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Heilige Schriften und andere Märchen Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Nach alledem ist dieser Gott ein launenhaftes Wesen, welches das von ihm geschaffene Geschöpf dem Verderben weiht. Wie fürchterlich, welch ein Ungeheuer ist ein solcher Gott! Gegen ihn müssten wir uns empören. Nicht zufrieden mit einer so großen Aufgabe, ertränkt er den Menschen, um ihn zu bekehren, er verbrennt, er verflucht ihn, er ändert nichts daran, dieser hohe Gott, ja er duldet ein noch viel mächtigeres Wesen neben sich, indem er das Reich Satans aufrecht erhält, welcher seinem Erschaffer zu trotzen vermag, der imstande ist, die Geschöpfe, die sich Gott auserkoren, zu verderben und zu verführen. Denn nichts vermag die Energie Satans über uns zu besiegen. So hat ihn die Religion geschaffen, samt seinem einzigen Sohne, den er vom Himmel herabgeschickt und in einen sterblichen Leib bannt. Man wäre geneigt zu glauben, dieser Sohn Gottes müsste die Erde inmitten eines Engelchores, beleuchtet von glänzenden Strahlen betreten. Aber nein, er wird von einer sündhaften Jüdin in einem Stalle geboren. Wird uns seine ehrenvolle Sendung vor dem ewigen Tod retten? Folgen wir ihm, sehen wir, was er tut, hören wir, was er spricht! Welche erhabene Mission vollführt er? Welches Geheimnis offenbart er uns? Welche Lehre predigt er uns? Durch welche Tat lässt er uns seine Größe erkennen? Wir sehen vor allem eine unbekannte Kindheit, einige Dienste, die er den jüdischen Priestern des Tempels von Jerusalem leistet, dann ein 15jähriges Verschwinden, während welcher Zeit er sich vom alten ägyptischen Kultus vergiften lässt, den er nach Judäa bringt. Er geht so weit, sich für einen Sohn Gottes zu erklären, der dem Vater an Macht gleich ist; er verbindet mit diesem Bündnis die Erschaffung eines dritten Wesens, des Heiligen Geistes, indem er uns glauben machen will, diese drei Personen seien nur eine. Er sagt, er habe eine menschliche Form angenommen, um uns zu retten. Der sublime Geist musste also Materie, Fleisch werden und setzt die einfältige Welt durch seine Wunder in Erstaunen.
Während eines Abendmahles betrunkener Männer verwandelt er Wasser in Wein. Er speist in einer Wüste einige Faseler mit den von ihm verborgen gehaltenen Lebensmitteln. Einer von seinen Genossen spielt den Toten, um sich von ihm erwecken zu lassen. Er besteigt in Gegenwart zweier oder dreier seiner Freunde einen Berg und führt hier ungeschickte Taschenspielerkunststücke aus, deren sich jetzt ein Tausendkünstler schämen müsste. Dabei aber verflucht er alle, die ihm nicht glauben wollen, er verspricht den Gläubigen das Himmelreich. Er hinterlässt nichts Geschriebenes, spricht sehr wenig und tut noch weniger. Dennoch bringt er durch seine aufrührerischen Reden die Behörden auf und wird endlich gekreuzigt. In seinen letzten Augenblicken verspricht er seinen Gläubigen, zu erscheinen, so oft sie ihn anrufen, um sich von ihnen – essen zu lassen. Er lässt sich also hinrichten, ohne dass sein Herr Papa, dieser erhabene Gott, auch nur das Geringste täte, um ihn vor dem schimpflichen Tode zu retten. Seine Anhänger versammeln sich jetzt und sagen, die Menschheit sei verloren, wenn sie dieselbe durch einen auffallenden Handstreich nicht retteten. Lasst uns die Grabwächter einschläfern, stehlen wird den Leichnam, verkünden wir seine Auferstehung! Dies ist ein sicheres Mittel, um an dieses Wunder glauben zu machen; es soll uns dazu helfen, die neue Lehre zu verbreiten. Der Streich gelingt. Alle Einfältigen, die Weiber und Kinder faseln von einem geschehenen Wunder und dennoch will niemand an diesen Gott glauben. Nicht ein Mensch lässt sich bekehren. Man veröffentlicht das Leben Jesu. Dieser schale Roman findet Menschen, die ihn für Wahrheit halten. Seine Apostel legen ihrem selbsterschaffenen Erlöser Worte in den Mund, an die er niemals gedacht hat. Einige überspannte Maximen werden zur Basis ihrer Moral gemacht, und da man dies alles Bettlern verkündet, so wird die Liebe des Nächsten und Wohltätigkeit zur ersten Tugend erhoben. Verschiedene bizarre Zeremonien werden unter der Benennung „Sakramente“ eingeführt, unter welchen die unsinnigste die ist, dass ein sündenbelasteter Priester mittels einiger Worte, eines Galimathias, ein Stück Brot in den Leib Jesu verwandelt.

"Der Marquis de Sade. Eine Kultur- und Sittengeschichte" von Eugen Dühren.

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Datum: 05.10.2014 12:24
Für damals sicher eine nette Provokation. Mit theologischem Wissen hat das natürlich wenig zutun.

Ich finde die Überschrift dazu auch schlecht gewählt. Welche "anderen Märchen"? Und wieso "Schriften"? Ok, Tanach und Bibel, aber hier wird - wie so oft - beides zu undifferenziert dargestellt und eher aus der christlichen Sicht, als aus der jüdischen (wobei ich auch das sehr vorsichtig sage, da der Text natürlich nicht wirklich was mit christlicher Theologie zutun hat).
Zeichne dich selbst und nimm an meinem Wettbewerb teil :)
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Datum: 05.10.2014 13:07
Lesen ist eine intelligente Methode, sich selbst das Denken zu ersparen.
(Walter Moers)

Das gilt analog auch für das Zitieren.
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Datum: 05.10.2014 14:30
@ abgemeldet

> Für damals sicher eine nette Provokation. Mit theologischem Wissen hat das natürlich wenig zutun.

"Damals" heißt in diesem Falle in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Als Provokation ist dieser Ausschnitt vom Verfasser durchaus nicht gemeint, sondern als Zusammenfassung dessen, wie sich (insbesondere die christliche) Religion Marquis de Sade zur Zeit der Aufklärung und Französischen Revolution zeigen musste, worauf er demnach seinen Atheismus und die damit verbundenen, vor allem literarisch beschriebenen, aber teils auch praktizierten Profanierungen gründete. Die zitierte Vorlage hat darüber hinaus nichts mit Theologie zu tun, sondern ist, wie unten vermerkt, eine Kultur- und Sittengeschichte, allenfalls noch eine Biographie. Titel- sowie Textauswahl sind ironisch gemeint.


@ Q

Verstehe. Ich vergaß, dass Zitate immer die Meinung des Verfassers widerspiegeln und man daher keine unkommentierten Auszüge präsentieren darf. Vielen Dank für diesen Hinweis. Das wird mich demnächst davon abhalten, etwas aus "Mein Kampf" zu zitieren.
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.
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Datum: 05.10.2014 15:12
@halfJack

Ich weiß, aus welcher Zeit das stammt :)
Und mir ist ebenfalls bewusst, dass das kein theologisches Werk ist. Ich wollte damit nur aussagen, dass dieser Eindruck nicht sehr viel mit dem zutun hat, wie Christen / Juden ihre Schriften sehen. Natürlich ändert das nichts daran, dass er es so gesehen hat (und sicher genug andere das auch heute so sehen), aber mir entlockt das nur ein müdes Schulterzucken.
Zeichne dich selbst und nimm an meinem Wettbewerb teil :)
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Datum: 05.10.2014 17:04
@ abgemeldet

Ja, derartige Verallgemeinerung sind gerade bei religiösen Themen häufig anzutreffen (noch auf die fehlende Differenzierung der Schriften bezogen, die du im ersten Beitrag angesprochen hast). Starke Abwertungen von monotheistischen Glaubensbekenntnissen - denn meist bezieht es sich ja auf solche - kann ich ohnehin nicht ganz nachvollziehen, weil ich nicht religiös erzogen wurde. Damit meine ich, dass nach meinen bisherigen Erfahrungen starke Religionskritiker oder gar -hasser häufig überhaupt erst mit einem solchen Glauben erzogen wurden. Das soll kein Gemeinplatz sein, sondern nur eine subjektive Feststellung meinerseits. Es kommt mir so vor, als würde sich Hass erst herauskristallisieren, wenn zuvor eine (womöglich positive) Konfrontation mit späterer Enttäuschung einherging. Denn wozu sollte man sich aus Entweihungen etwas machen, wenn man ohnehin nicht daran glaubt? Außer zur Provokation der Umwelt.
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.
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Datum: 06.10.2014 14:46
halfJack
>Titel- sowie Textauswahl sind ironisch gemeint.

> @ Q
> Verstehe. Ich vergaß, dass Zitate immer die Meinung des Verfassers widerspiegeln und man daher keine unkommentierten Auszüge präsentieren darf. Vielen Dank für diesen Hinweis. Das wird mich demnächst davon abhalten, etwas aus "Mein Kampf" zu zitieren.

Du darfst natürlich tun und lassen was Dir beliebt, meinetwegen auch aus "Mein Kampf" zitieren. Aber Du musst dann halt damit rechnen, dass es a) missverstanden wird ( siehe Deine Ironiebemerkung oben) oder dass man Dich b) für zu faul zum denken hält.


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Datum: 06.10.2014 16:07
@ Q

Ich rechne immer mit dem Schlimmsten! ^^
Nein, ich erkläre dir, warum ich das mache. Reißerische Überschriften und hingeklatschte Gemeinplätze veranlassen andere eher dazu, sich zu Wort zu melden. Diese Anstrengung nimmt man weniger auf sich, wenn man einfach nur zustimmen kann, darum differenziere oder distanziere ich in der Regel beim Zitieren solcher Ausschnitte nicht. Ansonsten würde ich umgekehrt, wenn ich über ein Thema berichten will, in erster Linie selbst darüber schreiben und höchstens mit Zitaten belegen. Andernfalls, wie im hiesigen Beispiel, riskiert man auf diese Weise leider auch bloß kurze abwertende Kommentare, wobei ich deine Stellungnahme keineswegs negativ aufgefasst habe. Sie hat mich eher, weil ich diesen Spruch von Moers selbst oft verwende, in zynische Belustigung versetzt. Wie heißt es so schön: Das Zitat ist das Grab des Gedankens.

PS: Darf ich denn aus "Mein Kampf" wirklich einfach so zitieren...?
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.
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Datum: 06.10.2014 18:18
@ Q

Meinst du den Eintrag zur AfD? Hab es eben erst gesehen und für lustig befunden. :D Schon irre, was so eine "Stellungnahme" bewirken kann. So viele Reaktionen auf eine Überschrift hat es vermutlich noch nie gegeben.
Aber ich verstehe gar nicht, was man gegen die AfD haben kann. Soweit ich weiß, wollen die sogar Babys das Wahlrecht einräumen. Ist doch super.
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.
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Datum: 07.10.2014 08:57
halfJack:
> Meinst du den Eintrag zur AfD? Hab es eben erst gesehen und für lustig befunden. :D Schon irre, was so eine "Stellungnahme" bewirken kann. So viele Reaktionen auf eine Überschrift hat es vermutlich noch nie gegeben.

Ja, den meinte ich. Ich wollte tatsächlich zuerst einen längeren Text zu den Wahlerfolgen schreiben, hab dann aber festgestellt, dass ich meinen Gefühlen so viel besser Ausdruck verleihen kann.
Und die ausländerfeindlichen unter den AfD Wähler wird keine noch so gute Analyse überzeugen.


> Aber ich verstehe gar nicht, was man gegen die AfD haben kann. Soweit ich weiß, wollen die sogar Babys das Wahlrecht einräumen. Ist doch super.

Ich verstehe so vieles nicht :(






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