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Die West-Chroniken

Der Fall des Ikaz
von

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Kapitel 4 - Christian West

Im Normalfall kostete es Spencer keine Stunde um nach Knightfall zu kommen, was daran lag,

dass er wusste wo die Polizeikontrollen standen, wo die Radarkontrollen, jegliche Baustellen

und Abkürzungen waren.

Doch mit einem Kind auf dem Rücksitz hielt er sich an das Tempolimit und vermied seinen

selbstmörderischen Fahrstil.

Er fuhr auf den Highway. Es hatte viel geregnet und die Straße war noch nass und rutschig,

besonders für Motorradreifen.

Er fuhr runter vom Highway und in einen Wald. Die Hände des Jungen wanderten von seiner

Hüfte auf seine Schultern. Eine Hand löste sich.

Spencer konnte sich vorstellen wie er die Hand hob und die Luft über seine Finger streichen

ließ. Die Magie die dieses Gefühl in ihm auslösen musste. Die Freiheit, die er fühlte.

Hinter ihm ertönten Polizeisirenen. Die Hand landete wieder auf seiner Schulter und er hielt

an. Wartete.

Zum Glück hatte er sich den Ersatzhelm aufgesetzt, sonst hätte er seinem Führerschein

Lebewohl sagen können.

„Guten Abend.“

„Guten Abend, wie kann ich helfen?“

Der Polizist musterte den Jungen. „Ist das ihr Sohn?“

„Nein.“ Er wusste nicht einmal den Namen des Jungen.

Der Polizist runzelte die Stirn. Spencer erwartete, dass er tiefer nachhakte, aber es kam nichts

dergleichen. „Der Junge hatte eine Hand in der Luft. Ich hoffe sie verstehen, dass dies

gefährlich sein kann?“

„Natürlich und ich verspreche, dass es nicht wieder vorkommt.“

„Dennoch muss ich Ihnen eine Verwarnung geben und ein Bußgeld.“

Einer der ihn nicht erkannte. Einer der ihn normal behandelte.

„Lass ihn. Er ist Spencer West, Neffe von Christian West. Ihm einen Strafzettel zu verpassen

ist als würdest du dich mit einem König anlegen.“ Er kannte die Stimme. Ein braunhaariger

Polizist schaute aus dem Beifahrerfenster. „Hi, Spence.“

Es musste natürlich er auf dem Beifahrersitz sein. Es konnte niemand anderes sein, oder?

„Jeremy.“ Sein Lächeln war verkrampft, unrealistisch.

„Ich wusste nicht“, stammelte der ältere Polizist und wurde bleich. „Verzeihung.“

„Sie taten Recht und ich hätte gerne den Strafzettel.“ Verwirrt gab ihm der Polizist das Stück

Papier. „Danke.“

Er wartete bis sie weg waren.

„Entschuldige“, murmelte der Junge in sein Ohr. „Ich wollte nicht...“

„Keine Sorge. Hat es Spaß gemacht?“

Erst gab es keine Reaktion, dann ein leises: „Ja.“

„Gut. Halt dich fest es wird kurvig.“

Spencer hasste es bevorzugt zu werden. Er hasste es, wenn jemand nett zu ihm war nur wegen

seinem Nachnamen. Er war ein Mensch wie jeder andere. Er war nicht sein Nachname. Er war

mehr.

Die Straße führte in Schlangenlinien durch den Wald und hinauf auf den Hügel, Berg oder wie

du eine Erhebung nennen magst. Er fuhr raus aus dem Wald auf eine Lichtung und West

Manor erschien vor ihm. Es war umgeben von einem hohen Zaun, um ungebetene Gäste

draußen zu halten und wenn der Zaun nicht genug war gab es noch jede Menge Fallen auf

dem Gelände.

Er fuhr auf das Tor zu. Sollte er klingeln oder seinen Code eingeben?

Verschwendete Gedanken.

Das Tor schwang auf kurz bevor er hätte anhalten müssen und ließ sie ein.

Ein Weg aus Kieselsteinen führte zu einem Brunnen und um ihn herum. Auf dem Weg kamen

sie an verschiedenen Buschfiguren vorbei. Spencer hielt direkt vor der Tür und ließ den

Jungen absteigen.

Das Gebäude war riesig. Vier Stockwerke (Erdgeschoss mitgezählt), einem gigantischen Keller

und einem Dachboden. Ein kleines Schloss mit eigenem Erker-Turm und einer Veranda, die

um das ganze Haus herumführte.

Zwei Männer standen auf ihr und warteten. Einer von beiden war Mitte sechzig mit grauem

Haar und weisen Augen.

Der andere war Mitte vierzig, das tiefschwarze Haar nach hinten gekämmt und einer Mimik,

die immer urteilend wirkte. Er lachte nicht viel, etwas, das Spencer verstand und doch nicht

nachvollziehen konnte.

Er nahm seinen Helm ab und verstaute beide in den Seitentaschen. Der Junge wartete auf

ihn und kaute auf seiner Unterlippe. „Keine Sorge. Wird schon“, murmelte Spencer ihm zu mit

einem aufmunternden Lächeln. „Sag einfach Hallo.“

Ein Hund rannte auf ihn zu und sprang an ihm hoch. Spencer hob einen Finger und sagte:

„Platz!“

Der Hund sprang erneut an ihm hoch.

Der Junge versteckte sich hinter Spencer. „Platz.“

Der Hund machte Platz und Spencer streichelte ihn. „Gut gemacht, Bernie.“

Bernie war ein Berner Sennenhund mitschwarzem, braunem und weißem Fell. Jon hatte ihn

am Fuß des Berges gefunden. Allein und verletzt. Colt und er hatten ihn erzogen. Kurz danach

war Colt…

Jon war immer noch damit beschäftigt ihm ein oder zwei Sachen beizubringen.

Spencer ermutigte Drew sich vorzustellen.

„Guten Tag“, der Junge schaute den älteren der beiden Männer an. „Mein Name ist Andrew

Jackson und... Ich soll hier einen Brief abgeben. Von meiner Mutter.“

Jackson.

Er verband viel Positives mit diesem Namen. Seine Ex hieß Jackson mit Nachnamen... Wie alt

war der Kleine nochmal?

„Ein junger Mann mit Manieren. Sehr selten.“ Jarvis lächelte. „Guten Abend, Master Andrew.

Ich bin Jarvis, der Butler der Familie West.“

Der Junge wurde bleich. Er drehte sich zu dem anderen Mann um. „Es tut mir leid, ich...“

„Manieren? Sich erst dem Butler vorzustellen und dann erst dem Hausherrn“, Chris schaute

tadelnd drein. Das war eine seiner Spezialitäten. „Das sind höchstens schlechte Manieren.“

Spencer rollte mit den Augen. Chris musste nicht gleich sein Bestes geben um sich

unsympathisch zu machen.

Der Junge murmelte etwas, das sich verdächtig nach einem Schimpfwort anhörte.

„Guten Abend, Chris.“ Er lächelte. „Wie geht´s dir Jarvis? Chris, falls es dir nichts ausmacht,

deine Tirade über die Manieren eines Fünfjährigen zu unterbrechen würde ich gerne

hereinkommen und einen Tee haben.“ Er warf einen Blick auf Drew, der immer noch blass

wirkte und zitterte, auch wenn er sich Mühe gab es zu verbergen. „Kekse. Jarvis backt

wundervolle Kekse. Wie wär´s?“

Chris starrte den Jungen an.

Der Junge starrte mit zitternden Händen zurück.

Spencer legte seine Hände auf seine Schultern, um ihn zu bestärken. „Wenn das hier ein StarWettbewerb ist, möchte ich euch darum ersuchen Jon mitmachen zu lassen. Er wird euch

beide in Grund und Boden starren.“

Chris drehte sich ohne ein Wort um und ging hinein.

Jarvis verbeugte sich und ging ebenfalls.

Spencer rollte mit den Augen und lehnte sich zu Drew hinab. „Keine Sorge. Harte Schale,

weicher Kern.“

Drew reagierte nicht. Spencer konnte seine Gedanken lesen: Er wollte weg von hier.

Irgendwohin, nur nicht hierbleiben. Er könnte im Wald übernachten. Auf einem Baum oder

so. Hauptsache er musste nicht noch eine Sekunde länger mit Chris zusammen sein.

Vor zwölf Jahren hatte er dieselben Gedanken gehabt.

Vor zwölf Jahren war er drauf und dran gewesen sich und dieses Gebäude niederzubrennen.

„Komm, Jarvis macht die besten Snacks in der Welt.“ Neben Colt.

Er nickte.

„Dann nichts wie los, danach kann ich dich noch herumführen und-“ Der Junge gähnte und

rieb sich die Augen. „Vielleicht machen wir das doch lieber morgen.“

Noch ein Nicken.

Spencer biss sich auf die Zunge. Er würde einen Anruf tätigen müssen. Welche Ausrede würde

er wohl diesmal benutzen?



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