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Die Harmonie der Elemente

von

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Hass und Heilung

Die Gruppe brach in den frühen Morgenstunden auf. Die zarten Strahlen der Morgenröte hatten Elenora aus ihrem Schlaf geweckt und sie spürte die erfrischende Energie des neuen Tages. Gegen Nachmittag würde das Höllental erreicht sein, und dort würden sich die Wege der Soldaten von ihnen trennen. Jeder Soldat in der Truppe schien seine eigene Geschichte zu tragen – gezeichnet von vergangenen Schlachten und Konflikten, jeder mit Wunden und Eigenarten. In den Augen des Kommandanten Markus von Rosenheim erkannte sie eine Tiefe, die ihre Neugierde weckte. Sie beschloss, ihn in zukünftigen Gesprächen nach seinen Gedanken zur Zukunft der Metabolen zu befragen.

Die Landschaft, von Schnee bedeckt, erstreckte sich endlos vor ihnen, während Elenora und Levin Seite an Seite durch die winterliche Stille schritten. Levin wandte seinen Blick zu Elenora, die neben ihm ging. Die ersten Sonnenstrahlen tauchten SEIN Haar in ein warmes, goldenes Licht. Levin macht es einem einfach einen zu mögen. Beispielsweise begrüßt er jeden neuen Tag stets mit einem Spruch, den er von Einheimischen auf seinen zahlreichen Reisen aufgeschnappt hatte: „Aus meiner Seele zieht mit Nasenflügelbeben ein ungeheurer Appetit nach Frühstück und Leben.“ Elenora genoss besonders seine Erzählungen von den Gepflogenheiten anderer Orte.

„Diese Landschaft erinnert mich an Geschichten aus alten Büchern“, begann Levin mit einem sanften Lächeln. „Die Helden durchqueren verschneite Wälder auf der Suche nach Abenteuern und Geheimnissen.“

Elenora lächelte zurück und ließ ihren Blick über die schneebedeckte Szenerie schweifen. „Ja, es ist fast so, als ob die Natur ihre eigenen Geschichten erzählt. Manchmal frage ich mich, welche Geheimnisse dieser Wald wohl birgt und höre mir seine Geschichten an.“ Sie musste besonders achtgeben, nicht irgendwelchen Tagträumen zu verfallen.

„Wie meinst du das?“, fragte Levin neugierig. Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort, während sich die Umgebung allmählich veränderte. Die Luft wurde kälter, und eine dünne Schneedecke bedeckte den Boden.

„Hast du schon mal Menschen mit dem Windelement getroffen? Abgesehen davon, dass ich geschickt darin bin, Windströme zu manipulieren und damit Wunden zu lindern, kann ich Naturgeister wahrnehmen, die für das bloße Auge unsichtbar sind. Gelegentlich erzählen sie vom Wald.“

„Deine Schwester auch?“, fragte Levin überrascht.

„Woher kennst du Helena?“, fragte Elenora plötzlich, ihren Blick fest auf Levin gerichtet, als suchte sie in seinen Augen nach Antworten.

Levin presste die Augen sichtlich nervös zusammen und runzelte die Stirn, als ob er eine unbekannte Last trug. „Nun ja, wir alle – nicht nur ich – kennen sie. Wir waren gemeinsam als Soldaten unterwegs.“

„Sie wurde von Richard von Epstein gefangen genommen“, gestand Elenora schließlich. Ihre Worte hallten wie ein Echo in der eisigen Stille wider. „Ich weiß nicht wie es ihr geht.“

Levins Blick senkte sich zum Boden, und für einen Moment schien sein Atem zu stocken.

„Sie ist eine Kämpferin.“, sagte er schließlich. Seine Reaktion auf ihre Sorge ließ erahnen, dass Helena ihm mehr bedeutete, als er bisher hatte erkennen lassen.

Das sanfte Knirschen des Schnees unter ihren Schritten begleitete sie auf ihrem Weg durch die Winterlandschaft. Elenora verweilte einen Moment lang, um den Weg, den sie zurückgelegt hatte, in Augenschein zu nehmen. Ihr Blick streifte über die Spuren im Schnee, die hinterlassen worden waren, und blieb schließlich bei Vincent hängen. Er schritt am Ende der Truppe. Elenora fragte sich, welche Gedankenwelt er wohl durchwanderte. Die Erinnerung an ihre gemeinsame Wache mit ihm ließ ein warmes Gefühl in ihrer Brust aufkeimen, bevor sie den Blick rasch abwandte.

Mit der Zeit bemerkte Elenora, dass es immer mühevoller wurde, Schritt zu halten mit dem zügigen Tempo der Soldaten. Letztendlich verlor sie den Anschluss. Die beißende Kälte prickelte auf ihren Wangen, während sie ihre Schritte beschleunigte. Plötzlich durchdrang ein Knall die Stille, wie ein markerschütterndes Signal in der klaren Luft. Die Bäume zitterten leicht im Nachklang des Geräusches. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Ihre Füße trugen sie durch das dichte Unterholz, während sie eilig dem Ursprung des Knalls näherkam.

Schon bald fand sie sich an einem kleinen Abhang wieder. Vor ihr lag ein gefrorener See, auf dessen Eisoberfläche sich Risse gebildet hatten. Am anderen Ufer sah sie ein halb zerstörtes Gebäude, das durch eine gewaltige Detonation in Mitleidenschaft gezogen worden war.

In dieser Kulisse der Zerstörung und Verwüstung hielt Elenora einen Moment inne, ihre Lungen füllten sich mit scharfer Luft, als sie unweit von sich den Kommandanten Markus von Rosenberg bemerkte, wie er sich selbst einen improvisierten Verband anlegte. Es war nicht zu übersehen, dass die Soldaten aus Hallstatt in einen Konflikt geraten waren.

Elenora wurde sich der schwerwiegenden Verantwortung, die auf ihr lastete, bewusst. Die Situation erforderte schnelle Hilfe. Sie überwand den Weg bis zum Kommandanten. „Ich werde medizinische Versorgung leisten“, erklärte sie entschlossen.

Die Augen des Kommandanten waren aufgerissen, und sie konnte die Verwirrung und Fassungslosigkeit in seinem Blick erkennen. „Sie haben uns überrascht und das knapp vor dem Höllental.“, gestand er.

Plötzlich zischten Geschosse aus der Richtung des halb zerfallenen Gebäudes, und Elenoras Aufmerksamkeit wurde dorthin gezogen. Ein Soldat stürzte nur wenige Schritte von ihr entfernt zu Boden. Ihr Magen zog sich unangenehm zusammen, während Übelkeit aufstieg, doch sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, ob sie ihre Nerven in einem echten Kampf bewahren könnte. Ohne zu zögern, ließ sie den Kommandanten hinter sich und bahnte sich ihren Weg durch Trümmer und über die Eisplatte, um zu dem Verwundeten Soldaten zu gelangen.

Ihre Finger ertasteten eine kleine blutende Wunde, aus der das Leben des Mannes zu entweichen drohte. Mit Entschlossenheit übte Elenora Druck aus, um den Blutfluss zu stoppen, doch das Licht in den Augen des Soldaten verblasste bereits. Sie hatte keine Zeit, diesen Tod zu realisieren, denn eine weitere Detonation erschütterte das Schlachtfeld. Die Luft erfüllte sich mit unterschiedlichen Trümmern, die wie ein brausender Regen um sie herum niedergingen. Inmitten des ohrenbetäubenden Klangs und Chaos hielt sie sich die Ohren zu und schloss die Augen. Der Klang der Zerstörung sorgte dafür, dass sie jede Orientierung verlor. Sie war inmitten eines Schlachtfeldes aus Tod und Blut gefangen. Auch die aufkommenden Tränen konnten das lähmende Gefühl, das sich ihre Eingeweide hinunter fraß, nicht vertreiben. Warum konnte kein Frieden auf dieser Welt existieren? Hatte sie nicht schon genug Elend und Schmerz mitangesehen?

Als jemand Elenora unsanft an der Schulter rüttelte, schreckte sie auf. Reflexartig war sie in der Realität. Ihre Sehkraft klärte sich und gab allmählich den Blick auf schwarze Haarsträhnen frei, die der eisige Wind des Schnees unbarmherzig hin und her wirbelte.

Ein leises "Verräter." – formte sich auf ihren Lippen, nicht mehr als ein Reflex.

Mit gewohnter Leichtigkeit stand er vor ihr, als wäre es das natürlichste der Welt. Er hatte gekämpft. Sie vermutete es aufgrund seiner Kleidung und der Art wie er seinen Atem ausstieß. Elenoras Herz pochte wild in ihrer Brust, während sie den Kloß in ihrem Hals hinunterschluckte. Der Klang ihres eigenen Pulses dröhnte in ihren Ohren, und ihre Hände zitterten unkontrolliert, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals sie - sie würde vermutlich jeden Augenblick hyperventilieren.

„Könntest du dich darum kümmern?", fragte Vincent mit nüchterner Entschlossenheit. Seine Worte trugen die Ernsthaftigkeit eines erfahrenen Soldaten. Elenora spürte den bohrenden Schmerz, der von ihrer Bauchwunde ausging, und zwang sich, ein leises Stöhnen zu unterdrücken. Sein Blick ruhte ruhig auf ihr, als er ihren Zustand einschätzte. Die Winterlandschaft um sie herum schien in diesem Moment stillzustehen, als ob sie sich in einer eigenen, abgeschiedenen Realität befanden. Seine Augen verrieten eine Tiefe, die weit über die Oberfläche hinausreichte. Elenora fühlte sich von seinem Blick durchdrungen.

„Ja“, pflichtete sie ihm schlicht bei und konzentrierte sich darauf, sich nicht von ihrer Verletzung überwältigen zu lassen. Seine Präsenz beruhigte sie.

Ihre Finger tasteten nach ihrem Bauch, während sie versuchte, ihren Atem zu beruhigen. Die Wunde war schmerzhaft, doch sie weigerte sich, vor Vincent Schwäche zu zeigen. Sie zog behutsam ein Stück Holz aus ihrem Bauch, ein schmerzvolles Keuchen entwich ihren Lippen. Sie weigerte sich, sich hilflos zu fühlen, und biss die Zähne zusammen, während sie sich auf ihr Windelement besann und ihre Augen schloss.

Vor ihrem geistigen Auge zeichneten sich die Umrisse von Organen und Venen ab. Elenora konnte die komplexen Verbindungen erkennen und spürte genau, an welcher Stelle die Verletzung lag. Blut strömte in beunruhigender Menge aus ihrem Körper. Das Windelement erlaubte ihr, Blutgefäße erneut zu verbinden.

„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du zu mir kommst...“, murmelte sie, was ihr durch den Kopf schoss. Sofort verfluchte sie sich innerlich für ihre Unbedachtheit.

„Tut mir leid, ich bin nur –" Ihre Worte verloren sich in der Unsicherheit, die plötzlich in ihrer Stimme mitschwang. „Überrascht von der Situation.“ Die Zeit stehen zu bleiben, als Vincent ihr diesen undefinierbaren Blick schenkte, der alles oder nichts bedeutete. Hatte er erwartet sie würde die Nerven behalten?

„Kannst du gehen?“, war seine emotionslose Frage, während seine Augen etwas in der Ferne zu suchen schienen. Die Stille, die sich über das Schlachtfeld ausgebreitet hatte, war geisterhaft und unterstrich die Präsenz des Todes. War dies die harte Realität, die ihr bisher verborgen geblieben war?

Ein unerwartetes Kichern durchbrach die Stille. „Vincent Wolf kehrt nach Hause zurück. Du bist erwachsen geworden.“ Keuchend stütze Elenora sich im Schnee ab, und erkannte einen hellhaarigen Mann. Ein psychopatisches Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, dass es nicht gut mit einem meinen konnte. Was sofort ins Auge stach war seine unnatürlich weiße Hautfarbe, die ihn beinahe mit dem Schnee verschmelzen ließ, sowie die Brandwunde, die sich über einen Teil seines Gesichts erstreckte. „Hat euch die Demonstration meiner neusten Erfindung gefallen?“, sagte er, während er ein Holzgeschoss in den Händen hielt, aus dessen vorderem Ende feiner Rauch aufstieg. Damit musste er den Soldaten zuvor getötet haben.

„Die Mission lautet dich aufzuspüren, Constantin.“ Vincents Stimme blieb unnachgiebig.

Der Mann, den Vincent gerade als Constantin genannt hatte, brach in ein krächzendes Lachen aus, das unpassend wirkte. Die Tonlage und das neurotische Klingen des Lachens durchzogen die Luft und ließen Elenoras Magen sich unangenehm zusammenziehen.

„Wegen dem, was ich mit deinen Eltern gemacht habe?“, hakte Constantin spöttisch nach.

„Tz ...“, zischte Vincent, sein Gesicht blieb emotionslos wie eine Maske. Die gespannte Atmosphäre zwischen den beiden Männern war spürbar und schien förmlich darauf zu warten, sich in einem unausweichlichen Zusammenprall zu entladen. Elenora kämpfte gegen die Müdigkeit an und zwang sich dazu, wach zu bleiben. Sie wollte sehen, was gleich geschehen würde.

„Für das -" Constantin strich über sein vernarbtes Gesicht. „Habe ich mich nicht bei dir revanchiert. Der Tod ist ein herrliches Schicksal für Wesen wie dich!" Constantins Augen ließen keine Reflexion erahnen, wie zwei leere schwarze Tunnel saßen sie in seinen Augenhöhlen. Eine grausame Entschlossenheit lag in ihnen.

„Ihr Soldaten seit alle so überheblich, lebt in dem Glauben, über uns Menschen zu stehen. Es ist meine Bestimmung Metabolen Angst beizubringen. Ihr werdet gejagt und hingerichtet.“, fügte er mit einer geballten Faust hinzu, während sein Gesicht sich in ein finsteres Grinsen verzerrte. Ein bedrohlicher Blickwechsel zwischen den beiden Männern spiegelte die feindselige Spannung wider.

„Das Zeitalter der Metabolen neigt sich dem Ende zu!“ Seine Worte hallten wie ein düsteres Omen in der eiskalten Luft wider.

„Kannst du etwas anderes als reden?“, höhnte Vincent. Seine Körperhaltung wandelte sich, er verlagerte seinen Stand und nahm eine Angriffsposition ein. Constantin setzte die linke Hand in die Hüfte und richtete das Holzgeschoss auf Vincent. In einem Augenblick der Entschlossenheit stürmte Vincent voran. Seine Geschwindigkeit übertraf alles, was Elenora je gesehen hatte. Zugleich brach aus dem Holzgeschoss ein Schuss hervor, der zischend durch die Luft schnitt. Doch das Geschoss war zu schnell, um durch bloße Reaktion auszuweichen. Mit einem wütenden Schrei drang es in seine Schulter ein, und der dumpfe Aufprall seines Körpers im Schnee war zu hören.

Elenora spürte Hitze auf ihrer Haut. Das Flammenmeer, das Vincent nun umgab, wirkte wie eine unaufhaltsame Naturgewalt, bei deren Anblick ihr der Atem stockte. Rauchschwaden erhoben sich von dem verdampfenden Schnee und trübten ihre Sicht. Die Wunde an Elenoras Bauch pochte schmerzhaft, während sie verzweifelt versuchte, ihr Windelement zu bündeln, um die Verletzung zu verschließen. Doch die Erschöpfung zehrte an ihrer Kraft. Müdigkeit legte sich über sie wie eine dunkle Decke, und langsam schlossen sich ihre Augenlider.

Frischluft strömte in ihre Lungen und riss Elenora aus ihrer Benommenheit. Reflexartig richtete sie sich auf. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, während sie dort gelegen hatte, und rappelte sich auf. Ein vorsichtiger Blick um sie herum sollte ihr Aufschluss über die Situation geben. Vincent kniete nicht weit von ihr entfernt im Schnee. Außer ihnen schien sich kein weiteres lebendiges Wesen an diesem Ort zu befinden. Alarmiert kämpfte Elenora sich auf die Beine. Ihre Schritte waren wankend, aber sie setzte einen Fuß vor den anderen.

Vincent hatte seine Hände schützend vor die Augen geschlagen. Sein Gesicht, von Strähnen schwarzen Haares verdeckt, wirkte gequält und verzweifelt, Blut zeichnete Muster in den Schnee um ihn herum.

„Vincent -“, ächzte sie, doch er ließ sich nicht besänftigen, schlug animalisch in ihre Richtung. In Anbetracht der Lage konnte sie ihm das nicht verdenken.

"Ich bring ihn um!", schrie Vincent, die Luft um ihn begann zu vibrieren, und Elenora trat zurück. Die Stille des Ortes schien von seinen Worten durchbrochen zu werden. Ein Kontrast zur früheren Wortkargheit, die sie von ihm kannte. "Ich bring ihn um!", wiederholte er, schlug erneut in den Schnee, der vor Hitze verdampfte. Etwas an ihm wirkte anders, seine Aura wirkte Dunkel und unheilvoll. Sie fragte sich, ob das Chaos ihn jetzt verzehren würde oder ob etwas von ihm übrigbleiben würde.



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