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Venus im Pelz Literatur

Autor:  halfJack

Wanda zu Severin:

Ich glaube wahrhaftig, dein ganzer Wahnsinn ist nur eine dämonische, ungesättigte Sinnlichkeit. Unsere Unnatur muss solche Krankheiten erzeugen. Wärst du weniger tugendhaft, so wärst du vollkommen vernünftig.

Der Genuss macht allein das Dasein wertvoll, wer genießt, der scheidet schwer vom Leben, wer leidet oder darbt, grüßt den Tod wie einen Freund; wer aber genießen will, muss das Leben heiter nehmen, im Sinne der Antike, er muss sich nicht scheuen, auf Kosten anderer zu schwelgen, er darf nie Erbarmen haben, er muss andere vor seinen Wagen, vor seinen Pflug spannen, wie Tiere; Menschen, die fühlen, die genießen möchten, wie er, zu seinen Sklaven machen, sie ausnützen in seinem Dienste, zu seinen Freuden, ohne Reue; nicht fragen, ob ihnen auch wohl dabei geschieht, ob sie zugrunde gehen. Er muss immer vor Augen haben: wenn sie mich so in der Hand hätten, wie ich sie, täten sie mir dasselbe, und ich müsste mit meinem Schweiße, meinem Blute, meiner Seele ihre Genüsse bezahlen. So war die Welt der Alten, Genuss und Grausamkeit, Freiheit und Sklaverei gingen von jeher Hand in Hand; Menschen, welche gleich olympischen Göttern leben wollen, müssen Sklaven haben, welche sie in ihre Fischteiche werfen, und die Gladiatoren, die sie während ihres üppigen Gastmahls kämpfen lassen und sich nichts daraus machen, wenn dabei etwas Blut auf sie spritzt.

"Venus im Pelz" von Leopold von Sacher-Masoch



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