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Gerechtfertigter Tod ist Realismus Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Es gibt das Gute nicht. Und wenn einer das Gute repräsentiert, dann lügt er.

Mein Gott und dein Gott kennen einander nicht. Von Gott zu sprechen ist eine Art, von sich selbst zu sprechen. Deshalb ist Moral ein anderes Wort für Lüge.

Weit draußen unterm schwarzgefleckten Himmel, aus dem Boden schießt das weißeste Eis. Barfuß und stolpernd weiter. Die Sohlen schreien. Es regnet glühende Nägel, denen nicht zu entkommen ist. Schwefelmeere brodeln mit weltfüllendem Gestank. In diesem Augenblick senkt sich der universale Arsch Gottes aus dem Weltraum und scheißt seine Schöpfung ins Exit. Für immer. Welch ein Glück, denkt man, während man in der göttlichen Scheiße erstickt.

Die Intellektuellen huren heute mit der Öffentlichkeit genauso wie vorher mit Gott. Wer das für einen Vorwurf hält, weiß nicht, was Gott war und was die Öffentlichkeit ist.

Manchmal beherrscht einen das Gefühl, ganz und gar in diesem Mediengewebe aufzugehen. Du bist nichts als ein Teil dieses Mitteilungszusammenhangs. Und es gibt außer diesem Zusammenhang nichts. Du wirst beatmet. Das heißt informiert. Du selber musst nicht mehr leben.

Das Gegenteil von Kritik ist nicht Lob, sondern Zustimmung. Das ist etwas anderes als Lob. Lob ist Überheblichkeit über den, den man lobt. Lob ist Anmaßung, wie Kritik Anmaßung ist. Machtausübung beides. Wenn man nicht zustimmen kann, soll man den Mund halten.

Vor allem anderen sind wir eine Gesellschaft von Verfolgten und Verfolgern. Und jeder ist beides, Verfolgter und Verfolger. Jeder hat eine deutlichere Erfahrung vom Verfolgtsein als davon, selber Verfolger zu sein. Wir merken deutlicher, was uns angetan wird, als was wir anderen antun.

Wir stoßen einander von den Planken eines sinkenden Schiffs.

Wie verständlich sind mir die Mörder. Schon wegen der Notwendigkeit, die sie zum Ausdruck bringen. Sie geben zu, dass sie nicht anders können.

Er dürstet nach Unmenschlichkeit, weil er sein will wie die, die ihn so gemacht haben.

Kein Verbrechen kommt ohne Utopie aus. Keine Utopie ohne Verbrechen.

Schriftsteller sind ununterbrochen (und ununterbrechbar) mit dem Notieren ihres Alibis beschäftigt.

Eine Figur, deren Tod man für vollkommen gerechtfertigt hält, das wäre Realismus.

Martin Walser

Datum: 14.12.2009 19:50
Ich glaube von dem sollte ich mal ein Buch lesen. Der Mann scheint Ahnung zu haben.
Wobei ich finde, dass er eine Sache hier nicht klärt. Jeder kann eine andere Sichweise haben, wann ein Tod gerechtfertigt ist.
So ist der Realismus von Person zu Person anders, wobei jeder seinen eigenen Realismus für unfehlbar hält. So denke ich zumindestens, da ich dieses Phänomen bei mir selber beobachte.

Wenn er meint, Moral wäre eine Lüge, was wären wir dann ohne sie.
Ich sehe, höre, lese immer wieder aufs neue, wie Leute "versuchen" Moral zu predigen... und jedes Mal kotzt es mich mehr an.
Während unsere Gesellschaft versucht, sich an die letzten Vostellungen von Moral zu krallen, merkt sie gar nicht, wie eben jene immer weiter in diesen Abgrund gerät, den man wohl "Gesellschaftlicher-Selbstmord" nennt.
Da fragt man sich eigentlich noch, was ist eigentlich Realismus. Ich selbst glaube ihn zu kennen, dabei wird mir jeden Tag aufs neue klar, wie weit ich ihm noch entfernt bis.
Trotz allem, ein sehr interessanter Text



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