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Sommer, Sonne und die verfluchte Liebe

die Digikids im Urlaub
von

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Der große Gewinn (Matt, der Bordkartenfinder und Retter in der Not)

ähm jaaaaa,also die ff hab ich schon mal hochgeladen,wie schon erwähnt, nich? x__X

ich warne euch gleich vor, sie ist alt (und etwas...dämlich) und ich schreib sie vielleicht demnächst weiter... (die nächsten 10 kapitel oder so sind schon fertig XD ihr braucht also nich lange warten,falls ihr die geschichte mögt^^)
 

"..." <- jemand sagt etwas

[...] <- meine anmerkungen
 

(1) Der große Gewinn
 

"HEEEEEEEEYYYYYY!", schrie Yolei aufgekratzt und kam auf die Truppe zugerannt. "Ihr glaubt nicht, was gerade passiert ist!"

"Doch und zwar bist du zu spät gekommen", sagte Davis tadelnd und tippte ihr gegen die Stirn.

"Aber ich hab eine gute Ausrede!", rief Yolei und fuchtelte mit einem Zettel durch die Gegend. Joe schnappte ihn ihr weg und las laut vor, was da stand:

"Sehr geehrte Miyako Inoue, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass sie bei unserem Sommergewinnspiel am dreißigsten Juni zweitausenddrei gewonnen haben. Sie können mit ,Japan holidays' zwei Wochen Urlaub auf dem sonnigen Jamaika machen und elf ihrer Freunde [A. d. A.: ganz zufällig genau 11 XD] mitnehmen, um sich mal so richtig zu entspannen oder zu feiern. Wir wünschen Ihnen viel Spaß!"

Die zwölf Freunde sahen sich an und jubelten dann alle gleichzeitig los.

"Wir fliegen nach Jamaika! Wir fliegen nach Jamaika!", kreischte Mimi aufgeregt und führte einen Freudentanz auf.

"Juhu!", schrieen Kari und T.K. quietschvergnügt.

Yolei war Sora vor Freude in die Arme gefallen.

"Ist das nicht großartig?", jubelte sie Sora ins Ohr.

"Na logisch!", antwortete Sora lachend. "Ich wäre dir trotzdem sehr verbunden, wenn du mich wieder loslassen würdest, falls du mich mit in den Urlaub nehmen und nicht zerquetschen willst."

Darauf ließ Yolei Sora wieder los.

Tai strahlte übers ganze Gesicht. Er stieß Matt mit dem Ellenbogen in die Seite und fragte dann verschmitzt:

"Du weißt, was das heißt, oder?"

Matt grinste vielsagend. "Na klar, saufen bis zum Abwinken!"

Die beiden prusteten los und Sora schüttelte nur lachend den Kopf.

"Ich trag euch dann aber nicht nach Hause, wenn ihr dicht seid", sagte sie mahnend.

Eine Weile jubelten die zwölf noch. Die Leute, die an ihnen vorbei kamen, sahen sie verdutzt an oder machten sich über sie lustig. Doch das war ihnen egal.

"Yolei, wann geht's eigentlich los?", wollte Izzy wissen. Die Freunde kriegten sich wieder ein und sahen zu Yolei. Diese nahm den Zettel wieder zur Hand und ihre Augen flogen über das Blatt. Schließlich sagte sie:

"Am fünften August. Also in knapp zwei Wochen!"
 

Zwei Wochen später:

"Unterwäsche?"

Sora musste eine Sachenkontrolle ihrer Mutter über sich ergehen lassen. Es war das erste Mal, dass sie ohne sie verreiste. Sora war schon froh, dass ihre Mutter überhaupt dafür gestimmt hatte, dass sie mit durfte. Und nun machte sie sich Sorgen um ihre einzige Tochter. Es konnte ja sonst was passieren!

"Hab ich!"

"Kurze Hosen, Röcke?"

"Sind da!"

"Oberteile?"

"Auch!"

"Sonnencreme?"

"Hab ich auch!"

"Pflaster, Binden und sonstiges Gesundheitszeug?"

Sora überlegte kurz, ob sie auch die Fiebertabletten nicht vergessen hatte. Selbst wenn, irgendwo auf Jamaika würde es ja wohl ein Mittel gegen Fieber zu kaufen geben!

"Ja!"

Jetzt überlegte ihre Mutter, was man noch brauchte.

"Badeklamotten und Badetücher?"

"Sind auch da!"

"Handy?"

"Nein, das nicht!", gab Sora zu und flitzte in ihr Zimmer, um es zu holen. Dabei warf sie einen Blick auf die Uhr. Sie befand sich leicht im Zeitverzug.

"Mama, wir müssen uns beeilen!", drängelte sie und war schon auf dem Weg zur Wohnungstür. Ihre Mutter eilte ihr nach. Sie liefen die Treppe hinunter und sprangen ins Auto. Frau Takenouchi ließ den Motor an und fuhr los.

"Hast du dein Zahnputzzeug?", fragte sie den Blick starr auf die Straße gerichtet.

"Ja", antwortete Sora, ohne nachzudenken. Es war gut möglich, dass sie es vergessen hatte. Doch sie war zu aufgeregt, um sich über eine alberne Zahnbürste, deren Becher und Zahnpasta Sorgen zu machen.

Als sie endlich den Flughafen erreichten, suchten sie so schnell wie möglich einen Parkplatz, stiegen aus und hievten das Gepäck aus dem Kofferraum. Sora schleppte einen großen Koffer, eine Reisetasche und eine Umhängetasche, die sie als Handgepäck nehmen wollte, mit. Ihre Mutter half ihr beim Tragen des Gepäcks und sie eilten in das Flughafengebäude.

Das Einchecken dauerte Gott sei Dank bloß zehn Minuten. Dort traf sie noch Matt, der auf sie wartete, als er fertig war.

Nun war Verabschieden angesagt. Matt hatte noch kurz Frau Takenouchi "hallo" gesagt und stand nun neben ihr und ihrer Tochter.

"Also, Sora, pass gut auf dich auf, steig nicht zu fremden Leuten ins Auto, trink nicht zu viel Alkohol,...", fing Frau Takenouchi an, doch Sora unterbrach sie.

"Mama, ich bin kein Kind mehr!", zischte sie und wurde rot. Sie hoffte, ihre Mutter würde endlich ruhig sein, denn Matt hörte alles, was sie sagte.

Frau Takenouchi ließ den Blick kurz zu Matt wandern und lächelte dann Sora an.

"Ich versteh schon!", flüsterte sie und zwinkerte. "Viel Spaß, Schätzchen!" Sie drückte Sora kurz an sich und küsste sie auf die Wange. Noch immer rot drehte Sora sich zu Matt um und die beiden gingen in Richtung Schalter. Zum Abschied winkte Sora noch mal ihrer Mutter zu.

Matt und Sora gingen zum nächsten Check, in dem sie und ihre Umhängetaschen überprüft wurden. Sora wollte nach dem Check gerade ihre Tasche packen und loslaufen, als der Mann vom Check sie zurückhielt.

"Warte mal! Du hast eine Nagelfeile und eine Nagelschere dabei! [A. d. A.: das ist mir wirklich passiert, bloß halt mit einem Taschenmesser und einer Pinzette O_O] Zeig die mal her!"

Oh Gott! Peinlich! Sora überlegte krampfhaft, wo zum Henker sie die beiden Dinger hingepackt hatte. Matt stand stirnrunzelnd neben ihr und sah ihr dabei zu, wie sie in ihrer Tasche kramte. Zuerst fand sie die Nagelfeile und drückte sie dem Mann in die Hand. Kurz darauf angelte sie ihre Nagelschere heraus und gab sie ihm ebenfalls.

Er sah sie sich kurz an und gab Sora dann nur die Nagelfeile wieder.

"Die Nagelfeile ist in Ordnung, aber die Schere nicht", sagte der Mann zu ihr. "Du kannst sie für ein paar Yen nach Hause schicken lassen, sie in dein Handgepäck stecken und dieses in den Flugzeugbauch geben lassen, oder wir behalten sie und entsorgen sie."

Sora dachte kurz nach und sagte dann mürrisch:

"Ach, werfen Sie sie weg!" Sie schnappte ihre Tasche und lief dann schnell mit Matt zum Schalter.

"Dass ihr auch immer Nagelscheren mit euch mit schleppen müsst!", keuchte Matt. Sie rannten den ganzen Weg zum Schalter und als sie endlich dort ankamen, waren die Passagiere schon dabei einzusteigen. Sie stellten sich ans Ende der Menschenschlange und rangen nach Atem.

"Danke, dass du auf mich gewartet hast", sagte Sora und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Kein Problem", erwiderte Matt. "Hast du deine Bordkarte?"

"Klar!", sagte Sora und kramte in ihrer Tasche nach der Bordkarte. Doch an dem Platz, an dem Sora sie verstaut hatte, war sie nicht mehr.

"Oh nein!", rief sie und wühlte hektisch in ihrer Tasche. "Ich finde sie nicht!"

Nun waren sie am Durchgang angelangt und die Frau dort verlangte die Bordkarten.

"Sie ist weg!", jammerte Sora und war drauf und dran, den Inhalt ihrer Tasche auf den Boden zu kippen.

Matt hielt sie davon ab, indem er sie aus der Schlange schubste.

"Verdammt, sie ist weg! Sie ist weg!", rief Sora und hätte heulen können.

"Jetzt bleib mal ganz ruhig", sagte Matt. "Bist du sicher, dass du sie eingepackt hast?"

"Ja, hundertprozentig!" Sora stellte ihre Tasche auf den Boden und suchte so weiter. Auch Matt kniete nieder und half ihr beim Suchen.

"Mist! Mist! Mist!", murmelte Sora immer wieder. Ihr stand der Schweiß auf der Stirn.

"Hier!", sagte Matt und drückte ihr ihre Bordkarte in die Hand. "Und nun komm!" Er nahm ihre Hand, zog sie hoch und führte sie zu der Kontrollfrau. Diese riss die Karten ab und Matt zog Sora weiter hinter sich her den Gang entlang und ins Flugzeug rein. Die Stuardesses begrüßten sie freundlich. Matt führte Sora an ihnen vorbei und durch den schmalen Gang zwischen den Zweiersitzreihen. Er fand noch eine freie Zweierreihe auf der linken Seite und ließ Sora zuerst durchgehen. Er setzte sich neben sie und seufzte. Sora seufzte ebenfalls. Sie schob ihre Tasche unter den Sitz ihres Vordermanns und lehnte sich zurück.

"Danke, Matt! Wenn du nicht bei mir gewesen wärst, dann würde ich wahrscheinlich jetzt noch da rumstehen", sagte Sora geschafft. "Wo war die Karte eigentlich?"

"In einer Seitentasche", sagte Matt grinsend. Auch er stellte seine Tasche unter den Sitz des Vordermanns.

"Hätte ich mir eigentlich denken können", knurrte Sora und ließ den Kopf hängen, während Matt sich in der Maschine umsah.

"Hast du die anderen schon gesehen?", fragte Sora.

"Ja, Tai und Kari sitzen schräg hinter uns, ein paar Reihen vor uns sitzen Yolei und Mimi und Joe und Izzy und auf der anderen Seite sitzen T.K. und Cody und Davis und Ken", erklärte Matt.

"Also waren wir die letzten", sagte Sora stirnrunzelnd.

"Allerdings und du bist schuld", erwiderte Matt und sah sie streng an. "Nur, weil du eine Nagelschere ins Handgepäck nehmen musstest und deine dämliche Bordkarte nicht gefunden hast!"

Sora wollte ihn gerade darauf aufmerksam machen, dass Matt gar nicht hätte warten müssen, doch das erschien ihr als ein bisschen fies. Denn wenn er nicht gewartet und ihr beim Suchen geholfen hätte, würde sie vielleicht immer noch nach ihrer Bordkarte suchen. Also sagte sie gar nichts und lächelte ihn schuldbewusst an.

"Na ja, wir haben es ja geschafft", sagte Matt und erwiderte das Lächeln.

Sie sahen sich eine Weile an. Wieder mal fiel Sora auf, wie verdammt gut Matt aussah. Die blonden Haare, die blauen Augen, der gut gebaute Körper... einfach alles an ihm sah gut aus.

Der Blickkontakt wurde unterbrochen, als sich das Flugzeug endlich in Bewegung setzte. Während es langsam zur Startbahn rollte, lief das Sicherheitsvideo ab. Matt und Sora schnallten sich an, als in dem Video etwas über die Anschnallzeiten gesagt wurde. Endlich war der kurze Film vorbei und die Maschine war an der Startbahn angelangt. Sie fuhr schneller und schneller und hob schließlich ab. Sora sah zu, wie die Welt unter ihr kleiner und kleiner wurde.

"Jamaika, wir kommen!", sagte sie vergnügt. Auch Matt sah aus dem Fenster.

"Sag mal, weißt du zufällig, wie unser Hotel so ist?", wollte er von Sora wissen.

"Moment!", sagte diese und kramte in ihrer Tasche. Sie zog den Reisekatalog heraus, den Yolei ihr gegeben hatte, und blätterte zu der Seite, in dem ein kleiner Zettel zum Wiederfinden steckte.

"Also, unser Hotel heißt ,Hotel Azur' und wir wohnen in Zweizimmerapartments. Das heißt, es wohnen immer vier in einer Wohnung. Die Couch im Wohnzimmer kann man ausklappen und drauf schlafen. Wir haben Frühstück und Abendbrot", erklärte sie, während sie den Beschreibungstext überflog. "Wow, wir brauchen bloß die Promenade überqueren und schon sind wir am Strand! Und einen großen Pool hat das Hotel auch noch!" Begeistert betrachtete sie die Bilder, die zu Hotel Azur abgebildet waren. Matt musterte sie sorgfältig und meinte dann:

"Ich glaub, da kann man es zwei Wochen aushalten."

"Ach, ich könnte mein ganzes Leben auf so einer Insel verbringen", schwärmte Sora verträumt und packte den Katalog wieder ein. "Da ist es immer warm und schön sonnig. Das wäre doch perfekt!"

Ein paar Minuten schwiegen die beiden. Dann fragte Matt:

"Wann gibt's eigentlich Essen?"

So ein Fresssack! Sie flogen gerade mal ein paar Minuten und schon hatte er Hunger. Tai war da genauso schlimm. Wenn nicht, sogar noch schlimmer. Und Davis sowieso!

"Bin ich 'ne Hellseherin? Frag die Stuardess", erwiderte Sora kopfschüttelnd.

Ungefähr eine halbe Stunde später kam Matts Rettung. Das Essen wurde gebracht. Man konnte zwischen Salami- und Käsesandwichs wählen. Matt und Sora nahmen jeder ein Käsesandwisch und ein Glas Wasser. Als die Stuardess mit ihrem Essenwagen weiterging, biss Matt genüsslich von seinem Sandwich ab und nickte zufrieden.

"Weiß gar nicht, was die immer alle an dem Flugzeugessen zu meckern haben", schmatzte er.

"Eben! Ist doch lecker!", sagte Sora mit vollem Mund.

Im Anschluss bekam jeder Passagier noch einen Pfirsichjoghurt, den die beiden auch noch gierig verschlangen.

Als wieder eine Stuardess herumging und den Müll und die Trinkbecher einsammelte, fiel Sora ein, dass sie mal aufs Klo musste.

"Mein Gott!", stöhnte Matt genervt. "Wir fliegen gerade mal eine Stunde und da musst du schon aufs Klo!" Widerwillig stand er auf und ließ Sora durch. Diese stolperte durch den schmalen Gang zwischen den Sitzreihen. Sie grinste Tai und Kari an, als sie an ihnen vorbei kam.

Wenig später ging sie wieder zu ihrem Platz zurück. Sie hatte sich felsenfest vorgenommen, nie wieder auf ein Flugzeugklo zu gehen. Erstens waren die Dinger wirklich mehr als eng und nicht gerade sauber und zweitens musste man aufpassen, dass man nicht zwischendurch das Gleichgewicht verlor und gegen die Wand krachte.

Sie setzte sich wieder auf ihren Platz, schnallte sich an und blickte aus dem Fenster. Es wurde langsam dunkel. Kein Wunder! Es war bereits um neun durch. In der vorigen Nacht hatte Sora vor Aufregung kaum geschlafen und nun war sie müde. Während sie in die immer dunkler werdende Welt draußen starrte, fielen ihr die Augen zu. Ihr Kopf sank auf Matts Schulter, was sie aber nicht mehr mitbekam.
 

Als sie wieder aufwachte, war es draußen stockfinster. Kein einziges Licht war zu sehen, da sie über den Pazifik flogen. Sora brauchte eine Weile, um zu realisieren, dass sie ihren Kopf gegen Matts Schulter gelehnt hatte. Doch er hatte seinen Kopf gegen ihren Kopf gelehnt. Seine Finger auf der Armlehne wippten auf und ab; das hieß, dass er nicht schlief. Er hatte sich also bei vollem Bewusstsein gegen Sora gelehnt und nicht im Schlaf. Daraus entnahm Sora, dass er sie vielleicht mochte.

Plötzlich beugte Matt seinen Kopf ein wenig nach vorn und sah Sora an.

"Na, gut geschlafen?", fragte er lächelnd.

Schnell setzte Sora sich gerade hin und räusperte sich.

"Ähm... ja!", stotterte sie und wurde ein wenig rot. "Sorry!", fügte sie noch mit einem kurzen Blick auf Matts Schulter hinzu.

"Macht doch nichts", erwiderte Matt und wurde ebenfalls ein bisschen rot.

"Wie lange hab ich eigentlich geschlafen?", wollte Sora wissen, um die Stimmung ein wenig zu lockern.

"Ungefähr zwei ein halb Stunden", antwortete Matt.

"Bloß?", sagte Sora enttäuscht. "Und wie lange müssen wir noch fliegen?"

"Ach, nicht mehr lange. Nur noch acht Stunden mindestens", sagte Matt ironisch.
 

Die acht Stunden vergingen ziemlich schleichend. Durch die Zeitverschiebung landete die Maschine dreiviertel sieben in Kingston, der Hauptstadt von Jamaika.

"Endlich! Ich dachte schon, wir kommen nie mehr an!", sagte Sora zu Matt, als sie das Flugzeug verließen und den Gang zum Flughafengebäude entlanggingen. Sie eilte erst mal zum nächsten Damenklo. Dort traf sie Mimi, Yolei und Kari, die schon Schlange standen.

"Hi!", begrüßten die drei Sora lächelnd.

"Hallo!", sagte Sora und lächelte auch.

"Der Flug kam mir endlos vor", stöhnte Kari.

"Oh ja, mir auch", stimmte Sora ihr zu.

"Man wusste einfach nicht, was man die ganze Zeit machen sollte", sagte Mimi geschafft.

"Ich dachte, ich komme um vor Langeweile", meinte Yolei.

Zehn Minuten später kam Sora als letztes aus dem Damenklo wieder heraus. Sie ging zu den Fließbändern, auf denen das Gepäck transportiert wurde. Auch die anderen warteten schon auf ihre Koffer und Taschen. Irgendwann hatten alle ihr Gepäck bei sich und los ging es.

Die Gruppe durchquerte das Flughafengebäude und suchte nach dem Ausgang. Alle atmeten erleichtert auf, als sie durch die große Doppeltür traten.

"Endlich frische Luft", seufzte Cody.

"Juhu! Endlich sind wir auf Jamaika!", jubelte Davis.

"Welche Busnummer hatten wir noch mal?", fragte Tai und sah die anderen an.

"528", antwortete Ken. "Der muss irgendwo da hinten stehen."

Die zwölf liefen auf den Bus zu, der sie zum Hotel fahren sollte. Der Busfahrer lud ihr gesamtes Gepäck in den Bauch des Busses. Im Bus landete Sora wieder neben Matt, worüber sie nicht gerade unglücklich war. Diesmal saß Matt am Fenster.

"Alles da? Nichts vergessen?", fragte er grinsend.

Sora streckte ihm beleidigt die Zunge raus.

Eine Reiseleiterin betrat den Bus und nannte die Fahrtzeiten zu den verschiedenen Hotels. Zu Hotel Azur fuhr der Bus circa eine dreiviertel Stunde. Sie stieg wieder aus und der Busfahrer fuhr los.

"Bin ich müde!", sagte Sora gähnend nach ein paar Minuten Fahrt.

"Du kannst dich wieder an mir anlehnen, wenn du willst", bot Matt ihr lächelnd an.

Sora ließ sich das nicht zwei mal sagen und lehnte ihren Kopf gegen Matts Schulter. Sie schlief fast augenblicklich ein.
 

-TBC-
 

so viel zum ersten kapitel und ich sage euch, es wird noch schlimmer XD

Endlich im Hotel (4 Zicken und 1 Kleiderschrank)

sooo hier nu das zweite kapitel...

also viel spaß...irgendwie...O__o
 

(2) Endlich im Hotel
 

"Hey! Aufwachen!", sagte eine Stimme. Jemand stupste sie an.

"Schlafmütze, wir sind da!", sagte eine andere Stimme und jemand rüttelte sie sanft.

Verschlafen öffnete sie die Augen. Ihr Kopf lehnte immer noch an Matts Schulter. Schnell setzte sie sich gerade hin und stand auf.

Der erste, der gesprochen hatte, war Matt. Die andere Stimme gehörte zu Tai, der ihn und Sora blöd angrinste. Matt hatte einen rötlichen Schimmer auf den Wangen. Sora beachtete die beiden einfach nicht mehr und stieg aus dem Bus. Dort standen schon die anderen. Und vor ihnen lag das Hotel. Es war groß, weiß verputzt und sehr verwinkelt. Es war nicht, wie in einem normalen Haus, wo man durch den Eingang ging und sich dann völlig im Hotel befand. Nein, bei diesem Hotel waren nur die Zimmer überdacht, doch die Gänge, die zu den Zimmern führten, lagen im Freien. Das sah sehr schön aus.

Die zwölf betraten das Hotel und gingen zur Rezeption. Dort ließen sie sich die Schlüssel geben und machten sich dann auf den Weg zu ihren Apartments. Es ergab sich, dass in dem ersten, zu dem sie kamen, Joe, Izzy, Davis und Ken wohnen sollten. Das zweite bewohnten Tai, Matt, Sora und Mimi und das dritte T.K., Cody, Yolei und Kari.

Tai, Matt, Sora und Mimi betraten ihre Wohnung und sahen sich um. Es gab das Wohnzimmer, dass auch eine winzige Küche enthielt, ein Schlafzimmer mit einem Doppelbett und ein kleines Bad.

"Sora, wir nehmen das Schlafzimmer!", rief Mimi, stürmte schon ins Schlafzimmer und warf ihre Umhängetasche auf eine Seite des Doppelbetts.

Sora folgte ihr und belegte die andere Seite.

"Wieso nehmt ihr das Schlafzimmer und wir müssen auf der blöden Couch schlafen?", rief Tai empört und musterte die Couch stirnrunzelnd.

"Weil wir Mädchen sind", antwortete Mimi. "Wir brauchen mehr Platz als ihr!"

"Wollen wir wetten, dass es nicht so ist?", fauchte Tai und stampfte auch ins Schlafzimmer, um sich dort weiter mit Mimi zu streiten.

"Ach, komm schon! Euch würde ein Nachtschränkchen reichen!", konterte Mimi.

Sora verdrückte sich aus dem Zimmer. Erstens musste sie noch ihr Gepäck holen, das sie im Wohnzimmer stehen gelassen hatte, und zweitens hatte sie keine Lust, sich Tais und Mimis Streit anzuhören.

Matt stand auch noch ratlos im Wohnzimmer rum.

"Wie findest du die Wohnung?", fragte Sora, als sie an ihm vorbei lief.

"Ganz nett", antwortete er kurz und ließ den Blick durch den Raum schweifen. "Und du?"

"Ich glaube, hier kann man wohnen", sagte Sora lächelnd. Sie packte ihren Koffer und ihre Reisetasche und schleppte sie ins Schlafzimmer. Tai und Mimi stritten noch immer. Doch Sora hörte nicht zu.

"Tai, könntest du mal ein paar Schritte zur Seite gehen? Du stehst im Weg!", unterbrach sie den Streit. Tai ging zur Seite und fuhr dann fort, Mimi anzuschreien.

Sora platzierte ihr Gepäck vor dem großen Eichenkleiderschrank und öffnete eine der beiden Schiebetüren.

Auch Matt betrat nun das Schlafzimmer.

"Ich glaub, das ist der einzige Kleiderschrank, den wir haben, Sora", sagte er und zeigte auf den großen Eichenkleiderschrank.

Ach herrje! Dann sollten die vier ihre gesamten Klamotten in einem Schrank unterbringen. Na das konnte ja heiter werden!

"Tai, Mimi, wir haben...", fing Sora an und drehte sich um.

"Du willst doch immer nur das Beste haben und denkst nie an die anderen!", schrie Tai Mimi an.

"Das musst du gerade sagen!", schrie diese zurück.

"Hey, hört mal! Wir..."

"Ihr mit euren dämlichen Schminkzeug und euren ganzen bescheuerten Kleidchen und Röckchen!", fauchte Tai.

"Mimi, das..."

"Und ihr seid hirnlose Fußballfanatiker!", keifte Mimi.

Irgendwie waren die beiden ein wenig vom Thema abgewichen. Zuerst ging es doch um das Schlafzimmer und das Wohnzimmer.

Sora wurde langsam sauer.

"Dann seid ihr zickige Lästertanten!"

"Und ihr..."

"Haltet endlich die Klappe!", schrie Sora über die Stimmen der beiden Streithähne hinweg. Doch sie war nicht die einzige, die die Geduld verloren hatte. Matt hatte zum gleichen Zeitpunkt das gleiche geschrieen.

"Wir haben bloß den einen Kleiderschrank hier", sagte Sora.

"Das heißt, wir müssen ihn uns teilen", ergänzte Matt. "Zu viert!"

Schweigend luden Sora und Mimi ihre Klamotten in die rechte und Tai und Matt ihre Klamotten in die linke Seite des Schranks.

"Und was machen wir jetzt?", fragte Sora, als sie damit fertig waren.

"Also ich geh mich ausruhen", sagte Tai und ging aus dem Zimmer. Matt nickte und folgte ihm dann.

Mimi ließ sich wieder auf ihre Seite des Betts fallen und legte sich ausgestreckt hin.

"Und was machen wir?", fragte Sora und setzte sich auf Mimis Bettkante.

"Also ich geh nirgendwo hin, wo Tai ist!", antwortete Mimi gereizt.

Sora schüttelte verständnislos den Kopf.

"Wieso macht er das?", wollte Mimi wissen. Ihre Stimme klang verzweifelt. "Wieso ist er so fies zu mir?"

"Du musst aber zugeben, dass du an dem Streit nicht ganz unschuldig warst!", meinte Sora und sah sie eindringlich an.

"Was hab ICH denn gemacht?", fuhr Mimi sie an.

"Du bist ohne Verhandlung oder Abstimmung einfach in dieses Zimmer gerannt", erinnerte Sora sie ruhig.

Mimi drehte sich auf die andere Seite, sodass sie Soras Betthälfte im Blick hatte.

"Ist doch aber wahr! Wir brauchen mehr Platz als die!", murmelte sie.

"Ach Mimi", seufzte Sora und gab auf. Sie verließ das Zimmer und betrat die Wohnstube. Tai und Matt hockten auf dem Sora, hatten die Füße auf einen niedrigen Couchtisch gelegt und sahen fern.

Sora ging an ihnen vorbei und öffnete die Glasschiebetür, die zum Balkon führte. Sie trat hinaus und sah hinunter auf die Promenade. Es waren wirklich noch viele Leute unterwegs. Ab und zu sah man jemanden mit Inlineskater, oder Jugendliche auf rollerähnlichen Gefährten durch die Gegend fahren. Die meisten jedoch gingen zu Fuß.

Es klingelte an der Tür.

"Sora, mach mal auf!", rief Tai, ohne sich zu bewegen.

Sora stampfte ins Wohnzimmer zurück und fragte wütend:

"Bin ich eure Dienstmagd?"

"Nee, aber die einzige, die gerade steht", sagte Matt, ohne sie anzusehen. "Und jetzt geh bitte ein bisschen weg. Du stehst im Bild!"

"Pah!", fauchte Sora, lief zur Tür und riss diese auf. Draußen stand eine Frau mit einer Uniform. Sie sah ein wenig wie eine Kellnerin aus.

"Hello!", begrüßte sie Sora auf Englisch.

"Hello", sagte Sora unsicher.

Die Frau trug vier große Metallteller mit Brot, Wurst, Käse, Salat und verschiedenem Gemüse drauf und überreichte diese Sora.

"This is for your supper!", sagte sie lächelnd. "I wish you a good appetite!"

"Thank you. Good bye!", sagte Sora und schlug die Tür zu.

"Wer war das?", wollte Tai wissen.

"Irgend so eine Frau. Die hat unser Abendbrot gebracht", antwortete Sora und stellte die vier Teller an einen quadratischen Esstisch neben dem Fernseher. Einen Teller nahm sie und ging mit ihm ins Schlafzimmer.

"Mimi?", fragte sie leise.

Mimi lag noch immer auf der Seite. Sie antwortete nicht. Ihre Augen waren geschlossen.

Sora stellte den Teller auf Mimis Nachtschränkchen und schlich dann wieder aus dem Zimmer.

"Ist das heiß hier drin!", stöhnte Matt.

"Wir haben eine Klimaanlage", sagte Sora und ging zu dem Schalter für die Klimaanlage. Eine Weile drehte sie an dem Ding herum, doch es passierte nichts. "Wie geht denn das blöde Ding an?"

Tai schwang sich vom Sofa und kam zu ihr.

"Frauen und Technik!", murrte er und schob sie zur Seite. Er drehte an dem Schalter herum, doch auch er schaffte es nicht. "Das Teil ist kaputt!"

Matt war nun auch dazu gekommen und sah sich den Schalter an.

"Vielleicht solltet ihr die Klimaanlage erst mal einschalten, bevor ihr an der Regelung herumdreht", schlug er vor und drückte auf einen Knopf. Dann drehte er die Klimaanlage auf die höchste Stufe und setzte sich wieder auf die Couch.

"Wieso hast du es nicht gleich selbst gemacht, wenn du so oberschlau bist?", rief Tai aufgebracht.

"Weil ich dachte, ihr kommt mit einer einfachen Klimaanlage zurecht!", konterte Matt und konzentrierte sich dann wieder auf den Fernseher.

Tai setzte sich beleidigt auf die andere Seite der kleinen Couch.

Sora nahm sich einen der Metallteller und ließ sich zwischen den beiden fallen. Sie machte die Schutzfolie ab und knabberte an einer Scheibe Brot.

Der Teller stand auf ihrem Schoß und Tai griff die andere Scheibe Brot, die noch darauf lag und biss ab. Matt krallte sich ein paar Salatblätter und steckte sie sich in den Mund.

Sora war das egal, da sie eh kaum Hunger hatte.

Nach einer halben Stunde stand sie auf und stellte den Teller, der nun fast leer war, auf ihren Platz.

"Ich geh schlafen. Gute Nacht, Jungs", sagte sie gähnend.

"Nacht", murmelten Tai und Matt wie aus einem Mund.

Sora kramte ihr Zahnputzzeug aus ihrer Reisetasche hervor und verschwand im Bad. Sie putzte sich bloß kurz die Zähne, zog sich ihren kurzen Pyjama an und ging ins Bett. Mimi schlief immer noch tief und fest.

Sora schlief auch schnell ein.
 

Als sie wieder aufwachte, war es noch stockdunkel. Sie suchte in der Dunkelheit nach ihrem Handy, das sie auf das Nachtschränkchen gelegt hatte. Sie drückte auf einen Knopf, worauf der Display gelblich leuchtete. Es war gerade mal zwei Uhr durch. Und Sora war überhaupt nicht mehr müde! Hätte sie doch bloß im Flugzeug und im Bus nicht geschlafen.

Mimi atmete regelmäßig, was hieß, dass sie schlief.

Sora brauchte etwas zum Trinken. Sie stand auf und schlich aus dem Zimmer. Auch Tai und Matt schienen zu schlafen. Einer der beiden schnarchte leise.

Sora öffnete den kleinen Schrank, der über der Küchenspüle hing, und holte sich ein Glas. Sie machte einfach den Wasserhahn an der Spüle an und ließ ihr Glas zur Hälfte voll laufen.

Sie schlich an den Jungs vorbei, öffnete die Glasschiebetür und ging auf den Balkon. Die Promenade war wie leer gefegt. Da sie in einem ruhigen Ort gelandet waren, war hier nicht viel los um diese Zeit.

Sora trank ihr Wasserglas aus und ging dann wieder zurück. Als sie an den Jungs vorbei kam, stieß sie mit dem Fuß gegen den ausgezogenen Teil des Betts. Sie fluchte leise und hielt sich ihren schmerzenden Fuß.

Matt, der auf dem ausgezogenen Teil schlief, stöhnte plötzlich und drehte sich auf den Rücken.

Sora vergaß ihre Schmerzen und sah ihn erschrocken an.

"Wer ist da?", fragte er leise.

Sora beugte sich über ihn. Seine Augen waren nur ein wenig geöffnet und er schien noch im Halbschlaf zu sein.

"Pscht", flüsterte Sora und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Schlaf weiter." Sie küsste ihn kurz auf die Stirn. Warum sie das tat, wusste sie auch nicht. Wahrscheinlich, weil sie schon länger mehr als nur Freundschaft für ihn empfand, aber sich nicht sicher war, ob sie ihn liebte, und er es gerade nicht mitbekam, was sie tat. Vermutlich konnte er sich am nächsten Morgen nicht mehr daran erinnern.

Matt schloss die Augen wieder ganz und Sora lief auf Zehenspitzen in ihr Zimmer zurück. Sie legte sich wieder aufs Bett, doch nun konnte sie erst recht nicht mehr schlafen.
 

-TBC-
 

das war das zweite kapitel ^^ (ach nee)

nyaaaa wird bald fortgesetzt,nich?

demnächst...irgendwann XD

Der erste Tag: Mimis Dummheit (Von 13-jährigen und Alkohol)

so,dieses kapitel is ma richtig derbst bekloppt (zu meiner verteidigung: es is alt XD)

ich kann euch eigentlich nur vom lesen abraten....

also sagt hinterher nicht,ich hätte euch nicht gewarnt

...ey wenn ich mir des jetz so durchlese,denke ich "man,was hast du da wieder fabriziert??O,O" XD

nya zum ende hin wirds ganz lustig XD
 

(3) Der erste Tag: Mimis Dummheit
 

"Sora! Wach auf!", drängelte Mimi und rüttelte sie unsanft.

"Was ist denn?", maulte Sora und schlug die Augen auf. Scheinbar war sie doch noch mal eingeschlafen.

"Wir müssen aufstehen! Es gibt bloß noch eine dreiviertel Stunde lang Frühstück!"

"Wie spät ist es denn?"

"Dreiviertel zehn! Und nun mach endlich!"

Sora stand auf und schlurfte ins Bad. Die anderen drei waren schon fertig.

Zwanzig Minuten später waren die vier endlich startklar und eilten zum Frühstück.

"Was es wohl zu futtern gibt?", fragte sich Tai.

"Ich weiß nur, dass wir Buffet haben", sagte Mimi mehr zu Sora und Matt als zu Tai. Denn seit dem gestrigen Abend redete sie nicht mehr mit ihm.

"Hunger hab ich jetzt auch", sagte Sora. Sie liefen die letzte Treppe von ihrem Hotel hinunter, über die Holzbrücke, die über den großen Pool führte, und ins Hauptgebäude hinein. Tai, Sora und Mimi überlegten die ganze Zeit, was es wohl zu essen gab und was sie an diesem Tag machen wollten. Nur Matt blieb stumm. Er stand schon den ganzen Morgen ein wenig neben sich.

Sie gingen in einen großen Raum, in dem viele Tische und noch mehr Stühle standen. Der Chef des Hotels führte die vier zu ihrem Tisch. Da saßen auch die anderen und mampften die verschiedensten Sachen in sich hinein. Als Tai, Matt, Sora und Mimi kamen, begrüßten die acht sie gut gelaunt.

Tai und Co. gingen gleich weiter zum Buffet. Um dorthin zu gelangen, musste man eine Treppe hinaufsteigen und oben standen dann noch mehr Tische und Stühle.[A.d.A.: Das hört sich so an,als würde dieser Saal nur aus Tischen und Stühlen bestehen.XD] Die vier drängelten sich zum Buffet durch. Sora nahm sich Rührei mit Speck, ein Brötchen und zwei kleine Blätterteigtaschen, die mit Nougat gefüllt waren. Sie ging zurück zu ihrem Tisch, um danach gleich wieder zurück zu rennen, weil sie ihr Getränk vergessen hatte.

"Bringst du mir was mit?", rief Mimi, die auch nicht dran gedachte hatte.

"Was denn?", fragte Sora.

"Hm...'ne Cola", sagte Mimi.

Cola zum Frühstück? Warum eigentlich nicht? Schließlich waren sie im Urlaub. Sora holte an einer Getränkemaschine zwei Cola und ging wieder zurück.

"Danke", sagte Mimi, als sie ihre Cola bekam.

Sora setzte sich auf den noch freien Platz zwischen ihr und T.K. und fing an zu essen.

"Matt, was ist heute eigentlich mit dir los? Bist du mit dem falschen Bein aufgestanden, oder was?", fragte T.K. seinen Bruder.

"Eben", stimmte Tai ihm zu. "Du bist schon den ganzen Morgen so still."

"Na ja, das klingt vielleicht verrückt, aber heute Nacht war, glaub ich, irgendjemand in unserem Apartment", sagte Matt zögernd.

Sora verschluckte sich vor Schreck und fing an zu husten. Er erinnerte sich doch noch daran!

"Und wer soll das gewesen sein?", fragte Mimi, während sie ihr auf den Rücken klopfte.

"Ich weiß auch nicht. Ich bin irgendwie aufgewacht, weil jemand an mein Bett gestoßen ist", erzählte Matt. "Dann hab ich gefragt, wer da ist, dann hat sie sich über mich gebeugt und..."

"Und?", fragten alle außer Sora gespannt. Sora spürte, dass sie knallrot anlief.

"Und hat mich hier hin geküsst", fuhr Matt fort und legte eine Hand auf die Mitte seiner Stirn.

Stille am Tisch. Dann plötzlich fingen alle, außer Matt und Sora, gleichzeitig an zu lachen. Sora wurde nur noch röter, falls das überhaupt möglich war.

"Alter, jetzt träumst du schon davon, dass du geküsst wirst!", rief Tai lachend und klopfte seinem besten Freund, der auch rot geworden war, auf die Schulter. "Du brauchst dringend 'ne Freundin!"

Sora zwang sich zu einem Lachen, das dann mehr wie ein Krächzen klang.

"Was ist denn mit dir los?", fragte Mimi, die sich wieder eingekriegt hatte, und sah Sora forschend an.

"Nichts!", sagte Sora schnell. "Mir ist bloß ziemlich heiß!"

Nach dem Frühstück beschlossen die zwölf Freunde, sich in einer halben Stunde am Strand zu treffen. Dann gingen die Vierergruppen auf ihre Zimmer zurück. Sora und Mimi verschwanden in ihrem Zimmer und zogen sich ihre Bikinis an. Sora hatte einen mit einer längeren, olivgrünen Hose und einem orangefarbenes Triangeloberteil.

Mimis Bikini war dunkelrot, hatte das gleiche Oberteil wie Soras, aber eine normale Hose. Die beiden zogen sich bloß noch ein T-Shirt über, schlüpften in ihre Flipflops und verließen ihr Zimmer. Tai und Matt warteten schon auf die beiden. Wegen der Schlepperei hatten die vier beschlossen, bloß eine große Tasche mitzunehmen, in der sich Badetücher, Sonnencremes mit verschiedenen Lichtschutzfaktoren, Geld, Discmans, Bücher und Sonnenbrillen befanden. Diese Tasche musste vorerst Tai tragen, weil er beim Frühstück sein Glas umgeworfen hatte und der Inhalt über den ganzen Tisch geflossen war.

Die vier verließen ihr Apartment und stiegen die fünf kurzen Treppen hinunter. Zum Glück hatten sie ein Zimmer im zweiten Stock erwischt, so war der Weg nicht so lang. Es gab zwar einen Fahrstuhl, doch Mimi weigerte sich, auch nur einen Fuß dort hinein zu setzen. Sie hatte eine Art Fahrstuhlphobie, weil sie in ihrem letzten Urlaub mal in einem Fahrstuhl stecken geblieben war, als der Strom ausfiel.

Sie überquerten die Promenade und liefen die Stufen zum Strand hinunter. Der Sand war noch angenehm warm, doch schon in ein paar Stunden würde man da bar Fuß nicht mehr durchlaufen können.

Joe, Izzy, Davis und Ken waren schon da und hatten vier Liegen belegt. Tai und Co. stellten sich vier Liegen dazu. Die großen Schirme, deren Stiel ein schmaler Baumstamm war und das Dach aus Stroh bestand, sahen toll aus und standen so beieinander, dass sich jeder in den Schatten legen und sich mit den anderen unterhalten konnte.

Sora legte, wie die anderen, ihr Badetuch auf eine Liege und ließ sich dann darauf fallen.

"Ist mir heiß! Ich geh ins Wasser!", rief Tai und stürmte los. Davis und Ken liefen hinterher.

Joe sah den dreien stirnrunzelnd nach.

"Die sind ziemlich unvernünftig", sagte er tadelnd. "Die können sich einen mordsmäßigen Sonnenbrand holen!"

"Apropos!", rief Mimi und kramte in der Tasche. Sie zog eine gelbe Tube heraus und legte sie auf Soras Bauch. "Lichtschutzfaktor zwölf. Ich nehme zwanzig."

Sie fing an sich einzukremen und Sora tat es ihr nach.

"Kremt mir einer den Rücken ein?", fragte Mimi und sah die vier übrigen an.

"Das mach ich!", rief Izzy, sprang auf und fing auch gleich an.

"Soll ich dir den Rücken einkremen, Sora?", bot Matt Sora an.

"Ja, danke", sagte Sora und legte sich auf den Bauch. Matt kletterte über Mimi hinweg und setzte sich auf die Kante von Soras Liege.

"Das muss das Paradies sein", seufzte Mimi entspannt.

Sora sah sie an und die beiden kicherten.

Izzy war gerade fertig geworden und stand auf.

"Danke", sagte Mimi. Sie blieb liegen.

Matt machte das ganze ziemlich gründlich. Er fing mit den Schultern an und ging dann weiter runter zum Kreuz. Doch da war er noch nicht fertig.

"Du hast die Rückseite deiner Beine vergessen", stellte er fest.

"Machst du die auch noch? Ich lieg gerade so schön", bat Sora ihn.

Matt antwortete nicht, sondern machte gleich weiter.

Mimi grinste Sora an.

"Was denn?", fragte Sora aufgebracht und spürte, dass sie leicht rot wurde.

"Ach, nichts", sagte Mimi, doch hörte nicht auf zu grinsen.

Da kamen endlich auch noch die fehlenden vier. Sie rückten auch noch vier der grünen Liegen heran und platzierten ihre Badetücher darauf.

Im Gegensatz zu Tai, Davis und Ken kremten sie sich noch ein.

"Fertig", sagte Matt zu Sora und verschloss die Tube.

"Ich kreme dir auch noch den Rücken ein", sagte Sora und setzte sich auf. Sie kremte Matts Rücken ein. Dabei fiel ihr wieder mal auf, wie gut er gebaut war.

"Das war's", sagte sie, als sie fertig war. Sie warf die Tube zurück in die Tasche.

"Hey Matt! Kommst du mit ins Wasser?", fragte T.K. seinen Bruder.

"Klar!", antwortete Matt und die beiden liefen hinunter zum Wasser, wo sie sofort von Tai und Davis nassgespritzt wurden, was Rache gab.

Yolei, Kari, Joe und Izzy entschlossen sich, ebenfalls baden zu gehen. Sora und Mimi lagen nun alleine da rum.

"Sag mal, kann es sein, dass du auf Matt stehst?", fragte Mimi grinsend.

"Quatsch!", erwiderte Sora, klang dabei allerdings etwas zu heftig, um nicht verdächtig zu sein.

"Na ja, du musst es ja wissen", meinte Mimi, drehte sich auf den Rücken und schloss die Augen.

Sora holte ihren Discman aus der Tasche und hörte Musik. Dabei schloss auch sie die Augen.

Mitten im zwölften Lied zwang sie ein gellender Schrei von Mimi, die Augen zu öffnen.

Mimi war aufgesprungen und ihr gegenüber stand Tai.

"Sag mal, spinnst du?", schrie sie ihn wütend an. "Was fällt dir ein, mir einfach deine eklig kalte Hand auf den Bauch zu legen? Sonst geht's noch, ja?"

"Nun raste doch nicht gleich wieder so aus!", meinte Tai stirnrunzelnd.

Sora konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Doch! Wie oft willst du dich jetzt eigentlich noch in den zwei Wochen mit mir anlegen?", fauchte Mimi.

"Immer dann, wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt", sagte Tai grinsend.

Klatsch!

Das hatte gesessen.

"Autsch! Das tut doch weh!", rief er und hielt sich seine nun rote Wange. "Du blöde Kuh!"

"Volltrottel!"

"Zicke!"

"Idiot!"

"Eingebildete Meckertante!"

Mimi bebte vor Zorn. Sie marschierte an ihm vorbei in Richtung Wasser. Izzy und Cody kamen gerade wieder heraus und sprangen ihr aus dem Weg, als sie sahen, wie sauer sie war.

"Was ist denn mit Mimi los?", fragte Izzy verwirrt.

"Ach, die hat doch nicht mehr alle Latten am Zaun!", meinte Tai wütend.

"Wieso das denn?", wollte Cody wissen und setzte sich auf seine Liege.

"Na weil die 'nen totalen Schatten hat, das Weib!", erwiderte Tai.[A.d.A: Was für eine Antwort.]

Izzy und Cody sahen Sora fragend an.

"Muss man nicht verstehen", sagte Sora schulterzuckend. "Die haben sich bloß gestritten."

"Gestritten ist, glaub ich, gar kein Ausdruck mehr", meinte Izzy und sah Mimi nach, die gerade an Matt, Joe und Ken vorbei marschierte. "Die sah aus, als hätte man sie gerade zum hässlichsten Mädchen Japans gewählt."

"Ich glaube, das würde sie nicht schaffen, aber zum egoistischsten Mädchen der Welt würde sie's locker schaffen", keifte Tai und legte sich auf seine Liege.

"Jetzt hör aber auf! Diesmal hast du schließlich angefangen!", erinnerte Sora ihn streng.

"Ich hab ihr meine kalte Hand auf den Bauch gelegt, sonst nichts!", fuhr Tai sie an. "Die hat mir immerhin gleich eine geknallt!"

"Weil du sie weiter provoziert hast!", sagte Sora aufgebracht.

"Ach, was mischst du dich überhaupt ein?", rief Tai, als ihm die Worte ausgingen.

"Ich wollte euch nur helfen! Tut mir leid!", sagte Sora ironisch.

"Euch? Du meinst wohl dem braunhaarigen Etwas, das gerade im Meer rumschwimmt! Mir hast du bis jetzt noch nicht geholfen!"

"Lass mich doch in Ruhe! Ich bin ja schon ruhig!", fauchte Sora und entschloss sich kurzerhand, auch ins Wasser zu gehen. Sie packte ihren Discman in die Tasche zurück und lief dann durch den Sand zum Wasser. Sie ging bis zu den Knöcheln hinein. Es kam ihr kalt vor. Doch wenn man dann erst mal drin war, gewöhnte man sich daran. Sie ging weiter geradeaus und als es ihr bis zum Bauchnabel ging, stieß sie sich vom Boden ab und machte ein paar Schwimmzüge. Als sie Mimi erblickte, schwamm sie in ihre Richtung. Sie war schon ziemlich weit draußen. Auf jeden Fall mindestens fünfzig Meter vom Strand weg. Und heute war noch ziemlicher Wellengang.

Sora schwamm schnell zu ihr hin.

"Oh, ich hab gar nicht gemerkt, dass du mir gefolgt bist!", sagte Mimi, als sie neben ihr ankam.

"Lass uns lieber zurück schwimmen. Es könnte sein, dass uns eine Strömung mit hinaus reißt", meinte Sora. Inzwischen wirkte der Strand winzig klein.

"Ach Quatsch!", sagte Mimi bloß abwehrend. "Du kannst ja zurück schwimmen. Ich schwimm noch ein Stück raus."

"Okay, aber nur noch ein kleines Stück!", forderte Sora und sah sie ernst an.

"Ja, ja!", sagte Mimi leicht genervt und schwamm weiter. Sora legte ein Stück mit Brustschwimmen zurück. Als sie dann schon fast wieder stehen konnte, drehte sie sich auf den Rücken und ließ sich von den Wellen treiben. Sie spülten sie in Richtung Strand. Also sollten sie Mimi auch Richtung Strand spülen. Sora hörte auf, sich Sorgen zu machen. Sie trieb eine Weile im Wasser und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Die anderen waren inzwischen alle wieder rausgegangen. Sora drehte sich wieder anders herum und stellte etwas überrascht fest, dass ihr das Wasser nur noch bis zu den Knien ging. Sie war in der kurzen Zeit ganz schön weit getrieben worden. Sie ließ ihre Augen über das Meer schweifen und suchte nach Mimi. Sie sah sie nicht. Wo war sie bloß?

Ziemlich weit entfernt entdeckte sie Mimi endlich. Ihr Kopf tauchte immer wieder ab. War das normal?

Dann kam ein Zeichen, von dem Sora flau im Magen wurde. Sie ruderte wild mit den Armen in der Luft herum. Ihr Kopf tauchte wieder ab. Sora hielt verängstigt Ausschau nach ihrer Freundin. Nach einer ganzen Weile tauchte Mimis Kopf wieder auf und sie ruderte wieder mit den Armen in der Luft. Soras Augen weiteten sich vor Schreck. Mimi steckte in Schwierigkeiten!

So schnell sie konnte, sprintete Sora aus dem Wasser, durch den Sand zu ihren Freunden und rief schon von weitem:

"Schnell! Kommt! Mit Mimi stimmt was nicht! Nun macht doch!"

Die anderen sahen sie zuerst überrascht an. Keiner bewegte sich.

"Nun macht doch endlich!", schrie Sora wütend. Sie war den Tränen nahe. Hoffentlich hielt Mimi durch. "Mimi kommt nicht mehr zurück! Sie schafft es nicht!"

Endlich machte es klick! Alle sprangen auf und rannten hinunter zum Meer.

Tai, Joe, Matt, Izzy, Davis und Ken stürzten ins Wasser. Matt als letzter. Sora stürmte hinterher und wollte mitschwimmen. Sie wollte Mimi um jeden Preis retten. Immerhin war sie ihre beste Freundin.

Matt hatte Sora bemerkt und kam zurück zu ihr. Er versperrte ihr den Weg.

"Nein, Sora! Bleib lieber hier! Du bist gerade eben geschwommen und musst dich erst mal ausruhen!", rief er.

"Nein, ich muss ihr helfen!", schrie Sora und versuchte, an ihm vorbeizukommen. Doch er hielt ihren Arm fest. "Lass mich los! Sie ist in Gefahr!"

Die Jungs hatten noch nicht mal ein Viertel der Strecke zu Mimi hinter sich. So schafften sie das nie!

Sora versuchte, sich von Matt loszureißen. Inzwischen hatte sie Tränen in den Augen.

Er packte sie an den Schultern. "Wenn du jetzt mit ihnen mitschwimmst, könnte es sein, dass du deine Kraft verlierst und auch nicht mehr zurück kommst! Dann kannst du Mimi auch nicht helfen!"

Sora schlug seine Hände weg, stürzte an ihm vorbei und schrie so laut sie konnte:

"Mimi! Du musst durchhalten!" Die Tränen flossen ihr über die Wangen. "MIMI!!!"

Sie wollte sich gerade in die Fluten stürzen, doch Matt hielt sie wieder am Arm fest. Er zog sie zurück und nahm sie in die Arme.

Sora drückte ihn an sich und heulte. Sie hatte das Gesicht gegen seine Brust gedrückt und ließ die Tränen gewähren. Matt streichelte ihren Kopf und versuchte sie zu beruhigen.

Yolei, Kari, T.K. und Cody standen nur ratlos da und hofften auf Rettung.

Inzwischen hatten Die Jungs die Hälfte der Strecke geschafft. Mimi gab auch noch Lebenszeichen von sich.

"Mimi", schluchzte Sora. "Sie schaffen es nicht. Sie wird sterben."

"Ach was!", erwiderte Matt und bemühte sich, ruhig zu bleiben. "Die Jungs retten sie."

Sora drehte den Kopf zur Seite. Die Jungs brauchten nur noch ungefähr zehn Meter, dann waren sie bei Mimi.

Ohne es wirklich zu bemerken, drückte Sora Matt fester an sich und biss sich auf die Unterlippe. Ihr Gesicht war tränenüberströmt. Sie heulte noch immer.

Endlich kamen die fünf Jungs bei Mimi an. Eine Weile blieben sie dort. Dann machten sie sich auf den Rückweg.

Nach zehn endlosen Minuten bekamen sie endlich Boden unter den Füßen. Sora ließ Matt los und stürzte zu ihnen.

"Mimi!", rief sie. "Mimi! Mimi!"

Die fünf Jungs und Mimi standen nun nur noch bis zum Bauch im Wasser. Sora fiel Mimi erleichtert um den Hals. Mimi erwiderte ihre Umarmung schwach. Sie war kalt.

Sie gingen zurück zum Strand und Mimi wurde auf ihre Liege gelegt und mit fünf oder sechs Badetüchern zugedeckt. Sie rang nach Atem. Sie war total erschöpft.

"Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht so weit rausschwimmen!", sagte Sora streng und sah sie anklagend an.

"Tut mir leid", sagte Mimi heiser. Sie drehte den Kopf zu ihren Lebensrettern. "Ihr habt mir das Leben gerettet." Wackelig stand sie auf. "Vielen Dank!" Sie drückte jedem, außer Tai, einen Kuss auf die Wange, worauf die vier einen roten Schimmer auf den Wangen bekamen und verlegen lächelten.

"Und ich?!", sagte Tai empört.

Mimi dachte kurz nach. Dann küsste sie ihn kurz auf den Mund.

"Geht doch!", sagte Tai grinsend.

Nach einer halben Stunde ging es Mimi zum Glück wieder bedeutend besser. Ihre Erschöpfung hatte nachgelassen und sie zitterte nicht mehr so.

"Und mach das nie wieder!", sagte Sora nun schon zum dritten Mal.

"Ja, ja!", erwiderte Mimi lachend.

Inzwischen war es eins durch.

"Mir knurrt der Magen", gab Kari zu.

"Da hinten gibt es doch einen Supermarkt", sagte Izzy und zeigte mit dem Zeigefinger auf einen kleinen Supermarkt.

"Das nützt uns aber nichts. Wir haben bloß Yen und ich glaube, hier zahlt man mit Dollars", sagte Ken.

"Macht nichts! Ich hab neben unserem Hotel einen Geldwechselladen gesehen", meinte Yolei.

"Dann geht halt die Hälfte von uns los, wechselt das Geld und kauft Essen und die andere Hälfte bleibt hier", schlug Tai vor und so wurde es gemacht. Joe, Tai, Matt, Kari, Sora und Davis machten sich auf den Weg. Erst vom Strand aus nach links zum Hotel. Nach zwei Minuten Fußmarsch kamen sie an dem Geldwechselladen an. Sie tauschten so viele Yen, dass fünfhundert Dollar rauskamen. Dann gingen sie in die andere Richtung zu dem Supermarkt.

Sora war inzwischen klar geworden, dass Matt sie in die Arme genommen hatte. Wie viel empfand er für sie? Ob er...? Nein! Sora war mit ihren Nerven am Ende. Wahrscheinlich hätte jeder andere Junge das gleiche getan, dazu musste man sie nicht lieben! Da reichte Freundschaft.

"Hey, Sora, ist irgendwas? Du wirkst so nachdenklich", riss Joe, der neben ihr lief, sie aus ihren Gedanken.

"Nein, nichts", stotterte Sora.

Die sechs betraten den Laden. Er war eng und ziemlich vollgestellt. Zwischen den Regalen mit Lebensmitteln, Putzmitteln und allem anderen möglichen Zeug war nur wenig Platz. Es hatten gerade so zwei Leute mit normaler Körperbreite nebeneinander Platz.

"Hm...was kaufen wir am besten?", fragte Tai nachdenklich und sah sich um.

"Da", sagte Kari und deutete auf eine Ecke, an der Backwaren verkauft wurden. Die sechs liefen dorthin und musterten die nicht gerade große Auswahl.

"Croissants", schlug Matt vor.

"Die sind nicht so teuer", meinte Joe grinsend.

"Und Brötchen", sagte Sora.

"Ja, die gehen auch", stimmte Tai zu. Er riss ein paar von den durchsichtigen, kleinen Tüten ab, die da rumhingen, und packte sechs Croissants und sechs Brötchen ein.

"Noch was?", fragte Davis.

"Also wir brauchen auf jeden Fall was zum Trinken", sagte Tai zu Matt und Sora. "Oder habt ihr noch was im Hotel?"

Die beiden schüttelten den Kopf.

Auch Joe, Davis und Kari kauften für sich und ihre Mitbewohner etwas zum Trinken.

Tai, Matt und Sora kauften zwei Flaschen Cola und eine Flasche Wasser. Bei den anderen sah es ähnlich aus. Sie liefen zur Kasse und zahlten. Dann gingen die sechs noch zu ihren Hotelzimmern, um die Getränke wegzubringen. Sora half Kari beim Tragen, da sie die einzige aus ihrem Apartment war. Die beiden trugen die Flaschen in den vierten und letzten Stock zum Hotelzimmer von Kari und Co.

"Danke, dass du mir beim Tragen hilfst", sagte Kari lächelnd. Sie schloss die Tür auf, lief zu dem kleinen Kühlschrank und stellte die Flaschen dort rein. Sora tat es ihr nach.

"Hier ist es toll, oder?", sagte Sora strahlend.

"Ja", stimmte Kari ihr zu und strahlte ebenfalls. "Das Meer ist so schön warm."

"Na ja!", meinte Sora. Sie war da anderer Meinung. "Wo schlaft ihr eigentlich?" Sie sah sich in dem Apartment um, dass ein bisschen anders aussah als ihrs.

"Yolei und ich schlafen im Schlafzimmer und T.K. und Cody hier", antwortete Kari. "Und ihr?"

"Mimi und ich schlafen auch im Schlafzimmer. Aber Mimi und Tai sind da gestern Abend noch in einen Streit ausgebrochen, weil Tai auch dort schlafen wollte", sagte Sora lachend.

"Das ist typisch!" Kari schüttelte lächelnd den Kopf.

Die beiden machten sich dann wieder auf den Weg zum Strand. Sie kamen als letztes wieder dort an. Die anderen saßen bereits auf ihren Liegen und futterten Brötchen oder Croissants. Sora und Kari bekamen beide bloß noch ein Brötchen. Die Croissants waren alle.

Ein paar gingen wenig später schon wieder ins Wasser. Mimi wollte an diesem Tag nicht mehr ins Wasser gehen. Der Schreck saß ihr noch immer in den Gliedern. Außerdem machte sie sich Sorgen um ihre Haare. Da klebte das ganze Salz drin und sie rochen auch sehr fischig. Das gefiel ihr gar nicht. Deswegen wollte sie gegen um vier auch zum Hotel zurück gehen. Auch Yolei und Kari hatten für den ersten Tag genug. Also gingen die drei zum Hotel.

Zwanzig nach vier ging auch Sora. Sie hoffte, dass Mimi schon mit Duschen fertig war, denn sie wollte auch noch duschen.

Sora klingelte, weil Mimi den einzigen Schlüssel bei sich drin liegen hatte. Mimi öffnete, völlig angezogen und nach Shampoo duftend, die Tür. Also war sie schon mit Duschen fertig. Sora trat herein. Der Fernseher lief und Mimi setzte sich wortlos wieder auf die Couch. Sora ging in ihr Zimmer, kramte im Schrank nach Unterwäsche und nahm diese mit ins Badezimmer. Sie wollte sich vorerst bloß Unterwäsche anziehen, weil sie sich nach dem Duschen mit einer Après-Sun-Lotion einkremen wollte. Sie hatte sich das Dekolletee ziemlich und Bauch und Arme nur leicht verbrannt. Da, wo Matt sie eingekremt hatte, war nichts verbrannt.

Sie verschwand im Bad und duschte sorgfältig. Ihre Haut hatte nach Salz geschmeckt und das war nicht sehr schön. Nach einer Viertelstunde kam sie heraus und trocknete sich ab. Sie stellte sich vor den Spiegel und kämmte ihre verstrubbelten Haare. Nur mit Unterwäsche bekleidet verließ sie dann nichts ahnend das Badezimmer. Sie rechnete nicht damit, dass Tai und Matt schon da waren, doch da lag sie völlig falsch. Denn als sie das Badezimmer verließ, sahen die beiden und Mimi sie an. Sora sah zurück und wurde augenblicklich rot.

Auch Tai und Matt erröteten und sahen gleichzeitig wieder weg. Mimi konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.

Sora machte auf den Fersen Kehrt und rannte ins Schlafzimmer. Warum passierte eigentlich immer ihr so ein Mist?

Mimi war ihr gefolgt und kam ins Zimmer.

"Wo ist eigentlich...", fing Sora an.

"Hier! Ich hab sie im Wohnzimmer stehen lassen", sagte Mimi und reichte ihre die Aprés-Lotion. Sie grinste noch immer und Sora war noch immer rot.

"Vielleicht solltest du das nächste Mal mehr anziehen nach dem Duschen", schlug Mimi ihr vor.

"Ach nein!", sagte Sora giftig und fing an, ihre Arme einzukremen. "Du hättest mir auch mal sagen können, dass die beiden schon da sind!"

"Ich dachte, du hättest die Klingel gehört."

"Nee! Ich hab geduscht und außerdem ist die Lüftung im Bad so laut!"

"Okay, ich sag dir das nächste Mal Bescheid." Sie warf sich auf ihre Betthälfte. "Ich hab Hunger. Aber Essen gibt's erst ab halb sieben."

"Was es wohl zum Abendbrot gibt?", fragte Sora.

"Also das Frühstück war ja schon mal gut", fand Mimi.

Sora stimmte ihr mit einem Nicken zu. "Wie geht's dir eigentlich?"

"Gut. Meinst du wegen meiner Schwimmaktion heute?"

Sora nickte wieder. Sie stand auf und kremte sich vor dem Spiegel das Dekolletee ein.

"Mensch, Mimi! Ich hab mir verdammt große Sorgen um dich gemacht. Ich dachte schon, du ertrinkst!"

"Tut mir leid", murmelte Mimi.

"Als ich gesehen hab, wie du wie verrückt gewunken hast, bin ich gleich rausgerannt und hab es den anderen gesagt. Dann wollte ich mitschwimmen, aber Matt hat...", Sora stoppte. Matt hatte sie fest gehalten. Er hatte sie an sich gedrückt und sie beruhigt. Er war für sie da.

"Ich hab euch gesehen, auch, wenn es mir in dem Moment egal war", sagte Mimi. "Ich sag doch, du stehst auf ihn!"

"Nein!", protestierte Sora, obwohl sie sich nicht sicher war. "Ich konnte gar nichts dafür! Er hat mich dann einfach..." Bis hierher hatte sie laut protestiert. Doch plötzlich wurde sie ruhiger. "...in die Arme genommen."

Sie schraubte die Lotion zu, stellte sie weg und sah ihr Spiegelbild an. Auf ihren Lippen lag ein verträumtes Lächeln.

Mimi beobachtete sie.

"Und du willst mir weismachen, dass du nicht in ihn verknallt bist!", sagte sie und hob die Augenbrauen.

"Ja! Ich will nichts von ihm. Er sieht schon sehr gut aus und ist nett und..."

"...toll, er kann gut singen, spielt einmalig Gitarre, seine Kochkünste sind unglaublich, er ist einfach perfekt, aber ich liebe ihn nicht", beendete Mimi ihren Satz und grinste sie überlegen an.

"Mimi, bitte! Ich will nicht darüber reden. Ich liebe ihn nicht und fertig!" Mit diesen Worten nahm Sora die Lotion, zog sich olivgrüne Jeansshorts und ein blaues Top an und verließ das Zimmer. Und knallte geradewegs mit Tai zusammen!

"Autsch!", sagte Sora und rieb sich die Stirn, mit welcher sie gegen Tais Kinn geschlagen war.

"Sorry, hab nicht hingeguckt", sagte Tai kurz und ging an ihr vorbei ins Schlafzimmer. Sora ging zum Couchtisch, stellte die Lotion darauf ab und wollte gerade wieder zurückgehen, als Matt sagte:

"Warte mal! Tai wollte mit Mimi reden."

"Ist er in sie verknallt? Dann hat er, glaub ich, keine Chance", erwiderte Sora lächelnd.

"Nee! Er wollte bloß mit ihr reden. Sich bei ihr entschuldigen und so", erklärte Matt.

"Dann wart ich halt noch", seufzte Sora und ließ sich neben Matt fallen. "Übrigens, danke, dass du mich heute zurück gehalten hast, den anderen hinterher zu schwimmen. Ich glaube, ich hätte mich in Lebensgefahr begeben."

"Nicht der Rede wert", sagte Matt lächelnd. Sora sah ihn an. Er erwiderte ihren Blick. Irgendwie kamen sie sich plötzlich immer näher. Sora spürte seinen warmen Atem auf ihrer Nase. Gerade dachte sie, er würde sie küssen. Da flüsterte Matt plötzlich:

"Dein Hosenstall ist offen. Aber deine Unterwäsche kenn ich ja schon!" Er grinste sie an.

"Idiot!", murmelte Sora und stand auf.

"Selber Idiotin", sagte er noch immer grinsend.

Sora zog schnell den Reißverschluss ihres Hosenstalls hoch und wollte zurück ins Schlafzimmer gehen. Sollten Tai und Mimi doch ein anderes Mal weiterreden! In dem Moment kam Tai aus dem Zimmer. Doch diesmal konnte Sora einen Zusammenstoß geradeso verhindern.

Sie liefen aneinander vorbei. Sora machte sich nicht die Mühe, außen herum zu gehen, sondern kletterte über Mimi zu ihrer Betthälfte.

"Na, was wollte Tai von dir?", fragte sie ihre Freunden, die auf dem Rücken lag und die Decke anstarrte.

"Bestimmt nicht das, was du jetzt denkst!", erwiderte Mimi bissig.

"Ich denke gar nichts!", behauptete Sora grinsend.

"Er hat sich bloß bei mir entschuldigt und mich auf einen Drink meiner Wahl eingeladen. Deswegen gehen wir nach dem Abendessen noch mal runter zur Bar im Hauptgebäude", erzählte sie. "Ihr könnt ja mitkommen, aber ihr könnt auch hier bleiben, falls du mit deinem Matt alleine sein willst!", Nun war sie diejenige, die grinste. "Apropos, was habt ihr denn so gemacht, während Tai hier war?"

"Er ist nicht MEIN Matt! Und wir haben bloß ein bisschen gequatscht", fauchte Sora.

"Schon gut!", sagte Mimi empört.

Wasserrauschen sagte den beiden, dass entweder Tai oder Matt duschte.

Die Jungs brauchten beide zusammen gerade mal eine halbe Stunde zum Duschen. Sora war insgesamt circa fünfundzwanzig Minuten im Bad und wie lange Mimi gebraucht hatte, wollte sie gar nicht wissen. Nun war noch eine Stunde Zeit bis zum Abendbrot. Die verbrachten Mimi und Sora mit plaudern.

Fünf vor halb sieben machten sich die vier dann auf den Weg nach unten. Sie überquerten die Poolbrücke und gingen ins Haupthaus in den Essenssaal. Am Buffet trafen sie die anderen. Offenbar waren sie auch gerade erst gekommen.

Das Abendbrot war nicht weniger lecker als das Frühstückt. Sora haute sich zuerst eine Portion Pommes frites auf den Teller. Als nächstes nahm sie sich ein paar Champignons und eine Scheibe Fisch. Und diesmal dachte sie gleich daran, sich etwas zu trinken mitzunehmen. Sie nahm sich ein Glas, stellte es unter die Maschine und drückte auf den Knopf für Sprite. Als das Glas voll war, nahm sie es weg und ging zu dem Tisch für zwölf Mann, an dem sie am Morgen schon gesessen hatten.

Während des Essens sagte kaum einer was. Irgendwann standen auch fast alle wieder auf, um sich ihren Nachtisch zu holen. Sora ging gleich mit der ersten Gruppe mit. Sie holte sich ein paar Stücken Honigmelone und ein wenig Zitronencreme mit bunten Streuseln darauf. Mimi hatte sich eine große Portion Eis genommen und ein Stück Ananas.

"Wieder was gutes für die Linie", meinte sie ironisch und setzte sich auf ihren Platz. Sora musste lachen. Als ob Mimi sonst darauf achten würde, was sie aß. Und trotzdem war sie so schlank.

Nach dem Abendessen gingen die zwölf wieder in ihre Zimmer zurück. Sora hatte beschlossen, mit Mimi und Tai mitzugehen. Matt wollte auch mitkommen.

"Was soll ich bloß anziehen?", fragte Mimi sich immer wieder hektisch und durchwühlte ihre Klamotten.

Sora war schnell mit dem Umziehen fertig. Sie behielt ihr blaues Top an und tauschte ihre Shorts gegen einem kurzen, schwarzen Rock.

Mimi stand in Unterwäsche vorm Kleiderschrank.

"Sora, was sagst du? Lila, blau, rot oder grün?"

Sora dachte kurz nach.

"Blau oder lila würde ich nehmen", sagte sie dann, stand auf und ging zu den Jungs.

"Ist Mimi immer noch nicht fertig?", fragte Tai genervt. "Ich wollte ihr eigentlich heute noch einen Drink spendieren."

"Sie hat sich noch nicht mal über die Farbe ihrer Klamotten geeinigt", antwortete Sora seufzend. "Aber ich glaube, es dauert nicht mehr allzu lange."

Tai stöhnte und ließ sich gegen die Lehne der Couch fallen. "Das ist doch nicht normal!"

"Für Mimi schon!", widersprach Matt grinsend.

Sora stand etwas unschlüssig im Raum herum. Schließlich ging sie mal wieder auf ihren Lieblingsplatz, den Balkon.

Zu dieser Zeit liefen draußen viele Leute rum. Sora beugte sich ziemlich weit über das Geländer.

"Falls du runterfliegen solltest, ich bring dich nicht ins Krankenhaus!", drohte eine Stimme.

Sora drehte den Kopf zur Seite und sah Tai, der sie anlächelte.

"Hätte ich auch nicht erwartet", erwiderte Sora und lächelte ebenfalls. Sie beobachtete einen Mann, der sein Kind an einer Strippe hielt, wie einen Hund, den man an der Leine führte. "Guck mal! Der da hat sein Kind angeleint!"[A.d.A.: Sowas hab ich wirklich im Urlaub vom Balkon aus gesehen!XD Sah etwas merkwürdig aus...]

"Gar keine schlechte Idee", überlegte Tai und sah auch zu dem Mann. "Wo gibt's die Strippen zu kaufen? Dann können wir morgen Mimi anbinden, damit sie nicht wieder bis sonst wohin schwimmt."

"Ich wage zu bezweifeln, dass ihr das gefallen wird", sagte Sora grinsend.

"Ich auch", stimmte Tai ihr zu.

"Ich bin fertig!", rief Mimi endlich von drinnen.

"Ich dachte schon, du ver...", fing Tai an, doch beendete seinen Satz nicht, als er Mimi sah. Sie sah einfach umwerfend aus. Offenbar hatte sie auf Sora gehört, denn sie trug nun ein helles, lilafarbenes (das Lila ging schon fast in Blau über) Kleid, das auf der rechten Seite sehr kurz war und ihr auf der linken bis zu den Knien ging. Es fiel so schräg ab. Und es hatte Spaghettiträger. And den Füßen trug sie, nicht ganz passend, orange Flipflops. Ihre braunen, gelockten Haare fiele ihre lose auf die Schultern.

Sie sah Sora etwas unsicher an. Doch Sora grinste und streckte einen Daumen in die Höhe. Dann ließ sie den Blick zu Matt wandern. Er sah nicht Mimi an, sondern sie. Wahrscheinlich, weil Mimi zu ihr gesehen hatte. Doch als sie seinen Blick auffing, sah er schnell zu Mimi.

"Du siehst gut aus", sagte er zu ihr.

"Danke", sagte Mimi verlegen lächelnd. Doch ihr freundlicher Gesichtsausdruck verwandelte sich schnell in Ungeduld. "Könntet ihr jetzt vielleicht aufhören, mich anzustarren, als ob ich ein Marsmensch wäre?!"

"Ja!", sagte Tai zögernd, als er aus seinen Gedanken gerissen wurde. Er lief zu Mimi und schob sie zur Türe raus. Matt uns Sora folgten den beiden. Die vier liefen die Treppen hinunter und ins Haupthaus. Zuerst wollten sie sich einen Platz drinnen suchen, doch draußen stand ein, in Jamaika bekannter, Sänger mit einem Keyboard und sang. Also gingen sie auf die Terrasse. Außerdem saßen da auch Yolei und Ken.

"Hi!", begrüßten die beiden Tai und Co. "Setzt euch doch!"

Sora und Mimi setzten sich an den Tisch und Tai und Matt holten sich noch zwei Stühle ran und setzten sich dazu.

"Wo habt ihr denn euren Rest gelassen?", fragte Mimi an Ken und Yolei gewandt.

"Die sind alle hier irgendwo in der Stadt unterwegs", antwortete Yolei.

Der Kellner kam. Sora fand ihn auf den ersten Blick unheimlich süß. Er war ungefähr Mitte zwanzig und hatte Haar von vielleicht drei Millimeter Länge. Auf jeder Gesichtshälfte hatte er einen dünnen Streifen Bart. Seine Augen waren braun und sahen irgendwie treu aus. Er zog einen kleinen Block und einen Kugelschreiber aus der Hosentasche und sah die sechs erwartungsvoll an.

Mimi fing an und bestellte sich einen Pina Colada, eins der teuersten Getränke. Wenn man schon mal eingeladen wurde!

"Und wie alt bist du?", fragte er sie lächelnd.

"Vierzehn", antwortete sie wahrheitsgemäß und runzelte die Stirn.

"Erzähl es aber keinem!", sagte er und zwinkerte ihr zu. Er schrieb ihre Bestellung. Alle anderen bestellten sich ähnliche Getränke. Dann ging er wieder.

"Zum Glück hab ich bei dem Gewinnspiel mitgemacht!", sagte Yolei strahlend.

"Aber Kari hat's in dieser Zeitschrift gefunden", erinnerte Ken sie.

"Na ja!", sagte Yolei gleichgültig. "Aber ich hab mitgemacht."

"Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir gewinnen", gab Matt zu.

"Ich auch nicht", meinte Sora.

"Ach, wieso denn? Die Hoffnung stirbt zuletzt!" Das war Mimis naive Meinung. Aber ein bisschen naiv war sie ja schon immer. Leider brachte das nur selten was.

"Wir haben mit dem Hotel Glück gehabt", meinte Yolei. "Und auch so ist es hier sehr schön."

"Ja, nur eine gewisse Person hatte heute Vormittag nichts besseres zu tun, als alle anderen in Schrecken zu versetzen und sich in Lebensgefahr zu begeben", sagte Tai und sah Mimi scharf an.

"Ich hab mich doch entschuldigt! Außerdem wäre Sora auch fast mitgekommen!", erwiderte Mimi bissig.

"Sora war aber noch so vernünftig und ist zurück geschwommen!", konterte Tai.

"Na und? Ich...bin ja auch ein Jahr jünger als sie!"

Peng! Eigentor! Das war ja wohl nix, Mimi!

Tai sah sie verwirrt an und zog eine Augenbraue hoch. Auch die anderen sahen Mimi verständnislos an.

"Was denn?", fragte Mimi entgeistert.

Plötzlich fing Sora an zu lachen. Warum, konnte sie sich selbst nicht erklären. Wahrscheinlich waren es Mimi und ihre blöden Ausreden oder wie alle Mimi anstarrten? Es war Sora egal. Sie hielt sich schon den Bauch vor Lachen und hatte Mühe, Luft zu holen.

"Habt ihr der irgendwas gegeben?", fragte Ken und sah Tai, Matt und Mimi an, die ratlos auf Sora schauten und den Kopf schüttelten.

Yolei stimmte in Soras Gelächter ein und bald kamen auch die anderen dazu. Dabei wusste keiner so genau, warum sie eigentlich lachten.

"Sora, du bekommst heute keinen Alkohol mehr!", bestimmte Tai, als er sich wieder eingekriegt hatte.

"Mir geht's gut", sagte Sora schnell und wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Sie hatte zwar aufgehört zu lachen, doch sie grinste immer noch von einem Ohr zum anderen.

Die Leute, die noch auf der Terrasse saßen, hatten sich schon nach ihnen umgedreht und auch die Leute, die auf der Promenade entlang liefen und am Hotel vorbei kamen, hatten blöd geguckt.

Nach einer Weile kamen endlich die Getränke.

Sora hatte Durst und nahm gleich einen großen Schluck. Schmeckte nicht schlecht. Könnte man eigentlich öfters mal trinken.

Mimi wippte geistesabwesend im Rhythmus der Musik, die gespielt wurde, und sah verträumt geradeaus, während sie an ihrem Strohhalm nuckelte.

"Mimi", sagte Sora und stieß sie leicht an.

"Was?", fragte Mimi etwas erschrocken. "Was hast du gesagt? Ich hab gerade nicht zugehört."

"Hab ich gemerkt", sagte Sora kichernd. "Ich hab gar nichts gesagt. Ich wollte dich bloß aus deiner Traumwelt zurückholen."

"Ach so", sagte Mimi mit noch immer verwirrter Miene.

"Wo warst du denn gerade mit deinen Gedanken?", fragte Sora.

"Das geht dich eigentlich gar nichts an!", erwiderte Mimi giftig.

"Bei Tai?", fragte Sora leise.

"Hahaha!", fauchte Mimi. "Ich will ja nicht wissen, wie oft du an Matt denkst!"

Das hatte sie etwas zu laut gesagt. Tai und Matt sahen die beiden fragend an. Matt sah von Mimi zu Sora.

"Vielen Dank auch!", zischte Sora Mimi ins Ohr, stand auf und ging mit den Worten "Ich hab mein Geld vergessen."

Sie war schon wieder knallrot geworden. Schnell rannte sie die Treppen zu ihrem Apartment nach oben, ging hinein und knallte die Tür hinter sich zu. Sie drehte sich nach rechts und schlug ihren Kopf ein paar Mal fluchend gegen die Wand. Eigentlich regte sie sich viel mehr über sich selbst als über Mimi auf, denn immerhin hatte sie Mimi aufgezogen, worauf diese sauer und laut wurde.

Am liebsten wäre Sora oben geblieben, doch sie musste ihren Drink austrinken und ihn bezahlen. Außerdem hatte sie bloß gesagt, sie hätte ihr Geld vergessen, was nicht stimmte. Dafür hatte sie etwas anderes vergessen. Und zwar hatte sie ihrer Mutter versprochen, sie anzurufen.

Sie ging ins Schlafzimmer und griff nach ihrem Handy. Dann lief sie auf ihren Lieblingsplatz, den Balkon, und wählte die Nummer von zu Hause.

Am anderen Ende klingelte es zweimal, dann nahm ihre Mutter ab.

"Takenouchi?", sagte diese.

"Hi, Mama, ich bin's!"

"Oh, hallo, Schätzchen! Seid ihr gut angekommen? Ist es schön auf Jamaika?", fragte Frau Takenouchi.

"Ja, wir sind gut angekommen. Der Flug war bloß ganz schön lang."

"Und wie ist euer Hotel?"

"Die Zimmer sind schön. Ich wohne mit Mimi, Tai und Matt in einer Zweiraumwohnung im Viersternehotel. Das Essen schmeckt auch."

"Und wie war euer erster Tag?"

"Ganz entspannend. Mimi hat bloß Mist gemacht, aber wir konnten sie gerade noch retten."

"Retten?"

"Na ja, sie ist ein bisschen zu weit ins Meer hinausgeschwommen und nicht mehr zurückgekommen. Aber ihr geht's jetzt wieder blendend."

"Meine Güte! Da hat sie aber Glück gehabt! Wehe, du machst solchen Blödsinn! Dann komm ich persönlich, um dich abzuholen!"

"Keine Angst, ich pass schon auf! Aber sag bitte nicht den anderen Eltern, was Mimi gemacht hat, ja? Sonst ist Mimi vielleicht sauer auf mich!"

"Okay, ich sag nichts weiter. Geht es denn den anderen gut?"

"Ja, die sind wohl auf. Ich muss jetzt auch langsam Schluss machen. Wird teuer und außerdem warten die anderen auf mich!"

"Gut! Viel Spaß noch!"

"Tschüss!"

Sora drückte auf den roten Hörer, was Verbindung beenden bedeutete. Sie ging zurück ins Wohnzimmer, schloss die Balkontür und steckte ihr Handy in die kleine Handtasche, die sie mitgenommen hatte. Danach machte sie sich wieder auf den Weg nach unten.

"Tut mir leid", sagte Mimi leise, als sich Sora wieder neben sie setzte. "Ich weiß ja, dass du nicht in ihn verknallt bist."

"Ich nicht", gab Sora zu.

"Was? Also liebst du ihn doch?", fragte Mimi erstaunt.

"Ich weiß es nicht", sagte Sora ungeduldig. "Wir reden nachher, okay?"

Mimi nickte und griff wieder nach ihrem Drink. Das Glas war schon fast leer.

Soras war noch mehr als halbvoll. Sie trank auch noch ein paar Schlucke.

Eine halbe Stunde später hatte die Musik alle gepackt. Inzwischen saß keiner mehr still auf seinem Stuhl. Mimi und Yolei machten schon ein paar alberne Tanzbewegungen mit Armeinsatz, wobei sie ständig lachten.

"Hey, ihr!", rief eine gut gelaunte Stimme hinter Sora. Sie, Mimi und Ken mussten sich umdrehen, um zu sehen, wer hinter ihnen stand. Es waren T.K. und Kari. Ihre Wangen waren rötlich gefärbt, als ob ihnen ziemlich warm wäre.

"Hier ist ja sogar was los!", staunte Kari.

"Los, wir tanzen!", forderte T.K. sie auf, nahm sie an der Hand und schleuderte sie durch die Gegend. Kari kicherte wild.

"Na die sind ja auch nicht mehr ganz nüchtern", stellte Mimi amüsiert fest.

Die anderen Leute vom Hotel, die dort rumsaßen, lachten über den etwas merkwürdigen Tanz.

"T.K., wie viel habt ihr eigentlich getrunken?", rief Matt.

"Ach, nicht viel!", schrie T.K. zurück und lachte.

"Da hinten gab es so 'ne schöne Bar!", rief Kari noch immer kichernd. "Und so schöne Getränke!"

"Und da wolltest du mir keinen Alkohol geben!", sagte Sora lachend zu Tai. "Pass lieber auf deine Schwester auf!"

Tai stand auf, ging zu Kari, hielt sie an und sagte etwas zu ihr, was man aufgrund der Lautstärke der Musik nicht verstand. Dann sagte Kari etwas zu Tai und wandte sich dann wieder T.K. zu.

Tai setzte sich wieder neben Matt.

"Und?", fragte dieser und sah Tai erwartungsvoll an.

"Keine Ahnung. Sie hat irgendwas von ein paar Gläsern Cola-Whiskey-Mix erzählt", antwortete Tai schulterzuckend.

"Aber die beiden sind doch erst zwölf!", rief Matt.

"Erstens hatten sie Joe dabei und zweitens, ich glaub, die sehen das hier nicht so eng!", meinte Tai grinsend.

"Säufer!" Mit diesem Wort nahm Matt den letzten Schluck aus seinem Drink, worauf die anderen lachten. Erst andere als Säufer bezeichnen und es dann selbst tun!

"Aber die beiden geben ein schönes Paar ab", fand Sora lächelnd.

"Ob ihr's glaubt oder nicht, aber die beiden sind nicht zusammen und sie sind auch nicht ineinander verknallt", sagte Yolei und sah T.K. und Kari beim Tanzen zu.

"Nein?", fragte Mimi erstaunt.

Yolei schüttelte den Kopf. "Sie sind wirklich nur gute Freunde und ich glaube, aus denen wird auch nicht mehr."

Kurzes Schweigen. Dann fragte Mimi plötzlich aufgeregt:

"Du, Sora, wollen wir auch tanzen gehen?"

"Vergiss es! Wenn du dich unbedingt zum Obst machen willst, dann tu es allein!"

"Ach, komm schon! Yolei kommt auch mit!", drängelte Mimi.

"Was?!" Das schien Yolei allerdings neu zu sein.

"Nein! Ich geh da nicht tanzen!", protestierte Sora.

Yolei hatte es sich doch anders überlegt. Sie sprang auf und rannte zu der freien Fläche, auf der T.K. und Kari tanzten. Nein, sie hampelten ehr herum.

"Dann halt nicht!", sagte Mimi und ging zu Yolei. Die beiden tanzten auch nicht wirklich, sondern wackelten ehr durch die Gegend.

In diesem Augenblick kam der süße Kellner nach draußen. Als er Mimi sah, nahm er ihre Hand und tanzte mit ihr. Aber nur kurz, denn er hatte ja seinen Job. Er grinste Mimi an und überließ sie dann wieder Yolei.

"Ich glaub, der steht auf Mimi", meinte Tai lachend.

"Ach, die Kellner sind zu allen Mädchen so, die ihnen gefallen", sagte Sora lächelnd. "Glaubt mir, ich kenn das."

Nach einer Weile kamen Mimi und Yolei zurück und setzten sich wieder.

"Ich kann nicht mehr", keuchte Mimi.

Sora holte ihr Handy aus der Tasche und warf einen Blick auf den Display. Es war viertel zwölf. Ein bisschen konnte man noch bleiben.

Sie sah zu Mimi und erwischte sie dabei, wie sie gähnte.

"Ich würde mir gern mal die Stadt ansehen", sagte Tai und blickte nachdenklich auf die Promenade.

"Ich auch!", rief Mimi. "Los, gehen wir!" Sie sprang auf, nahm Tai an der Hand und weg waren sie.

"Die ist ja heut so voller Tatendrang", stellte Matt fest und grinste.

"Ja und sie haben ihre Drinks nicht bezahlt", knurrte Sora.

Ken winkte den Kellner ran und zahlte für seinen und Yoleis Drink. Auch Matt bezahlte seinen. Tais und Mimis Drink ließ er auf die Zimmerrechnung setzen. Damit musste dann Tai fertig werden.

Der Kellner wollte gerade wieder gehen, als Sora sich räusperte. Schließlich hatte sie noch nicht bezahlt. Der süße Kellner drehte sich um und Sora hielt mit einem fragenden Blick ihr Geld in die Höhe. Der Kellner zeigte grinsend auf Matt und verschwand.

"Betrachte dich einfach als eingeladen", sagte dieser und lächelte.

"Danke", sagte Sora und erwiderte sein Lächeln.

"Wir gehen", sagte Ken zu den beiden.

"Gute Nacht. Schlaft gut!", fügte Yolei hinzu.

Matt nickte ihnen zu und Sora sagte "Du auch."

Belustigt sahen Matt und Sora dabei zu, wie Ken sich T.K. und Yolei sich Kari schnappte. T.K. und Kari hatten genug für diesen Abend.

"Ich glaube, die brauchen viel Schlaf", meinte Sora und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.

"Oh ja! Die waren voll bis oben hin!"

Sora stand auf und gähnte.

"Ich geh hoch, sonst schlaf ich noch ein", sagte sie und drehte sich um.

Matt, der nicht alleine sitzen bleiben wollte, folgte ihr.

Sie kamen an ihrem Apartment an und Sora schloss die Tür auf. Sie warf den Schlüssel auf den Couchtisch und ging gleich ins Bad, um sich die Zähne zu putzen. Als sie wieder herauskam, hatte Matt die Couch bereits ausgezogen.

"Gute Nacht", murmelte Sora und verschwand im Schlafzimmer. Sie machte sich nicht mal die Mühe, das Licht anzuknipsen, damit sie ihr Bett fand. Sie erriet einfach, wo ihre Seite war, legte sich hin und schlief fast sofort ein. Doch kaum war sie eingeschlafen, hatte sie schon einen Albtraum. Mimi war schon wieder zu weit rausgeschwommen. Diesmal stürzten alle anderen hinter ihr her. Sora schwamm mit.

Mimi schrie um Hilfe, doch die anderen waren zu langsam. Schließlich verschwand ihr Kopf unter Wasser. Sie tauchte nicht mehr auf.

Sora schrie nach ihr. Die anderen schwammen immer weiter. Doch auf einmal bildete sich ein riesiger Strudel. Die anderen versuchten, zu entkommen, doch der Strudel verschlang sie einfach. Sie schrieen um Hilfe, doch es nützte nichts mehr.

Sora wollte sie retten, doch als sie sich dem Strudel näherte, schloss dieser sich wieder und die See wurde ruhig. Sora schrie die Namen ihrer Freunde und fing an zu heulen. Sie war verzweifelt. Diesmal war kein Matt mehr da, der sie in die Arme nahm und tröstete. Sie war ganz allein. Sie wollte zum Strand zurückschwimmen und Hilfe holen, doch als sie sich umdrehte, war der Strand nicht mehr zu sehen. Sie drehte sich panisch in alle Richtungen, doch nirgends war etwas anderes als Wasser zu sehen. Sie hatte durch die Drehungen die Orientierung verloren und wusste nicht mehr, aus welcher Richtung sie gekommen war. Sie schrie um Hilfe. Ihr Gesicht war tränenüberströmt. Sie konnte nicht mehr schwimmen. Alles tat ihr weh. Doch das war nicht das schlimmste. Sie war allein. Ganz allein. Und inzwischen heulte sie mehr, als dass sie schrie...
 

Sie schreckte auf. Ihr Pyjama klebte feucht an ihrem verschwitzten Körper. Ihr Gesicht war nass. Offenbar hatte sie nicht nur im Traum geheult.

Sie setzte sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Das Zimmer war ganz schön warm. Doch das Fenster zu öffnen, hätte nichts gebracht, denn draußen war es nicht viel kühler. Also stand sie auf, ging zur Klimaanlage und schaltete sie ein. Ihr kamen wieder die Bilder aus ihrem Traum in Erinnerung. Wie der Strudel einen nach dem anderen unters Wasser zog.

Sie schüttelte unwirsch den Kopf. Es war doch bloß ein Traum!

Sie drehte sich zu Mimi um, um zu sehen, ob sie schlief. Doch da war gar keine Mimi! Wo war sie nur?

Sora schlich aus dem Zimmer, um sich ein wenig frisch zu machen. Als sie die Tür öffnete, strahlte ihr Licht entgegen. Matt hockte in seinem Pyjama (Boxershorts mit Schottenmuster, nicht mehr und nicht weniger) auf der Couch und blätterte in einer Zeitschrift. Als er die Tür hörte, sah er auf.

"Ich dachte, du schläfst", sagte er und legte den Kopf schief.

"Ich...ähm...", stotterte Sora verwirrt. Wie lang hatte sie eigentlich geschlafen? Ihr kamen es wie mindestens drei Stunden vor. Sie sagte einfach gar nichts mehr, ging ins Bad, aber ließ die Tür dort offen stehen. Sie betrachtete sich im Spiegel. Ihr Gesicht sah total verheult aus. Wieso war Matt das nicht aufgefallen? Wahrscheinlich, weil bloß die Nachttischlampe brannte und Sora aus dem hinteren Teil des Wohnzimmers kam, wo es ein wenig dunkel war.

Plötzlich erschien Matt im Türrahmen hinter ihr.

Sora drehte schnell das kalte Wasser auf und wusch sich hastig das Gesicht.

"Alles in Ordnung?", fragte Matt unsicher.

Sora klatschte sich mehrmals eiskaltes Wasser ins Gesicht und antwortete nicht. Schließlich stellte sie das Wasser ab und griff nach einem Handtuch, das sie sich ins Gesicht presste.

"Geht schon", murmelte sie. Sie hing das Handtuch zurück an den Haken und warf einen raschen Blick in den Spiegel. Sie sah immer noch verheult aus. Also versuchte sie, Matt möglichst nicht anzusehen.

"Wie lang hab ich geschlafen?", fragte sie und drückte sich an ihm vorbei.

"Na ja, vor ungefähr einer halben Stunde bist du in euer Zimmer gegangen", antwortete er und sah ihr irritiert nach.

Dann hatte sie also nicht mehr als eine halbe Stunde geschlafen!

"Und wann kommen Tai und Mimi wieder?", wollte sie wissen.

"Woher soll ich das denn wissen?", erwiderte Matt zynisch. "Ich kann doch nicht riechen, was die noch vorhaben!"

"Oh, entschuldige, dass ich gefragt hab!", fauchte Sora und sah ihn immer noch nicht an. Warum ist er plötzlich so bissig geworden? War er etwa eifersüchtig auf Tai, weil Mimi mit ihm in die Stadt gehen wollte und nicht mit Matt? Sora war sowieso aufgefallen, dass er sich nicht wenig für Mimi interessierte.

Sora ging auf den Balkon und sah auf die Promenade. Es liefen nicht mehr allzu viele Menschen herum. Doch es gab immer noch einige, die keine Ruhe fanden.

Matt stand plötzlich neben ihr.

"Wieso bist du eigentlich dauernd hier auf dem Balkon?", wollte er wissen.

"Darf ich nicht?", fragte Sora giftig. Sie drehte sich von ihm weg, um ihr Badetuch wieder auf eine der vier kurzen Wäscheleinen zu hängen, die von der Hauswand zur Balkonwand gespannt waren. Es war heruntergefallen.

"Was ist denn auf einmal mit dir los?", rief Matt.

"Mit mir? Du hast mich doch gerade so angefahren, als ich dich gefragt hab, wo Tai und Mimi bleiben!", konterte Sora.

"Tut mir leid", sagte Matt ungeduldig. "Aber warum siehst du mich nicht an? Bist du wegen irgendwas sauer?"

Sora seufzte, drehte sich um und sah ihm in die Augen. Durch das Licht, das von der Promenade her kam, konnte man gut sehen, obwohl der Himmel stockdunkel war.

"Hast du geweint?", fragte Matt plötzlich etwas besorgt.

"Ja, aber nur im Schlaf", sagte Sora abwehrend und sah wieder auf die Promenade. "Ich hatte so einen bekloppten Traum." Sie legte die Arme aufs Geländer und ihren Kopf auf die Arme.

"Und was hast du geträumt?", fragte Matt, legte ebenfalls die Arme aufs Geländer und sah sie an.

"Ach...nicht weiter wichtig!", stotterte Sora.

"Doch, sag!", forderte Matt sie auf.

"Na ja, also wir waren am Meer und Mimi ist wieder zu weit rausgeschwommen. Und wir sind alle hinterhergeschwommen", fing sie an. "Und dann kam da so ein Strudel und hat euch alle außer mich verschlungen. Und Mimi ist vorher schon untergegangen. Und ich war ganz allein", fuhr sie fort und fügte dann noch mutig hinzu "Und du warst nicht mehr da, um mich zu umarmen und zu trösten." Sie lächelte ihn vorsichtig und unschuldig an.

"Oh, soll ich dich dafür jetzt umarmen?", fragte Matt grinsend.

"Ja", antwortete Sora lachend.

Matt nahm sie ohne Zögern in die Arme.

Sora lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter und sah wieder auf die Promenade.

"Du, Matt?", fragte sie und wurde wieder ernst.

"Ja?"

"Wir sind Freunde, oder?"

"Ja, was denn sonst?"

"Nein, ich meine, nicht mehr und nicht weniger."

"Keine Angst, ich hab mich nicht in dich verknallt, falls du das meinst", sagte Matt lachend.

Sora lächelte nur. Sie wusste nicht, ob sie nun glücklich oder traurig oder nichts von beiden sein sollte.

Eine Weile standen sie bloß rum und sagten gar nichts mehr. Dann klingelte es.

"Ich geh aufmachen", sagte Matt und ließ sie los. Sora folgte ihm.

Es waren natürlich Tai und Mimi.

"Na, wie war's?", fragte Matt.

"Gut, aber hier bei euch scheint's ja auch schön gewesen zu sein", erwiderte Tai. Er und Mimi grinsten die beiden ziemlich blöd an. Wahrscheinlich hatten sie sie von unten aus gesehen. Matt lief rot an.

Sora fing Mimis vielsagenden Blick auf und drehte sich um.

"Ich geh wieder schlafen, gute Nacht!", stammelte sie und ging ins Schlafzimmer.

Sie legte sich auf ihre Bettseite und starrte an die Zimmerdecke. Liebte sie ihn oder liebte sie ihn nicht? Sie entschied sich für letzteres. Doch wer weiß, wie lange sie davon noch überzeugt war? Sie war sich jetzt schon nicht mehr ganz sicher.

Sie dachte die ganze Zeit über Matt nach.

"Sora? Schläfst du schon?", fragte Mimi leise.

"Ja, bin grad eingeschlafen", antwortete Sora ironisch.

Mimi schloss die Tür, sprang auf ihre Betthälfte und knipste die Nachttischlampe an.

"Ich hatte doch Recht, oder? Du liebst ihn!", triumphierte sie. "Wir haben euch gesehen, als ihr auf dem Balkon gestanden habt!"

"Na und?", maulte Sora und drehte sich auf die Seite, sodass sie Mimi ansah.

"Wir sind doch nicht blind! Ihr habt euch umarmt!", redete Mimi weiter und strahlte.

"Du und ich, wir haben uns auch schon umarmt!", erwiderte Sora.

"Das ist doch ganz was anderes!", behauptete Mimi.

"Wieso? Wir sind Freundinnen, oder?"

"Ja, aber..."

"Und Matt und ich sind auch Freunde. Kann man nicht mal eine männliche Person umarmen, ohne dass du gleich wieder denkst, ich will was von ihm?"

"Aber du müsstest dir mal selbst zuhören! Außerdem hast du doch vorhin gesagt, dass du nicht weißt, was du von ihm denkst!"

"Ja, aber ich hab nie behauptet, dass ich in ihn verliebt bin!"

"Aber mit ihm rumschmusen scheint dir Spaß zu machen!"

"Ich..." Ein Klopfen ließ Sora verstummen. Die Tür wurde geöffnet und Tai steckte seinen Kopf herein.

"Könntet ihr euch vielleicht ein wenig leiser streiten? Ihr macht mit eurem Geschrei noch das ganze Hotel wach!", sagte er genervt und schloss die Tür wieder.

"Na toll!" Sora vergrub das Gesicht in ihrem Kopfkissen. "Wahrscheinlich haben sie jedes Wort verstanden!"

"Tja, dann weiß er jetzt wenigstens, woran er bei dir ist", meinte Mimi aufmunternd.

"Das hab ich ihm schon gesagt", murmelte Sora in ihr Kissen.

"Du hast ihm gesagt, dass du ihn liebst?", fragte Mimi erstaunt.

Sora sprang auf, sodass sie jetzt auf dem Bett stand.

"Zum letzten Mal! ICH LIEBE IHN NICHT!", schrie Sora Mimi an.

Ein lautes, übertriebenes Räuspern von Tai sagte den beiden, dass sie schon wieder zu laut waren.

Sora ließ sich wieder zurück fallen.

"Gute Nacht", murmelte Mimi und knipste ihre Nachttischlampe aus.
 

-TBC-
 

ihr könnt durchatmen,das schlimmste is vorbei =__=

und ich merk grad,dass es ganz schön lang geworden is ^^'

die andern sind nich so lang,versprochen XD

Der zweite Tag: Das Date mit Matt (13-jährige in der Ausnüchterungszelle) [untertitel von Mona,danke dafür XD]

hier kommt das 4. kapitel...ich glaub,es gibt 10 oder so XD

nya,es is komisch

irgendwie...kitschig,spießig,keine ahnung o.o

dafür gibts kein wort x__X

trotzdem viel spaß beim lesen ^__~
 

(4) Der zweite Tag: Das Date mit Matt
 

"Hey, ihr beiden! Aufstehen!" Eindeutig Tai.

Ein weicher Gegenstand flog Sora ins Gesicht. Sie stöhnte und drehte sich auf die andere Seite.

"Noch fünf Minuten", hörte sie Mimi verschlafen betteln.

"Nichts da! Wir sind schon wieder spät dran!" Das war Matt.

"Ich will schlafen!", stöhnte Mimi.

"Wir sind doch im Urlaub, oder?", fragte Sora gähnend.

"Ja, und?", sagte Tai gleichgültig.

"Wieso dürfen wir dann nicht ausschlafen?", jammerte Mimi.

"Weil die mit dem Frühstück nicht warten, bis ihr endlich in die Gänge kommt!", antwortete Matt ungeduldig.

"Hey!", rief Mimi protestierend.

Sora sah zu ihr. Tai hatte ihr die Decke (aufgrund der Wärme war es eigentlich bloß ein Laken) weggezogen.

"Und jetzt raus aus den Federn!", rief er gut gelaunt.

Mimi griff nach Soras Decke, die zerknüllt neben ihr lag, und verschwand darunter.

Sora quälte sich gähnend aus dem Bett und schlurfte an den Jungs vorbei ins Bad.
 

Sie kamen noch rechtzeitig zum Frühstück.

Als Sora sich mit ihrem Essen wieder setzte, stellte sie fest, dass zwei fehlten.

"Wo sind denn Kari und T.K.?", fragte sie und sah Yolei und Cody an.

"Ach so, die", sagte Yolei grinsend. "Denen ging's heut früh so dreckig, dass sie liegen geblieben sind!"

"Ich glaub, so schnell trinken die keinen Alkohol mehr", meinte Cody lachend.

"Ach herrje", sagte Mimi und rührte in ihren Cornflakes herum. Wieder mal gähnte sie herzhaft.

"Ihr seht aber auch sehr ausgeschlafen aus!", sagte Izzy, der neben Mimi saß, ironisch.

"Sind wir auch und mir wird schlecht, wenn ich Davis essen sehe!", erwiderte Mimi und sah angewidert zu Davis, der gerade eine riesige Portion Rührei verschlang. Als er merkte, dass alle ihn ansahen, hielt er inne.

"Was denn?", fragte er mit vollem Mund. "Ich hab halt Hunger!"

Die anderen lachten.
 

Nach dem Frühstück und nachdem sie sich umgezogen hatten, trafen sich die zwölf Freunde am Strand. Eigentlich waren es nur elf, denn Kari fehlte immer noch. T.K. hatte es inzwischen aus dem Bett geschafft.

"Na, wie geht's, kleiner Bruder?", fragte Matt ihn grinsend.

"Ich hab Kopfschmerzen", jammerte T.K. und rieb sich die Stirn.

"Selbst schuld! Was trinkst du auch so viel?", sagte Matt kopfschüttelnd.

"Ach, lass mich!" Mies gelaunt legte T.K. sich auf eine Liege in den Schatten.

"Mimi bekommt heute Wasserverbot", verkündete Tai und grinste Mimi fies an.

"Mann, bist du wieder witzig", fauchte Mimi. "Du solltest Sonnenverbot kriegen, weil du sowieso schon nicht ganz dicht bist! Ein Sonnenstich könnte dir den Garaus machen!"

Tai verzog das Gesicht, kam auf Mimi zu, packte ihre Handgelenke und zog sie mit sich.

"Tai, was soll das? Lass mich los!", schrie sie und versuchte, sich von ihm loszureißen, was missglückte. Tai zog sie erbarmungslos zum Wasser und als sie weit genug drin waren, gab er ihr einen Stoß, sodass sie bäuchlings ins Wasser klatschte. Die anderen mussten lachen.

"Ob aus denen noch was wird?", fragte Yolei, die Mimi dabei zusah, wie sie versuchte, Tai ins Wasser zu schubsen.

"Ich glaub nicht", sagte Sora und sah zu Izzy rüber, der den beiden etwas niedergeschlagen zusah.

"Ich will hier bleiben! Können wir nicht ins Hotel einziehen?", rief Davis, der sich auf seiner Liege streckte.

"Du, ich glaub, das dürfte nicht allzu einfach werden", meinte Joe und runzelte die Stirn.

Sora gähnte, kramte ihren Discman aus der Tasche und hörte Musik.

Gerade lief ihr Lieblingslied, die Nummer sieben, als sie jemand anstupste. Sie schaltete ihren Discman wieder ab und öffnete die Augen. Es war Matt.

"Was ist?", fragte Sora.

"Guck doch mal!", sagte er und deutete auf ihr Dekolletee. "Du bist total verbrannt. Vielleicht solltest du dich lieber in den Schatten legen."

Sora versuchte, auf ihr Dekolletee zu schauen, doch das war nicht sehr einfach. Sie suchte in der Tasche nach der Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor fünfunddreißig. Als sie diese fand, zog sie den Deckel ab und versuchte, sich einzucremen.

"Darf ich?", fragte Matt.

Sora nickte verwirrt. Ihr war nicht ganz klar, was er gemeint hatte.

Er legte seine Hand knapp unter ihrem Hals an und rieb ein wenig herum. Sora spürte plötzlich Herzklopfen. Sie sah ihn an und konnte den Blick nicht wieder abwenden.

"Dein Herz rast ja! Bist du aufgeregt oder so?", fragte Matt lächelnd.

Sora sah immer noch nicht weg und schüttelte wortlos den Kopf.

"Was ist? Hab ich was im Gesicht?" Matt sah sie etwas erstaunt an.

"Ja, Augen, Nase und Mund", antwortete Sora, als sie sich wieder gefangen hatte. Sie holte eine andere Sonnencreme und kremte den Rest ihres Körpers ein.

"Hey Sora, kommst du mit ins Wasser?", fragte Yolei, die plötzlich neben ihr stand.

"Ähm...okay", sagte Sora. Sie warf Matt einen unsicheren Blick zu. Die Verwirrung lag immer noch auf ihr. Was war plötzlich mit ihr los gewesen? Warum hatte ihr Herz so geklopft?

Sie folgte Yolei ins Wasser.

"Also ein bisschen kühl ist es schon", stellte Yolei fest, als sie bis zum Bauchnabel drin stand.

"Vor allem, wenn man vorher die ganze Zeit in der Sonne gelegen hat", stimmte Sora ihr zu.

Yoleis Gesicht nahm auf einmal einen überraschten Ausdruck an.

"Sora, da..."

Den Rest verstand Sora nicht mehr, denn jemand packte sie von hinten und drückte sie unter Wasser. Hustend tauchte sie wieder auf und drehte sich nach dem Schuft um.

"Tai, du Idiot!", rief sie und wischte sich die Augen, die von dem Salzwasser brannten.

"Entschuldige, aber ich konnte einfach nicht widerstehen!", sagte dieser lachend.

Mimi stand hinter Tai und bedeutete Sora mit den Händen, ihn auf ihr Kommando zu packen.

"Los!", schrie sie. Sora, Mimi und Yolei packten Tai, der völlig verblüfft über den Überraschungsangriff war. Zu dritt schoben sie ihn ziemlich weit nach links, wo es viele Algen und nur schleimigen Boden gab.

"Lasst das!", rief Tai immer wieder und strampelte.

"Eins, zwei, drei!", schrie Mimi und auf drei ließen sie Tai direkt in den Algen fallen. Sora, Mimi und Yolei lachten sich kaputt, als Tai mit Algen behangen wieder auftauchte.

"Ih", rief dieser angewidert.

"Rache ist süß!", lachte Sora, doch schon im nächsten Moment flog sie hinterher. Ein Aufschrei von rechts sagte ihr, dass es Yolei nicht anders erging.

"Uäks", krächzte Sora und streifte die grünen Algen von ihrem Arm.

"Wie eklig!", rief Yolei empört.

Nun war es Tai, der lachte und mit Matt und Izzy, die Sora und Yolei geschubst hatten, die Hände in der Luft zusammenschlug.

Die drei Mädchen sahen sich viel sagend an und stürzten sich dann gleichzeitig kreischend auf die drei Jungs. Damit begann eine wilde Wasserschlacht. Schlamm, Algen, Muscheln,...alles flog durch die Gegend. Und da alle wild mit Wasser spritzten, sah auch keiner mehr wirklich die anderen. Sora bekam eine Ladung Schlamm voll ins Gesicht geklatscht. Zum Glück hatte sie gerade ihren Mund nicht offen gehabt!

Sie drehte sich um, um sich den Schlamm aus dem Gesicht zu wischen. Fehler! Denn sofort wurde sie von hinten gepackt und unters Wasser gedrückt. Aber sie tauchte nicht wieder auf. Unter Wasser machte sie eine Hundertachtzig-Grad-Drehung und öffnete leicht die Augen. Das Salz brannte, doch das war ihr egal. Verschwommen sah sie die Beine des Übeltäters. Diese stießen sich vom Grund ab und sprangen nach vorn ins Wasser. Sora packte ein Fußgelenk und hielt es fest. Der Fuß wollte sich losreißen, doch sie umklammerte ihn. Langsam wurde die Luft knapp. Sie zog den Menschen nach unten und schwamm selbst nach oben. Dort angekommen holte sie Luft und sah sich um. Schon hatte sie eine neue Portion Algen in den Haaren kleben. Sie holte sich eine Hand voll Schlamm und wollte zurückwerfen, doch da fiel ihr der andere unter Wasser wieder ein. Er tauchte auf und Sora warf.

Klatsch!

"Igitt!", schrie er, der eindeutig eine Sie war.

"Mimi!", rief Sora überrascht. "Ich dachte, du wärst..."

"Spar dir deine Ausreden!", rief Mimi und warf eine Ladung Schlamm nach ihr, der Sora gerade so ausweichen konnte.

"Hey, wir haben gewonnen!", jubelte Izzy. "Die attackieren sich ja schon gegenseitig!" Wieder klatschten die drei ab.

"Jetzt kriegt euch mal wieder ein!", murmelte Yolei und sah die drei missbilligend an.

"Du bist doch bloß sauer, weil ihr verloren habt!", rief Tai und streckte ihr die Zunge raus.

"Verloren? Das war doch bloß eine dämliche Wasserschlacht!", schimpfte Mimi.

"Verloren ist verloren!", sagte Matt grinsend.

"Dann fordern wir Revanche!", rief Sora.

"Einverstanden!", sagte Tai.

Die sechs sahen sich an und mussten plötzlich lachen, als wäre ihnen erst jetzt klargeworden, dass das nur ein Spiel war.

"Ich geh raus", verkündete Mimi und machte sich auf den Weg Richtung Strand.

"Ja, ich komm mit", sagte Tai.

"Ich auch", stimmte Izzy mit ein und die drei gingen los.

"Wartet auf mich!", rief Yolei und eilte hinterher.

"Ich schwimme noch ein bisschen", sagte Sora und drehte sich nach links.

"Ich will auch noch nicht wieder raus." Matt folgte ihr. Die beiden schwammen stumm nebeneinander her. Irgendwann streifte etwas Soras Bauch.

"Iiiiih", quietschte sie und sah nach unten.

Matt griff danach und zog es raus. Es war eine Qualle.

"Ich hab noch nie eine Qualle angefasst. Wie fühlen die sich an?", fragte Sora und betrachtete die glitschige, weiße unförmige Kugel in seiner Hand.

Matt nahm ihre Hand mit seiner freien und legte die Qualle darauf. Sie fühlte sich wie kaltes Gelee an. Das weiß-durchsichtige Ding sickerte durch ihre Finger hindurch.

Matt legte seine Hände um ihre Hand mit der Qualle und schloss sie zur Faust. Die Qualle wurde immer weniger, je mehr Sora ihre Hand zudrückte. Irgendwann öffnete sie sie wieder und ließ die Qualle mit einem angeekelten Laut fallen.

"Ich kann hier stehen", sagte Matt plötzlich.

Sora streckte die Füße und tatsächlich! Sie berührten den schleimigen Boden. Wahrscheinlich eine Sandbank.

Sora ließ sich nach hinten fallen und trieb dann auf dem Wasser. Die Sonne schien ihr ins Gesicht. Sie schloss die Augen und trieb eine Weile im Wasser.

"Sora?"

"Hm?"

"Wollen wir heute Abend irgendwohin gehen? Du und ich?"

Das hieß, er wollte mit ihr alleine gehen und die anderen nicht dabei haben. Nur sie.

Sora öffnete die Augen und sah ihn an. Er war ein wenig rot geworden.

"Gerne", antwortete sie lächelnd. "Und wohin?"

"Keine Ahnung. Einfach bloß so durch die Stadt laufen vielleicht?", schlug er vorsichtig vor.

Sora schloss wieder die Augen und nickte. Sie ließ sich wieder schaukeln von dem leichten Wellengang.

"Und wann wollen wir gehen?", fragte sie, doch erhielt keine Antwort. Sie öffnete die Augen wieder und drehte sich um. Wo war Matt bloß abgeblieben?

Matts Kopf tauchte ungefähr acht Meter von ihr entfernt aus dem Wasser auf. Sora schwamm zu ihm.

"Gibt's hier eigentlich Haie?", fragte sie.

"Kann sein", antwortete Matt gleichgültig und zuckte die Schultern. Dann rief er mit einem entsetzten Gesichtsausdruck: "Vorsicht! Hinter dir!"

Sora schrie auf und wirbelte herum, doch da war gar nichts.

"Das war bloß ein Witz!", sagte Matt lachend.

"Du Blödmann!", schrie Sora und bespritzte ihn mit Wasser. Danach schwamm sie Richtung Strand. Matt folgte ihr.

"Matt, wo hast du unser Geld hingepackt?", rief Tai ungeduldig. Er wühlte in der Tasche herum und sah ziemlich genervt aus.

"Wieso ich? Du wolltest das Geld doch einpacken!", erwiderte Matt und sah ihm beim Suchen zu.

"Na großartig! Auf euch ist überhaupt kein Verlass!", meckerte Mimi.

"Das können wir doch später klären! Lasst uns erst mal abhauen!", rief Sora und schnappte ihr Badetuch. Der Mann, der das Geld für die Nutzung der Liegen und Schirme einkassierte, kam nämlich rum und war schon fast bei ihnen.

"Wir sehen uns!", verabschiedete Tai sich noch schnell von den anderen und folgte dann Matt, Sora und Mimi. Die anderen konnten sich ein Kichern nicht verkneifen.

"Und was jetzt?", fragte Mimi gereizt.

"Wir gehen am besten zum Pool. Da müssen wir nichts bezahlen", sagte Tai und führte seine kleine Gruppe zum Pool auf dem Hotelgelände. Aber dort gab es nur noch zwei freie Liegen und die standen in der prallen Sonne. Egal! Tai und Matt und Sora und Mimi teilten sich jeweils eine Liege. Als sie ihre Sachen dort verstaut hatten, sprangen alle vier in den kühlen Pool. Matt hatte einen kleinen Ball mitgenommen und so warfen sie ihn sich eine Weile zu. Da kam plötzlich Kari am Pool vorbei spaziert.

"Was macht ihr denn hier?", begrüßte sie die anderen.

"Ach, im Pool ist das Wasser nicht so salzig", sagte Tai schnell und die anderen drei mussten grinsen.

"Wie geht's dir eigentlich so, Kari?", fragte Mimi.

"Ich fühl mich wie ausgekotzt", gab Kari mit einem gequälten Gesichtsaudruck zu. Sie ging dorthin, wo der Pool im Schatten lag und setzte sich auf den Beckenrand. "Mir ist speiübel."

"Wie viel habt ihr gestern getrunken?", wollte Matt wissen und schwamm zu ihr.

"Ich weiß es nicht mehr und ich will's auch gar nicht wissen. Ich will nur schlafen", jammerte sie.

"Warum bist du dann nicht einfach im Bett geblieben?", fragte Sora, die sich mit Tai und Mimi dazugesellt hatte.

"Weil die olle Putzfrau kam und mich geweckt hat", antwortete Kari mies gelaunt.

"Na das ist dir jetzt wenigstens eine Lehre, oder?", sagte Tai und grinste seine Schwester an.

"Glaub schon", murmelte Kari. "Habt ihr T.K. gesehen?"

"Die sind alle am Strand", sagte Matt.

"Okay", gähnte Kari und stand auf. "Bis dann." Und schon war sie wieder weg.

Tai und Co. spielten noch ein bisschen Ball, bis sie Hunger bekamen. Sie beschlossen, das Hotelrestaurant zu nutzen. Sie setzten sich an einen Holztisch direkt am Pool.

"Jetzt brauchen wir nur noch jemanden, der das Geld holt", sagte Sora und lehnte sich an.

"Ich bin für Mimi. Wer noch?", sagte Tai und grinste Mimi fies an. Matt und Sora hoben ebenfalls grinsend die Hand.

"Wieso soll ich jetzt gehen?", fragte Mimi empört.

"Weil wir abgestimmt haben und du verloren hast!", antwortete Matt sachlich und drückte ihr den Schlüssel in die Hand.

Mimi stöhnte entgeistert und kletterte über die Rückenlehne der Bank (neben ihr war eine Hecke), auf der sie und Sora saßen.

Als sie gerade hinter Hotelhaus Nummer zwei verschwunden war, kam der süße Kellner und wollte die Bestellung aufnehmen. Die drei bestellten für sich und Mimi Cola. Der Kellner ging (nicht ohne Sora vorher noch einmal zuzuzwinkern) und zwei Minuten später war Mimi mit dem Geld zurück.

"Wir haben für dich eine Cola mitbestellt", erzählte Sora ihr.

"Okay", erwiderte Mimi.

"Nanu? Kein Protest?", fragte Tai erstaunt. Dann fügte er mit hoher Stimme, die Mimis darstellen sollte, hinzu "Ich wollte doch lieber Fanta haben!"

Alle außer Mimi lachten. Tai fing sich für seinen dummen Witz einen Fußtritt von Mimi ein, worauf er kurz aufschrie und vorsichtig sein Bein betastete.

Wenig später kam der süße Kellner und brachte die Colas. Als er Mimi erblickte, grinste er sie an und sie grinste zurück. Als nächstes zog er einen Zettelblock und einen Kugelschreiber aus seiner Hosentasche und sah die vier erwartungsvoll an.

Tai und Matt bestellten sich einen Grillspieß, Sora eine Pizza Margeritha und Mimi ein Omelette mit Champignons.

"Wieso grinst du den eigentlich immer so blöd an?", wollte Tai von Mimi wissen, als der Kellner wieder weg war.

"Wieso sollte ich nicht? Bist du etwa eifersüchtig?" Sie sah Tai herausfordernd an.

"Quatsch!", rief Tai und wurde rot.

"Und warum wirst du dann so rot?", fragte Mimi triumphierend.

"Das ist Sonnenbrand!", log Tai und wurde noch röter. Matt und Sora fingen an zu lachen.

"Aha! Sonnenbrand, der ganz plötzlich auftaucht, obwohl man kaum in der Sonne war!" Nun konnte auch Mimi sich das Lachen nicht mehr verkneifen.

Tai sank halb unter den Tisch und schmollte. Mimi hatte ihn ordentlich in die Pfanne gehauen! Wurde auch Zeit, dass sie ihm mal etwas heimzahlte, nachdem er sie dauernd angefochten hatte.

"Da kommen T.K. und Kari", sagte Mimi und hörte auf zu lachen.

Tai und Matt drehten sich um und erblickten die beiden.

"Hallo", sagten sie müde lächelnd.

"Hi, setzt euch doch!", sagte Sora und rückte ein Stück näher zu Mimi, um Kari Platz zu machen. T.K. setzte sich neben seinen Bruder.

"Wollt ihr jetzt auch was essen?", fragte Matt.

Die beiden hielten sich würgend die Hand vor den Mund und schüttelten die Kopf.

"Ich glaub, ich esse heut gar nichts mehr", murmelte T.K.

"Warum seid ihr nicht bei den anderen geblieben?", fragte Tai lächelnd.

"Wir haben die Sonne nicht mehr ausgehalten", antwortete Kari für beide.

"Ihr seht gar nicht gut aus", stellte Mimi fest und sah sie mitleidig an.

"Wissen wir", sagten beide gleichzeitig.

"Wir sind hundemüde", berichtete T.K.

"Und uns ist ein bisschen schlecht", fügte Kari hinzu.

"Und wir haben Kopfschmerzen", ergänzte T.K.

"Habt ihr echt keine Ahnung, wie viel ihr gestern getrunken habt?", fragte Matt stirnrunzelnd.

Wieder schüttelten beide den Kopf.

Ein anderer Kellner kam und T.K. und Kari bestellten sich jeder ein Wasser. Kurz darauf wurde auch das Essen der anderen vier gebracht. T.K. und Kari konnten kaum hingucken, als sie anfingen zu essen.
 

"Was soll ich anziehen?", fragte Sora gestresst. Sie stand wie, Mimi am Abend zuvor, vor dem Kleiderschrank und wusste nicht, was sie für den Stadtbummel mit Matt tragen sollte. Erst einmal hatte sie beim Abendbrot schon wenig gegessen, damit sich ihr Magen nicht so aufblähte. Sonst hätte sie einen kleinen Bauch gehabt.

"Lass da mal einen Profi ran!", sagte Mimi und schubste ihre Freundin zur Seite. Sie wühlte in Soras Klamotten herum, bis sie zwei Dinge hervorzog und Sora zuwarf.

"Das würde ich nehmen. Das sieht hübsch aus und ist nicht so freizügig", sagte sie zufrieden.

Mimi hatte eine dunkelblaue Dreiviertel-Jeans und ein nabelfreies, weißes Top, dessen Träger im Nacken zusammenliefen, ausgewählt. Sora war einverstanden damit und zog sich die Klamotten an. Danach machte sie sich noch ein wenig vor dem Spiegel zurecht und los ging es.

Matt hatte schon gewartet. Gerade wollten sie losgehen, als Mimi Sora hinterher rief:

"Warte mal! Du hast deine Tasche vergessen!"

Sora drehte sich um, fing ihre Handtasche auf, die Mimi ihr zugeworfen hatte, bedankte sich bei dieser und wandte sich wieder zu Matt.

"Okay", sagte sie grinsend und öffnete die Wohnungstür, um hinaus zu gehen. Matt schloss sie hinter sich. Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis sie zur Promenade kamen. Sie entschieden sich dafür, nach rechts zu gehen. Es ging vorbei an ihrem Hotel, auf das unzählige Geschäfte und Cafés folgten. Ein paar mal wurden sie fast von kleinen Kindern auf Cityrollern umgefahren. Einmal kam ein kleiner Junge von hinten und fuhr Matt voll gegen das linke Bein. Matt schrie auf, wirbelte herum und schnauzte den Kleinen an von wegen, er sollte doch besser aufpassen oder es lieber ganz sein lassen, auf dem Ding zu fahren. Darauf fing der Kleine an zu heulen. Matt sah ihn noch immer zornig an und wollte gerade weiter gehen, doch Sora hielt ihn auf.

"Du kannst doch jetzt nicht einfach abhauen!", sagte sie vorwurfsvoll und nahm den weinenden Jungen in die Arme.

"Er hat's nicht so gemeint", sagte sie ruhig zu dem Kleinen und lächelte. "Aber pass das nächste Mal ein bisschen besser auf, ja?"

Der Kleine wischte sich die Tränen aus den Augen und strahlte Sora nickend an. Bevor er weg fuhr, umarmte er sie noch einmal.

"Jetzt nimm diesen Rowdy nicht auch noch in Schutz!", fauchte Matt und sah sie entgeistert an.

"Das hat er doch nicht mit Absicht gemacht! Er ist noch ein Kind!", konterte Sora.

"Aber dann könnten doch seine Eltern besser auf ihn aufpassen!", feuerte Matt zurück.

"Wenn du mit mir hier herkommen wolltest, um dich mit mir zu streiten, dann geh ich wieder!", drohte Sora.

Matts Miene lockerte sich.

"Nein, ich will mich nicht mit dir streiten", sagte er und sah sie schief an. "Im Gegenteil."

"Na dann los!" Sora marschierte weiter und Matt trabte neben ihr her. Sie gingen ziemlich weit. Irgendwann bogen sie in eine Seitengasse ein, die sie direkt zum Zentrum der Stadt führte. Hier war viel los. Die Menschen tummelten sich auf der Straße. Zwischendurch kaufte Sora ein paar Postkarten. Sie wollte ihrer Mutter und ein paar Freunden und anderen Verwandten schreiben.

Matt blieb an einem Musikgeschäft stehen, doch kaufte sich nichts. Fast hätten die beiden die Orientierung verloren, doch durch Zufall fanden sie auf die Promenade zurück. Diese war nicht ganz so belebt wie das Stadtzentrum.

"Können wir uns hinsetzen?", fragte Sora erschöpft.

"Können wir", antwortete Matt. Am Rand der Promenade war eine niedrige Steinmauer. Hinter ihr fiel der Boden ab zum Strand. Matt und Sora setzten sich auf diese Mauer. Matt kramte aus seiner Umhängetasche eine Flasche Wasser hervor und nahm ein paar Schlucke.

"Auch was?" Er bot Sora die Flasche an. Sie nahm sie dankend an und trank auch was.

"Was wollen wir noch machen?", fragte sie und gab Matt die Flasche wieder, der sie zuschraubte.

"Wir können zum Hafen gehen", antwortete er nachdenklich.

Sora war einverstanden. Sie standen auf und gingen den Weg zurück zum Hotel und daran vorbei in die andere Richtung. Dort hörte die Promenade auf und eine normale Straße, die von Palmen gesäumt war, fing an. Hier waren nicht weniger Geschäfte. Doch die Fußgängerwege waren eng. Nach einer Weile hörten die Geschäfte auf und sie erreichten den Hafen. Er war nur klein und hier waren nur Segelboote und Privatschiffchen. Matt und Sora stellten sich an das Geländer und sahen hinunter. Man hatte einen herrlichen Ausblick. Die Insel machte einen Bogen und in weiter Entfernung sah man das scheinbare Ende, welches keins war. [A.d.A.: Klingt komisch, ist aber so XD]

Gerade ließ Sora den Blick übers Meer schweifen, als sie Finger spürte, die sich zwischen ihre legten. Sie bekam ein wildes Flattern in der Magengegend. Matt hatte tatsächlich ihre Hand genommen. Ob das was zu bedeuten hatte? Wohl eher nicht. Er hatte sie schließlich auch schon umarmt und trotzdem waren sie nur Freunde. Doch was hatten diese Schmetterlinge in Soras Bauch verloren? Matt war nur ein guter Freund! Mehr nicht! Also konnten diese Flatterviecher auch wieder verschwinden! Aber das taten sie nicht.

Eigentlich hätte nur noch die untergehende, rote Sonne am Horizont gefehlt, doch die war nicht da, denn sie ging auf der anderen Seite unter. War vielleicht auch besser so, denn sonst wäre das Ganze ein wenig kitschig gewesen.

"Wollen wir noch ein Stück weiter gehen?", fragte Matt leise.

Sora nickte und hoffte, er würde ihre Hand nicht loslassen. Es war irgendwie ein schönes Gefühl.

Er ließ sie auch nicht los. So gingen sie weiter geradeaus. Sie liefen vielleicht eine halbe Stunde. Hier sah es auch nicht anders aus. Viele kleine Geschäfte und genug Cafés und Restaurants.

Schließlich beschlossen sie, wieder umzudrehen. Es wurde langsam dunkel. Nach einem langen Fußmarsch kamen sie zum Hotel. Doch sie gingen die paar Meter zu ihrem Badestrand weiter. Sie liefen durch den Sand und gingen zu einer Liege, die ganz nahe am Wasser stand. Die beiden hockten sich nebeneinander auf die Liege und sahen aufs Meer.

Matt hielt immer noch Soras Hand. Sie sah erst darauf und dann auf Matt. Diese Schmetterlinge kamen schon wieder. Langsam wurden sie nervig!

Sora wendete den Blick nicht von Matt ab. Irgendwann drehte dieser den Kopf zu ihr und sah sie unsicher an. Sora wurde rot und sah schnell weg. Langsam aber sicher hatte sie den Verdacht, dass Mimi Recht hatte. Wahrscheinlich hatte Sora sich wirklich in Matt verknallt oder doch nicht?

Es war kompliziert!

Sie saßen noch eine ganze Weile dort rum und merkten gar nicht, wie die Zeit verging. Matt warf schließlich einen Blick auf sein Handy.

"Es ist nach zwölf. Vielleicht sollten wir langsam mal gehen. Sonst denken die anderen noch was falsches", sagte er und steckte sein Mobiltelefon zurück in die Tasche.

"Was denn?", fragte Sora erstaunt.

"Ähm...keine Ahnung! Das war nur so dahergesagt", stotterte Matt und nun war er es, der rot wurde. Er stand auf und ließ dabei Soras Hand los. "Kommst du?"

Sora nickte unentschlossen und folgte ihm zum Hotel. Sie gingen die Treppen zu ihrem Apartment hinauf. Matt holte den Schlüssel heraus und steckte ihn ins Schloss.

"Matt?", sagte Sora noch, bevor dieser ihn umdrehen konnte.

Er drehte sich zu ihr und sah sie an. "Ja?"

"Danke für diesen schönen Abend", sagte sie langsam und lächelte.

Matt erwiderte ihr Lächeln. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch er schien es sich im letzten Moment doch noch anders zu überlegen. Er drehte sich wieder um und schloss die Tür auf.

Tai und Mimi hockten vor der Glotze und sahen sich eine Comedyserie an. Sie schienen die anderen beiden noch gar nicht bemerkt zu haben. Sie sahen einfach zu niedlich aus. Tai in seinen Pyjama-Shorts und Mimi in ihrem kurzen Nachthemdchen mit Spaghettiträgern. Tai lag mehr, als dass er saß. Seine Füße ruhten auf dem Couchtisch. Mimi lag der Länge nach auf dem Sofa und hatte ihren Kopf gegen Tais Schulter gelehnt.

"Sieh mal, Sora! Kaum sind wir weg, verwandeln sich die beiden Streithähne in die besten Freunde!", sagte Matt laut, damit die schmusenden ihn auch verstanden. Sie sahen erschrocken auf.

"Vielleicht sollten wir öfters weggehen, mal sehen, was dann passiert!", erwiderte Sora und sie und Matt lachten.

Mimi streckte ihnen die Zunge raus und schenkte dem Fernseher dann wieder ihre volle Aufmerksamkeit.

Tai wurde rot und sah ebenfalls wieder zum Fernseher.
 

Eine Stunde später lagen dann alle vier in ihren Betten.

"Du, Mimi?", fragte Sora leise.

"Hm?", kam es heiser von Mimi.

"Ich bin mir nicht sicher, aber..."

"Du hast dich in Matt verknallt, stimmt's?"

Wie machte sie das nur?

"Das weiß ich ja eben nicht", gab Sora zu.

"Ich schon", sagte Mimi kichernd.

"Was macht dich da so sicher?", wollte Sora wissen.

"Sora, wenn du sogar schon vor mir gestehst, dass er dir nicht egal ist, dann hast du dich in deinem Inneren schwer in ihn verliebt", sagte Mimi.

"Ja, und was soll ich da jetzt machen?"

"Manchmal stellst du dich wirklich ganz schön dumm! Sag es ihm!"
 

-TBC-

Der dritte Tag: Wer ist Minami? (Wie sagt man es ihm?)

...kein kommentar...
 

(5) Der dritte Tag: Wer ist Minami?
 

Am nächsten Tag versammelten sich alle zwölf am Pool. Hier musste man nichts bezahlen und das Wasser war nicht so salzig.

Nachdem sich alle eingecremt hatten, schmorten sie noch eine Weile in der Sonne, bis es die ersten nicht mehr aushielten und ins Wasser wollten. Alle außer Cody, Joe und Yolei stürzten sich ins nasse Vergnügen. Sie spielten zu neunt Wasserball mit einem Flummi. Dieser flog nicht selten nach draußen, durch die Büsche und auf die Promenade. Der Unglückliche, der ihn holen musste, brauchte dann meistens nicht weniger als fünf Minuten, bis er ihn fand. Allmählich verloren dann die meisten die Lust daran.

Mimi und Kari machten Unterwasser-Handstand wie die Bekloppten.

Tai, Davis und Ken spielten weiter mit dem Flummi.

Izzy und T.K. gingen wieder nach draußen, um sich zu sonnen.

Matt und Sora setzten sich auf den Poolrand, um Tai, Davis und Ken zuzugucken und gegebenenfalls den Ball zu fangen und wieder zurückzuwerfen. Ihre Beine baumelten im Wasser.

"Langsam glaub ich, die machen das mit Absicht!", meinte Matt, als er nun schon zum dritten Mal den Flummi zurückfeuerte.

Sora sagte nichts und starrte nur auf ihre Füße im Wasser. Sie überlegte, was sie Matt am besten sagen sollte. Sie könnte es ihm einfach ins Gesicht sagen, aber dazu brauchte man Mut und den hatte sie nicht. Sie hätte ihn auch küssen können. So hätte er auch gewusst, was Sache war. Doch dazu brauchte man erstrecht Mumm. Vielleicht sogar eine doppelte Portion, denn die anderen waren ja auch noch da und würden höchstwahrscheinlich zusehen.

Sie drehte den Kopf zu ihm und holte Luft.

Matt sah sie darauf erwartungsvoll an.

"Ich...", fing Sora zögernd an, doch kam nicht weiter. Sie fand einfach nicht die richtigen Worte. "Verdammt!", fluchte sie und presste die Hände gegen die Stirn. Matt sah sie so eindringlich an. Das machte die ganze Sache noch schlimmer. Sie wollte ihn einfach umarmen und küssen.

"Was ist?", fragte Matt verwirrt.

"Ich weiß einfach nicht, wo ich anfangen soll", gestand Sora und nahm die Hände wieder vom Gesicht.

"Schreib's auf", schlug Matt ihr vor. Kluger Einfall, aber wirklich! Erstens gab es hier weder Papier noch einen Stift und zweitens kam es wohl eher nicht gut an, wenn sie ihm auf einen Zettel schrieb ,Ich liebe dich'.

Sie sah ihn verständnislos an.

"Was denn?", fragte er empört. "War bloß ein Vorschlag."

Sora schüttele den Kopf und stand auf.

"Wolltest du nicht irgendwas sagen?", fragte Matt und sah sie verwundert an.

"Ach, das wäre zu hoch für deinen kleinen Verstand", erwiderte Sora und grinste ihn frech an. Fehler! Denn eine Sekunde später befand sie sich schon wieder unfreiwillig im Pool.

Matt lächelte triumphierend. "Du siehst ziemlich nass aus."

"Hahaha!", sagte Sora in genervtem Ton. Ohne Vorwarnung nahm sie Matts Hände und zog ihn ebenfalls ins Wasser. Das hätte sie vermutlich nicht geschafft, wenn er auf diese Aktion vorbereitet gewesen wäre. Oder vielleicht wollte er sich auch von ihr ins Wasser ziehen lassen...? Nein, nein, nein!

Matt hatte etwas zu viel Schwung drauf gehabt. Oder Sora hatte zu fest gezogen. Wie auch immer, auf jeden Fall fiel Matt ihr entgegen und kam ihr näher, als sie eigentlich wollte. Seine Stirn berührte ihre und seine Nase ihre Nase. Berührte war wohl untertrieben. Sie schlugen eher zusammen.

Er sah sie an und sie spürte, dass sie rot wurde.

"Entschuldige", murmelte Sora und meinte damit nicht die Kopfnuss, sondern viel mehr die Tatsache, dass sich ihre Lippen fast getroffen hätten und dann hätte der Fuchs gepfiffen.[A.d.A.: Das ist doch mal ein geiles Sprichwort, oder? XDDDD]

Ohne noch etwas zu sagen drehte sie sich um und schwamm davon. Tai, Davis Ken, Mimi und Kari hatten interessiert zu den beiden geschaut. Als Sora kurz zu ihnen sah, wandten sie sich schnell wieder ihren Tätigkeiten zu.

Mimi sagte etwas zu Kari, worauf diese nickte und kam dann zu Sora. Sie kletterten zusammen aus dem Pool und gingen zu ihren Liegen.

"Und?", fragte Mimi erwartungsvoll.

"Was und?", wollte Sora wissen, dabei wusste sie genau, wovon Mimi sprach.

"Mensch, hast du es ihm gesagt?", drängelte Mimi.

"Was denn gesagt?" Es war zwar hoffnungslos, doch Sora wollte sich lieber weiter dumm stellen.

"Du weißt genau, was ich meine!", sagte Mimi ungeduldig.

"Ja, ja", stöhnte Sora.

"Ja, und? Was hat er dazu gesagt?", fragte Mimi und sah sie mit aufgerissenen Augen an. Ihr Mund war vor Spannung leicht geöffnet und sie lächelte.

"Was? Nein, ich hab's ihm nicht gesagt!", sagte Sora schnell.

Mimi stöhnte entgeistert auf. "Oh, Sora!"

"Was sollte ich denn auch sagen?", fragte Sora hilflos.

"Dass du ihn liebst. Du gehst einfach hin und..."

"Einfach!", wiederholte Sora höhnisch.

"Hm...", machte Mimi nachdenklich und zog die Stirn in Falten. "Man könnte dafür sorgen, dass ihr beide mal eine ganze Weile alleine seid. Vielleicht oben im Hotel den ganzen Abend lang. Ich schnapp mir dann Tai und unternehme was mit ihm."

"Könnte man", grübelte Sora. "Man könnte es aber auch sein lassen."

"Na ja, du musst das entscheiden", meinte Mimi bloß und legte sich hin.

Auch Sora legte sich auf ihrer Liege lang. Die Sonne war ziemlich heiß. So wurde es mit der Zeit ganz schön warm. Obendrein war es noch schwül. Man hielt es kaum aus.

"Nanu, hat Matt `ne Neue?", fragte Joe verblüfft.

Sora setzte sich auf. Kari war inzwischen auch aus dem Wasser gekommen und sah ebenfalls zu Matt. Die drei Jungs spielten immer noch mit dem Flummi. Und dort saß Matt am Poolrand. Neben ihm ein hübsches, japanisches Mädchen. Ihr Haar war dunkelblond und sie war braun gebrannt. Deswegen stand ihr der weiße Bikini sehr gut. Sie war schlank und in Matts Alter. Die beiden quatschten miteinander und lachten ab und zu leise.

Sora fühlte Wut. Wut auf dieses Mädchen. Was fiel der ein, sich einfach neben Matt zu setzen und mit ihm zu flirten?

"Ich hab's geahnt", murmelte Mimi mit grimmiger Stimme.

"Was?", fragten alle anderen, außer Sora, gleichzeitig.

"Ach nichts! Ich hab nur laut gedacht!", sagte Mimi hastig und lächelte, was gequält aussah. "Ich gehe mir was zu trinken holen. Will noch jemand was?"

"Ja, ich!", sagte Yolei. "Eine Cola."

"Ich nehme auch eine Cola", sagte T.K.

"Okay! Sora, kommst du mit und hilfst mir beim Tragen? Du hast doch bestimmt auch Durst und willst auch was haben, oder nicht?", fragte Mimi und ohne auf eine Antwort zu warten, packte sie Soras Arm und zog sie hoch. Widerwillig ging Sora neben ihr her und ließ Matt und die andere dabei nicht aus den Augen.

"Siehst du? Sag es ihm, bevor sie es tut!", zischte Mimi ihr zu. "Denn wenn du zu lange wartest, kann es zu spät sein."

Sora erwiderte nichts. Sie wünschte, dass Matt das komische Mädchen da endlich alleine lassen würde. Aber das tat er nicht.

"Hörst du mir überhaupt zu?", riss Mimi sie aus ihren Gedanken.

"Wenn die sich in Matt verknallt, dann kann ich einpacken und nach Hause fliegen. Gegen die hab ich ja wohl keine Chance!", sagte Sora niedergeschlagen.

"Red doch nicht solchen Schwachsinn!", forderte Mimi sie auf, während sie an der Bar ankamen.

"Ich rede keinen Schwachsinn! Sieh sie dir doch mal an!", erwiderte Sora missmutig.

"Sie sieht aus wie - vier Colas bitte - ein ganz normales Mädchen. Auch nicht hübscher als du", protestierte Mimi.

Sora sagte gar nichts. Sie wollte sich jetzt nicht mit Mimi rumstreiten. Das brachte meistens nichts.

Der Kellner stellte die vier Colas auf die Bar und Mimi bezahlte. Jede nahm zwei Colas und sie gingen langsam, um nicht zu stolpern, zurück zu den Liegen.
 

Eine Stunde später bekamen die zwölf Hunger. Sie setzten sich an die Tische (auf drei verteilt) am Pool.

Matt hatte sich von seiner neuen Flamme getrennt und saß nun, wie immer, mit Tai, Sora und Mimi an einem Tisch.

"Wer ist denn deine neue Freundin?", fragte Tai grinsend

"Geht dich das was an?", kam Matt mit einer Gegenfrage. "Ich glaube nicht."

Tai warf ihm einen beleidigten Blick zu. "Man wird doch noch fragen dürfen.

"Wie heißt sie denn?", wollte Mimi wissen. Sie saß Matt gegenüber und sah ihn erwartungsvoll an.

"Minami", antwortete Matt.

"Und wie alt ist sie?", löcherte Mimi ihn weiter.

"Fünfzehn", sagte Matt genervt.

"Wieso erzählst du ihr das alles und mir nicht?", fragte Tai empört.

"Weil du sie mir sonst noch wegschnappst!", erwiderte Matt und grinste ihn verschmitzt an.

Mimi biss sich auf die Unterlippe und sah zu Sora, deren Blick sich versteinert hatte. Bei Matts letzten Satz hatte sie ein Blitz durchzuckt. Er ging besonders schmerzvoll durch ihr Herz. Sie sah verzweifelt zu Matt. Dieser bemerkte es nicht, da er gerade an seinem Wasser nippte. Doch Tai bemerkte es und sah Sora aufmerksam an. Dann wendete er den Blick fragend zu Mimi. Diese tat, als ob sie nichts wusste und zuckte die Schultern.

Sora lehnte sich zurück und starrte das Gestrüpp auf der anderen Seite neben sich an. Ob Matt das ernst gemeint hatte? Oder wollte er bloß Tai abwimmeln?

Zum Glück kam in diesem Moment der Kellner, der Mimi so mochte.

"Warum so traurig?", fragte er Sora und lächelte charmant. "Lächle doch mal!"

Die anderen drei sahen grinsend zu Sora. Diese sah den Kellner an und zwang sich zu einem Lächeln.

"Siehst du? Geht doch!", sagte der Kellner und nahm dann die Bestellung für das Essen auf, wobei er bei Mimi anfing. Diesmal bestellten sich alle vier eine Pizza.

Während sie auf ihr Essen warteten und quatschten, lief plötzlich Minami vorbei. Sie lächelte Matt zuckersüß an und er lächelte zuckersüß zurück. Als sie an ihm vorbei lief, legte sie für zwei Sekunden eine Hand auf seine Schulter.

Sora biss die Zähne zusammen und knirschte damit, während sie grimmig Minami beobachtete.

Diese dumme Pute! Die hielt sich wohl für ganz toll!

"Wollte sie eigentlich schon ein Autogramm von dir?", fragte Tai und sah ihr nach.

"Nee. Sie hat sich bloß neben mich gesetzt und mich gefragt, ob ich nicht der Sänger von den Teenage-Wolves bin", erzählte Matt.

"Wahrscheinlich steht sie bloß deswegen auf dich", murmelte Sora kaum verständlich.

"Was hast du gesagt?", wollte Matt wissen.

"Ach, war nicht so wichtig", sagte Sora kühl.

Mimi hatte sie verstanden und sah sie bedrückt an. Sora erwiderte ihren Blick nicht.

"Was machen wir eigentlich heute Abend?", fragte Tai nach einem langen Schweigen.

"Also ich bin schon mit Minami verabredet. Ihr müsst heute mal auf mich verzichten", sagte Matt grinsend.

In Sora sackte etwas zusammen. Und dann noch Matts Grinsen. Wahrscheinlich freute er sich unheimlich darauf.

"Aha! Was habt ihr denn vor?", wollte Tai wissen und grinste ihn vielsagend an.

"Das geht dich nichts an", sagte Matt wieder. "Und was wollt ihr heute machen?"

"Wollen wir was zusammen machen, Sora?", fragte Mimi und sah sie aufmunternd an.

"Mal sehen", antwortete Sora tonlos und zuckte die Schultern. Sie fing sich wieder einen fragenden Blick von Tai ein.

Da wurde endlich das Essen gebracht.
 

"Ich geh jetzt! Bis später!" Matt knallte die Tür hinter sich zu und weg war er. Sora stand seufzend auf dem Balkon. Ein paar Minuten später sah sie Matt unten mit Minami in Richtung Hafen laufen. Am vorigen Abend war er noch mit Sora da lang gelaufen. Er sah kurz hoch zu ihr und dann schnell wieder nach vorne. So, als wollte er ihr auf keinen Fall in die Augen sehen.

"Matt...", sagte Sora leise mit gebrechlicher Stimme.

"Der ist weg."

Erschrocken sah Sora zur Seite. Neben ihr stand Tai.

"Belauschst du mich jetzt, oder was?", fragte Sora wütend.

"Willst du mir vielleicht irgendwas sagen?", fragte Tai, ohne auf ihre Frage zu achten, und sah sie ernst an.

Sora dachte kurz nach. Sollte sie Tai sagen, dass sie in Matt verliebt war? Vielleicht sagte er es dann Matt. Immerhin waren die beiden beste Freunde.

"Nein", sagte sie schließlich und sah wieder nach unten. Matt und Minami waren inzwischen außer Sichtweite.

"Mimi wollte übrigens noch was von dir", berichtete Tai.

Sora ging an ihm vorbei und ins Schlafzimmer.

"Mach dir keine zu großen Gedanken! Matt hat sie heute erst kennen gelernt", meinte Mimi, die auf ihrem Bett saß und ein paar Klamotten sortierte, aufmunternd.

"Vielleicht hast du Recht", sagte Sora wieder etwas besser gelaunt. Mimi hatte wirklich Recht. So viel konnte er noch nicht an ihr finden.

"Also, was machen wir heute Abend noch?", fragte Mimi lächelnd.

"Mimi, nimm's mir bitte nicht übel! Aber ich würde heute Abend lieber alleine sein, okay?", sagte Sora.

"Okay", erwiderte Mimi. "Wenn du mich suchst, ich bin wahrscheinlich mit Tai unten an der Bar."

Sora nickte und setzte sich auf ihre Bettseite.

Mimi stand auf und verstaute die Klamotten im Schrank. Dann verließ sie das Zimmer. Kurze Zeit später hörte Sora die Wohnungstür zufallen. Tai und Mimi waren gegangen. Sora wartete noch ein bisschen und entschloss sich dann, alleine durch die Stadt zu gehen. Hoffentlich traf sie nicht auf Matt und seine nervige Freundin.

Es war kein Schlüssel mehr da. Aber das war egal. Tai und Mimi waren ja an der Bar.

Sora verließ das Hotelgelände und ging in die andere Richtung, nur zur Sicherheit. Vielleicht waren ja Matt und Minami noch in der Nähe des Hafens.

Sora wurde ein bisschen durch die schöne Stadt abgelenkt. Sie liebte diese kleinen Läden. Sie strahlten Freundlichkeit und Wohlbehagen aus. Und diese ganzen Menschen, denen sie über den Weg lief, sie sahen alle so glücklich aus.

Sie musste wieder aufpassen, dass sie von keinem kleinen Jungen im Miniauto überfahren wurde. Die Kleinen nahmen wirklich keine Rücksicht auf Verluste.

Sora ging zu der niedrigen Steinmauer und setzte sich. Aber diesmal nicht so rum, wie sie zuvor mit Matt gesessen hatte, sondern so, dass ihre Beine auf der anderen Seite herunter baumelten und sie einen schönen Blick aufs Meer hatte.

Sie dachte wieder an Matt. Wo er wohl gerade war und was er mit dieser Minami machte? Sie wollte es lieber gar nicht wissen. Vermutlich saßen sie am Hafen rum und knutschten, was das Zeug hielt.

Sora schüttelte wütend den Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden. Warum musste diese dumme Kuh ausgerechnet ins Hotel Azur kommen? Es gab noch so viele andere Hotels hier auf Jamaika!

Am besten wäre es gewesen, wenn sie gar nicht hergekommen wäre, sonder dort geblieben wäre, wo der Pfeffer wuchs! So hätten sich die beiden wahrscheinlich nie getroffen und Sora hätte sich den Ärger ersparen können.

Plötzlich hielt ihr jemand von hinten die Augen zu. Sora zuckte zusammen, nahm die Hände weg und drehte sich um.

"Oh, hallo", sagte sie verdattert.

"Was machst du hier?", fragte Matt lächelnd. "Ich dachte, du hattest was mit Mimi vor."

"Ach, ich wollte doch lieber alleine bleiben", antwortete Sora wahrheitsgemäß und zwang sich zu einem Lächeln.

"Hallo, ich bin Minami!", mischte Minami sich in das Gespräch ein.

"Weiß ich. Matt hat schon von dir erzählt", sagte Sora. Sie musste sich bemühen, freundlich zu klingen.

"Das ist übrigens Sora", stellte Matt Sora vor.

"Aha! Sag mal, willst du nicht mit uns mitkommen?", fragte Minami höflich.

Das fehlte gerade noch in Soras Sammlung von Enttäuschungen! Dann musste sie sich wahrscheinlich ständig mit ansehen, wie die beiden sich verliebte Blicke zuwarfen und miteinander flirteten. Darauf konnte sie gut verzichten!

"Nein, ich glaube eher nicht", antwortete Sora und hatte noch größere Mühe, freundlich zu klingen.

"Ach, komm schon! Du musst doch hier nicht so alleine rumsitzen! Mir macht es überhaupt nichts aus, dich dabei zu haben!", drängelte Minami. Aber Sora machte es etwas aus. "Und Matt doch bestimmt auch nicht." Sie sah zu Matt, der sie anlächelte. "Und ich lerne gerne neue Leute kennen. Also komm schon!"

"Na ja...also...okay", seufzte Sora, was sie sofort bereute. Wäre sie mal doch bei Tai und Mimi geblieben!

"Ich wusste doch, dass du es dir anders überlegst!", sagte Minami strahlen und zog Sora auf die Beine.

Das hatte Sora nicht gewusst, dass sie es sich noch einmal anders überlegen würde. Das Mädel war eine Hellseherin! Äußerste Vorsicht war geboten!

Die drei gingen ein Stück den weg zurück und setzten sich dann an einen Tisch, der zu einem Café gehörte. Als die Bedienung kam, bestellten sich die drei etwas kaltes zu trinken. Minami quasselte am laufenden Band. Doch wenn Sora sie nicht schon aus Prinzip gehasst hätte, hätte Minami zu einer guten Freundin von ihr werden können, denn sie machte einen netten Eindruck. Sora zwang sich, die ganze Zeit über freundlich zu lächeln, worauf Matt sie irgendwann ansprach.

"Sag mal, bist du irgendwie zum Dauergrinser mutiert? Oder bist du heute Abend einfach nur gut drauf?"

Gut drauf? Sie war alles andere als gut drauf an diesem Abend.

"Ach, ich freu mich einfach", log Sora und lächelte noch immer zwanghaft vor sich hin.

"Du siehst hübsch aus, wenn du lächelst", stellte Minami fest und lächelte ebenfalls.

Sora lachte künstlich.

"Sie hat Recht", stimmte Matt zu, was Sora verstummen ließ. Sie spürte einen roten Schimmer auf ihren Wangen und sah ihn überrascht an.

"Hab ich was falsches gesagt?", fragte Matt und sah sie verwundert an.

"Nein, ich geh mal schnell aufs Klo", verkündete Sora und erhob sich.

"Warte, ich komme mit!", rief Minami und eilte ihr hinterher.

Als Sora wieder ihre Klokabine verließ, erblickte als erstes Minami, die auf sie wartete.

Sora ging zum Waschbecken und wusch sich die Hände.

"Weißt du eigentlich zufällig, ob Matt eine Freundin hat?", wollte sie wissen. Es klang beiläufig, doch das war es sicherlich nicht.

"Ja, er hat keine", antwortete Sora und ohrfeigte sich innerlich. Wenn sie ihr gesagt hätte, dass er eine hat, wäre Minami wahrscheinlich abgedüst. Nun würde sie sicher nicht verschwinden.

"Ich finde ihn unheimlich süß", gestand Minami.

Sora lächelte abermals künstlich und dachte bei sich, dass ihr Lächeln wohl ehr nach einem Gesichtsmuskelkrampf aussehen musste.

"Da bist du nicht die einzigste", sagte sie und dachte an die vielen Mädchen, die Matt in Scharen hinterher liefen. Die beiden verließen den Kloraum und liefen durch das Café.

"Ach, du stehst auch auf ihn? Viel Glück!" Minami lächelte ihr nerviges Lächeln.

Sora sah sie überrascht an. Erstens hatte sie nicht sich mit ihrem Satz gemeint und zweitens, wieso wünschte Minami ihr Glück? Sie waren sozusagen Rivalinnen.

"Ja, ebenfalls", erwiderte Sora, was sie allerdings gar nicht so meinte, sondern nur aus Höflichkeit sagte. Die beiden Mädchen setzten sich zurück auf ihre Stühle.

"Ihr scheint euch ja schon gut zu verstehen", sagte Matt, worauf Sora ihm einen giftigen Blick zuwarf, was er aber nicht zu bemerken schien.

"Ja, wahrscheinlich", lachte Minami.

Da kamen die Getränke. Kaum war der Kellner wieder fort, fragte Minami:

"Geht ihr auch zu dieser Show morgen Abend?"

"Was denn für eine Show?", fragte Matt.

"Na in der Nähe von Kingston gibt's so ein Theater und da spielt immer Dienstag und Freitag so eine Art Musical. Ich habe das schon von einigen Leuten gehört und es soll großartig sein", erklärte Minami. "Essen bekommt man da auch."

"Davon hab ich gelesen", fiel Sora wieder ein. "Ich glaube, das war bei uns mit enthalten."

"Na, mal sehen, was die anderen dazu sagen. Ein bisschen Kultur kann eigentlich nicht schaden."

Aber ein bisschen Minami brachte schon eine Menge Schaden!

Die drei tranken ihre Getränke und Matt bezahlte für sich und seine Begleitungen. Sora fragte sich, ob der Junge vielleicht zu viel Geld hatte, dass er dauernd Leute einlud. Wenn ja, dann konnte er ihr gerne etwas abgeben.

Matt, Sora und Minami gingen zu ihrem Strand und setzten sich auf eine der Liegen, die nahe am Wasser standen. Es war bereits dunkel. Ein paar Minuten saßen sie dort rum. Dann bekam Sora mit, wie Minami sich eng an ihn schmiegte. Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter und seufzte glücklich.

Da wurde es Sora zu viel. Sie hatte große Lust, Minami anzuschreien, sie sollte gefälligst ihre dreckigen Finger von Matt lassen. Doch das hielt sie für keine gute Idee.

Matt machte gar nichts. Er saß bloß da. Doch er sah nicht hilflos oder unglücklich über seine Situation aus. Sora stiegen Tränen in die Augen. Sie stand auf.

"Man sieht sich!", sagte sie mit erstickter Stimme und rannte durch den Sand davon. Sie eilte über das Hotelgelände. Noch konnte sie die Tränen zurück halten. Sie wollte sich schnell von Mimi oder Tai den Schlüssel geben lassen. Doch keiner der beiden war an der Bar oder im Hotelcafé zu finden. Sora rannte die Treppen zu ihrem Apartment hoch und klingelte. Niemand öffnete. Sie waren irgendwohin gegangen. Sora könnte zurück zu Matt gehen und ihn nach dem Schlüssel fragen. Doch das war das letzte, was sie wollte. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür und rutschte an ihr herunter. Sie schlang die Arme um die angezogenen Knie und zwang sich, nicht zu heulen. Das Nebenzimmer könnte sie hören und das würde bloß dumme Fragen geben, wenn Tai, Mimi oder Matt wiederkamen. Doch es war nicht leicht. Soras Augen waren bereits feucht. Sie wischte sich mit dem Handrücken darüber.

Sie hoffte, dass Tai und Mimi zuerst kamen. Es war ihr lieber, Matt diesen Abend nicht mehr zu sehen. Doch es war einfach nicht ihr Tag. Jemand kam die Treppe hoch und den Gang entlang.

"Sora", sagte Matt. "Hast du keinen Schlüssel?"

"Doch. Ich dachte mir bloß, hier draußen ist es gemütlicher, deswegen schließ ich nicht auf", antwortete sie ironisch und stand auf.

"Aber du hättest doch zu mir kommen können", sagte Matt und Sora sah, dass er sie in der Dunkelheit auszumachen versuchte. Man sah kaum etwas.

"Nein, danke!", fauchte Sora.

"Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragte Matt mürrisch und schloss die Tür auf.

Die Minami-Laus war Sora über die Leber gelaufen, doch das wusste Matt nicht. War vielleicht auch besser so.

Sie antwortete nichts, folgte ihm in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich.

"Wollen wir vielleicht noch irgendwas machen?", fragte Matt sie.

"Jetzt ist deine Minami weg und nun willst du wieder bei mir weiter machen, oder was?", sagte Sora bitter. Eigentlich wollte sie das nicht sagen. Es war ihr einfach so herausgerutscht.

"Du brauchst gar nicht eifersüchtig zu sein!", konterte Matt.

"Ich bin nicht eifersüchtig!", protestierte Sora, ging ins Schlafzimmer und knallte die Tür zu. Sie warf sich auf ihr Bett. Sie wünschte sich, dass sie Matts Gedanken lesen könnte. So könnte sie herausfinden, was er für Minami und sie empfand.

Vielleicht hatte sie gerade etwas zu heftig reagiert. Vielleicht hatte sie Matt Unrecht getan. Er hatte ja Minami gegenüber nicht wirklich Zuneigung gezeigt. Sora beschloss, sich bei ihm zu entschuldigen. Doch vorher zog sie sich ihren Pyjama an. Warum, wusste sie selbst nicht so genau.

Sie verließ das Schlafzimmer. Matt stand auf dem Balkon. Sie trat neben ihn und legte die Arme auf das Geländer.

"Matt?", fing sie an. Eigentlich war es ein idealer Zeitpunkt, ihm zu sagen, dass sie ihn liebte. Doch sie schob es auf.

"Hm?", knurrte dieser. Scheinbar war er beleidigt.

"Tut mir leid. Eigentlich wollte ich das gar nicht sagen. Das mit Minami meine ich", sagte Sora leise und starrte auf die Promenade.

"Schon gut", sagte Matt. "Du magst sie nicht sonderlich, oder?"

"Nein", gab Sora zu.

"Sie ist aber eigentlich ganz in Ordnung", meinte Matt.

"Kann sein." Sora zuckte die Schultern.

"Du bist hier übrigens total verbrannt", stellte Matt fest und tippte mit einem Finger auf ihr Dekolletee.

Sora versuchte wieder einmal vergeblich, sich dort zu betrachten. Sie ging wieder rein und holte die After-Sun-Lotion. Sie setzte sich auf die Couch.

Matt war auch hereingekommen und schloss die Balkontür.

Sora hatte gerade den Deckel der hellblauen Tube abgeschraubt, als sie innehielt und Matt anlächelte.

"Könntest du das vielleicht machen? Du weißt ja, ich sehe mich dort nicht", bat sie ihn. Sie hätte auch zum nächsten Spiegel gehen können, aber wo blieb da der Spaß?

Matt erwiderte ihr Lächeln und nickte. Er setzte sich neben sie, drehte sich zu ihr und nahm ihr die Tube aus der Hand.

Damit Matt beim Einkremen nicht behindert wurde, streifte Sora die Träger ihres Pyjamaoberteils über die Schultern.

Als Matt das sah, wurde er leicht rot und sah schnell auf die Tube. Er tat sich etwas von der Lotion auf die Hand und verrieb sie über der verbrannten Stelle.

"Du hast ja schon wieder solches Herzklopfen", stellte er fest und seine Hand ruhte dort, wo ihr Herz war.

"Ich...ähm...", stotterte Sora und wurde rot. "Ich hab halt einen schnellen Herzschlag."

Als Matt mit ihrem Dekolletee fertig war, machte er an den Armen weiter. Wo er schon mal dabei war! Kaum hatte er die Arme fertig, nahm er sich ihren Bauch vor. Als er ihn einkremte, fuhr er mit der Hand unter ihr Oberteil. Er musste ja alle verbrannten Stellen erwischen!

Sora spürte Tausende Schmetterlinge in ihrem Bauch herumflattern. Sie sah Matt an. Dieser zog seine Hand zurück.

"Fertig", sagte er langsam und geistesabwesend, während er ihr in die Augen schaute.

"Danke", sagte Sora genauso langsam und geistesabwesend.

Sie sahen sich tief in die Augen. Plötzlich schüttelte Matt den Kopf. Es schien, als hätte er sich wieder gefangen. Auch Sora riss sich heraus und sah in eine andere Richtung.

"Äh...wir können ja noch ein bisschen fernsehen, bis Tai und Mimi zurückkommen", schlug er vor und schaltete mit der Fernbedienung den Fernseher an. Er lehnte sich zurück und legte die Füße auf den Tisch. Sora tat das gleiche.

Im Fernsehen lief irgendeine komische Talkshow auf Englisch. Das hieß, als Matt darauf schaltete, war sie schon fast vorbei. Gott sei Dank! Matt schaltete weiter, bis er zu einem Musiksender kam. Da lief gerade eine wunderschöne Ballade. Er legte die Fernbedienung auf den Tisch und rutschte dann ein Stück nach unten.

Sora sah ihn kurz an und richtete dann den Blick wieder auf den Musiksender. Ihr gefiel auch der Videoclip zu dem Lied. Das nächste Lied war auch nicht schlecht, doch sie konnte ihre Augen kaum noch offen halten. Matt war schon eingeschlafen. Das merkte sie daran, dass plötzlich sein Kopf auf ihre Schulter sank und als sie seinen Namen sagte, er nicht reagierte.

Sora beugte ihren Kopf ein wenig vor und betrachtete sein schönes Gesicht. Sie fuhr ihm mit ihren Fingern sanft über die Wange und spürte ein warmes, wohliges Gefühl in ihrem Bauch aufsteigen. Wie gerne hätte sie ihn jetzt geküsst. Doch am Ende erinnerte er sich dann bloß wieder daran. Und das musste nicht sein!

Als sie ihn so ansah, musste sie an Minami denken und konnte sich ein fieses Grinsen nicht verkneifen. Wenn Minami die beiden jetzt sehen könnte, würde sie wahrscheinlich grün und gelb werden vor Neid und Eifersucht.

Sora konnte sich schon gar nicht mehr vorstellen, dass sie Nachmittag und am Abend noch so niedergeschlagen und wütend gewesen war. Nun fühlte sie sich glücklich.

Der vierte Tag: Die Musical-Show (Freude, Verzweiflung und grenzenlose Eifersucht)

oooooh man....

ich sag euch am besten mal,wie ich zu dem schwachsinn hier gekommen bin

das kommt alles vom mallorcaurlaub letztes jahr....da is mir das alles hier fast genauso passiert,wie ich es hier geschrieben hab...nur hab ich halt keine hochdramatische liebesgeschichte erlebt,sondern war einfach mit meiner familie und ner freundin da XD

eigentlich is die ganze fanfic nur eine art tagebuch vom mallorcaurlaub...ich hab halt bloß jamaika draus gemacht ^-~
 


 

(6) Der vierte Tag: Die Musical-Show
 

Sora schlug die Augen auf. Was war bloß los? Sie befand sich ja noch immer mit Matt auf dem Sofa! Waren Tai und Mimi etwa noch nicht wiedergekommen? Doch, denn der Fernseher lief nicht mehr. Es war schon hell draußen. Die Sonne schien zum Fenster rein. Wahrscheinlich war Sora durch diese Helligkeit wach geworden. Die Vorhänge waren nicht zugezogen. Ihr Kopf war gegen Matts Kopf gelehnt.

"Matt?", flüsterte sie.

"Hm?", brummte Matt verschlafen.

Sora richtete sich gähnend auf.

"Tai und Mimi hätten uns doch wecken können!", meinte sie.

"Ich bin aufgewacht, als sie wiedergekommen sind", sagte Matt.

"Warum hast du mich nicht geweckt?", fragte Sora etwas wütend.

"Tai und Mimi haben gesagt, dass das so niedlich aussah. Und ich wollte auch nicht weggehen, weil du dann aufgewacht wärst und du solltest ja weiter schlafen", antwortete Matt grinsend.

Na ganz toll! Alle waren wach und hatten sich wahrscheinlich über Sora lustig gemacht. Doch Matt irritierte sie. Sie wollte endlich wissen, wie viel er für sie empfand. Er schien sie auf jeden Fall zu mögen.

"Übrigens haben sie uns auch fotografiert", fügte Matt noch hinzu.

"Was?!", rief Sora empört. "Musste das denn sein?"

"Keine Panik, sie haben es auf der Digitalkamera von Mimi gemacht, also kann man's wieder löschen", sagte Matt und grinste noch breiter. Er nahm die Digicam, die noch auf dem Tisch lag, drückte auf einen Knopf, sodass auf einem kleinen Bildschirm die Bilder erschienen. Matt zeigte ihr das Foto. Es sah wirklich ganz toll aus! Sora hätte es am liebsten gleich in die Tonne befördert, so toll sah es aus. Das erste war schon allein die Perspektive, die blöd war. Denn es war von vorne fotografiert, also waren die Füße im Vordergrund. Matt hatte seinen Kopf auf Soras Schulter gelegt und grinste verschlafen ins Bild. Soras Kopf war gegen Matts gelehnt und sie schlief tief und fest.

"Oje", stammelte Sora.

Matt schaltete die Digicam wieder aus und legte sie zurück auf den Tisch.

Plötzlich ertönte aus dem Schlafzimmer ein lautes Kreischen, das eindeutig von Mimi kam.

Matt und Sora sprangen auf, stürmten hin und rissen die Tür auf.

"Was ist passiert?", rief Matt erschrocken.

"Und wo ist Tai?", fügte Sora genauso erschrocken hinzu.

Mimi stand mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen vor dem Kleiderschrank. Sie trug noch ihr Nachthemd und bewegte sich nicht mehr.

"Hier!", murmelte eine verschlafene Stimme. Tai war offenbar vor Schreck aus dem Bett gefallen und lag nun auf dem Boden auf Soras Bettseite. Er setzte sich schwerfällig auf. "Sag mal, Mimi, was schreist du eigentlich so?"

Mimi antwortete nicht sondern zeigte bloß mit einem zitternden Finger auf den Kleiderschrank.

Sora trat neben sie, sah in den Schrank und sprang vor Schreck einen Schritt zurück.

"Igitt!", rief sie angewidert. Im Schrank krabbelte eine große, schwarze Spinne über eine Hose von Mimi!

"Macht die da raus!", flehte Mimi. "Bitte! Irgendeiner!"

Nun traten auch Tai und Matt vor den Schrank.

"Ob die giftig ist?", fragte Tai und musterte das Vieh kritisch.

"Ich glaub nicht", sagte Matt ruhig, nahm die Spinne einfach in die Hand, ging zum Fenster und warf sie hinaus.

"Danke, Matt!", seufzte Mimi und so, wie sie aussah, wäre sie ihm am liebsten um den Hals gefallen.

"Kein Problem", erwiderte Matt lächelnd.

"Wegen einer Spinne machst du so ein Theater", maulte Tai.

"Na und? Du warst ja auch nicht gerade erfreut!", fauchte Mimi.

"Ja, aber ich hab immerhin nicht das ganze Hotel zusammen geschrieen!", polterte Tai.

Matt und Sora sahen sich an und verdrehten die Augen. Sora strich sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn, worauf Matt auf etwas auf ihrer Stirn aufmerksam wurde.

"Was hast du denn hier gemacht?", fragte er und strich ihr mit der Hand vorsichtig über etwas, das sich fast am Haaransatz befand.

Sora legte sich eine Hand auf die Stirn und ging zum Spiegel. Es war eine ziemlich große Beule.

"Na toll", stöhnte sie.

"Ob die von unserem Zusammenstoß gestern ist?", fragte Matt und fühlte eine eigene Stirn ab. "Ich hab auch eine."

"Toll, dann können wir im Partnerlook gehen", sagte Sora grinsend.
 

Beim Frühstück erzählten Sora und Matt den anderen von dieser Musicalshow.

"Da können wir eigentlich hingehen", sagte Kari. "Das ist doch bestimmt lustig."

"Wie kommen wir dahin?", wollte Cody wissen.

"Dahin fährt uns ein Bus und unser Reiseleiter kommt auch mit", antwortete Sora, die sich einen Prospekt angesehen hatte.

"Aha, und wann?", fragte Joe.

"Halb sechs müssen wir an so einer Haltestelle sein, die hier ganz in der Nähe sein soll."

Alle waren einverstanden.
 

Die zwölf hatten beschlossen, den Tag am Pool zu verbringen. Der verlief auch nicht anders als die vorigen Tage. Sie badeten und sonnten sich, futterten zum Mittag Pizza und Pommes Frites und um vier waren sie alle wieder in ihren Apartments, da sie sich zurecht machen mussten.

Und hier passierte ein schönes Malheur. Sora war gerade damit fertig geworden, sich einzukremen, da fiel ihr ein, dass sie ihre Bürste im Bad vergessen hatte. Ohne nachzudenken lief sie zurück ins Bad, um sie zu holen. Doch dort war schon Tai. Und zwar splitterfasernackt! Er war gerade dabei, in die Dusche zu klettern. Als er die Tür hörte, drehte er sich erschrocken um. Soras Gesicht nahm augenblicklich die Farbe einer Tomate an. Auch Tais Gesicht erinnerte an eine überreife Sauerkirsche.

Sora schlug sich eine Hand vor den Mund, drehte sich um und sauste mit knallrotem Kopf aus dem Bad, bevor sie noch irgendwohin sehen konnte, wo sie lieber nicht hinsehen sollte. Sie knallte die Tür hinter sich zu und vergrub das Gesicht in den Händen.

"Warum passiert immer mir so etwas?", jammerte sie und ließ sich auf die Knie fallen.

Matt und Mimi saßen auf der Couch vor dem Fernseher. Beide sahen sie an. Matt grinste von einem Ohr zum anderen und Mimi hatte einen Lachanfall.

"Und? Wie viel hast du gesehen?", fragte Matt und konnte sich nicht ganz das Lachen verkneifen.

"Er war total nackt", murmelte Sora. Ihr Gesicht war heiß geworden, von dem ganzen Blut, dass ihr in den Kopf gestiegen ist. "Wieso vergisst der Trottel auch, die Tür abzuschließen?"

"Was wolltest du denn eigentlich da?", fragte Mimi noch immer lachend.

"Eigentlich meine Bürste holen", antwortete Sora und stellte fest, dass sie ihre Bürste vor Schreck vergessen hatte. Na prima! Nun hatte sie sich auch noch umsonst zum Löffel gemacht.

Mimi hielt sich schon den Bauch vor lachen.

Matt stand auf, schlich sich ins Bad und konnte sich dann auch nicht mehr das Lachen verkneifen.

"Hau ab!", schrie Tai aus der Dusche.

Matt kam wieder heraus und schloss die Tür hinter sich. In der Hand hatte er Soras Bürste.

"Danke", stammelte Sora, als er sie ihr gab.

Mimi hatte sich wieder eingekriegt und wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Auch Matt grinste bloß noch.

"Oh Gott, wie peinlich!", jammerte sie beschämt. Sie vergrub das Gesicht in den Armen, die sie auf die angezogenen Knie gelegt hatte.

Matt kniete ihr gegenüber nieder und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Ach, komm schon! Das passiert doch jedem mal", sagte er aufmunternd. Doch innerlich schien er sich noch immer kaputt zu lachen.

Da ertönte ein Klicken von rechts. Die beiden sahen in die Richtung.

Mimi hatte ihre Digicam in der Hand, was bedeutete, dass sie sie soeben fotografiert hatte.

"Hey, was soll denn das?", rief Matt und stand auf.

"Ich will bloß viele Erinnerungen an diesen Urlaub haben", behauptete Mimi grinsend.
 

Eine drei viertel Stunde später standen die zwölf Freunde an der Bushaltestelle. Sie mussten ungefähr fünf Minuten dahin laufen.

Sora hatte sich in der Zwischenzeit bestimmt tausendmal bei Tai entschuldigt und ihm beteuert, dass sie nichts gesehen hatte, was sie nicht sehen sollte.

Im Bus landete sie neben Mimi. Tai und Matt saßen gleich hinter ihnen. Mimi hatte wieder ihr lilafarbenes Kleid angezogen und damit die Blicke aller Jungs, die ihnen entgegen gekommen waren, auf sich gezogen.

Die Busfahrt dauerte ein bisschen länger als eine Stunde. Der junge Reiseleiter hatte seiner Gruppe eingeschärft, sich die Busnummer zu merken, damit sie nach der Show den Bus wieder erkannten und nicht aus Versehen in den falschen einstiegen. Denn dort waren genug Busse.

Alle Leute im Bus stiegen aus und strömten auf den Eingang zu, nachdem der Reiseleiter jedem eine Eintrittskarte in die Hand gedrückt hatte. Sie mussten sie am Eingang lochen lassen und gelangten dann in eine kleine Eingangshalle. Kellner führten die Menschen in den Hauptsaal. Dieser war riesig groß und viele Leute saßen auch schon drin und unterhielten sich und lachten.

Eine junge Kellnerin führte die zwölf an zwei Sechsertische. Es gab nur Sechsertische. Es standen immer zwei der Länge nach nebeneinander, wobei der eine immer höher stand als der andere, damit die hinteren auch etwas auf der Bühne sahen. Deswegen fiel der ganze Saal zur Bühne schräg ab.

Auf den Tischen stand schon an jedem Platz ein Teller und darauf lag ein Brötchen. Ein großer Teller stand in der Tischmitte, wo Butter, Wurst und Käse drauf waren.

Sora saß mit Mimi, Tai, Matt, Joe und Izzy an einem Tisch. Und an dem Tisch neben ihnen, der etwas höher gestellt war, saßen die anderen sechs. Auf der Seite derer, die sich nach links drehen mussten, um die Bühne zu sehen, saß ganz außen Tai, daneben und am Rand Sora.

Ihr gegenüber saß Mimi, neben dieser Izzy und neben Izzy außen saß Joe. Sora hätte wetten können, dass Mimi es eingerührt hatte, dass ausgerechnet sie neben Matt saß.

Der Saal war hell erleuchtet und Sora sah auf den Tisch vor sich. Jeder hatte drei Messer, drei Gabeln und drei unterschiedliche Gläser.

"Ist das alles, was wir hier zu essen kriegen?", fragte Tai entgeistert und musterte sein Brötchen.

"Nein. Ich hab mir den Prospekt mal angeguckt und da stand drauf, dass es ein reichhaltiges Abendessen gibt. Da werden wir doch mehr kriegen, als dieses eine Brötchen hier!", erklärte Joe.

Mimi sah sich um.

"Ich glaube, wir dürfen essen. Die essen alle schon", stellte sie fest. Darauf machten sich die sechs über ihre Brötchen her.

Sora spürte einen Fußtritt, der nur von Mimi kommen konnte. Wütend sah sie von ihrem Teller auf.

Mimi machte eine leichte Kopfbewegung, die so viel wie ,Dreh dich um!' bedeutete. Sora ließ "aus Versehen" eine ihrer drei Gabeln fallen, drehte sich um und sah auf den Tisch hinter ihnen. Da saß Minami! Als sie Sora sah, strahlte sie sie an. Sora zwang sich zu einem müden Lächeln, schnappte ihre Gabel und drehte sich wieder um.

"So ein Mist!", stöhnte sie genervt.

"Was denn?", wollte Matt wissen und musterte sie.

"Ähm...meine Gabel ist jetzt dreckig!", log Sora schnell und wischte die Gabel an ihrem Rock ab.

Langsam wurden die meisten mit ihren Brötchen fertig. Als nächstes gab es Salat. Davon aßen sie nicht allzu viel. Danach kam eine Art Auflauf. Lasagne oder so was. Dafür mussten sie mit Messer und Gabel essen, wobei Sora auffiel, wie dich aneinander gequetscht sie eigentlich saßen.

"Mach dich nicht so dick!", sagte sie zu Matt und schob mit ihrem Ellenbogen seinen Ellenbogen weg.

"Wieso ich? Du machst dich dick!", erwiderte Matt und stieß zurück.

"Die Fotografin ist gleich bei uns", bemerkte Joe.

"Die was?", fragte Tai ungläubig. Alle sahen Joe verwirrt an.

Er sah irritiert in die Runde.

"Was ist? Habt ihr das noch nicht bemerkt?", fragte er. "Hier wird jede Tischreihe fotografiert. Die Fotos zeigen sie euch dann und man kann sich aussuchen, ob man eins haben möchte oder nicht. Wenn ja, muss man es bezahlen."

"Und was hat das für einen Sinn?", wollte Izzy wissen und runzelte die Stirn.

"Das weiß ich doch nicht!", antwortete Joe mürrisch. Da erschien auch schon die Fotografin.

Tai und Sora rückten beide noch ein Stück zu Matt und die drei grinsten in die Kamera. Sora musste plötzlich lachen und drehte ihren Kopf zur Seite. Sie hoffte bloß, dass die Fotografin sie noch im Normalzustand erwischt hatte.

Joe, Izzy und Mimi taten das gleiche und ließen sich knipsen. Dann wanderte die Fotografin weiter.

"Na das kann ja ein tolles Bild werden", sagte Sora ironisch.

"Selber Schuld! Wenn du dein Lachen nicht zurück halten kannst", kam es von Matt.

"Wer versaut es wieder? Sora!", rief Tai grinsend.

"Ach, ihr seid bescheuert!", sagte Sora beleidigt und mampfte weiter ihren Auflauf.

Das nächste was sie essen sollten, war ein Schweinebraten mit Kartoffeln. Da kamen sich Matt und Sora wieder in die Quere mit ihren Armen.

Plötzlich ertönte Musik und die Lichter gingen aus.

"Hey! Ich sehe doch mein Essen gar nicht mehr!", rief Tai empört. Die anderen lachten. Inzwischen hatten sich die Blicke aller auf die Bühne gerichtet. Dort traten verkleidete Leute auf, die wild durch die Gegend tanzten. Das war eindeutig ein Ausschnitt aus irgendeinem Musical. Sora bemerkte kaum noch, dass sie aß. Sie konzentrierte sich mehr, wie alle anderen, auf die Bühne.

Schließlich hörten die Gestalten dort auf zu tanzen und stellten sich in ihre Schlussposition. Der Saal klatschte Beifall. Die Lasagneteller wurden abgeräumt. Dann bekam jeder eine Hähnchenkeule. Wer essen wollte, aß, wer nicht, ließ es bleiben. Sora nahm ihre Keule mit den Fingern auseinander. Mit Besteck hätte sie hinsehen müssen und hätte die Hälfte der Show verpasst. Ein einzelner Mann stand nun mit einem Klavier auf der Bühne und riss ein paar dumme Witze, worauf das Publikum lachte. Dann spielte er ein paar bekannte Lieder und der ganze Saal sang fröhlich mit. Kein Wunder. Alle hatten schon Schnaps, Wein und Sekt getrunken, die ununterbrochen gebracht wurden. Die Hähnchen wurden weggeräumt und das nächste Essen, was auch immer es war, lehnte Sora ab. Sie war ziemlich satt.

Auf einmal legte sich eine Hand auf ihre und auf Matts Schulter. Beide drehten sich um. Es war Minami.

"Oh, hi!", begrüßte Matt sie mit einem Lächeln.

"Hi, ihr beiden", sagte Minami und strahlte beide an.

Sora nickte bloß und sah zu Mimi. Diese sah ihre Freundin mitleidig an.

Da alle Tische ziemlich nahe beieinander standen, rückte Minami ihren Stuhl ein bisschen herum und Matt drehte seinen Stuhl auch ein wenig. Nun saßen die beiden nebeneinander und Minami schmiegte sich schon wieder so eng an Matt. Sora hätte sie erwürgen und dann auf die Bühne werfen können! Die sollte gefälligst die Kurve kratzen!

Sora platzierte ihren Ellenbogen auf den Tisch und stützte ihren Kopf auf die Hand. Niedergeschlagen und stinksauer starrte sie zur Bühne und warf ständig Seitenblicke zu Matt und seiner Möchtegern-Freundin.

Tai bemerkte das und sah sie fragend an. Dann wurde sein Blick plötzlich ganz anders, als wäre ihm eben ein Licht aufgegangen.

Minami lehnte ihren Kopf gegen Matts Schulter und rutschte, falls das überhaupt möglich war, noch näher an ihn heran.

Matt legte zwar keinen Arm um sie und gab auch sonst keine Zeichen der Zuneigung von sich, doch er wehrte sich auch nicht. Wahrscheinlich gefiel es ihm auch und er wollte bloß hier vor seinen Freunden nicht mit Minami rumkuscheln.

Sora spürte Tränen in ihren Augen. Es tat unwahrscheinlich weh, wenn man den Menschen, den man liebte, so dicht und vertraut bei einer anderen sah. Sie stand auf, kämpfte sich zwischen den Stühlen hervor und rannte in Richtung Klo. Dort war zum Glück gerade keiner. Die waren alle noch vor der Vorstellung gegangen. Was für ein Glück.

Sora sah in den Spiegel. Ihre Augen waren bereits ganz feucht. Sie nahm sich eins der Papiertücher, die zum Hände abtrocknen gedacht waren, und tupfte sich damit die Augen ab. Da ging die Tür plötzlich auf und Mimi kam herein.

"Diese blöde Kuh!", schimpfte Sora mit gebrechlicher Stimme.

"Aber du bist doch selbst Schuld! Warum sagst du ihm nicht endlich, dass du ihn liebst? Dann würde er sie bestimmt abweisen!", erwiderte Mimi und stemmte die Hände in die Hüften.

"Was ist, wenn er mir dann sagt, dass wir nur Freunde sind und er mehr an Minami interessiert ist?", fragte Sora betreten.

"Was, wenn nicht?", sagte Mimi und sah sie überlegen an. Dann lächelte sie. "Ach, komm schon, Sora! Lass dir von der nicht den Abend verderben. Sie ist es nicht wert." Sie nahm Soras Hand und zog sie mit sich nach draußen.

Die beiden setzten sich wieder auf ihre Plätze. Soras Augen waren noch immer ziemlich feucht.

"Alles okay?", fragte Matt und sah sie an.

"Könnte nicht besser sein!", zischte Sora zornig.

"Ich hab doch bloß gefragt!", knurrte Matt.

"Dann lass es!", fauchte Sora.

"Da ist aber jemand gut drauf!", sagte Matt ironisch.

"Halt den Rand!", zischte Sora wütend.

"Was hab ich dir eigentlich getan?", fragte Matt und sah sie grimmig an.

Wenn der wüsste, was gerade in Sora vorging...

"Nichts!", antwortete Sora giftig.

"Aha. Und warum bist du dann so mies drauf?"

"Das geht dich `nen feuchten Dreck an!"

Matt starrte zur Bühne und sagte gar nichts mehr.

Als der eben noch laufende Stepptanz vorbei war, murmelte Sora:

"Entschuldige." Wenn sie weiter so machte mit ihren Eifersuchtsattacken, würde sie sich irgendwann verraten.

Matt erwiderte nichts. Er konnte ihr verziehen haben, er konnte aber auch weiterhin sauer sein.

Eine Frau kam an ihren Tisch und gab ihnen einen Umschlag. Matt griff nach diesem, schlug ihn auf und sah hinein. Tai und Sora lugten ihm über die Schulter. Auch Minami interessierte sich dafür.

In dem Umschlag war das Foto.

"Oh Gott", sagte Tai und grinste. Matt und Sora konnten sich ein Kichern nicht verkneifen. Das Foto sah wirklich sehr vorteilhaft aus! Tai sah zwar schön lächelnd ins Bild, doch er kratzte sich gerade am Kopf. Matt hatte die Augen geschlossen und Sora hatte den Kopf lachend in Matts Richtung gedreht und sah nach unten.

"Wunderschön", sagte Matt ironisch.

Minamis Kopf ruhte auf Matts Schulter und sie grinste auf das Foto hinab.

"Oh, mein Nachtisch ist da", sagte sie plötzlich, drehte sich um und rückte mit ihrem Stuhl zurück. Matt setzte sich wieder so hin wie vorher und schloss den Umschlag. Er, Sora und Izzy hatten den Nachtisch, welcher aus Eis bestand, abgelehnt. Die anderen drei futterten nun ihr Eis.

Sora hatte immer noch den Kopf auf ihre Hand gestützt und sah ausdruckslos zur Bühne. Wenigstens war Minami erst mal weg.

Da spürte sie Matts Finger, die sich zwischen ihre legten, wie an jenem Abend. Er drückte sanft ihre Hand und sah Sora kurz unsicher ins Gesicht.

Sora spürte wieder Schmetterlinge in ihrer Magengegend und sie erwiderte den Handdruck.

Kaum war Minami weg, hielt er mit Sora Händchen! Was sollte das bedeuten? Ob das bloß ein Zeichen dafür war, dass er ihre Entschuldigung von vorhin angenommen hatte? War nun eigentlich egal. Sora wollte diesen Moment genießen. Sie rückte auf ihrem Stuhl noch ein wenig näher an Matt heran. Nun saßen sie so dicht aneinander, dass sich ihre Beine berührten.

Sora merkte, dass Matt sie ansah und fing seinen Blick auf. Er lächelte verlegen. Sie lächelte unsicher zurück. Jetzt hätte sie es ihm sagen können. Doch sie tat es nicht. Unglaublich, wie schwer es war, drei einfache Worte zu sagen.

Matt sah wieder nach vorne. Auf der Bühne wirbelten gerade irgendwelche anderen Tänzer durch die Gegend. Sora sah kurz zu Minami. Die war noch mit ihrem Eis beschäftigt. Hoffentlich wurde sie nicht allzu schnell fertig. Sora sah auf ihre Hand hinunter, die in Matts Hand lag. Sie seufzte zufrieden. Aber noch schöner wäre es, wenn sie mit Matt zusammen wäre.

Da wurde die Ziege mit Eis essen fertig, rückte ihren Stuhl herum und lächelte dumm.

Sora verdrehte genervt die Augen und musste sich ein entgeistertes Stöhnen verkneifen. Matt ließ ihre Hand los und drehte sich dann ein wenig zu Minami. Nutzte er Sora etwa aus? War doch schon komisch, dass er, immer, wenn Minami weg war, mit Sora seine Spielchen trieb. Sora beschloss, sich das nicht mehr länger gefallen zu lassen! Sie war doch nicht sein alter Spielball, den er bloß dann benutzte, wenn der neuere Ball gerade nicht da war! Nicht mit ihr!

Die Show ging noch etwa eine Stunde. Dann jubelten die Zuschauer begeistert und ein furchtbares Gedränge begann. Man kam sich mit dem Nachbartisch in die Quere und musste sich aus seiner Tischreihe hervor kämpfen. Dann konnte man nur sehr langsam Richtung Ausgang gehen. Soras rechter Schuh klebte bei jedem Schritt. Erst dachte sie, der Boden würde kleben, doch dann wäre auch ihr anderer Schuh betroffen gewesen. Außerdem roch irgendetwas widerlich süß.

Sie kamen draußen an und hielten nach ihrem Reiseleiter Ausschau. Doch der war nirgends zu sehen.

"Wo müssen wir denn hin?", fragte Yolei und sah die anderen fragend an.

"Ich hab keine Ahnung", antwortete Ken.

"Seht ihr unseren Reiseleiter irgendwo?" Izzy stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte durch die Menge.

"Nö", sagte Davis.

Die Familie von Minami gesellte sich zu ihnen und auch noch ein jüngeres Ehepaar.

"Ihr seid doch auch alle in unserem Bus gewesen, oder?", fragte die junge Frau.

"Ja. Wenn siebzehn Leute fehlen, wird der Bus doch nicht abfahren, oder?", fragte Minamis Vater unsicher.

Sora hob ihren Fuß und betrachtete ihre Schuhsohle.

"Uäks, Kaugummi!", sagte sie angeekelt und scharrte immer wieder mit dem Schuh über den Boden, um den Kaugummi loszuwerden.

"Was ist hier eigentlich los? Hier stehen ja alle Leute noch rum", stellte Joe fest. Die Menschenmasse befand sich auf befestigtem Boden vor dem Theatergebäude und alle redeten laut und wunderten sich.

Da ging plötzlich das Licht aus und die Leute wunderten sich noch mehr. Eine Fontäne am Rand der Fläche gab ein lautes Geräusch von sich und Wasser sprudelte in den verrücktesten Formen heraus. Es wurde rot, gelb, grün und blau beleuchtet. Ein begeistertes ,Oah' ging durch die Menge. Zu den Wasserspielen lief eine Musik. Eine Musik, zu der man gut Walzer tanzen konnte. Denn das taten zwei Männer mittleren Alters, die offenbar zu viel getrunken hatten. Die Leute um sie herum hatten Platz geschaffen. Die "Tanzfläche" hatte sich direkt hinter den zwölf Freunden gebildet. Aus Angst, einfach von den beiden Angeheiterten geschnappt zu werden und mittanzen zu müssen und sich somit zu blamieren, verschwand Sora ein wenig zwischen ihren Freunden. Dabei erblickte sie Matt. Ein wenig abseits bei der Nervensäge Minami. Es fehlte nicht mehr fiel und die beiden hätten Händchen gehalten. Dann wäre es vielleicht sogar noch zum Kuss gekommen und dann, irgendwann im Laufe des Urlaubs... Nein! Daran wollte Sora gar nicht denken!

Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, wobei sich ihre Fingernägel in die Handfläche gruben, was mit der Zeit schmerzhaft wurde.

"Schön, oder?", seufzte Kari und beobachtete das Wasser.

"Ich finde es einfach nur bescheuert!", murmelte Sora und meinte damit nicht die Wasserspiele.

"Was? Wieso denn? Also die Idee find ich gut", sagte Kari überrascht. "Vor allem war es ja eine Überraschung. Der Reiseleiter hat uns gesagt, wir sollen hier warten."

"Hä?" Sora sah Kari verwirrt an. Sie konnte ihr gerade nicht ganz folgen.

"Na er wusste doch, dass es diese Wasserspiele gibt", meinte Kari etwas irritiert.

"Ähm... Wovon sprichst du eigentlich?", fragte Sora völlig perplex.

"Was? Hab ich dir doch erklärt. Du hast mir sogar deine Meinung gesagt", antwortete Kari durcheinander.

"Hab ich das? Ich glaub nicht", sagte Sora. Irgendwie redeten sie und Kari gerade aneinander vorbei.

"Wie jetzt? Was fandest du dann bescheuert?", fragte Kari noch immer total irritiert.

"Ach, vergiss es einfach! Ich hab nicht die Wasserspiele gemeint", sagte Sora hastig und wendete ihr Gesicht wieder nach vorne.

Später saß sie im Bus wieder neben Mimi.

"Wie spät ist es?", fragte diese und gähnte müde.

Sora kramte ihr Handy aus der Tasche und sah auf den Display.

"Viertel zwölf", sagte sie erschöpft und steckte es zurück in die Tasche.

"So spät schon?", sagte Mimi verwundert. "Und wir müssen mindestens eine Stunde fahren."

"Na und? Wir haben Ferien", erwiderte Sora.

Der Reiseleiter ging durch den Bus, kontrollierte wie im Kindergarten, ob alle da waren und riss hier und da seine Witzchen.

Sie waren keine zwanzig Minuten unterwegs, da erfuhr er, dass die beiden Männer, die getanzt hatten, mal ganz schnell für Königstiger mussten.

Der Reiseleiter lächelte amüsiert, schritt wieder nach vorne, redete etwas mit dem Busfahrer, griff nach dem Mikrofon und verkündete:

"Pinkelpause!"

Der Bus lachte.

Der Busfahrer öffnete die Vordertür und die beiden Männer stürmten nach draußen. Gefolgt von Tai und Matt, worauf ihre Freunde lachen mussten.

Als sie nur noch circa zehn Minuten zu fahren hatten, hielt der Bus ein zweites Mal an, da den beiden Männern schon wieder die Blase drückte. Diesmal blieben Tai und Matt sitzen.

Hotel Azur war das letzte Hotel, das der Bus erreichte. Die zwölf stiegen einer nach dem andern aus. Sora kam als vierte von hinten. Sie ging die schmale Treppe hinunter. Doch auf der vorletzten Stufe trat sie einen kleinen Schritt daneben, rutschte ab und schrie. Ihr Fall wurde durch Matt, der sie auffing, gebremst.

"Alles in Ordnung?", fragte er und sah sie etwas erschrocken an.

"Ja, ja, geht!", sagte Sora abwehrend, riss sich von ihm los und stolzierte schon voraus. Sie spürte förmlich die fragenden Blicke der anderen.

Mimi holte sie ein.

"Was sollte das denn gerade? Ich dachte, du liebst ihn!", wollte sie wissen.

"Ich lass mich doch nicht von ihm ausnutzen!", erwiderte Sora wütend.

"Wieso ausnutzen?", fragte Mimi verwirrt.

"Merkst du denn nicht, was er da die ganze Zeit mit Minami abzieht?"

"Na ja..." Mimi schien nichts mehr einzufallen.

Die beiden Mädchen verabschiedeten sich von den anderen und gingen dann in ihr Apartment. Wenig später kamen auch Tai und Matt dazu.

Der fünfte Tag: Die Wette (Der verfluchte Kuss)

komisches kapitel...

schwachsinnige idee XD aber gut,lassen wir das

meine meinung zu der ff kennt ihr ja

danke an alle leser und kommischreiber
 

(7) Der fünfte Tag: Die Wette
 

"Und was wollen wir heute machen?", fragte T.K. in die Runde, als auch endlich der letzte mit seinem Essen zum Frühstückstisch gefunden hatte.

"Ich würde Strand sagen", meinte Cody.

"Ich auch. Wir waren schon die letzten beiden Tage am Pool", stimmte Kari zu.

"Und was sagt ihr dazu?", fragte T.K. und sah die anderen erwartungsvoll an.

Alle waren einverstanden und sagten Ja. Außer Sora. Die rührte nur lustlos in ihrem Cappuccino herum. Sie hatte gerade ganz andere Dinge im Kopf.

"Sora? Stimmt irgendwas nicht?", fragte Tai, der sie ansah und hob eine Augenbraue.

"Was? Nein, Strand ist gut. Ja, bin dabei", stotterte Sora schnell.

Die Blicke der anderen waren auf sie gerichtet. Na ganz toll! Wie sollte sie aus dieser Situation wieder herauskommen?

"Und wo wollen wir Mittag essen?", unterbrach Davis das Schweigen.

Sora war ihm dankbar. Auch, wenn er nichts vernünftiges gesagt hatte, die anderen wendeten sich immerhin von Sora ab.

"Echt, Davis, du bist unverbesserlich!", sagte Yolei kopfschüttelnd. Die anderen lachten und Davis wurde rot. Auch Sora musste kichern. In dem Moment spürte sie, dass sie jemand ansah und sie wusste auch, wer es war. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Matt, der zu ihr sah.

Sie beschloss, ihn nicht weiter zu beachten und machte sich über ihr Frühstück her.

Die zwölf Freunde trafen sich später alle am Strand. Tais Gruppe war die letzte. Die vier holten sich jeder eine Liege und setzten sich drauf. Nachdem sie sich mit Sonnencreme eingeschmiert hatten, gingen Sora und Mimi gleich ins Wasser.

"Oh Gott, ist das schon wieder heiß!", stöhnte Mimi und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während sie durchs Wasser watete. Sora folgte ihr nickend. "Dabei ist es gerade mal halb elf."

Die beiden Mädchen tauchten unter, um sich ganz nass zu machen. Als sie wieder auftauchten, schwammen sie raus.

"Sag mal, wann willst du es Matt endlich sagen?", wollte Mimi wissen.

Sora zögerte eine Weile und schwamm auf dem Rücken weiter. Dann sagte sie:

"Ich weiß auch nicht. Ich glaube, ich sag es ihm gar nicht. Vielleicht ist das ja bloß so eine komische Phase und in drei Tagen ist plötzlich alles vorbei."

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht!", meinte Mimi stirnrunzelnd.

"Hast Recht", gab Sora zu. "Aber ich will es ihm nicht sagen. Das heißt, ich will schon, aber ich hab zu große Angst davor."

"Wieso denn?", fragte Mimi drängend. "Das schlimmste, was dir passieren kann, ist, dass er dir sagt, dass er dich nicht liebt."

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre!

"Gerade davor hab ich ja Angst", erwiderte Sora ungeduldig. "Und ich glaube kaum, dass er mich liebt. So, wie er dauernd mit Minami redet und wie sie an ihm dran klebt!"

"Na ja, du musst es ja wissen", sagte Mimi, drehte sich auf den Rücken und ließ sich einfach treiben. Auch Sora schwamm nicht mehr und schloss die Augen. Sie wollte nicht länger an Matt denken.

"Tai und Matt", sagte Mimi leise.

"Was?" Sora konnte ihr nicht ganz folgen.

"Die sind unterwegs zu uns. Die tauchen. Ich wette, die haben irgendwas vor", erklärte Mimi.

"Und was machen wir jetzt?", fragte Sora.

"Wart's ab! Die sind gleich da", stellte Mimi fest. Sie drehte sich wieder um und tauchte.

Sora machte einfach das gleiche und schwamm geradeaus. Nur da sie die Augen unter Wasser geschlossen hatte und man sowieso nicht so viel sah, wusste sie nicht, dass sie geradewegs auf Matt zuschwamm.

Knall!

Sora öffnete den Mund und wollte einen Schmerzenslaut von sich geben, doch aus ihrem Mund kamen nur Blasen und sie schluckte eine Menge Salzwasser. Hustend tauchte sie auf. Ihre Kehle brannte von dem vielen Salz und ihre Stirn pochte. Genau die Stelle, wo sie vorher schon eine Beule hatte.

"Idiot!", fuhr sie Matt an, der sich die Stirn rieb.

"Sorry!", knurrte Matt ärgerlich und versuchte, seine Beule anzugucken.

"Was sollte das überhaupt werden? Wieso schleicht ihr euch so an uns ran?", fauchte Sora.

"Nun krieg dich mal wieder ein! Das sollte bloß ein Scherz werden, den ihr verdorben habt!", polterte Matt.

Ein Scherz also. Ob das mit Minami auch bloß ein Scherz ist?

"Toller Scherz! Sich an uns ranschleichen und uns mit Schlamm oder Algen bewerfen und uns untertauchen oder weiß ich, was ihr vorhattet!", feuerte Sora zurück.

"Was ist denn mit dir los? Du verstehst doch sonst immer Spaß!", sagte Matt bissig.

"Gar nichts ist los!", antwortete Sora giftig und schwamm an ihm vorbei.

Mimi schwamm ziemlich schnell, als wäre sie auf der Flucht. Sora blieb ihr dicht auf den Fersen. Plötzlich hielt jemand ihren Fuß fest.

"Matt!", rief sie wütend und wirbelte herum. Doch das war gar nicht Matt.

"Oh, sorry, Tai, ich dachte, du wärst Matt", sagte sie lächelnd.

"Hab ich gemerkt", erwiderte Tai grinsend. "Ich dachte auch, du wärst Mimi."

"Nein, diesmal hast du die falsche erwischt!", sagte Mimi triumphierend von hinten.

"Das kann man ändern!", meinte Tai noch breiter grinsend und hechtete auf Mimi zu. Diese drehte sich schreiend um und schwamm davon. Tai war dicht hinter ihr.

"Sora?" Das war Matt, der hinter Sora stand. Schon wieder hatte er sich angeschlichen!

"Du sollst dich nicht so anschleichen!", raunzte Sora, ohne sich umzudrehen.

"Bist du jetzt sauer wegen unserem ,Scherz'?", fragte Matt vorsichtig, ohne auf ihren Kommentar zu achten.

"Ach, vergiss es einfach. Du kannst es jetzt sowieso nicht mehr rückgängig machen", antwortete Sora kühl.

"Und warum guckst du mich nicht mehr an?", fragte Matt und klang nun gereizt.

Sora verdrehte die Augen und wandte sich genervt um.

"Bist du heute mit dem falschen Bein aufgestanden, oder was?", wollte er wissen.

"Nein", sagte Sora bestimmt.

"Sora!", brüllte Mimi vom Strand aus.

Ohne Matt noch eines Blickes zu würdigen drehte Sora sich um und schwamm davon in Richtung Strand.

"Los, Beeilung! Mach hin!", drängelte Tai, der neben Mimi stand. "Da ist ja meine Uroma schneller als du!"

"Das glaub ich kaum", warf Mimi ein.

"Wer hat dich denn gefragt?", knurrte Tai.

"Wir befinden uns in einem Land, wo jeder reden kann, wann und mit wem er will!", erwiderte Mimi sachlich.

"Aber du musst dich doch nicht in jedes Gespräch einmischen. Halte deine viel zu große Nase lieber aus Angelegenheiten raus, die dich nichts angehen!", fauchte Tai.

"Meine Nase ist überhaupt nicht viel zu groß! Und frag doch Sora selbst, mit wem sie lieber redet!", feuerte Mimi zurück.

"Und ob deine Nase viel zu groß ist!", polterte Tai.

"Guck dir mal deine Füße an, dann weißt du, was viel zu groß ist!", keifte Mimi.

"Was wolltet ihr eigentlich von mir?", fragte Sora gelassen, als sie durch das flache Wasser auf die beiden zuwatete.

"Ich kann nichts für meine Füße!", konterte Tai, ohne sie zu beachten.

"Kann ich was für meine Nase?", rief Mimi aufgebracht.

Sora stöhnte und ging an den beiden vorbei. Wenn die erst mal angefangen hatten zu streiten, dann hörten sie so schnell nicht mehr auf. Das hatte man schon in den ersten Stunden im Hotel bemerkt.

Sie ging zu den Liegen und kramte in der Tasche nach dem Zimmerschlüssel. Er war irgendwo zwischen Klamotten, Büchern und sonstigem sinnlosen Kram versteckt. Dabei bemerkte sie, dass sie ihr Badetuch im Hotel vergessen hatte. Ihr erster Grund zurück zum Apartment zu gehen, war der, dass sie aufs Klo musste. Nun hatte sie noch einen. Sie zog den Schlüssel heraus, sagte den anderen, dass sie gleich wieder da wäre und ging Richtung Promenade.

"Sora, warte mal!", rief Tai, der durch den heißen Sand auf sie zu stürmte.

Sora wartete auf ihn. Als er bei ihr war, gingen sie zum Hotel. Sora schloss die Tür auf und Tai knallte sie hinter sich zu.

"Warum bist du jetzt eigentlich mitgekommen?", fragte Sora und sah Tai schief an.

"Ach, ich wollte bloß was trinken", meinte Tai, was nicht ganz glaubwürdig klang. "Willst du auch was?"

"Ja, okay", willigte Sora ein und ging schnell aufs Klo. Als sie wieder rauskam, nahm sie ihr Glas, das Tai neben das Küchenwaschbecken gestellt hatte und gesellte sich zu ihm auf den Balkon.

"Du, Sora?", fing Tai unsicher an.

"Ja?", sagte Sora ahnungslos.

"Sag mal, kann es sein, dass du irgendwie...so ein ganz kleines bisschen auf...Matt stehst?", fragte Tai und sah sie eindringlich an.

Sora umklammerte ihr Glas mit beiden Händen und sah auf die Promenade herunter. Sie erwiderte nichts. Was sollte man dazu auch noch sagen? Sogar Spätzünder Tai hatte es gecheckt. Dann würde der Rest es bestimmt auch wissen. Na großartig!

"Wenn ich du wäre, würde ich es ihm sagen, bevor es eine andere tut", sagte Tai leise nach einer Weile Schweigen.

Sora wusste, dass er mit der anderen Minami meinte. Vermutlich ließ die alte Krähe nicht mehr lange auf sich warten.

"Ich kann nicht", sagte Sora niedergeschlagen. Sie wendete den Blick nicht von der Promenade, da sie wusste, dass Tai sie noch immer ansah.

"Und wieso nicht?", fragte Tai noch immer leise und rückte ein Stück näher an sie heran.

"Er hat doch Minami. Wahrscheinlich hat er sich schon längst in die verliebt", antwortete Sora trotzig.

"Das weißt du doch gar nicht", sagte Tai.

"Doch! Das ist doch offensichtlich! Wie sie immer so zusammen rumhängen und sich ständig treffen! Wahrscheinlich sitzen sie jetzt auf irgendeinem einsamen Felsen im Meer und...", weiter kam sie nicht, denn sie wurde von ihren Tränen übermannt. Sie wischte sich mit der Hand über die Augen.

"Ach, Sora...", seufzte Tai, legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.

Sora legte die Arme um seinen Oberkörper, drückte ihr Gesicht leicht gegen seine Schulter und versuchte, gegen weitere Tränen zu kämpfen, was ihr einigermaßen gelang.

"Wenn du mal eine starke Schulter zum Ausheulen brauchst, dann weißt du, zu wem du kommen kannst", sagte Tai leise.

Sora sah ihn an. Er grinste.

"Danke, Tai", sagte Sora lächelnd.

"Keine Ursache", erwiderte Tai und ließ sie los. "Besser, wir gehen wieder, sonst kommen die anderen noch auf dumme Gedanken."

Die beiden gingen wieder zurück zum Strand.

"Wo wart ihr denn?", fragte Mimi und sah die beiden dumm an.

"Da, wo du nicht warst", erwiderte Tai, der sie schnippisch angrinste.

"Was wolltet ihr im Hotel?", fragte Mimi weiter.

Wieso wollte sie denn eigentlich wissen, wo Tai und Sora waren, wenn sie die Antwort sowieso schon kannte?

"Ich hab dir doch schon gesagt, du sollst dich aus Angelegenheiten raushalten, die dich nichts angehen!", fauchte Tai und sein Lächeln verschwand.

"Man wird doch wohl noch fragen dürfen!", maulte Mimi.

"Nein!", sagte Tai wütend.

"Nun reg dich nicht so künstlich auf!", knurrte Mimi.

"Ich reg mich überhaupt nicht künstlich auf!", rief Tai. "Du gehst mir echt auf die Nerven, Mimi! Ob du es vielleicht mal schaffst, mich einen Tag lang in Ruhe zu lassen? Wenn ja, dann zieh ich mich vor versammelter Mannschaft bis auf die Boxershorts aus und singe Matts Song!"

"Okay! Wenn ich morgen von Früh um neun bis Abend um acht irgendwann mal mit dir rede, dann filmt Sora mich beim Duschen und zeigt es unseren Leuten!", sagte Mimi vergnügt. Sie schien ziemlich siegessicher.

"Top, die Wette gilt!", verkündete Tai und schüttelte Mimis Hand.

"Ihr habt ja nicht mehr alle Rinder im Stall!", meinte Sora mit missbilligender Stimme und runzelte die Stirn.

Sofort erzählten die drei den anderen von der Wette.

"Tai, du musst unbedingt gewinnen", zischte Izzy Tai zu.

"Ich weiß. Ich hab auch keine große Lust, mich auszuziehen und zu singen", zischte Tai zurück.

"Ich meine eher wegen Mimis Wetteinsatz", murmelte Izzy grinsend.

"Ja, der ist nicht schlecht, was?", stimmte Tai zu und die beiden Jungs kicherten

In dem Moment kam Mimi vorbei.

"Lach nur, solange dir noch danach zumute ist, Tai", sagte sie und lächelte triumphierend.

"Wieso bist du dir so sicher, dass du gewinnst?", fragte Sora.

"Ich gehe nie Wetten ein, bei denen ich nicht weiß, ob ich gewinne oder nicht. Und bei dieser Wette hat Tai schon verloren", antwortete Mimi bloß.

"Aber die Wette hat doch noch nicht mal begonnen", murrte Tai.

Mimi wollte noch etwas sagen, doch sie wurde von Davis, der aus dem Wasser gestürmt kam, unterbrochen.

"Hey, Tai! T.K. hat mir grad von der Wette erzählt. Du musst gewinnen! Du musst gewinnen!", rief er aufgeregt. "Ich helfe dir auch."

"Nichts da! Wenn du ihm hilfst, hat er verloren!", bestimmte Mimi. "Niemand hilft Tai und niemand hilft mir!"

"Na gut", sagte Davis enttäuscht. "Streng dich an, Tai!"

"Soll ich euch mal was sagen?" Das war Matt, der ebenfalls vom Wasser kam. "Ihr spinnt beide. Aber trotzdem, Tai, du musst gewinnen! Ich will dich nicht singen hören!"

"Nein, Mimi muss gewinnen!", widersprach Sora bestimmt. "Ich bin auf Mimis Seite!" Sie warf Matt einen kalten Blick zu. Dieser sah sie darauf fragend an.

"Ich auch!", sagte Yolei.

"Ich bin auch auf Mimis Seite", stimmte Kari zu. "Ich weiß zwar, wie Tai singt - das macht er ja jedes Mal unter der Dusche - aber..."

"Halt die Klappe, Kari! Das stimmt doch überhaupt nicht!", protestierte Tai.

Kari und die anderen lachten.

Eine Weile später legte sich Sora auf ihre Liege und hörte eine CD. Sie lag im Schatten des Schirms und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Die Liege war so gemütlich und das Lied so ruhig und es war schön warm...

Sie wurde erst wieder durch eine Hand, die sie anstupste, geweckt. Verschlafen öffnete sie die Augen. Die CD in ihrem Discman war längst durchgelaufen. Sie zog sich die Minikopfhörer aus den Ohren und setzte sich auf.

"Was? Wie spät ist es?", fragte sie verwirrt.

"Fast halb fünf. Ein paar von uns sind schon gegangen", antwortete Yolei, die sie vermutlich auch geweckt hatte.

"Halb fünf?! Wieso habt ihr mich denn nicht geweckt? Ich hab den ganzen Tag verschlafen!", fuhr Sora sie an.

"Wir dachten, du wolltest lieber schlafen. Entschuldige", sagte Yolei kleinlaut.

"Ach, ist ja auch egal", sagte Sora nach einem kurzen Zögern und lächelte. "Jetzt kann man es sowieso nicht mehr ändern."

Sie packte ihre Sachen zusammen und sah sich um. Na großartig! Matt war der einzige aus ihrem Apartment, der noch da war. Tai und Mimi hatten schon die Kurve gekratzt. Wahrscheinlich absichtlich! Immerhin waren sie beide informiert!

Sora stand auf und hing sich die Tasche um die Schulter. Ohne auf Matt zu achten, schritt sie durch den Sand auf die Promenade.

"Sora, warte doch mal!", rief Matt ihr nach.

Sora tat so, als hätte sie ihn nicht gehört und lief etwas schneller.

Doch Matt holte sie ein.

"Sag mal, was hast du heute für ein Problem mit mir?", fuhr er sie an.

"Schatz, ich hab gar kein Problem mit dir. Wie kommst du nur darauf?", fragte Sora mit honigsüßer Stimme und lächelte ihn künstlich an.

"Hör auf mit dem Schwachsinn und sag endlich, was du hast!", forderte Matt wütend.

"Wo ist denn Minami eigentlich?", fragte Sora. Ihr Lächeln verblasste zwar, doch ihre Stimme klang noch immer so süß.

"Jetzt lenk nicht vom Thema ab!"

Sora drehte sich um und sah ihn zornig an.

"Seit wann interessierst du dich noch für mich, wenn du genauso gut zu deiner Minami gehen könntest?", fauchte sie.

"Du bist also doch eifersüchtig. Und lass Minami aus dem Spiel!"

Er verteidigte sie auch noch! Das brachte das Fass zum Überlaufen!

"Du Trottel!", schrie sie ihn an.

Da kam Minami auf sie zu.

"Hallo ihr beiden! Stör ich?", begrüßte sie die streitenden fröhlich.

"Nein, ich wollte gerade gehen!", zischte Sora, worauf sie sich Minamis irritierten Blick einfing. Sora stampfte an ihr vorbei über das Hotelgelände und eilte dann die Treppen hoch. Sie schloss schnell die Tür auf, sprang hinein und schloss sie wieder. Sie ließ die Tasche fallen, sank an der Tür hinunter, schlang die Arme um die angezogenen Knie, legte den Kopf darauf und fing an zu heulen.

Es machte sie jedes Mal so fertig, wenn sie mit Matt stritt.

"Sora, was ist denn passiert?", fragte Tai geschockt, der vor dem Fernseher gehockt hatte. Nun ging er neben ihr auf die Knie.

"Ich hasse sie!", brachte Sora bloß schluchzend heraus. Matt konnte sie ja nicht hassen, weil sie ihn liebte. Also blieb nur noch Minami übrig.

Doch Tai schien sie zu verstehen.

"Soll ich mal mit Matt reden?", fragte er. Seine Stimme klang irgendwie einfühlsam.

"Was willst du denn zu ihm sagen?", fragte Sora, hob den Kopf und wischte sich mit einer Hand über die verheulten Augen.

"Ach, bloß mal fragen, was er so von Minami hält oder so", antwortete Tai schulterzuckend.

Sora überlegte kurz. Eigentlich sprach nicht viel dagegen, dass Tai Matt mal unauffällig ein paar Fragen stellte. Viel hatte Sora sowieso nicht mehr zu verlieren.

"Ja, okay. Das ist lieb von dir", stimmte sie schließlich zu, schniefte kurz und lächelte ein wenig.

"Mach ich gerne für dich", entgegnete Tai. "Und nun hör auf zu weinen. Tränen stehen dir nicht." Er drückte sie an sich, küsste sie auf die Stirn und ging dann wieder zurück aufs Sofa.

Sora stand ebenfalls auf und setzte sich aufs Sofa.

"Warst du eigentlich schon duschen?", fragte sie Tai.

"Ja, klar! Schon lange. Mimi steht bestimmt schon seit einer halben Stunde unter der Dusche", antwortete dieser trotzig.

Fünf Minuten später ging die Badtür auf.

"...just a chance to say get out, right now! It's the end of you and me...", trällerte Mimi und tänzelte nur mit einem Badetuch um den Körper geschlungen durch die Gegend, bis sie schließlich im Schlafzimmer verschwand.

"Da hat ja jemand gute Laune", meinte Sora. Langsam trockneten auch die letzten Tränen.

"Die hat sie, seit wir die Wette abgeschlossen haben", erwiderte Tai misstrauisch und wendete sich wieder der albernen Zeichentrickserie im Fernsehen zu.

"Ich bin dann mal duschen", verkündete Sora und verschwand im Bad. Sie brauchte diesmal auch ungefähr eine halbe Stunde, bevor sie wieder rauskam.

In der Zwischenzeit war Matt dazugekommen. Er, Tai und Mimi hockten oder standen um die Couch herum und hörten Musik und laberten.

Irgendeiner hatte sein Radio mitgeschleppt und es an eine Steckdose angeschlossen. Denn dieses Gerät stand auf dem Tisch und spielte laut ältere Lieder.

Sora ging ins Schlafzimmer, um sich einzukremen und sich umzuziehen. Als sie sich gerade etwas anzog, hörte sie die Türklingel. Irgendjemand öffnete die Tür. Sora zog sich schnell noch ein Top an und verließ dann den Raum. Matt war es, der die Tür geöffnet hatte und vor der Tür stand ein braunhaariges Mädchen mit strahlendblauen Augen. Sie war eindeutig eine Japanerin. [A.d.A.: Blaue Augen? Kann nur Japaner sein. Logisch, oder?]

Im Vorbeigehen schnappte Sora die Worte "...Sänger der Teenage-Wolves..." auf. Na klasse! Eine zweite Minami hatte gerade noch gefehlt! Vermutlich würden sich Minami und ihre Doppelgängerin nun die Köpfe wegen Matt einschlagen. Sollten sie doch! Sora konnte es egal sein!

Sie setzte sich neben Mimi, die gerade mit Tai quatschte. Sora beteiligte sich nicht am Gespräch und bewegte den Kopf im Takt der Musik.

Nach einer Weile schloss Matt die Tür wieder und kam zu den dreien zurück.

"Wer war denn das?", wollte Mimi wissen.

Das war Minami zwei! Eine weitere Nervensäge!

"Ein Fan, der mich erkannt hat", antwortete Matt genervt. "Ich hätte nicht gedacht, dass hier so viele davon rumlaufen."

"Und was wollte die von dir?", fragte Tai.

"Hat mich gefragt, ob wir uns mal treffen können. Sie heißt..."

...Minami zwei!

"...Mika."

Na ja, das fing zumindest mit Mi- an.

"Nirgendwo hat man seine Ruhe!", regte Matt sich auf.

Armer Matt! Er konnte einem fast Leid tun! Hahaha!

"Tja, nicht einfach, wenn man berühmt ist", sagte Mimi amüsiert lächelnd und zuckte mit den Schultern.

"Dann wirst du es immer einfach haben, da du mit deiner Visage nicht berühmt werden kannst", meinte Tai grinsend und sah sie herausfordernd an.

Mimi warf ihm einen giftigen Blick zu.

"Musst du eigentlich immer deine völlig überflüssigen Kommentare dazu geben?", fauchte sie.

"Mimi, Schatz, ich glaub, du hast die Wette jetzt schon verloren", sagte Tai überlegen grinsend.

"Das werden wir ja noch sehen! Das werden wir sehen", murmelte Mimi.
 

Nach dem Abendessen wollte Sora etwas mit Mimi zusammen machen. Also verabschiedeten sich die beiden Mädchen von ihren Zimmergesellen und machten die Gegend unsicher.

"Wow, was ist denn das da für ein Laden?", rief Mimi begeistert und ehe Sora sich versah, befand sie sich neben Mimi an einer Kleiderstange in dem Klamottenladen im Jugendstil.

"Guck mal, wie findest du das?", fragte Mimi und hielt Sora ein orangefarbenes Top mit roten Blumen entgegen.

"Ganz okay, aber guck dir mal die hier an!", antwortete Sora aufgeregt und zeigte Mimi eine Shorts im Brasilienlook.

"Ja, die ist nicht schlecht", entgegnete Mimi und riss Sora das Kleidungsstück aus der Hand. Sie angelte sich noch ein giftgrünes und ein meerblaues Top und einen kurzen Rock und verschwand in der nächsten freien Umkleidekabine.

Sora begutachtete derweil die anderen Klamotten. Sie blieb an einem in verschiedenen Pink- und Rottönen gestreiften, kurzen Strandkleid stehen, dessen Träger man im Nacken zusammen binden musste. Sora beschloss, das Kleid wenigstens mal anzuprobieren. Also nahm sie es und verschwand in einer Umkleidekabine. Schnell hatte sie ihre Klamotten aus- und das Kleid angezogen. Kritisch betrachtete sie sich im Spiegel. Normalerweise gehörte sie ja nicht zu dem Typ Mädchen, die sich ständig wegen ihrer Figur Sorgen machten, doch als sie sich so betrachtete, stellte sie fest, dass ihr ein paar Kilo weniger nicht schaden würden. Das sah man gut, da das Kleid eng anliegend war. Aber irgendwie stand es ihr. Sie drehte sich in alle Richtungen und nickte dabei ihrem Spiegelbild zufrieden zu. Sie beschloss, das Kleid zu kaufen. Also zog sie sich wieder um, verließ die Umkleidekabine und wartete auf Mimi.

Nach zehn Minuten war Mimi immer noch nicht wieder aufgetaucht. Vielleicht war sie ja in einem ihrer Tops stecken geblieben. Oder sie war gerade dabei, sich umzubringen.

Sora schüttelte unwirsch den Kopf. Wie kam sie nur auf die Idee?

Nach weiteren fünf Minuten erschien Mimi endlich. Sie strahlte von einem Ohr zum anderen, als hätte sie gerade im Lotto gewonnen.

"Passt alles", berichtete sie glücklich.

Sora grinste. In Sachen Mode war Mimi unglaublich leicht zu begeistern.

Sie gingen gemeinsam zur Kasse und bezahlten ihre Teile. Danach verließen sie den Laden, um weiter durch die Ortschaft zu schlendern.

"Jamaika ist so toll", schwärmte Mimi als sie gerade beschlossen hatten, sich jeder ein Eis zu kaufen und sich kurz auszuruhen. "Hier ist es immer warm und sonnig und wenn wir Tai noch nach Hause schicken könnten, dann wäre alles perfekt."

"Ach, hör auf mit Tai. Er gehört genauso zu uns wie du", sagte Sora nüchtern und schleckte genüsslich langsam an ihrem Eis.

"Aber er motzt mich ständig so an", klagte Mimi. "Und beschuldigt mich für Sachen, für dich ich nichts kann."

Sora fing an zu lachen. "Komm schon, du bist mindestens genauso schlimm wie er! Außerdem, was sich neckt, das..."

"Ja ja, schon gut!", grummelte Mimi aufgebracht, bevor ihre Freundin den Satz beenden konnte. "Aber wie du Matt in letzter Zeit behandelst, finde ich nicht fair. Er weiß doch gar nicht, was du hast."

"Ja, das sagt er immer! Ich wette, der weiß das ganz genau!", widersprach Sora sofort.

"Oh, sprich bitte nicht vom Wetten! Davon hab ich genug für heute!", seufzte die Braunhaarige. "Der will mich morgen bestimmt fertig machen."

"Das kann dir doch egal sein. Du weißt doch sowieso, dass du gewinnst", meinte Sora grinsend. Ihre Freundin ließ den Blick übers Meer schweifen, das sich vor ihnen wie ein endloser, tiefblauer Teppich erstreckte. Sie saßen wieder auf der Steinmauer am Straßenrand und ließen die Beine auf der Seite herunterbaumeln, auf der es steil nach unten zum Strand ging.

"Ja schon, aber tro-...AAAAH!" Mimis lautes Kreischen ließ Sora zusammen zucken. Aus den Augenwinkeln hatte sie bemerkt, dass Mimi plötzlich nach vorne gestoßen und kurz vorm Absturz in die ,Tiefe' wieder zurück gerissen wurde. Mit weit aufgerissenen Augen wirbelte Sora schockiert herum und sah Tai, der Mimi an den Schultern gepackt hatte und nun laut lachte. Kari stand neben ihm und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Hab ich dich erschreckt?", fragte Tai überflüssigerweise und noch immer lachend.

Mimi schwang sich herum, sprang auf und baute sich mit wutverzerrtem Gesicht vor ihm auf.

"Du hirnloser, bekloppter, verdammter, dämlicher, bescheuerter, idiotischer... Idiot!", schrie sie ihn an. "Was fällt dir ein, mir so einen Schrecken einzujagen?! Ich hätte sterben können, wenn ich hinunter gefallen wäre!"

"Du und deine maßlosen Übertreibungen!", lachte Tai. "Du hättest dir allerhöchstens den Fuß verstaucht."

"Du und deine Untertreibungen!", keifte Mimi, schnappte Sora ihr Eis aus der Hand (ihr eigenes hatte sie bei dem Schreck fallen gelassen) und klatschte es Tai mitten ins Gesicht.

"Ih! Sag mal, spinnst du?!" Der Angeschmierte wischte sich mit einer Hand das Gröbste aus dem Gesicht.

"Nein, ich verteidige mich!", fauchte Mimi.

Sora verdrehte die Augen und sah Kari mit einem Jetzt-geht-das-schon-wieder-los-Blick an. Diese nickte nur betroffen und seufzte.

"Du drehst doch total am Rad! Glaubst du, ich würde ausgerechnet dich echt darunter schubsen?", rief Tai wütend, während er sich ein Taschentuch aus der Tasche kramte.

"Ausgerechnet mich? Was soll das heißen?" Mimis Gesicht verwandelte sich augenblicklich von wütend in sehr überrascht.

"Äh...ich...also...", stotterte Tai und wurde leicht rot. "Ach, vergiss es einfach! Los, ich kauf euch ein neues Eis!" Er drehte sich grimmig um und marschierte davon.

Sora und Kari sahen sich erneut an und fingen dann gleichzeitig an zu lachen, während Mimi nur verdutzt Tai hinterher sah.

"Ich nehme... äh... eine Kugel Schoko", sagte Sora, als sie neben Tai an der Eisdiele angekommen war.

"Ich nehme eine Kugel Vanille, eine Kugel Melone, eine Kugel Mango und eine Kugel Himbeerjoghurt", sagte Mimi nun wieder gut gelaunt.

"So viel? Hallo? Wer soll denn das bezahlen?", beschwerte sich Tai.

"Der, wegen dem ich mein Eis verloren habe!", antwortete sie und warf ihm einen giftigen Blick zu und fügte dann wieder lächelnd an den Verkäufer gewandt hinzu "Ach ja, und das ganze bitte mit noch mit viel Sahne und Schokosoße."

Tai schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und murmelte etwas Unverständliches, das verdächtig nach "Die hat sie doch nicht mehr alle" klang.

"Ich nehme eine Kugel Kiwi", bestellte Kari.

"Was du auch? Du gehörst nicht zu denen, die wegen mir ihr Eis verloren haben", klagte ihr Bruder, worauf Kari ihn mit sehr großen, traurigen Augen ansah und schließlich ihren Willen bekam.

"Du schuldest mir sowieso noch Geld", meinte sie vergnügt lächelnd.

Im Endeffekt waren es fast zwanzig Dollar, die Tai für Eis (oder auch Extrawünsche wie zum Beispiel Schlagsahne) ausgab, was ihn sehr zu schaffen machte.

"Das nächste mal schubs ich dich echt da runter", murmelte er Mimi grimmig zu.

"Jetzt lass deine schlechte Laune nicht an mir aus!", sagte diese energisch.

"Na an wem denn sonst? Du warst ja auch die einzige, die sich gleich vier Kugeln Eis bestellt hat!", erwiderte er bissig.

"Was kann ich denn für deine stumpfsinnigen, kindischen Ideen?"

Bevor sie sich noch weiter diesen dämlichen Streit anhören musste, driftete Sora nach rechts ab und ging schnell in die Richtung weiter, in die sie mit Mimi gehen wollte.

Kari folgte ihr.

"Also langsam wird's echt ein bisschen nervig mit den beiden", seufzte sie.

"Langsam? Sei froh, dass du nicht mit ihnen in einem Zimmer bist", sagte Sora lachend. Sie musste daran denken, wie sie sich mit Matt immer vielsagend ansahen, wenn die beiden Zicken anfingen sich anzukeifen. Ach Matt...

"Ich kann mir gut vorstellen, dass Tai immer der ist, der anfängt", meinte die Kleinere neben ihr.

"Ja, ist er auch. Aber Mimi lässt sich halt viel zu leicht provozieren. Sie geht immer so auf seine Sticheleien ein und nimmt das alles viel zu ernst. Aber versuch mal, ihr das klar zu machen", erklärte Sora.

Kari nickte bestätigend. Die beiden Mädchen liefen noch den ganzen Abend durch die Stadt und quatschten und lachten bis sie irgendwann gegen Mitternacht wieder im Hotel ankamen. Auf der Terrasse vor dem Haupthaus sah sie ihn. Oder war er es?

Sora war sich eigentlich ziemlich sicher, Matt dort zu sehen. Diese blonden glänzenden Haare, in denen keine konkrete Frisur erkennbar war, leicht vom Winde verweht... [A.d.A.: Jaja, bei mir hat er nicht Tonnen Haargel reingeklatscht, so wie bei vielen anderen]

Sie wollte mit ihm reden, denn sie fand, dass Mimi Recht hatte. Vielleicht hatte sie ihn doch etwas unfair behandelt in der letzten Zeit.

"Ähm, Kari, geh am besten schon mal vor, ich komm dann nach", versuchte sie Kari abzuwimmeln.

"Wieso?", wollte die Kleinere wissen und sah Sora fragend an.

"Ich hab noch was vor", sagte Sora schulterzuckend. Sie ahnte schon Karis nächste Frage.

"Was denn?", fragte sie neugierig grinsend.

"Ähm... ich... also...", stotterte Sora. Konnte das Mädel nicht einfach mal gehen, ohne dass man ihr alles haarklein erzählen musste?

"Hey, da seid ihr ja!", stellte Tai fest, der plötzlich hinter ihnen stand. Er war alleine. Was er wohl mit Mimi gemacht hatte?

"Tai, Sora hat was vor!", erzählte Kari sofort.

Tais Lächeln verschwand und er sah Sora nur verdutzt an. "Ach so? Was denn?"

"Das will sie mir nicht sagen", antwortete Kari beleidigt. "Vielleicht hat sie ja einen Freund, oder sie geht jetzt in irgendeinen Nachtclub oder gibt sich heimlich die Kante, oder..." Während die Zwölfjährige ihre merkwürdigen Vermutungen anstellte und sich weiterhin darüber beklagte, dass Sora ihr nicht sagte, was sie vorhatte, formte selbige hinter Karis Rücken immer wieder das Wort "Matt" mit ihren Lippen und deutete nach hinten, wo der Blonde saß. Tai hörte Kari nicht wirklich zu, sondern versuchte zu verstehen, was Sora ihm mit dieser Geste zeigen wollte. Es dauerte noch ein Weilchen, bis endlich der Groschen fiel.

"Ja, Schnecke, und wir gehen jetzt hoch ins Hotel, denn was Sora macht, kann dir so was von egal sein", unterbrach er seine Schwester, legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie weg, ehe sie sich weiter beschweren konnte.

Sora dankte Tai in Gedanken und machte sich auf zu dem Tisch, an dem sie Matt gesehen hatte. Doch als sie näher kam, sah sie, dass die Schreckschraube neben bei ihm saß.

Sora blieb abrupt stehen, verdrehte die Augen und wollte sich schon zum Gehen umdrehen, als sie etwas beobachtete, was ihr fast den Atem raubte. Sie küssten sich! Zuerst dachte sie, es wäre bloß ein schlechter Traum, doch sie war sich ziemlich sicher, dass es Realität war, leider.

Minami kam ihm immer näher. Sie hauchten sich irgendetwas zu und küssten sich dann. Sora konnte sich das nicht länger mit ansehen. Mit brennenden Augen drehte sie sich um und lief schnell davon. Bloß ins Apartment. Bloß in ihr Zimmer. Bloß ins Bett und versuchen, nicht mehr an das eben geschehene zu denken.

Sie klingelte, Mimi öffnete.

"Ach du bist es", sagte sie und trat zur Seite, um sie herein zu lassen.

"Wen hast du erwartet?", fragte Sora ohne sie anzusehen.

"Ich weiß auch nicht genau", antwortete sie schulterzuckend. "Irgendjemand."

Sora zog sich die Schuhe aus, ging ins Schlafzimmer und warf sich aufs Bett.

"Alles in Ordnung?", fragte Mimi, die im Türrahmen zu stehen schien. Sora hatte das Gesicht in den Kissen vergraben.

"Ja, mir geht's gut, bitte lass mich!", antwortete sie etwas bissig.

Die Schlafzimmertür schloss sich. Endlich allein.

Sora dachte nach. Sie konnte es Matt ja nicht verübeln, dass er auf diese Nuss von Minami stand. Aber es tat weh. Und er sollte aufhören, Sora Hoffnung zu machen, wenn er was mit ihr hatte!

Der sechste Tag: Tai gegen Mimi (Unverhofftes Geständnis)

man glaubts kaum, ich hab's geschafft O_O

kapitel 8 ist fertig XD *champagner verteil*

tut mir echt leid, dass es soooooo lange gedauert hat T_T vielen dank an alle leser und kommischreiber >_<

und ein ganz großes DANKE an Ruky *verbeug*

dank ihr und ihrer tollen fanfic "Raise your voice" hab ich wieder lust bekommen, an meiner Story weiterzuschreiben *_*

also denn viel spaß hiermit xD"
 

Durch eine Art Freudenschrei wurde Sora geweckt und dadurch, dass das Bett plötzlich bebte. Erdbeben war ihr erster Gedanke, doch als sie entsetzt die Augen aufschlug, sah sie, dass es nur Tai war, der sich aufs Bett geschmissen hatte und Mimi rüttelte.

„Mimi! Aufwachen!“, grölte er.

„Tai!“, rief Sora genervt und war drauf und dran, ihn mit Füßen vom Bett zu treten.

Mimi hatte sich mit einem wutverzerrten Gesicht aufgesetzt und wollte ihn gerade anschreien, als ihr die Wette wieder einzufallen schien.

„Ja, was ist, lieber Tai?“, fragte sie und zwang sich zu einem Lächeln, was dann mehr so aussah, als hätte sie sich den Kiefer gebrochen.

„Es ist nach neun! Schneckchen, heute wird abgerechnet!“, erinnerte Tai sie überflüssigerweise mit einem breiten, fröhlichen Grinsen. Er hatte sich inzwischen so positioniert, dass er jetzt fast auf ihr saß.

„Au ja, ich freu mich schon“, erwiderte die Braunhaarige lächelnd und schob Tai sanft von sich runter, schwang sich vom Bett und marschierte aus dem Schlafzimmer.

„Sie hätte schon fast verloren“, grummelte Tai. „Ich glaube, es wird einfach zu gewinnen, aber das wusste ich ja gleich.“

„An deiner Stelle wäre ich mir da nicht so sicher“, meinte Sora schulterzuckend.

„Ach, die mach ich doch mit links fertig“, sagte Tai überzeugt und ließ sich nach hinten fallen. Dann sagte er etwas leiser: „Übrigens habe ich Matt mal ein bisschen ausgequetscht. Nämlich gestern, da kam er grad zurück mit so einem verwirrten Gesicht und da dachte ich mir, ich könnte die Chance beim Schopf packen, weil ich ja gesehen hatte, wie er mit Minami unten im Café saß, weißt du, wo du mir noch mit Zeichensprache erklärt hast, dass...“

„Komm zur Sache“, unterbrach Sora ihn seufzend.

„Ja, ja! Also auf jeden Fall hab ich gefragt, was er von Minami hält und da sagte er... nun ja... er sagte äh...“, stotterte er, als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen, das er Sora auf keinen Fall sagen durfte.

Sora setzte sich auf, beugte sich über ihn und sah ihn an. Sie ahnte schon, was er sagen wollte. Wahrscheinlich hatte Matt ihm gesagt, er wollte was von Minami und Tai wollte das der Rothaarigen lieber verschweigen.

„Er findet sie ganz nett, aber sie ist sehr anhänglich und etwas nervig. Genau, das sagte er“, ergänzte Tai, wobei er Sora nicht in die Augen sah. Er war ein verdammt schlechter Lügner...

Nun ja, wenn Matt diese Minami liebte, dann sollte er halt mit ihr glücklich werden.

Sora saß da und starrte an die Decke. Sie konnte ja nichts an seinen Gefühlen ändern und eigentlich war es egoistisch von ihr, sich dort einzumischen und dann auch noch Tai mit ihm reden zu lassen. Klar, es verletzte sie ungemein, die beiden zusammen zu sehen. Aber sie nahm sich vor, sie in Zukunft in Ruhe zu lassen. Nur durfte Matt dann auch nicht mehr anfangen, Sora Hoffnungen zu machen. Sobald er das noch einmal tun sollte, würde sie ihm richtig die Meinung sagen und ihn vermutlich anschreien... verdammt, wieso hatte sie sich auch ausgerechnet in so einen Schönling wie Matt verliebt?
 

Beim Frühstück waren alle wieder bester Laune und auch sonst hatte sich nichts verändert. Davis schaufelte Unmengen Rührei in sich hinein, Yolei hielt ihm Vorträge, was für ein Fresssack er wäre, Kari lachte über die beiden, Ken, Cody und T.K. überlegten, was sie an diesem Tag machen wollten, Matt schlürfte schweigend seinen Kaffee, Sora warf dem Blonden verstohlene Blicke zu, Tai ging Mimi auf die Nerven und Joe schüttelte den Kopf über die beiden. Apropos Mimi, sie war die Einzige, die nicht so war wie immer. Normalerweise stritt sie sich ja lautstark mit Tai, doch diesmal sagte sie kaum etwas zu ihm, lachte sogar teilweise mit.

„Mimi macht das ja noch recht gut“, nuschelte Joe Sora zu.

„Noch“, betonte Sora und warf Mimi einen nachdenklichen Blick zu.

„Ich hoffe sie verliert die Wette. Nicht, dass ich sie nicht mag oder so, aber ihr Wetteinsatz...“

„Ja, ja ich weiß, den findet ihr alle ganz toll“, unterbrach Sora ihn grinsend. „Aber ich weiß nicht so recht, was sie sich dabei gedacht hat. Sie würde sich niemals beim Duschen filmen lassen, darauf kannst du Gift schlucken!“

„Aber andererseits würde Tai auch niemals in Unterhosen vor uns singen“, warf Joe ein.

„Das ist auch wieder wahr, aber... ach ich weiß nicht. Sollen sie machen, was sie wollen. Ich hab andere Sorgen“, meinte Sora. Jetzt fing sie wieder mit der Eifersucht an, dabei hatte sie sich doch erst vor einer dreiviertel Stunde geschworen, dass es ihr egal wäre, was Matt und Minami taten.

„Immer noch unser blonder Frauenschwarm?“, fragte Joe mitfühlend.

„Weiß hier eigentlich die ganze Clique davon?“

„Ach komm schon, Sora! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass das irgendjemand nicht mitbekommen hat, dass du auf Matt stehst“, meinte Joe lachend.

„Nicht so laut!“, zischte Sora und warf Matt einen flüchtigen Blick zu.

„Entschuldige“, zischte Joe zurück und sah ebenfalls zu Matt. Der Blonde erwiderte die Blicke der beiden, die ihm gegenüber saßen.

„Was ist?“, fragte er stirnrunzelnd.

„Wir reden grad über deine Frisur. Die sitzt heute nicht richtig“, antwortete Joe bestimmt.

Matt riss die Augen auf und fuhr sich hastig mit beiden Händen durchs Haar. „Oh nein! Das kann doch nicht sein! Dabei habe ich extra heute zwei Stunden vor dem Spiegel gestanden, damit sie so perfekt aussieht wie nie! Das darf doch nicht wahr sein! Ist vielleicht sonst noch irgendwas falsch? Hab ich zugenommen? Sehe ich dicker aus? Hab ich Mundgeruch? Ein neuer Pickel vielleicht?“

Noch während Matt diesen Schwachsinn von sich gab, fing Joe lauthals an zu lachen und auch Sora konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Matt grinste nur amüsiert.

Plötzlich tönte auf der anderen Seite neben Sora schrilles Gelächter auf. Mimi war es, die hoch (und auch künstlich) lachte. Tai sah sie nur mit einem verwirrten Lächeln an.

„Was ist denn mit der?“, fragte Matt an Tai gewandt.

„Das gleiche wie immer“, antwortete der Braunhaarige nüchtern. „Sie übertreibt.“

„Sora, ist das nicht komisch?“, fragte Mimi noch immer lachend. „Tai macht so irre lustige Witze. Gerade hat er den Seekuhwitz mit mir gemacht. Los Tai, erzähl ihn noch mal!“

„Okay... kennt ihr den Unterschied zwischen Mimi und einer Seekuh?“, fing Tai an und sah in die Menge.

Sora, Matt und Joe schüttelten verneinend dir Köpfe.

„Ich auch nicht“, ergänzte Tai grinsend.

Mimi grölte los vor Lachen.

Sora sah Joe und Matt mit einem Sind-die-völlig-übergeschnappt-Blick an.

Joe klopfte sich mit einer Hand leicht auf den Schenkel und verzog dabei keine Miene.

Matt rückte mit seinem Stuhl etwas von Tai weg und warf selbigem ängstlich-irritierte Blicke zu.

„Sora, den musst du dir merken, ich glaube, ich werde heute den ganzen Tag über diesen Witz lachen“, sagte Mimi zu Sora. Ihr Lachen verklang allmählich und sie flüsterte ein wütendes „Ich bring ihn um!“ in ihr Ohr.

An diesem Tag wollten sie wieder ans Meer gehen. Gerade packte Soras Truppe ihre Klamotten als das nächste Unheil sich unaufhaltsam näherte.

„Oh nein! Wo ist mein Bikini?“ stöhnte Mimi und durchstöberte auf dem Balkon die Badeklamotten und Handtücher. „Matt, hast du ihn vielleicht gesehen?“

Matt, der eben auf den Balkon getreten war, antwortete kurz mit „Nein“, schnappte Tais und seine Badehose und verschwand wieder in der Wohnung.

Mimi lief nachdenklich zurück ins Schlafzimmer.

„Du Sora, hast du zufällig gestern gesehen, ob ich meinen Bikini wirklich auf den Balkon gelegt hab?“, fragte sie verzweifelt und fing an, ihre Sachen zu durchstöbern.

„Ich hab keine Ahnung, ich kam gestern später“, antwortete Sora, während sie ihren eigenen Bikini anzog. „Hast du nur einen mit?“

„Nein, aber das war mein Lieblingsbikini“, jammerte Mimi.

„Na dann zieh doch einfach einen anderen an und wir suchen ihn heute Nachmittag“, schlug Sora ihr vor.

Mimi nickte missmutig und kramte einen gestreiften Bikini aus dem Schrank hervor. Dabei zog sie noch alle möglichen anderen Klamotten mit raus, die dann schön verteilt auf dem Boden lagen. Ein Kleiderschrank für vier Leute, von denen auch noch zwei Mädchen waren, war halt viel zu wenig und so war alles sehr gequetscht in diesem Schrank.

„Ach, so ein Mist! Wenn die Kerle nicht so viele Klamotten hätten, würde das nicht dauernd passieren! Ständig reißt man alles andere mit aus dem Schrank, wenn man sich etwas rausholt, das regt mich so auf!...“, fluchte Mimi und fuhr noch lange damit fort, während sie die Klamotten zurück in den Schrank stopfte. Die Sachen drohten gerade wieder alle einzeln heraus zu fallen, doch Mimi warf schnell die Schranktür zu. Schnell hatte sie ihre Klamotten aus- und ihren Bikini angezogen, packte mit Sora zusammen ein paar Sachen für den Strand ein und los ging es. Zum Erstaunen beider Mädchen wuselten Tai und Matt noch durch den kleinen Raum. Das hieß also, sie waren mal zuerst fertig. Wow!

„Na Mimi? Bikini gefunden?”, fragte Tai im Vorbeigehen und grinste.

„Wie du siehst nicht, sonst hätte ich ihn wohl... warte mal! Du hast ihn, stimmt’s?“ Sie klang noch sehr freundlich, doch man konnte schon deutlich den Ärger spüren, der in ihr aufstieg.

Tai blieb stehen, drehte sich zu Mimi und sah sie erstaunt an. „Ich wusste gar nicht, dass du auch dein Gehirn einsetzen kannst.“

„Ha, Wunder geschehen...“, sagte Mimi wieder mit dem Gesichtsmuskelzerrungslächeln und diesem Lachen, das nach einem Krächzen klang.

„Tja“, sagte Tai. „Willst du ihn wieder haben?“

„Wenn du ihn so dringend brauchst, kannst du ihn gerne behalten“, antwortete Mimi ohne ihre Miene zu verändern.

„Nein, ich brauch ihn nicht, danke. Aber wenn du ihn nicht wieder haben willst, schmeiß ich ihn einfach weg“, meinte Tai schulterzuckend und trat näher zu der Braunhaarigen. Diese fletschte nun die Zähne wie ein Hund und von ihrem merkwürdig verzerrten Lächeln war nichts mehr übrig geblieben. Ihre Augen blitzten vor ohnmächtiger Wut und sie machte ganz den Eindruck, als würde sie Tai gleich an die Kehle springen und ihm den Hals umdrehen.

Tai kam noch näher, sodass sich die Gesichter der beiden fast berührten. „Ach genau. Ich schmeiß ihn einfach ins Meer. Vielleicht kann sich ja ein Fisch ein schönes oder eher hässliches Nest daraus bauen.“

Ein Fisch also... interessant...

„Weil sich Fische ja auch Nester bauen“, warf Matt ein.

„Ach, was weiß ich! Dann halt eine Möwe oder so“, knurrte Tai zurück.

Mimi bebte leicht. Als Sora das bemerkte, nahm sie ein paar Schritte Abstand um nicht das Opfer Mimis Wut zu werden.

Tai hatte schon wieder Luft geholt um Mimi weiter zu provozieren, doch Matt rettete die Situation, indem er ihn mit den Worten „So, wir müssen los, die anderen warten sicher schon“ schnell zur Tür rausschob.

Mimis ganzer Körper war verkrampft, als Sora den Blick wieder an sie wandte. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt, ihre Zähne noch immer gefletscht, ihre Augen wutentbrannt zusammengekniffen.

„Ich hasse ihn!“, zischte sie gepresst. „Ich hasse ihn so sehr! Heut Abend, wenn die Wette vorbei ist, binde ich ihm einen Stein um die Füße und werfe ihn ins Meer. Vorher rupfe ich ihm jedes Haar einzeln aus und stopf ihm sein dreckiges Maul mit Sand!“

Selten hatte Sora ihre beste Freundin so sauer erlebt. Sie sah sie vorsichtig an, nahm dann ihre Hand und ging mit ihr nach draußen den Jungs hinterher.

„Hach Sora“, seufzte Mimi unterwegs zum Strand.

„Ja?“

„Wie soll ich mich nur beherrschen bis heute Abend? Mir ist vorhin vor lauter Wut schon ganz schlecht geworden“, erzählte sie verzweifelt.

„Tja, das frage ich mich ehrlich gesagt auch“, gab Sora zu. „Aber ich frage mich auch, warum du dich auf so einen Quatsch einlässt. Und dann auch noch mit Tai!“

„Und da haben wir es wieder!“, rief sie dramatisch. „Das war auch, weil ich mich nicht beherrschen konnte.“

„Oh Mimi“, seufzte Sora. Die Gruppe war am Strand angekommen und suchte sich Liegen und Schirme. Zur Abwechslung und wider Erwarten waren sie mal zuerst da.

„Jaja, von wegen, die anderen warten schon“, murrte Tai und warf zuerst sein Badetuch und dann sich auf eine der Liegen.

„Hör auf zu meckern“, meinte Matt gut gelaunt, ließ sich auf einer Liege neben Tai nieder und sah ihn an. „Überleg dir lieber mal, was wir heute Abend machen wollen.“

„Also ich will irgendwo meinen Sieg feiern gehen“, antwortete Tai breit grinsend. Er hatte sich seine Sonnenbrille aufgesetzt, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und schmorte in der jetzt schon heißen Sonne.

Mimi verengte die Augen zu Schlitzen, doch Sora versetzte ihr mit dem Ellenbogen schon einen heftigen Stoß in die Seite.

„Autsch!“, beschwerte sich Mimi. „Sag mal, spinnst du?“

„Komm, Süße, wir gehen ins Wasser“, sagte Sora lächelnd, nahm sie an der Hand und lief mit ihr schnell zum Wasser.

„Das wird ein blauer Fleck“, jammerte die Braunhaarige und besah sich die getroffene Stelle an ihrer Seite, an der überhaupt nichts zu sehen war.

Sora ging langsam ins halbwegs kühle Wasser. Heute wehte kein einziges Lüftchen, was hieß, dass es sehr heiß war und man es kaum ohne Abkühlung aushielt.

„Ich hab meinen Sonnenhut im Hotel vergessen“, fiel Mimi plötzlich ein, worauf Sora sie fragend ansah. Die letzten Tage hatte sie schließlich auch nie einen gebraucht. „Wir gehen schnell baden und dann hol ich ihn.“

„Du und schnell baden gehen!“, spottete Sora und lachte. „Schon allein um richtig nass zu werden brauchst du ja schon zwei Stunden.“

Mimi funkelte ihre Freundin an, tauchte eine Hand ins Wasser und schleuderte eine volle Ladung direkt auf Sora, die daraufhin erschrocken zusammenfuhr.

„AH, wie kalt!“, schrie diese und Mimi begann eine Spritzparty.

Sora kreischte wie ein wildgewordenes Huhn und rannte davon, bis sie schließlich bäuchlings ins Wasser stürzte.

„Du miese Ratte!“, rief sie und lachte. Auch Mimi kicherte, wollte zu Sora kommen, doch blieb anscheinend mit dem Fuß im Sand stecken, worauf sie ebenfalls ins Wasser klatschte. Als sie hustend und spuckend wieder auftauchte, fing Sora erst recht an zu lachen. Mimi stieg schnell ein und die beiden Mädchen lachten sich halbtot über ihre eigene Dummheit.

„Was ist denn mit euch los? Dreht ihr jetzt vollkommen frei?“

Keine der beiden hatte bemerkt, dass Tai sich inzwischen zu ihnen ins Wasser begeben hatte und sie nun verständnislos ansah.

„Ach, wir sind nur gut gelaunt“, sagte Mimi fröhlich.

„Du kannst gut gelaunt sein? Man...“, staunte Tai und nickte anerkennend.

Mimi warf ihm einen giftigen Blick zu. „Ja, stell dir vor.“

„Tja, wahrscheinlich ha-“ Der Braunhaarige konnte seinen zweifelsohne provozierenden Satz nicht beenden, denn sein Name wurde gerufen (eigentlich mehr gebrüllt) und bevor er auch nur den Kopf drehen konnte, wurde er schon umgeworfen und befand sich unter Wasser. Kari war es, die ihn wie eine Walze einfach platt gemacht und zudem zu Mimis Gunsten noch einige Fische verscheucht hatte, die vorher friedlich um die Beine der Jugendlichen geschwommen waren.

Als Tai es schaffte, wieder aufzutauschen, schrie er seine Schwester in einer Lautstärke an, sodass es selbst die Wale weit draußen im Atlantik mitbekommen haben mussten.

„Sag mal, spinnst du? Was soll denn das? Wieso rennst du mich hier einfach um?“

Kari lächelte nur vergnügt.

„Keine Ahnung. Ich hab gute Laune und außerdem hab ich dich so lieb“, antwortete sie und klammerte sich an seinen Arm.

Mit einem etwas angewiderten Gesichtsausdruck schob Tai sie von sich weg.

„Ihr Mädchen seid echt unheimlich, wenn ihr gut gelaunt seid“, meinte er.

In dem Moment stieß Matt zu der kleinen Gruppe.

„Los, wir gehen schnell, bevor sie auch noch auf dich losgehen“, sagte Tai und zog seinen Freund schnell von den Mädchen weg, ohne dass selbiger protestieren oder sonst eine Geste des Nichtwollens von sich geben konnte. Der Blonde warf den Mädchen noch einen kurzen fragenden Blick zu.

„Hat einer Lust auf Wasserball?“ Inzwischen war auch Yolei zu der Gruppe gestoßen. Sie hatte ihre langen lila gefärbten Haare zu einem provisorischen Zopf zusammengerafft und hielt einen hellblauen Wasserball von ‚Japan holidays’ in den Händen, den fast jeder von ihnen im Flugzeug von den Stuardesses bekommen hatte.

Der Rest der Mädchen stimmte zu und sie begannen eine Partie Wasserball, wobei der Ball mehr als nur einmal davonflog. Als er sich mal wieder besonders weit entfernt hatte und Sora die Unglückliche war, die ihn holen musste, stieß sie auf, na klar, Minami. Schlank, braun gebrannt, hübsch.

„Sora!“, rief die Dunkelhaarige erfreut. Sie stand näher am Ball, bekam ihn zu fassen und warf ihn der Rothaarigen zu.

„Ähm.. hi“, erwiderte Sora etwas mürrisch ohne sich zu bedanken und fing den Ball. „Wenn du Matt suchst, der ist da irgendwo am Strand.“

„Oh, danke, ich werde ihm gleich mal ‚hallo’ sagen gehen“, strahlte Minami. „Was macht ihr heute Abend? Habt ihr schon was vor?“

„Ja, wir gehen feiern“, antwortete Sora wahrheitsgemäß. „Leider können wir uns nicht mit dir treffen. Vielleicht ein anderes Mal.“ Sie fand, dass sie wirklich gut Bedauern vortäuschen konnte.

Minami sah etwas enttäuscht drein. „Na gut. Also ich bin dann mal am Strand.“ Und daraufhin schwamm sie davon. Sora sah ihr kurz mit verachtendem Blick nach und schnitt eine Grimasse hinter ihrem Rücken, bevor sie zurück zu ihren Freundinnen schwamm.

„Was wollte sie?“, fragte Mimi sofort und sah Sora neugierig an.

„Ach, nichts weiter“, brummte Sora und schmetterte Yolei den Ball vor die Nase. Aus Versehen. „Oh, entschuldige.“

„Was wollte Minami? Sag schon, Sora!“, wiederholte Kari Mimis Frage ungeduldig und sah die Rothaarige erwartungsvoll an.

„Nichts, verdammt“, rief Sora aufgebracht. „Was habt ihr nur alle mit dieser bescheuerten Minami? Es ist doch total egal, was die will! Ich geh schwimmen!“

Kari blickte Sora entsetzt an und sah so aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Yolei hielt den Ball in den Händen und schaute recht verdutzt drein, während Mimi eher wütend aussah.

„Musst du Kari denn gleich so anschreien? Sie hat doch nur gefragt!“, fauchte sie, doch Sora hatte sich schon umgedreht und schwamm davon. Sie wollte keinen Streit haben. Sie wollte eigentlich überhaupt nichts haben und wartete nur noch auf das Schöne am Verliebtsein.

Es dauerte nicht lange und ihre treue Freundin Mimi war ihr gefolgt.

„Sag mal was sollte das? Lass doch dein Pech mit Matt nicht an Unschuldigen aus“, sagte sie angesäuert.

„Ja, ist ja gut und es tut mir auch Leid, wenn ich euch anfahre, weil ich schlecht gelaunt bin.“ Sora seufzte und wandte sich ab. Dann plötzlich ohne Vorwarnung warf Mimi die Arme um sie und drückte sie fest an sich. Sora konnte sich einen kurzen, überraschten Aufschrei nicht verkneifen. Als sie schließlich drohte zu ersticken und die beiden langsam untergingen, weil die Armkraft einer Person nicht ausreichte, um die beiden über Wasser zu halten, ließ Mimi sie wieder los.

„Das mit Matt wird schon alles irgendwie wieder. Sei nicht immer so traurig deswegen“, versuchte die Braunhaarige sie aufzumuntern und sah sie mitfühlend an.

„Ach, lass uns da nicht mehr drüber reden, okay?“, bat Sora.

„Ja, okay. Aber Sora, du bist meine beste Freundin, ich will nicht, dass du dich deswegen so fertig machst“, seufzte Mimi trübsinnig und ließ den Kopf hängen.

Nun war Sora diejenige, die die Arme um Mimi warf und sie an sich drückte. „Mach dir keine Sorgen um mich, ich komm schon klar.“

Kurz darauf schwammen die beiden Mädchen langsam wieder Richtung Strand. Als sie das Wasser schon fast verlassen hatten, kamen ihnen Tai und Davis entgegengerannt. Davis laut kreischend vorneweg und Tai hinterher mit „Bleib gefälligst stehen du kleiner Idiot!“-Geschreie. Als er Mimi registrierte, ließ er es sich nicht nehmen, sie ‚zufällig’ anzurempeln, sodass sie rücklings ins Wasser stürzte.

„Ups, sorry Kleines, hab dich ja gar nicht gesehen!“, rief er noch grinsend im Weglaufen.

Mimi saß eine Weile im Wasser und sagte gar nichts.

„Ähm... Mimi?“, fragte Sora vorsichtig und bot ihrer Freundin eine Hand an.

„Ich rege mich nicht auf. Nein, ich rege mich nicht auf...“, murmelte Mimi, schob die helfende Hand weg und rappelte sich auf. „Toll, jetzt hab ich Sand in der Hose.“

Als die beiden an ihren Liegen angelangt waren, kramte Mimi den Zimmerschlüssel aus der Tasche hervor und ging mit einem „Ich geh meinen Sonnenhut holen“ davon.

Sora ließ sich von der Sonne trocknen und fing dann an, Sonnencreme auf ihre helle Haut zu schmieren. Währenddessen kamen Yolei und Kari wieder aus dem Wasser.

„Hey Kari?“

Die Braunhaarige drehte sich zu Sora und kam zu ihr. Ihr Blick war etwas schüchtern, als hätte sie Angst vor dem, was jetzt kam.

„Tut mir Leid wegen vorhin, ich wollte dich nicht so anfahren“, sagte Sora resigniert.

Das Gesicht der Jüngeren hellte sich auf. „Schon okay.“

Kaum hatte sich Kari wieder entfernt, befand sich Izzy auf Tais Liege neben Sora.

„Mimi braucht ja ganz schön lange, um ihren Hut zu holen“, stellte er fest. Es sollte wohl beiläufig klingen, gelang ihm aber nicht so recht.

„Ach wer weiß, was sie noch alles macht“, meinte Sora schulterzuckend.

„Sag mal Sora...“, fing Izzy zögerlich an und wurde leicht rot.

„Hm?“, machte Sora irritiert und sah ihn an.

„Weißt du, ob da... na ja... ob da zwischen Tai und Mimi... du weißt schon“, stammelte er herum.

Zuerst schaute Sora noch verwirrter drein, dann musste sie jedoch leicht lachen.

„Ach Quatsch, da läuft nichts, glaub mir“, sagte sie dann grinsend zu ihm. „Wenn du dich an sie ranmachen willst, kannst du das ruhig tun. Vielleicht lenkt sie das ein bisschen von Tai ab.“

„An sie ranmachen?“

Was war nun? Versuchte er, zu verheimlichen, was er für Mimi empfand?

„Na ja, zum Beispiel könntest du jetzt einfach mal schauen gehen, wo sie bleibt. Da bist du allein mit ihr, falls du sie findest“, schlug Sora vor.

Izzy schien das Ganze ziemlich peinlich zu sein. Aber er nickte schließlich.

„Sag den anderen nichts“, bat er und machte sich davon.

Es dauerte nicht lange, da kamen Tai und Matt wieder aus dem Wasser. Tai sah sich um.

„Wo ist Mimi?“, fragte er dann in die Runde.

Sora öffnete die Augen und ließ den Blick durch die Freunde schweifen. Mimi war tatsächlich noch nicht wieder da, ebenso wenig Izzy.

„Ähm... die wollte ihren Hut holen“, sagte Sora.

„Die drückt sich doch nur, weil sie weiß, dass sie verlieren wird!“, meinte Tai überzeugt. „Ich geh sie holen, das ist Betrug. So hat sie ja gleich verloren!“

„Wenn ich mir die beiden anschaue, frag ich mich wirklich, wie alt die sind“, meinte Matt stirnrunzelnd zu Sora.

„Ich denke, fünf Jahre passt ganz gut“, erwiderte Sora nickend.

Matt lächelte amüsiert.

„Hat Minami dich eigentlich gefunden?“, fragte Sora, obwohl es sie eigentlich gar nicht interessierte.

„Ja, hat sie“, murmelte der Blonde. „Warum fragst du?“

„Nur so.“
 

Es dauerte eine Ewigkeit, bis Tai samt Mimi und Izzy wieder auftauchte.

„Sie wollte sich drücken!“, beschwerte er sich und klang dabei, als wäre dies eine unerhörte Frechheit.

„Das stimmt überhaupt nicht!“, protestierte Mimi.

„Na klar stimmt das! Wieso sagst du sonst, du gehst deinen Sonnenhut holen und dann findet man dich in der Stadt beim Shoppen?“

„Ich hatte eben Lust bekommen zum Einkaufen! Nur, weil wir diese Wette haben, heißt es ja nicht, dass ich den ganzen Tag hier an deiner Seite sein muss!“ Sie bemühte sich um einen ruhigen Ton, von dem man merkte, dass er sehr aufgezwungen war.

„Das heißt aber auch nicht, dass du den ganzen Tag Möglichkeiten suchen darfst, dich von mir fernzuhalten und mir ja nicht über den Weg zu laufen!“, widersprach Tai energisch.

„Ja, aber...“

„HALTET VERDAMMT NOCH MAL ENDLICH DIE KLAPPE, IHR MACHT MICH WAHNSINNIG!“ Sora war aufgesprungen, hatte sich die Sonnenbrille vom Gesicht gerissen und keuchte vor Wut. „Wie kann man sich nur so ewig über solche Belanglosigkeiten streiten? Völlig idiotische Dinge und ihr putscht sie auf, als wäre sonst was passiert! Ihr macht aus einer Mücke keinen Elefanten sondern eine ganze Dinosaurierherde!“

„Das sagt die Richtige!“, konterte Mimi lautstark. „Du bist doch die, die ein Drama daraus macht, wenn sie verliebt ist und allen damit auf die Nerven geht! Sag ihm doch einfach, was du empfindest, dann wäre der ganze Stress vorbei! Nein, stattdessen erzählst du es lieber allen anderen!“

Das war zu viel. Soras Augen blitzten gefährlich. Sie bedachte Mimi mit einem äußerst wutverzerrtem Blick, drehte sich dann weg und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren davon.

Sie war so dermaßen sauer auf ihre Freundin. Wie konnte sie so etwas nur vor versammelter Mannschaft herausschreien? Benahm sich so eine beste Freundin? Nein. Definitiv nicht. Wie konnte Mimi nur so etwas sagen?

Sora stampfte wütend die Promenade entlang. Sie wusste nicht, wohin sie wollte, doch das war auch egal. Nur weg von Mimi und den Anderen.

Geistesabwesend und immer noch erregt von dem Streit mit Mimi führte ihr Weg sie schließlich ins Hotel. Sie wunderte sich ein wenig, als sie Plötzlich im Foyer stand. Jedoch hatte sie in ihrem Zorn nicht daran gedacht, den Schlüssel mitzunehmen. Sie beschloss, einfach mal an der Rezeption zu fragen. Glück gehabt. Nach einer kurzen Diskussion bekam Sora einen zusätzlichen Schlüssel für ihr Zimmer. Dort angekommen warf sie ihren Bikini in eine Ecke, ging unter die Dusche und duschte erst einmal ausgiebig und eiskalt, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und sich zu beruhigen. Sie hatte ohnehin nicht vor, an diesem Tag noch einmal an den Strand zurückzukehren.

Nach dem Duschen fühlte sie sich gleich bedeutend besser. Sie dachte noch einmal über den Streit mit Mimi nach und nun tat es ihr wieder Leid, dass sie Mimi und Tai so angeschrieen hatte. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag. Gleichzeitig war sie aber auch enttäuscht, dass sie von Mimi so bloßgestellt worden war. Sicher wusste Matt nun Bescheid. War das gut oder schlecht? Sora konnte es nicht so recht beurteilen.

Sie wusch ihren Bikini aus und hängte ihn auf den Balkon in die Sonne zum Trocknen.

Sie zog sich eine Shorts und ein relativ langes Top über, schob sich ein paar Geldmünzen in die Hosentasche und verließ in ihren Flipflops das Apartment. Den Schlüssel gab sie an der Rezeption wieder ab. Jetzt ging es raus auf die Promenade. Diese war ebenso befüllt wie am Abend, jedoch sah man mehr Menschen in Badesachen als in normalen Klamotten herumlaufen. Außerdem waren die Strände links nun reich belegt, während sie am Abend so gut wie leer waren. Lautes Kindergeschrei und –lachen schallte von überall her. Die Sonne brannte erbarmungslos auf die Promenade nieder. Die ganzen kleinen Cafés und Restaurants hatten Markisen über ihre Tische gespannt oder riesige Sonnenschirme aufgestellt. Es herrschte wirklich eine brütende Hitze. Sora hatte keine Lust mehr zum Laufen.

Sie kam zu dem Stand, an dem sie gestern mit Mimi, und wenig später ja auch mit Tai, Eis gekauft hatte. Am gleichen Stand kaufte sie sich nun einen Freezie mit Himbeergeschmack. Das waren einfach nur zerstampfte Eiswürfel mit haufenweise Farb- und Geschmacksstoffen. Ungesund, aber sehr erfrischend.

Sie setzte sich im Schatten einer Palme auf die Mauer am Rand der Promenade, die Beine in Richtung Strand herunterbaumeln lassen. Genießerisch sog sie am Strohhalm, der in ihrem Erdbeerfreezie steckte und ließ den Blick übers Meer schweifen. Das Meer. Es ließ einen seine Sorgen vergessen. Sie wirkten wie fortgetragen, da es so weit und mächtig, beruhigend und anziehend wirkte. Man hatte das Gefühl, die Welt wäre in Ordnung.

Sora bemerkte aus den Augenwinkeln, wie jemand neben ihr Platz nahm, ohne zu fragen. Ziemlich dicht neben ihr. Und zu ihrer Überraschung war es Matt. Ihr Herz schlug augenblicklich einen Tick schneller. Was wollte er denn jetzt? Wieso kam er zu ihr?

„Bist du mir nachgelaufen?“, fragte sie, ohne ihn anzusehen.

„Nein“, antwortete er ruhig. „Na ja, jedenfalls nicht direkt. Ich wusste irgendwie, dass du hier sein wirst.“

„Woher?“, fragte sie und sah ihn verwundert an. Er trug noch immer seine Badehose, hatte sich aber ein T-Shirt übergezogen. Seine Haare waren noch ein klein wenig feucht.

„Ich hab dich gestern auch schon hier gesehen und ich hab das Gefühl, dass du gerne hier bist“, meinte er.

„Ja“, stimmte Sora ihm zu und sah wieder aufs Meer. „Gestern Abend saß ich mit Mimi an fast der gleichen Stelle. Da war noch alles okay.“

Eine Weile herrschte Stille. Dann fragte Matt zögerlich:

„Was ist eigentlich los mit dir? Sonst bist du doch... na ja... die Ruhe in Person. Ich dachte vorhin, ich hör nicht richtig.“

„Ach weißt du, ich hatte einfach auf einmal die Nase voll von den beiden. Es nervt mich, wie sie sich jeden Tag wegen total unwichtigen Dingen streiten, die völlig belanglos sind“, antwortete Sora und seufzte tief.

„Ja, hast Recht. Mich nervt das manchmal auch ganz schön“, gab der Blonde neben ihr zu und lächelte. „Aber trotzdem war ich ziemlich überrascht, als du plötzlich so losgeschrieen hast.“

„Ich... ich weiß auch nicht, was da plötzlich in mich gefahren war. Irgendwann reicht es halt.“

„Und was meinte Mimi mit dem, dass du allen auf die Nerven gehst, wenn du verliebt bist? Also mich nervst du nicht.“

Sora hatte befürchtet, dass so eine Frage kam. Natürlich nervte sie ihn nicht. Er war ja so ziemlich der Einzige, der von nichts eine Ahnung hatte. Er schien sich ja nur für Minami zu interessieren.

Das war wirklich merkwürdig. Ausgerechnet der Junge, wegen dem Soras Welt so verrückt spielte, wegen dem sie dauernd schlecht gelaunt war, wegen dem sie ihre Freunde anmotzte, ausgerechnet dieser Junge war der Einzige, der von alldem rein gar nichts wusste, vielleicht nicht mal erahnte.

„Tja...“, fing Sora zögerlich an und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Was sollte sie jetzt nur sagen? Sie war etwas aufgeregt und hatte einen Rotschimmer auf den Wangen. Das war jetzt eigentlich DIE Gelegenheit, ihm endlich alles zu erzählen, was hier Sache war. „Das kann ich dir leider nicht so genau sagen.“

Das war zumindest schon mal keine Lüge, nur eine Ausweichantwort. Sie nahm sich fest vor, noch in diesem Urlaub Matt zu gestehen, dass sie ihn liebte. Es half ja alles nichts.

„Hm“, machte Matt nachdenklich. „Schade.“

„Auf jeden Fall finde ich es gemein von ihr, dass sie das gesagt hat und dann auch noch laut vor euch allen“, seufzte Sora und senkte den Blick.

„Sicher tut es ihr jetzt schon Leid und sie wird sich dafür entschuldigen. Sie ist ja kein Unmensch“, versuchte der Blonde sie aufzumuntern. „Wird schon wieder.“ Er legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie so kurz an sich. Er wusste ja nicht, dass er somit noch mehr Schaden in Sora anrichtete. Sie wusste, dass das alles rein freundschaftlich von ihm war. Und es würde auch nie tiefer gehen als freundschaftlich. Ihr Gesichtsausdruck wurde noch unglücklicher, wenn das überhaupt möglich war.

Doch für diesen kurzen Moment, in dem Matt sie an sich gedrückt hatte, stieg ihr sein angenehmer Duft in die Nase. Sie atmete tief ein. An ihm hing der Geruch von Salz, Algen und der unvergleichliche, unbeschreibliche Mattduft.

Sora nahm schließlich die letzten Schlucke aus ihrem Freezie und warf dann den leeren Plastikbecher gezielt in einen naheliegenden Mülleimer.

„Wieso spielst du eigentlich nicht Basketball?“, fragte Matt grinsend.

Sora zuckte nur die Schultern und lächelte. Basketball hatte sie noch nie sonderlich interessiert.

„Was ist eigentlich mit Minami?“, fragte sie dann unvermittelt.

„Was?“, erwiderte Matt, nachdem er wein Weilchen gezögert hatte. „Was soll mit ihr sein?“

„Na ja... was ist da zwischen dir und ihr?“, fragte Sora weiter. Sie wollte es endlich wissen. „Sie scheint dir ja ziemlich auf der Pelle zu hängen.“

„Ja, manchmal schon“, meinte Matt nur ausweichend.

Sora sah ihn verwirrt an. War das nun „Sie nervt mich“ oder „Ich liebe sie“ oder „Da ist nichts, aber ich will, dass da was ist“ oder etwas ganz Anderes? Egal, was es war, er schien aus irgendeinem Grund nicht darüber reden zu wollen.

„Sie sieht hübsch aus“, bemerkte Sora schließlich nur.

„Du aber auch“, erwiderte Matt und die Rothaarige bemerkte, wie ihre Wangen heiß wurden. Mit so etwas hatte sie gar nicht gerechnet. Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen. Doch ihr fiel nichts Passendes ein.

„Ich mach mich mal auf den Weg ins Hotel, muss ja noch duschen und so.“ Er schwang sich von der Mauer und ging davon in Richtung Hotel.

Soras Herz klopfte wild. Er hatte ihr ein Kompliment gemacht. Und nicht nur das. Er war ihr nachgelaufen und hatte sich nach ihr erkundigt, wollte sehen, wie es ihr ging, hatte mit ihr geredet. Vielleicht war das auch alles auf rein freundschaftlicher Basis, aber...

Sora musste unwillkürlich strahlen und seufzte glücklich. Der Ärger mit Mimi war für ein paar Minuten vergessen.

Eine Weile blieb sie noch da sitzen, dann ging auch sie zurück zum Hotel.

An der Tür angekommen betätigte sie die Klingel. Daraufhin hörte sie innen laute Stimmen und es dauerte eine Ewigkeit, bis sie endlich aufgerissen wurde. Ihr gegenüber stand nun ein Tai mit tropfend nassem Haar und nur einem weißen Hotelhandtuch um die Hüften bekleidet. Sein ganzer Körper war nass und er sah reichlich genervt aus. Wortlos verschwand er wieder im Badezimmer.

Etwas verwirrt betrat Sora das Apartment. Matt stand vor einem Spiegel im Flur und machte sich die Haare zurecht.

„Was war denn nun los?“, fragte sie und richtete den Blick wieder auf die Badezimmertür, die eben zugeknallt worden war.

„Nun ja...“, sagte Matt langsam. Er schien nach Worten zu suchen. „Als es klingelte, da... weigerte Mimi sich partout, die Tür aufzumachen, weil sie wusste, dass nur du das sein kannst. Sie war aber gerade die Einzige, die nicht beschäftigt war.“ Er zeigte ihr seine Hände voller Haargel. „Sie hat Tai angeschrieen, dass er die Tür aufmachen soll und der hat sich aber auch geweigert, weil er gerade duscht und na ja... er hat es halt doch gemacht.“ Der Blonde zuckte die Schultern und sah sie schief an.

Das ist Mimi, dachte sich Sora. Total zickig.

Sora seufzte nur und ging ins Schlafzimmer. Dort lag Mimi auf dem Bauch auf ihrer Bettseite und blätterte in einer Modezeitschrift. Sora fiel auf, dass die beiden Betten auseinander geschoben worden waren. Nun befand ich eine Lücke von etwa zwanzig Zentimetern zwischen ihnen.

Die Braunhaarige nahm nicht die geringste Notiz von Sora. Sie hob nicht einmal den Kopf.

Eine Weile stand Sora da und wollte etwas sagen, doch ihr fiel einfach nichts Passendes ein. Schließlich schüttelte sie nur den Kopf und verließ das Zimmer wieder.

„Matt, weißt du, ob wir was zu essen hier haben?“, fragte sie den Blonden, der noch immer vor dem Spiegel im Flur stand und an seinen Haaren herumwurschtelte.

„Es gibt doch bald Abendbrot“, erwiderte er, ohne den Blick von seinem Spiegelbild zu wenden.

„Ich hab so einen Hunger“, murrte Sora und hielt sich den Bauch.

„Guck mal in den einen Schrank da“, sagte Matt und zeigte mit einem Finger auf einen der kleinen Schränke. Sora öffnete ihn und fand darin zwei Tüten Chips, eine Packung Kekse und eine Tüte Gummibärchen.

„Wann habt ihr das ganze Zeug gekauft?“, fragte sie verwundert, zog die Kekspackung heraus und schloss den Schrank wieder.

„Gestern, glaub ich.“

Sora schaltete den Fernseher auf einen Musiksender und ließ ihn laufen, während sie die Balkontür öffnete und hinaustrat. Von der Promenade her kam Stimmengewirr und vom Meer her drang leise das Rauschen der Wellen.

Die Rothaarige schob sich einen der Kekse zwischen die Zähne und zerbiss ihn. Haferkekse. Ihre Lieblingskekse.

„Wie hat es der Balkon eigentlich geschafft, deine Aufmerksamkeit so auf sich zu ziehen, dass du so gerne hier bist?“

Sora drehte den Kopf zur Seite und erblickte neben sich Matt, der sie anlächelte.

„Ich finde es einfach toll, hier zu stehen, zum Meer rüber zu schauen und die Leute zu beobachten“, antwortete sie schulterzuckend.

Matt stützte sich auf das Geländer und ließ den Blick ebenfalls schweifen. Sora betrachtete ihn aus den Augenwinkeln und fragte sich mal wieder, was er jetzt wohl gerade dachte.

„Bin ich eigentlich immer noch ein Trottel?“

Fragend sah sie ihn an. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie ihn einen Tag zuvor einen Trottel genannt hatte, weil er nicht gerafft hatte, weshalb sie so sauer auf ihn war. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, empfand sie es selbst schon als albern.

„Hm, wenn ich es mir recht überlege...“, fing sie an und sah ihn gespielt nachdenklich an. Er erwiderte ihren Blick erwartungsvoll. „Ja.“ Gleichzeitig grinste sie. Irgendwie war er ja wirklich immer noch ein Trottel. Wenn auch einer zum Verlieben. Sora würde es sich in Zukunft allerdings nicht mehr gefallen lassen, für Minami herzuhalten, wenn selbige gerade nicht erreichbar war.

„Und das, wo ich extra für dich Haferkekse ausgesucht habe“, meinte Matt enttäuscht und ließ den Kopf hängen.

„Du weißt, dass das meine Lieblingskekse sind?“

„Ich weiß mehr über dich als du denkst.“ Ein geheimnisvolles Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich zurück in den Wohnbereich begab.

Sora legte den Kopf schief, zuckte dann die Schultern und wandte sich wieder der Promenade zu. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Anschließend aß sie einen weiteren Keks.

Plötzlich vernahm sie einen angenehmen Gesang von innen.

„Look to the clock on the wall, hands hardly moving at all. Can’t stand the state that I’m in. Sometimes, it feels like the walls closing in.”

Sora drehte sich um und spähte durchs Fenster in den Wohnbereich. Matt saß auf der Couch, spielte Gitarre und sang eines ihrer Lieblingslieder.

„Oh, Lord, what can I say? I’m so sad since you went away. Time, time ticking on me. Alone is the last place I wanted to be. Lord, what can I say?”

Sora betrachtete ihn und lächelte. Er saß da leicht nach vorne gebeugt, sein blondes Haar fiel ihm ins Gesicht, er hatte die Augen geschlossen.

Plötzlich kam Mimi aus dem Schlafzimmer und sang an Matts Stelle weiter.

„Try to bury my troubles away, drown my sorrows the same way. It seems that no matter how hard I try. It feels like something’s just missing inside.”

Sie setzte sich neben Matt und sang den Refrain auch noch.

„Oh, Lord, what can I say? I’m so sad since you went away. Time, time ticking on me. Alone is the last place I wanted to be. Lord, what can I say?”

Die letzte Strophe übernahm Matt wieder.

„How many rules can I break? How many lies can I make? How many roads must I turn to find me a place where the bridge doesn’t burn?”

Den letzten Refrain sangen sie gemeinsam, sogar zweistimmig.

„Oh, Lord, what can I say? I’m so sad since you went away. Time, time ticking on me. Alone is the last place I wanted to be. Lord, what can I say?

Oh, Lord, what can I say? I’m so sad since you went away. Time, time ticking on me. Alone is the last place I wanted to be. Lord, what can I say?”

Matt spielte die letzten paar Töne auf seiner Gitarre. Danach erklang auf einmal der Applaus einer Person. Alle drehten sich zur Tai, der vor der Badezimmertür stand, nur mit Shorts bekleidet, und klatschte. Sora stimmte mit ein und die beiden fingen an zu jubeln.

„Ja, ist ja gut. Keine Fotos bitte, Autogramme gibt’s später!“, sagte Mimi lachend und hob abwehrend die Hände. Sie machte sich auf den Weg zurück ins Schlafzimmer.

„Wegen dir klatscht ja auch keiner“, sagte Tai grinsend. „Bei deiner Krähenstimme kann einem doch nur schlecht werden.“

Mimi blieb an Ort und Stelle stehen. Für einen Moment dachte Sora, die Braunhaarige würde gleich explodieren und Tai zur Schnecke machen, doch sie holte einmal tief Luft und ging weiter ihren Weg ins Schlafzimmer.

„Mist!“, fluchte Tai. Matt warf Sora einen Blick zu, den sie auffing und die beiden grinsten nur.
 

Um halb acht machten sich die Freunde dann endlich auf zum Abendessen, nachdem Tai schon unerträglich viel herumgejammert hatte, wie hungrig er doch wäre.

Als sie den Essenraum betraten, fanden sie schon Joe, Izzy, Davis und Ken am Buffet. Davis’ Teller war bereits überfüllt mit Lasagne, Fisch und Kartoffelbällchen. Als er die anderen Vier erblickte, konzentrierte er sich nicht mehr auf seinen übervollen Teller und die Hälfte landete auf dem Boden. Izzy, der seinen Blick zu sehr auf Mimi fixiert hatte, übersah das verkleckerte Essen, trat darauf, rutschte weg und landete auf dem Hintern. Einige umstehende Hotelgäste schüttelten nur die Köpfe, Tai jedoch, der unmittelbar daneben gestanden hatte, bekam einen Lachanfall, anstatt seinem Kumpel aufzuhelfen. Glücklicherweise war dieser gerade auf dem Weg zum Buffet gewesen, hatte also leere Hände gehabt und sich somit nicht noch zusätzlich mit irgendetwas besudelt.

Als endlich alle, auch die noch fehlenden Vier, am Tisch saßen, beratschlagten sie, was sie an jenem Abend noch machen wollten.

„Wer hat jetzt eigentlich gewonnen?“, fragte Yolei und alle Blicke richteten sich auf Tai und Mimi.

„Na ich, Mimi ist schon mehrmals ausgetickt“, antwortete Tai selbstverständlich.

„Was?“ Mimi sah Tai empört an. „Bin ich gar nicht, ich habe dich heute nicht einmal angeschrieen!“

Tai wollte gerade etwas erwidern, dann überlegte er kurz. Schließlich sagte er:

„Verdammt, du hast Recht.“

„Natürlich hab ich das“, sagte Mimi bestimmt. „Also hab ich gewonnen, weil du mich nicht dazugebracht hast, auszurasten.“

„Nee nee nee“, wehrte Tai ab. „So nicht! Du hast mich heute auch ziemlich oft angefaucht!“

„Das stimmt nicht!“

„Und ob das stimmt!“

„Nein!“

„Doch!“

„Unentschieden!“, rief Kari dazwischen.

„Ja genau, das ist die beste Lösung“, stimmte Joe zu. „So gibt es kein Gestreite mehr, wer verloren und wer gewonnen hat. Außerdem kann man das ja wirklich nicht eindeutig sagen.“

„Ja, aber...“, fing Mimi an.

„Was ist mit den Einsätzen?“, beendete Tai ihren Satz.

„Da macht euch mal keine Sorgen, wir lassen uns was Tolles einfallen“, antwortete T.K. und er und Kari sahen sich vielsagend grinsend an.

Irgendetwas heckten die aus, dessen war sich Sora sicher.

„Und wo gehen wir heute Abend hin?“, warf Sora schließlich ein.

Zuerst sahen sich alle ratlos an, dann hatte Mimi einen Vorschlag.

„Ich hab heute von einer Disko gelesen, die hört sich gar nicht schlecht an. Ist ungefähr fünfzehn Minuten zu Fuß von hier entfernt.“

„Okay, hat einer was dagegen?“, fragte Matt. Wieder sahen sich alle an, aber keiner hatte irgendwelche Einwände. „Gut. Dann würde ich sagen, dass wir so gegen um elf losgehen.“

Gesagt, getan. Die Freunde aßen gemütlich ihr Essen, quatschten und lachten und alberten herum. Sora sah ab und an zu Mimi, doch diese würdigte sie keines Blickes.

Es war schon fast um 9, als sich dann alle wieder auf den Weg in ihre Apartments machten.

Ungefähr um 10 fing Sora an, sich für die Disko fertig zu machen. Sie kramte aus dem viel zu kleinen und vollgequetschten Kleiderschrank einen ziemlich kurzen, knallroten Rock hervor. Dazu zog sie ein enges, schwarzes, rückenfreies Oberteil an. Anschließend ging es ans Schminken. Sora betrachtete sich und ihr Outfit nachdenklich im Spiegel. Im Schminken war Mimi eigentlich gut, aber die konnte sie ja an jenem Abend schlecht fragen. Also musste sie sich selbst helfen. Sie nahm die kleine Tasche, in der sich ihre gesamten Schminkutensilien befanden und verschwand damit im Badezimmer, welches sie zuschloss.

Zuerst nahm sie ein hautfarbenes Puder, um den Glanz in ihrem Gesicht zu ermatten. Dann trug sie sich leicht Rouge auf die Wangenknochen auf. So weit so gut.

Als nächstes kam der Kajal auf die unteren Augenränder. Dann wurden die Wimpern per Wimpernzange geschwungen und Wimperntusche aufgetragen. Sora betrachtete kritisch ihr Gesicht im Spiegel.

„Sora, ich muss mal!“, rief Tai ungeduldig und hämmerte an die Tür.

„Ja, ganz ruhig, ich bin ja gleich fertig“, erwiderte sie und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Nun kam der Lidschatten dran. Sora wählte drei sanfte Brauntöne, um ihre Augen zu betonen. Fertig. Es war vielleicht insgesamt nicht das beste Ergebnis, jedoch war es durchaus im Rahmen des Erträglichen.

„Fertig!“, rief sie fröhlich und schloss die Tür wieder auf.

„Na endlich, wird auch mal Zeit, ich steh schon se-...“, er brach mitten im Satz ab und musterte Sora von oben bis unten. Er brachte nur ein „Wow!“ heraus und ging dann weiter ins Bad.

Sora ging ins Schlafzimmer, um eine kleine rote Handtasche zu packen.

Auf dem Bett saß Mimi. Sie trug eine kurze Weiße Hose und ein hellblaues Oberteil mit tiefem Ausschnitt. Ihre Haare hatte sie mit ein paar Spangen zu einer Frisur gesteckt. Um sie herum verteilt lagen haufenweise Klamotten und sie schien etwas zu suchen. Als die Rothaarige das Zimmer betrat, warf sie ihr das erste Mal seit ihrem Streit wieder einen Blick zu, wenn auch nur einen flüchtigen. Sora erwiderte diesen kurz. Mimi sah wirklich hübsch aus, selbst wenn sie verzweifelt war. Sie wusste es sich zu schminken, ohne angekleistert auszusehen. Sie wusste ihre Gesichtszüge, Augen und Lippen so zu betonen, dass es zu ihrem Outfit passte und ihren Stil hervorhob und sie unwiderstehlich aussehen ließ.

„Soll ich dir helfen?“, fragte Sora nach einer Weile überlegen, ob sie diese Frage stellen sollte oder nicht.

Mimi durchwühlte weiter die Klamottenberge ohne zu antworten.

„Zicke“, murmelte Sora nur, während sie mit der fertigen Tasche das Schlafzimmer wieder verließ. Auch darauf gab Mimi keine Antwort.

„Seid ihr fertig?“, fragte Matt sich erhebend, als er Sora sah.

„Ich schon, Mimi noch nicht“, antwortete diese

„Komm, dann gehen wir schon runter, die beiden hier kommen sicher auch ohne uns ganz gut klar“, sagte er, ging zur Tür und trat hinaus auf den Gang.

„Du hast Recht“, willigte Sora ein und folgte ihm.

„Hab ich sowieso immer“, meinte Matt und schüttelte gespielt selbst überzeugt sein Haar.

„Da kann man sich auch drüber streiten“, sagte Sora grinsend.

Am Ausgang des Hotelgeländes standen schon ein paar der Anderen und warteten.

„Wo ist denn der Rest von eurem Zimmer?“ fragte Joe.

„Die müssen sich erst noch was anziehen, die waren gerade beschäftigt, wenn du verstehst, was ich meine...“, scherzte Matt.

„Was?!“, rief Izzy entsetzt und starrte Matt an.

„Das war bloß ein Scherz“, klärte Sora ihn auf und sah den Rothaarigen an. Er schien Matt diesen Scherz tatsächlich abgekauft zu haben.

„Man Izzy, du warst ja richtig geschockt“, warf Yolei ein und die anderen lachten, während Izzy nur verschämt zu Boden sah.

Ein paar Sekunden später kamen Davis, T.K. und Kari. Davis ließ die beiden nicht mehr aus den Augen. Er war versessen darauf, Karis Freund zu werden und wurde fast krank vor Eifersucht, wenn weder T.K. noch Kari sich in seinem Blickfeld befanden.

Zum Schluss kamen dann noch Tai und Mimi.

„Wow, Mimi! Du siehst echt super aus!“ Izzy gesellte sich zu der Brünetten und wich den ganzen Weg bis zur Disko nicht ein einziges Mal von ihrer Seite.

Der Türsteher fragte sie gar nicht erst nach Ausweisen, nicht einmal Cody.

„Das ist aber ganz schön unverantwortlich“, kommentierte Joe lautstark, worauf er von allen Seiten ein „PSCHT!“ zugezischt bekam. „Ist ja schon gut.“

Drin angekommen beschlagnahmten die Freunde zuerst einmal einen Tisch, wo sie ihre Taschen abluden.

„Und jetzt wird die Sau rausgelassen!“, rief Tai, packte Matt am Arm und schleifte ihn mit sich zur Bar.

Sora ahnte schon, dass die beiden wohl ohne Hilfe nicht mehr zurück zum Hotel kommen würden. Sie folgte ihnen an die Bar.

„Zwei doppelte Tequila“, meinte Tai fröhlich zum Barkeeper.

„Tai, meinst du nicht, dass ihr das Ganze vielleicht etwas langsamer angehen solltet?“ Sora sah ihren braunhaarigen Freund etwas besorgt an.

„Ach Quatsch, wir vertragen viel!“, wehrte dieser nur ab.

Als die zwei Tequila kamen, bestellte Sora sich einen Pina Colada. Schließlich stießen sie zu dritt an.

„Tai, du musst uns in die Augen schauen, sonst hast du sieben Jahre schlechten Sex!“, grinste Matt.

„Das kann ihm nicht passieren“, bemerkte eine Stimme. Die Drei drehten sich um und Mimi stand plötzlich neben ihnen an der Bar. „Weil er nämlich gar keinen haben wird.“

Sie, Sora und Matt lachten, Tai funkelte sie nur säuerlich an.

„Ich werde eher Sex haben als du!“, erwiderte Tai.

„Ach ja?“

„Ja!“

„Wollen wir wetten?“ Die Brünette streckte die Hand aus. Tai schlug ein, ohne lange zu überlegen.

„Okay, darauf trinken wir einen“, bestimmte er und bestellte für Mimi und sich etwas zu trinken.

Matt und Sora sahen sich an und verdrehten nur die Augen. Anschließend bestellte Matt sich ein Bier und Sora eine Wodkacola. Sie nahmen die Getränke mit zum Tisch, während Tai und Mimi an der Bar sitzen blieben.

T.K. und Kari befanden sich auf der Tanzfläche, Ken ebenso. Davis saß mit einem düsteren Gesicht da und starrte hinüber zu den Dreien. Izzy machte ebenfalls ein düsteres Gesicht, starrte jedoch rüber zu Mimi. Joe hatte sich zur Bar begeben, Cody saß schweigend am Tisch, während Yolei im Takt der Musik wippte.

Sora ging zu ihr, nahm ihre Hand, zog sie hoch und die beiden liefen auf die Tanzfläche. Zusammen hüpften die beiden Mädchen fröhlich durch die Gegend und sangen den Text zur Musik mit, obwohl sie diesen kaum kannten und man ihn nur schlecht mitsingen konnte.

Bei einer besonders wilden Bewegung stieß Sora gegen jemand anders. Sie drehte sich um und ein Junge, groß und dunkelhaarig, schaute sie an. Sie lächelte als Entschuldigung und zuckte die Schultern. Der Junge lächelte zurück. Und plötzlich witterte Sora ihre Chance. Vielleicht war das die ideale Gelegenheit für den Versuch, den Spiel einmal umzudrehen und Matt eifersüchtig zu machen. Sora bemühte sich um einen besonders guten Hüftschwung in seine Richtung und sah ihn dabei weiter an. Er schien darauf einzugehen, denn er tanzte auf sie zu. Schon bald beugte er sich nach vorne und fragte: „What’s your name?“

„Sora and yours?“

„Tom.“

Sora musste durchaus zugeben, dass er gar nicht mal so übel aussah. Soweit man das in dem farbigen Licht erkennen konnte, war er braun gebrannt, hatte dunkle, unordentliche Haare und dunkle Augen. Dafür strahlten seine Zähne umso weißer.

„Wanna dance?“, fragte er mit einem irgendwie frechen Lächeln.

„Sure“, antwortete Sora zurücklächelnd und von diesem Moment an tanzte sie fast nur noch zusammen mit Tom. Allerdings warf sie ungefähr alle fünf Sekunden einen Blick zu Matt hinüber, um zu überprüfen, ob er zu ihr sah. Leider war dies nicht allzu oft der Fall. Er saß am Tisch und unterhielt sich mit seinem Bruder, der eine Pause zu machen schien. Jedoch erwischte Sora ihn auch einmal, als er gerade zu ihr herüberschaute. Sofort drehte sie den Kopf zu Tom und schenkte ihm eines ihrer schönsten und strahlendsten Lächeln und tanzte ihn extra sexy an. Kurz danach sah sie wieder zu Matt, der, als er ihren Blick auffing, wegsah.

Sie tanzte noch zwei Lieder mit Tom, dann wollte auch sie eine Pause machen. Sie ging zum Tisch zurück, setzte sich und leerte in einem Zug den restlichen Inhalt ihres Glases.

„Kommst du mit zur Bar was neues zu trinken holen?“, schrie Matt zu ihr herübergebeugt.

Sora nickte und die beiden standen auf. An der Bar setzten sie sich auf zwei der hohen Barhocker.

„Du tanzt ja richtig gut“, meine Matt anerkennend.

„Danke“, sagte Sora lächelnd.

„Da sieht der Typ, neben dem du tanzt, richtig alt aus gegen dich.“

Matt wusste, wie man ein Thema möglichst unauffällig anschneiden konnte.

„Ach, also ich finde, Tim tanzt gut. Und zudem – einmal Wodkafeige -...“

„Zwei mal.“

„... sieht er auch noch richtig gut aus. Genau mein Typ.“

Nachdem sie diesen Satz ausgesprochen hatte, überlegte sie, ob das so gut gewesen war. Ob Matt merkte, dass sie nur versuchte, ihn eifersüchtig zu machen? Er war ja nicht dumm.

„Ich schau mir lieber die Mädchen an“, meinte er schließlich nur schulterzuckend.

Sora wusste nicht, wie lange die beiden dasaßen und plauderten und lachten. Auf jeden Fall unterhielt sie sich richtig gut mit Matt und wünschte sich, dass die Nacht nie vorbeigehen würde. Aber plötzlich kam Mimi von hinten angestürmt.

„Matt! Sora!“, rief sie aufgeregt. „Kommt mal schnell mit nach draußen, Tai geht’s... nun ja, er hat zu viel gesoffen.“

Die beiden folgten dem Mädchen quer über die Tanzfläche, was nicht ganz einfach war, da man ständig angerempelt wurde. Ein paar Typen hatten versucht, Mimi festzuhalten und mit ihr zu tanzen, aber sie hatte sich immer wieder losgerissen. Draußen war es angenehm ruhig. Die Drei gingen um die Ecke und dort kniete Tai vor einem Busch. Offenbar hatte er sich bereits übergeben.

Matt ging neben ihm auf die Knie. „Alles okay, Alter?“

Der Braunhaarige murmelte ein unverständliches „Ja“ und würgte.

„Ist das eklig! Ich hasse Besoffene“, beschwerte sich Mimi und drehte sich zu Sora. Dann schien ihr wieder einzufallen, dass die beiden einen Streit gehabt hatten. Eine Weile sahen sich die beiden Mädchen zögerlich an, dann räusperte Sora sich und wandte sich an Tai und Matt.

„Tai, willst du lieber zurück zum Hotel?“

„Ach was“, nuschelte der Angesprochene. „Das ist gleich vorbei, denn geh ich weiter tanzen und Mädels aufreißen.“

„Du, ich glaube, an dich kommt heute keine mehr näher als auf zwei Meter ran“, meinte Matt mitleidig zu seinem besten Freund und tätschelte ihm den Rücken.

„Aber ich hab mich doch extra schick gemacht!“, lallte Tai. „Das ist unfair.“

Und während Matt weiter versuchte, den Besoffenen zu beruhigen, richtete Mimi das Wort wieder an Sora.

„Hör mal, wegen... also heute Nachmittag am Strand, ähm... tut mir wirklich Leid, dass ich das da vor allen ausgeplaudert hab. Das war dumm von mir“, stammelte sie den Blick auf den Boden gerichtet.

„Ja, sehr dumm“, stimmte Sora ihr zu.

Nun drehte Mimi den Kopf zu der Rothaarigen, sah sie schuldbewusst an und presste die Lippen aufeinander. „Das ist eine plumpe Entschuldigung, ich weiß.“

„Ja, sehr plump“, meinte Sora wieder.

Mimi sah aus, als wäre sie den Tränen nahe. Sie drehte sich weg und machte Anstalten, wieder reinzugehen, doch Sora griff nach ihrer Hand. Sie sah Mimi in die Augen, seufzte und lächelte anschließend.

„Ach Mimi, ist doch klar, dass ich deine Entschuldigung annehme. Mir tut es doch auch Leid, dass ich euch angeschrieen habe.“

„Ach was. Ich weiß ja, dass wir manchmal nervig sein können.“ Nun lächelte auch Mimi und drückte Soras Hand leicht.

„Manchmal ist gut“, grinste Sora. Sie war erleichtert, dass sie die Sache nun geklärt hatten und dass Mimi von alleine angekommen war, um sich zu entschuldigen. „Aber ohne euch wäre doch alles nur halb so schön.“

Verlegen lächelten sich die beiden Freundinnen an, dann bekam Mimi plötzlich von hinten einen Klaps auf den Hintern. Erschrocken ließ sie Soras Hand los und drehte sich um. Dort standen drei Typen, bestimmt Jamaikaner, und strahlten die Braunhaarige an.

„Hot lady, huh guys?“, meinte einer von ihnen.

„Nice ass“, stimmte ein anderer zu.

„Haut ab!“, maulte Mimi genervt.

„Ähm... go away!“, rief Sora. Ihr Englisch war nicht sonderlich gut.

„Oh no, we won’t go away now that we found such hot girls as you“, widersprach der Dritte.

Sora und Mimi machten Anstalten, wegzugehen, doch die drei Typen hielten sie fest. Einer trat nun sehr nahe an Mimi heran.

„You wanna spend a night with me, huh?“, raunte er ihr ins Ohr und streichelte mit einer Hand über ihre Wange, während die andere auf ihrer Hüfte ruhte.

Gerade wollte Sora ihrer Freundin zu Hilfe eilen, da ertönte ein wütendes Fauchen von hinten.

„Lass deine dreckigen Pfoten von ihr!“ Mit ein paar Sätzen war Tai bei Mimi und dem Typen angekommen und stieß ihn unsanft von Mimi weg.

„Idiot“, meinte der Typ trocken und sah Tai belustigt an. Ehe er sich versah, hatte Tai ausgeholt und ihm mit voller Wucht einen Kinnhaken verpasst. Der Störenfried verlor das Gleichgewicht, stolperte und landete auf dem Hintern. Seine Lippe blutete. Tai ging, wahrscheinlich auch noch zum Teil vom Alkohol gesteuert, erneut auf den Typen zu und schien ihm einen Tritt verpassen zu wollen.

„Tai!“, schrie Mimi, packte ihn am Arm und zog ihn weg. Die anderen beiden Typen wollten auf Tai losgehen, doch Sora stellte sich schützend davor. „No!“

Tai bemühte sich, sich von Mimi loszureißen, doch diese umklammerte seinen Arm. „Nicht, Tai! Lass das!“ Dann sagt sie zu den Typen : „Hört mal, wir lassen euch und ihr lasst uns, okay?“

„Listen, we leave you in peace and you leave us in peace, okay?”, kam Matt den Verteidigern zuhilfe.

Tai bekam drei grimmige Blicke zugeworfen.

„Be careful“, zischte einer der Drei und schließlich zogen sie ab.

„Tai, du Volltrottel!“, keifte Mimi, sobald sie außer Hörweite waren. „Warum haust du dem eine rein? Ich wäre auch alleine klar gekommen! Wegen dir hätten wir fast noch Ärger mit denen bekommen!“

„Der hat dich angefasst, falls du das nicht bemerkt hast!“ Tai erschien plötzlich wieder relativ nüchtern.

„Er hat nur meine Wange berührt! Im Notfall hätte ich ihm eine geknallt und ihm gesagt, er solle sich verziehen!“

„Ach, und die hätten auch sofort alle Drei auf dich gehört! Wer weiß, was die noch gemacht hätten, wenn ich nicht dazwischen gefunkt hätte! Der hatte die Hand doch schon halb auf deinem Hintern! Ich wusste nicht, dass du drauf stehst, von Fremden angetatscht zu werden!“ Tai hatte eine aggressive Stellung eingenommen und starrte Mimi wütend an, die genauso zornig zurückstarrte.

„Ich hätte mich doch gewehrt! Ich hätte den abgewehrt!“, widersprach sie energisch. „Überhaupt, was regst du dich so auf, wenn mich wer anfasst? Bist du neidisch, weil die ganzen Weiber alle die Finger von dir lassen oder was?“

Tai packte sie an den Schultern und drückte sie gegen die Hauswand. Matt und Sora warfen sich einen reichlich irritierten Blick zu.

„Nein, verdammt! Es ist mir einfach nur nicht egal, wenn dich irgendwelche Idioten gegen deinen Willen anfassen und was von einer gemeinsamen Nacht quatschen! Es ist mir nicht egal, dass dich ständig irgendwelche Deppen dumm anmachen und dir sonst wohin schauen! Du bist mir nicht egal, man!“

Mimi war so verdattert über diese heftigen Aussagen, dass selbst ihr nichts mehr einfiel, was sie erwidern konnte. Sie sah kurz hilflos zu Sora, doch die konnte ihr auch nicht helfen.

„Tai, ähm...“, stotterte sie.

Sora spürte, wie Matt ihre Hand nahm und sie Richtung Eingang zog. „Wir lassen die mal besser alleine.“

Zusammen gingen sie auf ihren Tisch zu und setzten sich.

„Was ist denn mit euch los? Ihr seht irgendwie so mitgenommen aus“, fragte Kari stirnrunzelnd.

Gleichzeitig schüttelten die beiden den Kopf.

„Und wo sind Tai und Mimi?“, fragte Izzy kritisch. Als er keine Antwort bekam, stand er auf und verkündete: „Ich gehe sie suchen.“

„Nein!“, sagte Sora schnell. Sie stand ebenfalls auf und zerrte Izzy mit auf die Tanzfläche. „Lass uns lieber ein bisschen tanzen.“
 

Mimi bekam Sie erst auf dem Weg zurück zum Hotel wieder zu Gesicht. Als die beiden wenig später in ihren wieder zusammengeschobenen Betten lagen, wollte Sora alles wissen.

„Was habt ihr noch draußen ohne uns gemacht?“

„Och, nichts weiter“, antwortete Mimi ausweichend.

„Lüg nicht!“, sagte Sora hartnäckig.

„Da war wirklich nichts weiter mehr“, erwiderte Mimi. Wir haben uns dann draußen hingesetzt und ziemlich lange geredet. Er hat gesagt, ich sei ihm wichtig und ich hab dann gesagt, dass er mir auch wichtig ist. Dann haben wir halt darüber geredet, dass wir uns so oft anzicken in diesem Urlaub und dass das aber auch alles nur Spaß ist und so was halt. Weiter war da echt nichts.“

„Hm“, machte Sora. „Stehst du vielleicht auf Tai? So ein bisschen?“

Eine Weile sah Mimi Sora mit zusammengekniffenen Augen an. Dann antwortete sie: „Nein, ich glaube eher nicht. Er ist ein viel zu guter Freund.“

„Manchmal verliebt man sich in seine beste Freunde“, meinte Sora abschließend, knipste das Licht der Nachttischlampe aus und war nach kurzer Zeit eingeschlafen.
 

-TBC-
 

sooo in 3 jahren kommt dann kapitel 9 ne? ^^ XDD

Der siebente Tag: Böser Alkohol (Mimis Plan)

juhuuu ich habs geschafft, kapitel 7 ist fertig..

heute hat es mich mal gepackt. ich hab eine digimon-ff hier auf animexx gelesen und danach meine eigene story und dann wollte ich sie weiterschreiben. und jetzt ist zumindest das kapitel hier fertig :D

vielen dank für über 100 kommentare und über 60 favos.

tut mir wirklich leid, dass es immer so lange dauert, bis ein neues kapitel kommt, aber wie ihr seht, ich habe die story nciht vergessen!

viel spaß beim lesen und danke dafür, ne? ;)
 


 

Am Morgen war Sora die erste, die aufwachte. Es war erst halb neun. Zunächst versuchte sie, wieder einzuschlafen, hatte dabei aber wenig Erfolg. Nachdem sie zehn Minuten an die Zimmerdecke gestarrt und über den vorherigen Abend nachgedacht hatte, stand sie schließlich doch auf. Sie verließ das Schlafzimmer und betrat den Wohnbereich. Tai und Matt hatten die Plätze getauscht, sodass Tai nun unten auf dem ausgezogenen Teil des Bettes lag. Neben ihm auf dem Boden stand ein Eimer. Er lag alle Viere von sich gestreckt quer im Bett. Das Laken, was als Decke dienen sollte, lag am Fußende auf dem Boden. Seine Klamotten waren durcheinander auf einen Stuhl geschmissen worden. Er schnarchte ab und zu.

Matt dagegen lag ruhig auf der Seite, der Wand zugedreht, seine Decke befand sich auf dem Bett. Seine Klamotten hingen fein säuberlich auf der Stuhllehne eines anderen Stuhls. Doch trotz der gewissenhaften Ordnung des Blonden sah der Wohnbereich aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

Sora lächelte belustigt und schüttelte den Kopf. Von den beiden war also auch noch keiner wach. Was tun?

Sie ging sich zuerst die Zähne putzen, danach zog sie sich ein Top und eine kurze Hose an und anschließend beschloss sie, so langsam die drei Tiefschlafenden aufzuwecken. Ehe die richtig wach waren, verging sowieso eine halbe Stunde. Sie zog die Vorhänge im Schlafzimmer auf und setzte sich auf Mimis Betthälfte.

„Mimiiiiii“, sagte sie sanft und leise, legte eine Hand auf den Arm der Braunhaarigen und rüttelte sie leicht. Abermals hauchte sie ihren Namen.

„Tai...“, kam es gebrechlich von Mimi.

„Was?“ Sora sah sie überrascht an.

„Hm?“ Mimi seufzte und öffnete die Augen. „Oh nein, ist wirklich schon wieder Morgen?“ Sie gähnte ausgiebig.

„Hast du gerade ‚Tai’ gesagt?“, fragte Sora, ohne auf die Frage ihrer Freundin einzugehen.

Zuerst sah Mimi irritiert drein. Dann sagte sie unvermittelt: „Ach so! Nein, ich hab nur gerade von gestern geträumt und davon, dass...“, sie ließ den Blick zur offenen Tür schweifen und senkte die Stimme, „... Tai mich küssen wollte.“

„Wollte er das denn?“

„Nein! Das hab ich nur so geträumt“, wehrte Mimi ab. „Glaube ich jedenfalls...“

Eine Weile schwieg Sora und stellte sich die Szene vor, wie Tai versuchte, Mimi zu küssen. Irgendwie ein seltsamer Gedanke. Dann sagte sie:

„Sieh zu, dass du langsam wach wirst. Die werden mit dem Frühstück nicht auf uns warten.“

Sie stand auf und ging in den Wohnbereich. Zuerst marschierte sie zum Fenster, riss die Vorhänge beiseite und öffnete die Balkontür weit. Dann ging sie zu Tai, kniete neben ihn auf den Boden und rüttelte ihn leicht.

„Taiiiii“, flötete sie sanft. Keine Reaktion.

Sie rüttelte etwas doller an ihm und sagte seinen Namen etwas lauter. Noch immer keine Reaktion. Wenn Tai einmal schlief, dann tat er das wie ein Stein und war auch nicht wach zu kriegen, geschweige denn zum Aufstehen zu bewegen. Hier mussten härtere Maßnahmen ergriffen werden.

Sora ging zu dem kleinen Kühlschrank, holte eine Dose Cola heraus und kniete sich wieder neben den Braunhaarigen. Sie schob sein blaues T-Shirt ein Stück hoch und legte ihm die kalte Dose auf den Bauch. Im nächsten Moment zuckte Matt zusammen und warf sich auf die andere Seite, um zu sehen, was den gellenden Schrei ausgelöst hatte. Tai war hochgeschnellt, machte ein Gesicht als hätte er soeben seine Familie an einem Strick von der Decke hängen sehen und hielt die Dose in der Hand.

„Wach werden, Süßer“, grinste Sora, stand auf und ging zurück ins Mädchenschlafzimmer.

„Sora, ich bring dich um!“, schrie Tai ihr hinterher.

„Was hast du gemacht?“, fragte Mimi mit entsetztem Gesichtsausdruck, als Sora sich vor dem Spiegel im Schlafzimmer platziert hatte.

„Och, ich hab ihm nur ein bisschen beim Aufwachen geholfen“, antwortete sie lächelnd und kämmte sich die Haare.

Mimi lachte. „Es klang eher so, als hättest du ihn aufgespießt.“

„Ich glaube, so ähnlich hat es sich für ihn auch angefühlt“, stimmte die Rothaarige ihr zu.

„Der braucht mal eine ordentliche Abreibung“, fand Mimi und setzte sich auf. Langsam kletterte sie aus dem Bett und streckte sich ausgiebig. Sie stand inmitten der Klamotten, die sie am vorigen Abend aus dem Schrank gewühlt und sich etwas für die Disko ausgesucht hatte. Als sie dann fertig gewesen war, hatte sie einfach alles vom Bett runter auf den Boden geschoben und mit dem Fuß etwas in eine Ecke gedrängt, damit sie nicht ganz so auffielen. In Sachen Unordnung übertraf sie sogar Tai fast. Sollten die beiden jemals zusammenwohnen, Sora würde sie sicherlich nie besuchen gehen, da sie ihr wahrscheinlich noch nicht einmal die Haustür öffnen könnten vor lauter Unordnung.
 

Sora war gerade dabei, eine Portion Rührei in sich reinzuschaufeln, als die entscheidende Frage von Davis gestellt wurde.

„Was machen wir heute?“

Die Freunde stoppten kurzzeitig ihr Mahl und sahen sich ratlos an.

„So langsam wird der Strand langweilig“, nörgelte Davis weiter.

„Du musst ja nicht mitkommen“, erwiderte Yolei mürrisch, woraufhin Davis ihr die Zunge rausstreckte.

„Ich weiß was. Zwei oder drei von uns gehen heute den Tag durch den Ort und suchen Möglichkeiten, was man tagsüber machen kann und der Rest geht einfach wieder zum Strand oder zum Pool“, schlug Kari vor. Allgemeine Zustimmung.

„Okay, dann machen Kari und ich das“, meldete sich nun T.K. und lächelte der Braunhaarigen über den Tisch zu.

„Ich komme mit“, sagte Davis sofort, der den seiner Meinung nach zu liebevollen Blickkontakt der beiden 13-jährigen grollend mit angesehen hatte. Der Rest der Truppe rollte nur mit den Augen.

So ging es nach dem Frühstück zurück auf die Zimmer. Sora und Mimi hatten beschlossen, sich einen netten Tag am Pool zu machen.

„Das Salzwasser brennt so in den Augen und im Hals, wenn man es schluckt“, hatte sich Mimi beschwert.

„Du sollst es ja auch nicht trinken“, war es lachend von Sora gekommen, woraufhin diese sich einen Stoß in die Rippen von der Brünetten eingefangen hatte.

„Was wollt ihr machen?“, fragte Sora an Matt gewandt.

„Oh, wir werden ans Meer gehen“, antwortete er sein Strandtuch in die Tasche stopfend. „Und ich werde darauf achten, dass Tai seinen Rausch richtig ausschläft“, fügte er noch grinsend hinzu, was Tai mit einem kräftigen Tritt auf den Fuß des Blonden bestrafte.

„Zwischendurch kommen wir natürlich mal bei euch vorbei, um zu sehen, ob Mimi noch lebt oder es sogar im Pool schafft, zu weit rauszuschwimmen“, grinste dieser.

„Und wie soll das deiner Meinung nach funktionieren?“, fragte Mimi giftig. Sie war sichtlich erzürnt über die Tatsache, dass Tai sie noch immer mit ihrer Aktion vom ersten Tag aufzog.

„Man weiß ja nie, was DU alles möglich machen kannst“, antwortete Tai breit lächelnd. Dies konnte man ebenso gut positiv auffassen und Sora war sich fast ganz sicher, dass Tai es auch so gemeint hatte. Mimi jedoch sah das ganz offensichtlich anders. Sie warf nur ihr langes Haar mit einer Kopfbewegung zurück und stolzierte beleidigt ins Schlafzimmer, um sich ihren Bikini anzuziehen.

Sora nahm sich ihren vom Balkon und folgte ihrer Freundin. Doch gerade, als sie das Schlafzimmer betreten wollte, kam Mimi schon wieder an ihr vorbeigestürmt.

„Tai!“, krakelte sie. „Wo ist mein Bikini, den du weggenommen hast?“

Der Braunhaarige sah sie nur verständnislos an und zog eine Augenbraue hoch. „Wie bitte?“

„Jetzt tu nicht so!“, stöhnte Mimi ungeduldig. „Rück ihn raus!“

„Welchen meinst du denn?“, gab Tai im gleichen Tonfall zurück.

„Den pinken mit den Blümchen drauf!“

„Den pinken mit den Blümchen drauf!“, ahmte Tai sie nach. „Was sollte ich denn mit deinem Bikini anfangen?“

„Das weiß ich doch nicht! Gestern sagtest du, du hättest...“

„Mimi“, unterbrach Tai sie ruhig, als spräche er mit einem kleinen Kind. „Das hab ich nur so gesagt, um dich zu ärgern.“ Er klopfte ihr sachte mit einer Hand gegen die Stirn.

„Lügner!“, rief Mimi empört. „Ich glaube dir kein Wort. Das kannst du deiner Oma erzählen.“

„Sag mal, für wie pervers hältst du mich eigentlich, dass ich es nötig hätte, deinen Bikini zu klauen?!“

„Ich will gar nicht wissen, wofür...“

„Meinst du den hier?“ Als Mimi pink mit Blümchen erwähnt hatte, war in Soras Kopf eine Lampe an gegangen. So etwas in der Art hatte sie doch unterm Bett gesehen. Sie war zum Bett gelaufen, hatte den gesuchten Bikini hervorgefischt und hielt ihn nun vor Mimis errötendes Gesicht.

„Ähm...“, sagte diese zögernd und schluckte.

„Der lag unterm Bett“, berichtete Sora und sah ihre Freundin schief an.

Schweigen. Dann legte Tai los.

„Ach und ich soll deinen verdammten Bikini haben, ja? Du machst mich für deine eigene Schlampigkeit verantwortlich und bezeichnest mich auch noch als Lügner!“

Mimi presste die Lippen zusammen, verengte die Augen zu Schlitzen und setzte gerade zu einer mit Sicherheit nicht unbedingt freundlichen Antwort an, als Sora dazwischenfunkte.

„Okay, das reicht! Ruhe jetzt!“ Sie warf den Bikini beiseite, ergriff mit der freigewordenen Hand Mimis und mit der anderen Tais. Sie führte die Hände der beiden zusammen und trat einen Schritt zurück. „So und nun vertragt euch wieder.“

Zuerst sahen beide noch ein wenig mürrisch drein. Dann sahen sie einander schüchtern an, lächelten verlegen und wurden rot.

„And IIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIIIII will always love youuuuuuuuu“, sang Matt, der bis zu diesem Moment nur auf der Couch gesessen und beobachtet hatte, übertrieben und machte ein dramatisches Gesicht. Tai warf ein auf dem Boden liegendes T-Shirt nach ihm und stieg dann in das Gelächter der anderen ein.
 

„Hach“, seufzte Mimi glücklich und lehnte sich auf ihrer Liege zurück. „Sora, ich muss dir mal was sagen.“

Die beiden Mädchen lagen nebeneinander auf ihren Liegen unter einer Palme und genossen die Wärme. Vom Gekreische der Kinder, die im Pool herumplanschten und sich gegenseitig immer wieder ins Wasser schubsten, ließen sie sich nicht im Geringsten stören.

„Ich finde es toll, mit dir mal alleine einen Tag am Pool zu verbringen. Das ist viel ruhiger und gemütlicher als immer mit allen am Strand.“

Sora sah sie etwas überrascht an, aber ehe sie irgendwas erwidern konnte, war Mimi schon aufgesprungen. „Ich gehe uns mal ’nen Cocktail holen. Du bist eingeladen.“ Und damit war sie weg.

„Sie sieht toll aus in diesem Bikini.“

Sora schob ihre Sonnenbrille ein Stück hoch und erblickte Izzy, der sich auf Mimis Liege niederließ und der Brünetten nachsah. So viel zum Thema alleine mit Sora.

„Wo kommst du denn her?“, fragte Sora sich ein wenig aufsetzend.

„Vom Strand. Ich wollte nur schnell noch Sonnencreme holen“, antwortete er. „Ihr seid übrigens die einzigen, die am Pool liegen.

„Das ist gut so“, meinte Sora grinsend. „Wir brauchen mal ein bisschen Zeit für uns.“

Izzy nickte und sah wieder zu Mimi, die an der Poolbar stand.

„An dem Mädchen stimmt einfach alles“, seufzte er traurig. „Findest du nicht auch?“

„Izzy, falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich bin ein Mädchen, wie sie auch, und heterosexuell. Aber wie wär’s, wenn du ihr ein bisschen... zeigst, was du für sie empfindest?“

„Wie soll ich das denn machen?“ Er winkte ab und stützte den Kopf auf die Hände. „Schau sie dir an und dann schau mich an.“

Allmählich kam sich Sora vor wie eine Beziehungsberaterin. Dabei hatte sie doch in diesem Bereich ihre eigenen Probleme.

„Sei einfach nett zu ihr“, antwortete sie nur. Irgendwie tat Izzy ihr ja Leid, aber sie wusste nicht, wie sie ihm helfen sollte.

Da kam Mimi mit zwei großen Cocktails zurück. Einer war rosarot und der andere leuchtend orange, passend zu den Bikinis der beiden Mädchen. Beide Gläser waren am Rand reich verziert mit Melonen- und Ananasscheiben, Erdbeeren, Sternfrucht und bunten Strohhalmen. Sora bekam wie erwartet den orangenen Cocktail.

„Oh, hey Izzy“, begrüßte Mimi den Rothaarigen und drängte ihn ein wenig zur Seite, um sich neben ihn auf die Liege zu setzen. Anschließend erzählte sie Sora von irgendeinem niedlichen Kellner, der sie die ganze Zeit angesehen hatte. Als das Gespräch dann von besagtem Kellner überschwankte zu Getränken, Klamotten und schließlich Unterwäsche, suchte Izzy mit einem „Tz, Mädchen“ das Weite.

„Was hältst du eigentlich von Izzy?“, fragte Sora grinsend.

„Na ja, er ist ein guter Kumpel“, antwortete die Braunhaarige und machte sich auf ihrer Liege wieder lang. „Warum fragst du?“

Sora kicherte. „Ich glaub, der mag dich ziemlich doll.“

Mimis Augen wurden so groß wie Untertassen. „Wie kommst du denn darauf?“

Sora holte tief Luft. „Er schwärmt dauernd von dir und hat mich auch schon gefragt, wie er sich an dich ranmachen kann.“

Eine Weile sah Mimi die Rothaarige schweigend an. Dann musste sie lachen und fasste sich an den Kopf. Somit war dieses Gespräch für sie beendet und sie lehnte sich zurück und schlürfte ihren Cocktail. „Wie geht’s dir eigentlich wegen dieser Sache mit Matt?“

„Ganz gut. Er macht mir ja keine Hoffnungen mehr und wir verstehen uns wieder gut.“

Mimi schwieg eine Weile, dann schien ihr eine Idee gekommen zu sein. „Weißt du was? Wir spielen diese Minami einfach aus. Du schmeißt dich richtig an Matt ran, indem du dich nicht an ihn ranschmeißt!“

...

„Was?“ Da war Sora verständlicherweise nicht ganz mitgekommen.

„Na das ist doch ganz einfach“, sagte Mimi, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. „Jungs sind seltsam. Sie brauchen eine Herausforderung, weißt du? Wenn du ständig an Matt hängst und ihm schöne Augen machst...“

„Aber das tu ich doch gar nicht!“

„... bist du keine Herausforderung, sondern leichte Beute.“

„Ich glaube nicht, dass er mich als seine Beute ansieht.“

„Andererseits darfst du aber auch nicht komplett abweisend sein, sonst gibt er dich auf, weil er denkt, er hätte bei dir sowieso keine Chance.“

„Wie soll man denn da das Mittelmaß finden?“

„Das ist gar nicht so schwer. Wenn er Annäherungsversuche startet, dann geh darauf ein, aber nicht zu sehr. Mach selber keine Annäherungsversuche. Und kleb bloß nicht an ihm!“

„Ich hab dir doch eben schon gesagt, dass ich nicht an ihm klebe!“

„Schon gut, ich wollte es dir nur noch mal sagen.“

„Ich weiß überhaupt nicht, wie ich das machen soll“, seufzte Sora missmutig.

„Und genau dafür bin ich da“, sagte Mimi aufmunternd und legte beruhigend eine Hand auf den Unterarm ihrer Freundin. „Ist doch klar, dass ich dir helfe. Und ich werde unsere liebe Freundin von Matt fernhalten.“

Sora lächelte. Mimi auf seiner Seite zu wissen, verlieh einem gleich um einiges mehr Sicherheit.
 

Gegen um drei Uhr beschlossen die beiden Mädchen, eine Pizza essen zu gehen, da ihnen allmählich der Magen knurrte. Sie ergriffen ihre Portemonnaies, ließen ihre Badetücher auf den Liegen zurück und setzten sich gegenüber an einen der Holztische mit vier Stühlen. Gerade hatte Mimi die Speisekarte aufgeschlagen, als schon ein Kellner neben ihnen stand. Die Brünette hob den Kopf, um den Kellner anzusehen und warf sogleich ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu. Sora betrachtete ebenfalls den Kellner. Er schien jener zu sein, den Mimi so niedlich fand.

„Ich hätte gern eine Cola“, bestellte Mimi und setzte ihr süßestes Lächeln auf.

„Zwei“, sagte Sora, Zeige- und Mittelfinger hebend. Der junge Mann nickte freundlich und entfernte sich wieder.

„Das war er“, meinte Mimi aufgeregt. „Ist er nicht niedlich?“

„Na ja, ich steh mehr auf blond“, erwiderte Sora schulterzuckend.

„Stimmt ja“, kicherte Mimi. „Oh, wir kriegen Besuch.“

Sora, die mit dem Rücken zu Pool und Eingang saß, drehte sich auf ihrem Stuhl um. Yolei kam auf sie zu, klatschnass und mit einem Badetuch um den Schultern.

„Na ihr Süßen?“, begrüßte sie die beiden Mädchen. „Darf ich mich zu euch setzen?“

„Klar“, antwortete Sora und zog den Stuhl neben sich ein Stück zurück, damit Yolei sich setzen konnte.

„Ich hab keine Lust mehr mit den Jungs alleine am Strand“, nörgelte sie und wrang sich die Haare aus. „Die sind nur dabei, sich gegenseitig mit Schlamm zu bewerfen und solche ‚Späße’ zu machen, wie: Wer kann am längsten unter Wasser bleiben? Ich sag euch, Tai war so stur und wollte nicht aufgeben. Den mussten sie wieder hoch holen, weil er bewusstlos geworden ist.“

Sora und Mimi sahen sich mit großen Augen an und prusteten dann gleichzeitig los.

„Das ist so typisch für Tai, sein Sturkopf bringt ihn irgendwann noch ins Grab“, lachte Sora.

„Sowas Kindisches“, stimmte Mimi ihr kopfschüttelnd zu.

Yolei seufzte nur und griff nach der Speisekarte. Kurz darauf kam der Kellner mit den zwei Colas zurück.

„Ich hätte auch gerne noch eine Cola“, bestellte sie. „Und eine Pizza Hawaii.“

Auch Mimi und Sora bestellten noch jede eine Pizza und der Kellner verschwand wieder.

„Der ist ja niedlich“, stellte Yolei grinsend fest.

Sora kicherte. „Findet Mimi auch.“

„Ob wohl Davis, Kari und T.K. schon was gefunden haben?“, fragte Mimi, ohne auf die beiden einzugehen.

„Ach, bestimmt. Kari und T.K. können so was gut und von Davis lassen die sich ja sowieso nicht irritieren“, meinte Yolei abwinkend.

„Gott sei Dank.“ Sora musste sich vorstellen, wie Davis die ganze Zeit versuchte, sich an Kari ranzumachen und sich möglichst immer zwischen sie und den Blonden zu drängeln. Dabei hatten die beiden nicht einmal etwas zusammen, sondern waren beste Freunde.

Die drei Mädchen plauderten noch fröhlich und lachten viel, bis nach einer halben Stunde ihre Pizza kam. Der niedliche Kellner hatte Mimi unauffällig einen Zettel zugeschoben. Mit etwas verwirrter Miene hielt diese den Zettel in der Hand und schaute zu Sora.

„Falt ihn mal auseinander“, forderte Yolei, den Blick auf den Zettel gerichtet.

Mimi tat wie ihr gehießen.

„Oh, da steht was! Was Englisches...“ Sie starrte eine Weile mit gerunzelter Stirn auf den Zettel, während Sora und Yolei sie gespannt ansahen.

„Er will heute Abend mit mir ausgehen!“, stieß sie dann mit großen Augen hervor.

„Uh“, quietschten die anderen beiden Mädchen gleichzeitig und etwas zu laut, sodass sich sämtliche Leute an den Nachbartischen zu ihnen umdrehten.

„Triff dich mit ihm!“, rief Yolei.

„Natürlich mach ich das“, sagte Mimi strahlend. „Oh man ich bin jetzt schon aufgeregt. Sora, du musst mir dann unbedingt helfen! Ich weiß nicht, was ich anziehen soll.“

„Das niedliche lila Kleid“, antwortete die Angesprochene sofort.

„Ach, das hatte ich doch letztens schon an“, sagte Mimi abwinkend.

„Wie wäre es mit diesem süßen blauen Flatterrock?“, schlug Yolei mit glänzenden Augen vor.

„Hm“, machte Mimi. „Ja das wäre vielleicht eine gute Idee. Aber was dazu?“

Und so schweifte das Gespräch ab und pizzaschmatzend wurde Mimis gesamtes Outfit für den Abend gründlich ausdiskutiert mit allen Vor- und Nachteilen.

„Und was habt ihr heute Abend vor?“, fragte Mimi und schob sich das letzte große Stück ihrer Salamipizza in den Mund.

„Hm, ich denke, ich werde irgendetwas mit T.K. und Kari machen, vielleicht durch die Stadt bummeln oder so was“, überlegte Yolei schulterzuckend.

„Ich denke, ich werde was mit Tai und Matt zusammen machen, vorausgesetzt, Matt macht nichts mit der Sumpfkuh zusammen“, antwortete Sora und aß ebenfalls ihr letztes Stück Pizza. „Man, bin ich voll, jetzt brauch ich erst mal einen Verdauungsschlaf.“

Die drei Mädchen bezahlten ihr Mittagessen und Yolei machte sich auf den Weg zurück an den Strand. Sora und Mimi legten sich wieder auf ihre Liegen unter den Palmen am Pool.

„Dieser Urlaub ist echt das Paradies. Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können“, schwärmte Mimi und schloss die Augen.

„Auf jeden Fall“, stimmte Sora schläfrig zu. „Mal schauen, was hier noch so alles passiert.“
 

Als Sora von Mimi geweckt wurde, stand die Sonne bereits tief und der Pool hatte sich weitestgehend geleert. Es musste schon später Nachmittag sein.

„Sora, lass uns hoch ins Zimmer gehen. Die anderen sind bestimmt schon alle drin“, sagte Mimi und erhob sich von ihrer Liege.

„Wie spät ist es denn?“, fragte Sora verschlafen und rieb sich die Augen.

Mimi kramte ihr Handy aus ihrer Tasche. „Schon fast sechs.“

„Ach herrje!“ Sora sammelte ihr Zeug zusammen und die beiden Mädchen machten sich auf den Weg in ihr Apartment.

Tai und Matt saßen frisch geduscht auf der Couch und sahen fern. Es lief irgendein Musiksender.

„Na, wieder ausgenüchtert?“, fragte Sora grinsend an Tai gewandt.

„Geht so“, murmelte dieser.

„Er hat sich nur noch fünf mal übergeben“, scherzte Matt, woraufhin Tai die Fernbedienung ergriff und wegschaltete.

„Schalt sofort zurück!“, rief Matt aufgebracht und warf sich auf seinen Freund neben ihm, um diesem die Fernbedienung wegzureißen.

Tai sprang auf und hüpfte lachend durch das gesamte Wohnzimmer, während Matt ihn wütend verfolgte. Sora und Mimi sahen sich nur stirnrunzelnd an und verschwanden in ihrem Schlafzimmer.

Während die beiden nacheinander duschten, verging über eine Stunde und die Jungs wurden ungeduldig.

„Kommt schon, ich hab Hunger“, murrte Tai und hämmerte gegen die Schlafzimmertür.

„Hör gefälligst auf, die Einrichtung kaputt zu machen!“, rief Mimi ihm von drinnen zu.

Endlich kamen Sora und Mimi aus dem Schlafzimmer und die vier Jugendlichen machten sich auf den Weg zum Speisesaal. Währenddessen trafen sie auch die anderen beiden Gruppen.

Als endlich alle am Tisch saßen und ihre Teller mehr oder weniger voll beladen hatten mit Pommes frites, Hackfleisch, Fisch, Reispfanne und anderen Leckereien, erzählten T.K., Davis und Kari, was sie über den Tag herausgefunden hatten.

„Also was uns am meisten zugesagt hat, ist das Inselfest morgen. Es findet in einem anderen Ort statt, aber es gibt von hier aus einen Bus dorthin“, berichtete T.K.

„Das klingt super!“, fand Yolei mit leuchtenden Augen.

„Wie kann man sich denn dieses Inselfest vorstellen?“, fragte Joe.

„Na so ähnlich wie einen Jahrmarkt“, antwortete Davis.

„Es gibt Karussells, viele Stände und Wettbewerbe. Außerdem gibt’s dort eine Delfinshow“, fügte Kari strahlend hinzu.

„Delfine!“, quietschte Mimi vergnügt. „Darf man auch mit ihnen schwimmen?“

„Wenn du den dazugehörigen Betreuer betörst, bestimmt“, stichelte Tai sie, worauf er einen grimmigen Blick ihrerseits bekam und Gelächter von den anderen.

„Dann wird das morgen ein langer Tag. Vielleicht sollten wir heute alle ein bisschen eher schlafen gehen“, meinte Cody.

„Für einige von uns war auch die vergangene Nacht sehr lang, nicht wahr, Tai?“, sagte Sora mit einem schelmischen Grinsen in Tais Richtung. Nun war er es, der grimmig drein schaute und Mimi streckte ihm die Zunge raus.

Nach dem Abendessen fühlte Sora sich sehr vollgefressen. Sie ließ sich mit den beiden Jungs auf die Couch fallen, während Mimi im Bad verschwand und sich für ihr Date mit dem süßen Kellner fertig machte. Eine halbe Stunde später verschwand sie mit einem fröhlichen „Bis heut Nacht“ und knallte die Tür hinter sich zu.

„Wo geht sie hin?“, fragte Tai verwirrt.

„Ach, sie hat nur ein Date“, antwortete Sora kurz angebunden. Mit Absicht hatte sie ihre Antwort so formuliert, da sie Tais Reaktion testen wollte.

„Sie hat ein Date? Sie?“ Tais Augen waren so groß wie Untertassen, sein Blick war fassungslos.

„Mit wem denn?“ Nun wandte auch Matt sich von der immer noch laufenden Musiksendung ab und interessierte sich für das Gespräch seiner beiden Freunde.

„Mit einem Kellner“, antwortete Sora bestimmt. „Aus unserem Hotel.“

„Ist nicht wahr“, stammelte Tai. „Warum erzählt sie sowas nicht?“

„Tai, wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich sagen, du wärst jetzt lieber an der Stelle des Kellners.“ Sora sah ihren verblüfften Freund verschmitzt an.

„So ein Quatsch. Ich werde mich doch dafür interessieren dürfen, was meine gute Freundin Mimi so treibt“, protestierte er. „Wo haben sie sich verabredet?“

Keine Zweifel. Er war eifersüchtig. Oder zumindest passte ihm dieses Date nicht.

„Weiß ich nicht“, antwortete Sora schulterzuckend.

„Tai, jetzt lass sie doch einfach eine Verabredung haben und mach dir keinen Kopf darum. Vielleicht erzählt sie uns ja noch, was sie mit ihm wo gemacht hat“, versuchte Matt seinen Freund zu besänftigen. Dieser wurde ganz still und blickte nachdenklich den Fernseher an.

Die drei verbrachten ihren restlichen Abend damit, auf dem Balkon Poker zu spielen und Bier zu trinken. Allerdings war Tai während dieser gesamten Zeit sehr unkonzentriert. Immer wieder sah er hinunter auf die Promenade, wahrscheinlich in der Hoffnung, Mimi und ihren Kellner zu sehen. Doch scheinbar tauchten sie nirgendwo auf.

„So Tai ist dran mit geben“, sagte Sora und hielt ihm den Kartenstapel unter die Nase. Doch der reagierte nicht und war mit den Gedanken ganz woanders.

„Tai!“, rief Sora und warf ihm den Kartenstapel an den Kopf, sodass die ganzen Karten alle einzeln auf ihn und den Boden segelten.

„Oh, entschuldigt. Man Sora, was machst du denn hier?“ Brummend sammelte er die Karten auf.

„Ich wollte dich bloß aus deinen Gedanken reißen. Was ist los mit dir? Bist du etwa wirklich eifersüchtig?“

„Nein, bin ich nicht“, antwortete Tai energisch. „Ich hab nur Angst, dass es so einer ist wie gestern, der sie einfach angrabscht und sonst was mit ihr macht.“

„Aber wenn sie es selbst so will, dann geht uns das überhaupt nichts an“, erwiderte Matt. „Auch, wenn dir das wahrscheinlich nicht passt.“

„Ach hört auf so einen Blödsinn zu reden. Soll sie doch machen, was sie will.“
 

Mimis Rückkehr riss Sora mitten in der Nacht aus ihrem wohl verdienten Schlaf.

„Sora, wach auf! Jetzt mach schon! Ich muss es dir doch erzählen!“, flüsterte Mimi und rüttelte ihre Freundin relativ unsanft.

„Mimi, weißt du eigentlich, wie spät es ist?“, fragte Sora gähnend und setzte sich langsam auf. „Nun erzähl schon, wie war's denn?“

„Eigentlich war es ganz nett. Er hat mich auf einen Eiskaffee eingeladen, wir sind spazieren gegangen und haben uns unterhalten“, erzählte Mimi.

„Und deswegen musstest du mich jetzt wecken?“ Sora gähnte wieder und wollte sich schon wieder hinlegen.

„Ich bin doch noch lange nicht fertig!“, erwiderte Mimi ungeduldig.

„Wie heißt er überhaupt?“

„Paolo. Süß, oder?“

„Na ich weißt nicht“, murmelte Sora.

„Jetzt hör halt zu! Also jedenfalls wäre er wirklich ein toller Typ gewesen, wenn er nicht ein totaler Aufreißer wäre. Jedes Mädchen aus dem Hotel, das ihm einigermaßen gefällt, baggert er an und schleppt sie schließlich ab. Und am nächsten Morgen ist er weg und meldet sich nie wieder bei ihr. Wenn sie ihn dann darauf anspricht, tut er so, als hätte er nie etwas mit ihr gehabt. Kannst du dir das vorstellen, dass ich mich fast von so einem hätte verarschen lassen? Diese charmante Art war ja wirklich süß, aber wenn man erst mal weiß, wie er wirklich ist...“

„Woher weißt du das alles?“, unterbrach Sora sie irritiert.

„Oh... äh... bitte hass mich jetzt nicht dafür“, stammelte Mimi mit einem schuldbewusstem Blick. „Von Minami.“

„Minami?!“, rief Sora laut. „Die Sumpfkuh Minami?“

„Pscht, sei doch nicht so laut!“, zischte Mimi.

„Warum redest du mit ihr über sowas?“, fragte Sora anklagend. Sie konnte es nicht fassen. Mimi, die Verräterin.

„Wollte ich ja gar nicht!“, verteidigte Mimi sich. „Wir sind ihr auf der Promenade begegnet. Da hat sie mich freundlich gegrüßt und mich in ein Gespräch verwickelt und mich mit aufs Klo gezerrt und da hat sie mir das alles erzählt.“

„Und woher will die das wissen?“

„Na rate doch mal!“

„Sie ist auf ihn reingefallen? Ha, das geschieht ihr recht!“ Sora konnte ihre Schadenfreude nicht verbergen. „Schade, dass ihr das offenbar keine Lehre war.“

„Aber da sieht man mal, dass sie eigentlich ganz nett sein kann“, meinte Mimi und fügte bei Soras Blick noch schnell ein „manchmal... wenn sie will... meistens nicht“ hinzu.

Der achte Tag: Auf dem Inselfest (Sex on the Beach)

Lang hat's gedauert, aber es ist vollbracht. Tut mir Leid, dass ich immer so lange brauche. Gestern hat's wieder gefunkt zwischen meiner Fic und mir <D Naja hier ist das Resultat: ein fertiges achtes Kapitel. Viel Spaß beim Lesen, hoffe, es gefällt.
 


 

Am darauf folgenden Morgen war Sora die Letzte, die aufstand. Es war erst acht Uhr, aber sie hatten einheitlich beschlossen, dieses Mal eher zu frühstücken, da sie ja sonst nichts vom Inselfest hatten.

„Also Sora, ich bin enttäuscht“, empfing Tai sie, als sie das Schlafzimmer verlassen hatte. „Deine Fähigkeiten darin, uns ein gutes Vorbild zu sein, lassen so langsam nach.“

„Das stimmt, sogar Tai war heute eher wach als du“, stimmte Matt zu, der neben seinem Kumpel aufgetaucht war.

„Ihr spinnt doch“, antwortete Sora lachend. „Ich und ein gutes Vorbild.“ Mit diesen Worten ging sie ins Badezimmer und machte sich fertig fürs Frühstück.
 

Sora stand gerade am Buffet und lud sich eine Portion gebratene Tomaten auf den Teller als sie ein Paar Meter weiter Unruhe vernahm. Alberne Unruhe.

„Davis!“ Yolei rannte auf den Angesprochenen zu und kam mit rotem Gesicht zum Stoppen. „Wag es ja nicht, mir den letzten Muffin zu klauen! Das hast du gestern schon gemacht.“

„Sag mal, spinnst du?“, murrte Davis und grabschte schnell nach dem Muffin, bevor Yolei auch nur die Hand ausstrecken konnte. „Wer zuerst kommt, malt zuerst!“

„Das kann ja wohl nicht wahr sein! Gib ihn sofort her!“

„Du kannst doch warten, bis sie welche nachlegen!“, rief Davis und brachte schnell seinen Teller in Sicherheit, als Yolei gerade danach greifen wollte.

„Könntet ihr bitte aufhören, euch wie kleine, ausgehungerte, verwöhnte Kinder zu benehmen?“, zischte Sora zu den beiden hinüber. Im Nacken spürte sie die Blicke der restlichen Hotelgäste und eine ungeheure Scham für die beiden und ihren kindischen Streit.

„Dann sag ihm, er soll mir diesen verdammten Muffin geben!“, entgegnete Yolei kein bisschen leiser als vorher.

Davis stieß einen verächtlichen Laut aus und verschwand zu seinem Platz, gefolgt von einer wütenden Yolei und einer sich schämenden Sora.

„Was war denn mit denen los? Man hat ihr Geschrei bis hierher gehört“, fragte Joe neben Sora, als diese sich gesetzt hatte.

„Das willst du gar nicht wissen“, antwortete Sora entnervt und nahm einen großen Bissen von einem Toast.

Während des ganzen Frühstücks redete Mimi von nichts anderem als Delfinen und wie sie mit ihnen schwimmen würde.

„Das wird ein Spaß, sag ich euch“, schwärmte sie mit leuchtenden Augen und fing sich fragende Blicke ein.

Nach dem Frühstück rannten alle schnell in ihre Zimmer, um noch ein paar Sachen zusammenzupacken und sich danach schließlich an der Bushaltestelle vor dem Hotel zu treffen. Die Busfahrt dauerte ungefähr eine halbe Stunde und als sie in dem Ort, wo das Fest stattfinden sollte, ankamen, waren bereits viele Menschen da und vor dem Eingang hatte sich eine Schlange gebildet. Zum Glück bekamen die zwölf Freunde eine Gruppenkarte, sonst wäre wohl für den Rest des Urlaubs das Geld weg gewesen.

Als sie endlich nach einer weiteren halben Stunde auf der anderen Seite des Zauns standen, beschlossen sie, sich zu teilen. So machten sich Sora und die anderen drei Mädchen auf den Weg zu den Käfigen und Gehegen, die sich auf dem Gelände befanden. Sie bewunderten bunte Vögel, spielende Robben, Schildkröten, Affen und viele andere Tiere. Kari blieb begeistert bei den Galapagos-Pinguinen stehen und schoss Fotos.

„Sind die niedlich!“, rief sie immer wieder und beobachtete begeistert, wie die schwarzweißen Vögel ins Wasser sprangen, durch die Gegend schwammen, wieder aufs Land sprangen und ihren Gefährten durch ein kehliges Geräusch etwas zuriefen. „Ich glaube, ich frage Tai, ob er mir einen kauft.“

Sora musste lachen. „Wo willst du ihn denn halten? In deinem Zimmer?“

„Ja, wieso nicht? Meine Katze ist ja leider vor zwei Jahren gestorben und da ist doch ein Pinguin ein guter Ersatz“, antwortete sie unbeirrt. „Außerdem essen beide Fisch.“

„Wenn das mal kein Zeichen ist“, kicherte Yolei.

Sora warf einen Blick auf die verdächtig ruhig gewordene Mimi. Ihre Aufmerksamkeit galt nicht den Pinguinen, sondern sie ließ ihren Blick durch die Gegend schweifen. Wenige kleine Schweißperlen befanden sich auf ihrer Stirn, da in diesem Park nahezu kein Lüftchen wehte. Es sah beinahe aus, als hielte sie nach jemandem Ausschau.

„Suchst du jemanden?“, fragte Sora ihre Freundin und musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Was? Nein, schon gut. Ich habe mich nur umgesehen.“ Sie setzte sich ihre Sonnenbrille auf. „Lasst uns weiter gehen, hier stinkt es entsetzlich nach Fisch.“

„Aber Mimi!“, rief Kari entgeistert, während die anderen beiden Mädchen nur lachten. Sie zerrten die Jüngste unter ihnen vom Gehege ihrer heiß geliebten Pinguine weg und schlenderten weiter durch das Festgelände.

„Ich möchte jetzt gerne Achterbahn fahren“, verkündete Yolei, als sich eine riesige, hellblaue Achterbahn in ihr Blickfeld drängte. „Kommt ihr mit?“

Während Sora und Kari eifrig nickten und sich schon auf den Weg machen wollten, setzte Mimi einen entsetzten Blick auf.

„Achterbahn? Mit Looping und so?“, fragte sie ängstlich.

„Hab dich nicht so“, meinte Yolei nur abwinkend. „So schlimm ist das nicht, das geht doch schnell. Außerdem brauchen wir ja nicht mehr extra bezahlen, also los.“

Die vier Mädchen reihten sich gegen Mimis Willen in die Schlange ein und schnatterten vor Aufregung wild durcheinander. Nur Mimi wurde zunehmend blasser.

„Sora“, fing sie leise an. „Ich kann das nicht. Das verkrafte ich doch nicht.“

„Ach du schaffst das schon, so schlimm ist das wirklich nicht“, versuchte Sora sie zu beruhigen. „Ehe du dazu kommst, Angst zu haben, ist es auch schon wieder vorbei.“

Als sie endlich einstiegen, zitterte Mimi am ganzen Körper. Sie und Sora nahmen hinter Kari und Yolei Platz, wurden angeschnallt und los ging die Fahrt. Es fing relativ harmlos an, bis es einen Berg hinauf ging und Sora klar wurde, dass es auf der anderen Seite wahrscheinlich noch viel steiler runter ging. Auf der Bergspitze hielt die Achterbahn kurzzeitig fast an, bis sie in halsbrecherischer Geschwindigkeit den Berg hinab sauste und Mimi wie am Spieß zu schreien anfing. Sora warf die Arme in die Luft und schrie ebenfalls, jedoch nicht vor Angst, sondern vor Freude. Bei so einer Hitze kam einem so ein Adrenalinstoß gerade recht. Als sie neben sich sah, zog sie Mimis Hände von deren Augen weg.

„Du verpasst doch das Beste!“, rief sie ihr tadelnd zu.

„Das Beste ist, wenn ich hier lebend AAAAAAAAAAHHHHH...“ Sie kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, da es im selben Moment in einen Doppellooping ging.

Nach weiteren Sekunden einer rasanten, wirbelnden Fahrt kam die Bahn schließlich in der Station angekommen zum Stoppen. Mimi rannte sofort raus und übergab sich herzhaft ins nächste Gebüsch, während Sora ihr besänftigend auf den Rücken klopfte.

„Das wird schon wieder“, murmelte sie.

„Wenn ihr mich das nächste Mal zwingt, in eine Achterbahn zu steigen, bring ich euch um!“, fauchte Mimi, nachdem ihr Magen leer zu sein schien. Sie suchten das nächste Klo auf, damit Mimi sich ein wenig frisch machen konnte. Danach suchten sie einen Getränkestand auf, kauften eiskalte Getränke und setzten sich auf eine Bank.

„Du hattest schon eine falsche Einstellung, Mimi“, belehrte Yolei sie. „Du musst da mit Mut und Überzeugung hingehen und nicht mit Angst und...“ Mimis tödlicher Blick ließ sie verstummen und wieder an ihrer Brause nippen.

„Was die Jungs wohl machen“, fragte sich Sora.

„Keiner von ihnen ist uns bisher über den Weg gelaufen“, fiel Kari auf.

„Also Davis ist garantiert bei irgendeinem Losstand und haut dort sein ganzes Geld auf den Putz“, meinte Yolei.

„Das kann gut sein“, stimmte Kari lachend zu. „Hoffentlich bringt er mir was mit, falls er was gewinnt.“

„Bestimmt. Er versucht doch mit allen Mitteln, deine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen“, sagte Sora und konnte sich Davis lebhaft vorstellen, wie er gerade überlegte, welches Kuscheltier oder welcher Schlüsselanhänger Kari wohl am besten gefallen würde.

„Ich hab auch Lust, losen zu gehen“, verkündete Mimi, die endlich ihre Sprache wieder gefunden hatte.

„Dann lasst uns gehen“, sagte Yolei, stand auf und warf ihren leeren Plastikbecher gezielt in einen Mülleimer.

Es dauerte eine Weile, bis sich die Mädchen einen Weg durch die Menschenmassen bahnen konnten. Ständig musste man nahezu anhalten, um einen Weg an einem besonders langsam laufenden Touristen vorbei zu finden. Außerdem dauerte es auch eine Weile, bis sie einen Losstand gefunden hatten. Aber endlich dort angekommen, kaufte sich jede von ihnen fünf Lose.

Voller Erwartung riss Sora eins nach dem anderen auf und hatte natürlich fünf Nieten. Als der Verkäufer von ihnen die Gewinnerlose verlangte und Sora ansah, schüttelte sie nur den Kopf und warf die Lose enttäuscht weg. Der freundliche Mann versuchte noch, ihr zu erklären, dass das gar nicht sein kann und dass das wirklich äußerst selten vorkam, doch Sora winkte nur ab. Sie hatte eigentlich immer Pech im Spiel und auch nie Glück in der Liebe. Irgendetwas machte sie in ihrem Leben grundlegend falsch. Sie musste nur noch dahinterkommen, was es war.

Yolei, Kari und Mimi hatten jede etwas gewonnen. Kari hielt einen Schlüsselanhänger in Form einer Erdbeere hoch, Yolei hatte sich ein Feuerzeug mit einer bunten Flamme ausgesucht und Mimi hielt ein kleines Kuscheltier in Form eines Kükens in den Händen.

„Oh Sora, das tut mir Leid für dich“, meinte Kari mitfühlend. „Möchtest du meins haben?“

„Ach was, schon okay“, sagte Sora lachend. „Man gewöhnt sich doch an sowas.“

Gemütlich schlenderten die Mädchen weiter und wollten sich nur ein wenig umsehen. Dabei kamen sie am Riesenrad vorbei.

„Lasst uns eine Runde hier mitfahren“, schlug Sora vor.

„Falls Mimi schon bereit ist“, sagte Yolei grinsend und sah zu der Angesprochenen hinüber.

„Seht mal, da vorne am Schießstand sind T.K. und Davis“, rief diese nur. Sie, Yolei und Kari machten sich sogleich auf den Weg zu den beiden Jungs. Sora lief ihnen nach und beschloss, das Riesenradfahren auf später zu verlegen. Im Dunkeln war es bestimmt sowieso schöner.

Als sie bei Davis und T.K. ankamen, war gerade T.K. dabei, mit einem Auge sein Ziel zu fixieren. Er schoss ab und traf das Plättchen unter einer rosafarbenen Rose. Nachdem er noch zwei mal geschossen hatte, hielt er noch zusätzlich eine Trillerpfeife zwischen den Händen.

„Hier Kari, die Pfeife ist für dich“, sagte er grinsend und streckte ihr die Pfeife entgegen.

„Oh, danke“, sagte Kari verlegen und hing sie sich um den Hals.

„Jetzt siehst du wieder aus wie früher“, meinte Sora lächelnd und erinnerte sich an die kleine achtjährige Kari mit dem rosa Halstuch und der silbernen Trillerpfeife zurück.

„Also eigentlich habe ich gehofft, dass ich nicht mehr aussehe wie acht“, erwiderte diese lachend.

„Für wen ist denn die Rose, wenn nicht für Kari?“, fragte Mimi neugierig und sah auf die Rose in seiner Hand.

„Wenn du willst, kannst du sie haben“, antwortete er lächelnd und drückte sie ihr in die Hand. Davis runzelte die Stirn und machte sich ans Schießen. Man konnte sehen, wie er sich wirklich mit aller Kraft darauf konzentrierte. Wenn Sora sich nicht verguckt hatte, zielte er auf eine Rose. Er traf sie nicht. Auch beim zweiten Mal nicht. Er fluchte laut und trat auf der Stelle, bevor er sich ihr ein drittes Mal zuwendete. Er schoss und traf schließlich eine rote Rose.

„Juhu!“, jubelte er und riss dem Mann, der den Stand betreute, die Rose regelrecht aus der Hand, als er sie ihm gab. „Hier Kari, die hab ich nur für dich geschossen.“ Erwartungsvoll und mit leuchtenden Augen hielt er ihr die Plastikblume entgegen.

„Oh, danke, Davis“, entgegnete sie und nahm die Rose an.

Davis lief puterrot an und der Rest musste lachen. Das war typisch für ihn. Immer versuchte er, T.K. zu übertreffen, obwohl dieser Soras Wissen nach gar nicht versuchte, Kari zu beeindrucken.

„Ich hab Hunger“, verkündete Yolei.

Sora warf einen Blick auf ihr Handy, um die Uhrzeit zu erfahren. „Lasst uns schnell was essen gehen und dann zur Delfinshow. Die fängt in einer Stunde an.“

Sie hatten alle ausgemacht, dass sie sich eine halbe Stunde vor Showbeginn vor dem Eingang der Show trafen. Also sollten sie sich nun besser ein bisschen beeilen.

Sie machten sich auf den Weg, um Essensstände zu finden. Das war nicht schwer, denn hier gab es einen nach dem anderen. Nachdem sie sich angestellt hatten und endlich rankamen, bestellte Sora sich einen Cheeseburger mit Pommes frites. Sie schafften es sogar, sich einen der Holztische zu ergattern und ließen sich erschöpft vom vielen Laufen auf die Bänke fallen. Auch Davis und T.K. waren noch bei den Mädchen und hatten ebenfalls Hunger bekommen.

Sora ließ genüsslich schmatzend den Blick durch die Menschenmengen schweifen. Es roch nach heißem Essen und auch ein wenig nach Schweiß. Es war wieder einmal ein ziemlich heißer Tag. Plötzlich glaubte sie, ihren Augen nicht trauen zu können. Sie erblickte ungefähr zehn Meter entfernt die Person, die sie am allerwenigsten sehen wollte. Minami. Und noch schlimmer: Matt war neben ihr.

Leicht stieß Sora Mimi mit dem Ellenbogen in die Seite und machte eine Kopfbewegung in die Richtung der beiden. Mimi verdrehte die Augen, als sie die beiden sah.

„Das gibt’s nicht, die ist aber auch wirklich überall“, murmelte sie genervt. „Man sollte ein Schutzspray oder sowas erfinden, das sie verscheucht.“

„Wie für Mücken“, fügte Sora hinzu und die beiden Mädchen kicherten bei der Vorstellung.

„Was ist so lustig?“, fragte Kari an die beiden gewandt, doch diese winkten nur ab.

Sora konnte während des restlichen Essens nicht die Augen von Matt und Minami abwenden. Sie wollte zwar versuchen, es so unauffällig wie möglich zu machen, doch sie konnte nicht anders als die ganze Zeit zu den beiden zu starren. Wie konnte diese grässliche Person nur überall sein? Das ging doch gar nicht. Oder hatte Matt sie gefragt, ob sie heute auch kommen wollte? Unmöglich. Sie hatten ja erst gestern Abend beschlossen, heute zum Inselfest zu fahren und seitdem war Matt eigentlich die ganze Zeit in Soras Nähe gewesen. Dann musste sie tatsächlich zufällig hier sein. Was Sora fast noch mehr verärgerte.

Mit vollen Mägen machten sich die Freunde dann auf den Weg zur Show. Als sie an dem Weg dorthin an Matt und Minami vorbeikamen, würdigte Sora die beiden keines Blickes.

Matt erschien kurz nach ihnen vor dem Showgelände in Begleitung von Tai. Ken, Cody, Izzy und Joe waren schon da und somit waren sie vollzählig.

„Lasst uns uns anstellen“, meinte Joe und blickte missmutig zu der immer größer werdenden Menschenmasse am Eingang. Die zwölf Freunde stellten sich an und es dauerte eine ganze Weile, bis sie endlich an der Reihe waren. Mittlerweile liefen Sora vereinzelte Schweißperlen die Schläfen hinunter, so heiß war es. Immer wieder strich sie sich vergeblich die Haare aus der Stirn.

„Hast du das mitbekommen? Wir kriegen Lose!“, meinte Mimi aufgeregt.

„Wofür denn?“, fragte Sora wenig berührt.

„Ich weiß nicht. Gleich sind wir dran.“

Und tatsächlich standen sie endlich zwischen den zwei blauweiß gestrichenen Pfosten, die den Eingang darstellten.

„Hier sind eure Lose. Ihr findet eine Nummer darauf. Am Ende der Show wird die Gewinnernummer laut ausgerufen und der Gewinner darf anschließend mit den Delfinen schwimmen“, meinte der gelangweilte Mann am Eingang und drückte den beiden Mädchen ihre Lose in die Hand.

„Ist das toll!“, rief Mimi strahlend. „Hoffentlich gewinne ich.“

„Mimi“, fing Tai stirnrunzelnd an. „Sieh dir all diese Menschen an, die schon vor uns rein gegangen sind und noch nach uns rein kommen. Die kriegen alle ein Los. Nun kannst du dir ja - falls du schon Stochastik hattest - ausrechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ausgerechnet du gewinnst.“

„Tai, du bist so ein Spielverderber. Das kenn ich gar nicht von dir“, lachte Matt und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.

„Ich will ihr nur ihre Illusionen nehmen“, meinte Tai schulterzuckend. „Nicht, dass sie nachher enttäuscht ist.“

„Bin ich sowieso“, brummte Mimi.

Sora sah auf Mimis und auf ihre eigene Losnummer. Mimi hatte die einhunderteinundsiebzig und Sora die einhundertzweiundsiebzig. Wer weiß, wie viele Lose insgesamt ausgegeben wurden.

Die zwölf Freunde eilten zu den Tribünen, um noch Plätze abzubekommen, die weiter vorne waren.

„Und Kari? Würdest du gerne mit den Delfinen schwimmen?“, hörte Sora Davis fragen und musste sich ein Lächeln verkneifen.

„Na klar doch. Wenn ich gewinne, auf jeden Fall. Wer weiß, wann ich noch mal so eine Chance bekomme“, antwortete Kari und ein wenig Träumerei schwang in ihrer Stimme mit.

Davis würde, sollte er gewinnen, auf jeden Fall Kari sein Los geben. Sicher dachte er, dann hätte der das Herz des Mädchens endlich für sich gewonnen.

„Leute, von uns gewinnt keiner“, stöhnte Tai genervt.

„Jetzt hör aber auf“, wies Matt ihn zurecht. „Lass sie doch davon reden, wenn sie wollen.“

Sie fanden alle Platz auf der hintersten Tribüne in der fünften und sechsten Reihe. Sora verspürte Neid auf den Freezy, den Ken in der Hand hielt. Aber wenigstens befand sich über den Tribünen ein Plastikdach, sodass sie im Schatten saßen.

Mimi hatte den Kopf auf die Hände und die Ellenbogen auf die Knie gestützt und sah gelangweilt hinunter zum Wasserbecken, in dem nachher die Delfine schwimmen und springen würden. Doch noch war kein Einziger zu sehen.

Tai saß mit Matt direkt hinter Sora und Mimi. Die beiden quatschten.

Auf der anderen Seite neben Sora saß Joe, der zum Eingang spähte.

„Oh, das wird dir nicht gefallen“, murmelte er ihr zu.

Überrascht sah Sora erst zu ihm und folgte dann seinem Blick. Und sah Minami.

„Ach die haben wir vorhin schon zusammen mit Matt gesehen“, brummte sie zurück.

„Bestimmt verfolgt sie unseren blonden Schönling“, überlegte Joe laut.

„Redet ihr über mich?“, fragte Matt plötzlich. Sora und Joe drehten sich um und sahen in sein grinsendes Gesicht.

„Wer sagt, dass du der blonde Schönling bist?“, entgegnete Joe und sah Matt schalkhaft an.

„Oh bitte“, erwiderte Matt theatralisch. „Wer sollte denn sonst gemeint sein?“

Joe lachte nur und drehte sich wieder um.

Sora beobachtete Minami und hoffte, sie würde die Gruppe nicht sehen. Aber sie schien sich nicht einmal umzusehen. Sie war in Begleitung ihrer Eltern und ließ sich auf einer der seitlichen Tribünen nieder. Gott sei Dank, dachte Sora nur.

Ein Seufzen rechts neben ihr ließ sie den Blick wieder von Minami abwenden.

„Alles okay?“, erkundigte sie sich.

„Ich würde so gerne mit den Delfinen schwimmen“, seufzte Mimi und starrte weiterhin hinunter zum Becken.

„Du bist doch noch jung und wirst bestimmt mal wieder die Chance haben, mit einem zu schwimmen, wenn du heute nicht gewinnst“, versuchte Sora ihre Freundin zu ermutigen. In dem Augenblick ging plötzlich ein „Aaaaahhh“ durch die Menge und Sora schaute nach unten. Vier wunderschöne, silbergraue Delfine kamen durch einen Wassertunnel in das Becken geschwommen. Fünf Minuten später begann auch endlich die Show. Währenddessen schien sich Mimis Laune ein wenig zu heben. Sie klatschte wie alle anderen begeistert, wenn ein Delfin namens Johnny durch einen Reifen sprang oder ein anderer namens Cindy den Zuschauern mit der Flosse zuwinkte. Ab und zu, wenn ein Delfin gerade besonders hoch gesprungen war und zurück ins Wasser glitt, bekam Sora ein paar Spritzer von dem kühlen Wasser ab. Das tat so gut, dass sie sich zusammenreißen musste, um nicht nach vorne zu rennen und ins Becken zu springen.

Ein Delfin sprang gerade extrem hoch, um seinem Trainer, der auf einer Leiter stand, einen Fisch aus der Hand zu schnappen.

„Wenn ich ehrlich bin, finde ich das furchtbar“, sagte Joe, der kritisch die Show beobachtete. „Wer weiß, was den Tieren während des Trainings für Schmerzen zugefügt werden, damit sie das machen, was sie sollen.“

Das war typisch für ihn. Er dachte oft zu viel nach. Sicher war es so, dass die Tiere nicht immer gut behandelt wurden, doch wie sollten sie ihnen schon helfen?

Nach einer halben Stunde war die Show vorbei und die Delfine winkten ihren Zuschauern zum Abschied mit der Flosse. Jubelrufe, Pfiffe und lauter Applaus schallten durch die drei großen Tribünen. Dann schaffte einer der Trainer eine Schachtel herbei und ließ sich ein Mikrofon geben.

„Und nun verkünden wir den glücklichen Gewinner, der mit unseren Delfinen hier schwimmen darf“, rief er und schüttelte die Schachtel durch. „Bitte dann einfach zu mir kommen und natürlich das Los mitbringen.“ Er öffnete die Schachtel, kramte darin herum und zog schließlich einen der kleinen Papierschnipsel heraus.

„Gewonnen hat das Los mit der Nummer...“, er ließ eine Pause und sah zu den drei Tribünen. „... einhundertfünfundneunzig! Eins neun fünf!“

Enttäuscht verzog Mimi das Gesicht und machte sich auf den Weg hinunter von der Tribüne.

„Tai, das bist du!“, rief Matt plötzlich. Sora fuhr zu den beiden herum. Mit großen Augen betrachtete Tai sein Los.

„Tatsächlich“, murmelte er ein wenig fassungslos. „Krass.“

„Oh, hast du ein Glück“, rief Kari und sah ihren Bruder neidisch an.

„Ja“, meinte dieser nur selbstgefällig. „Dann werde ich mal mit den Delfinen schwimmen gehen.“

Die Freunde gingen hinunter und Tai befand sich plötzlich neben Mimi. Sora lief mit Matt direkt hinter ihnen. Sie sah, wie Tai sein Los wortlos Mimi in die Hand drückte und sich dann neben Matt zurückfallen ließ.

Mimi drehte sich mit großen Augen zu ihm um, kreischte dann laut vor Glück und rannte zu dem Trainer, der auf den Gewinner wartete. Erstaunt sah der Rest der Gruppe ihr nach.

„Gut gemacht, Tai“, lobte Joe und klopfte ihm auf die Schulter. Dieser lief rot an und winkte nur ab. Die anderen kicherten und warfen sich vielsagende Blicke zu.

„Wir können ja schon mal weitergehen“, meinte Davis zu Matt und Sora. „Es müssen ja nicht alle auf Mimi warten.“

„Macht ein paar Fotos“, sagte Kari sichtlich bemüht, nicht traurig auszusehen.

„Na klar“, antwortete Sora lächelnd. Sie, Tai, Matt und Izzy ließen sich am Beckenrand nieder. Mimi wurde gerade weggeführt und tauchte kurz danach im Badeanzug wieder auf. Sie sprach eine Weile locker mit dem Trainer und ging dann in seiner Begleitung an den Beckenrand, um ersten Kontakt mit den Meerestieren aufzunehmen.

„In dir steckt ja doch ein richtig gutes Herz“, meinte Sora anerkennend.

„Ich bin halt ein Gentleman“, erwiderte Tai betont lässig.

„Und ein bisschen verliebt“, fügte Matt grinsend zu Izzys Verdruss hinzu.

„Das hat doch nichts damit zu tun“, stritt Tai sofort ab. „Ich konnte jetzt unmöglich mit den verdammten Delfinen schwimmen, wo Mimi doch unbedingt gewinnen wollte. Das hätte... nur wieder Streit gegeben.“ Er vermied es sorgfältig, seine drei Freunde anzusehen. „Außerdem finde ich Delfine ganz schön schwul.“

Sora, Matt und Izzy lachten nur über seine Ausreden.

Mimi war gerade ins Wasser gesprungen und schwamm mit den Delfinen durch die Gegend. Hielt sich an ihnen fest, streichelte sie und winkte bei Gelegenheit ihren Freunden am Beckenrand zu. Sora schoss mit ihrer Digitalkamera Fotos von ihr. Man konnte ihr das Glück richtig im Gesicht ansehen.

Nach einer halben Stunde musste Mimi das Becken wieder verlassen. Sie ging sich umziehen und kam nach einer Weile wieder zurück. Ihre nassen Haare wehten leicht im Wind, als sie auf ihre Freunde zulief. Zum Schluss rannte sie und fiel Tai um den Hals.

„Danke“, sagte sie den Tränen nahe. Tai erwiderte ihre Umarmung nicht, sondern lief wieder rot an und starrte auf den Boden, doch es dauerte eine Weile, bis Mimi ihn wieder losließ.

„Und? Was war das für ein Gefühl?“, fragte Sora ihre glückselige Freundin.

„Es war einfach unglaublich“, schwärmte Mimi. „Ich kam mir vor wie eine Meerjungfrau. Das kann man gar nicht beschreiben. Und die Delfine fühlen sich so schön glatt und geschmeidig an. Und sie sind so sanft und so schön.“ Sie stieß einen langen, glücklichen Seufzer aus. „Später möchte ich einen als Haustier haben.“

„Hältst du den dann in der Badewanne?“, fragte Tai, der endlich seine Sprache wiedergefunden hatte. Mimi beachtete seine Bemerkung nicht und fuhr fort, Sora alles haarklein zu berichten. Während sie Mimis Erzählungen lauschte, wurde sie schon ein wenig neidisch und hoffte insgeheim, vielleicht selbst noch einmal die Chance zu haben, mit Delfinen zu schwimmen.

Den Rest des Tages verbrachten sie damit, die verschiedenen Fahrgeschäfte auszuprobieren. Mimis klarer Favorit war das Kinderkarussell, bei dem sie auf einem rosa Pferd mit Flügeln reiten durfte.

Sora mochte am liebsten die Wasserbahn. Sie fuhr gleich drei mal mit und genoss die kühlen Wasserspritzer, die man zwischendurch abbekam. Auch die Geisterbahn war nicht schlecht und ließ die Hitze für ein paar Minuten vergessen. Jedoch war beim zweiten Mal der Effekt weg.

Als es langsam dunkel wurde, sahen alle vereint Davis beim Bungeejumping zu. Nach langem Überlegen hatte er sich schließlich doch dazu entschieden, es durchzuziehen. So standen zehn Teenager um den Kran herum, an dem Davis in einer kleinen Kabine hinauf gezogen wurde. Ken war nämlich mit ihm hoch gefahren, um ihn im Notfall zu schubsen.

„Ich wette um fünf Dollar, dass er nicht springt“, meinte Tai zu Matt.

„Zehn dagegen“, antwortete dieser nüchtern.

„Seid doch nicht so gemein. Drückt ihm lieber die Daumen, dass er sich traut“, murrte Kari und sah die beiden Jungs vorwurfsvoll an.

„Er springt gleich, er steht schon ganz am Rand“, rief Izzy den Blick nach oben gerichtet. Alle sahen hoch zu Davis und warteten gespannt. Sora fühlte ein leichtes Flattern im Magen. Sie musste sich vorstellen, wie sie selbst dort oben stand. Wahrscheinlich wäre sie nicht einmal bis ganz hoch gefahren oder sie wäre oben ohnmächtig geworden.

„Oh nein, er zögert“, stellte Yolei fest. „Er soll gleich springen, sonst macht er es gar nicht mehr.“

Dann plötzlich sahen sie, wie Davis einen leichten Schubs von Ken bekam, das Gleichgewicht verlor und kopfüber nach unten fiel. Kari schrie vor Überraschung auf und die umstehenden Leute drehten sich mit fragendem Blick zu ihr um. Man hörte auch deutlich, wie Davis vor Angst oder Begeisterung oder beidem laute Schreie von sich gab. Schon nach kurzer Zeit war alles vorbei und er wurde wieder hoch gezogen, um anschließend wieder wohl behalten nach unten zu fahren. Tai drückte Matt einen Fünf-Dollar-Schein in die Hand.

„Es war soooooo super!“, rief er, sobald er die Kabine verlassen hatte und zusammen mit Ken auf seine Freunde zu lief. „Ihr könnt es euch nicht vorstellen. Angst darf man da echt nicht haben.“

„Na du hattest aber offensichtlich welche“, zog Matt ihn grinsend auf.

„Quatsch! Man wird sich doch wohl noch die Aussicht von dort oben betrachten dürfen“, protestierte Davis mit einem kurzen Blick zu Kari. Die anderen lachten nur.

„Natürlich, Davis. Natürlich“, meinte Matt und klopfte dem Jüngeren auf die Schulter, der sich daraufhin meckernd abwandte und mit Ken fortging.

„Ähm...“, fing Joe an und sah den beiden hinterher, als wollte er sie wieder zurückholen, aber schließlich wandte er sich nur an die anderen. „Ich würde sagen, wir machen uns einen Treffpunkt und eine Uhrzeit aus, damit wir alle zusammen wieder zurückfahren.“
 

Sich den ein oder anderen Cocktail genehmigend genoss Sora die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Es war bereits nach halb zehn und noch wirklich warm. Sie liebte solche Sommernächte.

Dieses Mal war sie mit Tai zusammen unterwegs durch die kleinen Stände des Festes. Matt war zu ihrem Verdruss aufgebrochen, um Minami zu suchen und mit ihr den restlichen Abend zu verbringen und Izzy hatte sich Mimi geschnappt.

An einem Stand spendierte Tai zwei Waffeln mit Vanillesoße. Diese brachte Sora wieder auf fröhlichere Gedanken, nicht zuletzte deshalb, weil Tai sich von oben bis unten mit Vanillesoße vollkleckerte.

„Pass doch mal auf, Mensch, du siehst aus wie ein Schwein“, meinte Sora grinsend.

„Ja und bekleckert habe ich mich auch noch“, erwiderte Tai, woraufhin Sora lachte. Zum vielleicht letzten Mal wischte sie sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Es war zwar immer noch warm, aber nicht mehr so drückend heiß. Sora hatte nicht mehr das dringende Verlangen, sich auch noch ihrer braunen Shorts und ihres weißen Tops zu entledigen. Wieso hatte sie nur keinen Bikini angezogen? Wenigstens unter ihre normalen Klamotten. Da kam ihr eine Idee.

„Sag mal, Tai“, fing sie an und schluckte den letzten Bissen Waffel herunter. „Eigentlich stehen wir uns doch sehr nahe, oder?“

Tai sah sie von der Seite her verwirrt an. „Ja, ich glaube schon.“

Sora zog ihren mittlerweile sehr braungebrannten Freund aus der Menschenmenge hinaus in eine kleine Lücke zwischen den Ständen. Noch immer umklammerte sie sein Handgelenk, als sie sich zu ihm drehte und ihm eindringlich in die Augen sah.

„Ist alles okay?“, fragte Tai unsicher.

„Bitte halte mich jetzt nicht für bescheuert oder notgeil oder verrückt.“

Ein weiterer verständnisloser Blick vonseiten Tais.

„Nun ja, vielleicht können wir ja einfach nachher baden gehen im Meer. Es ist doch so warm und wir haben so geschwitzt heute. Ich glaube, das wäre echt angenehm.“

„Naja, ich hab keine Badehose dabei“, meinte Tai schulterzuckend.

„Ja, ich habe auch keinen Bikini dabei“, sagte Sora nach einigem Zögern.

Tais harter Verstand ließ ihn weiterhin fragend dreinblicken. „Ja und wie kommst du dann auf die Idee mit dem Baden?“

„Tai, jetzt stell dich bitte nicht so doof“, antwortete Sora ungeduldig. „Ich will einfach nur baden gehen, wegen mir auch nackt.“ Sie ließ den Blick kurz verlegen über die Menschenmenge schweifen, nur um gleich darauf wieder Tai anzusehen. „Aber alleine ist mir das auch zu doof.“

Als Tai endlich verstanden hatte, zog er erstaunt die Augenbrauen hoch. „Wieso habt ihr Mädchen euch immer so albern? Du kannst mich auch gleich normal fragen. Klar habe ich Lust auf baden gehen.“

„Ach Tai.“ Sora liebte ihn für seine unbekümmerte, lockere Art. So einen Menschen gab es einfach nicht noch einmal. „Lass uns noch einen trinken, ich bin am Verdursten.“

Am nächstbesten Stand bestellte Sora sich eine Erdbeerbowle. Tai blieb lieber bei seinem Bier. Sie schlenderten weiter über das Festgelände unbewusst in Richtung Riesenrad. Als sie plötzlich direkt davor standen, erinnerte Sora sich daran, was sie heute unbedingt noch machen wollte.

„Fährst du mit mir Riesenrad?“

„Klar“, antwortete Tai kurz und stand zwei Sekunden später schon in der Schlange. Das Riesenrad drehte sich noch ein paar Runden, bevor es schließlich anhielt, um neue Gäste einsteigen zu lassen. Aus einer Gondel stigen zur Überraschung der beiden Freunde Davis und Ken aus. Sora war sich sicher, die beiden hätten sie und Tai gesehen, doch sie liefen auffällig schnell an ihnen vorbei mit deutlich geröteten Wangen und waren schon im nächsten Moment in der Menge verschwunden.

„Was sollte das denn?“, fragte Tai irritiert und sah den beiden noch immer hinterher.

„Ich hab keine Ahnung“, musste Sora zugeben. Sie war ebenso verwirrt über den seltsamen Auftritt der beiden Jungen wie Tai. Sie hatten keine Gelegenheit, noch länger darüber nachzudenken, denn schon wurden sie aufgefordert, in eine der bunten Gondeln zu steigen. Sie setzten sich gegenüber und lehnten sich zurück, während die niedrige Tür der Gondel geschlossen wurde. Kurze Zeit später ging die Fahrt los. Von ganz oben hatte man einen herrlichen Blick über die Insel. Erneut stellte Sora fest, dass dieser Ort wie verzaubert war. Verträumt ließ sie den Blick schweifen.

„Du wolltest eigentlich mit jemand anderem hier sitzen, oder?“, fragte Tai mit prüfendem Blick auf sie.

Sora wurde rot. Ob Tai sich fehl am Platz fühlte? Nein, wahrscheinlich nicht. Dafür war er eigentlich zu unbekümmert.

„Sieht man mir das an?“, entgegnete Sora.

Tai lächelte und blickte sie aus schokoladenbraunen Augen an. „Hör auf, dir wegen Minami Gedanken zu machen, das ist es wirklich nicht wert.“

Sora richtete sich auf und sah ihn aufmerksam an. „Warum bist du dir da so sicher?“

„Ich weiß es einfach. Ich hab ein Gefühl für so etwas.“

„Davon bin ich überzeugt.“ Sora grinste ihn an und er grinste zurück. Wie immer.

Eine ganze Weile sagten sie nichts, sondern genossen nur stumm die schöne Aussicht.

„Nach diesem Tag sind es noch einmal sieben Tage“, seufzte Sora glücklich. „Die Zeit hier geht so schnell vorbei.“

„Ja, vor allem, wenn man mit seinem Schwarm zusammenwohnt, nicht wahr?“ Tai grinste vershchmitzt.

Sora verdrehte nur die Augen. Hätte sie etwas gehabt, das sie nach ihm hätte werfen können, hätte sie es geworfen.

„Gebt euch doch mal Mühe, dass es endlich mal funkt. Das hält man ja nicht mehr aus“, beschwerte sich Tai.

„Oh, verzeih mir. Ich hätte dich gleich fragen sollen, wann es dir passt, dass Matt und ich zusammenfinden“, erwiderte Sora sarkastisch, lachte dann jedoch.

„Siehst du, du denkst selbst auch, dass es klappt“, sagte Tai.

„Ich weiß nicht, er macht so viel mit Minami“, meinte Sora schulterzuckend. Sie bemühte sich, gleichgültig zu klingen, doch es gelang ihr nicht so recht.

„Ja, aber nur, weil sie ihn nicht in Ruhe lässt. Sie beschlagnahmt ihn regelrecht. Und du kennst ihn doch. Er ist zu höflich, um sich von ihr loszureißen. Ich denke, er wäre lieber mit dir zusammen.“

Sora dachte über das nach, was Tai eben gesagt hatte. Sie bemerkte gar nicht, dass sie schon wieder unten angekommen waren und aussteigen mussten.

„Los, aussteigen.“ Tai zog sie am Arm hoch und führte sie aus der Gondel.

Sie schlenderten wieder zwischen den kleinen Ständen umher, wobei Sora in Richtung Strand lenkte. Mittlerweile war die Sonne ganz untergegangen und es war dunkel geworden.

„Lass uns jetzt baden gehen“, schlug Sora vor. Sie kämpften sich durch die Menge zum Strand hinunter. Auch dieser war recht voll. Sie liefen eine ganze Weile durch den Sand, um ein Stück zu finden, das weniger stark besucht war. Je weiter sie gingen, desto leerer wurde es. Am Strand wehte eine angenehme Brise und langsam sah man nur noch alle paar Meter ein paar Leute. Schließlich fanden sie einen Fleck, an dem die Büsche und Palmen etwas weiter auf den Strand hinausgewachsen waren. Sora steuerte darauf zu, als Tai plötzlich ihre Hand nahm und sie davon abhielt, weiter zu gehen. Als Sora ihn fragend ansah, legte er einen Finger auf die Lippen. Sora horchte und tatsächlich. Da war ein Geräusch. Ein leises Stöhnen.

„Das klingt, als hätte jemand Schmerzen“, sagte Sora leise. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Irgendwie kam ihr die Stimme seltsam bekannt vor. War es einer ihrer Freunde, der sich verletzt hatte? „Wir sollten nachsehen gehen.“

Sie liefen in die Richtung des Stöhnens. Sie schien aus den Büschen zu kommen. Vorsichtig pirschten sie sich durch die Büsche, während das Stöhnen allmählich lauter wurde. Tai ging vor Sora und sie prallte leicht gegen ihn, als er plötzlich stehen blieb. „Ach du heilige...“, flüsterte er fassungslos.

„Was ist los?“, fragte Sora verängstigt, versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen, doch er hielt sie mit einem Arm zurück. Er versuchte sie zurück zu drücken, doch es war zu spät, sie hatte es gesehen. Der Mond hatte das Geschehen auf einem kleinen freien Fleck zwischen den Büschen direkt beleuchtet. Dort unten im Sand hatte sie einen Schopf blonder Haare erkannt. Ein Junge, der splitternackt auf einem Mädchen lag, welches ebenfalls splitternackt war, und sich rhythmisch bewegte. Es war eindeutig Matt, sie erkannte seine Stimme. Und das Mädchen unter ihm konnte nur Minami sein. Das konnte doch nicht sein. Diese dämliche Kuh und ihr geliebter Matt hatten sich tatsächlich an den Strand verzogen, um es dort in aller Ruhe zu treiben. Sora presste sich eine Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien. Ihr war, als müsste sie sich jeden Moment übergeben. Sanft von Tai geschubst taumelte sie rückwärts. Als sie die Büsche verlassen hatten, fiel Sora schließlich rückwärts hin.

„Komm schon!“, flüsterte Tai energisch und zerrte sie wieder hoch. Er schob sie ein Stück in die Richtung, aus der sie vorhin gekommen waren, doch wieder fiel Sora hin. Ihre Beine zitterten und wollten einfach nicht mehr laufen. Dabei wollte sie eigentlich nur weg von diesem schrecklichen Ort. Die Tränen rannen ihr stumm über die Wangen. Sie konnte sich nicht erinnern, sich schon einmal so elend gefühlt zu haben.

„Sora, steh wieder auf!“, raunte Tai und versuchte, sie hochzuziehen, doch sie ließ sich kein Stück bewegen.

„Ich will nicht“, murmelte sie. „Ich will weg von hier. Wir wollten doch baden gehen.“

Tai ging vor ihr auf die Knie, legte ihr die Hände auf die Schultern und rüttelte sie sanft. „Reiß dich zusammen. Komm, wir gehen weg von hier.“

Sora reagierte nicht, sondern weinte nur stumm, ohne zu schluchzen und ohne zu schniefen.

Tai gab es vorerst auf, sie wach zu rütteln, sondern ließ sich neben sie in den Sand fallen. Unbeholfen legte er ihr einen Arm um die Schultern und murmelte ein „Tut mir Leid“.

Eine kleine Weile saß Sora da, dann stand sie plötzlich auf, rannte los und stürzte in die Fluten. Sie hörte noch, wie Tai ihren Namen brüllte, doch dann tauchte sie unter. Das Wasser war herrlich frisch. Es wusch ihr die Tränen vom Gesicht. Die leichten Wellen rauschten laut, als Sora wieder auftauchte. Sie drehte sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Sie atmete tief den typischen Geruch nach Fisch und Seetang ein.

„Sora? Sora, geht’s dir gut?“ Sora spürte Hände, die sie in eine aufrechte Position brachten.

„Mir ging es schon mal besser“, antwortete Sora bloß.

Tai hatte ebenfalls seine Klamotten noch an. Sein T-Shirt klebte nass an seinem Oberkörper, wo sich die Konturen seiner Muskeln abzeichneten.

„Warum macht Matt sowas?“, fragte Sora ihren Freund. „Du sagtest doch, er wäre lieber mit mir als mit ihr zusammen.“

„Weil er ein Kerl ist“, antwortete Tai bestimmt und ohne zu zögern.

Sora sah ihn verständnislos an. „Du meinst also, er vögelt wirklich nur mit der Ollen, weil er einfach ein Kerl ist und nicht, weil er was für sie empfindet?“

„Es würde mich zumindest nicht wundern.“

Nein, das konnte Sora sich nicht vorstellen. So hatte sie Matt nicht eingeschätzt. Sie konnte nicht glauben, dass er mit einem Mädchen schlief, ohne etwas für es zu empfinden. Langsam schüttelte sie den Kopf.

„Aber es tut so weh“, murmelte sie.

„Ich weiß.“

Langsam gingen sie zurück in flaches Wasser, um sich dort hinzusetzen.

„Macht er sowas öfter?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort eigentlich gar nicht wissen wollte.

Tai zögerte eine Weile, ehe er antwortete. „Eigentlich in letzter Zeit nicht mehr. Er hat es mal öfter gemacht, aber jetzt schon länger nicht mehr.“

„Hatte er mal eine richtige Freundin?“

„Nein, immer nur seltsame Affären“, sagte Tai mit leichtem Lachen. „Er meinte mal, eine Freundin wäre ihm zu anstrengend, aber das ist auch schon eine Weile her.“

„Na super!“ Sora ließ sich nach hinten fallen, um das kühle Wasser an ihrem Rücken zu spüren. „Und ich Idiotin habe mir doch wirklich eingebildet, er könnte mich mögen.“ Es tat schon weniger weh, aber es fühlte sich immer noch furchtbar an. Sie musste sich wohl nun endgültig mit dem Gedanken anfreunden, dass es mit Matt nichts werden konnte.

Tai drehte sich zu ihr und blickte sie seltsam an.

„Was ist?“

„Du solltest ihn nicht so schnell aufgeben“, meinte er nur und drehte sich wieder weg. „Wir haben noch fast eine ganze Woche Urlaub vor uns, da kann viel passieren.“

„Ich glaube, da passiert nichts mehr“, sagte Sora kopfschüttelnd.

„Tai? Sora?“

Tai drehte sich verwundert um, während Sora weiter stur geradeaus blickte. Sie hatte die Stimme erkannt, denn es war Matt. Scheinbar war er fertig mit seiner Süßen. Sora wartete darauf, dass sie auch noch ein „Oh, hallo ihr beiden“ quietsche, doch es blieb aus. Sie hörte, wie Matt näher kam und sich schließlich direkt neben sie ins Wasser setzte. Minami war merkwürdigerweise nicht bei ihm.

„Was macht ihr hier?“, fragte er und sah die beiden an.

„Wir waren baden, weil wir so verschwitzt waren“, berichtete Tai. „Und ich werde gleich noch einmal reinhüpfen.“ Mit diesen Worten stand er auf und ging tiefer ins Wasser hinein. Was machte er da? Warum ließ er sie jetzt mit Matt allein?

„Ihr und eure verrückten Ideen immer“, meinte Matt lächelnd. Erst sah er noch Tai hinterher, doch dann drehte er sich zu Sora. Diese sah nur ganz kurz aus den Augenwinkeln zu ihm, doch dieser kleine Moment reichte bereits aus, um Soras gebrochenes Herz wieder schneller schlagen zu lassen. Seine blonden Haare und seine helle Haut wurden vom Mond bestrahlt, sodass er silbern wirkte. Seine Lippen wurden von einem leichten Lächeln umspielt.

„Wo ist Minami?“, fragte Sora weniger aus Interesse, sondern eher, um sich selbst wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen.

„Die musste nach Hause, ihre Eltern haben angerufen“, antwortete Matt. „Dann habe ich wenigstens die letzten paar Stunden hier meine Ruhe vor ihr und kann noch mit euch Zeit verbringen.“

Sora konnte sich nicht davon abhalten, sich die fürchterliche Szene Matt nackt auf Minami wieder vorzustellen. Ihr wurde übel und Tränen schossen ihr in die Augen. Sie setzte sich auf und wandte den Blick in die andere Richtung, damit Matt nicht mitbekam, dass sie weinte. Sie fuhr sich durch das feuchte Haar und zerwuschelte es, damit es nicht so angeklatscht aussah und damit sie beschäftigt wirkte.

„Alles okay mit dir?“, fragte Matt.

„Sicher“, sagte Sora, während sie versuchte, nicht zu schniefen. Sie spürte eine Hand auf ihren Arm, der diesen sanft runter drückte. Dann drehte Matt ihren Kopf am Kinn zu sich, sodass sie ihn ansehen musste.

„Du weinst ja“, stellte er überflüssigerweise fest. Sora schlug seine Hand weg und wandte sich wieder ab. „Sora, was ist los?“

„Wir haben dich mit Minami gesehen“, sagte sie leise.

„Oh“, machte Matt nur. Eine Weile schwiegen sie. Sora wollte gerade aufstehen und gehen, als Matt wieder Luft holte, um etwas zu sagen. „Und deshalb weinst du?“

Zutiefst traurig starrte sie ihn an.

„Das hatte... nichts zu bedeuten“, fing Matt an, doch Sora stand auf.

„Bitte sag einfach nichts“, erwiderte sie und hielt nach Tai Ausschau. Wo blieb er nur? Sie konnte ihn jetzt gut gebrauchen. Sie wollte gerade ein paar Schritte Richtung Wasser gehen, als Matt ihre Hand festhielt.

„Sora, warum macht dir das so viel aus?“

Sora senkte den Blick zu ihm herab. Er sah sie ernst und eindringlich an. Eine Weile überlegte sie, ob sie etwas erwidern sollte, entschied sich dann aber doch dagegen. Sie riss sich von ihm los, entfernte sich schnell ein paar Schritte und lief dann laut nach Tai.

„TAAAAIIII!“ Sie hielt Ausschau nach ihm und erkannte, wie sich etwas bewegte. Sehr weit hatte er sich nicht entfernt. „Komm schon, mit wird langsam langweilig!“

Matt stand plötzlich wieder neben ihr. Sie spürte ihn mehr, als dass sie ihn sah.

„Sora, vielleicht sollten wir mal reden.“

„Es gibt nichts mehr zu reden“, antwortete Sora kühl.

„Es hat wirklich keine Bedeutung, es war nur eine Laune.“ Er sah sie nun fast flehend an.

„Warum ist dir wichtig, was ich davon halte?“, fragte sie.

„Hier bin ich, was machen wir jetzt?“ Tai schüttelte seine Haare aus, wobei er Matt und Sora mit feinen Spritzern berieselte. Somit war dieses peinliche Gespräch beendet.

„Ich könnte noch einen Cocktail vertragen“, meinte Sora und spazierte los zurück zum Fest. Tai und Matt blieben ihr dicht auf den Fersen. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder beim Fest angekommen waren. Sie hatten sich weiter davon entfernt, als Sora dachte. Sie hielt am nächstbesten Cocktailstand an und bestellte.

„Einen Sex on the Beach, bitte.“ Tai und Matt bekamen einen Hustenanfall und erst dann viel Sora auf, was sie da bestellt hatte. Aber es war nun mal ihr Lieblingscocktail und sie würde nicht aufhören, ihn zu trinken, nur weil ihr Schwarm mit einer anderen Sex am Strand gehabt hatte. Auch die beiden Jungs bestellten sich jeder einen Cocktail. Sora stürzte ihren ziemlich schnell hinunter und merkte, wie er ihr die Beine wackelig machte. Vielleicht sollte sie besser bald aufhören, sonst nahm das noch ein böses Ende. Aber entgegen aller Bedenken bestellte sie sich gleich den Nächsten. Ihr wurde ein wenig schwindelig, während sie weiter an den Ständen vorbei schlenderten.

„Ich muss mal“, verkündete Tai und verschwand.

„Sora, bitte rede mit mir“, fing Matt an.

„Tu ich doch“, antwortete die Angesprochene gespielt gleichgültig.

„Du weißt, was ich meine. Ich will einfach nur ein normales Verhältnis zu dir, so wie vorher“, drängte er weiter.

„Was meinst du mit 'vorher'? Vor deiner intimen Begegnung am Strand?“

„Ich will einfach nur, dass du mich nicht abweisend behandelst“, antwortete er ungeduldig.

„Tu ich doch nicht“, entgegnete Sora.

„Aber was...“

„So, weiter gehts“, meldete sich Tai zurück. Sora war dankbar, ihn wieder in ihrer Nähe zu haben, Matt nicht.

Sora hatte jedes Zeitgefühl verloren. Als sie sich schließlich um zwei Uhr nachts mit den anderen trafen, kam es ihr vor, als wären sie eben nur ein paar Minuten durch die Gegend gelaufen. Alle waren wieder beisammen, als sie sich auf den Rückweg zur Bushaltestelle vor dem Festgelände machten. Alle redeten laut durcheinander. Sora hielt sich aus den Gesprächen raus. Sie genoss ihren leicht beflügelten Zustand. De vielen Cocktails ließen sie alles etwas lockerer sehen. Dennoch fiel ihr auf, dass eine laute Stimme in dem Gewirr fehlte. Die von Davis. Sie drehte sich um. Er lief ganz hinten mit Ken. Und... hatten die beiden etwa gerade Händchen gehalten? Nein. Da hatte ihr Verstand ihr wohl kurz einen Streich gespielt. Wieso sollten sie so etwas auch tun? Davis war in Kari verknallt.

Sie warteten eine Weile auf den Bus, um dann im Bus noch länger zu warten, bis sie endlich wieder in ihrem Ort waren. Der Weg ins Hotel ging dann recht schnell vorbei. Sie verabschiedeten sich alle voneinander und gingen dann in Grüppchen zu ihren Apartments. Eine knappe Stunde später waren endlich auch alle im Bett angekommen. Sora und Mimi hatten gerade ihr Nachtlicht ausgeschaltet und sich hingelegt.

„Ist alles okay mit dir?“, fragte Mimi gähnend. „Du warst so still.“

„Matt hatte Sex mit Minami am Strand“, sagte Sora kurz angebunden.

Mimis richtete sich halb auf und ihre Augen wurden untertassengroß, soweit Sora das in der Dunkelheit erkennen konnte. Sie sah richtig schockiert aus. „Wieso erzählst du mir das erst jetzt?“

„Es gab doch bisher keine Gelegenheit.“

Ungläubig schüttelte Mimi den Kopf, sodass ihr haselnussbraunes Haare hin- und herschwang. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen und schloss ihn dann wieder. Schließlich schmiegte sie den Kopf an die Schulter ihrer Freundin und legte einen Arm um sie. Obwohl Sora wieder Tränen in die Augen schossen, spürte sie, dass sie genau das brauchte. Keine Mitleidsbekundungen und kein „Du solltest ihn nicht aufgeben“ oder „Er ist nur ein Kerl“. Einfach eine stumme Umarmung. Nichts zu sagen und trotzdem zu wissen, dass Mimi für sie da war und sie ohne großartige Erklärungen verstand.
 


 

Haha ich bin gemein oder? Da hat Matt einfach Sex mit einer anderen. xD

Der neunte Tag: Überraschungen (Minami packt aus)

Weniger als ein Jahr ist vergangen und ich lade schon das nächste Kapitel hoch :D Wie immer: Danke an alle Leser und Kommentarschreiber, ihr seid cool.

Viel Spaß beim Lesen.
 


 

Sora erwachte nach einem traumlosen Schlaf. Sie überlegte. War nicht irgendetwas Schlimmes passiert? Nur was? Ach ja, Matt hatte seine körperlichen Gelüste an dieser Sumpfkuh Minami gestillt und Sora hatte ihn dabei gesehen. Sie wusste nicht, ob ihr von dieser Erinnerung oder von den vielen Cocktails am Vorabend übel wurde. Sie stöhnte gequält und drehte sich auf die Seite, sodass sie Mimi sah, die verschlafen die Augen öffnete.

„Alles okay?“, fragte diese, als sie den verstörten Blick der Freundin bemerkte.

„Den Umständen entsprechend“, antwortete Sora müde.

Sie hatte plötzlich kaum noch Lust auf Urlaub. Wie sehr sie auch versuchen würde, ihre Liebe zu Matt einfach zu vergessen, es würde nicht funktionieren. Gefühle ließen sich eben nicht nach Belieben ein- oder ausschalten. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Sora wirklich verliebt und dann auch noch so unglücklich. So unglücklich, dass sie ihn sogar mit seiner neuesten Flamme sehen musste.

Sora seufzte laut und schwang sich aus dem Bett. Etwas zu schnell, denn ihr wurde schlecht, sodass sie sich wieder hinsetzen musste.

„Das war zu viel gestern“, verkündete sie. „Mit mir ist heute bestimmt nicht viel anzufangen.“

„Ach, da bist du bestimmt nicht die Einzige“, erwiderte Mimi mit einer abwinkenden Handbewegung.

„Was hast du gestern eigentlich mit Izzy gemacht?“, fragte Sora. Eben war ihr wieder eingefallen, dass Mimi ihr noch nichts weiter darüber berichtet hatte.

Diese wurde plötzlich etwas verlegen.

„Ich wünschte, ich könnte mich mehr für ihn begeistern“, antwortete sie ehrlich. „Er ist so ein lieber Kerl, aber leider nichts für mich.“

„Wie meinst du das? Was habt ihr gemacht?“, fragte Sora neugierig weiter.

„Wir sind nur so rumgelaufen. Er wollte mir alles Mögliche spendieren und...“, sie hob die Stimme und machte eine Pause, woraufhin Sora sie erwartungsvoll ansah, „... er hat ständig versucht, meine Hand zu nehmen, aber ich hab sie ihm immer entzogen.“

„Er ist sehr schüchtern“, stellte Sora fest.

„Ja, er hat sich so viel Mühe mit mir gegeben, damit er mir den Abend angenehm gestaltet“, seufzte Mimi etwas traurig. „Es tut mir Leid, dass ich ihn enttäuschen muss.“

Sora verstand sie gut. Izzy war ein herzensguter Mensch, aber er passte nicht zu Mimi. Nach Soras Auffassung brauchte Mimi jemanden, der sich ihr entgegenstellen und sie auf den Teppich zurückholen konnte. Sie war manchmal eine verwöhnte Prinzessin und Izzy würde dieses Verhalten nur begünstigen.

„Du findest einen, der zu dir passt. Und Izzy auch“, meinte Sora ermutigend. Mimi lächelte. Dabei schien ihr Blick auf den Wecker auf Soras Nachttisch zu fallen.

„Es ist ja schon elf!“, rief sie.

Gerade wollte Sora bemerken, dass es wohl kein Frühstück mehr geben würde, als jemand an die Tür der beiden klopfte.

„Kannst reinkommen“, rief Sora und auch Mimi drehte sich zur Tür.

Im Türrahmen erschien Tais grinsendes Gesicht.

„Guten Morgen, Mädels“, grüßte er die beiden vergnügt. In den Händen hielt er ein Tablett mit einem reichhaltigen Frühstück. Nach ihm betrat Matt den Raum und lächelte wortlos. Auch er trug ein Tablett.

„Was ist denn in euch gefahren?“, fragte Mimi sichtlich verwirrt.

„Ihr habt vorhin noch so friedlich geschlafen, als wir zum Frühstück gegangen sind, da dachten wir, wir klauen euch etwas“, antwortete Tai und zwinkerte Sora zu. Es war eigentlich verboten, sich Essen von den Hotelbuffets mitzunehmen.

Ohne auf eine Einladung zu warten setzte Tai sich auf die Bettkante auf Mimis Seite und stellte das Tablett auf ihrem Schoß ab.

Matt kam auf Soras Seite, was dieser mehr als unangenehm war. Er blickte sie aus seinen blauen Augen vielsagend an.

„Danke“, murmelte Sora. Sie konnte allerdings aufgrund ihrer Übelkeit das herrlich duftende Rührei nur unberührt lassen und knabberte stattdessen an einer Scheibe Toast. Sie vermied es, Matt anzusehen, obwohl sie seinen Blick auf sich spürte.

„Ich muss ehrlich sagen“, sagte Mimi mit vollem Mund, „dass mir so viel Freundlichkeit von dir ein wenig Angst macht, Tai.“

„Ach, du hättest doch das Gleiche für mich getan“, antwortete Tai abwinkend.

„Nein, eigentlich nicht“, erwiderte Mimi und streckte ihm die Zunge raus. „Genau wie das mit den Delfinen gestern. Sowas hätte ich gar nicht von dir erwartet.“

Wie kam es nur, dass Tai und Mimi sich plötzlich blendend verstanden, während zwischen Sora und Matt Funkstille herrschte? Wann hatte sich das Blatt gewendet? Irgendwie war der Zeitpunkt an Sora vorbeigegangen.

„Jungs, was machen wir heute?“, fragte Mimi und sah die beiden Jungen abwechselnd an.

„Wir wollten heute an den Strand. Nur faulenzen. Es müssen sich ja alle von gestern ausruhen“, antwortete Matt und grinste belustigt.

„Gehen wir mit und willst du lieber am Pool bleiben?“, fragte Mimi nun an Sora gewandt.

Wieder spürte Sora Matts Blick auf sich ohne ihn anzusehen. Am Strand würde er vermutlich die ganze Zeit versuchen, mit ihr zu reden. Trotzdem entschied sie sich für den Strand. Im Pool schwimmen konnte sie auch zu Hause. Sie würde einfach nicht auf ihn eingehen.
 

Eine Stunde später waren alle Freunde am Strand versammelt. Sora hatte extra versucht, sich eher an den Rand der Gruppe zu platzieren. Sie wollte heute lieber ein wenig Ruhe haben. Mimi hatte sich natürlich eine Liege neben ihr geschnappt und sie teilten sich einen Schirm.

„Kommt mir das nur so vor oder ist es heute besonders heiß?“, stöhne Mimi, während sie sich mit dem Handrücken über die Stirn fuhr.

Ich glaube, das kommt dir nur so vor“, antwortete Davis, der sich zu Mimis anderer Seite befand. Er wirkte ungewöhnlich fröhlich. Er lächelte schon den ganzen Tag vor sich hin.

„Ist eigentlich alles okay mit dir, Davis?“ Sora sah den Jüngeren prüfend an.

„Klar, was sollte nicht okay sein?“, antwortete dieser schnell und wurde ein wenig rot. Schnell wandte er sich ab, um sich mit Ken zu unterhalten. Sora hingegen fing Mimis Blick auf, die genau das Selbe zu denken schien wie sie. Irgendetwas war da im Busch und sie hoffte, dass sie es irgendwie herausfinden würden.

„Ich hab Hunger“, ertönte Yoleis Stimme aus der Mitte der Gruppe. Kein Wunder, es war ja auch schon längst Mittagszeit, obwohl Sora nach ihrem späten Frühstück noch keinen Hunger empfand.

Kurz darauf war der Großteil der Freunde aufgesprungen und zum Gehen bereit. Es wurde noch gefragt, ob sie jemandem etwas mitbringen sollten, doch keiner derer, die am Strand blieben, hatte Hunger. Außer Sora und Mimi blieben noch Matt und T.K. zurück.

„Jetzt haben wir eine Weile Ruhe“, stellte Mimi zufrieden fest und lehnte sich zurück. Gerade wollte Sora es ihr gleichtun und den Frieden genießen, als eine Stimme ertönte.

„Hey Matt, und da ist ja auch dein süßer Bruder T.K.!“

Sora glaubte, sich auf der Stelle allein beim Klang der Stimme übergeben zu müssen. Natürlich war es Minami. Auch Mimi söhnte kaum hörbar genervt auf. Sora beschloss, Minami einfach zu ignorieren und schloss die Augen.

Diese war gerade mit ihren Eltern unterwegs. Offensichtlich machten sie einen Strandspaziergang.

„Wir gehen schon mal weiter“, hörte Sora eine Frau, vermutlich Minamis Mutter, sagen. „Du bist ja sicher nicht gleich fertig mit quatschen.“

Oder mit anderen Dingen, dachte Sora bitter. Sie warf einen Seitenblick Richtung Matt. Minami ließ sich auf seiner Liege nieder und blickte ihn an, als wäre er ihr Mittagessen.

„Hey, alles klar?“, begrüßte Matt sie beiläufig.

„Ja, natürlich“, zwitscherte sie. „Nach gestern Abend sowieso.“

Dieser Satz ließ T.K. verdutzt aufblicken. Anscheinend hatte Matt niemandem etwas davon erzählt.

„Ach, ihr beiden seid ja auch da“, rief Minami, als hätte sie Sora und Mimi tatsächlich erst jetzt bemerkt. Sie lief zu den beiden herüber und begrüßte sie mit einem Küsschen auf die Wange. Sora war so überrascht, dass sie es nicht mehr abwehren konnte und Mimi schien es ebenso zu gehen.

„Wie geht es euch? Habt ihr das Fest gestern gut überstanden?“, fragte sie strahlend.

Sora hatte gerade den Mund geöffnet, um Minami eine weniger nette Bemerkung an den Kopf zu werfen, als Mimi, die so etwas geahnt haben musste, dazwischenfunkte. „Super war es. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass wir das Delfinschwimmen gewonnen haben.“

„Matt hat mir erzählt, dass ihr auch dort wart und dass Tai gewonnen hat und dir seinen Zettel gegeben hat. Das macht mich ja so neidisch, Mimi“, seufzte Minami.

„Es war auch unglaublich toll. Es tut mir für alle Leid, die das nicht erleben konnten.“ Sora kannte Mimis übertrieben gespieltes Mitleid und musste sich ein Kichern verkneifen.

„Ich hoffe, du wirst irgendwann noch einmal die Gelegenheit haben“, führte Mimi ihre Rede fort und setzte eine mitleidige Miene auf.

„Bestimmt werde ich das, mach dir keine Sorgen um mich“, antwortete Minami fröhlich. Es sah so aus, als dachte sie, Mimi würde es tatsächlich ernst meinen. „Habt ihr Mädels vielleicht Lust, mit mir schwimmen zu gehen? Dann können wir ohne Zuhörer über Mädchensachen quatschen.“

Meinte sie das wirklich ernst? Sora sah das zugegebenermaßen hübsche Mädchen zweifelnd an. Sie gehörte zu den letzten Personen, mit der sie über 'Mädchensachen quatschen' wollte.

„Frag doch Matt, ob er mitkommt, dann könnt ihr es gleich mal im Wasser ausprobieren.“

Minami wirkte schockiert und Mimi ebenso. Hatte Sora das etwa laut gesagt? Auch Matt sah zu den drei Mädchen herüber.

„Wovon sprichst du bitte?“, fragte Minami. Es klang eher verwirrt als empört.

Sora sprang auf und zog Minami mit sich Richtung Meer. Mimi machte Anstalten mitzugehen, doch Sora deutete ihr mit einer Handbewegung, dort zu bleiben.

Sie lief mit Minami ins Wasser und schwamm schließlich ein paar Züge. Minami folgte ihr.

„Sora, sag mir doch, was du damit meinst“, drängte sie.

„Tai und ich haben euch gestern gesehen“, antwortete Sora abweisend.

„Bei was gesehen? Ich weiß immer noch nicht, wovon du redest.“ Herr Gott, stellte sie sich nur dumm oder wusste sie es wirklich nicht? Sora musste sich bemühen, halbwegs freundlich zu bleiben.

„Nachts am Strand zwischen den Büschen.“

Obwohl sie Minami nicht ansah, spürte sie, dass ihr die Situation nun unangenehm wurde. Es dauerte eine Weile, bis diese wieder etwas sagte.

„Oh, das ist ja peinlich.“ Sie lachte hysterisch. „Ich wusste nicht, dass uns jemand gesehen hat.“

Sora hasste es, wie sie diesen Satz sprach. Ihr wurde schlecht, als sie das Wort 'uns' aus dem Mund von Minami hörte, die damit sich und Matt meinte.

„Also“, fing Minami unschlüssig an. „Ich schätze, das stört dich so, weil du seine beste Freundin bist.“

Sora starrte Minami ungläubig an. So begriffsstutzig konnte niemand sein.

„Aber du musst wissen, dass ich ihn liebe. Ich werde ihn nicht benutzen, ich will eine Beziehung mit ihm haben. Er ist einfach der Junge, den ich gesucht habe“, erklärte Minami und sah Sora dabei verträumt an. „Sora? Alles okay?“

Vor Schock hatte Sora aufgehört zu schwimmen und war kurzzeitig unter Wasser verschwunden. Minami hatte sie wieder hochgezogen.

„Ich liebe ihn, verdammt!“, rief Sora wütend. „Warum bekommst du das nicht mit? Es hat mich gestern fast umgebracht, euch zu sehen!“

Nun war es Minami, die schockiert drein blickte.

„Ich... ich dachte, ihr kennt euch schon so lange“, stotterte sie.

„Tun wir auch. Wir haben zusammen Sachen durchgestanden, die du mit ihm niemals durchstehen wirst. Nur habe ich erst jetzt bemerkt, dass ich ihn liebe.“ Sora war den Tränen nahe. Insgeheim hatte sie gehofft, Minami wäre nur auf eine Urlaubsaffäre aus gewesen. Dass sie eine feste Beziehung wollte, änderte die Situation.

„Jetzt gerade eben?“, fragte Minami.

„Am Anfang unseres Urlaubs!“ Wie konnte ein Mensch begriffsstutzig sein?

Minami machte ein unglückliches Gesicht. Eine Weile schwiegen beide.

„Dann bist du also ab jetzt meine Konkurrentin“, stellte Minami dann überflüssigerweise fest. „Ich werde ihn dir nämlich nicht kampflos überlassen.“

„Was willst du denn noch? Wir sind keine Konkurrentinnen mehr. Du hast doch schon gewonnen“, erwiderte Sora verzweifelt.

„Nein, ich glaube nicht“, antwortete Minami. „Wenn ich ihn frage, wie es nach dem Urlaub weitergehen soll, dann weicht er mir aus. Es ist auch schwierig, sich mit ihm zu unterhalten. Er erzählt mir nicht viel über sich. Und wegen der Sache von gestern glaube ich nicht, dass es ihm was bedeutet hat, obwohl ich es hoffe. Es wirkte, als hätte er einfach nur Lust gehabt auf ein Mädchen.“

„Bitte keine Einzelheiten. Es ist auch so schwer genug.“ Sora schwamm in Richtung Strand zurück.

„Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich ihn nicht aufgeben“, sagte Minami bestimmt.

„Warum sagst du mir so was? Du musst doch total eifersüchtig auf mich sein, weil ich den Vorteil habe, dass ich gut mit ihm befreundet bin und wir im gleichen Zimmer wohnen.“

„Ich weiß nicht. Ich finde eben, man sollte nie aufgeben, egal, worum es geht“, antwortete Minami. Sora war überrascht. Vielleicht war die Sumpfkuh doch nicht so schlimm. Aber das hieß noch lang nicht, dass sie sie von jetzt an mochte.

Keine von beiden sagte mehr etwas, bis sie wieder am Strand waren. Minami gesellte sich wieder zu Matt und Sora gab für Mimi leise das Gespräch wieder. Die anderen waren mittlerweile ebenfalls wieder zurückgekehrt.

„Ich habe mir schon gedacht, dass die mehr will als eine Affäre“, sagte Mimi. „Jetzt macht es doch erst richtig Spaß, um ihn zu kämpfen, oder nicht?“

Sora sah ihre Freundin stirnrunzelnd an. „Ich könnte gut darauf verzichten.“

„Quatsch! Jetzt zeigen wir es ihr richtig. Du wirst ihn für dich gewinnen, das verspreche ich dir“, widersprach Mimi.

„Vielleicht sollte ich mir einfach Tai nehmen“, überlegte Sora nicht sehr ernsthaft. „Mit dem hätte ich weniger Schwierigkeiten.“

„Was?!“ Mimi schrie erschrocken auf, woraufhin die umliegenden Menschen sie verwundert ansahen.

„Das war nur ein Witz, beruhige dich“, flüsterte Sora schnell. „Wenn ich mir jemanden nie als Freund vorstellen könnte, dann ist das Tai“, fügte sie hinzu, als ihnen niemand mehr Beachtung schenkte. Und das stimmte auch. Tai war einfach ein zu guter Freund und Helfer und außerdem zu hyperaktiv, um Soras Gefühle je wieder über Freundschaft hinaus zu locken.

„Aber damals hast du das anders gesehen“, bemerkte Mimi misstrauisch.

„Das ist ja auch schon fünf Jahre her und mal ehrlich: Mit elf hat man doch keine richtige Beziehung und ich glaube auch nicht, dass man in so einem Alter wirklich verliebt sein kann.“

„Da hast du wohl recht.“ Mimi schien sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben und das Thema abzuhaken.

Sora schaute zu Matt hinüber. Noch immer war Minami bei ihm. Sie seufzte und versuchte, einfach nicht daran zu denken. Wenn sie doch bloß ihre Gefühle für diesen Weiberhelden einfach abstellen könnte.

Die Sonne wanderte immer weiter Richtung Westen und erst, als sie schon sehr tief stand, begaben sich die Freunde zurück in ihr Hotel. Im Badezimmer vor dem Spiegel stellte Sora zufrieden fest, dass sie tatsächlich ein wenig Farbe abbekommen hatte. Sie duschte sich und setzte sich danach auf dem Balkon auf einen der Stühle um eine Zeitschrift zu lesen. Tai war nach ihr ins Badezimmer gegangen, Mimi räumte im Mädchenschlafzimmer auf und Matt saß auf der Couch vor dem Fernseher.

Sora kippelte und legte die Füße auf das Geländer des Balkons. Sie genoss die angenehme, warme Luft.

„Na, langweilst du dich nicht so ganz allein hier draußen?“

Sora sah von ihrer Zeitschrift auf. Matt stand neben ihr, lässig gegen den Türrahmen gelehnt. Er trug kein T-Shirt. Sein Oberkörper war von der Sonne leicht gerötet. Sein Blick war irgendwie geheimnisvoll. Sora konnte seine Laune nicht abschätzen.

„Nö“, antwortete sie kurz und wand sich wieder ihrer Zeitschrift zu.

Matt trat ans Geländer, stützte die Arme darauf ab und sah auf die Promenade hinunter.

„Sag mal“, fing er langsam an. „Hast du vielleicht Lust, heute Abend einen Cocktail mit mir trinken zu gehen?“

Soras Herz machte einen Hüpfer. Alles in ihr schrie „Ja!“, doch sie rief sich Mimis Worte zurück ins Gedächtnis. Wenn sie jetzt sofort begeistert „Ja“ sagte, hatte Matt es ja wieder unglaublich einfach. So entschloss sie sich für eine schwammige Antwort und hoffte von ganzem Herzen, dass Matt dadurch sein Vorhaben nicht aufgab.

„Ich weiß nicht, mal schauen, was die anderen so planen.“

Matt wartete eine Weile, bevor er etwas erwiderte. „Nun ja, ich wollte eigentlich mit dir allein gehen.“

Wieder machte Soras Herz einen Hüpfer und wieder blieb sie dabei, nicht direkt zuzusagen. „Also ich schau erst mal, was Mimi vorhat.“

„Okay“, antwortete Matt schließlich. Er wirkte ein wenig missmutig, als er wieder ins Zimmer ging. Nun musste Sora nicht mehr auf ihre Mimik achten und ein strahlendes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Gleichzeitig jedoch schalt sie sich für ihre Abhängigkeit von einem einzigen Jungen. Schenkte Matt ihr nicht genug Beachtung, war sie verzweifelt und hielt ihn für einen Weiberhelden, der sowieso nur eine Affäre sucht und der es eigentlich überhaupt nicht wert ist, dass man sich um ihn Gedanken macht. Fragte er sie, ob sie einen Cocktail mit ihm trinken gehen wollte, freute sie sich wie ein kleines Kind, das unerwartet ein tolles Spielzeug geschenkt bekommen hatte, und war wieder total verliebt. Er hatte sie zu seiner Marionette gemacht. Und sie dachte noch, so etwas würde ihr nie passieren. Noch vor wenigen Tagen hatte sie sich über genau solche Mädchen immer aufgeregt.

„Lasst und essen gehen, ich hab Hunger“, rief Tai von drinnen.

„Wann hast du mal keinen Hunger?“, hörte sie Mimi antworten. Sie ging nach drinnen, um sich fürs Abendbrot fertig zu machen. Sie musste unbedingt ihre vom Waschen zerstrubbelten Haare noch ein wenig in Form bringen.

„Im Gegensatz zu dir kann ich es mir halt leisten, immer Hunger zu haben“, erwiderte Tai schlagfertig und grinste Mimi herausfordernd an. Diese kniff die Lippen zusammen und sah ihn wütend an. Das würde sie ihm nicht so schnell verzeihen, dachte Sora. Solche Scherze konnten bei Frauen nur schlecht ankommen, erst recht bei jugendlichen Mädchen.

Mimi wirkte gekränkt. Ihr schien nichts einzufallen und so stolzierte sie zur Tür hinaus und ging vermutlich schon einmal vor zum Speisesaal.

Als Sora sich die Haare trocken geföhnt hatte, ging sie mit Tai und Matt ebenfalls zum Speisesaal.

„Das war ganz schön gemein, Tai. Ich würde nicht auf die Idee kommen, so etwas zu einem Mädchen zu sagen“, sagte Matt.

„Ach sie weiß doch, dass das nur Spaß ist“, antwortete Tai abwinkend, jedoch schwang Unsicherheit in seiner Stimme mit.

Als die Drei sich mit ihrem Essen an den Tisch zu den anderen gesellten, hatte Mimi einen halbvollen Salatteller vor sich stehen. Sora setzte sich neben sie und sah ihre Freundin böse an.

„Was ist?“, fragte Mimi noch immer wütend.

„Hast du dir etwa zu Herzen genommen, was Tai gesagt hat?“, fragte sie streng und deutete auf Mimis Salatteller.

„Nein!“ Die Antwort kam zu heftig und zu schnell, um Sora nicht an deren Richtigkeit zweifeln zu lassen. „Ich wollte heute halt nur Salat essen.“

„Du spinnst.“ Kopfschüttelnd machte Sora sich über ihre Nudeln her. Sie bemerkte, dass Tai, der gegenüber saß, den beiden zugehört haben musste, denn er sah sie ratlos an. Auch den anderen schien Mimis plötzlich veränderte Essgewohnheit aufzufallen.

„Bist du jetzt auf Diät?“, fragte Izzy und machte ein schockiertes Gesicht.

„Du bist doch so schlank“, stimmte Kari mit ein.

„Leute, ich will heute einfach nur Salat essen.“ Sora konnte Mimi ansehen, wie unangenehm ihr diese Situation war. Da hatte Tai ja etwas angerichtet.

Dieser stand plötzlich auf und marschierte Richtung Buffet. Kurz darauf kam er mit einem Teller voller Mousse au Chocolat, Schokoladeneis und Honigmelone zurück. Genau die Kombination, für die Mimi hier auf Jamaika eine Schwäche entwickelt hatte. Wie aufmerksam Tai doch war. Er stellte den Teller direkt vor Mimi ab und sah sie auffordernd an. Sie warf ihm nur einen wütenden Blick zu und stocherte weiter in ihrem Salat.

„Mimi, dein Körper ist supertoll, du brauchst keine Diät“, sagte Tai laut.

„Oooohhh“, kam es schmachtend von dem Rest ihrer Freunde und alle fingen an zu kichern.
 

„Was zieh ich bloß an?“ Verzweifelt stand Sora in Unterwäsche vor dem großen Schrank in ihrem Schlafzimmer und wühlte ihre Klamotten durch. Selbstverständlich hatte sie nicht eine Sekunde daran gedacht, ihre Abendgestaltung von Mimis abhängig zu machen und suchte nun die passende Garderobe für ihr heutiges Date. Und selbstverständlich hatte sie Mimi schon eingeweiht. Diese war stolz, dass Sora ihren Rat befolgt und Matt nicht sofort zugesagt hatte.

Mimi stand neben ihr, griff in den Schrank und holte einen ziemlich kurzen, ausgefransten Jeansrock heraus. „Nimm den. Du hast so eine tolle sportliche Figur, der steht dir total.“

Sora betrachtete das Teil kurz und entschied sich schließlich dafür. Und sie wusste auch plötzlich, was sie dazu anziehen wollte. Sie streifte sich ein längeres, gelbes Shirt und machte sich einen weißen Armreifen um. Dazu noch passende Ohrringe. Fertig. Sie betrachtete das Ergebnis im Spiegel.

„Super siehst du aus“, meinte Mimi anerkennend. „So kriegst du ihn rum.“

„Tz“, machte Sora. So weit traute sie sich nicht zu denken. Aber Mimi hatte Recht, der Rock stand ihr wirklich gut.

Mimi trat an sie heran und umarmte sie. „Ich wünsche dir heute Abend alles Glück der Welt.“

„Danke“, erwiderte Sora nervös. „Erzähl mir dann morgen, wie euer Stadtbummel war.“ Mimi wollte nämlich an diesem Abend mit Yolei und Kari einen kleinen Stadtbummel machen und ein wenig shoppen gehen. Mal ganz ohne Jungs. Ein wenig schade fand Sora es schon, dass sie nicht dabei sein würde.

Sie trat aus dem Schlafzimmer und blickte Matt, der mit Tai auf der Couch lungerte, auffordernd an. „Kommst du?“

Dieser sah sie überrascht an. „Also hast du dich doch entschieden, mit mir Cocktails trinken zu gehen?“

„Wenn du weiter da sitzen bleibst, geh ich allein“, antwortete sie.

Tai stieß Matt leicht an, woraufhin dieser sich endlich erhob. Er fuhr sich durch die Haare, bevor er auf sie zuging und mit ihr schließlich das Apartment verließ. „Dann wollen wir mal.“

Sie liefen nebeneinander die Promenade entlang.

„Hast du eine bestimmte Bar, in die du willst oder suchen wir uns irgendeine?“

„Nein, ich hab eine bestimmte.“ Matt lächelte sie an. „Die ist mir schon mal aufgefallen, als wir hier lang gelaufen sind und ich würde die gerne mal ausprobieren.“

„Okay, kein Problem“, sagte Sora.

Nach ein paar Minuten kamen sie an Matts besagter Bar an. Sie war direkt am Strand. Die Stühle außen waren aus Bambus mit einem gemütlich aussehenden Kissen auf der Sitzfläche. Die Tische waren ebenfalls aus Bambus und mit einem kleinen typischen Rastafari aus Holz und Muscheln dekoriert. Von innen ertönte Livemusik, natürlich Reggae.

Sora und Matt nahmen an einem kleinen für zwei Personen Platz. Kurz darauf erschien ein Kellner, welcher ebenfalls Rastafari zu sein schien. Er begrüßte sie fröhlich und hing jedem von ihnen eine Hawaiikette in den Farben Grün, Gelb und Schwarz um. Als er wieder verschwand, grinste Matt Sora an. „Das ist ja eine tolle Begrüßung.“

Sora blätterte ihre Karte durch. Es gab hier wirklich viele bunte Cocktails. Einer fiel Sora besonders auf. Er hieß 'Bittersweet Love', war rosa und mit Erdbeeren dekoriert. In der Beschreibung stand, es wäre ein Cocktail für zwei. Wie kitschig, dachte Sora. Ob es wirklich Paare gab, die so etwas bestellten?

„Weißt du schon, was du nimmst?“, fragte Matt.

„Ja, ich nehme einen Sex on the Beach“, antwortete Sora. Sie fing Matts peinlich berührten Blick auf und seufzte. „Das ist halt mein Lieblingscocktail.“

Der freundliche Kellner kam zurück und stellte ein Schälchen Erdnüsse auf den Tisch.

„Habt ihr schon gewählt? Ich kann euch den 'Bittersweet Love' empfehlen, der wird deiner Freundin gefallen“, meinte er an Matt gewandt und zwinkerte Sora zu. Diese lächelte nur freudlos.

„Oh, sie ist nicht... ähm... einen Sex on the Beach und einen Mojito bitte“, antwortete Matt ausweichend. Der Kellner grinste und verschwand wieder.

„Kann man nicht mal mit jemandem vom anderen Geschlecht was trinken gehen, ohne gleich als verliebtes Paar abgestempelt zu werden?“ Soras leichte Empörung war halb gespielt. Sie wollte sehen, wie Matt reagierte.

„Ja, das finde ich auch. Anscheinend hält keiner einfache Freundschaften ohne Hintergedanken zwischen Mann und Frau für möglich“, stimmte Matt zu Soras Unzufriedenheit zu. Sie hoffte, dass er damit sich und Minami meinte.

„Was hat dich eigentlich dazu bewegt, mit mir heute was allein machen zu wollen?“, fragte Sora und sah ihm in die Augen. Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und erwiderte ihren Blick.

„Ich weiß nicht. Ich finde, wir haben die letzten Tage zu wenig Zeit miteinander verbracht. Du nicht?“

„Oh, ähm... du warst ja immer so mit Minami beschäftigt“, antwortete Sora und ohrfeigte sich innerlich sogleich dafür. Sie wollte auf keinen Fall eifersüchtig wirken. Auf keinen Fall!

„Ach die.“ Matt machte eine abwinkende Handbewegung. „Die ist ganz schön anhänglich. Ich weiß immer nicht, wie ich von ihr loskomme.“

„Tja, sie hat dich eben ganz schön fest in der Klammer.“ Sora konnte sich diese Anspielung auf den vorherigen Abend nicht verkneifen. Matt schien es bemerkt zu haben und wandte den Blick von ihr ab. Er ließ ihn übers Meer schweifen. Auch Sora sah zum Meer. Wäre sie nicht gerade mit ihren eigenen Gedanken so sehr beschäftigt gewesen, hätte sie diesem schönen Anblick mehr Beachtung schenken können. Doch so überlegte sie, wie sie Matt nur von sich überzeugen konnte.

„Wieso hat dich das von gestern so sehr gestört?“ Die gleiche Frage hatte er auch gestern Nacht schon gestellt. Was sollte Sora nur darauf antworten, damit es nicht zu eifersüchtig und verliebt klang? Wie günstig, dass in diesem Moment der Kellner kam und ihnen die Cocktails brachte. So nippte Sora schnell an ihrem Strohhalm und schwärmte: „Mmh, wirklich total lecker. Schmeckt deiner auch so gut?“

Auch Matt nahm einen Schluck. „Ja, die scheinen es drauf zu haben.“

Sora hatte den Blick gesenkt und rührte mit dem Strohhalm in ihrem Cocktail. Sie überlegte weiter, wie sie Matt von sich überzeugen konnte. Glücklicherweise schien Matt seine Frage schon wieder vergessen zu haben.

„Glaubst du, aus Tai und Mimi wird ein Paar? Das vorhin war wieder mal sehr vielsagend“, fragte er stattdessen grinsend.

„Hast du nicht gerade noch gesagt, dass Freundschaft zwischen Mann und Frau auch ohne Hintergedanken geht?“ Sora blickte ihn verschmitzt an. Seine blauen Augen musterten sie aufmerksam.

„Also glaubst du es nicht?“, fragte er weiter.

„Ich weiß nicht, ich bin gespannt, wie es noch ausgeht“, meinte Sora schulterzuckend.

„Ja, mal abwarten“, sagte Matt.

Sora lauschte der Reggaemusik, die von innen kam. Sie schloss die Augen und versuchte, auf den Text zu hören, verstand davon aber nicht sehr viel. Dennoch löste sie ein angenehm ruhiges Gefühl in ihr aus.

„Die Musik ist schön“, sagte sie, öffnete die Augen und sah wieder ihren Gegenüber an. Sie hätte ihn die ganze Zeit anstarren können, doch das würde ihm sicher weniger gefallen. Sie liebte einfach seine Gesichtszüge. Seine blauen Augen, seine gerade Nase, seine schmalen Lippen. Das kurzärmelige schwarze Hemd saß perfekt. Die blonden Haare umgaben wirr sein Gesicht.

Soeben fiel ihr ein, dass vor der Bar auch ein Schild war mit dem Hinweis, dass an diesem Abend Livemusik gespielt wurde. Ob Matt extra deswegen diese Bar mit ihr ausprobieren wollte? Sora merkte, dass sie sich schon wieder Hoffnungen machte und stempelte es schnell als Zufall ab.

Matt lächelte nur und nippte wieder an seinem Cocktail.

Am Ende wusste Sora nicht mehr, wie lange sie dort gesessen und über alles Mögliche geredet haben. Es war schon lange kein Bisschen Sonne mehr am Himmel zu sehen, als sie die Rechnung verlangten. Vielleicht war es sogar schon nach Mitternacht. Sora hatte gerade ihr Portemonnaie aus ihrer kleinen Tasche hervor gekramt, als Matt den Kopf schüttelte.

„Ich mach schon“, sagte er.

„Vergiss es“, widersprach Sora. „Du sollst mich nicht einladen.“

Der Kellner kam und nannte ihnen die Summe. Ohne dass Sora noch etwas unternehmen konnte, bezahlte Matt einfach für beide und sie nahm sich vor, ihm das Geld heimlich zuzustecken. Sie hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn jemand für sie etwas bezahlte, ohne das Geld zurück haben zu wollen.

Sie standen auf und verließen die Bar.

„Die müssen wir uns merken, die war echt gut“, meinte Sora.

Sie schlenderten die Promenade entlang, auf der sich nun nicht mehr ganz so viele Leute befanden. Kurz vorm Hotel bog Matt allerdings zum Strand ab.

„Ich geh noch mal kurz die Füße ins Wasser halten. Du kannst ja mitkommen“, erklärte er lächelnd. Natürlich kam Sora mit. Bevor sie den feinen, weißen Sand betraten, zogen sie sich die Schuhe aus, um barfuß darüber zu laufen. Es fühlte sich an, als ginge man auf Watte. Sie liefen bis zum Meer, bis sie das kühle Wasser unter den Füßen spürten.

„Oh, das tut gut, meine Füße werden immer so heiß in solchen Schuhen.“ Sora hatte sich dummerweise Ballerinas statt Flipflops angezogen. Aber sie hatten besser zum Rest ihrer Kleidung gepasst. Sie sah zu Matt auf. „Vielleicht sollte ich mir hier gleich mal neue Schuhe kaufen.“

Plötzlich zog er sie an sich und küsste sie einfach so mitten auf den Mund. Sora war so überrascht, dass sie ihn in einem ersten Reflex von sich stieß. Matt hob abwehrend die Hände. „Tut mir Leid, ich wollte nicht...“ Doch nun hatte Sora die Initiative ergriffen und ihre Lippen lagen erneut auf seinen. Sie konnte das Gefühl nicht beschreiben, das ihr Kuss auslöste. Sie glaubte, vor Glück laut schreien zu müssen. Ihr ganzer Körper kribbelte und sie lächelte in den Kuss hinein. Es dauerte ewig und Sora merkte, dass Matt viel mehr Erfahrung im Küssen besaß als sie, jedoch wollte sie in diesem Moment zu allerletzt an diejenigen denken, die Matt vor ihr geküsst hatte. Am liebsten hätte sie die ganze Nacht einfach mit ihm dort gestanden, ihn im Mondschein geküsst und gehofft, dass diese Nacht nie enden würde. Schüchtern legte sie eine Hand an Matts Wange, um ihn so noch ein wenig mehr an sich zu drücken. Matts Hände ruhten an ihren Hüften. Es fühlte sich ewig an und doch waren es nur wenige Minuten. Hand in Hand machten sie sich langsam auf den Weg zurück ins Hotel.

Der zehnte Tag: Am Strand (Minami gibt auf?)

Okay, jetzt müsst ihr mich aber mal loben, dass zwischen diesem Kapitel und dem letzten gerade mal drei Monate vergangen sind. :D

Vielleicht kann sich ja mal jemand dazu äußern, wie ihr die Charaktere findet? Sind sie zu OOC oder geht es? Freue mich auf Antwort. Viel Spaß beim Lesen.
 


 

Als Sora an diesem Morgen erwachte, war es noch früh und im Gegensatz zum letzten Morgen fühlte sie sich dieses Mal wie der glücklichste Mensch auf Erden. Sofort setzte sie sich auf und rüttelte Mimi wach, die noch tief und fest schlief. Kein Wunder, es war gerade mal kurz nach sieben.

„Mimi, ich muss dir was erzählen!“

„Wie? Was? Was ist passiert?“ Mimi sah ihre Freundin schlaftrunken an. Sie schien Mühe zu haben, die Augen richtig auf zu bekommen. Ihre rechte Gesichtshälfte war voller Falten vom Kissen.

„Du glaubst nicht, was gestern Abend passiert ist!“, sagte Sora aufgeregt.

Kurz sah es aus, als würde Mimi überlegen, denn sie runzelte die Stirn. Dann riss sie ihre Augen auf und und setzte sich ebenfalls auf.

„Stimmt ja! Wie war euer Date? Ich habe gar nicht mehr mitbekommen, wie du wiedergekommen bist“, sprudelte sie hervor. Ihre Augen leuchteten vor Neugier.

„Okay, ich hoffe du bist bereit?“ Sora lächelte geheimnisvoll.

„Nun sag schon, spann mich nicht so auf die Folter.“

„Er hat mich geküsst!“

Mimi stieß einen hohen Freudenschrei aus und warf die Arme um Soras Hals. Sora befürchtete, die Jungs müssten von diesem Gekreische wach geworden sein. Falls nicht, sollten sie mal einen Termin beim Ohrenarzt ausmachen.

„Ich fasse es nicht. Dann seid ihr also endlich zusammen?“, fragte Mimi, nachdem sie Sora wieder losgelassen hatte. Sie schien sich über diese Tatsache fast noch mehr zu freuen als Sora selbst.

„Naja, keine Ahnung. Man sagt ja nicht 'so, jetzt sind wir zusammen'.“ Sora zuckte die Schultern und lächelte glücklich. Eigentlich wollte sie sich keine falschen Hoffnungen machen, denn irgendetwas ging ja immer schief. Nur, weil er sie geküsst hatte, musste das nicht gleich bedeuten, dass er auch eine Beziehung mit ihr wollte. Aber Sora gestand sich selbst, dass sie tief in ihrem Inneren hoffte, dass es doch so sein würde.

„Ach, ich freue mich so für dich“, meinte Mimi strahlend. „Ich bin sicher, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr fest zusammen seid.“

Wie schön das wäre, dachte Sora. Zusammen mit Matt. Zusammen. Ein Paar. Eine Beziehung. Gegenseitige Liebe. Bei dem Gedanken daran schlug ihr Herz gleich viel schneller.

Als Sora eine halbe Stunde später fertig gemacht für den Tag aus dem Badezimmer kam, waren auch die Jungs endlich wach.

„Guten Morgen“, murmelte Tai und schlüpfte an ihr vorbei ins Badezimmer. Matt saß verschlafen auf seinem Bett und sah ihm hinterher.

„Hey, hast du gut geschlafen?“ Lächelnd setzte Sora sich neben den soeben Erwachten aufs Bett und sah ihm in die Augen. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, ihn zur Begrüßung zu küssen, entschied sich aber dagegen.

„Es ging so, und du?“, Matt lächelte, sah sie aber nur flüchtig an.

„Ja.“

Matt wandte sich ab und gähnte. „Ich freue mich aufs Frühstück.“ Er stand auf, öffnete die Balkontür und trat hinaus. Sora runzelte die Stirn und folgte ihm.

„Wollen wir heute wieder an den Strand gehen? Es scheint ja heute wieder schön warm zu werden“, schlug sie vor.

„Das wäre gut“, stimmte Matt zu. „Aber ich gehe zu Minami, ich werde den Tag heute mit ihr verbringen.“

Wie bitte? Sora glaubte, sich verhört zu haben. Das konnte nicht sein Ernst sein.

„Minami? Was willst du denn bei der?“, rutschte es aus ihr heraus.

Matt sah hinab auf die Promenade und schien sich nicht sehr für ihr Gespräch zu interessieren. „Sie wollte eigentlich schon den gestrigen Abend mit mir verbringen, aber da haben wir ja was zusammen gemacht.“

Er tat ja gerade so, als hätte Sora ihn gezwungen. Dabei war er derjenige gewesen, der gefragt hatte. Kurz stand sie noch hinter ihm, doch ihr fiel nichts ein, was sie sagen konnte, ohne aufdringlich zu wirken und ohne ihre Wut auf Minami, die einfach nicht verfliegen wollte, zum Ausdruck zu bringen. Wortlos drehte sie sich um und ging zurück ins Schlafzimmer der Mädchen. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und starrte wütend und enttäuscht an die Decke.

„Alles okay?“, fragte Mimi verwundert, die gerade vor dem Spiegel stand und sich schminkte.

„Er sagte, er wolle den Tag mit Minami verbringen“, brummte Sora.

Mimi warf Sora durch den Spiegel einen verwunderten Blick zu. Eine Augenbraue war in die Höhe gezogen. Sie seufzte.

„Was soll das jetzt wieder“, erwiderte sie. „Langsam geht er mir auf die Nerven.“

Dass es sie nervte, konnte Sora nicht sagen. Das ganze enttäuschte sie eher. Was sollte sie nur davon halten? Den einen Tag schlief er mit Minami, den nächsten küsste er Sora und dann war er wieder der Meinung, einen Tag mit Minami verbringen zu müssen. Er spielt mit mir, stellte Sora erschrocken fest. Das war einfach gemein. Eigentlich sollte das doch andersrum laufen. Sie wollte so tun, als wäre ihr egal, was er von ihr hielt, damit er sich mehr für sie interessierte. Und nun tat er so, als wäre sie ihm egal. Oder vielleicht war sie das auch. Wie sollte sie das nur herauskriegen?

„Wir spionieren ihnen nach“, verkündete Mimi.

„Was?“, fragte Sora. „Das können wir nicht machen.“

„Klar können wir das. Wenn er losgeht, gehen wir einfach mit einem gewissen Abstand hinterher“, erklärte Mimi. „Und wenn er uns entdecken sollte, sagen wir einfach, wir sind eben zufällig auch gerade da unterwegs. So groß ist der Ort hier ja nicht.“

Sora wusste nicht, was sie von diesem Vorschlag halten sollte. Ihm hinterher zu spionieren erschien ihr falsch. Nichts gab ihr das Recht, das zu tun. Wieso hatte sie ihn nicht einfach am vergangenen Abend gefragt, wie die Situation nun wäre? Dann wüsste sie jetzt, woran sie wäre und ihr Kopf könnte sich mit anderen Dingen als Matts Gefühlen beschäftigen.
 

Nach dem Frühstück gingen sie noch kurz auf das Apartment und dann machte sich Matt auch schon auf den Weg.

„Kommt ihr mit an den Strand?“, fragte Tai an die Mädchen gewandt. Seine Strandtasche trug er bereits über der Schulter.

„Keine Zeit“, antworteten beide wie aus einem Munde und schlüpften zur Tür hinaus. Sora konnte Tais fragenden Blick förmlich spüren. Zusammen hetzten sie die Treppen hinunter, verließen das Hotelgelände und sahen sich um.

„Da drüben ist er“, sagte Mimi und deutete nach links. In die Richtung gingen sie nicht oft. Sie folgten dem blonden Haarschopf in einigem Abstand, aber nur so viel, dass sie ihn nicht aus den Augen verlieren konnten.

„Mimi, ich komme mir vor wie eine Stalkerin“, murrte Sora. Ihr erschien das noch immer nicht richtig. Selbst, wenn er sie entdecken würde und sie sich herausreden könnten, würde sie es ihr absolut falsch erscheinen. Selbst dann, wenn sie ihm die Wahrheit sagen würde.

„Ach, komm schon“, erwiderte Mimi energisch, nahm Sora bei der Hand und zerrte sie weiter. Vorsichtig schlichen sie ihm hinterher wie Spione. Er bog schließlich nach links in einen Seitenweg ein. Nun würde es für die beiden Mädchen nicht mehr so einfach sein, sich in der Menge zu verstecken, denn in der kleinen Gasse befanden sich kaum Menschen. Leise liefen sie ihm nach und ließen auch ein wenig mehr Abstand als zuvor. Zum Glück drehte Matt sich kein einziges Mal um, sondern ging unbeirrt seines Weges. Er bog nach rechts ab und lief nun auf einer Straße, die parallel zur Promenade verlief. Sora und Mimi hasteten hinterher, um ihn nicht zu verlieren. Als sie fast schon um die Ecke rannten, wären sie fast in Matt hineingestürzt, denn er war stehen geblieben. Mühsam unterdrückte Sora einen Aufschrei und zog Mimi schnell wieder zurück hinter die Hausecke. Das musste er jetzt aber bemerkt haben. Sie drückten sich an die Wand und Sora rechnete damit, dass er jeden Moment wieder zurückkam um zu sehen, was da vor sich ging. Doch er kam nicht. Vorsichtig wagte Mimi einen Blick.

„Er ist weitergegangen“, sagte sie erleichtert und weiter ging die Verfolgung. Diese Straße war wieder ein wenig belebter. Hier standen einige Hotels aneinander gereiht. Möglichst unauffällig schlenderten die Mädchen durch die Straße. Sie sahen sich zu den Seiten um als würden sie die schönen Hotelanlagen bestaunen, doch beide verloren Matt nicht aus den Augen. Schließlich bog er in eines der Hotels ab.

„Mist, hier können wir nicht rein“, seufzte Sora enttäuscht.

„Klar können wir.“ Mimi machte Anstalten, Matt nun auch noch in das Hotel zu folgen, doch Sora hielt sie zurück.

„Jetzt hör aber auf, das wird ja langsam kriminell“, wies Sora sie zurecht. Unschlüssig standen sie vor dem Hotel und wussten nicht, was nun zu tun war.

„Also wenn wir hier rumstehen, dann weiß er gleich, was los ist, wenn er wieder herauskommt“, bemerkte Sora und sah sich um. „Da drüben ist ein Eiscafé. Los, gehen wir uns Eis holen.“

Da Mimi nichts einzuwenden hatte, gingen sie hinüber und kauften sich jede eine Kugel Eis, ohne dabei das Hotel aus den Augen zu lassen. In einiger Entfernung setzten sie sich auf eine Bank, von der aus sie das Hotel gut sahen, und schleckten ihr Eis.

„Mir kommt das immer noch sehr falsch vor“, sagte Sora. „Was erwarten wir uns eigentlich jetzt?“

„Wir laufen ihnen einfach hinter und schauen, wie sie den Tag verbringen“, erklärte Mimi. „Und so werden wir herausfinden, wie Matt eigentlich zu Mimami steht.“

„Wir hätten auch einfach Tai fragen können, ob er Matt mal unauffällig ausfragt“, entgegnete Sora. Das wäre mit weniger Aufwand verbunden gewesen und sie hätte sich nicht wie eine Spionin gefühlt.

„Ach Tai.“ Mimi machte eine wegwerfende Handbewegung. „Der verbockt so etwas nur. Außerdem macht es doch so viel mehr Spaß.“ Sie grinste Sora spitzbübisch an. Diese runzelte nur die Stirn und hoffte, dass wenigstens ein gutes Ergebnis bei dieser Spionage herauskommen würde.

„Was machen die denn so lange?“, fragte Mimi ungeduldig.

Sora verschluckte sich an ihrem letzten Bisschen Zitroneneis und bekam einen Hustenanfall. Sie wollte sich gar nicht erst vorstellen, was die da drin anstellten. Allein bei dem Gedanken daran wollte sie Minami wieder einmal den Hals umdrehen. Just in diesem Moment erschienen Matt und Minami. Sie spazierten aus ihrem Hotel heraus und bogen in die Richtung ab, aus der Matt gekommen war. Er hatte sich gar nicht erst umgesehen.

„Los, weiter geht’s.“ Mimi sprang auf und zog Sora mit sich. Die Zeit war zu kurz für eine Liebelei, dachte Sora bei sich. Wobei sie aber auch nicht wusste, wie schnell Matt war. Sie stellte sich vor, sie wäre in jener Nacht an Minamis Stelle gewesen und bekam ein heftiges Kribbeln in der Bauchgegend. Gleichzeitig schalt sie sich eine oberflächliche Tussi, da sie schon an Sex dachte, obwohl sie noch nicht einmal mit ihm zusammen war. Ihre Hormone spielten einfach verrückt.

Sie folgten Matt und Minami ein ganzes Stück den Weg zurück.

„Wenn wir doch mal nahe genug herankämen um zu verstehen, was die reden“, murrte Mimi. Irgendwie hatte Sora das Gefühl, für ihre Freundin war es wichtiger, zu erfahren, wie Matt und Minami zueinander standen, als ihr selbst. Sie sahen, wie sich Minamis Hand in Matts stahl, doch Matt zog seine Hand zurück.

„Ah, hast du das gesehen? Ich durfte gestern seine Hand nehmen“, rief Sora aufgeregt.

„Schrei doch noch lauter, damit er alles versteht“, meckerte Mimi.

„Ich glaube, er hat sogar eigentlich meine Hand genommen und nicht umgedreht“, fügte Sora leiser hinzu.

„Dann ist es ja ein gutes Zeichen, dass er Minamis Hand nicht will“, stellte Mimi zufrieden fest.

Sie folgten den beiden weiter die Promenade entlang. Sie bogen auf den Strand ab und liefen durch den Sand. Sora und Mimi versuchten so gut es ging, sich hinter Palmen zu verstecken, um nicht entdeckt zu werden. Etwas abseits der Menschenmassen, nämlich dort, wo man nicht baden gehen konnte, weil dort die Wellen gegen große Steinanhäufungen schlugen, ließen sich Matt und Minami im Sand nieder. Sora befürchtete schon das Schlimmste und machte sich darauf gefasst, gleich wieder schreiend wegzurennen. Sie und Mimi hockten sich hinter Palmen und Gebüsch und versuchten, leise so nahe wie möglich an die beiden heranzukommen.

Matt und Minami saßen dicht nebeneinander. Minami ließ ihren Kopf gegen Matts Schulter sinken und seufzte. Matt saß nur regungslos da. Sie sprachen nicht viel und wenn, dann war es belanglos und nicht von Interesse für Sora. Minami erzählte von zu Hause. Sie kam aus dem Süden Japans und ihre Eltern verdienten viel Geld, aber stritten sich häufig. Sie ging auf eine internationale Schule und sprach fließend englisch und spanisch. So viel Intelligenz hatte Sora ihr nicht zugetraut.

„Und wie lang kennst du deine Freunde schon?“, fragte Minami nun.

„Also Tai und Sora schon seit Beginn der Grundschule. Wir gingen in die gleiche Klasse und sind immer noch auf der gleichen Schule“, erzählte Matt. „Die anderen kenne ich von einem großen gemeinsamen Abenteuer. Zu der Zeit war ich elf.“

„Wow, so lange seid ihr schon befreundet“, stellte Minami anerkennend fest. „Und wie stehst du zu Sora?“

Sora stutzte. Minami fragte einfach gerade heraus, wie sie und Matt zueinander standen, während Sora sich beinahe ein Bein ausriss, um das gleiche über Minami und Matt zu erfahren. Sie kam sich gerade mehr als dämlich vor.

„Na ja, sie ist eine wirklich sehr gute Freundin. Sie ist immer hilfsbereit und man kann mit ihr über alles reden“, antwortete er. „Als wir vierzehn waren, hatten wir ganz kurz so etwas wie eine Beziehung.“

Ohje, die Beziehung. Damals war sie auch schon einmal in Matt verknallt und sie waren sogar drei Wochen zusammen gewesen. Doch dann hatten sie sich einvernehmlich getrennt, weil beide das komisch fanden. Sie waren wohl einfach noch zu jung gewesen. Nach dieser sogenannten Beziehung waren sie einfach Freunde wie vorher und Sora hatte das fast schon wieder vergessen. Seit Matts Band dann bekannter war, hatte er auch viele andere Mädchen am Start, von denen aber keine länger mit ihm zusammen geblieben war.

„Oh und wieso ist sie auseinander gegangen?“, fragte Minami neugierig.

„Tja, wir waren wohl einfach noch zu jung für eine Beziehung“, antwortete Matt und Sora freute sich fast, dass er das genauso sah wie sie.

„Hast du seitdem wieder einmal Gefühle für sie gehabt?“, fragte Minami weiter.

Mimi sah Sora mit weit aufgerissenen Augen an und schien den Atem vor Spannung anzuhalten. Auf die Antwort war Sora auch gespannt.

„Ich... ich hab keine Ahnung. Ich hab da auch noch nie drüber nachgedacht. Ich hab einfach anderes zu tun mit Schule und meiner Band und so“, antwortete Matt ausweichend. Enttäuscht ließ Sora die Schultern hängen.

„Und was ist mit Mimi? Die ist sehr hübsch“, fragte Minami.

„Ja, ich weiß“, antwortete Matt, woraufhin Mimi einen bösen Seitenblick von Sora erntete. Natürlich wusste diese, dass Mimi nichts dafür konnte. Es war auch nicht sehr ernst gemeint, aber ein wenig verletzte es sie schon.

„Aber sie ist nur eine Freundin. Manchmal ist sie mir zu anstrengend, weil sie so typisch mädchenhaft ist“, sagte Matt. Jetzt sahen zwei Mädchen böse drein, nämlich Mimi aber auch Minami.

„Ich finde, ich bin auch mädchenhaft. Findest du mich jetzt auch anstrengend?“, fragte Minami tadelnd.

„Das habe ich nicht gesagt“, antwortete Matt hilflos.

„Und was ist mit Kari?“

„Kari? Also bitte“, Matt hob abwehrend die Hände. „Erstens ist sie Tais kleine Schwester. Sie wird für mich immer das kleine Mädchen bleiben, als das ich sie kennen gelernt habe. Außerdem kann ich sie ja meinem Bruder nicht wegnehmen.“

„T.K. und Kari sind ein Paar?“, fragte Minami.

„Ich glaube nicht. Die sind auch noch ein bisschen jung, aber vielleicht später mal“, antwortete Matt.

„Ich finde, Tai und Mimi würden gut zusammenpassen“, sagte Minami unvermittelt.

Mimi wirkte überrascht, während Sora sie vielsagend angrinste.

„Denen würde wahrscheinlich als Paar nie langweilig werden“, meinte Matt nur.

„Was fällt denen ein“, flüsterte Mimi wütend. Sora unterdrückte ein Kichern.

Minami sah Matt nun bedeutungsvoll an. „Du sag mal, wie viele Freundinnen hattest du eigentlich schon?“

Sora entfuhr ein verächtlicher Zischlaut, woraufhin Mimi einen Finger auf die Lippen legte.

„Warum willst du alles wissen?“, fragte Matt statt einer Antwort.

„Ich weiß nicht, es interessiert mich halt.“

„Naja ich glaube, das mit Sora war noch die längste Beziehung. Den Rest kann man erst recht nicht zählen“, antwortete Matt gelangweilt.

„Hättest du gerne mal eine feste Freundin für länger?“, fragte Minami neugierig weiter. Nun spitzte Sora die Ohren und hoffte, jeden Teil von Matts Antwort zu verstehen.

„Also, ich weiß nicht so recht“, antwortete Matt verblüfft. „Warum fragst du?“

Minami rutschte nervös auf ihrem Fleckchen Sand herum und ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Schließlich sagte sie: „Vielleicht gäbe es da jemanden, der interessiert an dir wäre.“

„So? Wen?“

Er ist der begriffsstutzigste Mensch auf diesem Planeten, dachte Sora. Minami versuchte gerade, ihm zu verklickern, dass sie in ihn verknallt war und er kapierte nichts.

Minami breitete die Arme aus und strahlte ihn an. „Sie sitzt direkt vor dir.“

„Oh, ähm...“ Matt schien nicht zu wissen, was er sagen sollte, denn das war das einzige, was er hervorbrachte.

„Du bist genau mein Typ. Nach jemandem wie dir habe ich zu Hause schon so lange gesucht, aber da gibt es nur Idioten. Mit dir fühle ich mich einfach toll und jede Minute mit dir macht so viel Spaß. Wir könnten doch nach dem Urlaub in Kontakt bleiben und uns wenigstens ab und an treffen und wenn wir mit der Schule fertig sind, studieren wir in der gleichen Stadt und...“

„Warte, warte“, unterbrach Matt sie mit einem mehr als irritierten Gesichtsausdruck. Sora war nicht weniger verwirrt über dieses plötzliche Geständnis und Mimi schien es nicht anders zu gehen. Mit großen Augen starrten sie zu Matt und Minami hinüber und waren gespannt, wie Matt nun reagieren würde.

„Ich mag dich wirklich, aber ich glaube nicht, dass aus uns etwas werden kann“, murmelte er bedauernd.

„Aber... das verstehe ich nicht. Wir haben so viel Zeit miteinander verbracht und dann auf dem Inselfest nachts am Strand. Ich dachte, es bedeutet das bedeutet, dass du genauso für mich fühlst wie ich für dich.“ Minami machte ein so enttäuschtes Gesicht, dass sie Sora schon fast Leid tat. Aber nur fast.

„Nein, dann hast du wohl das ein wenig missverstanden“, antwortete Matt und sah schuldbewusst drein.

„Missverstanden? Wie kann ich Sex missverstehen? Sex haben bedeutet, dass man etwas füreinander empfindet!“ Sie sprang auf und funkelte Matt wütend an.

Matt hockte noch immer im Sand und sah sie hilflos an. Er öffnete den Mund, doch schien ihm nichts einzufallen, was er sagen konnte.

„Bitte sag mir nicht, dass ich nur ein Zeitvertreib für dich war. Dass du einer bist, der Mädchen nur für eine Nacht zu sich ins Bett holt und sich dann nie wieder meldet“, rief Minami. Sie hatte Tränen in den Augen.

„Nein, so einer bin ich nicht“, widersprach Matt schnell. Er stand auf und versuchte, Minami eine Hand auf die Schulter zu legen, doch sie trat einen Schritt zurück.

„Minami, ich habe doch schon gesagt, dass ich dich wirklich mag. Du bist nicht nur ein Zeitvertreib“, versuchte Matt die Situation zu retten.

„Was denn dann? Eine Freundin mit Extras?“

„Ja, so was in der Art.“

Klatsch. Minami hatte Matt eine schallende Ohrfeige verpasst und stapfte nun schniefend davon.

„Minami!“, rief Matt ihr mit einem bittenden Unterton hinterher. „Minami, komm zurück!“ Doch Minami war davongelaufen und würde wahrscheinlich nie zu Matt zurückkommen.

Wütend hob er einen Stein auf und warf ihn ins Wasser.

Überfordert mit der Situation waren auch Sora und Mimi. Mit so etwas hatte Sora nicht gerechnet. Sie hatte sich lediglich ein paar Informationen darüber erhofft, wie die beiden miteinander umgingen, wenn sie allein waren. Aber dass sie nun Zeugen der Trennung wurden, wenn man es denn als solche bezeichnen konnte, hatten sie nicht erwartet.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Sora leise. „Wollen wir herauskommen und zu Matt gehen?“

„Bist du verrückt? Niemand mag Stalker!“, zischte Mimi.

Da hatte sie Recht. Wer weiß, was Matt von ihr denken würde, wenn sie nun zeigte, dass sie alles heimlich beobachtet hatte.

Matt streifte seine Flipflops ab und ging ins Wasser. Sein Haar leuchtete golden in der Sonne. Er stand nur da und schien aufs Meer hinaus zu starren.

Da kam Sora ein Einfall. Sie packte Mimis Handgelenk und zerrte sie ohne Vorwarnung hinter sich her nach hinten aus dem Gebüsch heraus. Sie schlichen sich ein Stück weg und blieben in sicherer Entfernung stehen.

„Was hast du vor?“, fragte Mimi.

„Ich werde jetzt so tun, als käme ich rein zufällig vorbei“, verkündete Sora grinsend.

Mimi runzelte die Stirn und sah ihre Freundin zweifelnd an.

„Was ist, gefällt dir mein Plan nicht?“, fragte Sora unsicher.

„Doch, nur sonst bin ich die, die auf solche Ideen kommt. Na nun geh schon, bevor er abhaut.“ Mimi schubste Sora in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

Langsam schlenderte Sora hinüber zu Matt. Noch hatte er sie nicht bemerkt. Sie war aufgeregt, ihr Herz raste. Als sie fast bei ihm angekommen war, wollte sie sich schon wieder umdrehen, doch sie zwang sich, weiterzugehen. Sie hatte Angst, er könnte Verdacht schöpfen.

Sie räusperte sich, woraufhin Matt sich umdrehte.

„Oh, was machst du denn hier?“, fragte er. Seinem Gesicht war nicht zu entnehmen, ob er sich über ihre Anwesenheit freute oder nicht.

„Ach, ich war ein bisschen spazieren und habe dich dann von weitem hier stehen sehen“, antwortete sie schnell. „Aber was machst du hier so allein? Ich dachte, du wolltest etwas mit Minami unternehmen.“ Ja, das war gut. Sie fand, dass es nicht so klang, als hätte sie die beiden beobachtet.

„Ja, habe ich, aber ich habe sie wohl verärgert“, antwortete er ausweichend.

Sora setzte einen gespielt verwunderten Blick auf, aber fragte nicht nach. Erstens wollte sie nicht neugierig wirken und zweitens wusste sie ja ohnehin, was passiert war.

Matt seufzte und ließ den Blick wieder übers Meer schweifen. Sora beobachtete ihn skeptisch. Er wirkte, als bedauerte er, dass Minami weg war. Er kümmerte sich nicht weiter um Sora, also schien ihre Anwesenheit wohl eher unerfreulich zu sein. Als er auch weiterhin nichts sagte, ja sie nicht einmal ansah, drehte sie sich enttäuscht um und wollte schon gehen. Doch da hielt er sie zurück. „Du musst nicht gehen. Du kannst gerne bleiben.“

Sora freute sich darüber, doch wollte sie das nicht sofort offen zeigen. „Schon gut, du siehst aus, als ob du jetzt lieber allein wärst.“

„Nein, ich habe nur nachgedacht“, erwiderte er. Als Sora sich wieder zu ihm umdrehte, sah sie, dass er lächelte. Nun zog auch Sora ihre Schuhe aus und trat neben ihn ins Wasser. Ihre Füße waren gerade so mit Wasser bedeckt. Sie hob den Kopf, schloss die Augen und genoss den erfrischenden Wind.

Matt streckte sich. „Es ist so heiß, ich könnte eine Abkühlung vertragen. Kommst du mit ins Wasser?“

Verdammt. Wieso hatte Sora sich keinen Bikini unter ihren normalen Klamotten angezogen? „Ich habe leider meinen Bikini nicht dabei.“

„Dann geh halt in Unterwäsche. Ich guck auch nicht hin.“ Matt war anzusehen, dass er sich ein Lachen verkneifen musste.

Sora wollte ihn schon fragen, ob er sie für billig hielt, aber dann dachte sie noch einmal darüber nach. Im Grunde sah man bei ihr in Unterwäsche genauso viel, als wenn sie einen Bikini trug, wenn der Bikini nicht sogar noch knapper war. Sie überlegte kurz, was sie an diesem Tag für Unterwäsche trug und befand sie für annehmbar.

„Okay“, antwortete sie also, obwohl sie nicht vollends überzeugt von der Sache war. Aber wenn sie später einmal wirklich mit Matt zusammen war, würde er sie früher oder später wohl in weniger als Unterwäsche sehen. Nein nein, nicht schon wieder an später denken, rügte sie sich in Gedanken.

Matt zog sein T-Shirt aus und lief ein ganzes Stück nach rechts ins Wasser, da auf der linken Seite die Steinanhäufungen waren. „Du kannst ja gleich nachkommen“, rief er Sora noch zu.

Sora kam sich albern vor, weil sie sich genierte. Was hatte sie schon zu verbergen? Sie war schlank und sportlich, mittlerweile sogar gebräunt. Wenn sie mal ganz ehrlich zu sich selbst war, hatte sie keinen Körper, für den man sich schämen musste. Sie zog zuerst ihr T-Shirt und dann ihre Shorts aus. Ihre Unterwäsche bestand aus schwarzen Hotpants und einem schwarzen BH. Unsicher sah sie schnell zu Matt hinüber, ob er sie beobachtete, doch er war brav abgewandt und schwamm langsam. Schnell lief Sora auch ins Wasser auf ihn zu. Man musste sehr weit ins Wasser hineinlaufen, um bis zum Hals darin zu stehen und so tauchte Sora bereits unter, als sie bis zur Hüfte im Wasser stand. Dann schwamm sie rasch auf Matt zu. Das Wasser war so klar, dass sie seinen Körper gut sehen konnte und folglich musste er dann auch ihren gut sehen können. Einfach nicht daran denken.

Sie schwammen eine ganze Weile, unterhielten sich über viele Dinge, ohne sich dabei wirklich näher zu kommen. Sora hätte gerne den vergangenen Abend angesprochen, doch traute sich nicht. Sie hatte zu viel Angst vor einer Zurückweisung oder einer eigenartigen Ausrede. So redeten sie über nichts, was nur sie beide betraf, doch es kam ein lockeres, ungezwungenes Gespräch zustande und sie lachten auch viel. Dabei merkten sie nicht, wie die Zeit verging.

Die Sonne war ein ganzes Stück gewandert und hatte sich dem Horizont beträchtlich genähert, als die beiden aus dem Wasser kamen. Sora hatte ganz vergessen, dass sie ja in Unterwäsche geschwommen war und erst Matt machte sie wieder darauf aufmerksam.

„Du siehst toll aus“, sagte er lächelnd und in seiner Stimme schwang Anerkennung mit.

Sora bedankte sich und versuchte, nicht rot zu werden. Sie ging zu ihren Klamotten, um sie schnell wieder überzustreifen, jedoch waren ihre Klamotten weg. Auch Matts T-Shirt lag nicht mehr dort. Selbst die Schuhe waren verschwunden.

„Wo sind denn unsere Sachen?“ Sora sah sich hektisch um. Sie konnte doch nicht in Unterwäsche zurück laufen.

„Das gibt’s doch nicht. Wer klaut denn Klamotten?“ Wütend sah Matt sich ebenfalls um. Sora überlegte schon, ob sie vielleicht an der falschen Stelle wieder aus dem Wasser gekommen waren, als sie ein Kichern hörte. Matt hatte es ebenfalls gehört. Es kam aus jenem Gebüsch, in dem Sora und Mimi gehockt und spioniert hatten. Matt schritt auf das Gebüsch zu und riss die Zweige auseinander.

„Was macht ihr denn hier? Was soll das?“, rief er überrascht und immer noch ein wenig wütend.

Sora trat näher um zu sehen, wer sich hinter dem Gebüsch befand. Es waren Tai und Mimi. Ungläubig starrte sie die beiden an. Hoffentlich fragte Matt nicht, woher sie wussten, dass er und Sora sich hier befanden.

„Wir wollten eure Klamotten verstecken und gucken, wie ihr reagiert“, antwortete Tai lachend. Mimi sah ihn tadelnd an. „Und du hast uns durch dein Gekicher verraten!“

Sora riss ihre Klamotten an sich und zog sich schnell an. Dabei war ihr egal, dass darauf nun nasse Abdrücke waren.

„Schade, dass ihr nicht ganz nackt wart“, fand Tai und grinste vielsagend.

Matt schien sich diese Situation vorzustellen und musste nun auch lachen. „Ihr spinnt doch.“

Sora fragte sich nur, in welchem Kindergarten sie gelandet war und schüttelte den Kopf. „Dafür wird es noch Rache geben“, verkündete sie.

„Oh nein, bitte nicht!“ Gespielt ängstlich klammerte Tai sich an Mimi und machte ein Gesicht, als erwartete ihn der Tod, doch dann lachte er wieder. „Du bist doch viel zu nett für für so was, Sora.“

„Aber ich nicht“, kam Matt ihr zu Hilfe und guckte, als hätte er bereits einen Plan.

„Außerdem bin ich gar nicht zu nett für so was“, meinte Sora empört.

Als sie zu viert auf dem Weg zurück ins Hotel waren, zog Sora Mimi zu sich.

„Bist du eigentlich verrückt? Was hast du Tai erzählt?“, zischte sie.

„Ich bin ihm zufällig über den Weg gelaufen und er hat gefragt, wo du bist und ich habe gesagt, dass ihr am Strand seid“, erzählte ihre Freundin. „Und dann wollte Tai unbedingt sehen, was ihr macht.“ Und du neugieriges Ding garantiert auch, dachte Sora bei sich. „Und dann haben wir nur eure Klamotten gefunden und Tai kam auf die Idee, sie zu verstecken.“ Mimi grinste verschmitzt. Sora kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie von Tais Vorschlag nicht abgeneigt gewesen sein konnte, denn sonst hätte sie ihren Willen durchgesetzt.

„Tzz“, machte Sora nur.

„Ach komm schon, sei nicht sauer“, sagte Mimi fröhlich und hakte sich bei ihrer Freundin unter. „Das war doch nur Spaß.“
 

„Tai hat mich gefragt, ob ich heute Abend etwas mit ihm machen will.“

Die Freunde waren gerade wieder vom Abendessen zurückgekommen und Sora und Mimi waren endlich mal wieder zu zweit in ihrem Schlafzimmer.

„Tatsächlich?“ Sora war überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet. „Und was hast du gesagt?“

„Ich habe 'ja' gesagt“, antwortete Mimi unsicher. „Er will mit mir was trinken gehen.“

Sora konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.

„Grins nicht so doof!“, murrte Mimi und warf ein Stück Kleidung, das gerade neben ihr lag, nach ihr.

„Aber wer hätte gedacht, dass ihr nun doch mal ein Date habt?“ Sora kicherte.

„Das ist doch kein Date, wir gehen nur zusammen was trinken“, erwiderte Mimi heftig.

„Wie hat er dich denn gefragt?“, wollte Sora wissen.

„Naja das war, als wir euch hinter dem Busch beobachtet haben“, erzählte Mimi. „Da hat er mich so ganz nebenbei gefragt.“

„Ich sage trotzdem, es ist ein Date“, sagte Sora grinsend.

„Ist es nicht! Ein Date ist doch, wenn man ineinander verknallt ist, oder wenigstens interessiert“, fuhr Mimi auf.

„Ja, eben.“ Sora nickte bestätigend und grinste noch mehr.

Mimi sah sie wütend an, sagte aber nichts weiter mehr, sondern wandte sich dem Spiegel zu, um ihre Haare noch einmal zu ordnen.

Sora stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo sie nur Matt antraf. „Wo ist Tai?“

„Im Bad. Er macht sich gerade fertig für sein Date mit Mimi“, antwortete Matt lächelnd. Sora lachte, da auch Matt es als Date betrachtete und wusste genau, dass Tai darauf so reagieren würde wie Mimi.

„Und was machst du heute?“, fragte Matt.

Sora freute sich über diese Frage, denn sie hoffte, dass Matt ebenfalls gerne ein Date mit ihr hätte. „Noch nichts bisher und du?“

„Die anderen wollen an den Strand gehen ein bisschen quatschen und Karten spielen. Wollen wir auch hingehen?“

Zuerst war Sora ein wenig enttäuscht, doch dann sagte sie zu. Das würde sicher lustig werden.

„Vorher müssen wir aber noch einkaufen gehen“, sagte Matt.

Eine halbe Stunde später trafen Matt und Sora sich vor dem Hotel mit Joe und Izzy. Der Rest der Gruppe wollte sich schon mal an den Strand begeben.

„Wo sind denn Tai und Mimi?“, fragte Izzy neugierig.

„Die haben ein Date“, antwortete Matt grinsend.

Während Izzy ein Gesicht machte, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen, lachte Joe auf. „Na so was, hat ja gedauert.“ Die vier Jugendlichen machten sich auf den Weg zu dem kleinen Supermarkt, der ganz in der Nähe ihres Hotels war. Sie kauften etliche Flaschen Bier, zwei Flaschen süßen Fruchtwein und ein paar Tüten Chips. Anschließend schleppten sie alles zum Strand, wo die anderen schon Decken ausgebreitet hatten und Karten mischten.

„Da seid ihr ja endlich“, rief Yolei zu ihnen herüber.

Matt und Joe hatten jeder eine Tüte voller Bierflaschen in der Hand, die sie nun abstellten. Sofort griffen Davis und T.K. zu und schnappten sich eine Flasche.

„Leute, haltet euch zurück! Ihr seid dreizehn“, tadelte Sora die beiden.

„Ach komm schon, Sora. Wir sind im Urlaub.“ Joe legte der Freundin eine Hand auf die Schulter und drückte sie auf die Decke hinunter. Na toll, nicht einmal Joe hatte mehr Vernunft. Sie konnte unmöglich auf alle allein aufpassen. Hilflos sah sie zu Matt in der Hoffnung, dass wenigstens er ein wenig Acht geben würde.

„Schon gut, wenn die Kleinen sich betrinken wie am ersten Abend, dann bekommen sie morgen alle von mir eine Tracht Prügel“, sagte dieser scherzhaft.

„Aber ich bin doch dein Bruder.“ Empört sah T.K. zu Matt, der sich nun neben ihn setzte.

„Deswegen kriegst du ja auch mehr Schläge als die anderen“, lachte Matt und wuschelte seinem kleinen Bruder durch das blonde Haar. T.K. boxte ihn daraufhin leicht in die Seite und nippte trotzig an seinem Bier.

Stirnrunzelnd beobachtete Sora die beiden. Sie hatte sich zu Yolei und Kari gesetzt und erwartete schon, dass alles im Chaos endete. Sie öffnete eine Flasche Erdbeerwein, trank einen Schluck und reichte sie an Kari weiter. „Aber übertreibe es diesmal nicht.“ Jetzt, wo Tai nicht dabei war, fühlte sie sich erst recht für Kari verantwortlich. Eigentlich wollte sie nicht deren großen Bruder für ein paar Stunden ersetzen, aber sie fand, dass einmal besoffen sein in vierzehn Tagen für ein dreizehnjähriges Mädchen ausreichte und eigentlich schon zu viel war.

„Ich übertreibe es nicht, versprochen“, sagte Kari lächelnd.

So begann ein fröhlicher Abend. Die Freunde spielten Poker, tranken Bier und Wein und lachten viel.

„Wisst ihr, was mir gerade einfällt?“ Yolei ließ ihre Karten sinken und sah erwartungsvoll in die Runde.

„Dass du am Verlieren bist?“, fragte Davis und erntete ein paar Lacher.

„Wir müssen uns noch überlegen, was Tai und Mimi machen müssen, um ihre Wettschulden zu begleichen“, verkündete Yolei, ohne auf ihn einzugehen.

„Stimmt, es war ja unentschieden“, fiel Joe ein. Er rückte seine Brille zurecht und schien nachzudenken.

„Wo sind die beiden eigentlich?“, fragte Cody nun.

„Sie haben ein Date“, antwortete Matt ihm, woraufhin ihn alle, die davon noch nichts wussten, überrascht ansahen.

„Dann können wir ihnen ja sagen, sie müssen sich küssen“, schlug Davis vor und kicherte.

„Oh, wie teuflisch“, meinte Matt sarkastisch. „Ich hoffe, du musst nie für mich entscheiden, wie ich meine Wettschulden begleiche. Wer weiß, wen ich dann küssen muss.“ Wie auf Kommando sahen plötzlich alle Sora an. Diese bemerkte, wie sie feuerrot wurde und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Wie gut, dass Kari ihre Not erkannte und ihr zu Hilfe kam.

„Es sollte aber mit der Beziehung der beiden zu tun haben“, lenkte sie das Gespräch wieder aufs ursprüngliche Thema. „Vielleicht sollten sie sich einfach mal gegenseitig sagen, wie sie wirklich über den anderen denken.“

„Aber das können wir doch nicht erzwingen“, warf T.K. ein.

„Jedenfalls müssen wir uns etwas einfallen lassen, was die beiden dazu bringt, sich mal über ihre Gefühle klar zu werden, damit der Frieden wieder hergestellt werden kann. Diese ständige Streiterei ist belastend“, meldete sich nun auch Sora zu Wort, obwohl es sich so nun anfühlte, als würde sie Mimi damit in den Rücken fallen. Aber sie wollte ja nur das Beste für ihre Freundin.

„Wir machen eine Nachtwanderung. Eine Mutprobe“, sagte Joe plötzlich. Er erntete nur verständnislose Blicke. „An einem Ort wird gestartet und am anderen muss man ankommen. Tai und Mimi bilden ein Pärchen und sie müssen zusammenarbeiten, um ans Ziel zu kommen. Natürlich werden auch noch andere von uns mitmachen und der Rest versteckt sich auf dem Weg und stellt Fallen auf.“

„Das klingt spannend. Aber wo wollen wir diese Nachtwanderung machen? Im Dschungel?“ Davis schien hellauf begeistert von dieser Idee.

„Das ist gefährlich, da gibt es bestimmt giftige Schlangen“, gab Sora zu bedenken.

„Wir laufen einfach ein Stück aus dem Ort raus. Morgen können wir das alles in Ruhe auskundschaften und vorbereiten“, antwortete Joe. „Wer möchte noch als Pärchen mitmachen? Die dürfen ja nicht wissen, wo es lang geht.“

„Aber es sollen doch nur Tai und Mimi wieder zur Besinnung kommen“, protestierte Davis.

„Trotzdem wird es lustiger, wenn die anderen auch nicht wissen, wo es lang geht“, entgegnete Yolei ungeduldig. „Also ich wäre gern Helfer.“

„Ich bin auch Helfer“, sagte Joe. „Izzy, was ist mit dir?“

„Ich denke, ich werde auch Helfer sein“, antwortete der Angesprochene missmutig.

„Und wer will suchen?“

„Ich!“, rief Davis. „Ken ist mein Partner!“

„Super. Und ein Pärchen bräuchten wir noch, sodass es wenigstens drei sind.“ Joe sah erwartungsvoll in die Runde.

„Ich würde gerne suchen“, meldete sich Matt. „Und ich möchte Sora als Partnerin.“

Gespannt sahen alle zu Sora. Diese wusste nicht, was sie sagen sollte. Einerseits wollte sie gerne mit Matt zusammen sein, aber andererseits hatte sie keine Lust, durch die Dunkelheit zu irren. Manchmal fürchtete sie sich vor der Dunkelheit.

Aufforderns stieß Yolei sie in die Seite.

„Ja, okay“, sagte sie schließlich.

„Super. Der Rest kommt morgen mit mir alles vorbereiten“, verkündete Joe erwartungsfroh.
 

Als Sora und Matt ihr Apartment wieder betraten, waren Tai und Mimi bereits zurück.

„Hey, meine Freunde“, gluckste Tai und kam den beiden Ankömmlingen entgegen, um sie zu umarmen. Er wirkte angetrunken und roch ein wenig nach Alkohol.

„Habt ihr euch betrunken?“, fragte Sora spitz.

„Mimi, die alte Schlaftablette, nicht“, antwortete Tai und bekam einen Schluckauf.

„Was ist passiert?“ Matt schien ebenso verdutzt zu sein wie Sora. Was war da nur wieder vorgefallen? Sora witterte Ärger. Mimi befand sich nicht im Wohnzimmer, also ging Sora in das Schlafzimmer der Mädchen. Dort fand sie Mimi auf ihrem Bett liegend. Ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.

„Mimi, was ist denn mit Tai?“, fragte Sora und setzte sich neben ihre Freundin. Diese funkelte sie wütend an.

„Wir wollten was trinken gehen und haben uns dann da hingesetzte. Am Anfang war das ja auch alles gut. Aber dann kam Minami vorbei und er hat sie eingeladen, sich zu uns zu setzen. Sie hat dann einfach einen Schnaps nach dem Anderen bestellt und sich die ganze Zeit an Tai heran geschmissen und mit ihm geflirtet. Als ich dann aufgestanden bin und gehen wollte, hat er mich noch gefragt, was ich hätte!“ Mimi war mehr als empört und Sora konnte nicht glauben, was sie da von Minami erzählte.

„Er hat mit Minami geflirtet, sagst du?“

„Ja, die ganze Zeit. Ich war total Nebensache!“ Sora wusste, dass Mimi es nicht gewöhnt war, die zweite Geige zu spielen. In ihrer Familie drehte sich alles um sie, da ihre Eltern sie vergötterten und zudem war sie auch noch massenhaft Aufmerksamkeit von Seiten des männlichen Geschlechts gewöhnt. Dieser Abend musste ihrem Ego einen Dämpfer verpasst haben. Aber was hatte Minami dazu getrieben, plötzlich auf Tai umzusteigen, wo sie doch die ganze Zeit hinter Matt her war?

„Soll ich mal mit Tai reden?“, fragte Sora vorsichtig.

„Nein! Der Typ kann mir gestohlen bleiben! Am liebsten würde ich mit jemandem das Apartment tauschen!“, erwiderte Mimi heftig.

Für den nächsten Tag nahm Sora sich vor, der Sache auf den Grund zu gehen und mit Matt darüber zu reden.

Der elfte Tag: Die Nachtwanderung (Geständnisse)

Wow, ich habe es endlich geschafft. Das nächste Kapitel ist fertig. Feedback ist natürlich gern gesehen. Ansonsten vielen Dank fürs Lesen und auch viel Spaß dabei. Gute Nacht.
 


 

Als die Freunde am nächsten Tag zum Frühstück gingen, sah der Himmel bereits furchtbar dunkelgrau aus und als sie wieder auf dem Weg in ihre Apartments waren, regnete es schon in Strömen.

„Mal ehrlich, hier regnet es doch nur zwei Tage im Jahr, oder?“, murrte Tai als sie sich gerade ins trockene Hotel gerettet hatten.

„Nein, das stimmt nicht. Im Mai und im Juni gibt es hier ausgeprägte Regenzeiten“, berichtigte Joe ihn, woraufhin er sich nur einen genervten Blick einfing.

„Erzählst du den beiden von heute Abend?“, fragte Yolei leise an Sora gewandt. Ihre Augen leuchteten schon jetzt vor Aufregung.

„Ja, mach ich.“

Eine halbe Stunde später hatte sich der größte Teil der Gruppe in Regenmäntel gepackt auf den Weg gemacht. Sora war froh, dass sie suchen musste, auch wenn ihr die anderen Leid taten, die jetzt draußen im Regen herum rannten. Sora und der Rest wollten sich in die Lobby des Hotels setzen und dort zumindest den Vormittag verbringen. Allerdings musste Sora vorher noch mit Matt sprechen. Nur wo sollte sie das ungestört tun? Dafür mussten sie das Apartment verlassen, denn gerade lag Mimi auf ihrem Bett und blätterte in einer Zeitschrift, während Tai missmutig und verkatert im Wohnzimmer vor dem Fernseher saß. Matt saß neben ihm, aber blätterte wie Mimi in irgendeiner Zeitschrift. Sora stand im Raum und räusperte sich. Die beiden Jungen sahen sie fragend an.

„Ähm, also, kann ich mal mit dir sprechen, Matt?“

Zum Glück verstand Matt sofort, dass Tai das nicht unbedingt hören sollte und stand auf.

„Gehen wir einfach kurz raus“, schlug er vor, nahm den Schlüssel und ging zur Tür hinaus. Sora folgte ihm und schloss die Tür. In dem hellen Treppenhaus war kein Mensch zu sehen oder zu hören. Anscheinend hatten sich alle in ihren Zimmern verschanzt bei dem Wetter. Sora und Matt setzten sich nebeneinander auf die Treppe.

„Hat Tai dir erzählt, was gestern passiert ist?“, fragte Sora ohne Umschweife.

„Nein, hat er nicht. Er hat sich nur über Mimi aufgeregt und ist dann sofort eingeschlafen“, antwortete Matt verwundert. Seine blauen Augen waren auf Sora gerichtet. Um nicht völlig abgelenkt zu werden, wandte Sora den Blick ab und erzählte weiter. „Anscheinend kam Minami dazu und hat Tai betrunken gemacht und mit ihm geflirtet.“

„Was? Sie hat... was?“ Ungläubig starrte Matt Sora an.

„Ja, Mimi war total sauer“, erzählte Sora weiter. „Ich dachte, du wüsstest vielleicht, was plötzlich in Minami gefahren ist. Du hast doch so viel mit ihr zu tun.“

„Naja, ich glaube, nachdem ich sie gestern verärgert habe, werde ich wohl nichts mehr mit ihr zu tun haben“, meinte Matt nachdenklich. „Aber sie hat nie nach Tai gefragt, wenn ich mich recht erinnere. Sie meinte sogar, Tai und Mimi würden ein gutes Paar abgeben. Keine Ahnung, was sie jetzt von ihm will.“

Eigenartig, Matt wusste also auch nichts. Sollte Minami es auf einmal tatsächlich auf Tai abgesehen haben, nachdem Matt ihr unmissverständlich gesagt hatte, dass aus ihm und ihr nichts werden konnte?

„Hoffentlich treffen wir sie heute nicht wieder“, murmelte Sora mehr zu sich selbst als zu Matt.

„Magst du sie nicht?“, fragte Matt. Langsam drehte Sora ihren Kopf zu Matt um zu sehen, ob er diese Frage wirklich ernst meinte. Aber er schien es tatsächlich nicht zu wissen.

„Ähm... doch, sie ist sehr nett“, antwortete sie und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Nachdem Minami nun auch noch Mimi das Date versaut hatte, konnte Sora sie gar nicht mehr leiden.

„Und was ist mit dir? Magst du sie?“, fragte Sora möglichst beiläufig.

„Ja, schon. Aber als Freundin würde ich sie nicht haben wollen“, meinte Matt lächelnd. „Sie ist doch ein wenig eigen.“

„Mehr so als Sexfreundin“, rutschte es Sora heraus und wieder hätte sie sich am liebsten geohrfeigt.

„Was? Das war ein einziges Mal“, erwiderte Matt lachend.

„Also eher ein One-Night-Stand“, stellte Sora fest, obwohl sie nicht wusste, warum sie noch weiter redete. Sie sollte eigentlich den Mund halten und das Thema nie wieder ansprechen.

„Ja, so in der Art“, antwortete Matt grinsend.

„Wow, na dann... machst du das öfter?“, fragte Sora weiter.

„Ach, naja, hast du noch nie das Bedürfnis gehabt, einfach mal mit jemandem eine Nacht ohne Verpflichtungen zu verbringen?“ Irgendwie schien Matt das Ganze sehr amüsant zu finden, denn das Grinsen wollte nicht von seinem Gesicht verschwinden. Sora dagegen wollte verschwinden, weshalb sie aufstand. Außerdem fand sie, dass sie mit ihren sechzehn Jahren nicht in einem Alter war, in dem es üblich war, dass jeder schon einen One-Night-Stand hatte.

„Nein, eigentlich nicht“, antwortete sie in einem schnippischen Ton, nahm Matt den Schlüssel aus der Hand und ging zurück ins Apartment. Dieses Gespräch war ja wohl ein Reinfall. Sie hatte nicht erfahren, weshalb sich Minami auf einmal Tai an den Hals warf und außerdem hatte sie Matt ihre Eifersucht gezeigt.

„Oh man, was soll man denn an so einem Tag machen?“, seufzte Mimi, als Sora zurück in ihr Schlafzimmer kam.

„Wir gehen gleich runter in die Lobby und dann sehen wir weiter“, antwortete Sora. Sogleich gingen die Vier auch hinunter in die Lobby des Hotels. Davis und Ken saßen schon dort und kicherten miteinander. Sora und Mimi setzten sich nebeneinander auf eine kleine Couch, während Matt auf einem Sessel Platz nahm.

„Ich geh zur Bar und hole mir etwas zu trinken. Will noch jemand was?“, fragte Tai, der stehen geblieben war.

„Ich hätte gerne einen Erdbeermilchshake“, meldete Sora sich.

„Ich will eine Cola“, rief Davis.

„Ich nehme einen Orangensaft“, sagte Ken.

„Leute, ich habe nur zwei Hände“, murrte Tai und hielt seine Hände wie zum Beweis hoch. Ken erbarmte sich und stand auf um Tai zu helfen.

„Mimi willst du auch was?“, fragte Tai und sah zu dem Mädchen. Diese warf ihm einen Blick zu, als hoffte sie, ihn damit erschießen zu können, aber sagte kein Wort.

„Ein einfaches 'Nein' hätte auch gereicht“, murmelte Tai genervt und ging mit Ken los.

„Bist du etwa sauer auf Tai?“, fragte Davis als die Beiden außer Hörweite waren.

„Was geht dich das an“, fauchte Mimi und bedachte nun auch Davis mit einem bösen Blick.

„Ich habe doch nur gefragt“, verteidigte Davis sich ängstlich. „Gut, dass wir heute die Nachtwanderung geplant haben.“

Matt, der Davis am nächsten saß, verpasste ihm einen heftigen Fußtritt, während Sora einen gespielt überraschten Gesichtsausdruck aufsetzte.

„Nachtwanderung? Was meinst du?“, fragte Mimi in einem noch immer unfreundlichen Ton und sah Davis prüfend an.

„Ähm... Nachtwanderung? Tja, also... welche Nachtwanderung?“, stotterte Davis und wich Mimis Blick aus.

„Wovon redet er?“, fragte Mimi forsch, nun an Sora gewandt.

„Keine Ahnung.“ Sora zuckte mit den Schultern und bemühte sich um einen unschuldigen Blick.

Nun wandte Mimi sich an den letzten momentan Anwesenden. „Matt?“

„Ja?“, sagte dieser zögerlich, als hätte er nicht zugehört.

„Um was für eine Nachtwanderung geht es hier?“, fragte Mimi ungeduldig. Ihr Gesicht wurde immer finsterer.

„Was? Was fragst du mich das?“ Auch Matt setzte eine unschuldige Miene auf und tat, als wüsste er von nichts.

Mimi blickte noch einmal alle Drei an, doch sie schien festzustellen, dass sie nicht mehr erfahren würde. „Also falls hier irgendjemand eine Nachtwanderung plant, könnt ihr vergessen, dass ich dabei bin.“

„Niemand plant eine Nachtwanderung“, log Matt mit einem unschuldigen Lächeln.

Mimi sank in ihr Sofa zurück und starrte mies gelaunt vor sich hin.

Da an der Bar nicht viel los war, kamen Tai und Ken schnell mit den Getränken zurück und stellten sie auf dem Tisch in der Mitte ab. Sora griff dankend nach ihrem Erdbeermilchshake und nippte am Strohhalm. Er schmeckte ausgesprochen köstlich, wenigstens etwas Gutes an diesem Vormittag.

„Wo sind eigentlich die anderen alle?“, fragte Tai verwundert. „Kommen die noch?“

„Ähm, also Joe und Izzy sind noch oben und kommen bestimmt gleich“, antwortete Ken schnell.

„Ja und T.K. meinte vorhin, er will mit den anderen Dreien noch was einkaufen gehen“, fügte Matt hinzu.

Sora bemerkte, dass Mimi wieder einen prüfenden Blick durch die Runde schweifen ließ. Tai schien diese Antworten einfach hinzunehmen und nicht weiter darüber nachzudenken.

Wie die anderen Leute in der Lobby saßen auch die sechs Freunde nur zusammen, tranken ihre Getränke und unterhielten sich. Sora hörte allerdings den Gesprächen kaum zu, da sie über Minami nachdachte. Sie konnte diese Verhaltensweise einfach nicht verstehen. Mit Mimi hatte es sich dieses Mädchen nun sicher ganz verscherzt, da sie ihr das Date versaut hatte. Aber wie Sora Mimi kannte, war diese hauptsächlich auf Tai wütend. Hoffentlich beruhigte sie sich bis zum Abend wieder. Ihre momentane Laune war kaum auszuhalten.

„Sora, Mimi, ihr sagt gar nichts“, stellte Davis fest und riss Sora damit aus ihren Gedanken.

„Tut mir Leid, ich habe gerade nicht zugehört“, entschuldigte Sora sich.

„Mimi anscheinend auch nicht“, meinte Matt.

„Ich habe wohl zugehört, aber muss ich denn immer zu allem was sagen?“, motzte Mimi ihn an. Matt zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Er war cool genug, Mimis Laune einfach über sich ergehen zu lassen. Tai dagegen nicht.

„Na sonst gibst du ja auch überall deinen Senf dazu“, sagte er grinsend.

Sora war sich sicher, dass dieser Kommentar der Auflockerung dienen sollte und ein Versuch war, sein altes Verhältnis zu Mimi wieder herzustellen, doch er schien nicht bemerkt zu haben, dass dies noch nicht der richtige Zeitpunkt war.

„Na schön, Tai! Ich werde den ganzen restlichen Urlaub kein Wort mehr zu dir sagen!“, rief Mimi aufgebracht.

„Versprochen?“, fragte Tai und grinste noch immer. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

„Du bist einfach das Allerletzte! Ich hasse dich!“ Mit diesen Worten sprang Mimi auf und stolzierte davon. Sora und die anderen sahen ihr verblüfft hinterher.

„Was hab ich denn falsch gemacht?“, fragte Tai verunsichert.

„Das fragst du noch?“, entgegnete Matt. „Du hast das Taktgefühl eines Kühlschranks.“

„Mimi übertreibt total“, meinte Tai nur.

Sora stand auf. „Ich sehe mal lieber nach ihr.“

„Sag ihr von mir, sie soll sich nicht so anstellen“, rief Tai ihr hinterher, als sie die Lobby schon fast verlassen hatte. Das werde ich sicher nicht, dachte sie genervt. Sie ging die Treppe hinauf zu ihrem Apartment. Mimi konnte nur dort sein. Sie trat ein und schloss die Tür leise hinter sich. Aus ihrem Schlafzimmer hörte sie schluchzende Geräusche. Als sie vorsichtig hineinging, sah sie Mimi auf dem Bett sitzen und weinen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte eher eine tobende Mimi erwartet, die sie anschreien würde. Vorsichtig setzte sie sich neben ihre Freundin und legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Hey, nimm es dir doch nicht so zu Herzen“, sagte sie leise mit einer möglichst einfühlsamen Stimme.

Mimi sah sie an. Dicke Tränen kullerten über ihre Wangen und tropften auf ihren Schoß. Bei diesem Anblick nahm Sora sich vor, mal eindringlich mit Tai zu sprechen. Offenbar war Mimi sehr verletzt.

„Ich hasse ihn einfach. Nie kann er mich in Ruhe lassen, immer fällt ihm irgendetwas Neues ein, obwohl ich diesmal gar nichts gesagt habe“, schluchzte Mimi. Sora nahm ein Taschentuch von ihrem Nachttisch und drückte es ihr in die Hand. Mimi schnäuzte sich geräuschvoll, hörte aber nicht auf zu weinen.

„Ach Mimi, er meint das nicht so“, sagte Sora einfühlsam und legte einen Arm um sie. „Du weißt doch, dass er gerne redet ohne nachzudenken und außerdem total taktlos ist.“

„Ich weiß, aber das war einfach überflüssig. Er wird schon sehen, was er davon hat, wenn ich nicht mehr mit ihm rede!“

„Das ist doch aber sinnlos. Du weißt, er wird dich sowieso ärgern“, meinte Sora. „Ärgere lieber zurück.“

„Und das gestern war auch total blöd von ihm. Er hat sich noch nicht mal entschuldigt“, schluchzte Mimi weiter, ohne auf Sora einzugehen. Sora nahm sich vor, auch das mit Tai anzusprechen. Eine Entschuldigung war auch aus ihrer Sicht das Mindeste.

„Das macht er bestimmt noch. Ihm fällt so was doch immer schwer, weil er nie einsehen kann, dass er einen Fehler gemacht hat“, sagte Sora aufmunternd.

„Ach Sora, wieso bist du kein Mann?“ Mimi lächelte ihre Freundin an und umarmte sie.

„Ich wäre bestimmt ein schrecklicher Mann“, lachte Sora. Keine Frau wollte einen Mann, der alles mit sich machen ließ und dem man auf der Nase herumtanzen konnte. Sora war überzeugt davon, dass sie genau so ein Mann wäre.

Auch Mimi lachte nun ein wenig und wischte sich die Tränen ab. Nun beschlich Sora ein schlechtes Gewissen, weil sie Mimi wegen heute Abend angelogen hatte. Wieder fühlte sie sich, als würde sie sie hintergehen. Was sollte sie nur tun? Eigentlich sollte sie Mimi gleich sagen, was heute Abend passieren würde. Wenn die anderen es ihr später erzählten, würde sie Sora für eine Verräterin halten.

„Du Mimi, ich muss dir etwas sagen, aber bitte hasse mich dafür nicht“, fing Sora vorsichtig an.

„Ich hasse dich doch nicht, ich bin maximal ewig sauer auf dich“, erwiderte Mimi nun wieder ein wenig besser gelaunt. „Um was geht es denn?“

„Aber du sollst auch nicht ewig sauer auf mich sein, aber das wirst du bestimmt, wenn ich dir das sage“, murmelte Sora, den Blick auf den Boden gerichtet.

„Es gibt doch eine Nachtwanderung, hab ich Recht?“, sagte Mimi in einem Ton, der vermuten ließ, dass sie alles Andere als begeistert war.

„Nun... ja“, gab Sora zu. „Wir haben uns das gestern ausgedacht, während ihr ein... während ihr unterwegs wart.“

„Soll ich etwa irgendetwas mit Tai zusammen machen?“, fragte Mimi scharf.

Sora erklärte ihr stammelnd, wie die Nachtwanderung geplant war und weshalb die Anderen nicht da waren.

„Sag mal, wollt ihr Tai und mich verkuppeln?“ Empört starrte Mimi sie an, nachdem Sora geendet hatte.

„Nein, wir wollten eigentlich nur, dass ihr euch besser vertragt und nicht mehr so viel streitet“, antwortete Sora entschuldigend.

„Da könnt ihr euch eure Nachtwanderung sparen, denn wir werden nicht mehr streiten. Weil ich nämlich nicht mehr mit ihm reden werde!“ Stimmt, das hatte sie ja vor ein paar Minuten schon angekündigt.

„Aber Mimi, bitte“, fing Sora an, doch Mimi unterbrach sie.

„Nichts 'aber Mimi', das hat er sich selbst eingebrockt. Vielleicht lernt er so ja, dass er mit mir nicht machen kann, was er will, und dass er zu weit gegangen ist.“

Sora seufzte resigniert. Hier konnte sie vorerst nichts mehr bewirken, sondern nur hoffen, dass ihre Freundin von allein wieder zur Besinnung kam. Langsam ging sie zurück in die Lobby des Hotels und überlegte, was sie als nächstes tun konnte. Mit Tai reden. Ja genau, das war eine gute Idee. Vielleicht konnte sie ihn dazu überreden, sich bei Mimi zu entschuldigen. So steuerte sie gleich auf Tai zu.

„Kann ich dich mal sprechen?“, fragte sie ohne Umschweife.

Tai sah sie fragend an, stand aber auf um mit ihr irgendwo ungestört zu reden. Sora war schon froh, dass er sie nicht aufgefordert hatte, doch gleich vor den anderen darüber zu reden. Auch Matt sah sie fragend an, sagte aber nichts.

Die Beiden gingen ins Treppenhaus und setzten sich auf eine der Treppenstufen. Das war für Sora das zweite Treppenhausgespräch an diesem Tag.

„Was ist denn mit Mimi? Ist sie eingeschnappt?“, fragte Tai ungeduldig.

„Na ja“, fing Sora an. „Ich glaube, du hast das Fass vorhin einfach zum Überlaufen gebracht. Sie war sowieso schon schlecht drauf wegen gestern.“

„Ich weiß kaum noch, was gestern war“, gestand Tai schuldbewusst. „Ich war betrunken.“

„Mimi sagte, Minami war auf einmal bei euch.“

„Ja, schon.“ Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Aber was ist schlimm daran? Ich dachte, Mimi mag Minami.“

Irgendwie war Tai wirklich niedlich auf seine Weise. Er schien tatsächlich nicht zu verstehen, weshalb Mimi sauer wegen des vorherigen Abends war.

„Aber Tai, du hattest eine Verabredung mit Mimi. Und wenn du dann nur mit einer anderen quatschst, ist das ganz schön blöd für sie. Das musst du doch verstehen“, versuchte Sora ihm das Problem zu erklären.

„Vielleicht war das wirklich blöd für sie. Aber Minami ist ganz okay.“

Nein, ist sie nicht, dachte Sora.

„Stell dir vor, du hast eine Verabredung mit Mimi“, begann Sora langsam. „Dann kommt plötzlich ein Typ angelaufen und setzt sich zu euch. Daraufhin redet Mimi nur noch mit ihm und beachtet dich nicht mehr. Wie würdest du das finden?“

Tai schien es sich vorzustellen und runzelte die Stirn. „Ich denke, ich wäre sauer.“

Erwartungsvoll sah Sora ihn an. „Also kannst du sie verstehen?“

„Ich denke schon“, murmelte er. „Ich finde trotzdem, sie kann auch mal gleich sagen, was sie hat, ohne immer herum zu zicken und nicht mit mir zu reden.“

Zufällig kam in diesem Moment Mimi mit einem Regenschirm in der Hand die Treppe hinunter stolziert. Tai sprang sofort auf, als er sie sah, und hob die Hände, um sie dazu zu bringen, stehen zu bleiben. Mimi ignorierte diese Geste und quetschte sich an ihm vorbei.

„Mimi, warte! Ich muss dir was sagen“, rief Tai und machte Anstalten, ihr nachzulaufen.

„Will ich nicht hören“, antwortete Mimi abweisend ohne sich umzudrehen. Tai hielt sie an der Schulter fest und wollte sie zu sich herum drehen.

„Das mit gestern Abend tut mir Leid“, sagte er und ein flehender Ton schwang in seiner Stimme mit.

„Lass mich in Ruhe!“ Mimi riss sich von ihm los und ging durch die Tür nach draußen. Tai wollte ihr weiter nachlaufen, doch Sora hielt ihn auf.

„Lass sie“, sagte sie ruhig. „Sie kriegt sich schon wieder ein.“
 

Mit viel Betteln, Flehen und Bestechung hatte Sora es bis zum Abend doch noch geschafft, Mimi zu überreden, bei der Nachtwanderung mitzumachen und auch mit Tai zusammen zu gehen, allerdings nur unter der Bedingung, dass er sich benahm und Mimi nicht auf die Palme brachte. Sollte er auch nur ein falsches Wort sagen, würde sie sofort zurück zum Hotel gehen und wirklich den restlichen Urlaub kein Wort mehr mit ihm wechseln.

Am späten Abend machten sich die vier zusammen mit Davis und Ken auf den Weg zu dem kleinen Wäldchen am Strand, das die Freunde für die Nachtwanderung ausgesucht hatten. Es war ein relativ dichter kleiner Wald, der aus vielen verschiedenen Pflanzen bestand, die Sora noch nie gesehen hatte. Sie gingen bis an den Rand des Wäldchens. Man konnte das Rauschen des Meeres hören.

„Los, worauf wartet ihr? Die ersten beiden können gehen“, meinte Davis ungeduldig.

„Ich geh mit Sora“, verkündete Mimi plötzlich und wollte die Hand ihrer Freundin schnappen, doch Matt war schneller.

„Du gehst mit Tai, Sora ist meine Partnerin“, erwiderte er und stellte sich zwischen die zwei Mädchen.

„Und wenn irgendwas Schlimmes passiert? Ich brauche doch jemanden, der mich beschützt!“, widersprach Mimi heftig.

„Und dafür soll Sora besser geeignet sein als ich?“ Tai blickte sie verdutzt an. Sora kicherte.

„Dafür ist so ziemlich jeder besser geeignet als du“, fauchte Mimi.

„Jetzt hört auf zu quatschen!“ Davis und Ken schoben die beiden Streitenden in den Wald hinein, nicht ohne ihnen vorher noch ein Lampion in die Hand zu drücken.

„Hey, woher sollen wir wissen, wo wir lang laufen müssen?“, rief Mimi wütend.

„Das seht ihr schon“, antwortete Ken lächelnd.

„Am liebsten würde ich euch alle dafür töten!“, war das Letzte, das Sora von Mimi vernahm, dann konnte sie die beiden nicht mehr sehen.

„Hoffentlich wird es so gut, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagte Ken und lächelte vielsagend.

„Bestimmt, und am Ende lieben die beiden sich“, meinte Davis zuversichtlich und grinste.

„Wann dürfen wir eigentlich gehen?“, fragte Matt ungeduldig.

„In zehn Minuten“, antwortete Ken.

Sora sah auf die Uhr auf ihrem Handy, das sie in einer kleinen Handtasche verstaut hatte. Wenn man warten musste, konnten zehn Minuten ewig dauern.

„Wieso sollen wir das eigentlich mitmachen? Wir streiten uns doch gar nicht und außerdem sind Tai und Mimi ja jetzt schon losgelaufen“, fragte Matt auf einmal und sah die beiden anderen Jungs an.

Davis blickte ertappt drein. „Ähm... also...“

„Es wäre ja gemein, wenn Tai und Mimi das nur zu zweit machen müssten“, warf Ken schnell ein.

Misstrauisch sah Matt die beiden abwechselnd an. Auch Sora war klar, dass da noch mehr dahinter steckte.

„Nun los, geht schon“, sagte Davis, übergab den beiden je einen Lampion und machte eine Handbewegung als wollte er eine lästige Fliege verscheuchen.

Nichts lieber als das, Hauptsache, diese blöde Nachtwanderung war schnell vorbei. Sora mochte die Dunkelheit nicht, erst recht nicht dunkle Wälder.

Langsam gingen sie und Matt in den Wald hinein. Ängstlich sah Sora sich zu allen Seiten um. Sie fühlte sich jetzt schon verfolgt und wenn sie sich vorstellte, wie einer ihrer Freunde gleich hinter dem nächsten Baum hervorspringen und schreien würde, wollte sie am liebsten sofort wieder umdrehen und sich in ihrem Bett verkriechen.

„Ganz ruhig, deine Hände sind ja schon ganz kalt“, meinte Matt lächelnd. Erst da fiel Sora auf, dass sie sich mit der freien Hand in Matts Unterarm gekrallt hatte. Als sie seinen Arm losließ, erkannte sie im Schein der Lampions die roten Spuren, die ihre Fingernägel hinterlassen hatten.

„Tut mir Leid“, sagte sie erschrocken.

„Ist doch nicht schlimm“, meinte Matt abwinkend.

„Mir ist halt nachts im Wald nicht geheuer“, erklärte Sora leise.

„Im Wald ist man doch aber am sichersten vor bösen Leuten. Die trauen sich doch auch nicht hierher“, antwortete Matt lachend. „Entspann dich einfach, dir passiert schon nichts.“

„Vor bösen Leuten vielleicht, aber nicht vor Monstern“, zischte Sora.

„Wenn ein Monster sich hierher wagt, verpass' ich ihm einfach eine Tracht Prügel“, verkündete Matt laut. „Ich pass schon auf, dass dich nichts und niemand wegfängt.“ Er nahm ihre Hand und es fühlte sich angenehm warm an, sodass Soras Herz sofort schneller schlug. Ja, Matt passte auf sie auf.

Plötzlich hörten sie ein grässliches Stöhnen links neben sich. Sora erstarrte und drehte langsam den Kopf in die Richtung aus der das Stöhnen kam. Eine dreckverschmierte Gestalt kam mit erhobenen Armen auf sie zu und stieß entsetzliche Laute aus.

Sora riss die Augen auf. Sie wollte schreien, aber brachte keinen Ton hervor. Sie wollte weglaufen, doch ihre Beine waren erstarrt. Die Gestalt näherte sich ihnen langsam. Sora hoffte, dass Matt irgendetwas unternahm, egal was. Doch auch der rührte sich nicht.

Als die Gestalt sie fast erreicht hatte, konnte Sora plötzlich doch einen ohrenbetäubenden Schrei ausstoßen und ihre Beine funktionierten wieder. Sie sprintete los in irgendeine Richtung und hielt erst an, als sie nichts mehr hörte. Ihren Lampion hatte sie fallen lassen.

Wo bin ich?, dachte sie panisch. Ihre Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen und während sie fast nichts sah, starb sie fast vor Angst. Wo war nur Matt? Gerade als sie überlegte, ob sie einfach hier bleiben und heulen sollte, hörte sie seine Stimme.

„Sora? Wo bist du?“, rief er. „Das war doch nur Yolei!“

Yolei? Gott sei Dank! Wie konnte sie sich nur so aufführen und in Panik geraten? Sie wusste doch, dass ihre Freunde hier etwas vorbereitet hatten.

„Ich bin hier!“, rief sie schließlich zurück. Zwischen den Büschen einige Meter von ihr entfernt sah sie die Lampions aufleuchten. Sie lief schnell auf die sich bewegenden Lichter zu und war heilfroh und peinlich berührt zugleich, als sie Matt erblickte.

„Tut mir Leid, ich hab mich total erschrocken“, gestand sie und sah zu Boden.

„Schon okay“, lachte Matt und gab ihr ihren Lampion zurück. „Wenn du das nächste Mal eine komische Gestalt siehst, dann denk dran: Das ist einer von uns. Aber bitte renne nicht noch mal weg.“

„Nein“, murmelte Sora und lief rot an. Wie peinlich.

„Naja, Yolei sah ja auch echt gruselig aus“, räumte Matt ein. Sora kicherte, denn da hatte er allerdings recht. Yolei könnte gut in einer Geisterbahn arbeiten.

Sie gingen weiter durch die Dunkelheit und erblickten einen leuchtend weißen Pfeil, der mit Kreide auf einen Baumstamm gemalt worden war. Er zeigte nach rechts und unbeirrt ging Matt nach rechts. Sora allerdings fragte sich, ob der Pfeil nicht vielleicht schon vorher da gewesen war. Was, wenn sie sich in diesem Wald verliefen? Quatsch, der war ja nur klein.

Plötzlich sprangen zwei Gestalten aus einem Graben hervor. Ihre Haut war weiß, die Augen dunkel schattiert. Sora bekam wieder einen furchtbaren Schreck und schrie auf, doch diesmal erinnerte sie sich rechtzeitig daran, dass das keine bösen Monster waren.

„Wuuuuuuuuhh“, riefen die beiden Gestalten und kamen auf Matt und Sora zu gerannt. Jede der beiden packte einen von ihnen und Tat, als würde sie ihn gefangen nehmen und mitschleifen wollen. Sora betrachtete die Gestalt, die sie gepackt hatte, genauer, und erkannte Kari.

„Hey, ihr seht super aus“, lobte sie die beiden.

„Findest du? Danke.“ Kari ließ sie los und grinste. „Wir haben uns auch viel Mühe gegeben.“

Die andere Gestalt war natürlich T.K., der nun Matt losließ.

„Na, haben wir euch erschreckt?“, fragte T.K. lachend an seinen Bruder gewandt.

„Nein, denn du siehst sonst auch nicht gruseliger aus als jetzt“, neckte Matt den Jüngeren.

„Haha“, murrte T.K. und fuhr sich mit den Fingern durch das schmutzige blonde Haar.

„Und wie ist es bei Tai und Mimi gelaufen?“, fragte Sora neugierig.

„Mimi hat sich Tai in die Arme geworfen und geschrien“, erzählte T.K. lachend. „Es macht aber auch echt Spaß, Monster zu spielen, oder Kari?“

„Ja“, antwortete die Angesprochene lächelnd. „Und unser Plan scheint auch noch zu funktionieren. Mimi wollte meinen Bruder gar nicht wieder loslassen.“

Das waren ja gute Neuigkeiten. Vielleicht war der Streit zwischen Tai und Mimi nun endlich vorbei.

„Los, T.K., lass uns zu Davis und Ken zurückgehen“, meinte Kari nun an T.K. gewandt.

„Ja, wir warten dann auf euch“, fügte T.K. an Matt und Sora gewandt hinzu.

„Die sahen wirklich gut aus“, bemerkte Sora, als die beiden außer Sichtweite waren.

„Ja, ich bin gespannt, wer oder was uns hier noch so erwartet“, stimmte Matt zu und ging weiter. Sora folgte ihm. Sie musste aufpassen, dass sie nicht stolperte, da sich auf dem Boden allerlei Wurzeln und Gestrüpp tummelten. So leuchtete sie mit ihrem Lampion den Weg aus.

„Sora, sag mal...“ Matt blieb auf einmal stehen, sodass Sora fast gegen ihn gelaufen wäre.

„Hm?“, machte sie und blieb dicht hinter ihm stehen. Er drehte sich zu ihr um.

„Wie fandest du es eigentlich vorgestern?“, fragte er unvermittelt.

„Ähm... was?“ Sora war verwirrt und lief rot an. Warum fragte er das jetzt? Und wie kam er jetzt darauf, wo sie doch gerade durch einen dunklen Wald liefen.

„Ich meine unser Date. Hat es dir gefallen?“

„Ja“, sagte Sora langsam. „Dir etwa nicht?“

„Hm“, machte Matt nun und setzte sich wieder in Bewegung. Sora lief neben ihm. Seine Reaktion beunruhigte sie. Was sollte denn „hm“ bedeuten?

„Doch, schon“, sprach er schließlich weiter. „Aber ich weiß nicht so richtig, was das jetzt zu bedeuten hat.“

Tja, das würde sie ebenfalls gern wissen. Sie hoffte, dass sie nicht ebenfalls eine war, mit der er sich hier die Zeit vertrieb. Vielleicht war er ja jemand geworden, der unbedingt immer von Mädchen umgeben sein musste? Und wenn sie wieder zu Hause waren, ließ er sie links liegen. Oh nein, daran wollte Sora jetzt nicht denken.

„Ich weiß auch nicht“, sagte sie stattdessen verlegen.

„Vielleicht sollten wir... oh, was ist das denn?“ Er blieb wie angewurzelt stehen. Sora folgte seinem Blick und sah eine relativ kleine schwarze Gestalt an einem Baum stehen. Sie hatte ihnen den Rücken zugewandt. Das war bestimmt wieder einer ihrer Freunde, doch die Gestalt machte keine Anstalten, sich zu bewegen.

„Hey, wir haben dich gesehen“, rief Sora. Von der Größe her konnte es eigentlich nur Cody sein. Die Gestalt reagierte noch immer nicht, also stapfte Sora zu ihr hinüber. „Du kannst dich zu erkennen geben, Co- .... Aaaaahhhhh!“ Mit weit aufgerissenen Augen stolperte sie rückwärts und fiel zu Boden. Die Gestalt hatte sich zu ihr umgedreht. Ihr Gesicht war von einer abscheulichen Maske bedeckt. Es war eine grässliche Fratze und da Sora nicht mit so etwas gerechnet hatte, hatte sie sich schon wieder erschrocken.

Cody schob die Maske nach oben und kam auf Sora zu. „Ich wollte dich nicht so sehr erschrecken, tut mir Leid“, meinte er mit einem schuldbewussten Blick.

„Schon okay“, seufzte Sora. Sie saß noch immer auf dem Boden und wollte noch kurz sitzen bleiben, bis der Schreck wieder aus ihren Gliedern gewichen war. Matt hockte sich neben sie und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.

„Du kannst ja nichts dafür, dass Sora so ein Angsthase ist“, sagte er grinsend.

„Es tut mir trotzdem Leid.“ Cody beugte sich ein wenig zu Sora hinunter. „Geht's wieder?“

„Ja, ist schon okay“, antwortete Sora und stand wieder auf.

„Sag mal, bist du ganz allein hier?“, fragte Matt an Cody gewandt.

„Nein, ist er nicht.“ Joe kam aus dem Gebüsch heraus und grinste verlegen. Auch er trug schwarze Sachen und eine Maske, die er sich auf den Kopf geschoben hatte. „Ich musste nur gerade mal.“

„Ah, dann fehlt ja nur noch Izzy“, stellte Matt fest.

„Ja, der kommt fast am Ende“, erwiderte Cody. „Also wenn ihr bei ihm seid, dann habt ihr es geschafft.“

„Dann gehen wir mal besser, damit wir hier wieder heraus kommen“verkündete Matt und machte sich schon auf den Weg.

„Bis nachher“, sagte Sora zu Joe und Cody und folgte ihm. Na super, bevor Cody sie erschrocken hatte, hatten sie gerade über den Kuss geredet. Wie konnte sie nun das Thema wieder anschneiden?

Schweigend liefen sie nebeneinander durch den Wald, wahrscheinlich jeder in seinen eigenen Gedanken versunken. Sora konnte es kaum noch erwarten, aus dem Wald herauszukommen, auch wenn dann ihre Zweisamkeit mit Matt erst einmal wieder vorbei war. Aber hier war es einfach zu unheimlich. Ein paar weitere Pfeile mit Kreide auf Baumstämme gemalt ließen sie ein paar mal abbiegen, bis sie plötzlich ein dämonisches Lachen aus einem Gebüsch hörten. Das musste dann wohl Izzy sein.

„Izzy, wir haben dich gehört, du kannst raus kommen“, rief Sora in die Dunkelheit. Izzy tauchte aus dem Busch auf. Sein Lachen verstummte und er starrte sie an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Hätte Sora nicht gewusst, dass es Izzy war, hätte sie ihn nicht erkannt. Sein Gesicht war komplett dunkel und dreckverschmiert, sein Haar stand wild von seinem Kopf ab und war ebenfalls voller Dreck und Blätter. Seine Klamotten waren zerrissen und ebenfalls dreckig. Der Blick, mit dem er sie anstarrte, wirkte fast schon animalisch.

„Du kannst jetzt zurück zu den anderen gehen“, sagte Matt. „Wir sind ja auch gleich da.“

Er rührte sich noch immer nicht und starrte sie weiter an. Sora runzelte die Stirn. Da nahm wohl jemand seine Aufgabe zu ernst.

Izzy duckte sich ein wenig, als wollte er zum Sprung ansetzen, stieß ein lautes Fauchen aus, drehte sich um und rannte davon. Matt und Sora tauschten einen entgeisterten Blick.

„Was sollte das denn?“, fragte Sora und schüttelte den Kopf.

„Er hat sich wohl ein wenig zu sehr hineingesteigert“, fügte Matt hinzu. Wenigstens war diese Nachtwanderung nun vorbei. Sie gingen schnell weiter, um den Wald zu verlassen, doch als sie das Ende schon sahen, sprang plötzlich jemand von einem Ast herunter direkt ihnen vor die Füße und brüllte: „Wuuuuaaaahhh!“.

„Izzy?!“ Sora starrte den Freund fassungslos an. Matt klappte die Kinnlade herunter.

„Ihr solltet euch eigentlich erschrecken“, grummelte Izzy. Er hatte sein Gesicht vermutlich mit Kohle verschmiert, denn es war schwarz. Ansonsten sah er völlig normal aus, keine zerrissenen Klamotten, keine zu Berge stehenden Haare.

Erschrocken war Sora allerdings.

„Wenn du hier bist...“ Sie spürte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. „Wer war dann das gerade eben?“

„Was? Wen meinst du?“, fragte Izzy verdutzt. „Vor euch kamen Joe und Cody, habt ihr sie nicht erkannt?“

Hektisch sah sich Matt nach allen Seiten um. Dann packte er Izzy und Sora jeweils mit einem Arm und schleifte sie in Richtung Waldrand. „Da war gerade eben jemand, von dem wir dachten, du wärst es“, zischte er Izzy zu. Die drei beeilten sich, dass sie aus dem Wald herauskamen, weg von diesem unheimlichen Geschöpf, was immer es auch gewesen sein mochte.

„Was?“, Izzy sah Matt und Sora verstört an. „Das kann eigentlich nicht sein.“

Sie traten aus dem Wald heraus. Ihre Freunde klatschten fröhlich, als sie sahen, dass sie es heil überstanden hatten, jedoch ließen sie sich von ihren entgeisterten Blicken offenbar verunsichern.

Yolei lief auf Sora zu. „Das mit Tai und Mimi hat super geklappt“, berichtete sie grinsend. „Und tut mir echt Leid, dass ich dich vorhin so erschreckt habe. Ich wusste gar nicht, dass ich so überzeugend sein kann.“

Sora konnte sich kaum auf das konzentrieren, was Yolei sagte. Besorgt ging sie ihre Freunde durch. Es waren alle da, bis auf...

„Wo sind T.K. und Kari?“, fragte Matt forsch.

„Keine Ahnung, vermutlich noch im Wald, wenn sie noch nicht hier sind“, antwortete Joe stirnrunzelnd. „Ist irgendwas nicht in Ordnung?“

Schnell berichtete Matt allen, was soeben vorgefallen war. Alle blickten völlig durcheinander drein. Tai war der Erste, der reagierte. „Wir müssen sie suchen!“ Und schon wollte er wieder in den Wald stürzen.

„Halt!“ Matt hielt ihn am Oberarm fest. „Wir können nicht einfach alle kopflos da rein rennen. Es müssen auch welche hier bleiben, falls sie hier auftauchen.“

„Ja, du hast recht. Die Mädchen sollten hier bleiben“, stimmte Tai ihm zu und sah sich zu seinen Freunden um.

„Was? Und was ist, wenn der Verrückte den Wald verlässt und herkommt?“, rief Mimi empört.

„Ich bleibe auch hier. Zu viert werden wir schon mit ihm fertig“, bot Joe sich an.

Tai nickte und wollte schon loslaufen, doch Sora hielt ihn noch kurz am Arm fest. „Passt auf euch auf“, sagte sie leise. Ihr Blick war besorgt. Tai nickte kurz und schließlich liefen alle bis auf Joe und die drei Mädchen zurück in den Wald. Yolei hatte sich inzwischen ängstlich an Soras Arm geklammert. Dicht zusammen gedrängt setzten sich die vier in den Sand und warteten und bangten.

„Ob das ein Kannibale war?“, fragte Yolei plötzlich.

„Oh nein, ich dachte, die gibt’s nur tief in den Dschungeln Asiens.“ Mimi sah ängstlich zu Joe, als erwartete sie nun eine fachkundige Antwort von ihm.

„Ich weiß es leider auch nicht so genau. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier welche gibt“, antwortete Joe. Er sah nachdenklich aus.

„Hoffentlich kommen alle heil zurück“, warf Yolei ein. Sie zitterte am ganzen Körper und ihr Blick war angsterfüllt. Sora hatte vor Anspannung die Hände zu Fäusten geballt. Wieder und wieder hatte sie den irren Anblick dieses Wesens vor Augen und fragte sich, was das nun wirklich war.

„Vielleicht war es auch einfach nur ein Obdachloser, der im Wald lebt, und wir haben ihn erschreckt“, überlegte sie schließlich.

„Möglich“, meinte Joe.

Mimi zog die Beine dicht an den Körper und schlang die Arme um die Knie. Sie wippte nervös hin und her. Yolei sah sich ständig ängstlich um. Es war gut, dass Joe bei ihnen geblieben war. Er strahlte eine gewisse Ruhe aus.

Der Mond schien hell und tauchte sie alle in silbernes Licht. Alles wirkte sehr friedlich, wäre da nicht diese unheimliche Sache gewesen.

Nach weniger als einer halben Stunde tauchten ihre Freunde wieder auf. Sora und die anderen richteten sich sofort auf und kamen auf sie zu gelaufen. Sora atmete auf, als sie sah, dass T.K. und Kari dabei waren, die allerdings sehr missmutig und auch genervt dreinschauten. Yolei umarmte Kari stürmisch. „Wo wart ihr denn? Ist alles okay mit euch?“

„Ja“, murmelte Kari.

„Wir waren nur noch ein bisschen spazieren“, fügte T.K. schulterzuckend hinzu.

Tai und Matt hatten beide einen strengen Blick aufgesetzt.

„Ihr könnt doch nicht so einfach machen, was ihr wollt, und keinem Bescheid sagen“, rügte Matt die beiden.

„Was denkt ihr euch eigentlich dabei? Wir wissen nicht, was es mit diesem Irren auf sich hat und ihr rennt allein im Wald rum“, pflichtete Tai ihm bei.

T.K. und Kari wirkten nun noch genervter.

„Jetzt seid nicht so streng mit ihnen. Bestimmt wussten sie nicht mal, dass da so jemand sein Unwesen treibt, oder?“, versuchte Sora zu schlichten. Sie lächelte beide Parteien aufmunternd an.

„Genau, wir sollten lieber froh sein, dass wir alle noch heil hier sind“, stimmte Joe zu.

„Ja, lasst uns jetzt lieber zurück ins Hotel fahren“, meinte auch Izzy.
 

Als die Freunde gerade aus dem Bus ausstiegen, konnte Sora sich nicht entscheiden, was sie nun lieber tun wollte. Einerseits wollte sie natürlich unbedingt das Gespräch mit Matt fortsetzen und ihm endlich sagen, dass sie sich in ihn verliebt hatte, doch andererseits wollte sie sich auch von Mimi berichten lassen, wie genau die Nachtwanderung mit Tai war. Während der Busfahrt war Sora nicht entgangen, wie die beiden ständig verstohlene Blicke miteinander getauscht hatten, die sie nicht zu deuten wusste. Sie sah zu Matt. Ob er wohl irgendwelche Anstalten machen würde, sie in ein Gespräch zu verwickeln? Doch der unterhielt sich gerade angeregt mit T.K. und beachtete sie gar nicht.

Mimi alberte mit Yolei herum und sah nicht so aus, als wollte sie unbedingt jetzt Sora von ihrem nächtlichen Abenteuer erzählen, weshalb Sora sich ein Herz fasste und mit weichen Knien zu Matt ging. Einige Sekunden später hatte T.K. ausgeredet und so wandte Matt sich mit fragendem Blick an Sora. Diese sah kurz unschlüssig zu T.K., der sofort verstand, vielsagend grinste und zu Kari hinüber schlenderte. Warum konnte Matt nicht auch so ein Blitzmerker sein? Dann hätte sie sich das nun folgende Gespräch sparen können.

„Wollen wir vielleicht noch eine Runde an den Strand gehen?“, fragte sie und war bemüht, unbefangen zu klingen.

„Klar“, antwortete dieser und wandte sich an den Rest der Gruppe. „Leute, geht schon mal vor, wir kommen später nach.“

Alle drehten sich zu ihnen um und Sora konnte spüren, wie ihre Wangen ganz heiß wurden. Mimi sah sie mit großen Augen an, woraufhin Sora kaum merklich nickte. Mimi lächelte ihr aufmunternd zu und wandte sich dann, wie auch die anderen zum Gehen um.

Sora und Matt bogen nach rechts auf den Strand ab. Matt hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und schien darauf zu warten, dass Sora etwas sagte. Die beiden schlenderten durch den weißen Sand, der im Mondlicht silbern wirkte. Das Meer rauschte sanft, es wehte kaum ein Wind.

„Eine schöne Nacht“, meinte Matt schließlich, wahrscheinlich um ein Gespräch in Gang zu bringen.

„Mhm“, machte Sora zustimmend und sah in die Sterne. Es war wirklich eine schöne Nacht. Sie holte Luft, um etwas zu sagen, doch hielt sich wieder zurück. Wie sollte sie nur anfangen? Sie hatte sich vorher keine Sätze zurechtgelegt. Wie konnte man so ein Gespräch nur beginnen? Ihr Herz klopfte wild und ihre Beine fühlten sich wackelig an. Sie atmete schneller als normal.

„Also, ich wollte...“, fing sie an, doch sie wusste nicht, wie sie diesen Satz beenden sollte. Matt sah sie auffordernd an.

„Ähm... erinnerst du dich an Weihnachten vor eineinhalb Jahren?“, fragte sie schließlich mit zittriger Stimme.

Matt schien zu überlegen, dann lächelte er belustigt und nickte. „Da waren wir verknallt ineinander.“

„Ja, aber ich glaube, damals war es noch zu früh für eine richtige Beziehung. Zumindest für mich“, sagte sie langsam.

„Für mich irgendwie auch. Kein Wunder, dass das nicht lange gut gegangen ist damals“, meinte Matt. Er sah aufs Meer hinaus, als würde er Blickkontakt mit ihr meiden wollen.

„Naja, also ich glaube, dass es heute besser laufen würde.“ Oh Gott, was rede ich hier eigentlich?, dachte Sora bei sich. So hatte sie das Gespräch eigentlich nicht in die Richtung lenken wollen. Was sollte Matt von dieser Aussage halten?

Stirnrunzelnd sah er sie an. „Was willst du damit sagen?“

Sie kniff die Lippen zusammen und zögerte. Krampfhaft überlegte sie, was sie nun sagen sollte und wie. Schließlich seufzte sie und blieb stehen. „Verdammt Matt, warum begreifst du das nicht? Ich habe mich in dich verliebt und will mit dir zusammen sein und nicht mehr nur befreundet. Ich will, dass du mich auch wahrnimmst, und nicht nur diese Minami. Ich will deine Freundin sein, und zwar deine Feste.“ So, nun war es endlich heraus. Sie hatte es gesagt und konnte es nicht mehr rückgängig machen. Eigentlich hatte sie sich dieses Gespräch ganz anders vorgestellt. Es würde sie kein bisschen wundern, wenn er jetzt lachen oder wortlos zum Hotel gehen würde. Sie erwartete fast schon, dass er lachte, doch er tat es nicht.

„Oh“, brachte er stattdessen heraus und starrte sie an. „Damit habe ich irgendwie nicht gerechnet.“

„Aber Matt!“, stieß Sora hervor. „Was glaubst du denn sonst, was die letzten Tage ablief? Warum ich so verletzt war als du... am Inselfestabend. Warum ich dich geküsst habe und mich auf das Date mit dir gefreut habe. Warum ich so schlecht gelaunt war, wenn Minami in der Nähe war. Was glaubst du war der Grund dafür?“

„Ich, also...“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ich weiß auch nicht. Ich stand wohl auf dem Schlauch.“ Er sah sie verzweifelt an und machte keine Anstalten, sie zu küssen oder zu umarmen oder sonst irgendwie positiv auf ihr Geständnis einzugehen. Enttäuscht und traurig sah sie ihn an. Natürlich hatte sie sich eine andere Reaktion erhofft.

„Ich gehe jetzt besser schlafen“, sagte sie leise und wollte schon gehen, doch Matt hielt sie am Handgelenk fest. Er ließ sich in den Sand fallen und zog sie zu sich herunter.

„Entschuldige, das war wohl nicht die Reaktion, auf die du gehofft hast“, sagte er betrübt. „Und auch nicht die, die du verdienst.“

Oh nein, wollte er jetzt etwa mit „Du bist ein tolles Mädchen, aber...“ anfangen? Dann würde sie sofort gehen, denn wenn er das sagte, würde sie vermutlich heulen.

„Weißt du, ich weiß einfach nicht, ob ich momentan eine Beziehung mit irgendwem will“, fing er an. Das klang nicht nach dem befürchteten Satz. „Ich bin viel unterwegs mit der Band, ich muss die Schule nebenbei hinbekommen und außerdem lerne ich unterwegs viele Mädchen kennen. Keine, die mich wirklich interessieren würden, aber sie sind da. Ich glaube nicht, dass ich jemand wäre, der dir gerecht werden kann und der dich so behandelt, wie du es verdient hast.“

„Aber wie willst du das wissen, ohne es versucht zu haben?“ Nun sah Sora ihn wieder an.

„Ach, weißt du, es ist einfach so eine Angst, dass ich dich enttäuschen könnte. Seit unserem Date ist da irgendwas. Ich sehe dich jetzt ganz anders, du bist mehr als nur eine Freundin. Du bist anders als die meisten anderen. Ich fühle mich total angezogen von dir.“ Mit starrem Blick sah er aufs Meer hinaus und Sora konnte kaum glauben, was sie da gerade gehört hatte. Sie starrte ihn mit offenem Mund an.

„Aber was brauchst du noch, um es wenigstens zu versuchen? Was?“, fragte sie verzweifelt.

„Lass mich einfach bitte eine Nacht darüber schlafen, okay?“

„Okay.“
 

Wieder zurück in ihrem Hotelzimmer ließ Sora sich seufzend auf ihr Bett fallen.

„Und? Wie ist es gelaufen? Hast du's ihm gesagt?“, fragte Mimi neugierig und sah ihre Freundin erwartungsfroh an.

„Ja, ich hab's ihm gesagt“, antwortete Sora und schloss die Augen.

„Und?“ Mimis Stimme klang ganz aufgeregt.

„Ich weiß auch nicht. Er muss eine Nacht darüber schlafen, hat er gesagt, weil er glaubt, er könnte mich nicht so behandeln, wie ich es verdient hätte.“

„Typisch Männer. Aber das ist zumindest kein Korb.“

Sora öffnete die Augen wieder und setzte sich auf. „Wie lief es denn eigentlich bei dir und Tai heute Abend?“ Sie lächelte spitzbübisch.

Mimi wurde plötzlich rot. „Es war ganz okay. Er hat sich immer beschützend vor mich gestellt und wir haben viel geredet.“

„Worüber?“, hakte Sora weiter nach.

„Na über uns hauptsächlich. Er hat betont, dass er mich mag und mich nur deswegen dauernd nervt. Und dass er mich vielleicht ein bisschen mehr mag als die anderen“, berichtete Mimi und das Rot auf ihren Wangen verdunkelte sich.

Zumindest das schien geklappt zu haben, stellte Sora zufrieden fest. Vermutlich würde es die letzten Tage auf Jamaika weniger Streitereien zwischen Tai und Mimi geben und vielleicht fanden die beiden ja noch zueinander. Was sich neckt, das liebt sich, sagt man doch.

Der zwölfte Tag: "Ich hoffe, das reicht dir als Antwort auf gestern." (Schnorcheln für Anfänger)

Nach einem Monat das nächste Kapitel! :D Das kommt davon, wenn man grad keine Uni hat, aber trotzdem Hausarbeiten schreiben sollte. Ähem...
 


 

In der Nacht war Sora oft aufgewacht, da sie immer wieder geträumt hatte, wie Matt ihr am Ende doch noch einen Korb gab und jedes Mal war sie davon überzeugt, der Traum wäre echt. So dachte sie, als sie schließlich am Morgen aufwachte, alles wäre schon vorbei und sie hätte keine Chance mehr. Doch Mimi neben ihr schlief seelenruhig und somit erinnerte Sora sich daran, dass es doch nur ein Traum gewesen war. Sie setzte sich auf, lauschte, ob aus dem Wohnzimmer Geräusche drangen und stand schließlich auf. Die Jungs schienen ebenfalls noch zu schlafen. Auf Zehenspitzen schlich sie ins Wohnzimmer. Tai hatte sich auf dem Sofa ausgebreitet. Er schnarchte leise und seine Decke befand sich auf dem Fußboden. Matt lag auf dem Bauch und gab keine solchen Geräusche wie Tai von sich. Sora lächelte und schlich ins Badezimmer, um sich fertig zu machen. Anschließend zog sie ihren Bikini an und verließ das Apartment. Sie ging zum Pool, um dort ein paar Runden vor dem Frühstück zu schwimmen. Joe hatte offenbar die gleiche Idee gehabt, denn sie erkannte vom Rand des Pools aus seinen Haarschopf im Wasser. Ansonsten waren kaum Leute im Wasser und auf den Liegen zu sehen. Es war wohl einfach noch zu früh. Als Joe sie sah, kam er zu ihr geschwommen.

„Du bist ja auch schon wach“, stelle er fest.

„Ja, ich konnte nicht mehr schlafen und dachte mir, ich schwimme ein paar Runden“, antwortete sie und ließ sich ins Wasser gleiten. „Wie lang bist du schon hier?“

„Noch nicht lang, eine Viertelstunde vielleicht.“

Sie schwammen nun nebeneinander her und redeten dabei über belanglose Dinge. Es tat Sora gut, sich mit ihm zu unterhalten, so konnte sie sich selbst von dem ganzen Theater mit Matt ablenken.

Nach etwa einer Stunde tauchte der Rest ihrer Freunde am Pool auf.

„Joe, Sora, wir wollen essen gehen“, rief Davis ihnen zu.

„Ja, wir kommen nach“, rief Joe zurück. Die beiden schwammen zum Rand und kletterten aus dem Wasser.

„Ich habe ganz schön doof geguckt, als ich aufgewacht bin und du warst nicht da und die Jungs wussten auch nicht, wo du warst“, sagte Mimi vorwurfsvoll.

„Tut mir Leid.“ Sora lächelte entschuldigend und wrang sich die nassen Haare aus. „Ich gehe mich umziehen und komme dann nach.“ Sie warf einen flüchtigen Blick auf Matt, der sie musterte. Als er merkte, dass sie ihn ansah, lächelte er, doch sie sah schnell weg. Dann ging sie gemeinsam mit Joe zurück ins Hotel.
 

Nach dem Frühstück trafen sich alle am Strand. Die Sonne schien hell und es war heiß. Der Sand zwischen Soras nackten Füßen war weich, doch man konnte dieses Gefühl nicht lange genießen, da auch der Sand heiß war. So rettete sie sich in den Schatten eines noch freien Strohschirmes. Mimi half ihr, eine große Decke auszubreiten, auf der sich die Freundinnen auch gleich niederließen. Mimi seufzte zufrieden und streckte sich.

„Hey, kommt ihr mit ins Wasser oder bleibt ihr mal wieder faul liegen?“, fragte Tai die beiden.

„Wir bleiben hier, geht allein“, antwortete Sora und schloss die Augen.

„Nur, weil wir nicht wie die kleinen Kinder im Wasser planschen, sind wir faul?“, hörte sie Mimi sich entrüsten.

„Ihr seid faul und langweilig, weil ihr nur rumliegt“, gab Tai zurück. „Das hat nichts mit kindisch sein zu tun.“

Jetzt ging das schon wieder los. Doch Mimi gab nur einen knurrenden Laut von sich und erwiderte dann nichts mehr. Tai lachte und die Jungs entfernten sich.

„Ist bei euch noch Platz?“, fragte eine Mädchenstimme. Sora sah auf und erkannte Yolei und Kari. Sora und Mimi rückten zusammen, um die anderen beiden Mädchen auf der Decke Platz nehmen zu lassen.

„Izzy ist ein bisschen schlecht gelaunt wegen gestern“, flüsterte Yolei Mimi zu.

„Ich glaube, er ist ganz schön eifersüchtig auf Tai“, fügte Kari hinzu.

„Oh je, das wollte ich nicht“, meinte Mimi bedauernd. Sora sah zu Izy hinüber, der auf einer Liege lag und ein Buch las. Es tat ihr Leid, dass er unglücklich war. Er war so ein netter Kerl und sie wusste, dass er alles für Mimi getan hätte. Aber andererseits passte er auch nicht zu ihr. Sie hätte ihn nur untergebuttert. Mimi brauchte jemanden, der ihr die Stirn bieten konnte und sich nicht alles gefallen ließ, wie Tai zum Beispiel. Sora kicherte plötzlich und die anderen drei Mädchen drehten sich verwundert zu ihr.

„Was findest du daran lustig?“, fragte Mimi.

„Ich habe nur gerade daran gedacht, dass Tai viel besser zu dir passen würde als Izzy“, antwortete Sora grinsend.

„Was?! Tai? Nie im Leben, mit so einem könnte ich nie zusammen sein“, rief Mimi empört, sodass einige vorbeilaufende Strandbesucher sie stirnrunzelnd ansahen. „Mit dem würde ich die Krise kriegen!“

„Ihr würdet trotzdem super zusammenpassen“, fand auch Yolei und kicherte nun ebenfalls.

„Tai wäre bestimmt nicht abgeneigt“, fügte Kari grinsend hinzu.

„Ihr spinnt doch“, murmelte Mimi genervt. Sie setzte sich ihre Sonnenbrille auf die Nase, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich zurück. Die anderen drei Mädchen lachten.

„Hey Mädels!“ Wenig später kam T.K. angelaufen und blieb bei ihnen stehen. Die Mädchen setzten sich auf und sahen ihn an.

„Dort hinten findet gleich ein kleiner Schnorchelkurs statt, Wenn wir mitmachen, können wir eine Runde schnorcheln gehen“, erklärte der Junge und sah auffordernd in die Runde.

„Super, das wollte ich schon immer mal machen“, rief Kari voller Begeisterung und sprang auf. Auch Yolei hatte sich bereits aufgerichtet.

„Das klingt lustig, macht bestimmt Spaß“, sagte Sora und sprang auf die Beine. „Kommst du auch mit, Mimi?“

„Ich weiß nicht“, erwiderte die Angesprochene und sah sich um. Tai und Matt kamen auf die kleine Gruppe zu.

„Hey, geht ihr Mädels mit?“, fragte Tai in die Runde.

„Klar, nur Mimi will anscheinend nicht“, antwortete Yolei für alle.

„Nein, ich glaube, ich bleibe lieber hier und passe auf die Sachen auf“, stimmte Mimi ihr zu. „Schnorcheln ist bestimmt eh nichts für mich.“

„Okay, wenn das so ist, bleibe ich auch hier“, verkündete Tai und ließ sich neben Mimi auf die Decke fallen. „Du bist also nicht nur faul und langweilig, sondern auch noch ängstlich. Wenn du so weitermachst, wirst du nie einen Freund haben.“

„Wenn mir das hilft, mir so Typen wie dich vom Hals zu halten, dann werde ich so weitermachen, du Idiot!“, fauchte Mimi und schubste Tai unsanft, sodass er in den Sand viel und sein nasser Arm nun voller Sand war. „Ich gehe jetzt zu Izzy rüber, der ist wenigstens nett.“ Mit diesen Worten sprang sie auf und stolzierte hinüber zu Izzy. Tai sah ihr verwirrt nach. „Aber Mimi, das war doch nur ein Scherz!“, rief er ihr nach.

„Also echt, Tai, sowas sagt man nicht zu einem Mädchen“, tadelte Matt seinen Kumpel.

„Oh man, kommt, wir gehen schon mal“, sagte Kari und fasste mit der linken Hand Soras Arm und mit der rechten Yoleis, um die beiden mit sich zu ziehen. T.K. lachte und ging mit Davis und Ken vor den Mädchen her.

„Mein Bruder ist so ein Spinner. So kriegt er Mimi nie rum“, meinte Kari und schüttelte genervt den Kopf. „Wie hält die Arme das nur aus?“

„Ach, die ist hart im Nehmen“, antwortete Sora lachend und winkte ab.

Plötzlich tauchte Matt zu ihrer Linken auf, legte einen Arm um ihre Taille, zog sie an sich und drückte ihr einen langgezogenen Kuss auf die Lippen.

„He, was...“, hauchte Sora, als er sie ansah. Aus den Augenwinkeln hatte sie bemerkt, dass auch Yolei und Kari verwirrt stehen geblieben waren. Matt küsste sie noch einmal auf den Mund und sagte dann leise: „Ich hoffe, das reicht dir als Antwort auf gestern.“ Nach noch einem weiteren Kuss ließ er sie los und lief nach vorn zu T.K. und den anderen Jungs, die mit zum Schnorcheln kamen.

Sora war so verblüfft, dass sie mit offenem Mund stehen blieb und Matt hinterher sah. Yolei und Kari quietschten beide auf und jubelten.

„Seid ihr jetzt zusammen?“, fragte Yolei aufgeregt. „Wie romantisch. Euer erster gemeinsamer Urlaub.“

„Ja, ich glaube schon“, stammelte Sora, die noch immer nicht fassen konnte, was gerade passiert war. Anscheinend waren sie und Matt jetzt wirklich ein Paar. Sie wurde rot und strahlte über das ganze Gesicht.

„Ich freue mich für dich“, sagte Kari lächelnd und drückte ihre Hand. „Auch, wenn es echt lang gedauert hat.“

„Und du diese komische Minami ertragen musstest“, fügte Yolei hinzu.

Die drei Mädchen setzten sich wieder in Bewegung und erreichten kurze Zeit später den Strandabschnitt, an dem der Schnorchelkurs stattfinden sollte. Sie gingen zum Kursleiter, bezahlten das Geld und ließen sich Schnorchel, Taucherbrille und Schwimmflossen geben. Anschließend bekamen alle eine Einleitung dazu, wie sie die Sachen anlegten und worauf sie beim Schnorcheln achten mussten. Außer Sora, Matt, Yolei, Kari, T.K., Davis und Joe waren nur noch drei andere Leute an diesem Kurs interessiert. Dafür standen einige Schaulustige um die Gruppe herum und fragten den Kursleiter, ob er später noch einen Kurs geben würde.

Nach der Einführung setzten sich alle Kursteilnehmer inklusive Leiter in ein kleines Boot. Er erklärte auf Englisch, dass er nun ein Stück aufs Meer hinaus zu einem Korallenriff fahren würde, da man dort super schnorcheln konnte.

„Ich sehe bestimmt bescheuert aus mit dieser riesigen Taucherbrille“, beschwerte sich Yolei.

„Du kannst es ja mal ohne Brille probieren“, meinte Joe zynisch.

„Dann sehe ich ja bestimmt nichts“, erwiderte Yolei und zog einen Schmollmund.

„Ist doch egal, wie wir aussehen. Hauptsache, es macht Spaß“, warf Sora ein und lächelte.

Der Kursleiter erklärte, dass sie gleich da wären und so begannen alle, ihre Schnorchelausrüstung anzulegen. Bereits vom Boot aus konnte man die Korallen und die vielen bunten Fische sehen.

„Wow, das ist ja Wahnsinn“, staunte Kari.

Das Boot hielt schließlich an und schaukelte nur noch leicht im Wasser. Die Gruppe ließ sich vorsichtig ins Wasser gleiten.

„Wie schade, dass ich keine Unterwasserkamera habe“, sagte Sora noch, bevor sie sich das Mundstück des Schnorchels in den Mund steckte. Dann glitten sie so weit unter die Wasseroberfläche, wie es möglich war, und begannen zu schwimmen. Der Anblick war einfach unglaublich. Die unzähligen Fische, die in allen Farben leuchteten, waren dank der Taucherbrille so klar zu sehen, als würde Sora sich Fotos anschauen. Die Sonne warf helle Strahlen durch die Wasseroberfläche, sodass alles zu leuchten und zu schimmern schien. Das Wasser war klar und tiefblau.

Matt erschien neben ihr und nahm ihre Hand. Sora versuchte mit dem Schnorchel im Mund zu lächeln und deutete auf einen besonders bunten Fischschwarm. Matt nickte und zog sie ein Stück weiter. Gemeinsam schwammen sie über die Korallen hinweg, sahen seltsame Pflanzen und noch seltsamere Fische in allen möglichen Formen und Farben. Sogar ein kleiner Hai schwamm wenige Meter unter ihnen. Sora bekam ein wenig Panik und deutete ängstlich auf den Hai. Matt jedoch drückte nur ermutigend ihre Hand und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf besonders rot leuchtende Korallen. Das alles kam Sora eher wie ein unglaublicher Traum vor. Sie schwamm hier neben Matt, mit dem sie seit etwa einer Stunde zusammen war, durch ein Korallenriff im Karibischen Meer. Alles schien perfekt. Sora hätte gerne gejubelt vor Glück, doch dann hätte sie vermutlich Unmengen Salzwasser geschluckt, also ließ sie es lieber sein.

Nach einer gefühlt unheimlich kurzen Zeit schwammen Sora und Matt zurück zum Boot. Joe und Davis waren ebenfalls bereit dort und halfen den beiden, sich aus dem Wasser zu ziehen. Auch die anderen drei Gruppenmitglieder waren da. Nur T.K. und Kari fehlten noch.

Sora zog sich die Taucherbrille samt Schnorchel vom Gesicht und strahlte vor Freude.

„Das war einfach super. Ich hätte am liebsten noch ein paar Stunden weitergemacht“, schwärmte sie.

„Ja, sowas habe ich noch nie erlebt“, stimmte Davis ihr zu. „So viele verschiedene Fische.“

„Schade, dass wir...“

„Oh mein Gott, T.K.!“, rief Matt plötzlich. Auch die restlichen Bootinsassen wurden aufgeschreckt und sahen in die Richtung, in die Matt sah. T.K.s Kopf lugte aus dem Wasser. Er winkte hektisch und schrie etwas, das keiner verstand. Mit der anderen Hand schien er Kari über Wasser zu halten.

„T.K.! Kari! Schnell, wir müssen zu ihnen“, rief Matt aufgebracht.

„Was ist passiert?“, fragte Joe.

Der Kursleiter fuhr sofort los und lenkte das Boot in Richtung der beiden. Was war da nur passiert?

Als das kleine Boot bei den beiden ankam, sprang Matt ins Wasser. Kari jammerte, vielleicht weinte sie sogar, es war schwer zu erkennen durch das ganze Wasser um sie herum. Sie konnte sich kaum noch selbst über Wasser halten. T.K. hatte einen Arm um sie geschlungen und versuchte sie nicht untergehen zu lassen. Matt packte Kari nun ebenfalls und zusammen hievten sie das Mädchen ins Boot, wo sie schon von Davis herein gezogen wurde. Als sie im Boot saß, konnte man auch den Grund für diesen Aufruhr erkennen. Karis Beine waren mit roten Striemen und Blasen übersät.

„Es tut so weh“, schluchzte sie. Sora streichelte ihr beruhigend über den Arm.

„Wie hast du das geschafft?“, fragte sie.

„Das müssen Feuerquallen gewesen sein“, antwortete T.K. an Karis Stelle. „Kari ist irgendwie in eine Gruppe Feuerquallen hinein geraten.“

„Mit euch beiden hat man wirklich nichts als Ärger“, schimpfte Matt.

„Was kann man dagegen machen?“, fragte Sora besorgt und besah sich Karis Beine.

„Sie in Zukunft zu Hause lassen“, antwortete Matt streng.

Der Kursleiter erklärte ihnen, dass das schlimmer aussah als es war und riet ihnen, die Wunden am Strand mit nassem Sand zu kühlen und aus der Apotheke ein Kühlgel zu holen. Auch einer von den anderen drei Kursteilnehmern bestätigte, dass das nicht so schlimm war.

Als sie am Strand ankamen, war Karis Gesicht noch immer schmerzverzerrt. Langsam kletterte sie aus dem Boot und ging wackelig und verkrampft an Land.

„Los komm, ich trag' dich“, sagte T.K. und bot dem Mädchen seinen Rücken an. Kari nickte schniefend, legte die Hände auf seine Schultern und sprang auf seinen Rücken. So gingen die sieben Freunde langsam zurück zu den anderen. Kari wurde von T.K. gleich in Wassernähe abgesetzt. Tai kam zu ihnen gerannt.

„Kari, was ist passiert?“ Er kniete sich neben sie und musterte ihre Beine.

„Feuerquallen“, stammelte die Angesprochene gequält.

„Der Typ hat gesagt, wir sollen ihr nassen Sand drauf tun“, informierte Sora ihn und begann, Karis Beine vorsichtig mit eben diesem zu bedecken. Yolei und Tai taten es ihr gleich.

„Oh man, was hast du nur wieder gemacht? Du bist manchmal eine echte Plage. Muss das ausgerechnet passieren, kurz bevor wir wieder nach Hause fliegen? Mama bringt mich um, weil ich nicht richtig auf dich aufgepasst habe.“

„Ich bin kein kleines Kind mehr, Tai“, knurrte Kari und sah ihren Bruder genervt an.

„Ich bin mir eigentlich nicht so sicher, ob nicht eher du die Plage von euch beiden bist“, meinte T.K. an Tai gewandt und lachte. Auch die anderen stimmten ein und die Stimmung war wieder ein wenig aufgelockert. Doch das hielt nicht lange an.

„Hallo, ihr!“, rief eine Mädchenstimme.

Das konnte doch wohl nicht wahr sein, dachte Sora und drehte sich nicht in Richtung der Stimme, denn natürlich war es Minami.

Als sie bei der kleinen Gruppe ankam, umarmte sie Tai so, als wären sie zwei frisch Verliebte. Ihre Arme waren ein paar Sekunden zu lang um seinen Hals geschlungen und außerdem umarmte sie keinen der anderen. Tai blickte nur verdattert drein.

„Oh Kari, was ist denn mit dir passiert?“, fragte Minami, als sie Kari am Boden sitzen sah. Kari erklärte ihr in wenigen Sätzen, was passiert war.

„Ach herrje, das tut sicher schrecklich weh“, sagte Minami und sah Kari mitfühlend an. „Wir haben bestimmt Kühlgel dabei, soll ich es dir bringen?“

„Nein, danke, es geht schon“, antwortete Kari stirnrunzelnd. Auch Sora bedachte Minami mit einem nicht allzu freundlichen Blick. Was hatte sie nun vor? Wollte sie sich bei Tai einschleimen, indem sie sich um seine Schwester kümmerte? Aber warum nur plötzlich Tai? War sie tatsächlich auf einmal an ihm interessiert und nicht mehr an Matt?

„Tja, also, was ich eigentlich wollte...“ Sie stellte sich ganz dicht neben Tai und sah dabei zu Matt herüber. „Meine Eltern und ich fliegen morgen Nacht schon nach Hause. Vielleicht hast du Lust, heute Abend noch einmal mit mir auszugehen?“ Sie schwenkte ihren Blick von Matt zu Tai und lächelte ihn verführerisch an. Dann sah sie wieder zu Matt und bedachte ihn mit einem triumphierenden Blick.

Diese Schlange, dachte Sora. Sie wollte Matt eifersüchtig machen. Doch nicht mit ihr. Sora stellte sich nun ganz nah an Matt, ergriff zärtlich seine Hand und legte sie um ihre Taille, sodass er Sora nun im Arm hatte. Sora sah lächelnd zu Minami, deren Augen so groß wie Untertassen geworden waren.

„Oh mein... seid ihr etwa...“ Minami schien der Rest des Satzes im Hals stecken geblieben zu sein. Sie starrte die beiden abwechselnd an.

„Ja, das sind wir“, seufzte Sora und lächelte Matt liebevoll an. Dieser lächelte nur unsicher zurück. Er schien sich unwohl zu fühlen in diesem Moment.

„Das... das glaube ich einfach nicht“, stotterte Minami und ging einen Schritt rückwärts. T.K., Kari und Yolei beobachteten diese Szene angespannt.

„Aber du hast doch gesagt...“, sagte Minami nun an Matt gewandt. „Ich mein... ich dachte...“ Sie war den Tränen nahe. Hastig drehte sie sich um und eilte davon.

„Minami, warte!“ Matt ließ Sora los und lief dem verstörten Mädchen hinterher, wobei er eine wahrscheinlich noch mehr verstörte Sora zurückließ.

„Matt!“, rief sie verzweifelt. Es fühlte sich an, als hätte er sie soeben wieder verlassen. Was sollte das? Warum ließ er sie hier stehen wie einen begossenen Pudel und lief dem Mädchen nach, das er vor zwei Tagen noch abserviert hatte.

Tai trat neben Sora und legte einen Arm um ihre Schultern.

„Ich glaube, das darfst du dir jetzt nicht zu Herzen nehmen“, sagte er aufmunternd.

„Ja, er weiß, dass er sie verletzt hat und versucht es zu klären“, fügte T.K. hinzu.

Die Worte der beiden nützten nichts. Sora fühlte sich trotzdem so, als hätte Matt soeben mit ihr Schluss gemacht. Stand sie nur an zweiter Stelle? Empfand er doch mehr für Minami, als er zugeben wollte?

„Man, war das gerade schräg“, bemerkte Yolei und blies die Wangen auf.

„Diese Minami ist einfach eine schräge Person“, murrte Kari von unten.

„Was ist denn hier los?“ Mimi stieß zu der Gruppe. „Warum rennt Matt Minami hinterher? Und warum sind Karis Beine voller Sand?“

Sora nahm ihre Freundin bei der Hand und zog sie weg von der Gruppe. Sie gingen zurück zu ihrer Decke und Sora berichtete, was vorgefallen war.

„Was?! Sie wollte tatsächlich ein Date mit Tai?“, rief Mimi aufgebracht. „Die spinnt wohl. Schmeißt sich einfach jedem an den Hals, der sie noch nicht ausdrücklich abgewiesen hat. Was läuft eigentlich schief mit der?“

„Keine Ahnung. Was soll ich sagen? Mein Freund ist ihr eben nachgelaufen.“ Mein Freund. Was für eine große Bedeutung diese Worte doch für Sora hatten und wie ungewohnt sie im Bezug auf Matt noch klangen.

„Dein Freund?“, kreischte Mimi und strahlte ihre Freundin an.

„Ja, er hat mich vorhin geküsst und gesagt, er hoffe, das reiche mir als Antwort auf gestern“, erzählte Sora.

Mimi quietschte genauso wie Yolei und Kari vorhin und umarmte Sora stürmisch.

„Hey, wir wollen den Tag nicht vor dem Abend loben. Gerade hat er mich stehen lassen und ist Minami nachgelaufen, schon vergessen?“, erinnerte diese sie.

„Dieser Idiot!“, rief Mimi plötzlich wieder wütend. „Aber er wird zurückkommen und sich entschuldigen, das sage ich dir.“

„Mimi?“ Tai tauchte vor den beiden auf. Er kniete sich vor Mimi in den Sand und ergriff ihre Hand. Verblüfft starrten die beiden Mädchen ihn an.

„Bitte geh heute mit mir aus, dann habe ich eine Ausrede, warum ich nicht mit Minami ausgehen kann, falls sie mich noch mal fragen sollte.“

„Das könnte dir so passen!“, fauchte Mimi und entzog ihm ihre Hand. „Vorgestern warst du noch ganz scharf auf sie und hast mit ihr gesoffen und mich links liegen lassen.“

„Ich dachte, das hätten wir aus der Welt geschafft“, erwiderte Tai hilflos. Er sah Sora an, als erhoffte er sich Unterstützung.

„Tja, falsch gedacht.“ Wütend wandte sie den Blick von ihm ab. „Ich lasse mich doch nicht verarschen und hinterher auch noch ausnutzen. Such dir eine andere Dumme.“

Tai seufzte laut. „Liebste Mimi, würdest du mir bitte verzeihen und mit mir ausgehen heute Abend? Ich verspreche, dass du die Einzige für mich sein wirst heute Abend und ich kein anderes Mädchen auch nur ansehen werde.“

Mimi sah ihn nun doch wieder an. Sie musterte ihn eine Weile, bevor sie letztendlich doch einwilligte. „Okay. Aber wehe, du machst das noch mal.“

Tai lächelte, beugte sich vor und küsste Mimi auf die Wange.

Klatsch. Da hatte sie ihm eine Ohrfeige verpasst.

„Küss mich nie wieder, hörst du? Nie wieder!“, rief sie wütend.

Tai verdrehte genervt die Augen, stand auf und zog mit einem gemurmelten „Frauen“ von dannen.

„Wow, er hat dich geküsst“, staunte Sora, als Tai außer Hörweite war.

„Ach, das bedeutet doch nichts“, knurrte Mimi. Sora war da anderer Meinung.

Sora lag so lang in der Sonne, bis ihr Bikini endlich wieder getrocknet war. Sie hasste es, nasse Badesachen zu tragen und dummerweise lag ihr zweiter Bikini im Hotel. Als sie sich endlich in den Schatten des Strohschirmes begab, glühte ihre Haut schon von dem langen Sonnenbad. Auch Mimis Haut war gerötet, doch das Mädchen machte keine Anstalten, sich in den Schatten zu begeben.

„Mimi, du solltest raus aus der Sonne, sonst holst du dir einen fetten Sonnenbrand“, sagte Sora streng.

„Aber ich muss doch braun werden“, erwiderte diese.

„Nein, das ist ungesund. Komm jetzt sofort in den Schatten!“ Unerbittlich zog Sora ihre Freundin am Arm, sodass diese schließlich nachgab und die Decke weiter in den Schatten rückte.

„Du bist wirklich ein guter Mutterersatz“, lachte sie.

Sora sah sich nach ihren Freunden und vor allem nach Matt um. Kari saß noch immer am Strand und legte sich gerade frischen Sand auf die Beine. T.K. hockte neben ihr und wich ihr kein Stück von der Seite. Yolei war in ein Gespräch mit Ken vertieft. Izzy und Joe lasen, während Tai und Davis sich gegenseitig einen Fußball zuspielten. Cody saß neben Yolei und aß ein Brötchen. Und von Matt war noch immer keine Spur.

Sora seufzte und packte eine Sportzeitschrift aus ihrer Tasche, mit der sie sich eine Dreiviertelstunde beschäftigte, bis Matt schließlich neben ihr auftauchte. Sora tat, als hätte sie ihn nicht bemerkt und las weiter. Mimi neben ihr befand sich in einem leichten Schlaf.

„Sora?“ Matt legte seine warme Hand auf Soras Schulter. Nun konnte sie nicht länger so tun, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Sie drehte sich zu ihm, nahm sich die Sonnenbrille von der Nase und sah ihn wütend und traurig zugleich an.

Er erwiderte ihren Blick entschuldigend und sagte: „Komm mit.“ Er nahm ihre Hand und zog sie hoch.

„Wohin?“, wollte Sora wissen und wollte ihre Hand wegziehen, doch Matt hielt sie fest.

„Einfach nur runter zum Wasser, ein bisschen plaudern“, antwortete er ausweichend. Ein bisschen plaudern, von wegen. Nun machte er wahrscheinlich doch Schluss, weil er Minami doch liebte. Am liebsten wäre Sora wieder zurück zu Mimi gegangen.

Sie spazierten durchs flache Wasser, Matt hielt noch immer ihre Hand. Für einen Außenstehenden sahen sie sicher wie ein glückliches Pärchen aus.

„Das mit Minami vorhin tut mir Leid“, fing Matt an. „Ich hätte dich nicht einfach so stehen lassen dürfen. Das ist wieder genau das, was ich gemeint habe. Ich werde dich kaum so behandeln, wie du es verdient hast.“

„Warum bist du ihr denn nachgelaufen?“, fragte Sora, ohne auf seine letzten zwei Sätze einzugehen.

„Auch, wenn es manchmal nicht so aussieht, aber mir ist es nicht egal, wenn ich einem Mädchen das Herz breche“, antwortete Matt.

„Das scheint ja dann öfter zu passieren“, sagte Sora leise. In ihrer Stimme schwang ein zynischer Unterton mit.

„Ja“, gab Matt zögernd zu. „Ich habe versucht, mit ihr zu reden und ihr erklärt, warum ich jetzt mit dir zusammen bin, aber sie war total aufgelöst und hat nur noch mehr geweint und konnte das nicht verstehen. Und dann habe ich halt noch eine Weile versucht, sie zu trösten.“

Wäre Sora nicht selbst ein Teil dieser ganzen Liebesgeschichte mit Herzschmerz, hätte Minami ihr Leid getan. Doch da sie nun mal Minamis Gegenspielerin war, empfand sie eher Genugtuung als Mitleid. Und Eifersucht, weil Matt sie getröstet hatte und sich um ihre Gefühle kümmert. Ohje, was hatte die Verliebtheit nur aus ihr gemacht?

Als sie nichts erwiderte, blieb Matt stehen und zog sie an sich. Er legte seine Hände an ihre Wangen und flüsterte: „Es tut mir Leid, ehrlich.“ Er küsste sie auf die Stirn, was in Soras Innerem Hitze entstehen ließ. „Wegen mir haben wir jetzt schon unsere erste Krise.“

„Oh, ich denke nicht, dass es unsere Erste ist“, antwortete Sora lächelnd. Sie dachte dabei an die Ereignisse der vergangenen Tage zurück.

Auch Matt lächelte. Seine blauen Augen hatten sie fixiert und Sora könnte sich schon wieder in ihnen verlieren. Sie schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn. Wenn er wollte, konnte er alles mit ihr machen, das wusste sie. Sie war nicht stolz genug und hatte zu wenig Selbstachtung, um ihm ernsthaft etwas entgegen zu setzen. Nun konnte sie nur darauf hoffen, dass Matt zu schätzen wusste, was er an ihr hatte, und sie niemals ausnutzte.
 

Sora stand an dem reichen Buffet und wusste nicht, wo sie anfangen sollte. Es gab so viele Dinge, die sie unbedingt probieren wollte. Es war italienischer Abend. Es gab gegrilltes Gemüse, Fisch, Nudeln in allen möglichen Variationen, Meeresfrüchte, Fleisch und natürlich reichhaltige Desserts wie Pannacotta, Mascarponecremes, Eis und vieles mehr. Sie wusste jetzt schon, dass ihr nach dem Essen vermutlich schlecht sein würde.

Tai stand gerade neben ihr und lud sich einen großen Berg Schweinefilets auf seinen Teller, der bereits überfüllt war mit Spaghetti, gegrillten Kartoffeln und Fisch.

„Oh mein Gott, Tai! Willst du auf einmal zwanzig Kilo zunehmen?“, fragte sie geschockt, musste dann aber lachen über seinen verständnislosen Blick.

„Was? Es muss ja bis zum Frühstück reichen“, antwortete er schulterzuckend.

„Du bist so eklig“, meinte Mimi angewidert, die auf der anderen Seite neben ihm stand. „Wenn du das alles aufisst, gehe ich nicht mit dir aus.“

„Wieso das alles? Das ist erst der Anfang.“ Mit diesen Worten ging Tai zu dem großen Gruppentisch und ließ Sora und Mimi zurück, die einen fassungslosen Blick tauschten.

Kari schaute noch immer ziemlich unglücklich drein, doch T.K. brachte ihr das Essen ganz wie ein Gentleman an den Tisch, was sie dankbar lächeln ließ. Vom Strand aus war Tai direkt in die nächste Apotheke gelaufen und hatte Kühlgels für seine kleine Schwester besorgt, während T.K. das Mädchen auf seinem Rücken huckepack den kurzen Weg zum Hotel getragen hatte.

Die zwölf Freunde ließen sich das italienische Essen schmecken. Sora holte sich noch zwei mal herzhafte und zwei mal süße Speisen, bis sie sich schließlich den letzten Löffel Tiramisù in den Mund schob und sich erschöpft zurücklehnte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so viel gegessen hatte.

Auch Tai wirkte völlig fertig. Er öffnete den Knopf seiner Hose, um seinem aufgeblähten Bauch Platz zu machen und stöhnte.

„Oh Tai, du bist so sexy, wärst du weiblich, würde ich dich auf der Stelle flachlegen“, meinte Matt ironisch und stimmte in das Gelächter der anderen ein. Tai runzelte nur genervt die Stirn.

„Leute, was machen wir heute Abend?“, fragte Izzy in die Runde, nachdem sich alle wieder beruhigt hatten. Mit einem hoffnungsvollen Blick sah er zu Mimi, die ihm gegenüber saß. Ob er hoffte, sie würde mit ihm ausgehen? Sora fiel ein, dass sie ja am Nachmittag einige Zeit mit ihm verbracht hatte. Sie hatte ganz vergessen, ihre Freundin zu fragen, was sie gemacht hatten, und beschloss, das nach dem Abendessen nachzuholen.

„Ich bin dafür, wir gehen noch mal in die Disko von letztens“, schlug Joe vor. „Das war doch eine lustige Nacht.“

„Sorry, aber Mimi und ich sind nicht dabei. Wir haben ein Date“, warf Tai ein.

„Das kannst du ja wohl vergessen. Mit so einem ekligen Menschen, der sich fett isst, werde ich nicht noch einmal ausgehen“, fauchte das Mädchen neben Sora.

„Was?! Aber du hast es mir doch schon versprochen!“ Erschrocken und hilflos sah Tai zu ihr herüber. „Du musst mit mir ausgehen, sonst nervt Minami mich den ganzen Abend.“

„Das ist mir doch egal. Außerdem glaube ich, dass selbst Minami dich irgendwann abservieren würde, wenn sie merkt, was für ein widerlicher Kerl du eigentlich bist.“ Unerbittlich wandte Mimi den Kopf zur Seite und beachtete Tai nicht mehr weiter. „Ich bin auch dafür, dass wir noch einmal in diese Disko gehen.“
 

Mimi hatte ihre Meinung trotz Tais verzweifeltem Flehen auch nachträglich nicht geändert und so kam es, dass sie und Sora gerade vor dem Spiegel im Badezimmer standen und sich schminkten. Sora wollte sich gerade Rouge auftragen, als Mimi ihr dazwischenfunkte.

„Nein, warte, nimm lieber die Farbe hier“, sagte sie und schob Sora einen Rougetiegel zu, dessen Farbe eher ins Rotbraun ging als ins Rosarot, wie Sora es zuerst verwenden wollte.

„Das passt besser zu deinem Teint“, fügte Mimi lächelnd hinzu.

„Danke“, sagte Sora und trug sich das Rouge auf. Anschließend wollte sie sich die Lider wie am ersten Abend in Brauntönen schminken, doch wieder war es Mimi, die sie davon abhielt.

„Warte, ich mache dir Smokey Eyes“, sagte sie und nahm Sora den Lidschatten aus der Hand. Wenige Minuten später waren Soras Augen mit einem silbrigen Schwarz umrandet, welches nur leicht aufgetragen war, sodass es nicht aufdringlich wirkte. Das passte super zu dem Kleid, das Sora sich ausgesucht hatte. Es war kurz, ohne Ärmel und weiß mit schwarzem Saum und ebenfalls schwarzen verschnörkelten Mustern. Es schmeichelte ihrer Figur und ihrer gebräunten Haut.

„Ach ich wünschte, ich hätte deine Figur“, seufzte Mimi, während sie ihre Freundin betrachtete.

„Was meine?“, fragte Sora ungläubig und sah Mimi verdutzt an. „Du bist doch von uns beiden diejenige, der die Männer hinterherrennen.“

„Ja, aber ich würde gerne ein wenig sportlicher aussehen“, erklärte Mimi ihre seltsame Aussage. „Du hast so einen flachen Bauch und tolle Beine. Und einen knackigen Hintern.“ Sie grinste und bestaunte unverhohlen Soras Allerwertesten, sodass diese schließlich lachen musste. Aber sie musste zugeben, dass ihre beste Freundin nicht ganz Unrecht hatte. Dank Soras Liebe zum Sport hatte sie wirklich einen einigermaßen ansehnlichen Hintern. Ob Matt ihn wohl auch mochte?

Als die Mädchen endlich fertig für den Abend das Bad verließen – Mimi in einem wirklich sehr kurzen Jeansrock mit Fransen und einem pinkfarbenen Oberteil – warteten Tai und Matt bereits auf die beiden im Flur.

„Na endlich, wurde ja auch Zeit“, murrte Matt und begutachtete die beiden, insbesondere Sora. Sie spürte seine Blicke fast und spielte verlegen mit den Fingern hinter dem Rücken. Sie wusste nicht, wo sie hinsehen sollte und sah zu Mimi, die selbstbewusst wie immer wirkte.

„Nun lasst uns schon gehen“, sagte Tai schlecht gelaunt und riss die Wohnungstür auf. Die anderen Drei folgten ihm nach draußen.

Am Eingang des Hotelgeländes warteten bereits Joe, Izzy, Davis und Ken.

„Da seid ihr ja. Habt ihr denn die anderen nicht gleich mitgebracht?“ Joe warf demonstrativ einen Blick auf seine Armbanduhr. „Wir stehen hier schon seit einer Viertelstunde.“

„Mädchen kommen doch nie aus dem Knick“, antwortete Tai genervt. „Bestimmt brauchen Yolei und Kari ewig und T.K. und Cody sind schon genervt, was ich gut verstehen kann.“

Mit seiner Vermutung sollte er Recht behalten, denn zehn Minuten später stießen die vier noch fehlenden Freunde zu ihnen. T.K. und Cody machten tatsächlich entnervte Gesichter, während Yolei und Kari gut gelaunt wirkten. Kari hatte sich eine lange Hose angezogen, vermutlich um ihre geschundenen Beine zu verstecken. Sie ging noch ein wenig krampfartig, sah aber schon besser aus.

Es war schon eine Weile dunkel, als die zwölf Freunde schließlich an der Disko ankamen. Wieder wurden sie nicht auf Ausweise kontrolliert und wieder empörte sich Joe genau darüber. Die anderen waren froh, denn sonst wäre wahrscheinlich keiner von ihnen hereingekommen. Drinnen ergatterten sie sich erst einmal eine der noch freien Sitzecken. Auf der Tanzfläche war noch nicht allzu viel los.

Sora sah sich um und beobachtete eine Weile die jungen Menschen, die außer ihnen noch in der Diskothek herumschwirrten. Auch viele andere sahen zu jung aus, um sich legal in einer Disko aufzuhalten.

„Lass uns was trinken gehen“, sagte sie zu Mimi und zog ihre Freundin mit in Richtung Bar. Sie setzten sich auf zwei der Hocker und bestellten sich jede einen Caipirinha. Die Drinks wurden ihnen auch recht schnell gebracht.

„Hoffentlich ist auf der Tanzfläche bald mehr los, damit wir auch endlich tanzen gehen können“, sagte Mimi und sog an ihrem Strohhalm. Sora konnte da nur nickend zustimmen. Je mehr sie trank, desto mehr kribbelte es sie in den Beinen.

Ein Junge kam auf sie zu, stellte sich neben Mimi und fragte, ob er ihnen einen Drink ausgeben dürfte. Er lächelte, eine seiner Augenbrauen war in die Höhe gezogen.

„Wir haben doch schon was, siehst du das nicht?“, antwortete Mimi abweisend, woraufhin der Typ wieder das Weite suchte.

„Ich habe heute gar keine Lust darauf, mit irgendwem zu flirten“, sagte Mimi.

„Du wirst es aber nicht vermeiden können, dass dich ein paar Kerle anquatschen“, erwiderte Sora grinsend. „Du bist halt ein Männermagnet.“

Mimi seufzte laut. „Ich will doch einfach nur mal meine Ruhe.“ Sie lehnte den Kopf an Soras Schulter.

„Tai scheint wirklich gar nicht gut drauf zu sein heute“, meinte Sora mit Blick auf den Jungen, der gelangweilt auf der Couch zwischen Matt und Davis lümmelte und vor sich hin starrte.

„Ist doch nicht mein Problem“, fauchte Mimi. „Er ist ein ekliger Kerl und außerdem hat er mich links liegen lassen, als ich mit ihm aus war.“ Sie hatte es ihm also wirklich noch nicht verziehen.

„Meinst du nicht, dass du ein bisschen streng mit ihm bist?“, merkte Sora vorsichtig an.

„Streng? Anders kapiert er es doch nicht“, erwiderte Mimi hitzig.

In diesem Moment erschien Minami auf der Bildfläche. Wo kam die denn schon wieder her? Sie trug unverschämt knappe Shorts und ein Shirt mit tiefem Ausschnitt. Ihre Haare waren zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie blickte sich um und schlenderte dann betont cool zu den Jungs hinüber.

„Was macht diese Kuh denn schon wieder hier?“, zischte Mimi und starrte zu dem Mädchen, das gerade fröhlich die Jungs begrüßte.

„Das wüsste ich auch gern. Ob sie wusste, dass wir hier sind?“

„Garantiert.“ Mimi leerte ihren restlichen Drink in einem Zug und packte Sora dann am Arm. „Los, wir gehen tanzen“, bestimmte sie und steuerte auf die Tanzfläche zu. Sie suchten sich ein freies Fleckchen und begannen, sich rhythmisch zu der wilden Musik zu bewegen. Es dauerte nicht lange, da stieß Yolei zu ihnen und tanzte mit.

Eine Weile tanzten sie recht ausgelassen, doch irgendwann konnte Sora nicht anders als zu Matt hinüber zu blicken um zu sehen, was Minami anstellte. Diese schwang gerade ihren langen Zopf verführerisch von hinten über ihre Schulter, sodass sie Haare nun vorn hingen und entblößte beim Lachen ihre schneeweißen Zähne. Ihre Beine waren übereinander geschlagen, ihr Rücken im Hohlkreuz, sodass sie ihre Brüste nach vorn streckte, und sie sah Tai kokett an. Er schien sich mit ihr zu unterhalten.

Soras Blick wanderte weiter und fand Matt, der anscheinend gespürt haben musste, dass sie ihn ansah, und erwiderte ihren Blick. Er lächelte sie an und obwohl er nun ihr Freund war, sah sie verlegen weg. So ganz konnte sie sich noch nicht an diesen Gedanken gewöhnen. Dank seinem Lächeln schlug ihr Herz schneller und sie widmete sich vergnügt ihren Tanzbewegungen. Mimi dagegen war kaum bei der Sache, sondern starrte finster zu Tai und Minami.

„Diese dämliche...“, zischte sie, hob die Hände und krümmte krampfartig die Finger, als stellte sie sich gerade vor, wie sie Minami erwürgte. Yolei runzelte die Stirn, als auch sie den Grund für Mimis Zorn erspähte. Ob Minami in ihrer Gruppe überhaupt noch Leute hatte, denen sie nicht zuwider war? Mimi starrte noch eine Weile zu Minami und den Jungs und Sora hätte es nicht gewundert, wenn plötzlich Blitze aus ihren Augen gekommen wären. Dann wandte das Mädchen sich ab, reckte die Nase in die Höhe und tanzte, als gäbe es kein Morgen mehr.

Nach über einer Stunde ununterbrochenen Tanzens ließ Sora sich ein wenig erschöpft neben Joe auf einen freien Platz in der Sitzecke fallen. Dieser bot ihr seine Wodkacola an, von welcher sie dankbar einen Schluck trank. Mimi und Yolei zappelten noch auf der Tanzfläche herum.

„Mimi sieht wieder mal super aus“, stellte Joe fest und beobachtete die beiden Mädchen.

„Yolei aber auch“, erwiderte Sora. Sie mussten laut reden, fast schreien, um sich gegenseitig zu verstehen. Yolei trug ihr fliederfarbenes Haar offen und war in gelb und braun gekleidet.

„Ja, stimmt.“ Joe nickte anerkennend.

„Sag mal, weißt du zufällig, was Tai und Minami da die ganze Zeit reden?“, fragte sie neugierig, denn die beiden unterhielten sich immer noch. Matt hockte neben seinem Bruder und unterhielt sich mit ihm und Kari. Izzy nippte an einem Drink und starrte gedankenverloren zu Mimi.

„Nein, keine Ahnung, ist zu laut, um was zu verstehen“, antwortete Joe schulterzuckend. „Ist sie eigentlich neuerdings in Tai verknallt?“

„Das weiß ich auch nicht, aber ich denke mal, dass sie nur Matt eifersüchtig machen will“, äußerte Sora ihre Vermutung.

„Die gibt wohl nie auf.“ Joe lachte leicht.

Sie unterhielten sich noch ein wenig miteinander, bis Sora schließlich wieder Mimi und Yolei auf der Tanzfläche Gesellschaft leistete. Mimi hatte eine Flasche gemixtes Bier in der Hand. Sora hoffte, dass sich ihre Freundin nicht betrinken wollte. Sie grinste Izzy zu und winkte ihm, der sofort aufsprang und zu ihnen auf die Tanzfläche schlenderte. Sora und Yolei tauschten einen irritierten Blick.

Izzy stellte sich dicht neben Mimi und begann sich steif zur Musik zu bewegen, indem er ein wenig von rechts nach links und wieder zurück wackelte. Mimi warf ihm einen verführerischen Blick zu und schwang ihre Hüften noch mehr. Und wieder fing Sora Yoleis verwirrten Blick auf.

„Was tut sie denn?“, fragte Yolei verständnislos an Sora gewandt.

„Ich habe keine Ahnung, was das werden soll.“

Nach einer Weile sagte Izzy etwas in Mimis Ohr, woraufhin das Mädchen lächelnd nickte und sich von der Tanzfläche führen ließ. Sora glaubte, ihren Augen nicht mehr trauen zu können. Yolei schüttelte nur den Kopf und so tanzten die beiden Mädchen zu zweit weiter. Die blinkenden bunten Lichter und die lauter werdende Musik spornten Sora dazu an, sich noch mehr auf ihre Bewegungen zu konzentrieren und ausgelassener zu werden. Die vielen Menschen um sich herum nahm sie kaum noch wahr. Irgendwann, vielleicht nach einer Stunde, kam jedoch die Phase, in der plötzlich nur noch Technomusik gespielt wurde, und so verließen auch Sora und Yolei die Tanzfläche erst einmal wieder. Diesmal setzte sich Sora zu Matt, der dies mit einem Lächeln quittierte.

„Na, brauchst du eine Pause, Tanzmaus?“

Und schon wieder wurde Sora verlegen.

„Ich geh uns Drinks holen. Was willst du?“, fragte Matt und stand auf.

„Eine Cola bitte“, seufzte Sora.

Matt nickte und verschwand, während Sora sich mit einer Hand Luft zu wedelte. Es war wirklich ziemlich stickig in dieser Disko geworden.

Wenige Minuten später kam Matt zurück und überreichte seiner Freundin ein Glas mit eiskalter Cola. Er selbst hielt eine Flasche Bier in der Hand.

Sora trank ihre Cola in einem Zug leer. Matt lehnte sich entspannt zurück und legte einen Arm um sie. Eine Weile saßen sie schweigend da und beobachteten die Leute um sie herum.

„Was macht Mimi eigentlich mit Izzy?“, fragte Matt plötzlich. Als Antwort darauf hob Sora die Augenbrauen und zuckte mit den Schultern.

„Tja, wie auch immer“, meinte Matt und beugte sich ganz dicht zu ihr. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr und bekam eine Gänsehaut. „Wollen wir ein bisschen raus gehen, die Sterne anschauen?“

Sora sah ihn an und nickte. Sie standen auf und verließen Hand in Hand die Disko. Sora hatte Tai noch kurz zugewunken, der ihr vielsagend zugezwinkert und sich dann wieder seinem Gespräch mit Minami gewidmet hatte, die Sora und Matt verstört angestarrt hatte. Ein wenig Schadenfreude konnte Sora sich da nicht verkneifen.

Die beiden Jugendlichen spazierten langsam am Strand entlang und suchten ein Fleckchen, an dem sie ungestört waren. Schließlich legten sie sich nebeneinander unter eine Palme neben ein paar Büsche, die ihnen Sichtschutz boten. Verträumt sah Sora hinauf in die Sterne. Die Nacht war warm und die Sterne leuchteten hell. Sora hatte keine Ahnung, wie spät es war. Vermutlich schon nach Mitternacht. Sie suchte den Himmel nach sich bewegenden Objekten ab, um vielleicht einen Satelliten zu sehen, erblickte stattdessen aber eine Sternschnuppe.

„Oh, hast du die Sternschnuppe gerade gesehen?“, fragte sie und deutete auf die Stelle, an der sie eben den Lichtschweif beobachtet hatte.

Matt drehte sich auf die Seite, stützte seinen Kopf auf eine Hand und sah Sora an. „Nein, aber hast du dir was gewünscht?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber selbst wenn, hätte ich es dir sowieso nicht verraten dürfen.“

Er lächelte und sah ihr in die Augen. Dann beugte er sich ein wenig herab und begann sie zu küssen. Sora bekam augenblicklich wildes Herzrasen. Sie vergrub eine Hand in seinem blonden Haar und erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Es blieb nicht nur bei diesem einen Kuss. Matt wanderte mit seinen Lippen über ihren Hals und legte eine Hand sanft auf Soras Bauch. Er küsste ihre Schlüsselbeine, ihre Schultern, die glatte Haut unter ihren Schlüsselbeinen. Er küsste den Ansatz ihrer Brüste und wanderte mit der Hand hinunter zu ihrem Oberschenkel. Diese Hand begann, den Saum ihres kurzen Kleides langsam nach oben zu schieben. Er sah sie an und gab ihr noch einen Kuss auf die Lippen. Dann schob er das Kleid so weit nach oben, dass es ihren Bauch freilegte, und verteilte Küsse um Soras Bauchnabel herum. Schließlich befreite er sie mit ihrer Hilfe ganz von dem Kleid und legte es achtlos beiseite. Mit einem Finger fuhr er über ihre Brüste entlang des BH. Er küsste ihre Brüste und schob seine Hand unter ihren Rücken, um ihren Oberkörper ein wenig nach oben zu drücken, und machte sich am Schluss des BH zu schaffen. Sora war fast erschrocken, wie schnell es Matt doch gelang, sie mit einer Hand ihres BH zu entledigen. Sicher hatte er das schon oft bei anderen Mädchen gemacht. Er wechselte nun die Position, sodass er auf ihr lag. Ihre Brüste waren frei gelegt und er begann sogleich, sie zu küssen und mit den Händen zu liebkosen. Zwischendurch zog er sich schnell sein eigenes T-Shirt über den Kopf und warf es zu Soras Kleid. Dann widmete er sich wieder seiner Freundin, die unter ihm lag. Als Matt nun wieder über ihren Bauch küsste, begann sie zu zittern. Einerseits vor Erregung, andererseits jedoch vor Angst vor dem, was kam. Plötzlich hatte sie wieder die vielen anderen Mädchen im Kopf, unter ihnen auch Minami. Wahrscheinlich war er mit ihnen genauso vorgegangen, hatte sie genauso mit seinen Küssen verwöhnt, mit ihnen geschlafen und sie danach fallen lassen. Was, wenn er es mit ihr genauso machte?

Matt streifte ihr ihren Slip ab und fuhr mit seiner Hand schließlich zu ihrer empfindlichsten Stelle. Sora keuchte auf, ihr Zittern wurde unerträglich. Sie spürte seine harte Erregung an ihrem Bein und richtete sich abrupt auf. Nein, es ging nicht. Sie hatte zu viel Angst, war zu unsicher, vertraute ihm noch nicht genug. Sie waren doch noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden zusammen und schon wollte er mit ihr schlafen. Obwohl sie total in ihn verliebt war, konnte sie das nicht.

Überrascht sah er sie an und zog seine Hand zurück. „Was ist?“

„Matt, ich... ich kann das nicht“, stammelte sie. „Es tut mir Leid, ich bin noch nicht bereit für sowas.“ Sie schnappte ihr Kleid, um damit ihre Blöße zu bedecken. Sie zog die Beine dicht an ihren Oberkörper und sah weg.

Auch Matt setzte sich auf und legte beruhigend eine Hand auf ihr Knie. „Schon okay, dann lassen wir das.“ Die andere Hand legte er unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich, sodass sie ihn ansehen musste. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“

„Weißt du, ich will ja. Aber ich hab irgendwie das Gefühl, es ist noch zu früh“, murmelte Sora entschuldigend.

„Ja es ist ja schließlich erst ein Uhr nachts“, witzelte er, doch als Sora nicht antwortete, fügte er aufmunternd lächelnd „Dann warten wir eben noch, bis du so weit bist“ hinzu und reichte ihr ihre Unterwäsche. Oh, sie war ja immer noch splitternackt. Er hatte sie ganz nackt gesehen. Das war ihr ziemlich peinlich.

Hastig zog sie erst die Unterwäsche und dann ihr Kleid an.

„Es tut mir wirklich Leid“, sagte sie noch einmal.

„Hör auf dich zu entschuldigen“, erwiderte Matt streng.

„Okay, aber ich bin einfach so unsicher. Du hast ja selbst gesagt, dass du eher so der Typ für eine Nacht bist und ich habe Angst, dass ich nur eine deiner Affären sein könnte“, gestand Sora ihm.

„Was?“ Erst verwirrt, dann gekränkt sah Matt sie an. „Glaubst du, wenn es mir nur um den Sex ginge, hätte ich mir die Mühe gemacht, eine Beziehung mit dir anzufangen? Ich habe dir doch gestern gesagt, was ich für dich empfinde. Glaubst du mir das etwa nicht?“

„Doch, schon“, murmelte sie.

Er setzte sich wieder neben sie, legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. „Mach dir keine Sorgen, so ein gemeiner Herzensbrecher bin ich dann auch wieder nicht.“
 

Als sie wieder bei der Diskothek ankamen, war das Erste, das Sora auffiel, dass Mimi und Izzy draußen in einer Ecke standen und knutschten. Schockiert riss sie die Augen auf und auch Matt gab einen überraschten Laut von sich. „Wenn man einmal nicht aufpasst...“

Der dreizehnte Tag: Der letzte Tag (Let's talk about sex!)

:O :O :O Ich bin tatsächlich schon mit dem nächsten Kapitel fertig.

Wir nähern uns (endlich?) dem Ende, Leute. Viel Spaß beim Lesen.
 

Gegen fünf Uhr morgens wurde Sora durch lautstarke Würgegeräusche geweckt. Sie erschrak und saß mit einem Ruck kerzengerade im Bett. Hektisch sah sie sich um und erkannte, dass Mimi fehlte. Oh nein. Sora stand auf und ging ins Badezimmer, aus dem die Würgegeräusche kamen. Dort hing Mimi wenig würdevoll über der Kloschüssel und übergab sich. Ohne lange zu überlegen schnappte Sora sich ein Haargummi von der kleinen Kommode und band ihrer kotzenden Freundin die Haare zusammen. Diese reagierte überhaupt nicht.

„Was ist denn hier los?“ Matt lehnte im Türrahmen und betrachtete die Mädchen verschlafen. Er war nur mit einer Boxershorts bekleidet.

„Mimi geht’s nicht gut“, antwortete Sora, hockte sich neben Mimi auf den gefliesten Fußboden und streichelte ihrer Freundin die Schulter.

„Frauen und Alkohol.“ Grinsend schüttelte Matt den Kopf. Sora warf ihm einen missbilligenden Blick zu und versuchte dann, in Mimis Bewusstsein vorzudringen.

„Hey Mimi, hörst du mich? Du solltest zurück ins Bett gehen“, sagte sie dicht zu ihrer Freundin gebeugt. Als Antwort würgte diese und schüttelte den Kopf. Sora betätigte den Spülknopf, bevor sich der penetrante Geruch von Erbrochenem noch im ganzen Apartment ausbreitete.

„Aber wenn du hier sitzen bleibst, tut dir heute den ganzen Tag alles weh“, protestierte Sora. „Außerdem könntest du noch krank werden.“

Mimi zuckte mit den Schultern und machte keine Anstalten, sich zu bewegen.

„Ich bring sie ins Bett“, seufzte Matt, nahm die bewegungslose Mimi auf seine Arme und trug sie ins Mädchenschlafzimmer, wo er sie in ihr Bett legte. Sora deckte sie zu und stellte einen Eimer neben das Kopfende.

„Mit der ist heute bestimmt nicht viel anzufangen“, meinte Sora und strich ihr liebevoll eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Viel mehr wird sie die Sache mit Izzy stören“, erwiderte Matt.

„Oh Gott, stimmt. Was sollen wir ihm sagen?“ Sora versuchte sich das enttäuschte Gesicht des Jungen vorzustellen, mit dem Mimi in der vergangenen Nacht so hemmungslos geknutscht hatte. Sicher war das nur eine Verzweiflungstat gewesen.

„Also ich mische mich da nicht ein“, antwortete Matt und hob abwehrend die Hände.

„Tai... ist ein... Idiot“, nuschelte Mimi unverständlich.

„Hm? Was ist mit Tai?“, fragte Matt und beugte sich näher zu ihr.

„Ich hasse ihn“, murmelte Mimi. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Stimme klang tief und heiser. „Ich töte Minami. Hat er mich gesehen?“

Sora und Matt tauschten einen verständnislosen Blick.

„Schon gut, Mimi. Schlaf einfach“, sagte Sora leise und deckte Mimi noch ein wenig mehr zu.

„Kommst du hier allein klar? Ich würde gern noch eine Runde schlafen“, gähnte Matt und streckte sich.

„Klar.“ Sora nickte, während Mimi würgte, aber sich nicht mehr übergab. Mit einem letzten Grinsen in Richtung Mimi verschwand Matt aus dem Mädchenschlafzimmer.
 

Als Sora das zweite Mal an diesem Morgen aufwachte, war es bereits zehn Uhr. Mimi neben ihr schlief noch tief und fest. Wahrscheinlich wachte die heute gar nicht mehr auf.

Sora seufzte und schloss die Augen in der Absicht, noch ein wenig zu dösen, doch da wurde schon die Tür aufgerissen.

„Hey, Mädels! Seid ihr schon wach?“ Ein fröhlicher Tai stand mitten im Zimmer und sah die Mädchen abwechselnd an.

„Hast du schon mal was von Anklopfen gehört?“, knurrte Sora, die hochgeschreckt war.

„Wieso steht ein Eimer neben Mimis Bett?“, fragte er anstatt ihr eine Antwort zu geben.

„Ich weiß nicht. Vielleicht wollte sie ja in der Nacht putzen“, antwortete Sora sarkastisch.

„Sei doch nicht gleich so“, erwiderte Tai ungezwungen und ließ sich schwungvoll auf Mimis Bett fallen. Von Mimi kam ein gequältes Stöhnen und sie richtete sich leicht auf.

„Was, wer...?“, murmelte sie heiser und sah sich um. Die Haut um ihre Augen war schwarz verschmiert, ihre Haare standen in alle möglichen Richtungen ab. Sie trug noch ihre Sachen vom Abend.

„Oh Mimi, ich habe dich selten würdevoller gesehen als jetzt“, sagte Tai und lachte über seinen eigenen Witz.

Mimis Gesicht war verzerrt vor Wut. „Raus hier! Verschwinde sofort aus diesem...“ Weiter kam sie nicht, da sie sich über den Rand ihres Bettes beugen und würgen musste.

„Da hat wohl jemand gestern zu tief ins Glas geschaut.“ Tai grinste und tätschelte Mimis Bein durch die Decke.

„Du solltest besser gehen“, mischte Sora sich ein.

„Ich sollte besser meine Kamera holen“, sagte Tai und schien sich selbst sehr lustig zu finden. Ob er wusste, dass er da mit seiner körperlichen und seelischen Unversehrtheit spielte?

Mimi griff nach ihrem Buch, das auf ihrem Nachttisch lag, und schleuderte es Tai an den Kopf. „Hau ab!“, schrie sie.

„Aua! Sag mal, spinnst du?“ Er rieb sich die Stelle an der Schläfe, wo ihn das Buch getroffen hatte, und funkelte Mimi wütend an. Schließlich stand er aber auf und ging grollend aus dem Zimmer.

„Ich hasse diesen Kerl“, fauchte Mimi und ließ sich wieder zurück auf ihr Kissen fallen. Da war das alte Problem wieder. In diesem Urlaub würden die beiden sich wohl nicht mehr vertragen.

„Wie geht es dir?“, fragte Sora sanft.

„Mir ist schlecht und ich hab Kopfschmerzen“, jammerte die Angesprochene und zog sich die Decke über die Schultern.

„Ich gehe dir einen Tee kochen. Du musst unbedingt was trinken“, verkündete Sora und schwang sich auf dem Bett. Sie ging zu der kleinen Küchenzeile im Wohnbereich und setzte heißes Wasser auf.

„Was hat Mimi eigentlich?“, fragte Tai, der unschlüssig auf seinem Bett saß. Matt war gerade im Badezimmer.

„Ach Tai“, seufzte Sora.

„Was?“ In diesem Moment piepte Tais Handy, das neben ihm auf dem Bett lag. „Oh, eine SMS von Minami.“

„Beantwortet das deine Frage?“ Sora sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Was hat denn Mimis Laune mit Minamis SMS zu tun?“ Er erwiderte ihren Blick verständnislos.

„Weißt du das wirklich nicht?“, fragte Sora perplex. „Du hast sie wegen ihr sitzen und dich gestern total von Minami einlullen lassen. Das findet Mimi halt nicht so toll.“

Tai sah sie erst verwirrt an, lachte dann aber. „Sie braucht doch nicht eifersüchtig sein auf Minami. Als ob die jemals an Mimi herankommen würde.“

In diesem Moment kam Matt nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet aus dem Bad. Im Vorbeigehen hauchte er Sora einen Kuss auf die Wange, ging zu seinem Klamottenstapel, der auf seinem Bett lag, und ließ das Handtuch fallen. Sora schoss augenblicklich die Schamesröte ins Gesicht und sie drehte sich reflexartig weg, während Tai mit seiner SMS beschäftigt war.

„Was schreibt Minami denn?“, fragte Matt, klang aber nicht wirklich interessiert.

„Sie will sich nachher treffen, weil sie heute Nachmittag losfährt“, antwortete Tai. Sora verdrehte genervt die Augen und goss kochendes Wasser in eine Tasse.

„Und triffst du dich mit ihr?“, fragte Matt.

„Ähm... sie fragt, ob du auch mitkommst. Sie will dich unbedingt noch mal sehen“, fügte Tai zögernd hinzu.

„Klar, kein Problem“, meinte Matt locker, was Sora sich wieder zu ihm drehen ließ. Er hatte ihre Bewegung bemerkt und blickte sie an. Mittlerweile trug er eine knielange Hose. „Du brauchst mich gar nicht so anschauen, Sora. Komm einfach auch mit.“ Er lächelte verschmitzt.

„Ja, unbedingt. Ich muss mich gebührend von ihr verabschieden, da ich sie ganz schön vermissen werde“, erwiderte Sora bissig und ging mit der Teetasse in der Hand zurück ins Mädchenschlafzimmer. Nachdem Matt Minami am Vortag nachgelaufen war, war diese Sumpfkuh bei Sora wieder unten durch. Sie stellte die Teetasse auf Mimis Nachttisch ab und setzte sich auf die Bettkante.

„Danke“, murmelte Mimi mit geschlossenen Augen.

„Willst du nachher mitkommen zum Frühstück?“, fragte Sora wenig hoffnungsvoll.

„Nee“, murrte Mimi nur. „Ich will schlafen.“

„Okay, aber trink zwischendurch was.“ Sora strich ihrer Freundin noch einmal sanft übers Haar und ging dann wieder zurück ins Wohnzimmer.

„Du läufst ja immer noch so aufreizend herum“, stellte Matt gespielt vorwurfsvoll fest.

Aufreizend? Sora sah an sich herunter. Sie trug ein schlabbriges T-Shirt, aber dafür eine ziemlich kurze Schlafanzughose.

„Guck halt nicht hin“, antwortete sie und streckte ihm die Zunge raus. Anschließend knipste sie den Fernseher an und setzte sich neben Tai, der immer noch auf sein Handy starrte.

„Sora, denkst du, ich sollte mich mit ihr treffen?“, fragte er und sah das Mädchen neben sich an.

„Ich weiß nicht“, antwortete Sora schulterzuckend. „Wenn du dich von ihr verabschieden willst, dann ja. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie es auf dich abgesehen hat bei diesem Treffen, wenn ihr ehrlich bin.“

„Hm“, machte Tai nachdenklich und wandte sich an Matt. „Gehst du hin?“

„Ja, ich würde mit dir mitkommen, hab ich doch schon gesagt“, antwortete dieser und fing sich dafür einen finsteren Blick von Sora.

„Gut, dann treffen wir uns mit ihr. Zur Not können wir immer noch wegrennen“, beschloss Tai. Diese Vorstellung brachte Sora dann doch zum Kichern. Der Junge neben ihr stand schließlich auf und verschwand im Badezimmer, womit er Sora und Matt allein zurückließ. Verlegen schaute sie ihren Freund an und sah sich dann im Zimmer um. Sie erblickte Matts Gitarre, die seit Tagen ungenutzt auf dem kleinen Küchentisch lag, den die vier Freunde sowieso nie benutzten.

„Sag mal, Matt“, fing Sora schüchtern an.

„Ja?“ Fragend sah er sie an. Er stand gerade mitten im Zimmer und versuchte seine Klamotten zu sortieren, die verteilt auf seinem Bett und auf dem Fußboden lagen.

„Würdest du... mir vielleicht etwas auf deiner Gitarre vorspielen? Bitte?“ Sie lächelte ihn lieb an.

Matts Blick schweifte zu seiner Gitarre und auch ihm schien aufzufallen, dass er ihr schon zu lange keine Beachtung mehr geschenkt hatte.

„Klar, wieso nicht.“ Er warf die Sachen in seinen Koffer, ging zu seiner Gitarre und setzte sich neben Sora. Zuerst testete er die Saiten, ob sie verstimmt waren oder gut klangen. Dann spielte er schließlich die ersten Akkorde.

„I keep a close watch on this heart of mine, I keep my eyes wide open all the time, I keep the ends up for the tie that binds. Because you're mine I walk the line.“

Sora lächelte und schloss die Augen um sich besser auf seine angenehme Stimme konzentrieren zu können.

„I find it very, very easy to be true, I find myself alone when eachs day's through. Yes, I'll admit that I'm a fool for you. Because you're mine I walk the line.“

Sora öffnete die Augen wieder um ihn anzuschauen. Er sah ins Leere und konzentrierte sich ganz auf die Griffe und den Text.

„As sure as night is dark and day is light, I keep you on my mind both day and night and happiness I've known proves that it's right. Because you're mine I walk the line.“

Er machte eine Kopfbewegung um sich ein paar störende Haarsträhnen aus dem Gesicht zu vertreiben, doch es brachte nichts.

„You've got a way to keep me on your side, you give me cause for love that I can't hide, for you I know I'd even try to turn the tide. Because you're mine I walk the line.“

Er spielte die letzten Akkorde und sah Sora dann in die Augen.

„Hat es was zu bedeuten, dass du gerade das gespielt hast?“, fragte sie mit leuchtenden Augen.

„Das überlasse ich ganz deiner Fantasie“, antwortete Matt grinsend. Die beiden Jugendlichen waren kurz davor sich zu küssen, als die Badezimmertür aufflog und Tai in den Raum trat. Reflexartig drehte wandte Sora sich von Matt ab und stand auf. „Ich sollte mich dann wohl auch mal fertig machen, damit wir frühstücken können.“

„Ja, alles wartet nur auf dich“, erwiderte Tai vorwurfsvoll. „Dabei brauchen wir heute nicht mal auf Mimi zu warten.“

Sora bedachte ihn mit einem genervten Blick und ging ins Badezimmer.
 

Beim Frühstück fragten natürlich alle, wo Mimi blieb.

„Sie ist unpässlich“, antwortete Sora schlicht.

„Was soll das heißen? Ist sie etwa krank?“, fragte Davis neugierig.

„Sie ist unpässlich“, wiederholte Sora energisch und nun machte sich höchstwahrscheinlich jeder seine eigenen Gedanken, was mit dem Mädchen passiert war.

Sora lud sich Toast mit Marmelade auf ihren Teller und nahm noch eine Schüssel Müsli mit. Kurioserweise hatte sie ziemlich großen Hunger.

„Was sollen wir heute machen? Sollen wir noch mal den Strand nutzen? Immerhin müssen wir ja morgen Vormittag schon wieder weg von hier.“ Yolei sah interessiert in die Runde und schien auf konstruktive Vorschläge zu warten.

„Also wir treffen uns nachher mit Minami, die will sich verabschieden“, antwortete Tai.

„Hey, habt ihr Lust, nachher noch ein bisschen durch die Stadt zu laufen und Souvenirs zu kaufen?“, schlug Sora an Yolei und Kari gewandt vor.

„Au ja“, rief Kari vergnügt. „Ich habe noch gar nichts für meine Eltern besorgt.“

„Echt nicht? Na, du bist ja eine tolle Tochter“, mischte Tai sich ein uns sah Kari missbilligend an.

„Ach, aber du hast natürlich etwas für sie“, erwiderte Kari sarkastisch.

„Natürlich“, antwortete Tai als wäre dies eine Selbstverständlichkeit für ihn. Alle sahen ihn völlig perplex an. „War nur'n Scherz“, fügte er hinzu und lachte. Seine Schwester warf ihm dafür eine ihrer Baguettescheiben an den Kopf.

„Hey! Wieso werde ich heute eigentlich dauernd beworfen?“, beschwerte er sich.

„Jedem das, was er verdient“, antwortete Kari und streckte ihm die Zunge raus.

„Also kommt ihr heute gar nicht mit an den Strand?“, griff T.K. das Thema wieder auf.

„Doch, aber erst, nachdem wir Minami abgewimmelt haben“, erklärte Tai und schnitt eine Grimasse.

„Du, Sora?“

„Hm?“ Sie sah fragend zu Izzy, der neben ihr saß und sich im Flüsterton an sie gewandt hatte.

„Was ist eigentlich wirklich mit Mimi? Hat sie... naja... hat sie was im Bezug auf gestern Abend erwähnt?“

In Gedanken drehte Sora ihrer Freundin gerade den Hals dafür um, dass sie sie jetzt hier heraus hauen musste vor Izzy, der es nicht verdient hatte, nur benutzt zu werden.

„Also, ich glaube, du solltest dir nicht allzu viele Hoffnungen machen“, begann sie vorsichtig. „Mimi war gestern nicht mehr ganz sie selbst. Sie hat ein bisschen viel getrunken, weißt du?“

Oh nein, der arme Izzy. Hatte er vorher noch hoffnungsvoll gewirkt, so runzelte er nun enttäuscht die Stirn, stocherte lustlos in seinem Rührei herum und murmelte „Ach so.“

„Tut mir Leid“, sagte Sora mitleidig und fühlte sich fast so, als hätte sie selbst Izzy geküsst, um einen anderen Typen eifersüchtig zu machen.

„Das braucht dir doch nicht Leid zu tun, Sora“, antwortete er abwinkend. „Du kannst ja nichts dafür.“
 

Nach dem Frühstück gingen alle erst einmal wieder zurück in ihre Apartments. Sora hatte ein paar trockene Toastscheiben und eine Banane für Mimi mitgehen lassen, die sie ihr nun aufdrängen wollte.

„Hier, falls du Hunger bekommen hast“, sagte sie leise und legte das in Servietten eingewickelte Essen auf Mimis Nachttisch. Mimi gab nur einen brummenden Laut von sich.

„Wo geht ihr heute hin?“, nuschelte sie.

Sora ließ sich auf die Kante von Mimis Bett fallen. „Naja, wir treffen uns erst mal mit Minami, und dann wollten wir...“

„Mit Minami?!“ Das Mädchen war hochgefahren, ließ sich jedoch sofort wieder auf ihr Kissen sinken, eine Hand gegen die Stirn gepresst.

„Ja, sie hat Tai eine SMS geschrieben, ob er und Matt Lust hätten, sich von ihr zu verabschieden“, klärte Sora sie auf, was Mimi sich wieder aufrichten und sie finster anblicken ließ.

„Keine Angst. Matt hat gesagt, ich soll einfach mitkommen. Und wenn du auf dem Dampfer wärst, würdest du auch mitkommen. Die Jungs haben auch keine Lust sich mit ihr zu treffen.“

Mimi schien eine Weile nachzudenken. Sie wirkte ein wenig wacher als noch wenige Minuten zuvor.

„Okay“, willigte sie schließlich ein. „Aber du musst für uns beide aufpassen, dass die Sumpfkuh keinen Mist macht.“

„Ja, mach ich.“ Sora lächelte.

„Und danach seid ihr am Strand?“, fragte Mimi.

„Also Yolei, Kari und ich gehen wahrscheinlich ein bisschen durch die Stadt, aber danach sind wir auf jeden Fall am Strand. Du musst unbedingt nachkommen. Du kannst ja nicht den letzten Urlaubstag hier im Bett verbringen. Und außerdem solltest du dich bei Izzy entschuldigen.“

„Was? Warum?“ Perplex sah Mimi sie an.

„Weißt du das nicht mehr?“ Sora erwiderte den Blick erstaunt. „Du hast mit Izzy geknutscht, wahrscheinlich um Tai eifersüchtig zu machen.“

Mimis Augen wurden so groß wie Untertassen. Ihr Blick war von Entsetzen gezeichnet. „Ach du heilige... Ich erinnere mich dunkel. Alles nur wegen dieser bescheuerten Minami! Hat die ein Glück, dass ich nicht mitkommen kann, sonst würde ich sie umbringen!“ Ihre Finger waren in ihre Bettdecke gekrallt, die Zähne vor Wut zusammengebissen.

„Das kann ich ja gleich für dich erledigen“, erwiderte Sora freundschaftlich. „So, wir sollten jetzt mal gehen, damit wir es hinter uns haben. Bis nachher.“ Sie küsste ihre Freundin auf die Stirn und ging aus dem Zimmer.

Tai und Matt standen schon abmarschbereit im Wohnzimmer.

„Auf geht's“, bestimmte Tai, als Sora erschien. „Sagen wir der kleinen Nervensäge auf Nimmerwiedersehen.“

Die drei Freunde gingen die Treppen herunter und verließen über die verschlungenen Wege das Hotelgelände. Sie machten sich auf den Weg Richtung Strand.

„Sie will, dass wir sie bei diesem Freeziestand treffen“, verkündete Tai und bog nach rechts ab. Matt und Sora folgten ihm. Auf der Promenade war viel los. Die Menschen tummelten sich nur so und die Freunde kamen nur langsam voran, wenn sie niemanden umrennen wollten. Nach knapp zehn Minuten erreichten sie den Treffpunkt und Minami wartete schon auf sie.

„Hey“, begrüßte sie Tai und Matt lächelnd und gab jedem einen Kuss auf die Wange. „Ach, du bist ja auch da“, fügte sie dann an Sora gewandt hinzu und diese konnte Minamis Unwillen förmlich spüren.

„Ich wollte, dass sie mitkommt“, erklärte Matt und schenkte Sora ein strahlendes Lächeln.

Minami hob missbilligend die Augenbrauen und wandte sich ab. „Ich bestelle mir erst einmal einen Freezie.“

Das war ein guter Plan, obwohl er von Minami kam. Auch Tai, Matt und Sora stellen sich an und bestellten sich je einen. Anschließend setzten sie sich auf die niedrige Mauer, die die Promenade vom Strand abgrenzte. Minami hatte sich zwischen Tai und Matt gesetzt. Sora saß an Matts anderer Seite und ließ die Augen keine Sekunde von dem Mädchen.

„Ja, also“, fing Minami nach einer Weile an. „Ich denke, ich sollte mit euch einiges klären. Vielleicht ist es ganz gut, dass Sora dabei ist und vielleicht hätte Mimi auch dabei sein sollen.“ Abwechselnd sah sie die drei Freunde an und wandte sich zuerst an Tai. „Tai, du bist echt ein netter Kerl und ich fand die Abende mit dir super, aber um ehrlich zu sein hatte ich gehofft, dass ich dadurch wieder interessanter für Matt werde.“ Nun sah sie Matt an. „Du weißt, ich bin in dich verliebt und dieses Treffen hier sollte eigentlich anders ablaufen. Aber ich sehe, dass du es anscheinend ernst meinst mit Sora und ich wohl keine Chance mehr habe, dich für mich zu gewinnen.“

Sora griff demonstrativ nach Matts Hand.

„Obwohl du erst vor wenigen Tagen zu mir sagtest, du willst keine Beziehung momentan“, fügte Minami hinzu und ein eigenartiger Unterton schwang in ihrer Stimme mit. „Aber mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren.“ Nun wandte sie sich an Sora. „Und Sora, wenn du dir nicht den Typen geschnappt hättest, in den ich verliebt bin, hätte ich wahrscheinlich gern den Kontakt zu dir aufrecht erhalten. Ich glaube, du bist echt in Ordnung.“

Überrascht sah Sora sie an. „Ja, ähm... unsere Begegnung stand wohl unter keinem guten Stern.“

„Nein.“ Minami lächelte traurig und sog an ihrem Freezie mit Apfelgeschmack. „Naja, dann ist der Urlaub jetzt wohl vorbei. Ich finde, dass es trotz allem eine schöne Zeit mit euch war.“ Dem konnte Sora in Bezug auf Minami nicht zustimmen, doch das behielt sie lieber für sich. Sie war froh, dass der ganze Ärger nun endlich ein Ende hatte.

„Das fanden wir auch“, meinte Tai. „Obwohl du mich anscheinend nur benutzt hast.“

„Tut mir echt Leid“, sagte Minami und kniff die Lippen zusammen. Wehmütig sah sie ihn an und stand auf. „Das wollte ich nicht, das war dumm von mir. Du bist ein super Typ, aber total verknallt in Mimi. Aus uns wäre sowieso nichts geworden.“

„Moment mal“, stotterte Tai. „Verknallt in Mimi? Ich? So ein Blödsinn!“

Nun kicherte Minami. „Also bitte, das sieht doch ein Blinder mit 'nem Krückstock.“

Tai wollte protestieren, doch Minami hatte sich an Matt gewandt. „Ich werde dich niemals vergessen.“ Unbewusst legte sie eine Hand auf ihr Herz. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass er es gebrochen hatte und sie wahrscheinlich eine Weile brauchen würde, um es wieder zusammen zu flicken.

„Ich dich auch nicht“, erwiderte Matt und umarmte Minami plötzlich. Sora atmete tief ein, als könnte sie so die Eifersucht bekämpfen, die jäh in ihr aufstiegt. Es fühlte sich an, als würde es Minuten dauern, bis er sie endlich wieder losließ.

Auch Tai nahm Minami nun in seine Arme. „Komm gut wieder nach Hause.“

Minami drehte sich zu Sora und sah ihr in die Augen. „Schade, dass wir keine Freundinnen werden konnten.“ Es hörte sich sogar echt an.

„Ja“, sagte Sora nur.

„Vielleicht schaffst du es ja, diesem Mädchen nicht das Herz zu brechen“, sagte Minami und lächelte Matt vielsagend an. Dieser wurde ein wenig rot, erwiderte aber nichts.

„Okay, dann macht's gut“, sagte Minami abschließend. „Schön, dass wir das noch geklärt haben. Vielleicht sehen wir uns irgendwann mal wieder.“

Hoffentlich nicht.

Und so ging Minami davon. Als sie sich noch einmal umdrehte, winkten Tai, Matt und auch Sora ihr noch einmal.
 

Wenig später war Sora mit Yolei und Kari unterwegs in der Stadt. Die beiden Mädchen wollten unbedingt wissen, wie das Treffen mit Minami verlaufen war und quetschten Sora so lange aus, bis diese endlich alles erzählt hatte.

„Ich fand sie gar nicht so übel“, meinte Yolei schulterzuckend.

„Du bist ja auch nicht in den gleichen Kerl verliebt wie sie“, erwiderte Kari und zwinkerte ihr zu. „Ich weiß eigentlich gar nicht, in wen du verliebt bist“, stellte sie dann verwundert fest. „Bist du überhaupt verliebt?“

„Das bleibt mein Geheimnis“, antwortete Yolei und lächelte in sich hinein.

„Wie unfair“, nörgelten Sora und Kari gleichzeitig.

„Unfair? In wen bist du denn verknallt, Kari? Bestimmt in T.K., oder?“ Herausfordernd sah Yolei Kari an.

„Nein.“ Die Angesprochene lächelte. „Wir sind nur Freunde, wirklich.“

„Ja, natürlich“, murmelte Sora. Ihre Theorie war, dass die beiden heimlich ineinander verknallt waren und sich nicht trauten, es einander zu sagen. Aber vielleicht lag sie damit auch völlig daneben.

„Ach, lassen wir die ganzen Liebesgeschichten heute mal sein und konzentrieren uns auf das schöne Wetter“, sagte Yolei und streckte sich. „Seht mal, da möchte ich mal rein.“ Sie steuerte auf einen Laden zu, in dem typisch jamaikanische Dinge verkauft wurden, wie zum Beispiel kleine Rastafaris aus Holz, jamaikanische Flaggen, maritime Souvenirs und vieles mehr. Sora kaufte für ihre Mutter eine hübsche Vase mit reliefartigem Inselmotiv. Kari kaufte Gewürze für ihre Mutter, die dann vielleicht mal ein wenig besser kochen würde, und eine Reggae-DC für ihren Vater. Yolei fand nur ein Delfinstofftier für eine ihrer Schwestern, die Delfine liebte. Dann ging die Suche weiter, da Yolei auch noch für ihre restlichen Familienmitglieder etwas mitbringen wollte. Nach einer Stunde hatte nicht nur sie das gefunden, was sie gesucht hatte, sondern auch Sora und Kari hatten noch allerlei Kitsch und Plunder gekauft, den eigentlich kein Mensch brauchte. Sie schlenderten langsam zurück in Richtung Strand, wo ihre Freunde ihnen Strohschirme und Liegen freigehalten hatten. Auch Mimi war dabei. Zwar sah sie noch ein wenig fertig aus, doch sie war frisch geduscht.

„Hey, du bist ja auch da“, sagte Sora und ließ sich auf die Liege neben ihr fallen.

„Ja, du hattest Recht. Ich kann ja nicht den ganzen Tag im Hotel verbringen. Zeig her, was du gekauft hast.“ Mimi sah neugierig auf Soras Tasche und Sora packte all ihre erworbenen Sachen aus, um sie Mimi vorzuführen, die alles einzeln in die Hand nahm und begutachtete.

„Hast du schon gehört, wie unsere Begegnung mit Minami war?“, fragte Sora.

„Tai hat ein bisschen erzählt, aber erzähl es mir noch mal. Der hat bestimmt die Hälfte ausgelassen.“ Und so erzählte Sora ihrer Freundin in allen Einzelheiten, wie das Treffen mit Minami abgelaufen war.

„Und sie meinte außerdem noch, Tai wäre in dich verknallt“, schloss Sora schließlich und lächelte spitzbübisch.

„Kann er ja, wenn er will“, erwiderte Mimi scheinbar gleichgültig. „Mit so einem könnte ich keine Beziehung eingehen.“ Sie lehnte sich wieder zurück und schloss die Augen, während Sora über diese Aussage nachdachte.

Nachdem Sora eine Runde schwimmen war, war es bereits früher Nachmittag. Alle lagen faul herum, sonnten sich, hielten Mittagsschlaf, oder starrten gedankenverloren andere Leute am Strand an. Sora erblickte Matt, der gerade auf dem Rücken in der Sonne lag. Sie schlich sich an und er schien sich nicht zu bemerken. Sie ließ sich neben ihm nieder und klatschte ihm ihre kalten, nassen Hände auf den von der Sonne schon sehr aufgeheizten Bauch. Er schnappte erschrocken nach Luft und schnellte nach oben. Sora sprang auf und lachte.

„Na warte, du kleine...“ Er bedachte sie mit einem rachelustigen Blick, sprang ebenfalls auf und eine Verfolgungsjagd begann. Ihre einzige Zuflucht sah sie im Wasser, da Matt noch trocken war und sicher nicht schnell ins Wasser hineinlaufen würde. Falsch gedacht. Er folgte ihr ins kühle Meer und bekam sie zu fassen.

„Nein!“, kreischte Sora lachend, als er begann sie in den Seiten zu kitzeln. „Gnade!“

„Kannst du vergessen“, antwortete er nur und kitzelte sie weiter, während sie sich in seinem eisernen Griff wand.

„Hey, sieh mal da hinten“, presste sie unter Lachen hervor.

„Hm?“ Matt ließ sie los und drehte sich um.

„Reingelegt“, rief Sora, schleuderte ihm eine Ladung Wasser entgegen und floh wieder. In schnellen Zügen schwamm sie aufs Meer hinaus. Als sie sich kurz umdrehte, sah sie, dass Matt ihr folgte. Als er ihren Fuß zu fassen bekam, schrie sie überrascht auf. Wieder begann er, sie zu kitzeln.

„Das ist gemein, ich kann hier nicht mehr stehen“, lachte Sora und ruderte wild mit den Armen.

„Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du mich attackiert hast“, antwortete Matt erbarmungslos und kitzelte sie weiter fest umklammert. Soras Kopf war kaum noch über Wasser, als er endlich nachgab.

„Weil du es bist“, meinte er großzügig.

Sora seufzte erschöpft. Ihr Bauch tat weh vom Kitzeln und Lachen. Sie hielt sich an seiner Schulter fest, um nicht selbst schwimmen zu müssen.

„Dafür kannst du mich jetzt an Land ziehen“, erklärte sie.

„Dafür kann ich dich auch einfach hier lassen“, erwiderte Matt und schüttelte ihre Hände ab, aber Sora klammerte sich sofort wieder an ihn.

„Du kannst mich hier doch nicht allein lassen“, rief sie empört. „Was, wenn ein Hai kommt und mich fressen will?“

„Dann hau ich schnell ab und bin froh, dass er mit dir beschäftigt ist.“ Matt grinste sie fies an.

„Wer dich zum Freund hat, braucht keine Feinde mehr“, zischte Sora und schwamm los Richtung Strand.

„Sei nicht gleich eingeschnappt“, meinte Matt und schwamm neben ihr her. Als sie wieder am Strand ankamen, waren Kari und Cody gerade dabei Muscheln aufzulesen. Yolei saß am Wasser und baute eine Kleckerburg aus Matsch.

„Oh, ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine Kleckerburg gebaut habe“, rief Sora mit einem sehnsüchtigen Unterton.

„Mach doch mit, macht Spaß, auch wenn es eher eine Beschäftigung für kleine Kinder ist“, bot Yolei ihr an.

Sora sah zu Matt, der amüsiert lächelte und wieder zu seinem Sonnenplatz ging. Also ließ sie sich neben Yolei nieder und fing an, einen Graben um die Burg herum auszuheben.
 

An diesem Tag verließen sie den Strand ein wenig früher als sonst, da sie alle noch ihre Koffer packen mussten. Mimi hockte auf ihrem Bett und legte all ihre noch unbenutzten Sachen ordentlich zusammen. Als Sora aus der Dusche kam, tat sie es ihr nach.

„Ich will gar nicht einpacken“, seufzte Mimi. „Ich glaube, ich bleib einfach hier und wohne am Strand.“

Sora kicherte. „Da würde dich aber jemand ganz schön vermissen in Japan.“

„Ich hoffe, du sprichst von dir“, rief Mimi aufgebracht und knuffte ihre Freundin in die Seite.

„Von wem denn sonst?“ Sora grinste vielsagend.

„Wann genau kommt morgen eigentlich unser Bus?“, wechselte Mimi schnell das Thema. „Oder besser: Wann muss ich aufstehen?“

„Der Bus holt uns um elf hier ab und halb vier geht unser Flieger“, antwortete Sora, die schnell ihre Reiseunterlagen aus ihrem Koffer gekramt hatte. „Und durch die Zeitverschiebung kommen wir in Japan Sonntag Nachmittag halb sechs an.“

„Wow, wir fahren Samstag Vormittag los und sind erst Sonntag Abend zu Hause. Das kann ich mir kaum vorstellen“, meinte Mimi beeindruckt.

„Bestimmt haben wir dann alle ein Jetlag“, sagte Sora.

„Hoffentlich nicht“, murrte Mimi.

Nach einer halben Stunde war alles in den Koffern der Mädchen verstaut, was am Abend vorher schon weggepackt werden konnte. Anschließend gingen sie ins Wohnzimmer zu den Jungs, die mehr damit beschäftigt waren, ein Fußballspiel im Fernsehen zu verfolgen als ihre Sachen zu packen. Ein paar Klamotten befanden sich schon in den zwei Koffern, doch der größere Teil lag noch im ganzen Zimmer verstreut herum.

„Würdet ihr dann bitte auch mal anfangen?“ Sora stemmte die Hände in die Hüften und bedachte die beiden Jungs mit einem barschen Blick. „Wir wollen irgendwann auch noch zum Essen gehen.“

„Wow, hast du das gesehen? Das war ein super Pass“, meinte Tai, der seine Augen stur auf den Fernseher gerichtet hatte, zu Matt.

„Ja, aber der Idiot hätte den anders annehmen sollen“, erwiderte Matt missbilligend und nippte an einer Flasche Cola.

Sora stand immer noch an Ort und Stelle und war verwirrt. Wollten die beiden sie nicht hören oder haben sie sie tatsächlich nicht gehört? „Hallo? Hört ihr mir eigentlich zu?“

Wie gebannt starrten Tai und Matt weiter auf den Fernseher.

„Sora, hier musst du drastischere Maßnahmen ergreifen“, belehrte Mimi sie. „Pass auf, wie man das macht.“ Sie steuerte geradewegs auf den Fernseher zu und betätigte den Aus-Schalter, woraufhin der Bildschirm schwarz wurde.

„Ey!“

„Spinnst du? Was soll das?“

„Mach sofort wieder an!“

Die beiden waren aufgesprungen und hatten eine Schimpftirade begonnen.

„Vergesst es. Bevor ihr eure Koffer nicht gepackt habt, bleibt das Ding aus“, erklärte Mimi und stellte sich mit verschränkten Armen vor den Fernseher.

„Wer bist du? Unsere Mutter?“ Wütend warf Tai eines seiner T-Shirts nach ihr.

„Ih!“, kreischte Mimi. „Bewirf mich gefälligst nicht mit deiner Dreckwäsche!“

„Das ist noch sauber, aber ich schmeiße gleich eine meiner dreckigen Socken nach dir, wenn du nicht sofort den Fernseher wieder anmachst!“, keifte Tai und griff nach einer Socke.

„Wage es nicht.“ Mimi wirkte ziemlich bedrohlich, während sie das sagte, und so legte Tai die Socke wieder weg, allerdings nicht ohne noch ein „dämliche Ziege“ zu murmeln. Matt hatte seinen Protest recht schnell aufgegeben und war schon mit Packen beschäftigt.

„Warum nicht gleich so“, meinte Mimi zufrieden. „Komm, Sora. Wir gehen auf den Balkon.“

Im Vorbeigehen hörte Sora Tai noch „Sklaventreiberin“ zischen.

Die beiden Mädchen standen nebeneinander auf dem Balkon und sahen hinunter auf die Menschen, die sich auf der Promenade drängten.

„Das wird mir fehlen“, sagte Mimi.

Sora dachte unwillkürlich an Tokio. An den riesigen Wohnblock, in dem sie wohnte. An die lauten Straßen. Die vielen Millionen Menschen. Die Autos. Den Krach. Die nach Abgasen stinkende Luft. Ja, auch ihr würde Jamaika wohl fehlen. Außerdem mussten sie schon wieder in die Schule gehen, sobald sie wieder zu Hause waren. Gerade für Mimi war das eher unschön, da diese genau wie Izzy bald anfangen musste, sich auf die Aufnahmeprüfungen für die Oberschule vorzubereiten, auf die Sora, Tai und Matt seit April gingen.

„Woran denkst du?“, fragte Mimi in ihre Gedanken hinein. „Du guckst so kritisch.“

„An die Schule“, seufzte Sora.

„Sora, wir haben Ferien. Jetzt wird nicht an die Schule gedacht“, sagte Mimi vorwurfsvoll. „Sieh dir lieber den niedlichen Hund da unten an.“ Sie zeigte auf einen Labrador, der einen Stock in seinem Maul spazieren trug.

„Wir sind fertig.“ Tai erschien hinter den beiden Mädchen und lächelte stolz wie ein kleines Kind, dass soeben das erste Mal erfolgreich ein Töpfchen benutzt hatte.

„Wow, super“, erwiderte Mimi gelangweilt. „Wollt ihr jetzt eine Urkunde?“

Sora lachte über Tais verwirrten Blick, der wieder ins Wohnzimmer zurückging.

„Er kann manchmal so ein Baby sein“, stellte Mimi kopfschüttelnd fest.

„Ja, das kann er. Matt ist da zum Glück schon ein bisschen erwachsener.“

„Aber nur ein bisschen“, lachte Mimi.

„Wir können euch hier drinnen hören“, rief Tai von seinem Bett aus.
 

Bei ihrem letzten Abendbrot wollte Sora sich noch einmal richtig den Bauch vollschlagen, auch wenn sie das vermutlich später bereuen würde. An diesem Tag war spanischer Abend, und so lud sie sich einen großen Haufen Paella auf ihren Teller. Sie setzte sich zwischen Matt und Yolei an den großen Gruppentisch und fing an zu essen.

„Wer ist dafür, dass wir heute noch eine Runde Cocktails trinken gehen und Yolei einladen?“, fragte Tai erwartungsfroh in die Runde und stieß auf begeisterte Zustimmung.

„Wieso wollt ihr mich einladen?“, rief Yolei beinahe erschrocken.

„Weil wir ohne dich gar nicht hier wären“, antwortete Sora grinsend. Yolei lächelte verlegen und stimmte schließlich auch zu.

„Ich weiß auch schon, wo wir hingehen können“, verkündete Matt. Sora warf ihm einen fragenden Blick zu, doch sein Lächeln war Antwort genug.

So trafen sich die zwölf Freunde nach dem Abendessen vor dem Hotelgelände.

„Okay, dann führe uns mal zu deiner mysteriösen Cocktailbar“, meinte Joe an Matt gewandt, als endlich alle am Treffpunkt waren.

„So mysteriös ist die gar nicht“, erwiderte Matt und ging voran. Nach wenigen Minuten Fußmarsch erreichten sie die typisch jamaikanische Cocktailbar, die er schon mit Sora besucht hatte. Sie Freunde waren ziemlich zeitig dort und so waren noch genug Tische und Stühle frei, die sie zusammenschieben konnten, sodass sie wenigstens einigermaßen alle zusammen saßen. Der freundliche Kellner verteilte Karten und zündete kleine Windlichter auf den Tischen an.

Wieder fühlte sich Sora erschlagen von der ungeheuren Auswahl an Cocktails. Sie spähte zu Mimi neben ihr, die die alkoholfreie Seite der Karte studierte.

„Heute lieber ohne Alkohol?“ Tai, der an Mimis anderer Seite saß, grinste sie schelmisch an.

„Halt die Klappe“, erwiderte Mimi tonlos.

„Ich glaube, ich bleibe bei meinem Sex on the Beach“, äußerte Sora ihren Gedanken laut.

„Das passt ja auch zu diesem Urlaub wie die Faust aufs Auge“, bemerkte Tai und grinste nun sie an.

„Halt die Klappe, Tai“, zischte Sora und wurde rot. Er musste nicht vor der gesamten Gruppe preisgeben, dass Matt und Minami... nein, nicht mehr an Minami denken. Minami war weg und sie würde sie nie wieder sehen. Und dass Sora und Matt gestern fast Sex am Strand gehabt hätten, konnte eigentlich niemand wissen. Außer Matt hatte es Tai erzählt, aber das konnte sie sich eigentlich nicht vorstellen. Und sie selbst hatte es Mimi noch nicht erzählen können, musste dies aber noch nachholen.

In diesem Moment kam der Kellner, verteilte kleine Schalen mit Knabberzeug auf den Tischen und nahm die Bestellungen der Jugendlichen auf.

Sora lehnte sich zurück, schloss die Augen und genoss die warme Brise, die ihre Haare sanft im Wind wehen ließ. Sie spürte Matts Hand, die sich auf ihren Oberschenkel legte.

Die anderen waren in Gespräche vertieft, lachten und stritten sich ab und an. Der Urlaub wurde von vorn bis hinten ausgewertet. Es wurde noch einmal alles zusammengefasst, was sie erlebt hatten von Mimis Unglück über die Show, über das Inselfest bis hin zum Schnorchelerlebnis und Karis geschundenen Beinen.

„Wie geht’s dir eigentlich? Sind die Wunden schon besser geworden?“, fragte Sora an Kari gewandt und nippte an ihrem Cocktail.

„Ja, es tut nicht mehr so weh wie gestern und ich kann wieder besser laufen“, erklärte Kari. „Das Kühlgel hilft gut.“

„Ständig muss man sich Sorgen um dich machen“, warf Tai ein und sah seine Schwester vorwurfsvoll an.

„Überhaupt nicht ständig“, murrte Kari.

„Nicht streiten, Leute“, mischte sich Izzy ein. „Das ist unser letzter Abend hier. Wir sollten uns mal alle zusammenreißen und ihn einfach genießen.“

Alle nickten zustimmend.

„Ich bin dafür, dass wir noch einmal alle zusammen Urlaub machen. Vielleicht können wir ja mal im Winter wegfahren und einen Skiurlaub machen“, schlug Yolei vor und strahlte in freudiger Erwartung.

„Das klingt super“, stimmte Joe ihr zu.

„Ich kann sogar Ski fahren“, bemerkte Davis.

Und dann ging eine Diskussion los, wo man diesen Skiurlaub verbringen könnte, an der auch Sora sich beteiligte. Sie konnte nicht Ski fahren, aber wollte es schon immer mal ausprobieren. Sie hatte gehört, dass Österreich oder die Schweiz in Europa sich bestens für einen Skiurlaub eignen sollten. Aber konnte das bezahlen? Sie konnten ja nicht noch einmal darauf hoffen, einen Urlaub zu gewinnen.

„Ich werde einfach alle Gewinnspiele für Urlaubsreisen mitmachen, die ich finde“, verkündete Yolei, als hätte sie Soras Gedanken gelesen.

„Ja und wir sollten alle mitmachen“, meinte Matt.

Sie vertieften sich in Gespräche über das Skifahren und die Berge, während nebenan das Meer rauschte. Nach einer geraumen Weile standen Tai und Mimi plötzlich auf.

„Ich werde zurück ins Hotel gehen, mir geht es noch nicht wieder so gut“, sagte Mimi, als alle sie verdutzt ansahen.

„Und ich bringe Mimi ins Hotel“, erklärte Tai schnell und legte ein paar Geldscheine auf den Tisch. „Bis später.“ Ohne sich noch einmal umzusehen, zogen die beiden von dannen.

„Warum lässt er denn schon Geld hier, wenn er sie nur ins Hotel bringen will?“, raunte Matt Sora zu und grinste vielsagend.

„Wer weiß.“ Sora zuckte mit den Schultern und grinste zurück.

Tai tauchte natürlich im Verlauf des Abends nicht wieder auf. Als es langsam Nacht wurde, bezahlten die Freunde ihre Cocktails und machten sich alle auf den Weg zurück ins Hotel.

„Ob es eine gute Idee war, die beiden Streithähne allein gehen zu lassen?“, fragte Sora scherzhaft, nachdem sie und Matt sich von den anderen verabschiedet hatten und die Treppe zu ihrem Apartment hinauf gingen.

„Das werden wir ja gleich sehen“, antwortete Matt und klopfte an die Tür.

Es dauerte eine Weile, dann öffnete Tai sie schließlich. Er war nur in Boxershorts und T-Shirt bekleidet und sah ein wenig verdattert aus.

„Na ihr, wie war es noch?“, fragte er betont beiläufig.

„Ganz cool“, antwortete Matt. Der Fernseher lief und Tai schien sich allein im Wohnzimmer aufzuhalten.

Sora schloss die Tür hinter sich und ging in ihr und Mimis Schlafzimmer.

Mimi lag auf dem Bett und starrte die Decke an. Sie beachtete Sora kaum, als diese hereinkam. Hier war irgendetwas im Busch.

„Alles okay?“, fragte Sora vorsichtig. Sie ging zum Spiegel, um sich die rötlichen Haare zu kämmen.

„Ich muss dir was erzählen“, stieß Mimi hervor. Im Spiegel konnte Sora sehen, wie ihre Freundin sie nun verstört ansah.

„Was ist passiert?“, fragte Sora mit einem unguten Gefühl in der Magengegend.

Mimi stand auf, tippelte zur Tür, spähte kurz ins Wohnzimmer, als wollte sie sichergehen, dass die Jungs auch nichts mitbekamen, und schloss sie dann leise. Danach ging sie wieder zurück und setzte sich auf ihr Bett.

„Nein, ich zeige es dir besser“, flüsterte sie und zeigte etwas hoch.

Sora drehte sich um und ging zu ihr. Mimi hielt eine aufgerissene Kondompackung in der Hand.

„Oh Gott, Mimi“, stieß Sora hervor und setzte sich nun ebenfalls aufs Bett. „Hast du etwa...“

Mimi nickte bedeutungsvoll.

„Mit Tai?“

Nun runzelte sie die Stirn. „Nein, mit dem Poolboy. Was glaubst du denn?“

Sora riss die Augen auf. Sie brachte kein Wort hervor.

„Ich erzähle es dir einfach alles.“
 

Schweigsam gingen sie zum Hotel. Nicht einer von ihnen redete ein Wort. Tai schloss schließlich die Tür zu ihrem Apartment auf und sie gingen hinein.

„Weißt du, Tai“, fing Mimi an. „Es ist irgendwie blöd, dass das so mit uns gelaufen ist. Ich hätte mich gern weniger mit dir gestritten.“

„Ich mich auch mit dir. Aber wir haben doch schon oft darüber geredet, dass das alles nicht so gemeint ist“, erwiderte Tai leise.

„Ach, Tai“, seufzte Mimi. „Es verletzt mich aber trotzdem manchmal. Ich hab dich halt echt gern.“ So, wie sie es gesagt hatte, war es auch gemeint. Doch Tai schien das irgendwie falsch verstanden zu haben, denn plötzlich legte er seine Hände auf ihre Schultern und drückte sie gegen die Wand.

Mimi wehrte sich nicht, sondern sah ihn nur überrascht an. Tais Gesicht näherte sich ihrem gefährlich. Schließlich lagen ihre Lippen aufeinander und Mimi ließ es einfach geschehen. Sie konnte kaum glauben, was da gerade passierte. Er küsste sie einfach, ohne sie gefragt zu haben. Es fühlte sich seltsam an. Seltsam, aber irgendwie auch gut. Seine Lippen schmeckten süß und ein bisschen nach Limetten, wie der Cuba Libre, den er vorhin getrunken hatte. Mimi schloss die Augen und konzentrierte sich nur auf dieses Gefühl. Seine Lippen auf ihren. Weich und süß.

Tai löste den Kuss nach einer Weile und sah ihr in die Augen. Er wich keinen Millimeter von ihr zurück, sodass sich ihre Lippen noch immer fast berührten. Atemlos erwiderte Mimi seinen Blick. Wenn sie es richtig in Erinnerung hatte, war dieser Kuss viel besser als der zwischen ihr und Izzy. Viel gefühlvoller. Sie wollte dieses Gefühl wieder haben, also entfernte sie den kurzen Abstand zwischen ihren Lippen wieder. Sie vergrub die Hände in Tais Haaren und presste sich an ihn. Tais Hände waren links und rechts neben ihr an der Wand abgestützt.

Mimi verlor jedes Zeitgefühl. Sie küssten sich immer und immer wieder. Mal länger, mal kürzer. Wie lange standen sie hier wohl schon? Eine Minute? Eine Stunde? Ob die anderen wohl gleich kamen?

Tais Hände bewegten sich auf einmal zu ihren Hüften. Er drängte sie sanft in Richtung des Mädchenschlafzimmers. Unglaublich langsam erreichten sie schließlich Mimis Bett. Sie hatten kein Licht angemacht. Nur das Licht aus dem Wohnzimmer, das durch die offene Tür fiel, gewährte ihnen Sicht.

Ungeschickt nestelte Tai an Mimis Bluse. Sie spürte, wie seine Finger zitterten, als er begann, die Knöpfe zu öffnen. Mimi half ihm und öffnete die übrigen Knöpfe. Sie sahen sich wieder in die Augen. Tais Augen waren schokoladenbraun und sahen sie unglaublich warm an. Er streifte ihr die offene Bluse von den Schultern und drückte sie sanft aufs Bett. Bevor er sich über sie beugte, zog er sein T-Shirt aus und bot Mimi freie Sicht auf seinen Oberkörper. Er war nun noch stärker gebräunt als sowieso schon. Auf seinem Bauch zeichneten sich ganz leicht die Muskeln ab.

Er kniete über ihr, beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie wieder, wanderte mit seinen Lippen zu ihrem Hals und wieder zurück zu ihrem Mund. Mit einer Hand fuhr er ihr unter den Rücken und versuchte, ihren BH zu öffnen, bekam es jedoch nicht hin.

„Verdammte Verschlüsse“, fluchte er leise. Seine Stimme erinnerte Mimi wieder daran, dass es Tai war, mit dem sie hier im Begriff war, etwas zu tun, dass sie noch nie getan hatte. Sie richtete sich leicht auf und öffnete ihren BH selbst. Tai zog das Stück Unterwäsche weg und betrachtete nun ganz unverhohlen Mimis Brüste. Mit einer Hand berührte er sie vorsichtig, als hatte er Angst, sie kaputt machen zu können. Sein Griff verstärkte sich jedoch, als er sie erneut küsste. Seine Hände wanderten nun hinunter zu ihrer kurzen Jeans. Er öffnete den Knopf und streifte sie ihr von den Beinen. Auch Mimi befreite Tai von seinen Hosen. Dabei fiel ihr auf, wie muskulös seine Beine waren. Warum hatte sie das vorher nie wirklich bemerkt? Sogleich machte sie weiter und zog ihm auch seine Boxershorts aus, woraufhin er ihr den rosafarbenen Slip abstreifte. Nun waren sie beide vollkommen nackt und sahen sich an, betrachteten den Körper des jeweils anderen.

„Warte, wir brauchen noch...“, fing Tai an, doch Mimi streckte die Hand aus, zog die Nachttischschublade auf und holte ein Kondom heraus. Tai sah sie fragend an.

„Meine Mutter hat mich gezwungen, welche mitzunehmen“, erklärte sie.

Tai nickte, riss die Packung auf und streifte sich das Kondom ungeschickt über.

Und dann schliefen sie miteinander, was nicht sonderlich lang dauerte. Mimi kam es vor, als wären es nur wenige Minuten gewesen. Sie hatte sich das anders vorgestellt. Es hatte nicht so wehgetan, wie sie befürchtet hatte. Tai stöhnte auf und glitt wenige Augenblicke später von ihr herunter. Er atmete schwer.

Was hatte sie getan?
 

„Was hast du getan?“ Sora sah sie vollkommen baff an, als Mimi geendet hatte. „Ich erkenne dich gar nicht wieder. Was ist mit meiner Mimi passiert? Erst gestern das mit Izzy, jetzt das.“

Schuldbewusst sah Mimi ihre Freundin an. „Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Ich bereue es schon fast. Ich wollte mein erstes Mal mit jemandem haben, den ich liebe.“

„Tut mir Leid, dass ich das gesagt habe“, sagte Sora. „Ich war nur... verwirrt.“

„Ich bin doch selbst verwirrt“, erwiderte Mimi. „Was mache ich jetzt nur?“

„Okay, das ist schwierig“, meinte Sora und dachte nach. „Was empfindest du denn für Tai?“

„Er ist für mich eigentlich nur ein guter Kumpel. Mehr nicht“, antwortete Mimi. Ihre Finger spielten mit der Bettdecke, sie sah zu Boden.

Sora seufzte hilflos.

„Denkst du, ich sollte mit Tai darüber reden?“, fragte Mimi leise.

„Ja, ich glaube schon. Wie ich ihn kenne, hat ihm das bestimmt was bedeutet“, antwortete Sora.

„Mir hat es auch was bedeutet!“, erwiderte Mimi heftig. „Als Tai mich geküsst hat, da hat es sich... einfach so seltsam angefühlt, aber irgendwie auch toll.“

Sora musterte ihre Freundin nachdenklich. „Ich denke, du solltest dir erst mal über deine Gefühle klar werden, bevor du mit ihm redest.“

Mimi seufzte, aber sagte nichts. Eine Weile schwiegen beide Mädchen ratlos.

„Übrigens hätte ich gestern auch fast mit Matt geschlafen“, brach Sora dann die Stille.

Mimi sah auf, ihr Blick drückte Überraschung aus. „Echt? Und wieso hast du es nicht?“

„Ich weiß nicht, ich fühle mich irgendwie noch nicht bereit. Vielleicht vertraue ich ihm noch nicht genug.“

„Das macht doch nichts. Wenn er der Richtige ist, kann er warten. Wenn nicht, dann solltest du ihn in die Wüste schicken.“ Nun lächelte Mimi wieder aufmunternd.

Sora erwiderte ihr Lächeln. Sie hatte ja Recht.

„Wie war es denn überhaupt mit Tai? War es gut?“

Mimi hob die Schultern. „Keine Ahnung. Es war merkwürdig und hat sich komisch angefühlt. Ungewohnt.“

Sora versuchte sich das Gefühl vorzustellen. Was passierte hier nur am letzten Abend?

Der vierzehnte Tag: Abreise

Dieses Mal ein verhältnismäßig kurzes Kapitel ;) Das ist nun auch das Letzte. Vielleicht schreibe ich noch einen Epilog. Ein wenig traurig bin ich schon, dass sie jetzt vorbei ist, aber hey, es ist meine erste Fanfic! :D Und sie ist fertig. Also viel Spaß beim Lesen und danke dafür. :)
 


 

Sora wurde unsanft durch das Klingeln ihres Weckers geweckt. Es war acht Uhr morgens. Müde drückte sie den Wecker aus und drehte sich auf die andere Seite. Auch Mimi hatte sich bewegt.

„Wir müssen aufstehen“, murmelte Sora.

Zur Antwort gähnte Mimi ausgiebig und rieb sich die Augen. „Ist es wirklich schon wieder Morgen?“

Sora nickte resigniert und kletterte schließlich aus dem Bett. Gähnend schlurfte sie ins Wohnzimmer, um die beiden anderen zu wecken.

„Jungs, aufstehen“, sagte sie und rüttelte die beiden.

Im Gegensatz zu Tai wachte Matt sofort auf. Er seufzte und sah auf seine Uhr.

„Ich geh schon mal ins Bad. Du kannst ja versuchen, Tai zu wecken“, meinte Sora und ging ins Badezimmer, um sich fertig zu machen. Eine Viertelstunde nach ihr ging Mimi ins Bad, die immer noch sehr verschlafen wirkte. Sora hingegen fühlte sich wach, nachdem sie sich eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte.

Tai schlief noch immer tief und fest, während Matt seine Badehose vom Balkon holte. Sora setzte sich auf Tais Bett und rüttelte ihn sanft. „Aufwachen, Schlafmütze.“

Keine Reaktion.

Sie rüttelte ihn fester.

Immer noch keine Reaktion.

Nun rüttelte sie ihn sehr kräftig, zog an seinen Haaren, kniff ihn in die Nase und rief: „Wach auf!“

„Hey!“ Tai öffnete die Augen und sah Sora genervt an. „Du bist ja schon wie Mimi.“ Er drehte sich auf die andere Seite und schloss die Augen wieder.

„Jetzt wird nicht mehr geschlafen“, befahl Sora und zog ihm die Decke weg.

„Es ist doch gerade mal um acht“, jammerte Tai.

„Wir wollen demnächst frühstücken gehen, weil unser Bus dann bald kommt. Du kannst auch gern ohne Frühstück mitkommen, aber ich weiß genau, dass du dann herum jammern wirst wie ein kleines Kind.“ Sie sah ihn streng an.

„Ist ja schon gut, du Sklaventreiberin!“ Mies gelaunt setzte Tai sich auf.
 

Es war sogar noch vor halb zehn, als endlich alle beim Frühstück waren. Tai und Mimi hatten an diesem Morgen noch kein Wort miteinander geredet. Sie gingen sich aus dem Weg und schienen es zu vermeiden, mit dem jeweils anderen allein irgendwo zu sein.

„Sora, du sitzt doch im Flugzeug und im Bus heute neben mir und nicht neben Matt, oder?“, flüsterte Mimi ihrer Freundin zu.

„Ja, klar“, antwortete Sora. „Übrigens habt ihr jetzt schon wieder eine unentschiedene Wette.“

„Pscht!“, zischte Mimi. „Das soll doch hier keiner mitkriegen.“

„Ihr tuschelt ja die ganze Zeit. Sagt es mir, ich will es auch wissen. Worum geht’s?“ Yolei hatte sich neugierig zu den beiden Mädchen gebeugt und sah sie erwartungsvoll an.

Mimi legte energisch einen Zeigefinger auf die Lippen und schüttelte den Kopf.

Yolei erwiderte ihren Blick enttäuscht und wandte sich wieder ab. Mimi versuchte nun krampfhaft, über belanglose Themen zu reden. „Heute ist es total warm, oder?“

„Ja, ganz im Gegensatz zu den letzten zwei Wochen, in denen ich mir wünschte, ich hätte meine Winterjacke eingepackt“, entgegnete Matt sarkastisch und musterte sie skeptisch.

Sora versuche, telepathischen Kontakt mit Matt aufzunehmen, indem sie ihn höchst konzentriert anstarrte. Sie wollte ihm zu verstehen geben, dass er möglichst auf Mimis Themen anspringen sollte. Doch als Matt ihren Blick bemerkte, wirkte er eher verängstigt und nicht so, als hätte er ihre telepathische Nachricht verstanden. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf, woraufhin er die Stirn runzelte. Oh je, das mussten sie unbedingt noch üben. Aber das sagte, dass Tai ihm wahrscheinlich noch nichts erzählt hatte.

Mimi warf Matt einen säuerlichen Blick zu, den er nicht zu verstehen schien und schließlich verwirrt wieder zu Sora sah. Sein Blick sagte: „Was zum Teufel ist mit euch los?“

Die anderen schienen von diesen heimlichen Blicken zum Glück nichts mitzubekommen, denn sie waren in Gespräche über ihre Ankunft in Japan vertieft und darüber, was sie zu Hause als erstes erledigen wollten.

„Ich werde meinen Geschwistern alles erzählen und ihnen alle Fotos zeigen, die ich gemacht habe“, verkündete Yolei grinsend.

„Ich werde bestimmt erst mal schlafen gehen“, überlegte Davis und gähnte zur Bestätigung.

„Das war ja klar“, lachte Ken und knuffte seinen Kumpel in die Seite.

„Ich werde erst mal meinen Vater besuchen“, meinte T.K.

„Und ich meine Mutter“, fügte Matt hinzu und lächelte seinen jüngeren Bruder an.

„Ich werde mich dann gleich mal ans Lernen machen, da ich nächste Woche eine Klausur schreibe“, sagte Joe und kratzte sich am Kopf.

„Typisch Joe“, erwiderte Kari und grinste. „Ich werde meinen Eltern die Souvenirs überreichen, die ich mitgebracht habe und Tai dumm dastehen lassen, weil er keine hat.“

„Und ich werde wohl meine Schwester verprügeln müssen“, zischte Tai und sah sie in gespielter Wut an. Alle lachten.

„Ich werde erst mal meiner Mutter alles erzählen“, sagte Sora und stellte sich den Gesichtsausdruck ihrer Mutter vor, wenn sie sie am Flughafen abholen würde.

„Mimi, was ist eigentlich mit dir? Du bist ja so still heute“, sagte Joe und alle Augen richteten sich auf das Mädchen neben Sora. Diese sah erschrocken auf. „Ich ähm... also meine Eltern haben mich bestimmt total vermisst und wollen bestimmt gleich alles wissen, was ich so gemacht habe“, mutmaßte sie.

„Ja, ich glaube, meine Eltern haben mich auch vermisst“, sagte Izzy und nickte.

„Das wird ein lustiger Anblick, wie unsere Eltern heute alle am Flughafen stehen und weinen werden vor Glück, dass wir wieder da sind“, meinte Yolei kichernd.

„Ach, ich glaube, meine Eltern haben mich nicht vermisst“, grummelte Davis.

„Blödmann, bestimmt haben sie dich vermisst!“, erwiderte Tai und sah den Jüngeren streng an.

„Leute, es ist schon nach zehn. Wir sollten langsam mal wieder auf unsere Zimmer gehen“, unterbrach T.K. die Gedanken an die Familien. Wer eine Uhr dabei hatte, sah erschrocken drauf und alle standen auf, um ein letztes Mal in ihre Apartments zurückzukehren.
 

Sora und Mimi kontrollierten unzählige Male sämtliche Schränke, die ihr Apartment zu bieten hatte, ob sie auch wirklich alles eingepackt hatten.

„Jungs, guckt ihr auch in die Schränke, damit ihr nichts vergesst“, sagte Sora zu Tai und Matt, als sie durch das Wohnzimmer ging.

„Ja, Mama“, sagten beide gleichzeitig und lachten.

„Macht euch nur lustig, aber beschwert euch am Ende nicht, wenn ihr was vergessen habt“, knurrte Sora und ging ins Mädchenschlafzimmer, wo Mimi gerade auf ihrem riesigen Koffer saß, um ihn zu schließen. Sora tat es ihr gleich.

„So, fertig“, sagte sie und besah die vielen Taschen und Koffer, die im Zimmer verteilt lagen. In diesem Augenblick steckte Tai den Kopf zur Tür herein. „Seid ihr soweit?“

Die Mädchen nickten und so schnappte Tai sich zwei der Koffer.

„Wie aufmerksam von Ihnen, Herr Yagami“, bemerkte Sora lächelnd und sah Tai dabei zu, wie er die zwei Koffer aus dem Apartment schleppte. Sora machte gerade Anstalten, ihre Reisetasche nach unten zu tragen, als Matt sie ihr nahezu aus der Hand riss.

„Schon gut, ich trag' das für dich“, sagte er und marschierte mit seinem eigenen Koffer und Soras Reisetasche aus dem Zimmer. Also schnappte Sora Mimis und ihre eigene Umhängetasche, sodass Mimi nur noch ihre Reisetasche zu tragen hatte, und die beiden Mädchen verließen ebenfalls das Apartment. Tai und Matt mussten noch einmal wiederkommen, um ihr restliches Gepäck zu holen.

Einige ihrer anderen Freunde warteten bereits mit ihren Taschen und Koffern vor dem Hotelgelände, während der Rest nach und nach dazukam, und so waren kurz vor der Abfahrtszeit alle am Treffpunkt für den Reisebus.

Seufzend ließ Mimi sich auf ihren Koffer fallen und stützte ihren Kopf mit den Händen. „Ich habe keine Lust auf so einen langen Flug.“

„Anders kommen wir leider nicht nach Hause“, entgegnete Matt lächelnd. Er hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und sah die Straße hinunter, ob unser Bus sich schon näherte.

„Na ja, wir könnten es mit Schwimmen versuchen“, schlug Tai grinsend vor. „Immer den Pazifik entlang, dann kommen wir irgendwann in Japan an.“

„Du vielleicht“, erwiderte Yolei und betrachtete missmutig ihre eher unsportliche Figur. Sora kicherte.

„Da kommt der Bus“, sagte Izzy und hob seine große Reisetasche vom Boden auf. Alle anderen, auch die restlichen Hotelgäste, die an diesem Tag ebenfalls abreisten, erhoben sich langsam von ihren Gepäckstücken und nahmen diese auf.

Der Bus bremste quietschend vor de Urlaubern und öffnete die Türen. Der Busfahrer stieg aus, um das Gepäck in dem Kofferraum im unteren Teil des Busses zu verstauen. Soras Gepäck wurde ganz zuletzt eingeräumt und so betrat sie als Letzte den Bus. Sie hielt nach Mimi Ausschau, die ziemlich weit vorn Platz genommen hatte und Soras Blick auffing. Dann suchte Sora Matt, der ziemlich weit hinten neben Tai saß. Also hatte er sowieso nicht neben ihr sitzen wollen. Ein wenig beleidigt setzte sie sich neben Mimi und wenige Augenblicke später ging die Fahrt los.

Die jamaikanische Landschaft sauste an ihnen vorbei. Sora und Mimi konnten sich gar nicht sattsehen an den Palmen und außergewöhnlichen Pflanzen. An der klaren Luft und dem wolkenlosen Himmel. Den kleinen Bungalowhäuschen, die so ganz anders aussahen als Häuser in Japan. Die Dreiviertelstunde war schnell vorbei und sie erreichten den Flughafen in Kingston. Ihr Gepäck wurde ausgeladen und die zwölf Freunde halfen sich alle gegenseitig beim Schleppen. Sogleich stellten sie sich bei der Gepäckabgabe an, da dort bereits viele Leute standen. Es ging nur langsam voran, da ständig jemand mit einer Dame oder einem Herren vom Check-in diskutieren musste.

Um zwei saßen die Freunde schließlich beim Mittagessen in einem der kleinen Restaurants im Flughafengebäude.

„Man, hab ich einen Hunger gekriegt beim Einchecken“, sagte Davis mit vollem Mund, der gerade ein Schnitzel verdrückte.

„Klar, was auch sonst“, meinte T.K. und lachte.

Sora trank genüsslich ihren Orangensaft und aß ihre Portion Nudeln mit Tomatensoße. Das Essen war zwar teuer, aber schmeckte dafür wenigstens.

Nach dem Essen gingen sie schon einmal zu ihrem Terminal, von wo aus sie in das Flugzeug steigen würden. Sie nahmen auf den Sitzreihen Platz und vertrieben sich die Zeit mit Kartenspielen, Leute beobachten und plaudern.

„Immer diese nervigen Wartezeiten auf Flughäfen“, nörgelte Mimi und legte ihre Karten weg. „Und das blöde Kartenspiel macht das Warten auch nicht besser!“

„Ach, Mimi“, seufzte Sora.

„Ich will endlich zu Hause sein!“

Sora sah ihre Freundin besorgt an. Mit Mimi war an diesem Tag wirklich nicht gut Kirschen essen.

„Komm mal mit“, befahl sie, zog Mimi hoch und ging mit ihr weg. Sie wollte einfach nur ein bisschen durch die Gegend spazieren und ungestört mit ihr reden.

„Was ist los?“, fragte sie und musterte Mimi von der Seite. „Mit dir stimmt irgendwas nicht. Ist es wegen gestern Abend?“

„Ja, ich glaub schon. Ich weiß einfach nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich hab mich herumkriegen lassen wie eine verknallte kleine Göre.“ Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. „Das erste Mal sollte etwas Besonderes werden mit jemandem, den man liebt und mit dem man zusammen sein will. Und nicht mit einem Kerl, der einen andauernd auf die Palme bringt.“

„Aber vielleicht ist dieser Kerl ja jemand, den du liebst, und du weißt es nur noch nicht“, überlegte Sora laut. „Du hast doch gestern gesagt, der Kuss hat sich gut angefühlt.“

„Ja, schon, aber vielleicht war das nur das eine Mal und wenn ich ihn noch mal küssen würde, würde ich wahrscheinlich gar nichts mehr fühlen.“ Mimi sah ihre Freundin resigniert an.

„Das musst du schon austesten, bevor du das sagen kannst“, sagte Sora.

Als hätte er verstanden, was die beiden Mädchen redeten, erschien Tai plötzlich hinter ihnen. „Hey, wir müssen gleich in den Flieger und ich wollte euch zurückholen“, sagte er und deutete mit dem Daumen hinter sich.

Sora stupste Mimi kaum merklich an und nickte ihr zu. Tai sah sie verwirrt an.

„Tai.“ Mimi machte einen Schritt auf ihn zu, sodass sie sich nun ganz nah waren. Tai wirkte perplex, wollte einen Schritt zurückgehen, doch Mimi hielt seine Hände fest. „Ich würde gerne etwas ausprobieren. Darf ich? Ich muss es jetzt unbedingt wissen.“

Tai starrte sie irritiert an, als wäre ihm das Ganze nicht geheuer. „Ähm... okay?“ Er sah aus, als wollte er am liebsten weglaufen.

Mimi beugte sich vor und küsste ihn unvermittelt auf den Mund.

„Was... was machst du da?“, fragte er verstört, als sie sich wieder von ihm löste.

„Dich küssen, du Idiot. Was denn sonst?“ Sie sah ihn ungeduldig an. „Noch mal.“ Und noch einmal beugte sie sich vor und küsste ihn. Tai wich zurück. „Was ist los mit dir? Was soll das?“

„Okay, das war's“, verkündete Mimi und ließ von ihm ab. „Wir kommen gleich nach.“

Tai warf Sora einen reichlich entgeisterten Blick zu und schlurfte dann völlig irritiert davon.

„Du bist verrückt“, sagte Sora und schüttelte den Kopf. „Aber hast du was gemerkt?“

Mimi nickte entschlossen. „Ja, es war wieder da, das Gefühl. Zuerst war ich mir nicht sicher, aber beim zweiten Mal habe ich es ganz deutlich gespürt.“

„Wie romantisch“, seufzte Sora verträumt.

„Nur, wenn er es auch merkt“, erwiderte Mimi. „Was ist nur los mit mir?“

„Ich glaube, du bist verknallt.“ Sora grinste sie an. „Und das ist süß. Ich bin mir sicher, dass Tai auch in dich verknallt ist. Bestimmt sogar mehr als du in ihn.“

„Ach, du spinnst doch!“, rief Mimi und lief rot an. Sie nahm ihre Freundin an der Hand und zerrte sie hinter sich her zurück zum Terminal, wo schon die ersten Passagiere den Durchgang zum Flugzug passierten. Tai warf den Mädchen einen vielsagenden Blick zu, als sie wieder zu der Gruppe stießen, und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. Sora hoffte, dass sich da eine Romanze zwischen den beiden Streithähnen anbahnte.

„Da bist du ja wieder.“ Matt legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie somit an sich. „Ich dachte schon, du willst nicht mit nach Hause fliegen.“

„Doch, was soll ich denn allein hier?“, entgegnete Sora grinsend.

„Wir können zu zweit hier bleiben.“ Matt tat so, als würde er seinen Rucksack nehmen und kehrt machen wollen. Sora lächelte, da sie ihn gut verstehen konnte. Wie gerne wäre sie noch nur mit ihm allein hier geblieben.

„Willst du neben mir sitzen im Flugzeug? Ich lasse dich auch ans Fenster“, fragte er sie großzügig.

„Nein, tut mir Leid“, antwortete Sora bedauernd. „Aber Mimi braucht mich.“

Matt zuckte die Schultern und dann waren sie auch schon dran, ihre Bordkarten vorzuzeigen und den Durchgang zu passieren. Sie gingen durch den Tunnel, der das Terminal mit dem Flugzeug verband. Das Flugzeug war eng. Langsam ging Sora durch die Sitzreihen und suche nach dem Platz, der auf ihrer Bordkarte stand. Sie fand ihn und ließ Mimi am Fenster sitzen.

Es folgte ein Sicherheitsvideo darüber, wie man sich bei Sauerstoffknappheit zu verhalten hatte und wie eine Schwimmweste anzulegen war. Dann rollte die Maschine auf die Startbahn und wurde schneller.

„Der Start ist der beste Teil beim Fliegen“, sagte Sora laut, um das Röhren des Flugzeugs zu übertönen.

„Findest du? Mir wird dabei immer eher schlecht.“ Ängstlich sah Mimi aus dem Fenster.

Das Flugzeug hob ab, Mimi drückte sich in ihren Sitz und Sora blickte begeistert aus dem Fenster. Sie sah zu, wie die Welt unter ihr immer kleiner wurde und man schon das Meer sah, das sie gleich überqueren würden.

Mimi wedelte sich mit einer Hand Luft zu und atmete tief durch.

„Brauchst du was? Willst du einen Kaugummi oder so?“, fragte Sora besorgt.

„Nein, das geht gleich wieder“, versicherte Mimi ihr.

„Hey, alles okay bei euch?“ Kari sah zwischen Soras und Mimis Sitzen hindurch. Sie, Yolei und T.K. saßen hinter den beiden.

„Ja, alles klar“, antwortete Sora lächelnd.

Wenige Minuten später erlosch die kleine Lampe über ihren Köpfen, die besagte, dass man angeschnallt sein musste.

„Puh“, seufzte Mimi und wurde ruhiger. „Jetzt geht es wieder.“

„Super, es gibt ja bestimmt auch bald Essen, das kannst du dir ja nicht entgehen lassen“, sagte Sora grinsend.

„Nein, stimmt, immerhin haben wir dafür bezahlt“, stimmte Mimi ihr zu.

„Haben wir gar nicht“, mischte sich Yolei hinter ihr ein.

„Stimmt ja.“ Mimi lachte. „Wir haben den Urlaub inklusive Flug ja geschenkt bekommen.“

Yolei nickte zufrieden.

Die Zeit bis zum Essen vertrieben sich die beiden Mädchen mit der hübschen Aussicht. Sie flogen über den Wolken, sodass es so aussah, als würde unter ihnen ein weißer, flauschiger Teppich liegen.

Nach dem Essen spielten sie eine Weile Karten, doch irgendwann schliefen nahezu alle ein. Nur Sora war irgendwann noch Wach. Sie waren nun vielleicht schon vier oder fünf Stunden im Flieger, aber es würde immer noch so lange dauern, bis sie endlich wieder landen würden.

Mimi hatte den Kopf gegen das Fenster gelehnt und schlief, während Sora nur aus dem Fenster sah und nichts mit sich anzufangen wusste. Sie setzte sich ihre mitgebrachten Kopfhörer ein und zappte durch die Musikkanäle, doch auch dort fand sie nichts, was sie ansprach. Der Film, der auf den kleinen Bildschirmen gezeigt wurde, interessierte sie ebenfalls nicht. So zog sie sich die Kopfhörer seufzend wieder aus den Ohren und sah wieder aus dem Fenster. In der Ferne konnte sie ein weiteres Flugzeug erkennen, das allerdings in die entgegengesetzte Richtung flog. Ob die Leute dort drin wohl auch Urlaub auf Jamaika machen wollten?

„Hey“, riss Matts Stimme sie aus ihren Gedanken. Er hatte sich auf den freien Platz neben ihr gesetzt und musterte sie. „Du kannst wohl auch nicht schlafen?“

Sora schüttelte den Kopf und lehnte sich an ihn. „Ich weiß nicht, was ich hier alleine machen soll.“

„Jetzt bin ich ja da“, erwiderte Matt und streichelte ihr mit den Fingerspitzen über die Hand.

„Toll, und was ändert das an meiner vorherigen Situation?“, fragte Sora scherzhaft, um ihn zu ärgern.

„Ich kann auch wieder gehen“, murrte Matt und machte Anstalten aufzustehen, doch Sora hielt ihn am Arm fest.

„War nur ein Scherz“, sagte sie versöhnlich und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. „Hast du deine Gitarre eingepackt?“

Verdutzt sah Matt sie an. „Nein, ich vergesse immer meine geliebte Gitarre in irgendwelchen Hotelapartments. Was denkst du denn?“

Sora kicherte. „Schon gut, ich wollte ja nur nett sein.“

„Nett? Wenn ich sie wirklich vergessen hätte, hättest du mir damit jetzt den Schock des Jahres bereitet“, entgegnete Matt und knuffte sie leicht in die Seite.

„Ja ja, schon okay, ich hab's verstanden“, murmelte Sora müde.

„Sag mal, wieso hat Mimi eigentlich Tai geküsst?“, fragte Matt plötzlich aus heiterem Himmel.

„Ähm... was? Hat Tai es dir erzählt?“

„Gezwungenermaßen. Ich habe ihn gefragt, warum er so mitgenommen aussieht, obwohl er nur dich und Mimi holen sollte.“

„Mimi wollte bloß austesten, ob sie etwas empfindet, wenn sie Tai küsst“, sagte Sora beiläufig und ohne ihren Kopf von Matts Schulter weg zu bewegen.

„Okay, jetzt bin ich schlauer als vorher“, meinte Matt ironisch nach kurzem Zögern.

„Nimm es einfach so hin, ich kann dir nicht mehr erzählen“, sagte Sora entschuldigend.

„Schon gut, du hättest mir auch gar nichts antworten müssen. Geht mich ja nichts an.“

Eine Weile schwiegen sie. Dann lag Sora doch etwas auf dem Herzen.

„Du sag mal“, fing sie an.

„Hm?“

„Willst du jetzt eigentlich weiter Kontakt mit Minami halten?“, fragte sie ohne Umschweife.

„Warum fragst du?“

„Na ja, du hast doch bestimmt ihre Handynummer und es ist ja nicht gerade wenig zwischen euch passiert und sie liebt dich. Und du hast sie gestern so lange umarmt.“ Gerade, als sie das gesagt hatte, wünschte sie sich schon wieder, sie hätte es nicht gesagt. Sie musste klingen, wie eine eifersüchtige kleine Kuh, die ihrem Freund nicht den geringsten Freiraum lassen und ihn am liebsten den ganzen Tag beobachten wollte.

„Sora“, raunte er und küsste sie auf die Haare. „Du scheinst mir wirklich kaum zu vertrauen. Vielleicht werde ich Kontakt zu ihr haben. Sollte sie mich anschreiben, werde ich zurückschreiben, aber du solltest eigentlich wissen, dass das nicht von tieferer Bedeutung sein wird. Ich weiß nicht, wie ich dir das beweisen soll...“, er machte eine kurze Pause. „Du wirst wohl das Risiko eingehen und Vertrauen zu mir aufbauen müssen.“

„Tut mir Leid.“ Soras Kopf lehnte immer noch an seiner Schulter. Ihre Augen starrten ins Leere, die Finger der einen Hand spielten mit denen der anderen Hand. „Ich habe einfach nur Angst, ausgenutzt und hintergangen zu werden.“

„Hat dir jemand mal so etwas angetan?“, fragte Matt leise und einfühlsam.

„Nein.“ Sora seufzte tief. „Ich weiß selbst nicht, warum ich mir darum so viele Gedanken mache. Ich will dir ja voll und ganz vertrauen, aber momentan geht das noch nicht so richtig.“

Matt erwiderte nichts, sondern nahm ihre Hand und drückte sie sanft. So saßen sie eine Weile, bis Sora schließlich doch einschlief.
 

Als sie wieder aufwachte, war es nicht mehr lang bis zur Landung. Endlich. Sie streckte sich und sah auf ihre linke Seite, wo Matt saß. Er lächelte sie an. Sie sah zu ihrer Rechten, so Mimi saß, die sie ebenfalls ansah. „Du bist ja wieder wach.“

„Du auch“, antwortete Sora.

„Ja, mein Schönheitsschlaf musste ein Ende haben“, sagte sie grinsend. „Es ist auch gar nicht mehr lang, bis wir in Tokio landen.“

„Na, zum Glück“, meinte Sora und drückte ihren Rücken durch, so gut es ging. Sie konnte allmählich nicht mehr sitzen.

„Ich geh wieder hinter zu Tai“, verkündete Matt und stand auf.

„Okay, bis später“, verabschiedete Sora sich von ihm und wandte sich dann Mimi zu. „Er will vielleicht Kontakt zu Minami halten.“

„Dieser Schuft!“, zischte Mimi. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, ihre Lippen waren zusammen gekniffen. „Der spinnt wohl. Er hat doch dich, was will er dann mit dieser kleinen... Was sagst du denn überhaupt dazu?“

„Ach...“ Sora sank zurück in ihren Sitz und senkte den Blick. „Keine Ahnung. Das macht es mir nicht gerade leichter Vertrauen aufzubauen.“

Mimi kratzte sich am Kinn und schien eine Weile zu grübeln. „Vielleicht solltest du es als Herausforderung sehen“, sagte sie schließlich. „Er wird dir somit zeigen, dass er keinen Mist baut, sondern nur ganz normalen Kontakt zu anderen Mädchen hat. Das ist für ihn ja auch ganz natürlich. Immerhin ist er der Grund für viele schlaflose Nächte von so manchem Groupie.“

„Oh, erinnere mich nicht daran“, bat Sora verzweifelt. Wenn sie jetzt noch an die ganzen anderen Mädchen dachte, die Matt anhimmelten, wenn er mal wieder ein Konzert mit seiner Band gab, dann wurde ihr ganz schlecht.

„Das wird schon noch“, versicherte ihr Mimi und legte beruhigend eine Hand auf ihren Arm. „Da bin ich mir sicher. Matt ist kein übler Kerl.“

Dankbar lächelte Sora ihre Freundin an.

Irgendwann nach einer gefühlt unendlich langen Zeit blinkten endlich die Signallichter zum Anschnallen auf und die Landung wurde eingeläutet. Mimi neben ihr wurde wieder ein wenig panisch, als das Flugzeug plötzlich nach vorn zu kippen schien, doch Sora redete beruhigend auf sie ein. „Keine Panik, wir sind jetzt fast da.“

Sie tauchten durch die Wolkendecke und und konnten Tokio sehen. Unzählige Wolkenkratzer reckten sich ihnen entgegen, als wollten sie sie berühren. Nun klebte Mimi doch begeistert an der Scheibe. „Vielleicht kann ich von hier aus schon sehen, wo ich wohne“, rief sie und starrte nach unten ihren Wohnblock suchend.

„Das bezweifle ich“, erwiderte Sora lachend, doch auch sie beugte sich zum Fenster, um auf die Stadt sehen zu können.

„Von hier sieht Tokio unheimlich grau aus“, stellte Mimi schaudernd fest.

Sora nickte mit gerunzelter Stirn und dachte an Jamaika zurück.

Nun konnte man langsam schon die Start- und Landebahnen des Narita International Airport erkennen.

„Wir sind wieder zu Hause“, flüsterte sie bedeutungsvoll.

Die Maschine ging tiefer und tiefer, bis sie sich schließlich knapp über der Landebahn befand. Holpernd setzten die Räder auf und der Flieger sauste über die Landebahn, wurde allmählich langsamer und rollte schließlich in seine Endposition. Die Passagiere applaudierten und schnallten sich ab. Dann wollten natürlich alle gleichzeitig den engen Raum verlassen.

Neben dem Flugzeug standen zwei Shuttlebusse bereit, die die Passagiere zum Eingang für ankommende Fluggäste brachten. Sie betraten das Flughafengebäude und gingen zum Gepäckband. Sora war froh, sich endlich wieder die Beine vertreten zu können. Nun hieß es zu warten, bis endlich das Gepäck kam. Alle Passagiere verteilten sich um das Gepäckband und versuchten einen guten Platz zu ergattern, um ja nicht ihre Taschen und Koffer zu verpassen.

Müde lehnte Sora sich an Tai, der gerade neben ihr stand, und gähnte. „Hoffentlich dauert das jetzt nicht so lang.“

„Das hoffe ich auch“, antwortete er.

Minuten später erschien endlich der erste Koffer auf dem Gepäckband. Alle nahmen eine Stellung ein, als wollten sie sich für einen Nahkampf wappnen. Immer mehr Koffer, Taschen, Rucksäcke und mehr erschienen auf dem Förderband.

„Oh, da ist meine Tasche!“, rief Mimi, die neben Sora stand. Tai griff sofort nach der Tasche, auf die Mimi gezeigt hatte, und überreichte sie ihr ohne sie dabei anzuschauen.

„Danke“, sagte Mimi verlegen.

So ging es weiter. Wer auch immer an ein Gepäckstück seiner Freunde herankam, zerrte es vom Band. So wurde nichts vergessen und ganz zum Schluss erschien Matts Gitarre verpackt in einer schwarzen Tasche, die leicht zu identifizieren war. Matt hob sie vom Band und hing sie sich über die Schulter. „Okay, wir können los.“

Mit ihrem ganzen Gepäck beladen – glücklicherweise war nichts unterwegs verloren gegangen – marschierten die zwölf Freunde in Richtung Ausgang. Als sie den Bereich der Gepäckrückgabe verließen, wurden sie von ihren Eltern begrüßt, die dort alle standen und sehnsüchtig auf sie warteten.

„MIMI!“, kreischte eine Frau, die nur Mimis Mutter sein konnte. Sie kam auf die Gruppe zu gerannt und schloss die verdatterte Mimi in ihre Arme. „Gott sei Dank, ihr seid gut angekommen! Ich hab dich so vermisst. Wie geht es dir?“ Sie weinte, küsste ihre Tochter auf die Wangen, drückte sie wieder an sich, sah sie wieder an, schluchzte laut, drückte sie wieder an sich und so weiter. Sora musste ein Kichern unterdrücken, als auch noch Mimis Vater zu den beiden stieß und sie in die Arme schloss.

„Sora.“ Ihre eigene Mutter stand plötzlich vor ihr.

„Hey, Mama“, sagte Sora lächelnd und umarmte sie herzlich.

„Du hast mir gefehlt“, sagte ihre Mutter leise. „Ich hoffe, es war schön?“

„Klar, war es das“, antwortete Sora strahlend. „Das muss ich dir nachher alles erzählen.“

Plaudernd, lachend und weinend schlenderten Eltern und Kinder in einer riesigen Gruppe zu den Ausgängen und erregten dabei so manche Aufmerksamkeit. Draußen angekommen ging es daran, sich erst mal von allen zu verabschieden, mit denen man soeben zwei Wochen lang jeden einzelnen Tag verbracht hatte. Sora umarmte alle nacheinander und am Ende blieb nur noch Matt übrig. Sein Vater stand neben ihm, doch sah sich gerade eher unaufmerksam um, als auf seinen Sohn zu achten. Soras Mutter sah die beiden an und wartete, dass sie sich auf den Weg machen konnte.

„Also, dann“, sagte Matt an Sora gewandt. „Ich ruf dich bestimmt nachher noch an.“

„Okay, dann bis nachher“, erwiderte Sora lächelnd. Sie küssten sich flüchtig und wandten sich dann ihren Eltern zu, die einen verdutzten Blick miteinander tauschten, denn Matts Vater war nun doch aufmerksam geworden.

Sora und ihre Mutter machten sich auf den Weg zum Parkplatz.

„Du hast mir ja anscheinend wirklich viel zu erzählen“, sagte Soras Frau Takenouchi und musterte sie eindringlich.

Sora zuckte nur die Schultern und lächelte unschuldig.

Eine Beziehung mit einem Mädchenschwarm

So, hier ist nun das endgültige Ende von "Sommer, Sonne und die verfluchte Liebe". Ich bin ein bisschen traurig, dass es vorbei ist. Vielleicht, wenn es mich überkommt, schreibe ich irgendwann eine Fortsetzung. :D Es hat mir doch viel Spaß gemacht.

Ein letztes Mal: Viel Spaß beim Lesen, meine Lieben. :)
 


 

Erschöpft wischte Sora sich den Schweiß von der Stirn. Es war ein ziemlich warmer Tag für Ende Oktober. Sie atmete kurz durch, warf dann den Ball hoch in die Luft, nur um ihn kurz darauf mit aller Kraft auf die gegnerische Seite zu schmettern. Aiko, ihre momentane Trainingspartnerin, hob den Tennisschläger und schlug den Ball nicht weniger kräftig zurück auf Soras Seite. So ging es hin und her, bis Aiko irgendwann doch zu langsam war.

„Verdammt!“, rief sie wütend und warf ihren Tennisschläger auf den Tartanboden.

„Tut mir Leid“, rief Sora zu ihr hinüber und bekam fast schon ein schlechtes Gewissen. Sie hatte nun schon fünf Sätze hintereinander gewonnen.

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Du bist heute halt besser als ich.“ Aiko dehnte ihre Arme und sah sich dabei um. Kurz darauf sah sie wieder zu Sora und deutete mit dem Kopf in eine Richtung. Sora folgte der Richtung und erkannte Matt, der lässig an einem Pfeiler lehnte. Er trug eine lange schwarze Hose und ein schwarzes Hemd. Über der Schulter trug er seine Gitarre in einer Tasche. Er musste von seiner Bandprobe kommen, doch eigentlich war dies noch zu früh.

Sora sah unsicher zu Aiko, ob diese sie wohl kurz entbehren konnte. Aiko grinste und ging an den Rand des Feldes, wo ihre Wasserflasche stand. Also lief Sora zu Matt.

„Was machst du denn hier? Ich dachte, du hast noch bis um sieben Probe“, begrüßte sie ihn, aber lächelte dabei. Sie freute sich immer ihn zu sehen.

„Wir hatten eher Schluss. Ich wollte dich eigentlich abholen“, erklärte er und musterte sie.

„Ich muss noch zehn Minuten, ich kann leider nicht eher gehen“, antwortete sie entschuldigend.

„Schon gut“, erwiderte Matt. „Ich schau dir einfach noch ein bisschen zu.“

Sora schenkte ihm ein verlegenes Lächeln und lief zurück zu ihrem Feld und Aiko. Na toll, er hatte ihr in den zwei Monaten, die sie jetzt zusammen waren, noch nie zugesehen. Nun war sie nervös.

Sie griff nach dem Ball und führte einen weiteren Aufschlag aus. Es ging hin und her, doch schon nach kurzem Ballwechsel ließ Sora den Ball ins Aus fliegen.

„Mist“, fluchte sie leise und warf den kleinen Ball zu Aiko. Diese machte einen Aufschlag, den Sora so ungeschickt zurückschlug, dass der Ball ins Aus flog, ohne vorher das gegnerische Feld zu berühren.

„Was ist denn nun los? Bist du etwa nervös?“, rief Aiko triumphierend.

Sora streckte ihr die Zunge raus und warf einen Seitenblick auf Matt, der sie beobachtete. Den nächsten Aufschlag von Aiko schlug sie zwar zurück, aber er war für Aiko so einfach, dass diese ihn besonders hart zurück schmettern konnte und der Ball an Sora vorbei sauste, ohne dass sie ihn berührte.

„Oh man“, seufzte Sora und und vergrub das Gesicht in der freien Hand.

„Jetzt streng dich mal wieder an, so will ich nicht gewinnen!“, rief Aiko lachend.

Konzentriert starrte Sora ihre Gegnerin an und versuchte Matt zu ignorieren. Sie warf den Ball in die Höhe, erwischte ihn mit dem Schläger am höchsten Punkt und schmetterte ihn zu ihrer Gegnerin. Diese konnte ihn gerade so noch mit dem Schläger erwischen und schlug ihn daher schwach zurück, was Sora mit ihrem nächsten Schlag einen Punkt brachte.

„Mir reicht's. Es ist doch schon um sechs, lass uns aufhören“, rief Aiko und ging zum Feldrand. Sora tat es ihr nach. Auch die anderen Mädchen, die auf den übrigen zwei Feldern gespielt hatten, beendeten ihr Spiel und schlenderten zu ihrer Trainerin.

„Okay, Mädels“, fing diese an. „Wir sehen uns Montag wieder. Vergesst nicht, dass wir im November ins Trainingslager fahren.“

Alle murmelten zustimmend und begaben sich dann zu den Umkleidekabinen. Allerdings nicht ohne vorher noch einen Blick auf Matt zu werfen, der Sora auf die Wange küsste, als sie wieder neben ihm stand. Die beiden hatten versucht, aus ihrer Beziehung ein Geheimnis zu machen, zumindest vor der Öffentlichkeit. Doch das war ihnen nicht gelungen und Matt hatte schon die ein oder andere verhasste E-Mail von einem Fan erhalten, die seine Freundin betraf. Im Internet hatten sie auch schon Fotos gefunden, auf denen sie abgebildet waren, wie sie gerade gemeinsam eine Diskothek betraten. Darunter war eine rege Diskussion unter Groupies geführt worden, ob dieses rothaarige Mädchen an Matts Seite nun seine Freundin war oder nicht. Und wenn ja, wie man sie wieder auseinander bringen konnte und seit wann er überhaupt auf Rothaarige stand. Den sonst so coolen Matt hatte diese Diskussion ein wenig aufgeregt. Sora war bemüht gewesen, sich nicht im Geringsten über die Kommentare dieser Mädchen zu scheren, doch dies fiel ihr immer noch schwer.

„Ich muss erst noch duschen, aber danach können wir gleich los“, sagte sie zu Matt und lief zu den Duschen. Sie beeilte sich, da sie ihn nicht zu lange warten lassen wollte, und so stand sie eine Viertelstunde später mit noch etwas feuchten Haaren wieder neben ihm. Hand in Hand machten sie sich auf den Weg zu der nahegelegenen U-Bahn-Station, um in ihre Lieblingsbar zu gelangen. Tai hatte heute Geburtstag und wollte alle auf einen Drink einladen. Eigentlich wollten sie sich schon halb acht treffen, doch Matt und Sora schafften es nicht pünktlich. Matt wäre sogar erst nach acht erschienen, wenn er bis um sieben geprobt hätte.

Die U-Bahn war ziemlich voll. Sie waren anscheinend mitten in den Feierabendverkehr geraten und mussten stehen. Direkt neben ihnen standen zwei Mädchen, die aufgeregt und ununterbrochen miteinander tuschelten. Sora bemerkte, wie sie immer wieder zu Matt sahen, und war allmählich genervt. Schließlich drehten sie sich zu ihm.

„Hey, du bist doch Matt, oder? Von den Teenage Wolves“, sagte die Größere der beiden und sah den Angesprochenen mit leuchten Augen an.

„Ja“, antwortete Matt langsam und musterte sie.

„Ich bin Noriko und das ist Natsumi“, stellte sie sich und ihre Freundin vor. „Wir finden deine Band echt super.“

„Und vor allem natürlich dich. Du kannst so toll singen“, schwärmte die Kleinere der beiden, die eine zu hohe Stimme für Soras Ohren hatte.

„Oh, danke“, sagte Matt lächelnd.

„Vielleicht willst du uns deine Handynummer geben? Dann können wir uns SMS schreiben und ein wenig Kontakt haben“, bat die Größere und sah Matt hoffnungsvoll in die Augen.

Nahezu entsetzt starrte Sora die beiden Mädchen an. Wie konnte man nur so aufdringlich sein und jemanden sofort nach dessen Handynummer fragen, ohne ihn wirklich zu kennen?

„Ähm, tut mir Leid, aber meine Nummer gebe ich niemandem“, antwortete Matt entschuldigend.

„Wie schade“, quietschte die Kleinere enttäuscht.

„Aber vielleicht deine E-Mail-Adresse?“, bettelte die Größere. „Ich würde dich wirklich gern näher kennen lernen.“

Es klatscht gleich, dachte Sora wütend und verengte die Augen zu Schlitzen.

„Die findet ihr auf unserer Internetseite“, antwortete Matt nur.

„Ja, das ist ja nur die Adresse für die ganze Band. Ich hätte lieber deine private“, erklärte die Größere und sah ihn flehend an.

Sora kaute wütend auf ihrer Unterlippe herum. Ihre Fingernägel bohrten sich in ihre Handflächen.

„Tut mir echt Leid. Ihr könnt mir gerne schreiben, aber an die E-Mail-Adresse, die auf unserer Internetseite steht. Meine Adresse ist privat“, erklärte Matt freundlich.

Nun runzelte auch die Größere enttäuscht die Stirn.

„Ist das Mädchen neben ihm nicht die von dem Foto im Internet?“, flüsterte die Kleinere ihr ein wenig zu laut zu. Sora hatte zwar nicht jedes Wort, dafür aber den Sinn verstanden. „Er hätte sich ja auch eine hübschere Freundin suchen können.“

Sora erstarrte. Hatten diese Mädchen denn gar keinen Anstand? Sie bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen, doch innerlich verletzte sie diese Aussage. Sie wandte den Blick ab und starrte aus dem Fenster, wo man nur die Schwärze des U-Bahn-Tunnels sah.

„Entschuldigt, aber ich kann euch noch hören“, erinnerte Matt die beiden. Seine Stimme klang nun merklich kühler.

Daraufhin erwiderten die beiden Mädchen nichts mehr und das Gespräch war endlich beendet. Ein paar Stationen später mussten Matt und Sora aussteigen. Sie hatten die ganze restliche Zeit neben diesen Fans gestanden. Matt musste Soras Blick bemerkt haben, denn als sie ausgestiegen waren, legte er einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.

„Mach dir nichts draus“, sagte er trocken. „Hör einfach nicht auf diese dummen kleinen Mädchen.“

Sie verließen die U-Bahn-Station und gingen den restlichen Weg zur Bar zu Fuß. Als sie Bar betraten, hörten sie ihre Freunde mehr als dass sie sie sahen. Sie hatten einen großen runden Tisch ergattert und alle schon Getränke bestellt. Sie plauderten und lachten laut. Als Matt und Sora sich ihrem Tisch näherten, stand Tai auf, um sie zu begrüßen. Matt hatte ihn in der Schule an diesem Tag noch nicht gesehen, da er von morgens bis mittags eine Klausur geschrieben hatte und danach wegen ausfallender Unterrichtsstunden nach Hause gegangen war. Nun fielen sich die beiden Freunde in die Arme und Matt beglückwünschte Tai überschwänglich. Tai sah aus, als würde er jeden Moment anfangen zu heulen und die Umarmung der beiden dauerte ewig.

„Wenn die nicht schwul sind, dann weiß ich auch nicht“, meinte Davis und alle lachten, sodass Tai und Matt sich endlich losließen. Sora umarmte ihn nun auch und beglückwünschte ihn zum zweiten Mal an diesem Tag. Er war nun schon siebzehn, benahm sich aber manchmal noch wie zehn. Egal, Sora hatte ihn trotzdem lieb.

Die beiden Neuankömmlinge begrüßten auch die anderen und setzten sich dann auf die letzten zwei freien Plätze. Alle hatten sich schick gemacht, sodass Sora sich schon schlecht fühlte. Tai trug sogar ein Hemd, Kari ein kurzes Kleid und Yolei eine schicke Bluse. Und Mimi war ja immer hübsch gekleidet. Sie saß ein paar Plätze weg von Tai neben Kari. Es war recht schwierig geworden mit den beiden. Tai liebte Mimi, doch sie liebte ihn nicht. Zumindest sagte sie das. Außerdem wollte sie nicht ihre Freundschaft riskieren. Nun war die Stimmung zwischen den beiden seit einer Weile ein wenig gedrückt.

„Okay, jetzt da Matt und Sora endlich da sind, können wir ihm das Geschenk geben“, fand Kari und kramte einen Umschlag aus ihrer Tasche hervor. „Wir haben alle unser letztes Geld zusammengekratzt, um dir das hier zu schenken, liebster Bruder.“ Sie schob den Umschlag zu ihm rüber und alle sahen ihn gespannt an, obwohl jeder wusste, was sich darin befand. Immerhin hatten sie alle dafür gestimmt. „Wir hoffen, dass es dir gefällt.“

Tai blickte fragend in die Runde und öffnete dann den Umschlag. Was er hervorholte, waren zwei Karten für ein Fußballspiel. Er betrachtete die Karten genauer und seine Augen begannen zu leuchten.

„Wow, Karten für das Freundschaftsspiel Japan gegen Brasilien?“ Er drehte die Karten hin und her als würde er prüfen wollen, ob das auch keine Fälschungen waren. „Oh man, vielen Dank! Das ist ja super! Wen darf ich denn mitnehmen?“

Alle grinsten und freuten sich, dass Joes Idee so gut ankam.

„Wen du willst, du Idiot“, antwortete Matt und boxte ihn gegen den Arm.

„Aber falls du einen von uns nimmst, wird keiner von den anderen beleidigt sein“, versicherte T.K. ihm.

„Also ich bin schon beleidigt, wenn du mich nicht mitni- au!“ Jemand hatte Davis vermutlich unter dem Tisch einen Tritt verpasst, denn das Gesicht des Jungen war schmerzverzerrt und sein Satz blieb unvollendet. Die anderen lachten nur.

Kurz darauf erschien plötzlich ein ausgesprochen hübsches Mädchen mit langem schwarzen Haar neben Matt und Sora verdrehte schon genervt die Augen.

„Du bist Matt, der Sänger von den Teenage Wolves, stimmt's?“, fragte sie mit einer Stimme, die sich nach Glockenklang anhörte. Sie lächelte den Jungen an und zeigte dabei zwei Reihen strahlend weißer Zähne.

„Ja, bin ich“, antwortete Matt und lächelte ebenfalls.

„Und ich treffe dich hier einfach so in einer Bar. Würdest du vielleicht ein Foto mit mir machen?“ Sie hielt eine Digitalkamera in die Höhe und sah ihn zuckersüß an.

„Klar, kein Problem“, erwiderte Matt und stand auf. Das Mädchen stellte sich ganz nah neben Matt, streckte den Arm aus und richtete die Kamera auf sich und ihn. Dann knipste sie zwei mal und die Fotos waren gemacht. Angewidert wandte Sora sich ab und bekam gerade noch mit, wie Mimi ihr einen mitleidigen Blick zuwarf.

„Vielen Dank, du bist echt super nett“, meinte das Mädchen und drückte Matt einen Zettel in die Hand. „Mach's gut und viel Spaß noch.“ Sie schwebte davon, zurück an ihren Tisch, und Matt setzte sich wieder auf seinen Platz.

„Das war ja ein heißer Feger“, staunte Tai und sah dem Mädchen nach, das nicht mal seinen Namen genannt hatte. Matt faltete den Zettel in seiner Hand auseinander und las, was darauf stand. Auch Sora warf einen Blick darauf. Dort stand mit Kugelschreiber geschrieben der Name „Ai“ und darunter eine Handynummer. Das durfte doch wohl nicht wahr sein.

Matt sah in die Runde. „Will jemand ihre Handynummer?“, fragte er und hielt den Zettel hoch. Alle schüttelten verwundert den Kopf. Matt zuckte die Schultern und zerriss den Zettel, was Sora ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zauberte. Liebevoll sah sie ihn an und er erwiderte ihren Blick.

Es wurde ein wirklich lustiger Abend und es kamen zum Glück keine weiteren Mädchen mehr, die Matt belagerten. Tai spendierte jedem ein Getränk und gab am Ende noch eine Runde Schnaps aus. Sie hatten wie immer, wenn sie sich alle sahen, viel gelacht. Gegen Mitternacht machten sich alle auf den Weg nach Hause. Sora und Matt blieben an diesem Abend bei Matt. Zunächst stiegen alle zwölf Freunde in die gleiche U-Bahn ein, doch nach wenigen Stationen waren bis auf Matt, Sora, Tai und Kari alle ausgestiegen. Joe hatte sich bereit erklärt Mimi nach Hause zu bringen, da er nicht weit von ihr entfernt wurde. Sora sah, wie Tai mit gerunzelter Stirn den beiden durch das Fenster hinterher sah.

„Armer Tai“, murmelte sie.

„Ja, und armer Izzy. Mimi ist halt eine harte Nuss, die die Köpfe der Männer verdreht“, stimmte Matt ihr zu.

„Was quatscht ihr da schon wieder?“, rief Tai betont fröhlich. „Ich habe meinen Namen gehört.“

„Du sollst dir endlich Mimi schnappen“, antwortete Matt grinsend.

Tai erwiderte nichts, sondern starrte wieder aus dem Fenster in die Dunkelheit des U-Bahn-Tunnels. Auch Kari sah ihren Bruder mitfühlend an. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. „Das wird schon noch.“

Nach ein paar weiteren Stationen standen Sora und Matt schließlich auf.

„Macht's gut, bis bald!“, sagte Sora und umarmte die Geschwister. „Kommt noch gut nach Hause.“

„Ihr auch“, sagte Kari lächelnd.

Von der U-Bahn-Station aus waren es nur wenige Minuten Gehweg bis zu Matts Wohnung. Sie stiegen die Treppen bis in den achten Stock empor und Matt schloss die Wohnungstür auf. Ein Lichtschein fiel den beiden entgegen.

„Nanu, mein Vater ist ja noch wach“, stellte Matt fest, zog seine Schuhe aus und ging in die kombinierte Wohnküche, wo sein Vater am Esstisch saß und über einem Stapel Papier brütete. Als er die Schritte der beiden Jugendlichen hörte, sah er auf. Dunkle Ringe lagen unter seinen geröteten Augen.

„Oh, ihr seid schon da“, sagte er zur Begrüßung.

„Schon? Es ist um eins“, erwiderte Matt mit einem Blick auf die Wanduhr, die über dem Fernseher hing. „Du solltest mal schlafen gehen, siehst nicht gut aus.“

„Um eins? Ohje, die Arbeit macht mich fertig.“ Er streckte sich. „Wie geht es dir, Sora?“ Freundlich wandte er sich an das Mädchen neben Matt.

„Gut, danke“, antwortete sie höflich.

„Wir gehen jetzt schlafen und das solltest du auch tun“, sagte Matt streng, nahm Soras Hand und zog sie hinter sich her in sein Zimmer. „Gute Nacht, Papa!“ Er schlug die Tür zu.

Sora stand, wie so oft, vor Matts kleiner Fotowand, die sich neben seinem Bett befand, und betrachtete die Fotos. Viele davon zeigten ihn mit seiner Band bei Auftritten oder beim Proben. Auf anderen waren er und Tai abgebildet und all die restlichen Freunde. Aber ein Foto war neu.

„Du hast ja ein neues Foto hier dran“, sagte Sora und zeigte auf dieses. Darauf zu sehen waren sie beide in ihren Schuluniformen. Da waren sie mit Tai zusammen nach dem Unterricht vor etwa einer Woche Eis essen gegangen. Matt stopfte darauf der lachenden Sora gerade einen Löffel Erdbeereis in den Mund und grinste sie frech an.

„Ja, du hast dir einen Platz zusammen mit mir auf meiner Wand verdient“, antwortete er und lächelte keck.

„Wie großzügig von dir, dass ich da hängen darf“, meinte Sora scherzhaft.

„So bin ich.“ Er kam auf sie zu, legte seine Hände an ihre Wangen und schob ihr Gesicht leicht nach oben, sodass sie ihm in die Augen sah. „Vielleicht verdienst du dir irgendwann auch noch einen Platz auf meinem Nachttisch.“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen, doch als er sich von ihr lösen wollte, vergrub Sora die Hände in seinem Haar und zog ihn wieder zu sich heran. „Dann fange ich besser schnell damit an, bevor meine Chance vorbei ist.“ Sie verwickelte ihn in einen innigen Kuss. Er legte die Arme um ihre schmale Taille. Soras Hände wanderten von seinem blonden Haar hinunter zu seiner Brust. Mit zittrigen Fingern machte sie sich daran, die Knöpfe seines Hemds zu öffnen. Zunächst reagierte Matt darauf nicht, doch nachdem sie schließlich den letzten Knopf geöffnet hatte, löste er den Kuss und sah ihr fragend in die Augen.

„Ich bin bereit“, flüsterte Sora nur und erwiderte seinen Blick fest.

Matt lächelte, entledigte sich seines Hemds, das er achtlos auf den Boden fallen ließ, und machte sich dann an Soras Jeansshorts zu schaffen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (198)
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Von:  Soralai
2018-02-14T12:15:35+00:00 14.02.2018 13:15
Zufällig 11 Freunde - ein Fußballgewinnspiel. 11 Spieler + 1 Coach O:-)
etwas stockte als du schriebst >>Zu Hotel Azur fuhr der Bus circa eine dreiviertel Stunde. Sie stieg wieder aus und der Busfahrer fuhr los.<< aber das Gespräch dann auch noch weiter geht. klang für mich als wären sie schon da :)
Von:  Ailtvesiki
2013-07-17T11:57:49+00:00 17.07.2013 13:57
matt!!! ich bin entsetzt!! also bislang hab ich ja gehofft dass matt und sora zusammenkommen, aber... sora halt dich von dem typen fern! es gibt so viele bessere alternativen, nimm tai... nein, das ist blöd, den ist für mimi reserviert, aber wie wärs mit joe? der ist erwachsen, vernünftig und macht sicher nicht mit einer andern rum xD

das mit der delfinschow fand ich lustig ^^ hab geglaubt, dass sora gewinnt nachdem sie bei den anderen losen so ein pech hatte, aber dass dann ausgerechnet tai gewinnt, war amüsant^^ nett von ihm dass er es mimi geschenkt hat :) und dann seine ausreden danach, haha xD
Antwort von:  Juju
17.07.2013 14:03
Danke für deinen Kommentar. :)
Ja, Matt ist ein Arschloch und sie sollte wirklich jemand anderen suchen... Joe ist eine gute Idee. :D
Von:  Schaput31
2013-04-23T18:10:11+00:00 23.04.2013 20:10
oh man das war echt lang ^^, aber echt schön und es ist wirklich viel passiert ^^
ich hab auch schonmal gesehen wie eine mutter ihr kind "angeleint" hatte, allerdings war das auch auf dem mehr als überfüllten weihnachtsmarkt berlin alex XD
Von:  Schaput31
2013-04-22T17:51:54+00:00 22.04.2013 19:51
bisher ist das mit sora und matt ja noch ganz süß <3
mal sehen wie das weitergeht, hab ja auch "raise your voice" gelesen ^.^
soras panik kann ich gut nachvollziehen, geht mir immer so mit meinem hausschlüssel, dass ich den in der tasche nie finde -.-
dein schreibstil gefällt mir und ich werd mir die komplette FF reinziehen genauso wie deine nachfolge FF dazu mit dem Winterurlaub, ich les ja auch "ein leben wie dieses" von dir (bin momentan mal wieder auf einem Digimon trip ^^)
Antwort von:  Juju
23.04.2013 15:27
Danke für deinen Kommentar!
Freut mich, dass du meine ganzen Storys lesen willst. Da hast du dir ja einiges vorgenommen... xD
Antwort von:  Schaput31
23.04.2013 15:31
^^ ja aber dann hab ich wenigstens ne weile was zu lesen ^^
Von:  Ailtvesiki
2013-02-04T21:26:49+00:00 04.02.2013 22:26
so, jetzt ist mal wieder zeit für ein bisschen sommer feeling :)
izzy ist richtig süß wie er so über mimi schwärmt ^^ und tai auch, wie er nicht über mimi schwärmt (und es irgendwie doch tut ^^)
aber, hey mimi, was machst du für sachen?? du kannst tai oder izzy haben, aber nein, du gehst einfach so mit einem kellner aus... bei dem sich dann herausstellt, dass er ein schürzenjäger ist!
wie immer: klasse kapi! :D
Antwort von:  Juju
04.02.2013 22:35
Danke für dein Kommentar und auch für die anderen! Ich weiß gar nicht, ob ich mich schon mal bei dir bedankt habe. :o
Jedenfalls freut es mich sehr, dass dir die FF bisher so gefällt. :) Ich hoffe, du hast weiterhin viel Spaß beim Lesen. ;)
Und jaja, Mimi... die weiß nicht, was sie will. :P
Von:  Ailtvesiki
2012-11-27T20:03:51+00:00 27.11.2012 21:03
tai und mimi, wie süüß! ^^
hoffentlich kann sich tai am nächsten morgen noch an alles erinnern xD
aber armer izzy... (kann mir aber überhaupt nicht vorstellen das er und mimi zusammenpassen - da entsteht in meinem kopf so ein bild wie: mimi stürmt durch die geschäfte und kauft alles mögliche ein und izzy darf die taschen schleppen und bezahlen... ja, definitiv armer izzy xP)

sora ist aber schon ein bissal arg xD da tanzt sie mit tom (und merkt sich seinen namen nicht mal: "Ach, also ich finde, Tim tanzt gut.") und will matt eifersüchtig machen... ob sie dabei erfolg hat?

interessant das jetzt auch noch davis eifersucht ins spiel kommt, hab mich eh schon gefragt ob ihm das gar nichts macht das t.k. und kari so viel miteinander unternehmen xD

wie immer: klasse kapi! :D
Von:  Ailtvesiki
2012-11-18T13:43:11+00:00 18.11.2012 14:43
na toll, das mit matt und sora geht ja immer mehr den bach runter... das am ende war echt hart, wenn das so weiter geht wird das wahrscheinlich der schlimmste urlaub den sora je hatte...

naja, wenigstens haben tai und mimi ihren spaß (mehr oder weniger zumindest) xD
das mit der wette ist echt eine klasse idee, bin neugierig wer gewinnt ;)
Von:  Ailtvesiki
2012-11-15T15:28:37+00:00 15.11.2012 16:28
ohhh, wie süß!! :D
sora und matt gemeinsam auf dem sofa!!

das mimi sich vor einer spinne ekelt is ja wieder mal typisch xD ... und matt wirft sie aus dem fenster, tja, wer die wohl auf den kopf bekommt?

so und kommen wir jetzt zum eigentlichen: matt, meine diagnose für dich lautet, du bist schizophren! deine dunkle seite ist von minami angetan, aber du musst widerstehen! höre auf deine gute seite und liebe sora! kann ja nicht so schwer sein! xP

und sora... wehe du hältst dich jetzt von matt fern! dadurch wird deine lage nicht besser!

ach ja und klasse kapi! ^^
muss gleich weiterlesen ;)
Von:  Ailtvesiki
2012-11-13T19:30:32+00:00 13.11.2012 20:30
also ich les so den titel und denk mir: "wer ist mimi?" naja, mimi ist eben mimi was gibts da groß zu fragen... achso minami! lesen sollte man können xD

aber echt klasse kapi! wie immer bekommt man urlaubsfeeling pur ;)
und... minami lass die finger von matt! ich meine, ich kann ihn ja verstehn, ihm gefällts wahrscheinlich dass er ne verehrerin hat, aber er soll mal die augen aufmachen und sora bemerken!! kann doch nicht so schwer sein!
andererseits, vielleicht weiß er bereits das sora auf ihn steht und er will sie bloß ein bisschen eifersüchtig machen und will sonst nichts weiter von minami... so genug über matt und sora gerätselt...

... kommen wir zu mimi
aha, sie will was mit tai unternehmen, da schau her! und dann sind sie nicht einmal mehr an der bar... mal sehn was da noch alles draus wird ;)
Von:  Ailtvesiki
2012-11-12T20:16:47+00:00 12.11.2012 21:16
haha, schlammschlacht xD da denkt man sich nur, man will nicht mit tai in den urlaub fahren, was der alles anstellt... obwohl so eine schlammschlacht ist schon was lustiges xD

kari und t.k. tun mir leid... mal ehrlich sollten da ihre geschwister nicht besser auf sie aufpassen?

und der romantische spaziergang + das romantische fernsehen ^^ echt toll geworden! ;)


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