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Besondere Momente

Schreibzirkel
von

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Albtraum

Um mich herum herrschte Dunkelheit. Aufmerksam blickte ich mich um, aber außer mir war niemand in diesem Stadtpark. Mein Blick richtete sich zu dem sich verdunkelten Vollmond. Schnell zogen die dunklen Wolken am Himmel entlang, verschlangen die Sterne und bedeckten den Mond. Ich zog mich um, für einen Verwandlungskünstler wie mich dauerte das nur einen Wimpernschlag. Als ich den weißen Anzug und den Zylinder verstaut hatte und in meinen dunklen Alltagsklamotten durch den gespenstisch wirkenden Park lief, begann in der Ferne ein Donnergrollen.

Wieder glitten meine Augen in den inzwischen finsteren Nachthimmel. Wetterleuchten nannte man die sich in den Wolken entladenden Blitze. Ein schönes Schauspiel, dennoch konnte dieses Naturphänomen auch beängstigend sein.

Für Aoko wäre es das. Sie hasste Gewitter. Bereits seit unserer Kindheit hatte sie Angst vor Blitz und Donner und seitdem ich das wusste, versuchte ich eine Lösung zu finden. Ich probierte bereits so vieles aus, aber nichts half gegen die Angst.

Ein Blitz fuhr vom Himmel. Es dauerte eine Weile ehe der Schall folgte. Es war noch weit weg, weit genug um noch rechtzeitig nach Hause zu kommen.

Ich beeilte mich dennoch den Park zu verlassen und durch die Straßen nach Hause zu gehen.

Die Luft veränderte sich, die Spannung lag förmlich in der Luft. Bald würde es richtig losgehen.

Ein passender Abschluss für diesen Tag, meinen erfolgreichen Tag.

In der Schule hatte ich die Klausur ohne Probleme gemeistert, meine Vorbereitungen auf den Coup liefen wie am Schnürchen, zwischendurch konnte ich Aoko von ihren traurigen Gedanken ablenken, mein Diebstahl verlief nach Plan und ich konnte erfolgreich dem Kommissar entkommen. Alles in allem ein gelungener Tag.

Ein starker Wind zog auf. Die Wolken am Himmel zogen rasch vorüber. Das Gewitter näherte sich.

Vielleicht sollte ich mit Aoko während einem Gewitter spazieren gehen? Sozusagen eine Schocktherapie. Es brauchte nur ein wenig Planung, ein Treffen im Park kurz vor dem Unwetter. Während dem Gewitter gehen wir dann nach Hause. Wenn sie erst mal merkte, dass ihr wirklich nichts passierte, hätte sie ihre Angst besiegt und ich müsste mir nicht mehr ihr Gejammer anhören.

Aoko konnte einem wirklich den letzten Nerv rauben, so launisch war sie manchmal.

Der Abstand zwischen Blitz und Donner verringerte sich zunehmend. Der Schall dröhnte durch die Häuserschluchten und Wohnsiedlungen. Es klang gefährlicher als es wirklich war.

Der Wind wurde stärker, pfiff mir um die Ohren. Erste Tropfen fielen aus dem dunklen Wolkenhimmel herab und nach und nach verstärkten sich die wenigen Tropfen bis es anfing zu regnen. Das war nun der Moment in dem ich meine Beine in die Hand nahm und nach Hause rannte. Auch wenn es nicht mehr weit war, so kam ich doch klitschnass dort an, denn der Regen verstärkte sich zunehmend und das Gewitter verschlimmerte sich, war nun direkt über Tokio und die schwarzen Wolke entlud sich beinahe schon im Sekundentakt.

Als ich endlich unser Grundstück erreichte, war ich bereits bis auf die Haut nass. Ich zog meinen Schlüssel hervor und hielt plötzlich inne. Vor meiner Haustüre saß jemand.

Ich trat näher heran und meine Augen fielen auf das zitternde Mädchen, das ihren Kopf zwischen ihren Händen und Knien vergraben hatte, das sich ganz fest die Ohren zuhielt und leise schluchzte.

Da sie unter dem Vordach saß, war sie zumindest trocken geblieben. Besorgt trat ich an sie heran, kniete mich zu ihr hinab und löste vorsichtig ihre Hände von ihren Ohren. „Aoko“, flüsterte ich um sie nicht zu erschrecken.

Sie blickte auf. Tränen hingen ihr noch in den Augenwinkeln, die blauen Augen rot unterlaufen. „Kaito?“ Sie löste ihre verkrampfte Haltung, sah mich verwirrt an, doch dann sprang sie so plötzlich auf und keifte: „Du Idiot, wo bist du gewesen? Weißt du überhaupt wie spät es ist? Wo warst du und …“, sie holte kurz Luft, betrachtete mich skeptisch und dann doch sehr besorgt: „... du bist pitschnass. Was hast du dir denn nur dabei gedacht?“

In diesem Moment fuhr ein Blitz zur Erde hinab, begleitet von einem lauten und ohrenbetäubenden Knall.

Aokos Schimpftirade war damit beendet. Dafür warf sie sich mir an die Brust, presste ihren zitternden Körper fest an meinen, während ihre Finger sich in meine Jacke krallten und sie ihren Kopf an meiner Brust verbarg.

Mit rasendem Herzklopfen, ob es von dem Schreck eben oder von Aokos plötzlicher Nähe kam wusste ich nicht, legte ich vorsichtig meine Arme um ihren vor Angst schlotternden zierlichen Körper und strich ihr beruhigend über den Rücken und ihr weiches Haar.

Sie wimmerte leise vor sich hin, reagierte nicht auf das Streicheln.

„Aoko, du bist nicht allein. Ich bin jetzt hier und wir stehen das zusammen durch. Weißt du, ich konnte nicht schlafen. Die drückende Hitze hat mich wachgehalten. Ein Spaziergang sollte mir helfen müde zu werden. Das Unwetter hat mich überrascht“, schwafelte ich vor mich hin, während ich ihr unentwegt über das Haar und den Rücken strich. Es war gelogen, größtenteils zumindest, und das schlechte Gewissen drückte mir auf das Gemüt. Aoko war meine beste Freundin, ein wichtiger Teil in meinem Leben und sie jedes Mal aufs Neue anlügen zu müssen lastete schwer auf mir. „Ich wollte rechtzeitig zurück sein, Aoko“, warum ich ihr das sagte wusste ich nicht. Aber es stimmte, denn innerlich wusste ich wie sie auf Gewitter reagierte und ihr Vater war noch nicht zuhause. Er musste noch seinen Einsatzbericht schreiben und würde vermutlich erst in den frühen Morgenstunden nach Hause kommen.

„Du bist nicht da gewesen. Mein Vater jagt mal wieder Kid und du bist nicht da gewesen“, schniefte sie verzweifelt. „Ich hatte solche Angst allein und dann bin ich hierher und du bist nicht da gewesen.“

Instinktiv drückte ich ihren Oberkörper fester an meinen, verstärkte den Griff um sie und nun vergrub ich mein Gesicht an ihrer Schulter. Schlagartig erdrückte mich der Vorwurf meiner besten Freundin nicht zur Seite gestanden zu haben. „Es tut mir leid, Aoko.“ Eine Entschuldigung an sie und an mein schlechtes Gewissen.

Das Gewitter zog weiter. Das schlimmste hatten wir überstanden. Ich hielt Aoko weiterhin in meinen Armen. Wir waren uns noch nie zuvor so nahe. Aber ich genoss es sehr. Es fühlte sich richtig und schön an. Langsam beruhigte sie sich wieder. Als ich spürte dass sie sich zu lösen begann, ließ ich sie los und trat einen Schritt zurück. Verlegen wandte ich den Blick ab, als sie ihren hob. Ihr jetzt in die Augen zu sehen brachte ich einfach nicht fertig. Dafür fühlte ich mich zu aufgewühlt.

„Dir ist schon klar, dass du das wieder gut machen musst?“ Sie wischte sich über ihre Augen.

Ich ahnte bereits, dass es mit einer Entschuldigung nicht getan war, aber was das für Konsequenzen haben würde wollte ich überhaupt nicht wissen.

„Wir hatten heute in der Schule drüber gesprochen. Der Tanzabend in der Karaokebar steht an.“

„Aoko“, quengelte ich wie ein kleines Kind. Ich sah sie entsetzt an. Alles würde ich tun, aber nicht gerade das. Wir hatten heute in der Schule drüber geredet und die Hälfte der Klasse würde dorthin gehen. Hauptsächlich die Mädchen. Keiner der Jungs würde freiwillig zu dieser Tanzveranstaltung gehen.

„Du hast einiges wieder gut zu machen“, kniff sie wütend ihre Augen zusammen und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Was ist da schon dabei?“

„Einen Tanz, aber nur einen“, stimmte ich widerwillig zu. Ich konnte Walzer. Meine Mutter hat ihn mir beigebracht, weil sie meinte das es wichtig wäre tanzen zu können.

Tango!

„Was?“

„Du hast richtig gehört. Einen Tanz. Das hast du selbst gesagt.“

Ein Seufzer zeigte mein Nachgeben. „Okay.“ Ich suchte wieder ihre Augen. „Und jetzt bring ich dich nach Hause. Das Gewitter ist fast weg.“

Gemeinsam gingen wir zu ihr rüber, denn Aoko wohnte im Haus nebenan. Wir schlenderten zu ihrer Haustüre. „Jetzt kannst du ruhig schlafen“, bemerkte ich.

„Ja, du auch.“ Sie sog tief die frische gereinigte Luft ein. Es regnete zwar immer noch, bei weitem aber nicht mehr so viel.

Die Schwüle ist jetzt weg und es herrschte wieder angenehme Temperatur.

Aoko sperrte ihre Türe auf und lächelte mich nochmal an. „Bis morgen, Kaito.“

„Bis morgen. Gute Nacht!“

Ich wartete bis sie die Türe geschlossen hatte und ging zu mir nach Hause. Es war ein langer Tag und die Nacht würde auch in ein paar Stunden zu Ende gehen.

Als ich die Haustüre schloss, zog ich meine Schuhe aus, hängte meine Jacke auf und ging direkt die Treppe hinauf. Zuerst wollte ich in mein Zimmer um mich umzuziehen, doch dann entschied ich mich erst das Badezimmer aufzusuchen. Nachdem ich dort fertig war, ging ich zu meinem Zimmer und öffnete die Türe.

Meine Hand glitt zum Lichtschalter. Mein Blick zum Fenster raus. In Aokos Zimmer brannte noch Licht. In dem Moment als ich meine Zimmerlampe einschaltete, hörte ich einen gedämpften Schrei. Besorgt eilte ich auf meinen Balkon und blickte hinüber zu Aokos Schlafzimmer. Hatte sie geschrien? In ihrem Zimmer ging das Licht aus. Vielleicht war sie auch einfach nur gestürzt? Oder ich hab mir diesen Schrei nur eingebildet? Ja, das wird es gewesen sein.

Entschlossen gleich ins Bett zu gehen um wenigstens noch ein bisschen Schlaf zu ergattern, kehrte ich in mein Zimmer zurück.

Kaum betrat ich mein Schlafzimmer und griff nach dem Türgriff, kam mir erst der Gedanke.

Meine Balkontüre stand offen.

Ich drehte mich zu meinem Bett um und erstarrte. Mein Herz hingegen begann zu rasen. Panik erfasste meinen gesamten Körper als ich die Wand anstarrte. Ich konnte nicht glauben was da war.

Auf meiner weißen Wand stand mit roter Schrift geschrieben: Ich freue mich auf unseren Tanz!

Die Farbe muss erst vor kurzem angebracht worden sein, denn die einzelnen Buchstaben tropften die Wand herab und hinterließen dort ihre Spuren.

Meine Augen folgten den Spuren hinab auf mein Bett, hinunter zum Boden. Die rote Spur führte über meinen Teppich zu meinen Füßen. Mit rasendem Herzklopfen und einem bangen Gefühl wie einer noch schlimmeren Ahnung löste ich meine Hand von dem Balkontürgriff und betrachtete sie. Rot …

… Es roch nicht nach Farbe, sondern nach Eisen …

… Das war keine Farbe …

… Das war Blut

Mit weit aufgerissenen Augen, stark und schmerzhaft pochendem Herzen und einem ganz schlechten Gefühl drehte ich mich zu Aokos Fenster um. Ihr Zimmer lag in absoluter Dunkelheit.
 


 


 

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Blut

Balkon

nass

spazieren

Tango



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