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Wer braucht schon Psychologie?!

Andrew und Nuka
von

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Photos und Geständnisse

Photos und Geständnisse
 

"Nuka ist mir gerade auf dem Flur entgegen gekommen."

Rob hängte seine Jacke auf und schlüpfte aus seinen Schuhen.

"Aha..."

Er ließ sich Andrew am Esstisch gegenüber auf einem der Stühle fallen und betrachtete seinen großen Bruder, der sich über einer Zeitung beugte und zu lesen schien.

"Er sah irgendwie ziemlich krank aus. Ich hab ihn gefragt, was er hat, warum er sich in den letzten Tagen gar nicht gemeldet hat, aber er meinte nur, er hätte sich irgendetwas eingefangen und wollte uns nicht anstecken."

"Hm..."

"Komisch, nicht? Er ruft uns nicht an, ist aber auf dem Weg zu uns, will uns aber nicht anstecken. Hast du schon mal gehört, dass man sich übers Telefon anstecken kann?!"

"Hmm..."

"Jedenfalls sah er so aus, als hätte er ein paar Tage nicht richtig etwas zu Essen herunterbekommen. Außerdem war er ziemlich blass. Er hat mir erzählt, er hätte einen Film entwickeln lassen und er fände es nett, wenn wir ihn abholen könnten. Ihm wäre etwas dazwischen gekommen, hat er gesagt. Wolltest du nicht gleich einkaufen fahren? Könntest du doch machen oder?"

"Hm..."

"Hörst du mir überhaupt zu?"

"Ja, Rob, ich höre dir zu. Ich werde dir den Film abholen."

Rob öffnete den Mund und wollte etwas sagen, überlegte es sich jedoch wieder anders.

"Danke, das wäre echt nett von dir."

Andrew nickte lediglich und nahm den Zettel, auf dem die Adresse des Photoladens stand.
 

Andrew stieg wieder ins Auto. Er hatte extrem schlechte Laune. Diese dumme Frau aus dem Photoladen.

Anstatt ihm ein paar Namen auf zu zählen, die etwas mit Bucker zu tun hatten, hatte er Namen aufsagen müssen! Unverschämtheit. Schließlich hatte sie einen Film, auf dem *Andrew Bucker* stand.

Warum Rob den Film nicht auf seinen eigenen Namen in Auftrag gegeben hatte, war ihm schleierhaft.

Andrew seufzte auf und betrachtete die Papiertüte, die er auf den Beifahrersitz gelegt hatte.

Andrew war ein wenig neugierig. Er erinnerte sich daran, dass Rob bei einem Ausflug im Zoo, der schon mehrere Monate her war, Bilder gemacht und den Film doch für lange Zeit nicht voll bekommen hatte. Andrew hatte gar nicht mitgekriegt, dass er das letztendlich doch noch hinbekommen und den Film zum Photogeschäft gebracht hatte.

Er zuckte die Schultern und öffnete die Tüte. Er war nicht allzu neugierig darauf, was Rob für Bilder gemacht hatte, aber wollte gerne die Photos vom Zoobesuch sehen. Er wollte sehen, wie sie glücklich waren. Als Nuka gekommen war, waren sie...auch noch glücklich, ja, aber auf eine andere Art. Sie waren zu dritt glücklich. Und langsam sehnte sich Andrew wieder zurück zu ihrer Zweisamkeit. Ohne Nuka war alles so einfach, so unkompliziert. Er musste nicht darauf achten, was er sagte, musste nicht darauf achten, dass er Fehler machte. Er musste sich nicht beschützen...

/Vor was eigentlich beschützen?! Vor Nuka? Warum?/

Andrew schob die Gedanken weg. Das interessierte ihn jetzt nicht. Er wollte nicht darüber nachdenken.

Er verspürte Vorfreude, als er die Bilder herauszog. Doch sein Lächeln erstarb. Das erste Bild zeigte nicht den Zoo, sondern Jonas, der fröhlich in die Kamera grinste.

/Wie kann das denn sein? Warum photographiert mein Bruder Jonas?!/

Mit einem Mal entwich ihm ein Stöhnen.

"Das sind Nukas Bilder..."

Und er hatte gedacht, es wären Robs Photos!

Nachdem Rob angefangen hatte, von Nuka zu reden, hatte Andrew abgeschaltet. Er wollte nichts hören. Er hatte nur das mit den Bilder abholen verstanden, hatte sich kurz über den Themenwechsel gewundert. Er hatte angenommen, Rob wollte, dass Andrew seine Bilder abholte, nicht Nukas.

Im ersten Moment wollte er die Bilder wieder zurücklegen. Es ging ihn ja wohl wirklich nichts an, was Nuka für Bilder machte, aber irgendwie reizte Jonas' Bild ihn.

Hatte Nuka vielleicht noch mehr Bilder von dem Blondhaarigen gemacht?

Er besah sich das nächste Photo. Es zeigte ein großes, altes Gebäude. Ein Gericht.

/Na klar, das sind die Bilder von seinem Gerichtstermin.../

Das nächste Bild ließ ihn verwundert blinzeln. Diese Frau kannte er nicht.

Sie lehnte an einer Wand und grinste frech in die Kamera. Rote, lockige und ziemlich lange Haare umwehten ihr leicht sommersprossiges Gesicht. Blaue, durchdringende Augen strahlten ihn regelrecht an. Oh nein, diese Frau kannte er wirklich nicht!

/Wer ist das verdammt?! Und woher kennt sie Nuka?!/

Nach noch mehr Bildern, bei denen auch ab und zu Nuka zu sehen war, kamen Bilder von dem Haibild auf Nukas Wohnzimmerwand. Und noch ehe Andrew einfallen konnte, was als nächstes kam, hatte er drei Bilder in der Hand. Die letzten drei Bilder.

Er schluckte.

Nuka und er saßen nah nebeneinander auf dem Sofa und lächelten in die Kamera. Es war ein süßes Bild. Irgendwie hatte dieses Bild etwas beruhigendes auf ihn. Sie passten zusammen. Es sah richtig aus.

Mit einem Seufzen schüttelte Andrew den Kopf. Er sollte die rosarote Brille endlich abnehmen. Das funktionierte nicht.

Er zog das Bild weg und stockte in der Bewegung.

Darunter war ein weiteres Bild von ihnen hervorgekommen.

Nuka und er küssten sich! Nuka hatte sanft die Arme um ihn geschlungen, eine Hand lag an seiner Taille, die andere in kraulend in seinem Nacken. Sie waren sich ganz nah und Andrew sah, dass er den Kuss sogar erwiderte.

Andrew presste seine Augen zusammen.

/NEIN!/

Er hatte Nuka geküsst. Er hatte ihn zweimal hintereinander geküsst. Und ihm hatte es verdammt noch mal sehr gefallen! Er hatte mehr gewollt! Ja! Er wollte es sich nicht eingestehen, aber tief in sich drin, hatte er mehr gewollt als diese Küsse. Mehr Umarmungen, mehr Haut, die von Händen verwöhnt wurde, von Nukas Händen.

/NEIN! NEIN!/

Er durfte es nicht wieder tun. Er durfte einfach nicht! Nicht schon wieder! Nicht schon wieder blind ins Unheil rennen! Nicht schon wieder nach gespielt schöner Zeit, geliehene Zeit, wieder verlassen werden! Ganz allein, nur mit den Teufeln seiner Vergangenheit und Gegenwart.

/NEIN! NEIN! NEIN!/

Nuka holte heftig Luft.

Er hatte gar nicht mitbekommen, wie er den Atem angehalten hatte.

Er packte die Bilder versucht ruhig wieder in die Tüte, lehnte den Kopf zurück und atmete tief ein und aus.

/Weißt du, was du da gerade gedacht hast?/

Rons ruhige Stimme in seinem Kopf.

/Du wirst wirklich immer mutiger./

"Nicht den Satz!"

Andrew schüttelte den Kopf.

Warum, verdammt, sprach Ron mit ihm?! Ron war weg, für ihn gestorben! Und warum, verdammt noch mal, verwendete er einen Satz, den er in einer ihrer seltenen, gemeinsamen Nächte schon einmal gebraucht hatte?! Ein Satz, der sich angenehm in Andrews Gedächtnis gebrannt hatte. DAS ALLES WAR EINFACH NICHT FAIR!

Andrew schüttelte hektisch den Kopf, wollte Ron aus seinen Gedanken aussperren.

Er ließ den Motor an und fuhr viel zu schnell los. Das parkende Auto vor ihm raste auf ihn zu.
 

"Er hat wirklich einen Unfall gebaut?"

Rob sah grinsend zu Nuka hoch, der ihn zweifelnd ansah.

"Ja. Aber echt nur einen kleinen. Ist zu schnell aus der Parklücke heraus und dem Auto, das vor ihm am Bürgersteig stand, an eine Ecke angefahren. Ich denke Mal, das ist ein ziemlicher Kofferraum- und Rückblinkerschaden."

"Hmm..."

Nuka sah auf und versuchte einen Blick auf die angelehnte Schlafzimmertür zu erhaschen, hinter der Andrew gerade leise mit dem Polizeibeamten sprach, der ihn vor ungefähr fünf Minuten nach einem Zwischenstopp im Krankenhaus zu seiner Wohnung gebracht hatte.

"Wie geht's ihm denn? Ist er verletzt?"

"Keine Ahnung. So weit ich das gesehen habe, hatte er eine Platzwunde an der Schläfe und sah ziemlich zittrig aus. Er hat mir gesagt, ich solle mir keine Sorgen machen und ist dann mit dem Polizisten sofort ins Schlafzimmer."

Nukas Augenbraue ruckte nach oben.

"Sofort ins Schlafzimmer?!"

"Jo. Wahrscheinlich wollte, er dass ich nicht zuhöre. Das macht er öfters. Er gibt mir, glaube ich, nicht gerne Befehle, deshalb lädt er die Leute, mit denen er allein reden will, immer in sein eigenes Zimmer. Um ehrlich zu sein, finde ich das beschissen. Obwohl...wenn die sich hier ins Wohnzimmer gesetzt hätten, dann hätte er bemerkt, dass ich dich angerufen habe, also...Was tust du jetzt?"

Nuka biss sich auf die Unterlippe.

"Ich werde den Polizisten aus seinem Schlafzimmer rausschmeißen, was dachtest du denn?!"

Rob grinste breit.

"Nichts anderes. Ich habe mir schon gedacht, dass dich das eifersüchtig macht!"

Der Russe fuhr auf.

"Ich bin nicht...!"

Im nächsten Moment unterbrach er sich selbst, seufzte und schüttelte den Kopf.

"Scheiße..."

Rob lachte leise und ließ sich auf das Sofa fallen. Mit einem wirklich unverschämt breiten, dreisten Grinsen schaltete er den Fernseher ein und zappte durch die Kanäle.

Nuka ging natürlich sofort in Bewegung und trat den Flur entlang.

Leicht und zögernd klopfte er an die angelehnte Tür und wartete auf das folgende *Herein*.

Der Polizist war jung und lächelte ihn leicht an. Nettes, sympathisches Gesicht.

/Arschloch./

Andrew saß auf dem Bett und hielt sich leicht den Kopf, versuchte das große Pflaster, das seine Stirn zierte, so gut es ging zu verstecken.

"Darling...ich muss mit dir reden."

Nuka sah ganz genau, wie der Polizist eine Augenbraue hob, ignorierte das jedoch.

Andrew sah ihn für einen Moment verwirrt an, dann nickte er.

"Ja..."

Seine Stimme war leise, etwas brüchig und rau. Es überraschte Nuka ihn so zu hören. Er schien noch einen Schock zu haben.

"Darf ich vorstellen? Mr. Lavender, das ist mein Freund Nuka Sanatchev. Nuka - Mr. Lavender."

Nuka schüttelte die freundlich hingestreckte Hand, erwiderte den Händedruck kräftig, nicht zu kräftig.

Irgendwie war Nuka ein wenig gereizt.

/Freund?! Ich bin sein Freund?! Wow! Gut, dass ich das auch endlich erfahre!/

Lavenders ruhige, tiefe Stimme ließ ihn überrascht den Blick heben.

"Freund? Das heißt also Sie sind zusammen? Dann will ich natürlich nicht länger stören."

/Ja! Stör nicht länger!/

"Äh...nun..."

Nuka blickte Andrew an, erwiderte hart seinen bei ihm Hilfe suchenden Blick. Andrew würde keine Hilfe von ihm bekommen! Oh nein! Das sollte er jetzt schön alleine entscheiden!

"Ich...um ganz ehrlich zu sein, wissen wir das noch nicht genau..."

Ein verlegenes Räuspern folgte dem.

"Nun gut...Dann hoffe ich für Sie, dass Sie das schnell herausfinden und...Ich hoffe, Sie werden sich an die Ratschläge des Arztes halten...Soll ich Ihnen meine Telefonnummer da lassen?"

Nuka runzelte die Stirn und fasste den schwarzhaarigen, wirklich verdammt unsicher und verlegen wirkenden Polizisten scharf ins Auge.

/WAS will er da?!/

Andrew nickte leicht.

"Das wäre nett...Vielleicht rufe ich Sie ja mal an, man könnte ja einmal ein Treffen vereinbaren oder so etwas in der Art..."

"Ähm...ja...Das wäre nett...Dann mal noch einen schönen Tag."

Mr. Lavender nickte beiden lächelnd zu, schob sich etwas neben Nuka aus der Tür und schlich regelrecht den Flur entlang. Nukas böser Blick folgte ihm.

"Wieso Telefonnummer?! Treffen?! Hast du dich mit dem angebandelt?"

Andrew stöhnte leise auf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Vorsichtig -so sah es für Nuka aus- tastete er über das Pflaster an seinem Kopf.

"Er war wirklich nett. Wir haben uns während der Fahrt zum Krankenhaus und nach hier sehr gut unterhalten. Du musst wissen, er ist auch schwul und musste vorige Woche von New York nach hier zu seinem Lebenspartner ziehen. Kannst du dir das vorstellen?! So viele Kilometer?!"

Nuka hatte sich entspannt, als das Wort Lebenspartner fiel.

"Also besteht da keine Gefahr, dass er dich mir wegnehmen könnte, ja?!"

Andrew hob verwundert den Blick.

"Wieso wegnehmen...?"

Nuka schwieg nur, sah ihn stumm und durchdringend an. Er nahm Andrews Gesicht vollkommen in sich auf. Er versuchte sich die zarten, weichen Gesichtszüge einzuprägen, die süße, kleine Nase, die großen, grünblauen Augen, die weichen Lippen, die selbst jetzt nach einem Kuss von ihm zu schreien schienen.

Schließlich wandte er seinen Blick ab und brach das Schweigen.

"Unser Streit...Ich..."

Ein Seufzen entwich seinen Lippen. Ratlosigkeit breitete sich auf seinen Zügen aus und setzte sich in seinen Gedanken fest.

/Was soll ich sagen? Soll ich mich entschuldigen? Wofür?/

"Es tut mir Leid."

Nuka erstarrte. Fassungslos sah er seinen Gegenüber an, der auf dem Bett saß und seinen Blick ruhig erwiderte.

"Aber du..."

Der Psychologe schüttelte den Kopf und unterbrach Nukas Einwände.

"Du brauchst nichts zu sagen. Ich bin ohne Grund wütend geworden. Wir haben uns angeschrieen, das hätte nicht passieren dürfen. Ich denke, ich bin dir einige Erklärungen schuldig..."

Nuka verstand kein einziges Wort.

"Du bist mir gar nichts schuldig, Andrew, rein gar nichts. Ich verstehe nicht."

Andrew schüttelte abermals den Kopf. Dann zog er sich die Schuhe aus und legte sich aufs Bett, rutschte nach hinten, so dass er das Kopfende erreichte. Nuka beobachtete ihn, wie er gegen die weiße Decke starrte und wie eine kleine, undeutbare Regung durch seine Miene zog, sofort wieder verschwand.

"Leg dich neben mich, Nuka...Das macht es mir einfacher mit dir zu reden...Ich fühle mich sicherer, wenn ich in dein Gesicht sehen kann..."

Der Russe runzelte die Stirn, schlüpfte aus seinen Schuhen und stellte sich zögerlich neben Andrew ans Bett und blickte auf den Psychologen herab. Dann sah er es verräterisch in Andrews Augen blitzen. Tränen, die sich in dessen Augenwinkeln sammelten.

"Andrew! Was ist los?"

Sanft und tröstend strich er über Andrews Wangen, verfolgte mit gestocktem Atem, wie die Tränen trotz seinem bemüht Trost spendenden Streicheln über die Haut rann.

Andrew presste seine Augen aufeinander, rückte dann ein Stück zur Seite und zog ihn neben sich.

Nuka hatte gar nicht gemerkt, dass er sich bereits auf die Bettkante gesetzt hatte.

"Was ist denn los...?"

Andrew schüttelte nur stumm den Kopf, sah ihn mit den tränenden Augen ins Gesicht.

"Ich bin ein Lügner..."

Nuka runzelte die Stirn.

"Was..."

Andrew ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.

"Ich bin ein Lügner, Nuka! Immer wenn ich in irgendeiner ungewohnten Situation bin, lüge ich! Immer! Du weißt gar nicht, wie...Verdammt! Ich habe schon so viele Menschen angelogen und...verraten...Ich weiß gar nicht, was du von mir willst! Ich bin nicht gut für dich! Ich..."

Nuka verschloss Andrews Mund mit seinem.

/Er redet wirres Zeug...Vielleicht liegt das am Unfall.../

Nuka löste sich vorsichtig und sah den Psychologen sanft an.

"Du solltest dich beruhigen, Darling, das ist nicht gut für dich, wenn du dich aufregst."

Andrew sah ihn an. Sein verzweifelter Blick brach ihm regelrecht das Herz.

"Du verstehst nicht! Ich habe schon so viele Menschen angelogen! Ich habe Rob angelogen, Ron, mich und sogar dich! Ich...Du verstehst mich einfach nicht!"

Nuka schüttelte den Kopf.

"Und du verstehst nicht, dass mir das scheißegal ist, Andrew. Von mir aus kannst du mich tausendmal anlügen. Das juckt mich kein Stück."

Andrew schüttelte wild den Kopf und drehte sich auf die andere Seite, wandte ihm den Rücken zu.

Nuka beobachtete, wie Andrews ganzer Körper unter seinen versucht unterdrückten Schluchzern erbebte und seine Muskeln vollkommen angespannt waren.

/Was hat er nur, dass er so verzweifelt ist?/

Mit einem Seufzen zog Nuka seinen Psychologen an sich heran. Er schmiegte sich an seinen Rücken und legte ihm sanft einen Arm um den Bauch. Mit der anderen Hand strich er durch Andrews Haar.

"Du brauchst nicht zu weinen. Erzähl mir einfach, was los ist, aber so dass ich es verstehe, Andrew."

Andrew schüttelte den Kopf.

"Du würdest es falsch verstehen."

"Dann kannst du mich danach wieder aufklären. Ich werde ruhig bleiben, ich verspreche es dir."

Der braune Wuschelkopf vor ihm bewegte sich leicht.

"Du versprichst es?"

/Gott, was ist mit ihm los?!/

"Ja, ich verspreche es."

Andrews plötzlich vollkommen hilflose Art nagte an Nukas Selbstbeherrschung. Ihm ging das alles auf einmal verdammt auf die Nerven. Er mochte es nicht, wenn Andrew unsicher war, wenn er nicht er selbst war.

"Gut...ich...Ich habe mich auch die ganze Zeit über angelogen...Seit ich mit Rob von zu Hause abgehauen bin...Ich...Ich habe mir eingeredet, dass alles prima wäre, alles gut gehen würde. Das Gleiche habe ich Rob erzählt...Er hat es nich geglaubt, das weiß ich jetzt, aber er hat mir geholfen und eigentlich...eigentlich ist jetzt fast alles perfekt...nur...Nuka, ich habe Angst..."

Nuka runzelte abermals die Stirn.

"Wovor?"

Andrew drehte sich um. Die Tränen liefen immer noch und er hatte schon ganz rote Augen. Trotzdem konnte Nuka den Blick nicht von ihm nehmen. Er machte sich Sorgen um ihn.

"Ich weiß es selbst nicht...Ich...Ich habe dich auch belogen! Ich habe...habe dir das Gefühl gegeben, dass ich dich nicht mag und...dass du mir egal bist...das stimmt aber nicht...Ich habe mir selbst nicht eingestanden, dass ich etwas für dich empfinde. Verstehe das nicht falsch, es kann keine Liebe sein, dafür kennen wir uns nicht lange genug...Ich...Ich weiß nicht, was es ist! Ich weiß nur, dass ich dir weiß machen wollte, dass ich deine Annäherungen, deine Küsse nicht will! Aber ich will sie! Diese Küsse! Ich will dich! Aber ich..."

Nuka legte zwei Finger auf Andrews Mund. Er schüttelte den Kopf.

"Ich will nicht alles wissen, Andrew. Du kannst mich ruhig belügen, wenn es darum geht. Du kannst mir das alles verschweigen. Du hättest mir das nicht sagen müssen. Ich muss es nicht hören."

Andrews Blick war unverständlich.

"Aber du wolltest doch, dass..."

Nuka nickte leicht.

"Ja...Und ich weiß jetzt erst, dass ich dir damit deine Freiheit nehmen wollte. Ich habe dich dazu gezwungen, dich zu entscheiden, mir dein Herz auszuschütten. Und das war nicht fair von mir."

Andrew schien zu verstehen. Er nickte leicht und lächelte zaghaft.

Nuka lächelte zurück und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund.

"Was haben die im Krankenhaus eigentlich gesagt?"

Andrew blinzelte wegen dem Themenwechsel, ging aber darauf ein.

"Nun ja, sie konnten nicht viel sagen. Sie haben die Platzwunde versorgt. Wenn mir bald schwindelig und übel wird und ich Kopfschmerzen bekomme, habe ich entweder eine Gehirnerschütterung oder ein Schleudertrauma und soll zum Arzt gehen. Aber bis jetzt geht es mir ganz gut. Also nehme ich an, dass es nichts ist."

Nuka seufzte auf und schüttelte den Kopf.

"Was machst du auch immer für Sachen."

"Ich weiß auch nicht."

Nuka grinste.

"Du kleiner Rowdy! Ich hätte nie gedacht, dass du mal einen Unfall baust! Wie ist das eigentlich passiert?"

Andrew zuckte die Schultern.

"Irgendwie hab ich die Distanz zum nächsten Auto nicht richtig eingeschätzt und bin drauf gefahren. Es war aber nur eine Ecke. Gott sei dank saß keiner drin. Der hätte bestimmt einen ziemlichen Schrecken bekommen."

Nuka grinste und strich Andrew eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er fuhr zärtlich mit der Hand über dessen Gesicht, fühlte die warme, weiche Haut unter seinen Fingern und schloss genießerisch die Augen. Das Einzige, worauf er sich in den nächsten Momenten konzentrieren wollte, war Andrew. Das Gefühl, wie der lebendige Körper, die aufregende, zarte Haut unter seinen Fingerspitzen erzitterte.

Seine Hand strich über das dünne Hemd, das Andrews Oberkörper verhüllte, fuhr den Arm hinunter, zu Andrews Hüfte. Langsam, fast gemächlich zupfte er den Stoff aus der Hose.

Andrew zuckte deutlich zusammen, als Nukas kühle Hand über die warme, fast heiße Haut streichelte und über den leicht zitternden Bauch.

Nuka öffnete die Augen, wollte eigentlich weiter diese warme Dunkelheit genießen, sich von nichts Optischem ablenken lassen. Aber er wollte Andrew auch küssen. So gerne. Und er merkte, dass jetzt ein unglaublich guter Zeitpunkt dafür war. Andrew würde erwidern, er wusste es.

Und so war es auch.

Nachdem Nuka sich etwas vorgeschoben und seine Lippen weich an Andrews gelegt hatte, ließ der Psychologe ein ganz leises, etwas verzweifelt klingendes Seufzen verlauten und vergrub eine Hand in Nukas blonden Haaren.

Dieser Moment war alles für Nuka. Alles, wofür er lebte. Für solche Momente.

Er lächelte in den Kuss hinein, nahm die Liebkosungen seiner Hand auf Andrews Körper -er hatte die Streicheleinheiten, ohne dass er es bemerkt hatte, gestoppt- wieder auf und versuchte Andrew mit seinen Lippen in den Wahnsinn zu treiben.

Immer wieder strich er mit der Zungenspitze über Andrews Lippen, forderte um Einlass, tauchte aber nicht richtig ein, immer nur ein ganz kleines Stück. Er wollte Andrew aus der Reserve locken, ihn dazu zwingen auf sein ungezwungenes Spiel einzugehen.

Oh ja, er war verspielt. Nuka war verdammt verspielt. Nur hatte er diese Seite noch nicht zeigen können. Zu groß war der Druck gewesen.

Der Russe hob seine linke Hand zu Andrews Hemdkragen und öffnete langsam aber sicher die Knöpfe. Er wollte Andrew nicht verschrecken. Er wollte nicht mit ihm schlafen. Nicht jetzt. Dafür war es selbst für ihn zu früh. Er wollte lediglich die warme Haut an seiner spüren. Und er wollte herausfinden, wie weit Andrews Vertrauen ging.

Knopf für Knopf wurde geöffnet. Seine Hand strich die freigelegte Haut entlang. Dann streifte er eine von Andrews Brustwarzen.

Seine Zunge tauchte nun ganz in der Mundhöhle des Psychologen ein, verführte ihn zu einem tiefen, doch etwas zu leidenschaftlichen Kuss. Damit wollte er ihn davon abhalten auch nur einen Ton zu sagen.

Nukas Finger umrundeten sanft Andrews Brustwarze, reizte sie ganz leicht, fühlte mit stummer Überraschung, dass sie doch schnell hart wurde. Jedoch blieben seine Streicheleinheiten, was sie waren. Streicheleinheiten, ohne jegliche Spur davon, dass er mehr wollte. Es war nichts Forderndes dabei. Er wollte nur seine Grenzen austesten.

Seine andere Hand, die bis jetzt beruhigend über Andrews Bauch gestreichelt hatte, tastete sich nun weiter nach hinten. Andrew war ihm zu weit weg, er wollte ihn näher ziehen. Seine Finger strichen über die Haut, fühlten die sich leicht aufgestellten, kleinen Härchen. Dann zuckten seine Finger ein wenig zurück.

Die Narben. Er hatte Andrews Narben vergessen. Trotzdem glitt seine Hand wieder weiter, über die unebene Haut, die sich ungewohnt unter seinen Fingern anfühlte. Seine Fingerspitzen berührten Andrews Wirbelsäule und im nächsten Moment fuhr der Psychologe heftig zusammen. Selbst Nuka erschreckte sich. Andrew sprang zurück, stemmte seine Hände gegen Nukas Brust, um ihn von sich fernzuhalten und starrte den Russen aus entsetzt weit aufgerissenen Augen an.

"Nicht...nicht, die Narben..."

Nuka brachte nichts über die Lippen. Er öffnete und schloss den Mund einige Male. Ohne auch nut einen einzigen Ton über die Lippen zu bringen.

Schließlich seufzte er und legte vorsichtig eine Hand an Andrews Gesicht.

"Tut mir Leid...Ich wusste nicht, dass ich dich dort nicht berühren darf. Entschuldige."

Andrew biss sich auf die Unterlippe. Nuka sah förmlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Schließlich nickte er leicht.

Ein wenig umständlich richtete sich der Psychologe auf und schien verwirrt in seinem Zimmer umherzublicken.

"Wie...Wie viel Uhr ist es?"

"Ich weiß nicht, als ich gekommen bin, war es viertel nach Vier. Um ehrlich zu sein, habe ich jegliches Zeitgefühl verloren."

Andrew biss sich weiter auf die Unterlippe.

"Ich muss um sechs bei meinem Patienten sein...Ich...Ich weiß aber nicht, ob ich mit dem Auto fahren sollte. Mr. Lavender hat mir geraten, das Auto zur Werkstatt zu bringen, falls doch etwas Wichtiges beschädigt wurde. Die Ärzte meinten, ich solle mich ausruhen. Und..."

"Gib mir die Nummer deines Patienten, damit ich anrufen und absagen kann."

Andrew sah ihn zweifelnd an, nannte ihm jedoch nach einem warnenden Blick von Nuka die Nummer.

"Mach dich Bettfertig. Ich glaube, du solltest ein wenig schlafen. Ich bin gleich wieder da und sehe nach dir."

Andrew nickte nur.

Nuka spürte seinen Blick in seinem Rücken, als er aus dem Schlafzimmer trat.
 

Leise betrat er Andrews Schlafzimmer. Er hatte alles geregelt und sich noch kurz mit Rob über seinen Bruder unterhalten.

Von ihm hatte er auch erfahren, dass Andrew schon in wenigen Tagen Geburtstag hatte. Er wurde 26. Das hatte ihn ganz schön aus der Bahn geworfen. Es hatte ihm gezeigt, wie wenig er doch in Wirklichkeit von dem süßen, unschuldigen Kerl wusste.

Nuka musste lächeln. Der süße, unschuldige Kerl lag schlafend im Bett. Er hatte sich tief in die Kissen gekuschelt. Das Gesicht in ein Kissen vergraben. Lautes, fast schon ein wenig schnarchendes Atmen drang an sein Ohr.

/Er hört sich an wie ein schlafender Hamster! Wie süß!/

Mit einem leisen Seufzen setzte sich Nuka neben den Schlafenden auf die Bettkante und betrachtete den Anderen eingehend.

/Nur, was schenkt man einem Hamster?/



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