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Entscheidungen über Leben und Tod

Autor:  BlueFuchs
Gestern mittag ist meine Katze Jabba eingeschläfert worden. Ehrlich gesagt, kann ich noch gar nicht richtig glauben, dass sie weg ist.

Wir hatten sie erst im März dieses Jahres aus dem Tierheim geholt. 2 bis 3 Kilo zu schwer, schwarzes seidiges Fell und wunderschöne grüne Augen. Seit ihrem Einzug ist sie praktisch eine "Dauerbaustelle" gewesen. Zuerst die Verdauung, die immer empfindlich blieb, dann Flohbissallergie, schließlich eine Augenentzündung. Vor zehn Tagen fing es plötzlich an, zu tränen. Beim Tierarzt gab man uns eine Augensalbe, die auch sehr schnell Linderung verschaffte. Bis vor drei Tagen. Da schob sich plötzlich die Nickhaut etwas vor und eine größere Schwellung unter dem Auge trat wieder hervor. Wir dachten, die Entzündung sei nicht richtig abgeheilt, also sind wir wieder zum Tierarzt gefahren. Es stellte sich heraus, das die Augenentzündung schon völlig abgeheilt war. Das hier war etwas anderes. Bei Druck auf die Schwellung trat in der Mundhöhle Eiter aus. Man hoffte, es sei nur ein marode aussehender Zahn oder etwas, das sie sich eingebissen hatte. Sie sollte zur Narkose dort bleiben, man würde die Wunde reinigen und sehen, was los ist. Später würde man mich anrufen und informieren.
Der Anruf kam früher als erwartet. Man berichtete mir, dass der Knochen sich dort bereits stark aufgelöst hätte, ein Tumor hinter dem Auge, der nun hervorgebrochen war. Der Tierarzt sagte: "Ich sag ihnen ganz ehrlich... Wenn es meine Katze wäre... Ich würde sie einschläfern lassen." Er erzählte mir noch einige andere Dinge, von denen ich aber einiges nicht verstehen konnte. Unheimliche Fachausdrücke, die dem Grauen in meinem Bauch trotzdem keinen Namen geben konnten. Noch läge sie in Narkose, es wäre jetzt am schmerzfreiesten für sie.
Es gäbe noch eine winzige Chance, sagte er, dass sie sich durch die Gaumenplatte doch nur irgendwas eingebissen hat, aber er würde nicht daran glauben. Die Probenergebnisse wären vor Montag nicht zu bekommen, eher noch müsste man Dienstag damit rechnen. In dieser Zeit wäre sie Schmerzen ausgesetzt, gegen die kein Schmerzmittel ankäme. Man müsste sie immer wieder in Narkose legen, um die Wunde zu reinigen, ein 3 Zentimeter tiefes Loch.

Ich entschied mich für ihren Tod.

Ich konnte nicht einmal dabei sein, weil ich den Weg nicht mehr geschafft hätte, ohne dass sie noch einmal aufwachen müsste. Ich musste innerhalb von Minuten über ihr Leben entscheiden. Am Telefon. Den restlichen Tag habe ich verdämmert. Gegessen habe ich eine Pizza, mehr nicht.
Heute nachmittag muss ich hinfahren, um den Tranportkorb zu holen, die Rechnung zu bezahlen und mir noch einmal die Ausführungen des Tierarztes anzuhören.
Den Leichnam habe ich der Klinik überlassen. Wir haben keinen Garten, wo wir sie hätten beerdigen können und ganz abgesehen davon wollte sie schon zu Lebzeiten nicht draußen sein.

Ich brauche keine tröstenden Gedanken von einer "Regenbogenbrücke" oder einem ominösen Land, wo sie immer jung ist, spielen kann, immer Futter hat und auf mich wartet. So etwas gibt es in meiner Vorstellung nicht. Sie ist tot. Nicht mehr und nicht weniger. Das gleiche wird irgendwann für mich gelten.

Sie war nicht lange bei uns und hat sich in dieser Zeit auch mit unserem Kater nicht übermäßig gut verstanden. In den paar Monaten haben wir für sie mehr an Tierarztkosten ausgegeben, als der Kater in seinem ganzen Leben vermutlich brauchen wird. Aber ich hätte mir doch gewünscht, mehr Zeit zu haben, um sie besser kennen zu lernen. Mehr Zeit, um ihr voriges Leben etwas verblassen zu lassen.


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