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Über das Geben und Nehmen

Autor:  Sahva


Es ist manchmal schon komisch, was für Gedanken einen manchmal überkommen, wenn man etwas zu bestimmten Themen gehört oder gelesen hat. Bei mir war es ein Artikel, den ich in der Pause auf Arbeit gelesen hatte, der mich dazu brachte, noch eine ganze Weile über das Thema Geben und Nehmen nachzudenken. Vor allem, weil meine Auffassung von Nehmen und ganz besonders dem Geben eine andere zu sein scheint, als wie es in der heutigen Gesellschaft üblich ist.

Eine Aussage hat mich allein zum Nachgrübeln gebracht: Ich gebe nur, was ich auch zurück bekomme.

Das ist jetzt kein wortwörtliches Zitat von jemandem und es würde eh nichts zur Sache tun, wer auch immer das in was für auch immer einer Situation das gesagt hatte. Die Grundaussage ist es, die mich zum Nachdenken angeregt hatte. Für mich stellte sich die Frage, würdest du auch so reagieren? Vor allem, wenn es sich dabei um eine zwischenmenschliche Sache handelt, zwischen dir und deinen Freunden oder deiner Familie beispielsweise? Ich kann sie mit einem klaren NEIN beantworten.

Ich sehe mich als relativ normal an, bin nicht sonderlich gläubig – schon gar nicht im Sinne irgendeiner christlichen Glaubensgemeinschaft – und meine, einen Großteil meiner Macken zu kennen. Gut, meine Lieben würden auf eine Liste, die ich darüber verfassen würde, sicherlich noch eine ganze Menge mehr Punkte hinzufügen, aber bei wem ist das nicht so? Nennen wir mich also Normalo mit einem gewissen Hang zur Naivität und Gutgläubigkeit. Das hat mir in der Vergangenheit einmal fast das Genick gebrochen. Erst nachdem eine Freundschaft, die mir über viele Jahre wichtiger als alles andere gewesen war, zerbrochen war, bemerkte ich mit Hilfe einer für mich besonderen Person, dass diese Freundschaft alles andere als gut für mich war. Ich habe danach Jahre gebraucht, bis ich keine Panikattacken mehr bekommen hatte, als ich meine ehemals beste Freundin einmal zufällig in der Ferne entdeckt hatte. Ich habe alles für diese Freundin getan, alles geglaubt, um ihre Zuneigung quasi gebettelt, weil ich als Außenseiterin meiner Klasse niemanden in der Schule hatte, mit dem ich mich austauschen konnte. Ihr ging es damals ähnlich denke ich. Und ich hoffe immer noch, dass sie mich wirklich mochte. Ich war halt jemand Naives ohne Rückrad und Selbstwertgefühl. Komischerweise nur in der Schule, in der Freizeit und in der Jugendgruppe war dem nicht so. Hier kam ich mit allen klar und alle kamen mit mir klar. Zumindest erscheint es mir im Nachhinein so. Es hat weh getan, als ich mit Hilfe der für mich mittlerweile so wichtigen Person alles ‚aufgearbeitet‘ hatte, nachdem die Freundschaft zerbrach. Es hat mich jahrelang geprägt. Ich hatte vor Allem und Jedem Angst, ein einfaches Gespräch mit jemandem Fremden? Ein Unding!

Lange Zeit danach hatte ich keine wirklichen Freunde. Die Mitglieder meiner Familie zähle ich nicht zu meinem Freundeskreis, obwohl es in meiner Familie Personen gibt, die ich wirklich von Herzen liebe. Aber Familie ist halt etwas anderes als Freunde. Aber ich wusste da schon, wenn ich sie (meine Familie) brauchte, dann wären sie für mich da. Ein Anruf, sie würden auf der Matte stehen. Und das ist nicht nur rhethorisch gemeint, es ist wirklich so, einige Personen meiner mittlerweile großen Familie wären sogar richtig böse, wenn sie erfahren würden, das Hilfe gebraucht worden war und ich nichts gesagt hätte. Dieser Zusammenhalt tut gut und hat mir sehr geholfen.

Irgendwann kam dann der Tag, den ich sicher mein Lebtag nicht mehr vergessen werde. Es war eine Einladung zum Geburtstag, ein einfaches „Ich würde mich freuen wenn du kommst“ von einer Person, die ich nur über das Internet kannte. Meine Ängste kamen zurück und ich muss gestehen, ich wollte damals ablehnen. Aber besagte besondere Person in meinem Leben meinte einfach nur: „Du fährst hin. Wenn es dir nicht gefällt oder du mit den Leuten nicht klar kommst, du hast ein Auto dabei. Dann komm zurück.“

Das war einer der besten Anweisungen, die er mir jemals gegeben hatte, das weiß ich heute. Mit dieser einen Fahrt ins Unbekannte begann eine besondere neue Freundschaft, die ich nicht mehr missen möchte. Und mit dieser Freundschaft wuchs dann nach und nach mein Freundeskreis, denn man lernt ja auch die Bekannten der Freundin kennen. Meine Angst vor neuen Kontakten war nach diesem einen Sprung ins kalte Wasser zum Großteil vergangen. Gut, ich brauche immer noch ein bisschen Zeit, wenn ich jemanden neu kennenlerne, aber man kann ja nicht gleich jedem um den Hals fallen, nur weil man die Person kennenlernen darf, oder? XD

Jetzt ist es so, dass ich einen kleinen, aber feinen Freundeskreis habe, der mir wirklich alles bedeutet. Und wieder bin ich an dem Punkt, dass ich viel für meine Freunde tue. Manche würden jetzt sicherlich fragen, ob ich nichts aus meiner Vergangenheit gelernt habe. Sicher habe ich etwas gelernt, aber ich kann für mich sagen, dass ich halt so bin. Ich gebe gerne. Deswegen kann ich für mich die Einstellung nach dem Motto „Auge um Auge“ auch nicht anschließen. Ich bin für meine Freunde da, ich nehme mir auch mal einen Tag frei und fahre mit ihnen durch die Gegend, weil ich mich zufällig an dem Ort auskenne, der das Ziel der Freunde ist. Bei mir ist es halt so, dass ich die Älteste in meinem Freundeskreis bin und das sogar mit weitem Abstand. Ich habe Job, Auto und einen gewissen finanziellen Spielraum, auch wenn der alles andere als groß ist. Aber was macht das schon? Für mich zählt mehr ein Leuchten in den Augen des Freundes / der Freundin, wenn wir Zeit mit einander verbringen können, bei was auch immer. Ein persönliches Gespräch in einem Café? Ich bin dabei, auch wenn ich dafür mindestens eine Stunde im Auto verbringen muss, um den am nächsten wohnenden Teil meines Freundeskreises zu besuchen. Jemand hat Sorgen? Meine Freunde wissen, dass sie dann zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen können. Und wäre nach einem Telefonat noch immer die Problematik da… ich würde mich auch ins Auto setzen und hinfahren. So und nur so kenne ich es und ist für mich selbstverständlich.

Bekomme ich denn was zurück? Immerhin, so würden es sicherlich einige sehen, investiere ich ja einiges. Ich finde schon, viel sogar. Die Dinge, die ich eben erwähnte, zählen viel für mich. Wenn sich jemand freut mich zu sehen zählt das für mich mehr als Geld. Ich weiß ja, dass meine Freunde derzeit noch in einem Lebensabschnitt sind, den ich schon hinter mir habe. Wie gesagt, ich bin die Ältere. Ich weiß wie es ist, in der Ausbildung zu stecken und wenn das Geld an allen Ecken und Enden fehlt und man kaum noch ein oder aus weiß. Das habe ich hinter mir und ich hoffe, ich kann mit meiner Erfahrung ein bisschen weiterhelfen. Zumindest hoffe ich, dass ich mit meinen Ratschlägen niemanden auf den Geist gehe. Genau wie ich hoffe, dass man weiß, wenn ich mich eine Zeit zurückhalte, dass es nichts damit zu tun hat, dass ich nichts mehr mit der Person zu tun haben will. Nur ist es für mich so, dass Schule und Ausbildung einfach vorgeht und leider dieses verfluchte Lernen so verdammt wichtig ist und seine Zeit braucht. Diese schwere Zeit geht vorbei, ich weiß, wovon ich spreche.

 

Ich bin da. Immer.

Und ich hoffe, dass ich es eines Tages sein werde, die durch die Gegend gefahren wird.




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