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Bissspuren

von

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Der Morgen danach. (Kids POV)

Kaum nachdem ich mich am Tisch niedergelassen hatte, stellt man mir auch schon im Vorbeigehen besagtes 'Katerfrühstück' unter die Nase. Katerfrühstück... was ich nicht lache.

Diese Bezeichnung ist einfach nur ein kleiner Seitenhieb von Killer, wenn ich es in seinen Augen wieder einmal übertrieben habe.
 

Aber hey, mir geht es soweit gut. Ich kann mich prächtig auf den Beinen halten, mich hat es auf dem Weg hier her nicht auf die Schnauze gehauen und einen Eimer brauche ich auch nicht. Dieses dumpfe Pochen hinter meiner Stirn ist nicht der Rede Wert. Außerdem war ich allgemein schon immer hart im Nehmen. Sollte ich mich mal hinstellen und von Schmerzen sprechen, wäre ein anderer daran schon längst verreckt.
 

„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, mir ausgerechnet Trafalgar aufs Schiff zu holen?“

Aus dem Augenwinkel sehe ich zu meiner Rechten, wo Killer sitzt und sich bislang noch in Schweigen hüllt. Sicher hat er schon vermutet, dass ich ihn früher oder später deswegen zusammenfalte. Zumindest verbal.
 

„Du erinnerst dich? Ich war schon dagegen, dass du überhaupt so einen wurstfingrigen Quacksalber anschleppst. Und was machst du?! Du bringst ausgerechnet diesen Kerl! Das darf ich mir jetzt sicher ewig anhören. Am Ende bildet der sich noch ein, dass ich ihm etwas schuldig bin.“

Ein Knurren verlässt meine Kehle bei diesem Gedanken. Das schmeckte mir nicht. Ganz und gar nicht.

„Nur über meine Leiche.“ Diesmal rollt ein leiseres Brummen über meine Lippen, während ich mich dem Essen zuwende. „Komm’ bloß nicht noch einmal auf so eine beschissene Idee, dann fliegt ihr beide hochkant ins Meer.“
 

Killer, der bis eben geschwiegen und sich geduldig mein Maulen angehört hatte, schüttelt darüber nur den Kopf.

Und ich kann mir schon denken, was als nächstes kommen würde.

Obwohl er zu meiner Mannschaft gehört und nicht weniger brutal oder kaltblütig ist wie ich, war er schon immer so etwas wie meine Vernunft. Nur saß er nicht mit Heiligenschein auf meiner Schulter und flüsterte mir ins Ohr.
 

Meine Vernunft steht neben mir, verpasst mir Kopfnüsse oder auch mal einen kräftigen Tritt in den Arsch, wenn es sein muss und machte ansonsten sein Ding. Mit besten Absichten für die Crew und deren Käpt'n.
 

„Du weißt genauso gut wie ich, dass unser Arzt k.o war und selbst medizinische Versorgung gebraucht hat. Sonst hätten wir uns bald einen Neuen suchen können, Kid. Dich hatte diesmal auch jemand zusammenflicken müssen. Mit Aussitzen wärst du nicht weit gekommen.“

Der Kerl ist wie immer die Ruhe in Person während er spricht, auch wenn ich ihm auf seine letzten Worte nur einen finsteren Blick zuwerfe. Und als ich bereits den Mund öffne, um ihm etwas entgegenzubringen, ist Killer schneller: „Und ich denke, so unrecht ist dir Trafalgars Anwesenheit gar nicht gewesen. Ihr scheint euch noch bestens amüsiert zu haben und wir brauchen uns keine Sorgen darum machen, dass uns der Käpt'n verreckt.“
 

Touché.

Meinen Spaß habe ich tatsächlich noch gehabt, egal dass ich mir niemals gedacht hätte, dieses Wort mit dem anderen Käpt'n jemals in Verbindung zu bringen.

Vielleicht wäre er mir sogar sympathischer, wenn er keiner dieser verfluchten Weißkittel wäre. Ich hasste Ärzte einfach.

Es hatte nichts mit falschem Stolz zu tun, auf Hilfe angewiesen zu sein oder dass jemand etwas konnte, wovon ich keinen Schimmer habe.
 

Mein Problem liegt darin, sich in die Hände von jemandem zu begeben, dieser Person zu vertrauen. Jedes mal steigt in mir das Gefühl hoch, ausgeliefert zu sein. Nicht die Kontrolle zu haben. Nicht zu wissen, ob alles mit rechten Dingen zugeht oder nicht. Menschen sind auf so vielen Ebenen grausam. Da bilde ich keine seltene Ausnahme. Auch wenn man zu gerne immer mit dem Finger nur auf mich zeigt.
 

Bislang sprang ich noch immer spätestens nach einer Minute von der Liege und ging stiften. Egal, dass ich das ein oder andere Mal eine nette Blutspur hinter mir hergezogen habe und man mir nachwischen musste.

Und bis jetzt war auch Alles so gut wie von alleine wieder verheilt. Unser Schiffspfuscher... Schiffsarzt~ wusste von Minute Eins an, bei mir gibt es nur das Sparprogramm.

Die Mindestanzahl von Stichen -sollten diese von Nöten sein-, schnell einen Verband drum gewickelt. -Das war es.

Zu mehr kam der Gute nie. Es sei denn, mich hatte es so übel erwischt, dass ich vollends weggetreten bin und es nicht mitbekommen hatte.

Zum Glück Aller, wie ich sagen muss.
 

„Das wäre auch ohne Trafalgar verheilt. Wie bis jetzt auch Alles.“

Und das meine ich toternst. Keiner der anderen Anwesenden traut sich, auch nur einen Ton dazu zu sagen. Will ich ihnen auch nicht raten, sich einzumischen und sich am Ende noch auf Killers Seite zu schlagen. Es sind nicht alle so lebensmüde. Oder besser gesagt: Nicht jeder konnte sich die Rechte meines Vizen herausnehmen.
 

„Trotzdem brauchst du nicht nochmal daran denken, ihn hier anzuschleppen.“ Aus dem Augenwinkel sehe ich nur ein resignierendes Kopfschütteln und höre ein leises Seufzen unter der Maske.
 

Wir wissen es beide. Killer würde es wieder tun, sollte er der Meinung sein, dass es das Richtige ist. Auch wissen wir beide, dass ich ihm dafür am liebsten den Hals umdrehen würde, aber es letzten Endes doch nicht tat.
 

Nach dem Frühstück erhebe ich mich kommentarlos und entferne mich mit finsteren Blicken vom Tisch. Auf Gesellschaft habe ich gerade absolut keine Lust.

Das erkennen auch meine Männer und suchen eilig das Weite. Wer keinen Ärger will, der musste lernen, mir aus dem Weg zu gehen. Meine Launen waren auch nicht wirklich schwer zu deuten.
 

Schwerfällig lasse ich mich auf das Sofa in der Ecke des Gemeinschaftsraumes nieder, bette den Kopf auf einem der Kissen und ziehe ein Bein hoch auf die Polster, das andere verbleibt am Boden.

Den Blick richte ich einen Moment lang, so gut es geht, auf meine medizinisch versorgte Seite, wende ihn aber schnell mit gerümpfter Nase ab und sehe hinauf an die Decke.
 

Ich hatte mich tatsächlich von diesem Quacksalber behandeln lassen...

Nicht ein Knurren hatte ich von mir hören lassen. Eigentlich lasse ich so etwas nicht mit mir machen, nicht eine Minute!

Bevor wir die Flasche Whisky gemeinsam geleert hatten, war ich der felsenfesten Meinung, mir nicht mehr als einen Verband anlegen zu lassen. Einfach nur deswegen, weil ich ohne den Alles ansauen würde und so prickelnd fand ich es dann doch nicht, in einem Bett zu pennen, das voller Blut war.
 

Noch immer habe ich den Geruch von Antiseptikum nicht ganz aus der Nase bekommen. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob es nur von der verarzteten Stelle ausgeht, oder ich generell noch etwas von Trafalgars 'Parfüm' mit mir herumschleppe.
 

Es ist mir gestern nicht zum ersten Mal aufgefallen. Der Kerl zog schon immer einen Hauch von Desinfektionsmittel mit sich. Wahrscheinlich reagiere ich deswegen gerne etwas allergisch auf ihn. Ich war nicht gerade der Freund von Ärzten, aber das erwähne ich ja nicht zum ersten Mal.

Wobei ich den Geruch vergangene Nacht nicht so zum Kotzen fand, wie es sonst der Fall war. Aber letzte Nacht war so Einiges anders gewesen.
 

~“Sei schön lieb, ja?“~, hallt plötzlich sein düsteres Flüstern in meinem Kopf wieder. Er hatte langsam den Druck auf meine Brust gelöst, seine Hand gehoben und mir vorsichtig seinen Zeigefinger an die Lippen gelegt. Ich sah in seine grauen Augen... Und tatsächlich blieben mir jegliche Kommentare auf der Zunge liegen. Schlagartig änderte sich die Stimmung. War da eben noch die Geräuschkulisse unserer nicht wirklich ernsthaften Rangelei, weil der pflichtbewusste Doktor einfach nicht kleinbei gegeben hatte und ich natürlich nicht im Traum daran dachte, das wirklich mit mir machen zu lassen.

Der Punkt ging an Trafalgar.
 

Wie er es bewerkstelligt hatte, mich rücklings auf die Bretter meines Schreibtisches zu befördern, ist mir aber noch immer schleierhaft. Und eigentlich hätte ich ihn alleine für diesen rotzfrechen Satz einfach so ins Meer werfen sollen. Aber ich habe nichts Dergleichen getan.
 

Ich bin 'lieb' gewesen. Ich war...brav. Gebissen hatte ich erst viel später und genau dieser Gedanke lässt einen kurzen Augenblick lang meine Mundwinkel nach oben zucken... Doch dann fällt mir wieder ein, weswegen ich liegen geblieben bin.
 

Trafalgars Gesichtsausdruck.
 

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ihn noch nie so eingehend beobachtet, wie ich es vor Stunden getan hatte. In genau diesem Moment war ich gefesselt von seinem Anblick.

Er zog alleine durch die Art, wie er mich angesehen hatte, unweigerlich mein Interesse auf sich. Ich bin artig liegen geblieben. Das schaffte bisher noch Niemand.
 

Faszination? Kann man das so nennen? Oder besser, kann ich das so nennen?

Egal, damit will ich gar nicht erst anfangen, bei dem Gedanken stellen sich mir die Nackenhärchen auf und es schüttelt mich fast.
 

„Wie du weißt, hat mich ~dein Vize~ darum gebeten, dich zu behandeln. Offenbar ist er nämlich der Annahme, dass du noch zu retten bist“, stichelte Trafalgar nicht das erste Mal an diesem Abend mit der Tatsache, dass meine Leute ganz offensichtlich vergessen haben, wer hier das sagen hat.

Und weil der Doktor das so witzig fand, blitzten mir kurz seine schneeweißen Eckzähne entgegen. Denn er hatte gegrinst. Ein ganz netter Anblick, der mir ohne all den Whisky sicherlich verwährt geblieben wäre.
 

Allem Anschein nach hatte der Wunderdoktor außerdem auch noch ein Talent fürs Gedankenlesen. Warum sonst hätte er mich direkt danach fragen sollen: „Denkst du wirklich es war deine klügste Idee, gerade Denjenigen, der deine Verletzungen versorgen soll, mit Alkohol abzufüllen, Eustass-ya?“
 

Ein Einwand, der mich zunächst missmutig meine Brauen zusammenziehen ließ. Naja, zumindest bis ich schnaubend und irgendwie gleichgültig mit den Schultern gezuckt habe.

Es war ja nicht so, als hätte Trafalgar alleine gesoffen. Wir hatten Quatern gespielt und irgendwie war der Doktor darin gar nicht mal so schlecht. Und das Gesöff hatte ganze Arbeit geleistet. Denn für den Moment konnte ich mich mit meiner Situation ganz gut abfinden.
 

Und die Behandlung war auszuhalten gewesen. Ich hatte schon schlimmere Schmerzen empfunden. Das hatte mich nicht mal ein Zucken mit der Wimper gekostet. Aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Trafalgar wirklich so etwas wie Vertrauen entgegengebracht hatte. -Ausgerechnet diesem Kerl!
 

Ich hatte ihn in Ruhe arbeiten lassen und mich erst bewegt, nachdem er fertig gewesen ist. Zuerst wollte ich darauf bestehen, bei dem, was er da machte, zuzusehen. Doch ich blieb weiterhin still und hatte mich kampflos damit zufrieden gegeben, statt der Behandlung ihn zu beobachten. Jede kleine Regung hatte ich verfolgt. So konzentriert hatte ich ihn bis dato nicht erlebt und jetzt komme ich nochmal auf den Punkt von vorhin zurück.

Seine Art hatte mich irgendwie fasziniert.

Eine Bezeichnung, die niemals meine Lippen verlassen würde! Verdammt, bloß nicht!
 

Ich hatte mich nur so lange ruhig verhalten, bis das letzte Pflaster benutzt worden ist, er vom Stuhl aufgestanden war und seine Handschuhe auszog.

Danach stand ich auf. Auf Trafalgar ruhten ab diesem Punkt die Augen eines Raubtiers. Zielstrebig bin ich auf ihn zugegangen und drückte ihn wenig liebevoll mit einem Scheppern gegen die nächste Wand.
 

Was mich letztendlich dazu bewegt hatte, ihn zu küssen, kann ich jetzt nicht mehr genau sagen.

Aber ich wollte es in diesem Moment... so sehr.

Und wenn ich Eines gelernt hatte, dann war es nicht danach zu fragen, sondern es mir einfach zu nehmen.
 

Wahrscheinlich war es ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren und zum Glück hatte er mitgemacht. So würde ich mir von ihm bei unserem nächsten Treffen wohl keinen Schwachsinn anhören müssen.

Wenn doch, dann würde ich ihn liebend gerne an weitere Details erinnern, welche ihm wohl etwas weniger gefallen dürften.
 

***
 

Irgendwann bequemt sich dann Killer zu mir. Auch andere aus der Crew schließen sich bald an, setzen sich zu uns. Es wird sich ausgelassen unterhalten.
 

Um mich zu besänftigen, da man ja meine Ruhe störte, stellt man mir kommentarlos ein befülltes Glas hin, ganz egal dass ich erst letzte Nacht ein wenig zu tief ins Glas gesehen hatte. Aber wer waren sie auch, um mir etwas vorzuschreiben? Meine Mutter?

Man sorgte hier vielmehr dafür, dass ich nicht eine Sekunde auf dem Trockenen saß.
 

Schließlich wird es mir hier zu bunt und auch das dumpfe Pochen hinter meiner Stirn ist zurückgekehrt. Daran könnte der erneute Alkoholkonsum sicher nicht ganz unschuldig sein. Murrend und nicht gerade gut gelaunt, hiefe ich mich von der Couch hoch und kassiere dabei einen auffälligen Seitenblick von Killer, der mich aber gerade nicht weiter interessiert.
 

Auf dem Weg zur Tür hebe ich den Arm, wobei meine goldenen Armreifen für meinen Geschmack viel zu laut klimpern. Ich verziehe leise knurrend das Gesicht und fasse ich mir flüchtig an die linke Schläfe.

Eine Dusche sollte mir dabei helfen können, den Geruch von Antiseptikum aus der Nase zu bekommen und den Kopf frei zu kriegen.
 

***



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