wollen vor Lachen. Auch Crawford hatte ihnen vermutlich nicht ohne Grund den Rücken zugedreht und Farfarello saß einfach mittendrin und amüsierte sich.

„Ich werde so nicht zur Schule gehen“, verkündete Nagi jetzt und ließ sich auf das zweite Sofa fallen. Er verschränkte die Arme und schob die Unterlippe vor.

„Dann wirst du wohl nackt gehen müssen“, sinnierte Schuldig und strich sich mit den Fingern über das Kinn. „Es ist wirklich zu schade, dass alle deine anderen Sachen verbrannt sind. Ebenso wie meine.“

 
 

Das letzte Wort hatte er wütend in Nagis Richtung geschleudert. Der zuckte zusammen, als wäre er geschlagen worden. Da war sie also die Rache, auf die er gewartet hatte. Schuldig war niemand, der lange fackelte. Von dem Grundsatz, dass man Rache am besten kalt servierte, hielt er offensichtlich nichts. Schuldigs Rache war unmittelbar und flauschig. Nagi seufzte innerlich.

„Also schön, wir hatten alle unseren Spaß. Könnte ich jetzt bitte die Kreditkarte haben, um mir etwas passendes zum Anziehen zu besorgen.“

„Tut mir leid, aber das wird nicht möglich sein. Unser Budget für diesen Monat ist bereits ausgereizt.“

Crawfords Worte hingen über Nagis Kopf wie ein Damoklesschwert, das in dem Moment herabsauste, als ihm aufging, was das hieß.

„Soll das heißen, ich muss den gesamten Dezember als Rentier rumlaufen?“

„Nur bis Weihnachten“, präzisierte der Schwarz-Anführer. „Ich denke, zwischen den Jahren können wir darüber nachdenken, das Januar-Budget schon ein wenig zu strapazieren. Aber eben erst dann.“

 

Nagi ballte die Fäuste und spürte das Verlangen in sich aufsteigen, mit etwas zu werfen. Vorzugsweise mit Schuldig, der ja anscheinend das restliche Geld für seine eigenen Einkäufe verpulvert hatte. Er hatte auch Sachen für Crawford und Farfarello besorgt. Alle waren wieder in ihrem gewohnten Aufzug zu sehen. Nur Nagi saß hier und war ein...nein, er würde den Gedanken nicht zu Ende führen. Ansonsten würde etwas passieren und damit hatte der ganze Schlamassel ja erst angefangen. Also würde er im Gegenteil ganz ruhig bleiben. Das würde sie lehren, sich auf seine Kosten lustig machen zu wollen. Und wenn Crawford der Meinung war, ihm so eine Lektion erteilen zu müssen, dann würde er auch das überleben. Er hatte schon schlimmeres überstanden. Weitaus schlimmeres. Da würde ihn ein bisschen brauner Plüsch nicht in die Knie zwingen. Den Gedanken an das Schulmädchen-Kostüm schob er allerdings lieber weit, sehr weit weg. Darin würde ihn garantiert niemand zu sehen bekommen. Nicht solange auch nur noch ein Fünkchen Leben in ihm war.

 

Ein wenig steif und möglichst würdevoll erhob sich Nagi vom Sofa.

„Ich bin in meinem Zimmer“, sagte er und verließ gemessenen Schrittes den Raum. Die Warnung, die Schuldig ihm nachrief und irgendwie das Wort „Furry“ beinhaltete, ignorierte er geflissentlich. Er würde dem Telepathen nicht noch mehr Angriffsfläche geben, als unbedingt notwendig. Aber irgendwann...irgendwann würde es dieser orangehaarige Arsch es sehr bereuen, dass er ihm das hier angetan hatte. Und wenn er damit bis übernächste Weihnachten warten müsste. Nagi konnte, was Rache anging, sehr, sehr geduldig sein.

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Promt: Weihnachtsmuffel trägt plötzlich doch Weihnachtspulli/-krawatte
Musik: „Rudolf the red-nose reindeer“ - Dean Martin https://www.youtube.com/watch?v=sPCvyJod0WM Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2018-12-20T04:38:13+00:00 20.12.2018 05:38
So ein plüschiges Türchen! xD Du hattest mich spätestens bei „am liebsten hätte er mit Schuldig geworfen“ :D Armer Nagi, jetzt tut er mir doch leid ...


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