Offenbarung
04.05.2004
Oh. Mein. Gott. Diese drei Tage waren die wohl ereignisreichsten in meinem ganzen bisherigen Leben. Erst liest Kai (ich glaub ich kann die Namens Abkürzung jetzt wirklich lassen ^__^°) mein Tagebuch und dann küssen wir uns und dann gestehen wir uns auch noch unsere Liebe (kitschig, aber wahr). Aber die Hoffnung, alles entspannt angehen zu können, musste ich ziemlich schnell aufgeben. Eines wollte ich nämlich eigentlich wissen, BEVOR alle anderen von Kai und mir Wind bekommen: Bin ich jetzt mit ihm z u s a m m e n? Oder nicht? Ab wann ist man denn mit jemandem liiert? Gibt es da irgendeine nachschlagbare Definition im Duden oder Lexikon? Wohl eher nicht... Genau darüber wollte ich mir heute klar werden, doch erstens kommt alles anders und zweitens als man denkt. Als Takao und Mizuhara vor der Tür standen und mir diese absolut fiese Frage gestellt haben, ist mir nichts Besseres eingefallen, als rot anzulaufen und die Tür vor ihrer Nase einfach wieder zuzuschlagen - Ich weiß, suuuper Reaktion. Noch auffälliger geht es nicht Rei Kon! (Jetzt schimpfe ich hier schon mit mir selber. Es ist doch zum Heulen! T__T).
Na ja, weiter im Text. Kai kam dann auch wieder aus dem Bad (ohne sein voriges...äh sagen wir mal "Problem" *räusper*). Zu meinem Erstaunen blieben die beiden vor der Tür stumm (ich schätze mal meine Reaktion hatte sie verwirrt). Was ich nicht wusste, war das sie da stehen geblieben sind und gelauscht haben. So etwas tun MEINE Freunde! (Entschuldigung, aber ich bin leicht angesäuert deswegen... Obwohl ich es ja auch in gewissen Hinsicht verstehen kann). Und so bekamen sie auch das danach folgende Gespräch zwischen mir und Kai mit. Ich glaube diese Unterhaltung könnte man in etwa so betiteln: "Was-sage-ich-ihnen-denn-jetzt-wegen-dem-Knutschfleck-an-dem-du-Schuld-bist-?". Offensichtlicher hätte es für die beiden nicht sein können. Selbst Takaos Naivität war nicht im Stande diese Sätze falsch zu verstehen. Wir hörten nur noch ein "Hintern-macht-Bekanntschaft-mit-Boden"-Geräusch um zu wissen, dass unsere Krisensitzung nicht ungehört blieb. Als ich die Tür öffnete lag vor mir ein Mizuhara mit weit aufgerissenen Augen und merkwürdig blass aussehender Gesichtsfarbe und ein Takao der mit den Finger auf mich zeigte und wohl versuchte irgendeinen Satz vor sich hin zu stammeln. Seine Augen gingen gespenstisch durch mich hindurch und Kai, der hinter mir auftauchte schien wohl genau wie ich über diese Situation zu denken. Wir nickten uns zu und holten beide unsere mit kaltem Wasser gefüllten Zahnputzbecher und kippten es den beiden weggetretenen über den Kopf.
Eine viertel Stunde später saßen wir denn alle (Kyōju mit eingeschlossen) um den Wohnzimmertisch herum und tranken Tee, den ich gemacht hatte. Takao und Mizuhara hatten sich inzwischen schon mit einem Handtuch die Haare abgetrocknet und waren einigermaßen zur Besinnung bekommen. Trotzdem hatten sie noch kein Wort gesprochen. Und Kyōju hatte erst recht keine Ahnung was er dort sollte. Nach einer Weile des Schweigens sahen uns dann alle drei fragend an. Sie erwarteten eine Erklärung und das zu Recht. Und da kamen wir an oben genannte Stelle des Problems. Sollte ich jetzt sagen, dass wir zusammen sind, oder nicht? Schließlich war ich mir zu dem Zeitpunkt gar nicht so sicher. Ich muss auf Kai sehr unsicher gewirkt haben, denn er gab mir unauffällig hinter unserem Rücken die Hand und streichelte mir beruhigend mit dem Daumen über den Handrücken. Das entspannte mich dann etwas. Was dann kam, war gar nicht so schwer und schrecklich wie gedacht hatte. Kai sagte, als wäre es das normalste der Welt, in seiner eisernen "wehe-ihr-habt-etwas-dagegen"-Stimme, ganz einfach:
"Wir sind zusammen."
Und es kam das, was immer kommt, wenn Kai in dieser Tonlage jemanden etwas sagte. Nichts. Kein Widerspruch kein meckern und kein "wie widerlich" oder sonstiges, wovor ich mich so gefürchtet hatte.
Kyōju, der das ganze ja überhaupt nicht wusste, brauchte ein wenig länger, um zu verstehen, was Kai ihm da gerade offenbart hatte. Danach tat er als wäre nichts gewesen und behandelte uns genauso wie immer - irgendwie typisch. Takao dagegen scheint inzwischen begriffen zu haben, dass diese Beziehung gewisse Vorteile für ihn mit sich bringt. Denn schließlich sind Verliebte mit anderen Dingen als harten Trainingsplänen beschäftigt und lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen (z.B. durch ewiges "wann gibt es endlich Essen"-Geschrei). Und Mizuhara, ja der benimmt sich am seltsamsten. Er hat sich wohl irgendwie in den Kopf gesetzt es "niedlich" zu finden, dass Kai und nun zusammen sind. Er hat es sogar geschafft ein Foto zu knipsen, auf dem Kai und ich uns gerade küssen. Erst war Kai ziemlich sauer, als er das gemerkt hatte, doch nun hängt gerade dieses Foto über seinem Bett. Ich für meinen Teil habe eines von Mizuhara geschenkt bekommen, auf dem Kai denkt, dass er unbeobachtet ist und auf meinen Allerwertesten stiert... Also nein, Kai! Ein weiteres Bild welches ich meinem Tagebuch hinzufügen kann.
Kann ein Mensch glücklicher sein, als ich es jetzt bin? Ich glaube kaum.
Am 16.03. (also in zwölf Tagen) wird Kai 18. Und ich habe jetzt schon sein Geschenk. Eigentlich mache ich mir damit ja selber eines. Tja, was soll's? Bin halt manchmal ein kleiner Egoist. Auf jeden Fall klappt es von meiner Seite her schon einmal. Ich hoffe nur, dass Kai es auch schafft, da weg zu kommen. Wenn nicht, wäre alles umsonst. Ich gehe jetzt schlafen (natürlich in Kais Bett - da schlafe ich immer besonders gut ^_^).
Damit legte Rei sein Tagebuch zurück in seine Tasche und ging langsam auf Kai zu, der ihn mit einem leicht verführerischen Blick ansah. Er hob seine Bettdecke so an, dass Rei darunter schlüpfen konnte. Doch dieser stoppte auf einmal. "Was ist?" Irritiert sah Kai seinen Freund an.
Rei lächelte nur und löste wie in Zeitlupe langsam aber sicher das einzige Zopfband, welches seine Haare zusammen hielt. Sofort fiel seine pechschwarze Mähne ihm über die Schultern und umspielte so seine zierliche Gestalt. Kai blieb währenddessen der Mund einen Spalt offen stehen und er blickte fasziniert auf die nun ganz anders aussehende Person vor ihm. Diese Geste sagte mehr als tausend Worte. "Wahnsinn..." Kai hatte sich immer noch nicht wieder ganz gefasst, als Rei unter seine Bettdecke kroch. Wie in Trance vergrub er nun sein Gesicht in Reis Haaren und sog den süßlichen Pfirsichduft ein, der von ihnen ausging. Kai lächelte Rei an, und er lächelte zurück. Worte waren hier fehl am Platz, das wussten beide. Und so schliefen sie eng umschlungen ein.