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Hunt

von
Koautor:  PoG16

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Füttern (Siakoh)

25 Füttern (Siakoh)
 

Die weiteren Fragen, die wir einander stellten, gingen von Sexualerfahrungen, von denen wir beide genug vorweisen konnten, zu einem der Themen die Alejandro nicht besprechen wollte. Sein Gelübde zum Christentum war der Grund, warum er das Kreuz um seinen Hals ablegte, wenn wir unsere Leidenschaft teilten. Es machte mich jedoch sehr glücklich, dass er sagte, dass es mit mir anders war. Dass er sich dabei gut und nicht sündig fühlte.
 

Doch mein vorlautes Verhalten, unbedacht und vorschnell, brachte ihn dazu, mir mehr über seinen Blutdurst zu verraten. Eigentlich wollte ich nur wissen, wie es so war, aus Neugier und weil ich ihn so gut es ging versorgen wollte. Nie mehr sollte er auch nur einen Gedanken daran verschwenden, sich irgendwo anders zu bedienen. Ich war der Einzige!
 

Dieser Gedanke verschreckte mich kurz. Ich nahm das alles wieder viel zu ernst! Aber ich wusste auch warum. Es fühlte sich gut an. Ich empfand etwas Starkes, Berauschendes und Leidenschaftliches für Alejandro. Ich wollte ihn ganz für mich.
 

Auch als er mir etwas Schreckliches offenbarte, seinen ersten richtigen Blutrausch beschrieb, ließ sich das Gefühl für diesen Mann nicht umstoßen.
 

Er hatte getötet. Ein unschuldiges, schlafendes Kind. Das Gesicht des kleinen Mädchens, welches in dem Dorf gelebt und in meinen Armen gestorben war, als ich mein Heimatdorf verlassen hatte, glimmte auf. Wegen ihr hatte ich den Drang gehabt mich der Medizin zu widmen und anderen zu helfen. Ein Instinkt, der unerwartet stark in mir verborgen gewesen war und mir nun auch Alejandro in mein Leben gebracht hatte.
 

Seine roten Augen sahen wartend auf mich herab, als ich mich langsam aufstütze, um näher an sein Gesicht zu kommen. Ich forschte in seinen Augen, die immer nervöser wurden. So wie sein Herz, welches immer schneller schlug.
 

„Das klingt nach einem einschneidenden Erlebnis“, begann ich auf seine Erzählung zu antworten, nachdem die ein unangenehmes Schweigen ausgelöst hatte. Alejandro starrte mich förmlich an und sein Kiefer spannte sich fest an. Er wartete auf mehr, also versuchte ich mein Bestes: „Ich kann mir vorstellen, dass dies eines der Themen ist, vor denen zu Angst hattest es mir zu erzählen.“
 

„Wirst du nun gehen?“, fragte er angespannt. Ich verzog die Augenbrauen.
 

„Nein. Ich bleibe hier.“
 

„Aber es war ein kleines Kind. Ich habe getötet und..“, versuchte er mir die Tragweite klar zu machen. Ich legte den Finger auf seinen Mund.
 

Zugegeben musste ich gestehen, dass es unheimlich war. Alejandro war ein Mörder. Aber er war nicht der erste, der mir über den Weg lief, dem ich mich hingab. Im Krieg waren wir alle Mörder gewesen. Auch ich hatte nicht jeden retten können. Diese Schande lag ebenso schwer auf meinen Schultern, doch war es nicht sein Gott, der diese Sünde vergab?
 

Alejandro hatte Hunger und weder Wissen noch Erfahrung gehabt. Er war selbst ein Kind, verstoßen und ganz allein, nachdem sein Ziehvater gestorben war. Woher hätte er wissen sollen, was passierte, wenn er die Kontrolle verlor?
 

„Es ist mir egal, was in deiner Vergangenheit war. All das hat dich zu mir gebracht und das allein ist mir wichtig“, versicherte ich und sah wie seine Augenlider sich weiteten. Er schien überrascht, beinahe wie erstarrt. Konnte er es mir nicht glauben? Ich entschied der Verwunderung nachzugehen: „Außerdem tust du das doch jetzt nicht mehr, oder?“
 

Er schüttelte den Kopf, wodurch ich den Finger von seinen Lippen nahm und ihn antworten ließ: „Nein. Es war das erste und letzte Mal. Danach waren es immer nur Yokai. Da wusste ich, dass sie es aushalten konnten.“
 

„Siehst du“, lächelte ich und rückte noch ein wenig näher an ihn heran. Seine Haut fühlte sich unglaublich an meinem Körper an. Diese Zärtlichkeit war schon fast unwirklich, auch wenn das Thema so gegensätzlich war. „Du hast daraus gelernt und nun... hast du mich.“
 

„Hast du denn gar keine Angst?“, fragte er und hob seine Hand an meine Wange. Ich legte den Kopf hinein und lehnte die Stirn an seine. „Dass ich die Kontrolle verliere?“
 

„Niemals“, versprach ich und grinste dann. „Ich weiß mich zu wehren.“
 

„Ach ja?“, wollte er wissen und ich führte ihm daraufhin die Hand auf den Bauch.
 

„Ich denke schon. Du magst es viel zu gern, mich hart ranzunehmen.“
 

„Heftiges Argument, mein kleiner Prinz“, schmunzelte er und wir küssten uns sanft. Seine Arme umschlangen mich und ich schob mich auf seinen Körper, wollte den maximalen Körperkontakt. Natürlich blieb das nicht ohne Folgen, doch diesmal sollte es nicht dazu kommen.
 

Unsere Gespräche endeten viel zu oft in Sex. Wir waren mehr und auch wenn es unglaublich war, so wollte ich noch viele andere Momente mit ihm erleben.
 

Unsere Lippen lösten sich langsam, fast qualvoll, als ich zwischen seinen Lippen eine weitere Frage stellte:
 

„Was wollen wir als nächstes machen?“
 

„Willst du das nun jedes Mal vorher festlegen? Für so jemanden hätte ich dich gar nicht gehalten“, raunte er und ich spürte seine Hände an meinem Hintern.
 

„Das meinte ich nicht!“, rollte ich die Augen, ließ ihn aber machen. Seine Finger brannten sich einen warmen, elektrisierenden Weg über meine Haut. „Ich sprach von Dates.“
 

„Dates? Du willst noch mehr?“
 

„Dachtest du, eines würde genügen?“, fragte ich skeptisch.
 

„Es hat dich in mein Bett gebracht“, grinste er und ich schob mich beleidigt von ihm. Er reagierte jedoch und zog mich zurück, presste mich an seinen Körper. „Nicht noch einmal den beleidigten Prinzen!“
 

„Du hast mich noch nie beleidigt erlebt“, sagte ich verheißungsvoll und legte die Hände an seine Brust. Unsere Nasenspitzen waren sich wieder sehr nah. „Ich würde dir gerne noch mehr schöne Abende bescheren.“
 

„Du mir?“, fragte er verwundert. „Allein, dass du bei mir bist, bereitet mir schöne Tage.“
 

„Du Süßholzraspler“, schnurrte ich und bekam einen kurzen Angriff. Alejandro schoss vor, küsste mich und schaffte es, mich herumzuschleudern, Sodass ich unter ihm lag. Dort tackerte er meine Hände ins Laken und legte sich zwischen meinen Beinen ab. „Hey!“
 

„Du nennst mich viel zu oft süß. Ich sollte diesen Irrglauben wohl zerstreuen“, raunte er an meinen Hals.
 

„Bitte, mein Süßer!“, setze ich einen drauf. „Lass uns noch ein paar Dates haben“
 

Er küsse meinen Hals. Direkt über der Halsschlagader, an der ich meinen Puls an seinen Lippen schlagen spürte.
 

„Wenn du dir einen anderen Namen für mich ausdenkst“, setze er eine Bedienung. Ich ging sie ein.
 

„Ich denke mir einen aus!“
 


 

So verblieben wir und ich lud ihn für genau eine Woche später zu mir nach Hause ein. Doch hätte ich geahnt, dass meine Gefühle mich schon ab der ersten Minute, nachdem ich seine Lippen ein letztes Mal geküsst hatte, solch ein Ausmaß annehmen würde, hätte ich ihn für den nächsten Tag eingeladen.
 

Die Minuten schienen die doppelte Länge anzunehmen und selbst die Arbeit lenkte mich kaum ab. Yosuke hatte mir sofort aufdringlich klar gemacht, dass er meine Nachricht richtig verstanden hatte und freute sich für „uns“. Allein dieses Wort sendete einen Schauer über meinen Rücken. Dabei hatten wir gar nicht genau besprochen, ob wir nun ein Paar waren oder nicht. Das würde ich ihn fragen, sobald wir uns wiedersehen konnten.
 

Alejandro arbeitete heute ebenso wie ich und antwortete nicht auf meine Nachricht. Ich hatte ihn gefragt, ob er schon unterwegs war. Der Kunde wollte ihn erst spät treffen und da ich heute wieder Nachtschicht hatte, saß ich in einer gedämmten Umgebung, vor meinen Unterlagen und lauschte ausschließlich der Stille. Die Patienten, die heute da waren, waren ein Säugling und deren Mutter. Die menschliche Mutter hatte eine schwere Geburt gehabt und war vollkommen entkräftet. Selbst Kusuri hatte dies zugesetzt, doch er konnte beide retten. Nun brauchte es nur etwas Zeit und Ruhe.
 

Seufzend setze ich mich wieder an meine Unterlagen und tippte einen kleinen Versorgungsbericht in den Computer ein. Er war sicher schon beschäftigt und würde mir antworten, wenn es passte. Das Gemurmel eines frischen Erdenbewohners, erweckte wenige Minuten später meine Aufmerksamkeit. Mit einem Blick auf die Uhr wusste ich, dass er bereits wieder Hunger haben würde. Die Mutter schlief und sollte es auch weiterhin. Somit schob ich den Stuhl zurück, schwang mich auf und schaltete im Vorbeigehen den kleinen Flaschenwärmer in der Küche ein. Danach ging ich zum Zimmer, in dem das kleine Mädchen gerade anfing, den ersten Schluchzer zu bilden.
 

„Schhh… Ganz ruhig“, beruhigte ich es, als ich es vorsichtig aus dem Beistellbett nahm und an meine Schulter legte. Die Mutter öffnete müde die Augen und sah zu mir. „Ich füttere sie schnell. Schlafen Sie ruhig weiter“, versprach ich und sah wie sie verunsichert in meine Augen blickte. „Geht ganz schnell. Dann bringe ich die Kleine wieder.“
 

Mit einem kleinen Nicken ließ sie mich gewähren und so verließ ich den Raum. In der Küche entnahm ich die vorbereitete warme Flüssigkeit und gab Säuglingspulver dazu. Das Kleine war recht umgänglich und ließ mir die Zeit alles vorzubereiten, bevor ich mich in einem Sessel niederließ und eine Decke unter meinen Arm und um das Baby legte und begann es zu füttern. Schmatzend saugte das kleine an der Flasche und brachte mich zum Lächeln.
 

Das Vibrieren meines Smartphones riss mich kurzzeitig aus der Beobachtung und ich hoffte, dass es Alejandro war. Leider hatte ich es nicht mitgenommen und musste mich noch etwas gedulden. Als hätte sie es gewusst, genoss die Kleine die Mahlzeit vollkommen und schlief ab und an dabei ein. Liebevoll seufzend kitzelte ich ihren Fuß, um sie wieder zu wecken und hielt dabei die Flasche aufrecht, als ein Schatten durch den Flur glitt.
 

„Mama dauert es wohl auch schon zu lange“, flüsterte ich dem Baby zu und hob dann den Blick, um ihn auf die junge Frau zu lenken. Doch überrascht riss ich die Augen auf. „Alejandro!“, freute ich mich.
 

„Hey!“, lächelte er und kam auf mich zu. „Ihr zwei?“
 

„Was machst du denn hier?“, fragte ich und bekam seine Lippen aufgedrückt. Oh, wie gut sie sich anfühlten. Nach fast einer Woche fühlte ich mich wie ausgetrocknet und er war meine Oase in mitten der Wüste.
 

„Ich hatte in der Nähe zu tun und dachte, ich könnte dich besuchen“, wisperte er auf meine Lippen und presste sie wieder auf meine. Er schien ebenso ausgehungert.
 

„Dann ist alles in Ordnung?“, wollte ich wissen und sah in seine rot schimmernden Augen.
 

„Ja. Alles gut“, bestätigte er und sah zu meinen Armen. „Heute Babydienst?“
 

„Sie ist heute geboren worden.“
 

„Ein Hanyou“, erfasste er und setze sich vor mir auf den kleinen Tisch.
 

„Genau. Ihre Mama braucht noch etwas Ruhe und deshalb füttere ich sie“, lächelte ich und erfasste, dass die Flasche nun geleert war und das kleine Mädchen auch schon wieder selig schlief. „Ich bringe sie schnell zurück.“
 

„Ist gut.“
 

„Wartest du auf mich?“, fragte ich und stand dabei auf. Alejandro tat es gleich und legte seine Hand an meinen Rücken.
 

„Ich bin ja für dich hier“, schmunzelte er und küsste mich noch einmal. Freudig brachte ich die Kleine zurück zu ihrer Mutter, deckte sie zu und kontrollierte eifrig die Flüssigkeitszufuhr der Mutter, sowie die Vitalwerte. Alles war bestens, sodass ich die Tür leise schloss und zurück zu meinem Freund ging. Wenn er denn mein Freund war. Mein Partner?
 

Alejandro saß auf dem Bürostuhl, auf dem ich zuvor gesessen war, bis ich zum Füttern geeilt war. Er schien ruhig, hatte sich angelehnt, die Augen geschlossen und die Hände miteinander verschränkt.
 

„Da bin ich“, flüsterte ich ihm zu und küsste sein Ohr. Sein Arm schob sich um meine Hüfte, zog mich ruckartig auf seinen Schoß und dann öffnete er seine Augen.
 

„Ich hab dich so vermisst“, gestand er und ich erkannte, dass seine Stimme rauer war.
 

„Ich dich auch“, lächelte ich und lehnte mich an ihn. „Aber ich habe das Gefühl, dass bei dir noch mehr dahintersteckt.“
 

„Was unterstellst du mir da, kleiner Prinz?“, fragte er mürrisch und vergrub seine Hände unter meinem Kittel an meinem Rücken.
 

„Dass du mich gerne befummelst“, stichelte ich und er kam diesem Spruch auffällig nach, indem er seine Hände in den Bund meiner Hose schob.
 

„Sag mal…“, durchbrach er mein Spiel und machte mich neugierig. „Fütterst du heute alle, die hungrig sind?“
 

„Du hast Hunger?“, fragte ich überrascht und sah ihm in die Augen, deren Blick er nur schwächlich in meinen halten konnte. Er schien sich zu schämen. „Auf was genau?“
 

„Muss ich es wirklich aussprechen?“, fragte er kleinlaut und griff in meinen Hintern hinein. Ein Schaudern zog sich über meinen Rücken. Es kribbelte.
 

„Irgendwie denke ich an zwei Dinge gleichzeitig“, gab ich zu und legte die Hände an seine Wange, bevor ich ihn küsste und mich eng an ihn drückte. Unsere Zungen trafen aufeinander und begannen einen innigen, leidenschaftlichen Kuss miteinander. Ich genoss es, doch... „Wir können es hier nicht tun.“
 

„Wer sollte es merken?“, fragte er und küsste mich wieder.
 

„Ich bin im Dienst“, brach ich ab und setze mich auf. „Aber füttern kann ich dich, solltest du an mein Blut denken.“
 

„Zugegeben, hatte ich gehofft das du dazu bereit wärst?!“, fragte er und zog seine Hände noch immer nicht aus meiner Hose.
 

„Warum sollte ich nicht?“, lächelte ich und streichelte über sein schwarzes Shirt. Das Kreuz hing wie immer dominant zwischen seinen Schlüsselbeinen.
 

„Das haben wir noch nicht geklärt“, murmelte er und brachte mich auf den Gedanken, den ich selbst schon gedacht hatte. Seine Augen fixierten die meinen.
 

„Möchtest du es klären?“, fragte ich ruhig.
 

„Ich weiß es nicht“, seufze er und lehnte den Kopf an den Stuhl.
 

„Dann warte unser Date ab“, gab ich nach und schob meine Arme um seinen Hals, lehnte mich wieder an ihn und legte den Kopf zur Seite. „Und nun stille deinen Hunger.“
 

„Ich will dich, Siakoh!“, hörte ich seine Stimme an meinem Ohr.
 

„Ich will dein sein“, antwortete ich und spürte meinen heftigen Herzschlag. Würde das nun doch die Definition unserer Zweisamkeit sein?
 

Doch Alejandro antwortete nicht und rieb seine Nase an meinem Hals, bevor er seinen Mund öffnete und ich seine Zähne spürte. Kurz brachte mich der Schmerz zum Zucken, als ich den leichten Rausch spürte und seinem Trunk lauschte. Dabei schloss ich die Augen, entspannte meinen Körper so gut ich konnte, auch wenn seine Hände sich an meinen Hintern pressten.
 

Es war fast schon zärtlich als er über die Wunde leckte und mich an sich drückte. Seine Hände glitten über meinen Rücken und vergruben sich in meinem Haar.
 

„Ich danke dir!“, hauchte er in mein Ohr und küsste auch dies. Danach meinen Kiefer und zum Schluss meine Lippen. „Du bist mein Paradies!“
 

„Gern“, murmelte ich, genoss mit geschlossenen Augen seine Berührungen. Dass sich allein dies nach knapp einer Woche so anfühlte war unglaublich. Doch ich wollte es wissen. „Antwortest du mir?“
 

„Du willst es wirklich definieren?“, fragte er heiser und sah mir in die Augen.
 

„Ich will nur wissen, ob das, was ich fühle auch das ist, was du willst“, gestand ich. Das Wimmern des Babys weckte jedoch wieder meinen Sinn der Hilfsbereitschaft. „Moment.“
 

Eilig ging ich in den Raum und sah nach. Die Mutter hatte sich jedoch schon um das Neugeborene gekümmert und so verließ ich sie nach einem kurzen Gespräch.
 

Mein Blick flog sofort zum Stuhl, auf dem wir gerade gesessen hatten. Aber Alejandro war nicht mehr da. Verwirrt sah ich mich um und ging durch jeden Raum. Perplex stellte ich fest, dass er nirgends zu finden war.
 

„Alejandro?“, rief ich so laut es ging. Doch es tat sich nichts. Beleidigt stampfte ich zu meinem Stuhl, trat ihn in die Ecke und ließ meiner Wut freien Lauf. Was war das nur für eine miese Aktion?! War er wirklich nur hier gewesen, um an mein Blut zu kommen? Ich wollte es nicht glauben!
 

Also ergriff ich mein Smartphone und entsperrte es. Die Nachricht, die zuvor beim Füttern eingetroffen war, war von Alejandro gewesen. Er kündigte an, dass er mich besuchen würde. Doch da war noch eine zweite neuere Nachricht, die mich stocken ließ.
 

„Ich freue mich schon auf unser Date morgen, mí Tesoro.“
 


 

Mein Schatz, schwirrten die Worte durch meinen Kopf, während ich die Lebensmittel für das Dinner anordnete, das ich später für Alejandro zubereiten würde. Ein paar Blätterteighappen mit Lachs, Rumpsteak mit Röstkartoffeln und Rosmarin und zum Dessert Schockoladensoufflé. Ich freute mich auf sein Gesicht, wenn er es aß und hatte meine Gewürze schon in kleinere Streuer umgelagert, damit er eine Auswahl hatte, um alles nachzuwürzen.
 

Doch am meisten freute ich mich auf das kleine Tanztraining, welches ich mir für Alejandro ausgedacht hatte. Ein netter, kleiner Walzer würde der perfekte Einstieg in seine Tanzerfahrung werden. Ich hoffte sehr, dass er das Tanzen mochte und wir diese Leidenschaft ebenso teilen konnten, wie unsere körperlichen Vorlieben. Dass er mich nun als „seinen Schatz“ bezeichnete, machte mich glücklich und zuversichtlich.
 

Allerdings fragte ich mich, warum er gestern einfach gegangen war. Hatte ich ihn zu sehr unter Druck gesetzt? Dabei hatte er es doch selbst vorangetrieben. Es war verwirrend. Aber positiv denkend, versuchte ich die wirren Gefühle in mir zu verschließen.
 

Ein letztes Mal kontrollierte ich die Playlist, die ich mühsam herausgesucht hatte und hörte auch schon die Klingel. Mit heftigem Herzschlag sprang ich auf und lief zur Tür.
 

„Ja?“, fragte ich durch die Gegensprechanlage und konnte meinen freudigen Ton kaum kontrollieren.
 

„Ich bin’s!“, hörte ich seine Stimme und grinste breit. Oh, wie sehr ich mich auf ihn freute.
 

„Komm hoch!“, bat ich und drückte den Knopf, um ihm die Tür zu öffnen. Im Spiegel meines Eingangsbereiches kontrollierte ich mein Outfit, drehte mich in meiner engen, blauen Stoffhose und passte den Sitz meiner Hosenträger an. Zusammen mit einem weißen, ärmellosen Shirt rundete das meine Tanzkleidung ab. Ob ich ihm so gefiel?
 

Der Fahrstuhl gab einen kleinen Ton von sich und öffnete sich. Mein Blick flog sofort zu ihm und ich war voller Freude. Auch er sah zu mir und lächelte.
 

„Hey!“, begrüßte ich ihn mit einem Kuss und spürte seine Wärme an mir.
 

„Schön dich zu sehen!“, erwiderte er und umarmte mich. „Ich bin schon sehr gespannt, was du dir ausgedacht hast.“
 

„Das wird dir sicher Spaß machen“, grinste ich, nahm seine Hand, nachdem er seine Schuhe ausgezogen hatte und gemeinsam gingen wir in mein Wohnzimmer. Hier hatte ich alle Möbel und Pflanzen zur Seite geschoben und mein großer Teppich lag nun frei. Der Bildschirm des Fernsehers leuchtete in gedimmten Farbwechsel. „Ich will dir etwas zeigen.“
 

„Du willst tanzen?“, fragte er erfassend und legte seinen Mantel auf meiner Sessellehne ab. Er kam mir irgendwie distanziert vor. Hatte ich gestern etwas Falsches getan und seine Nachricht falsch interpretiert? Aber er war ja hier, also musste alles gut sein, oder?
 

„Etwas Walzer, zum Einstieg“, grinste ich und schaltete die Musik ein. Danach stellte ich mich auf und hob die Hände zu Alejandro. Er kam zu mir, gab mir seine Hand und ließ sich von mir führen. „Ich werde den führenden Part einnehmen, versuche einfach zu folgen.“
 

„Ungewohnte Rollenverteilung“, schmunzelte er und ließ sich von mir in der perfekten Haltung aufstellen. Sein Arm lag auf meinem, welchen ich an seiner Hüfte platziert hatte. Die anderen Arme hoben wir auf Schulterhöhe seitlich zu unserem Körper.
 

„Vielleicht nutzen wir die Gelegenheit später mal“, grinste ich versprechend, sah das kurze Erstarren in seinem Blick und lenkte ihn wieder auf die aktuelle Lage. „Nun merk dir jedoch erstmal die Schritte.“
 

Ich wartete den Takt des Liedes ab und begann dann einen Schritt zurück im Dreiviertel-Takt zu gehen. Alejandro folgte mir, stolperte jedoch weniger als gedacht und kam ziemlich schnell auf die richtige Schrittfolge. Er beobachtete genau, sah mir irgendwann sogar in die Augen, während wir durch den Raum tanzten.
 

„Du machst das wirklich sehr gut“, staunte ich stolz und wirbelte ihn kreiselnd umher. Doch das war wohl genug und er löste unsere Haltung um sich auf meiner Couch nieder zu lassen. „Schon genug?“
 

„Reicht das als erstes Training nicht?“, fragte er und hob die Hand zu mir. „Wir können doch noch viele Male miteinander tanzen.“
 

„Wenn du willst“, gab ich zurück. „Ich werde immer bereit dafür sein.“
 

„Ja“, wisperte er und ließ mich neben ihm Platz nehmen. Irgendwas war komisch und förderte mein Unbehagen. Die Angst kroch in meiner Gefühlswelt nach oben. War ich zu weit gegangen? Zu aufdringlich? Zu fordernd?
 

„Ist alles in Ordnung, Alejandro?“, fragte ich und sah ihm ins Gesicht. Irgendetwas stimmte hier doch nicht! Ich würde das nun aus ihm herauskriegen.
 

„Ja, kleiner Prinz“, tat er es ab und legte seinen Arm um meine Schulter.
 

„Wenn das so ist… warum bist du dann gestern so schnell weg gewesen?“, fragte ich gerade heraus. Seine Augen blieben ruhig, machten mich irgendwie nervös. Was war nur passiert? Was hatte ich schon wieder falsch gemacht?
 

Bitte Schicksal, sei nicht wieder so mies zu mir. Beruhige dich, Siakoh. Er ist schließlich hier. Das hieß doch, dass er mich wirklich wollte, so wie er es geschrieben hatte. Oder etwa doch nicht?



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