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Der Glasgarten

von

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Die Motte, die im Licht verglüht

Der Doc. schrieb den Behandlungsbericht über seinen Patienten. Sie hatten ihm den Ruheraum angedacht, der eigens für ihn vor einigen Jahren geschaffen worden war. Im Augenblick war er der einzige Patient, den er betreute, denn wie immer genossen ‚Schwarz’ Priorität. Ein Resultat unterschiedlicher Ereignisse aus der Vergangenheit.

Der Anführer von Schwarz hatte ihm die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt um diese Klinik zu eröffnen und ihm damit gleichzeitig eine Zuflucht, eine Art Ausweg aus einer Situation geboten die für ihn das Ende bedeutet hätte. Es hatte ihn am Leben gehalten als er auf der Abschussliste einer der einflussreichsten Familien gelandet war.

Und das aus Gründen, die Mr Crawford nicht bekannt waren und die der Killere nie erfragt hatte. Vielleicht wusste er es, doch der Doc bezweifelte es.

Damals als er die Klink eröffnet hatte waren diese Gründe nie ein Thema gewesen, doch jetzt hatte sich die Situation verändert.

Radikal verändert.

Was dazu führen könnte, dass er nun auf eine ganz andere Abschussliste geraten könnte und das sehr schnell. Wenn Mr Crawford herausfand warum er den Sakurakawas vor einigen Jahren ein Dorn im Auge gewesen und das vermutlich heute noch war würde er ins Visier von Schwarz rücken und aus dieser Nummer würde er so schnell nicht mehr herauskommen.
 

Der Doc. starrte den Bildschirm an und hielt für einen Moment inne.
 

Erinnerungen drängten sich ihm auf. Sie waren nicht willkommen, erinnerten sie ihn doch an das, was er verloren hatte, an das Versprechen, dass er gegeben hatte, um sein Gewissen zu beruhigen.

Sein Gewissen, dass wie eine wilde Bestie immer und immer wieder beruhigt werden musste, es musste gefüttert, befriedigt werden, um es verstummen zu lassen.
 

Wie lange war es her, seit er ihn getroffen hatte? Ein paar Jahre vielleicht?

Und wie stolz war er auf ihn gewesen, als er ihn gesehen hatte... ja... seinen Sohn. Er lebte, er hatte seine Erwartungen übertroffen. Er hatte selbst seine Mutter und viele Generationen vor ihm weit übertroffen.
 

Nur was hatte er aufgeben müssen, um zu werden, was er war? Er hatte es in seinen Augen gesehen, wie verloren sein Sohn war. Eine getriebene Seele auf einer Suche, die niemals zu einem glücklichen Ende gelangen würde.
 

Damals hatte er die Sorge, dass sein Sohn den falschen Weg eingeschlagen hatte, dass er zu Nahe ans Licht gekommen war und nun daran zugrunde gehen würde. Wie hatten die Sakurakawas es soweit kommen lassen können? Wie war es dazu gekommen, dass sein Sohn all die Werte und Überzeugungen, die die Familie ihn hatte lehren sollen so verdreht und falsch anwendete?
 

Der Doc atmete tief durch und fasste sich wieder. Es gab andere Dinge zu erledigen, als sich über sein Erbe Gedanken zu machen. Keine wichtigeren, aber dringendere.
 

Sein Augenmerk fiel auf einen der Bildschirme, der ihm die Bilder der Überwachungskamera Drei anzeigten.

Zum augenblicklichen Zeitpunkt hielten die sedativen Medikamente den jungen Mann noch im Schlaf, doch dieser Zustand würde bald in eine Aufwachphase übergehen. Was dann geschah konnte niemand voraussehen. Deshalb war das Mitglied von Schwarz, Jei Farfarello, mit Manschetten an Handgelenken, Fußgelenken, Becken und Bauch an sein Bett fixiert.
 

Der Doc. gab per Spracheingabe die letzten Zeilen in den Bericht ein und stand dann von seinem Sessel auf. Sein Blick fiel auf sein Zigarettenetui. Er nahm es zu sich, klappte es auf und entnahm eine Zigarette. Nachdem er sie entzündet hatte, inhalierte er tief und betrachtete sich die übrigen Überwachungsmonitore, die den ganzen Komplex bis in den kleinsten Winkel ausspähten.
 

Sein Augenmerk fesselten nun zwei seiner Mitarbeiter, die es auffällig oft in die Nähe ihres Gastes, der Begleitperson von Jei Farfarello zog. Nur minimal schmälerten sich seine Augen, das einzige Anzeichen seines Missfallens.
 

Er nahm den nächsten Zug, tippte mit einem Finger auf einen Knopf an der Konsole neben dem Rechner. „Hisoka, ich möchte dich sprechen“, sagte er leise, blies dabei den Rauch aus seinen Lungen.
 

Es kam keine Antwort. Das war nicht nötig. Während er auf Hisoka wartete, nahm er wieder in seinem Sessel platz, aschte die Zigarette in das dafür vorgesehene Behältnis ab – eine metallene Nierenschale – und legte entspannt beide Arme seitlich auf den Lehnen ab.
 

Hisoka kam wenige Augenblicke später, nachdem er höflich wie stets angeklopft hatte, durch die Tür.

„Doc.“
 

Dieser sah ihn einen Moment nachdenklich an. „Es gibt ein Problem.“

Er hob minimal die Hand, in der er die Zigarette hielt und deutete fahrig auf die Monitore.

Hisoka warf diesen nur einen höflichen Blick zu, konnte kaum gesehen haben, worauf er ihn hatte aufmerksam machen wollen, und dennoch...

„Sie haben eine alte Rechnung mit dem jungen Weiß zu begleichen.“
 

„So... haben sie das?“, murmelte der Doc.
 

Hisoka schwieg und wartete.
 

„Und... wie viele Rechnungen haben wir noch mit ihnen zu begleichen?“, fragte der Doc und nahm erneut einen Zug, legte den Kopf schief. Er war müde, der Tag war lange gewesen.
 

„Vier, um genau zu sein.“
 

„Vier... sehr viele Rechnungen, die noch offen stehen.“
 

„Das stimmt, Doc.“
 

„Weswegen lassen wir sie hier arbeiten? Könntest du mir das liebenswürdigerweise wiederholen? Nur noch einmal zur Erinnerung für mein müdes Gehirn.“
 

„Sie erpressen uns.“
 

„Ah, richtig“, sagte er und nickte langsam. Ein melancholisches Lächeln erschien auf seinen Lippen, erreichte jedoch nicht die kalten Augen.

„Das tun sie“, sagte er sinnierend und nahm erneut einen tiefen Zug.

„Erpressung also. Finden wir das gut?“
 

„Nein, nicht so richtig“, erwiderte Hisoka, das Gesicht zeigte tiefes Bedauern. Tiefes, falsches Bedauern.
 

Der Doc nickte zustimmend und schien in Gedanken zu sein, bis er den letzten Zug nahm, den Stummel in der Nierenschale ausdrückte und den Rauch gegen die Monitore entließ.

„Ich hätte da eine Idee, wie wir alle diese Rechnungen auf einen Schlag begleichen könnten.“

Das Licht der Monitore tauchte die weißen Zähne des Docs in kaltes Licht, als sich die Melancholie in Mordlust wandelte.
 


 

o∼
 


 

Zeit verging, während Yohji sich mit Kaffee wach hielt. Er war so müde, dass er sich dabei erwischte, wie er zeitweise einen Punkt anstarrte und nicht mehr wusste, wie lange er das schon getan hatte. Er saß im Aufenthaltsraum und hörte einem tropfenden Wasserhahn zu, der ihn seit geschlagenen zwanzig Minuten ärgerte.

Es wäre so einfach gewesen, dieses Ärgernis abzustellen, er hätte sich nur von der bequemen Couch erheben, rüber zur Küchenzeile schlurfen und das verdammte Ding richtig zudrehen müssen.
 

Frustriert führte er seufzend seine Tasse an den Mund und stellte dann erst fest, dass sie leer war.

„War klar“, brummte er und beschloss, sich zu erheben. Mit der Tasse im Schlepptau, die er am Henkel an einem Finger baumeln ließ, ging er mit wenig Elan hinüber zur Küche und räumte sie in die Spülmaschine.
 

Was nun?
 

Es war wieder Zeit, nach Jei zu sehen. Also verließ er den in mondänen Weiß und Beige gehaltenen Aufenthaltsraum und trat in den Korridor, der ihn zu Jeis Zimmer führte.

Wobei er nicht vorhatte, dieses Zimmer zu betreten. Dazu hatte er zu großen Respekt vor dem, was ihn dort erwartete. Oder seiner eigenen Angst vor dem, was er angerichtet hatte.
 

Er hatte ihm nicht vertraut.
 

Das war die größte Schande an der Geschichte. Aber jetzt war das Kind in den Brunnen gefallen und er musste zusehen, dass er es heil dort wieder raus bekam.
 

Am Empfang stand der bullige Krankenpfleger, oder wie Yohji ihn nannte: das Mädchen für Alles: Hisoka – die Rechte Hand des Docs. Ein nicht zu unterschätzender, höflicher Zeitgenosse, der ein Auge auf ihn hatte. Was Yohji im Moment gar nicht so schlimm fand. In Anbetracht der Tatsache, dass der Rest der Belegschaft weniger redselig oder freundlich auf ihn zu sprechen war. Sie versuchten möglichst wenig Kontakt zu ihm herzustellen und ihn störte diese Tatsache nicht im Geringsten. Ein paar Stunden hatte er nun schon hier unten totgeschlagen.

Er hatte sie damit verbracht, die Ausgänge und die Belegschaft zu zählen. Es gab nur einen Ausgang, soweit er mitbekommen hatte, was für ihn ungünstig war. Er bezweifelte jedoch stark, dass dieser Doc, keinen Notfallplan zur Hand hatte und sich für den Fall der Fälle ein Hintertürchen offen hielt.
 

Die Belegschaft wechselte regelmäßig, im Moment jedoch waren es fünf Männer, der Doc inklusive, und eine Frau, soweit er sagen konnte. Er hatte versucht, sie einzuschätzen und war zu dem Schluss gekommen, dass sie entweder kleinere Fische im großen Teich der organisierten Kriminalität waren oder anderweitig einiges auf dem Kerbholz hatten.

Crawford hatte das gewusst und hatte ihm wohl deshalb seine Drähte gelassen. Dieses Schwein...
 

Yohji schritt gemächlich am Empfang vorbei, nickte Hisoka zu und ging in das Zimmer, das ihm zugedacht war, um in den Nebenraum zu blicken, in dem Jei lag. Nachdem er die Tür geschlossen hatte spähte er hinüber zu Jei. Die durchsichtige Wand offenbarte ihm ein unverändertes Bild der Lage. Jei hatte sich kaum bewegt, die Augen waren geschlossen, die Gestalt des Empathen wirkte entspannt und schlafend.
 

Die Farbe seiner Haut sah wächsern aus, fast weiß wie das Lacken, auf dem er lag, doch die Parameter auf dem Monitor im Zimmer zeigten normale Werte. Der Doc sagte, dass es aufgrund der Höhe des Blutverlusts Wochen dauern konnte, bis sich die Blutwerte des Empathen normalisieren würden.

Yohji verzog missmutig das Gesicht. Wochen waren definitiv zu lange. Und er bezweifelte immer noch, dass das hier der beste Ort für eine Genesung war.
 

Yohji wandte sich von Jei ab und ging zu dem Paneel an der Tür, um nach der Uhrzeit zu sehen. Es war fast Mittag. Hunger hatte er keinen, aber er fühlte sich müde und ausgelaugt.

Er musste endlich schlafen.
 

Nach einem weiteren Blick zu Jei verließ er den Raum und ging zu Hisoka am Empfang, der an einem der Rechner arbeitete und einen Berg an Akten vor sich hatte. Sah nach einem langen Arbeitstag aus.
 

„Ich... werde mich hinlegen. Gibt es eine Möglichkeit, das Zimmer von innen zu verriegeln?“

Hisoka hatte ihm das zwar bei seiner Führung schon verneint, aber es konnte nicht schaden, noch einmal nachzuhaken.
 

Der Riese sah von seinem Arbeitsplatz auf und erhob sich. „Das tut mir leid, das ist leider nicht möglich. Aber wenn es Sie beruhigt, werde ich ein Auge auf die Tür haben.“
 

Sicher doch, murmelte Yohji. In Gedanken allerdings wenig überzeugt von der Effektivität dieser Maßnahme.

„Ja, tun Sie das bitte“, sagte er ohne seine Gedanken auszusprechen und machte wieder kehrt.

Zurück im Zimmer lupfte er den Futon von der hohen Liege, die an der Wand stand, und schob ihn darunter. Zumindest hätte er einem möglichen Angreifer dann das Überraschungsmoment voraus. Das würde ihm hoffentlich reichen, um den ersten Schlag abzufangen.
 

Er dimmte die Tageslichtsimulation auf ein Minimum herunter. Danach legte er sich auf den vorbereiteten Futon und versuchte etwas Schlaf zu finden.
 


 


 

o∼
 


 


 

Es war schwer sich zurückzuhalten und die Datei mit der Videosequenz nicht anzuschauen. Omi lümmelte in dem ledernen, luxuriösen Sessel mit verstellbarer Lehne und Sitzhöhe und hatte es sich gemütlich eingerichtet. Nagi hatte ihm dabei zugesehen, wie er sich mit dem Luxusteil ausführlich auseinandergesetzt hatte, sich aber eines Kommentars enthalten.
 

Omi vermutete ja schwer, dass es sich um Crawfords Lieblingssitzmöglichkeit handelte, und fand deshalb besonders Gefallen daran, das Ding seinem ausgesprochen sensiblen Körper anzupassen. Zugegeben, er machte sich einen Spaß daraus, den Stuhl möglichst so zu verstellen, dass Crawford es ungemütlich darin finden würde. In Ermangelung einer anderen Tätigkeit als des Wartens auf Ran und seines bisweilen anstrengenden Anhangs musste er eben erfinderisch sein.
 

Crawford hatte sich noch nicht blicken lassen, war in die oberen Stockwerke verschwunden und bisher nicht aufgetaucht. Sie hatten die Dusche gehört als Nagi sich vergewisserte, dass der Amerikaner noch im Haus war.

Verständlich, wenn Omi daran dachte, wie schwer die Zeit für ihn gewesen war, als Crawford Alleingänge unternommen hatte.

Von der Tatsache einmal abgesehen, dass er danach auch noch schwer verletzt im Krankenhaus gelandet war.
 

Omi drehte sich im Stuhl mit einer Teetasse in der Hand, die Nagi ihm gebracht hatte, und studierte den Jüngeren. Nagi sezierte förmlich die Bilder auf den übergroßen Monitoren. Er betrachtete sich Crawfords Schwester seit über fünf Minuten.

Was ging in ihm vor?
 

Er kostete einen Schluck des gekühlten Grüntees und nahm eine Bestandsaufnahme von Nagis schmaler Gestalt auf: Er hatte die Arme vor sich verschränkt und wirkte, als wäre ihm kalt. Und das bei über 35 Grad Außentemperatur. Das Ryokan war zwar gut isoliert und die hölzernen Rollläden taten ihr Bestes, um die Hitze draußen zu lassen, doch im Gegensatz zu Nagi war ihm trotz allem viel zu warm. Aber wenigstens hatte es inzwischen aufgehört zu regnen. Welch Glück!
 

Es war Sommer und zu heiß, zu nass und daher zu klebrig. Normalerweise genoss er diese Zeit, für gewöhnlich konnte es ihm gar nicht warm genug sein, doch jetzt, in ihrer augenblicklich vertrackten Situation, ging ihm die schwüle Hitze nur noch auf die Nerven.

Trotzdem musste er zugeben, dass er sich hier einigermaßen sicher fühlte. Jedenfalls sicherer als im Blumenladen, was jedoch bei genauerer Betrachtung auch nicht allzu schwer war.
 

Wieder nahm er einen Schluck und Nagi hatte sich immer noch nicht von den Monitoren gelöst.

„Woran denkst du?“, wagte er sich vor. „Wenn du weiter so auf Crawfords Schwester starrst, werde ich vielleicht noch eifersüchtig...“, brummte er gespielt verstimmt.
 

Nagi zuckte minimal zusammen, ihm war nicht bewusst gewesen, dass Omi ihn beobachtete, so enthusiastisch wie sich dieser an Crawfords Ledersessel vergangen hatte.
 

Ein minimales Lächeln zuckte an seinen Mundwinkeln, als er Omis Worte hörte.

Er antwortete nicht gleich, denn er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Crawford hatte eine Schwester. Gut, das hatten sie gewusst, seit er ihr auf der Benefizveranstaltung begegnet war. Aber ihr Bild zu sehen war noch einmal etwas anderes.

„Sie ähnelt ihm sehr“, sagte er letztlich leise in Ermangelung einer wirklichen Antwort.
 

Jei, Schuldig und ihm war bewusst gewesen, dass es da einen Teil in Brads Vergangenheit gab, über den er nicht sprach. Ob Schuldig davon gewusst hatte?
 

Omi schien abzuwarten und Nagi mochte die Stille nicht, denn er hatte das Gefühl, dass er noch etwas mehr sagen musste. Dass der andere noch nicht zufrieden mit dieser Antwort war.

Er war verwirrt. Was passierte, wenn sie Eve Crawford tatsächlich in einer haarsträubenden und vermutlich äußerst gefährlichen Aktion befreien mussten und diese Crawford dann verriet?

Oder wenn Crawford sich seiner familiären Gefühle erinnerte und sie –Schwarz - verließ?

Er kannte sich gut genug um sich einzugestehen, dass er Brads Aufmerksamkeit ungern mit jemand anderem teilte.
 

Ihm ging das alles zu schnell.
 

Omi wollte den Jüngeren nicht dazu drängen, seine Gedanken zu offenbaren, auch wenn er gelernt hatte, dass das gefährlich sein konnte. Er erhob sich von seinem Platz, verließ den Raum und ging in die Küche hinüber. Er sah sich um, öffnete dann den Kühlschrank und nahm einige Zutaten heraus, die sich für einen kalorienhaltigen Shake eignen würden. Ein paar Früchte, die noch übrig waren, gesellten sich dazu, etwas Milch, ein paar Eiswürfel und Eiweißpulver mit Pistaziengeschmack bildeten die Basis. Ein Mixer musste dafür herhalten, um das alles zu einem leckeren Drink zu vermischen.

Der Lärm, den er in der Küche veranstaltete, lockte Nagi an, der – als sich Omi umdrehte um ein großes Glas hervorzuholen – im Türrahmen auftauchte. Die Arme noch immer vor sich an der Brust bergend, als müsste er sich festhalten, bevor ein Sturm ihn mit sich riss. Omi fand den Vergleich passend und traurig zugleich. Es würde ein Sturm kommen und Nagi ahnte es.
 

Dessen Blick glitt von ihm zu dem Mixer, als Omi sich streckte und ein großes Glas aus einem der oberen Schränke holte.

„Meinst du Crawford hat schon eine Idee, wann wir zuschlagen wollen?“, stellte Omi in den Raum.
 

Nagi löste sich vom Türrahmen und kam in die Küche. „Bei dieser Frage gibt es zwei Aspekte, die wohl überlegt werden müssen.“
 

„Die da wären?“ Omi füllte den Shake in das Glas und ging zu Nagi, der ihm gegenüber vor dem Tisch stand. Er schob ihm den Shake zu.
 

„Es sind zwei Fragen, die sich dahinter verbergen. Die eine Frage sollte lauten, ob er angreifen wird und die andere, ob ihr dabei sein werdet.“ Nagi besah sich das Getränk und seufzte innerlich. Er hatte keinen Hunger. Warum also tat Omi das? Wenn er nur an Essen dachte, wurde ihm übel.

Ein Blick in dessen ruhiges Gesicht, in die kornblumenblauen Augen, die ihm Vertrauen entgegen brachten und die Hoffnung ausstrahlten, sagte ihm, dass er wusste, wie es Nagi ging.
 

Und er hatte dies offenbar verstanden.
 

„Du brauchst in den nächsten Tagen so viel Energie wie du bekommen kannst, sehe ich das richtig?“
 

Nagi schwieg zunächst. Er hatte vor dem Einsatz Angst. Das war selten und er kannte dieses Gefühl nicht wirklich. Seit Schuldig einmal nicht zurückgekehrt war, wusste er, dass jeder Einsatz ein Loch in ihre Familie reißen konnte.
 

Einer fehlte bereits. Jei war nicht da.
 

„Ich bin nicht gut vorbereitet auf einen größeren telekinetischen Einsatz. Ich habe dafür trainiert meine Fähigkeiten so auszurichten, dass ich mit anderen Menschen sensibler agiere. Nun soll ich Energien mobilisieren, die mich dorthin zurückführen, an den Ort, an dem Tot starb. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“
 

„Trink das.“ Omi lächelte zuversichtlich. „Wenn das vorbei ist, trainieren wir zusammen.“

Omi ging um den Tisch herum. „Wenn du deine Fähigkeiten im Kleinen beherrschst, die Finessen der Telekinetik beherrschst, minimale Dinge steuern kannst, was sollte dich davon abhalten, dies bei einem größeren Energielevel nicht auch tun zu können?“

Nagi setzte sich auf einen Barhocker und nahm das Glas zu sich. Er trank einen kleinen Schluck und musste lächeln, als der süße Geschmack auf seiner Zunge seinen Magen zum Knurren brachte. Es war kühl, süß und schmeckte nach Frucht.
 

„Ich komme mit dir. Ich lasse dich nicht alleine gehen, egal was du sagst. Ken ist bei diesem Clan und keiner weiß, was sie mit ihm anstellen werden. Er gehört zum Team und wir sind es ihm schuldig, dass wir ihn zurückholen. Als einer von uns kann er sich darauf verlassen, dass wir alles dafür tun werden, denn wir lassen niemanden zurück. Vielleicht sind wir Schuld an dem... wie sich die Dinge entwickelten. Wir sind bei euch gewesen, er ... vielleicht haben wir ihn allein gelassen.

Ich weiß nicht, was Manx vorhatte, aber das sicher nicht.“

Omi sah mit Genugtuung, wie Nagi das Glas langsam leerte. Es schmeckte ihm. Das Lächeln auf dem blanken, verschlossenen Gesicht hatte ihm das gezeigt. Seit dem er den Kuchen gebacken hatte - damals in Schuldigs alter Wohnung – wusste er, wie sehr der Jüngere auf Süßes abfuhr. Vermutlich wegen der schnellen, hohen Kalorienzufuhr.
 

„Wir sollten unbedingt ein paar Eiweißriegel und hochkalorische Riegel mitnehmen“, sagte Omi. Er beugte sich zu Nagi und küsste ihn überraschend auf die Lippen, die einen Rest der Süße des Shakes an sich hatten.
 

„Und wann gedenkst du ist der richtige Zeitpunkt, sie zu essen? Während oder nachdem ich jemanden eliminiert habe?“

Nagi nahm einen weiteren Schluck und sah ihn aus seinen grauen Augen fragend an.
 

Omi verzog den Mund ob dieser ketzerischen Frage. „Vorher, mein Lieber, vorher! Und wenn du weiterhin solche aufmüpfigen Fragen stellst, mache ich dir jede Stunde einen von diesen Shakes.“
 

„Es gibt Mittel und Wege sie zu entsorgen“, sagte Nagi leise, den anderen nicht aus den Augen lassend, während er den letzten Schluck tat, wobei ein Lächeln seine Lippen zierte.
 

„Das glaube ich dir gern“, murmelte Omi und kniff die Augen bis auf einen Spalt zusammen.

Es sollte drohend wirken, aber es veranlasste Nagi nur dazu, etwas mehr zu lächeln. Er stellte das Glas ab und rutschte vom Barhocker in die Lücke, die Omi freigelassen hatte. Dieser legte seine Hände an die schmalen Seiten, fühlte die zarte Gestalt in seiner Umarmung. Die Schulterblätter waren deutlich zu fühlen, die einzelnen Wirbel durch das dünne Langarmshirt bestens nachzuzählen. Viel zu dünn. Wenn sie die nächste Zeit heil überstanden, würde er...
 

Ja, was würde er? Nagi aufpäppeln? Mit ihm in den Urlaub fahren? Nagi würde immer dieser schmale, zu dünne Mensch bleiben. Ihn zu etwas anderes machen zu wollen wäre genauso, als würde er Nagi dazu auffordern, keine PSI Kräfte mehr anzuwenden. Ein normaler Mensch zu sein. Was ihn wieder zur Frage führte, was denn schon normal war?

Nagi war eben anders und er kam ganz gut damit klar.

Und wer sagte denn, dass in ein paar Tagen Ken wieder bei ihnen sein und alles Blümchen werden würde? Vielleicht wurde alles viel schlimmer. Vielleicht überlebten sie die ganze Sache nicht und der Clan trat ihnen in den Arsch. Sie liefen in eine aufgestellte Falle und das mit dem Wissen, dass sie da war und auf sie wartete.
 

„Hast du deine Waffe dabei, Tsukiyono?“, brach die Stimme des Schwarz-Anführers in ihre Zweisamkeit und Nagi fuhr hastig zurück und wäre beinahe über den hinter ihn stehenden Barhocker gefallen, hätte Omi ihn nicht im Nacken gepackt und an sich gezogen. Er ließ ihn sanft aus seiner Umarmung, lächelte sparsam in die verunsicherten grauen Augen hinauf und drehte sich halb um.

„Sicher doch“, sagte er und wartete schon auf einen dummen Spruch, denn er wusste ja, wie wenig Crawford es schätzte, dass er seinen Pflegesohn in Beschlag genommen hatte. Aber der Spruch blieb überraschend aus und daher verschonte auch Omi sie alle mit einer passenden Replik. Crawford sah müde aus, wie Omi feststellte, und das bewirkte bei ihm, dass er ob dieses brüsken Überfalls Milde walten ließ. Sein legeres Outfit, das eine Jeans und ein – man beachte – T-Shirt umfasste, ließ Omi den Amerikaner für einen Moment voll innerem Staunen betrachten. Was musste geschehen, um Crawford in diesen normal-sterblichen Aufzug zu befördern? Die Apokalypse? Armageddon?
 

Er entließ Nagi aus seiner Umarmung und ging um den Tisch herum, nahm das Glas auf dem Weg mit zum Mixer. „Weshalb?“
 

„Wir brauchen jemanden, der Nagi schützt, ich halte ein Energiefeld für sinnvoll. Um das aufrecht zu erhalten, muss sich Nagi darauf konzentrieren und auf nichts anderes. Das macht ihn angreifbar.“
 

„Ein Energiefeld?“, fragte Nagi vorsichtig nach. Omi hatte sich abgewandt, um den Mixer zu reinigen. Für ihn hörte sich das so an, als wäre sich Nagi nicht sicher, ob er das leisten konnte.
 

„Auf die Art haben Schuldig und Fujimiya einen gewissen Schutz vor Fernkampfwaffen. Dort wird die Luft sehr bleihaltig werden. Jei und Kudou fallen aus. Manx ist im Augenblick nicht zu erreichen. Es verbleiben, Schuldig, Fujimiya, du und Tsukiyono.“
 

Ein Himmelfahrtskommando, fiel Omi dazu gedanklich ein und schnaubte. „Und du?“
 

„Ich nehme an dieser... Unternehmung nicht teil.“
 

„Wir brauchen dich“, sagte Nagi erstaunt und mit einem Hauch von Unverständnis.
 

„Ich habe etwas anderes zu erledigen.“
 

Natürlich, ätzte Omi in Gedanken. Wenn’s brenzlig wurde, verduftete der große Boss.

„Es geht hier nicht gerade um einen Ausflug nach Disneyworld, oder sehe ich da etwas falsch?“
 

Wie immer war Crawfords Gesichtsausdruck bestenfalls mit reserviert zu beschreiben. Außerdem glaubte Omi in dessen Augen Wut zu erkennen und einen angespannten Zug um seine Mundwinkel auszumachen. „Das ist ein Befehl, Naoe.“ Kurz, prägnant, kalt. Ein Arschloch eben. Kleider machten eben doch keine Leute. Ein eiskalter, berechnender Bastard blieb eben das, was er war, auch wenn er heute keinen Anzug trug.
 

Omi blickte zu Nagi, der wie angewurzelt dastand und Crawford nachstarrte, der längst aus ihrem Sichtfeld verschwunden war.
 

„Er schickt uns gegen diese Übermacht alleine dorthin?“ Schöner Boss, fiel Omi dazu ein, sagte es aber nicht. Er wollte zwischen ihnen keinen Streit provozieren, denn er wusste schließlich, wie sehr Nagi darauf bedacht war, das Verhältnis zwischen seinem Ziehvater und sich im Reinen zu halten.
 

Nagi legte den Kopf leicht zur Seite, als wolle er lauschen. Seine Gedanken gingen in eine andere Richtung. Warum wollte Brad nicht mit?

Er entsann sich der Tatsache, dass Omi etwas gesagt hatte und wandte sich ihm zu.

„Nein...“ Er hob die Hand und winkte sparsam ab.

„Ich meine ‚Ja’. Wir hätten ihn ohnehin nicht mit ins Hauptgeschehen mitgenommen. Er ist zu wertvoll für uns, als dass wir es riskiert hätten, ihn an die Front mitzunehmen. Ich denke der Plan hätte vorgesehen, dass er uns von einem sicheren Ort koordiniert.“ Er spitzte die Lippen leicht und sah nachdenklich wieder in die Richtung, in die Brad verschwunden war. „Ich frage mich, was er stattdessen zu erledigen hat...“
 

Omi schnaubte gereizt. Er spülte den Mixer aus und hielt ihn unter den Wasserstrahl. „Was soll das denn heißen? Ich meine, jeder von euch ist wertvoll. Warum soll gerade er in einem Ü-Wagen hocken und sich die Show gemütlich ansehen und ihr steckt mitten...“

„Omi...“, setzte Nagi an und unterbrach ihn ruhig, aber mit einem mahnenden Unterton.

„Du weißt doch sicher selbst aus eigener Erfahrung, wie wenig es mit Einfachheit zu tun hat, ein Team zu koordinieren oder ruhig sitzen zu bleiben und einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn das Team unter Beschuss gerät oder man den Kontakt verliert.“
 

Na sicher wusste er das, zu gut. Aber...
 

Er seufzte und stellte das Glas und den gereinigten Mixer auf die Ablagefläche. War er nur ungerecht, weil es sich um den Amerikaner handelte? Den Erzfeind?
 

Nagi sah, wie die Schultern, die zuvor so angespannt gewesen waren, herabsanken, und ging vom anderen unbemerkt um den Tisch herum, um ihm mit der Hand über die Wirbelsäule zu streichen. Er berührte nicht das Shirt, verdichtete nur etwas die Energie unter seinen Händen.
 

Omi spürte das warme Kribbeln und es jagte einen Schauer über seinen Körper. Er schüttelte sich und drehte sich zur Seite, nur um einem lächelnden Nagi gegenüberzustehen. Nachdem er sich die Hände abgetrocknet hatte schnappte sich Omi das übermütige Kind und zog es an sich.
 

„Jeder von euch ist wertvoll, oder irre ich mich?“
 

„Nein, das tust du nicht, aber für das Überleben des Teams ist er der Wichtigste. Mich könnte man mit Feuerkraft ersetzen.“
 

„Im Leben nicht“, sagte Omi.

Sie sahen sich an und Omi erkannte den Widerspruch bereits, bevor Nagi etwas sagen wollte. „Keiner von ihnen könnte ein Energiefeld erzeugen, sehe ich das richtig?“
 

Nagi wich seinem Blick aus. „Korrekt. Keiner von ihnen kann es. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich das generieren kann. Dazu ist sehr viel Energie nötig. Davon abgesehen brauche ich ein gewisses Maß an Konzentration und innerer Stabilität, um es zu halten. Ich kann mich in Trance versetzen, aber dann kann ich es nicht mehr steuern, es würde sich ausdehnen und die Möglichkeit bestünde, dass es außer Kontrolle gerät.“
 

Omi hörte aus diesen Worten auch noch etwas anderes heraus. „Du meinst, dass du außer Kontrolle geraten könntest?“
 

Sie hätten dann vermutlich ein viel größeres Problem als SIN am Hals.
 


 

o~
 


 

Er spürte die Dunkelheit beinahe körperlich um sich herum, wie eine alles verschluckende Substanz. Yohji tastete umher und fand die Decke unter seinen Fingern. Danach machte sich Panik in ihm breit und seine Finger huschten zu seinen Augen. Die Luft im Raum war schal und verbraucht, was bedeutete, dass die Klimaanlage ausgefallen war.
 

Die Drähte wieder sicher in ihrer Vorrichtung, schlich er sich barfüßig zur Tür hinüber. Er tastete sich an das Paneel heran, doch das war nicht zum Leben zu erwecken. Seine Hand fand den Türgriff und drückte ihn nieder. Die Beleuchtung lag auf dem Sterbebett, wie er an den flackernden, zuckenden Leuchten erkannte.
 

Es stank.
 

Der Geruch war beißend. Er verzog angeekelt den Mund und ihm stellten sich die Nackenhaare auf. In Windeseile überzog eine Gänsehaut seinen Körper.
 

Es stank nach Blut und anderem.
 

Er war sich nicht mehr ganz sicher, ob er nicht doch träumte, als er an der gegenüberliegenden Wand dunkle, verwischte Spuren bemerkte. Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, um es als Blut zu identifizieren. Das stroboskopartige Zucken der Beleuchtung, die nur mehr teilweise funktionstüchtig war, narrte sein Gehirn noch zusätzlich.
 

Er trat aus dem Türrahmen heraus, als ein martialischer Schrei seine Alarmglocken zum Dauerläuten brachte. Er drehte sich rasch um und zog gleichzeitig die Drähte, als ein Mann mit einem zu einer wilden Grimasse verzerrten Gesichtsausdruck auf ihn zu rannte. Er hielt etwas Glänzendes in beiden Händen, die mit einer dunklen Flüssigkeit bedeckt waren. Yohji hätte gewettet, dass es das gleiche Blut war, das er auch zwischen seinen Zehen fühlte. Diese sämige Flüssigkeit auf der Haut war unverkennbar.
 

Während er auf ihn zuraste, lotete Yohji blitzschnell seine Möglichkeiten aus. Zunächst wickelte sich der dickere Draht um die Beine des völlig außer Kontrolle geratenen Mannes. Der Gegenstand, den er in der linken Hand gehalten hatte, fiel ihm mit einem klingenden Geräusch aus selbiger und prallte an der Korridorwand ab. Yohji setzte sofort nach, sprang über den Liegenden hinweg und schnappte sich das zu Boden gefallene Messer, während sein Gegner rasend vor Wut mit einem weiteren Gegenstand nach ihm stach. Dann schoss Yohji einen weiteren, diesmal dünneren Draht auf den sich aufrappelnden Mann. Dieser wickelte sich um dessen Hals. Ein aufjaulender Schrei, gefolgt von einem röchelnden Krächzen sagte Yohji, dass der Draht am Bestimmungsort angekommen war. Er warf das Messer – ein Skalpell - und versenkte es im Auge seines Angreifers.
 

Aber das hieß offenbar nicht, dass dieser genug hatte. Noch immer wälzte er sich halb irre vor Wut, vielleicht auch vor Schmerzen auf dem Boden. Blut lief ihm übers halbe Gesicht und trotzdem versuchte er noch, wie von Sinnen die Drähte zu durchschneiden. Yohji keuchte vor Kraftanstrengung, reduzierte die Spannung via Knopfdruck, veränderte den Winkel, zog mit einem Ruck an dem dünnen Draht, der um den Hals des Mannes geschlungen war, und trennte den Kopf teilweise vom Rumpf. Er hing noch an den oberen Wirbeln.
 

Er keuchte in die Stille des Korridors, das zuckende Licht ließ diese Tat in einem unwirklichen Licht erscheinen. Er richtete sich auf die Knie auf, nachdem er verschnauft hatte, nahm sich von dem Toten ein Stück Kleidung zur Hand und wischte den Draht sauber, als dieser langsam in die Vorrichtung zurückglitt. Er hatte nicht vor, die Drähte zu kappen, solange er nicht wusste, wer ihn hier alles töten wollte.
 

Er wischte sich die Hände an den Stellen der Kleidung des Toten ab, die noch trocken waren. Als nächstes sammelte er die Skalpelle ein. Er wog sie in der Hand und erinnerte sich daran, dass es sehr viele scharfe Instrumente auf dem Tisch des Operateurs gegeben hatte. Größere, Längere und daher Tödlichere.

Er sah sich um.
 

Es war still um ihn herum. Das Blut an den Wänden war nicht von diesem Mann gekommen. Wo waren also die Verletzten oder die Leichen von denen es kam?
 

Im nächsten Raum von ihm aus gesehen lag Jei. Steckte er dahinter?
 


 

o~
 


 

Schuldig fuhr mit seinem Motorrad voraus, während Ran die Viper durch die Stadt heizte. Sie hatten sich für die schnellere Variante entschlossen. Das wenige Gepäck, das sie mit sich führten, hatten sie in der Viper untergebracht. Schuldig hatte seine Waffen an sich, Rans Schwerter in den Scheiden, die wiederum in Schutzhüllen auf dem Rücken. Munition, Kleidung und Nahkampfwaffen fanden in dem kleinen Stauraum der Viper bequem Platz.
 

Ran amüsierte es, als er wieder einmal ein waghalsiges Überholmanöver Schuldigs bewundern durfte. Offenbar hatte der Deutsche einen Heidenspaß, sich von ihm verfolgen zu lassen, denn nichts anderes taten sie hier. Zwei Polizisten hatte Schuldig so telepathisch beeinflusst, dass sie abdrehten und sich wichtigeren Aufgaben widmeten, als sich eine Verfolgungsjagd mit zwei verrückten Rasern zu liefern.

Es war nicht so, dass Ran keinen Spaß bei der Sache hatte, trotzdem fühlte er sich im Nachteil. Dieses Rennen konnte er nicht gewinnen, vor allem nicht bei dem Verkehr. Auch wenn Schuldig sich einen Spaß daraus zu machen schien, die anderen Autos kurzfristig auf nur einer Fahrbahnspur fahren zu lassen. Wie gnädig.
 

Mit säuerlicher Miene stieg er aus dem Wagen aus, als sie am Ryokan ankamen, und blitzte Schuldig mit funkelnden Augen an. „Was war daran bitte ausgeglichen? Mitten im Großstadtverkehr!“, brummte er.
 

Schuldig nahm den Helm ab und grinste ihn gut gelaunt an. „Nichts. Hat ja auch niemand behauptet!“ Er stieg ab und kam zu Ran, um ihm die zwei Koffer abzunehmen. Banshee durfte Beifahrer spielen und hatte mit Sicherheit ihre eigene Meinung zu dieser rasanten Fahrt.

„Wehe sie hat in die Viper gekotzt“, spähte Schuldig über Rans Schulter in den Wagen.

„Hat sie nicht und jetzt geh rein“, lächelte Ran zuckersüß und nahm Banshee samt ihrer Transportbox auf. „Aber wenn du weiter hier faul herumstehst, überlege ich mir es vielleicht und vergesse sie im Wagen.“
 

„Das würdest du nicht wagen!“, rief Schuldig entrüstet aus und ging zum Eingang.
 

Nein, natürlich würde Aya es nicht wagen, aber aus dem alleinigen Grund, dass er Banshee dort nicht einsperren würde - um Banshees Willen - und nicht, um das Interieur der Viper zu schonen, an der die Katze mit Sicherheit ihren Zorn auslassen würde.
 

Schuldig wechselte seine Schuhe im Entree und bog dann nach rechts in den schmalen Korridor ab, der zu ihrer Großküche führte. Dort standen Nagi und Omi. Er trat an den freien Tisch und er fädelte die Hüllen vom Rücken, die Rans Klingen beheimateten, um sie darauf abzulegen.

„Habt ihr den Kristall entschlüsselt?“

Schuldig ging zum Kühlschrank, um sich eine Wasserflasche hervorzuholen. Die Hitze brachte ihn noch um. Er hatte dieses Wetter noch nie gut vertragen. Auf dem Motorrad war es angenehm gewesen, allerdings hatte er jetzt in der Kluft das Gefühl, zu ersticken.
 

„Teile davon“, erwiderte Omi. Nagi, der neben ihm auf dem Hocker saß, grübelte offenbar immer noch über das Kraftfeldproblem nach.
 

Schuldig hörte wie die Eingangstür ins Schloss fiel und stellte die Flasche ab, um zu Ran zu eilen. Er nahm ihm die zwei flachen Koffer und ihre Reisetasche ab. Letztere ließ er im Flur stehen, während er die Koffer in die Küche trug, wo sie sich neben die Katanas gesellten.
 

Ran nahm Banshee aus ihrer Box, die er neben den Tisch stellte. Er würde sie mit dem Gepäck nach oben bringen.

„Haben wir genügend Munition?“ Ran griff sich die Wasserflasche, die Schuldig ihm reichte.

Er hielt weiter Banshee im Arm.
 

„Brad hat dafür gesorgt, dass wir von dieser Seite her gut abgedeckt sind“, sagte Nagi und ging zum Kühlschrank. Er brauchte mehr Energie, auch wenn er nach dem Eiweißshake leichte Übelkeit verspürte.
 

„Also was habt ihr?“
 

„Nichts Großartiges. Einige kleinere Dateien, eine Videodatei. Wobei die Definition von klein nur in Anbetracht der schieren Datengröße, die der Kristall in sich trägt, zu sehen ist.“
 

„Wo ist Brad?“, fragte Schuldig.

„Oben.“
 

„Ich gehe ihn holen“, sagte Schuldig und schälte sich aus seiner Motorradjacke während er nach oben ging. Er wollte Brad selbst holen gehen.

Schuldig hatte ein ungutes Gefühl. Es war nicht direkt, dass er Angst hatte, aber es kam diesem Gefühl sehr nahe.
 

Banshee hatte offenbar nichts dagegen, ein paar Streicheleinheiten abzufassen, nachdem sie solange alleine gewesen war, und hatte es sich auf Ayas Arm gemütlich gemacht. Er nahm sie mit hinüber ins Besprechungszimmer.

Noch immer prangten dort die Bilder von Eve Crawford und dem unbekannten Mann mit der Maske.
 

Wie schon zuvor setzte sich Omi in den Sessel an einen der Rechner, während Nagi sich an den zweiten setzte.
 

Schuldig ging währenddessen durch die oberen Räume und fand Brad auf seinem Bett sitzend, den Kopf in die Hände gestützt. Er sah nicht auf, als Schuldig hereinkam. Schuldig ging zu ihm, begab sich in die Hocke und berührte seine Hände.

„Hey...“, sagte er leise. „Hast du Kopfschmerzen?“
 

Brad zuckte zusammen. Er hatte nicht bemerkt, dass jemand in den Raum gekommen war. Er war zu zerstreut und unaufmerksam.

„Es geht schon“, sagte er nüchtern. Die Bilder, die ich sehe, kommen im Moment schneller und ohne jeden Zusammenhang. Sie kommen schneller als jemals zuvor - zu schnell, um sie sofort verarbeiten zu können. Ich fühle mich... blockiert.“

Er wusste, dass es an ihr lag. An Eve.
 

„Kann ich dir helfen?“
 

„Nein.“ Brad schüttelte den Kopf, griff neben sich, um seine Brille aufzunehmen und erhob sich. „Ich komme gleich.“
 

Damit war Schuldig entlassen und musste zusehen, wie Brad ins Badezimmer ging, um seine Kontaktlinsen einzusetzen. Schuldig sah ihm dabei zu. Selbst bei dieser alltäglichen Handlung wirkte Brad, als hätte er ein Schutzschild aus Unnahbarkeit um sich herum, das niemand in seiner Nähe duldete. Schuldig seufzte und machte sich wieder auf den Weg zu den anderen.
 

Er blieb an der Tür zu ihrem Besprechungsraum stehen und der Rest der Truppe wartete, bis Brad kam. Als dieser dann erschien, fiel Schuldig auf, dass er sich umgezogen hatte. Er trug eine Stoffhose und ein schwarzes Hemd. Je mehr Chaos in Brad herrschte, desto größer wurde sein Bedürfnis nach Ordnung, und das zeigte sich entweder in der Wahl seiner Kleidung oder dem Wunsch, sämtliches Geschehen um ihn herum zu kontrollieren.
 

Als alle da waren, startete Omi das Video.
 

Zunächst waren nur Stimmen zu hören, bis das Bild hinzugeschaltet wurde. Die Kamera war in einer Ecke des Raumes befestigt worden, sodass sie von schräg oben auf die Frau sehen konnten, die dort auf einem Stuhl gefesselt saß. Ihre Hände ruhten auf einem Holzbrett vor ihr. Zumindest in Teilen. Es war zu sehen, dass einige ihrer Finger abgetrennt vor ihr lagen. Blut tropfte vom Holzbrett auf den Boden und hatte sich dort zu einer Pfütze gesammelt.
 

Zwei Männer und eine Frau, alle trugen Masken, waren mit im Raum. Weiter hinten, kaum zu erkennen, hing ein weiterer Gefangener mit den Armen über dem Kopf an der Decke aufgehängt. Er bewegte sich nicht.

Einer der Männer ging um die Frau herum. Sie hörten Wasser rauschen, wie von einem geöffneten Wasserhahn. Der Mann sprach leise, fast zu leise, sie verstanden nur wenig und die Stimme schien obendrein leicht verzerrt zu sein.
 

„Das könnte Asugawa sein“, murmelte Schuldig.
 

„Ich versuche, die Stimme hervorzuheben und zu isolieren“, sagte Nagi und kurz darauf hörten sie die Stimme etwas lauter. „Es liegt nicht an der Aufnahme, sondern an ihm.“
 

Brad ging näher.
 

Schuldig beobachtete ihn, doch er konnte nicht erkennen, wie sehr es den Amerikaner belastete, seine Schwester in dieser Lage zu sehen. Sein Blick war versteinert und kalt, was jedoch keine Besonderheit war.
 

Trotz der Verzerrung konnten sie die Worte verstehen. Eves Augen waren verbunden. Ihr Gesicht war stark mitgenommen. Blut tropfte von ihrer Lippe und sie war leicht zusammengesunken. „Schwer zu sagen, ob sie bei Bewusstsein ist“, sagte Ran.
 

„Mr. Crawford!“, wandte sich der Redner mit der Kabuki Maske zu ihnen um, als hätte er sie gerade eben entdeckt. Ein vertikaler Riss zog sich durch die Maske, in der Mitte der Stirn prangte ein Einschussloch, viele kleine Risse gingen von diesem aus, dennoch war die Maske gekittet und offensichtlich tragbar, jedenfalls verbarg sie genügend vom Gesicht des Mannes.
 

Dieser hob den Kopf und blickte nun direkt in die Kamera.

„Wie Sie sehen, haben wir uns einen Gast in unser bescheidenes Etablissement geladen. Noch dazu ist er mir regelrecht in die Hände gefallen, ohne großen Aufwand möchte ich hinzufügen“, er hob tadelnd einen behandschuhten Zeigefinger.

„Von ihrer Schwester und diesem Kritiker Agenten habe ich tatsächlich mehr erwartet. Sie waren geradezu tölpelhaft in die Falle getappt. Aber wie sagt man so schön: Dumm gelaufen.“
 

Er ging um Eve herum, beugte sich zu ihr hinunter, wischte das lange Haar etwas zur Seite und streichelte ihr die Wange. Die Frau regte sich nicht.

„Viel Zeit zum Reden bleibt uns nicht Mr Crawford. Ihre Schwester wird sicher bald aus ihrer kurzen Bewusstlosigkeit aufwachen, in die sie sich geflüchtet hat, und wir haben noch viele Fragen an sie. Wir freuen uns schon auf Ihr Kommen. Es sei denn...“
 

Er richtete sich wieder auf und breitete die Arme in einer tragischen Geste aus. „... sie verzichten auf eine Rettungsmission. Ich würde es sehr bedauerlich finden, wenn ich Ihnen nicht einmal persönlich begegnen dürfte.“
 

Er verbeugte sich wie der Darsteller auf der großen Bühne, auf der er sich offensichtlich wähnte.
 

Danach sahen sie nur mehr wie einer der Drei Eve einen Eimer Wasser ins Gesicht kippte und sie sich langsam regte. Dann wurde der Bildschirm schwarz.
 

„Was haben sie mit ihren Fingern gemacht?“, wisperte Omi.
 

„Offensichtlich durchtrennt.“ Brad drehte sich zu ihnen um. Sein Blick war so dunkel, dass es für Ran klar war, dass sich sehr viel Emotionales dahinter anstaute.

„Überprüft, ob es echt ist, sofern das mit diesem Band möglich ist.“
 

„Die Datei enthält noch einen Anhang...“, sagte Nagi.
 

Omi sah auf. „Stimmt, da ist noch ein kleiner Rest. Ein weiterer Film.“
 

Nagi spielte ihn ab.
 

Es tauchten Fotos von Gebäuden auf. Das Ganze war mit einer Audiospur unterlegt.
 

„Mr Crawford, geschätztes Team Weiß, außerordentlich geschätztes Team Schwarz. Mein Name tut nichts zur Sache, doch nennen Sie mich Asugawa, um der Höflichkeit willen. Dieser Name dürfte Schuldig bekannt sein. Ich habe einen Auftrag für Sie. Ihnen dürfte nach dem Betrachten des vorangegangen Videos hinlänglich bekannt sein, dass sich ein Mitglied des Teams Weiß und SSA Eve Crawford in unserer Obhut befinden.“ Die Stimme hörte sich angenehm weich an, die Worte waren jedoch von Spott durchzogen.
 

„Ich möchte, dass Sie ein Objekt aus diesem Anwesen entwenden. Wie Sie sehen, ist dies hier das Sakurakawa Anwesen in Tokyo. Einer der vielen Nebensitze der Firma. Ich habe Ihnen alle Bilder zusätzlich zu den Blaupausen aller Gänge und der Laboratorien in die Datei gepackt. So sollte es Ihnen ein Leichtes sein, ins Anwesen einzudringen – trotz der guten Bewachung.

Ich gebe zu, dass ich mich einer kleinen Entführung bediente, um Ihnen einen gewissen Ansporn zu geben, meinen Auftrag auszuführen. Mir liegt wirklich viel an diesem Objekt. Da das Tokyoter Oberhaupt der Japanvertretung von Kritiker ermordet wurde, sehe ich mich außerstande, mich selbst um dieses wertvolle Objekt zu kümmern. Sie können gerne Kritiker die Schuld für die Entführung geben. Streng genommen ist es ihre. Sie haben mich in diese Lage gezwungen, weshalb ich mich nun meinerseits dazu gezwungen sehe, zu derartigen Mitteln zu greifen. Auch sollten Sie sich nicht allzu viel Zeit lassen, denn Ihre Schwester, Mr Crawford, ist tatsächlich in Gefahr. Was SIN mit ihr tun, wenn Sie zu viel Zeit verstreichen lassen, haben Sie in der Vergangenheit der Presse entnehmen können. Sie sind manchmal zu verspielt und nicht zu bändigen. Ich habe darauf nicht den geringsten Einfluss. In den anhängenden Dateien finden Sie alles, was Sie brauchen. Ich wünsche Ihnen viel Glück.“
 

Akribisch genau war eine Liste der vielen Dateien aufgeführt, die im Einzelnen alle Eingänge, Stockwerke und unterirdische Anlagen aufführten.
 

„Wenn ich ihn erwische, bringe ich ihn um“, knurrte Schuldig.

„Ich helfe dir dabei“, fügte Ran hinzu und sein Tonfall machte klar, dass man ihm dabei nicht in die Quere kommen sollte.
 

„Keiner von euch bringt ihn um“, sagte Brad und drehte sich zu ihnen um, die Arme verschränkt. „Er gehört mir.“
 

„So gesehen hast du das größte Anrecht auf ihn, da muss ich dir zustimmen“, sagte Schuldig. Omi und Ran sahen sich an. War das bei Schwarz so üblich? Ein Anrecht auf ... Rache, Vergeltung? Gab es dabei so etwas wie eine Rangordnung?
 

„Also machen wir's?“, hakte Omi nach.
 

Brad nickte. „Wir machen es. Ich komme mit euch, werde euch aber im Laufe des Einsatzes verlassen. Ihr seid ab einem gewissen Punkt auf euch gestellt.“
 

Schuldig legte den Kopf schief. „Hat es etwas mit dem hier zu tun?“
 

Brad sah zu ihm und ihre Blicke verschränkten sich. „Ja, ich denke schon. Es ist schwierig, die momentane Bilderflut auszuwerten. Ihr müsst mir einfach vertrauen“, räumte er ein und räusperte sich. Er drehte sich wieder zu dem Bildern um, die in schneller Abfolge über den Bildschirm huschten. Eine der Blaupausen beinhaltete eine Markierung. „Halt hier an Tsukiyono. Fahr zurück...“
 

Omi setzte den langsamen Rücklauf ein und sie fanden sich mit einer Blaupause konfrontiert, die, einer Schatzkarte gleich, einen Weg mit durchbrochener Linie aufwies, an deren Ende ein X den Punkt markierte, zu dem sie wohl gelangen sollten.
 

Omi befand, dass Crawford manchmal - eher immer im Umgang mit anderen Menschen - ziemlich daneben griff. Warum war er vorhin in der Küche so schroff zu Nagi gewesen? Hätte er nicht wie jetzt einfach um Vertrauen bitten können? Jetzt hörte sich der Alleingang doch etwas besser an als vorhin.

Angesichts der Tatsache, dass der Amerikaner mit den abgeschnittenen Fingern seiner Schwester konfrontiert wurde, blieb er relativ ruhig. Aber wer wusste schon, was in diesem Gehirn vor sich ging.
 

„Wir kaufen ihm die Geschichte mit dem sogenannten Objekt ab?“, fragte Ran und entließ Banshee aus seinen Armen, die auf Erkundungstour gehen wollte. Er lehnte sich an den Tisch, an dem Omi saß.
 

„Bleibt uns etwas anderes übrig?“, erwiderte Schuldig und ging zu Ran hinüber.
 

„Was für Möglichkeiten haben wir?“ sinnierte Omi.
 

„Keine“, sagte Ran darauf mit nüchterner Stimme in die Stille hinein, die sich aus der Frage ergeben hatte.
 

„Nagi, du baust mit Tsukiyono den Planungstisch auf. Wenn ihr damit fertig seid, möchte ich jede verfügbare Datei des Kristalls auf dem Tisch haben. Schuldig, du kümmerst dich um unseren Überwachungswagen und die Waffen. Munition findest du im dritten Stock. Bring alles, was du findest, runter. Aus meinem Zimmer kannst du die Einsatzkleidung und die Rucksäcke mit Equipment holen.“

Schuldig nickte, beugte sich zu Ran und küsste ihn auf die Schläfe.
 

„Ran, wir sollten uns die Daten ansehen und sie vorsortieren“, sagte Brad.
 

Brad hatte sich wieder zu dem großen Bildschirm gedreht. Sein Gesicht wirkte wie versteinert.
 

Ran konnte es nicht besonders gut leiden, wenn er bevormundet wurde, aber er musste zustimmen. Es war sicher gut, wenn sie beide den Einsatz ausarbeiteten, denn Brad verdrückte sich ab einem bestimmten Zeitpunkt aus der Geschichte. Außerdem hatte er nicht vor, derlei Fußvolkarbeit wie Schuldig zu verrichten. Ein amüsanter Gedanke. Wobei, er erinnerte sich, dass Schuldig das „Planungsgedöns“, wie er es nannte, ohnehin nicht sonderlich gern mochte.
 

Nagi führte Omi in einen Lagerraum und zeigte auf einen großen Karton in der hintersten Ecke. „Wir müssen nur das kleine Zeug davor wegräumen.“ Omi und er machten sich an die Arbeit, und kurze Zeit später war der Karton befreit. Omi ging aus dem Raum und wartete draußen. „Wir hatten ihn früher in Brads Besprechungszimmer im Einsatz.“ Er hob den Karton mittels telekinetischer Kräfte an und bugsierte ihn mit Richtungsunterstützung von Omi in den früheren Bankettsaal des Ryokans.
 

Während Omi und Nagi an der ihnen zugeteilten Aufgabe arbeiteten, sortierten Brad und Ran die Pläne. Viel zu tun gab es in diesem Punkt nicht, denn dieser Asugawa hatte gute Arbeit geleistet. Er hatte ihnen auf einer Liste sämtliche Wachen, ihre Standorte und die Wechselzeiten der Wachen zuammengefasst.

Natürlich schützte ihn dieses unausgesprochene Lob nicht davor als Staatsfeind Nummer 1 deklariert zu werden. Es galt dringend davon auszugehen, dass dieser Asugawa mehr von ihnen wusste, als sämtliche Menschen vor ihm, die ihnen bei der einen oder anderen Gelegenheit begegnet waren. Was ihn zu einer akuten Bedrohung machte – für Schwarz und Weiß. Dumm war nur, dass Ran das Gefühl hatte, er wäre ihnen mehr als nur einen Schritt voraus. Und das schon seit einiger Zeit. Die Frage war jedoch: Warum hatte er sie nicht schon längst erledigt? Warum spielte er mit ihnen? Tat er das überhaupt? Und wenn ja, diente dieses Spiel dazu, Machtverhältnisse klarzustellen?
 

„Wenn das alles stimmt, wird das weniger ein Himmelfahrtskommando als von mir angenommen“, sagte Ran leise und besah sich das Untergeschossareal.

„Das wage ich zu bezweifeln. Das Ganze stinkt. Er hat uns keine Übergabezeit, geschweige denn einen Ort genannt“, gab Brad zu bedenken.
 

„Aber ein Ausweg von dort unten“, Ran tippte auf dem Bildschirm an der Wand auf einen hell gestrichelten Gang, der von der mit X markierten Stelle wegführte und in einen weiteren Gang oder Tunnel mündete. Wohin man durch diesen gelangte, blieb jedoch ein Rätsel, denn die Karte hörte dort auf.

„Mit dem Objekt ... diesen Weg entlang. Er könnte am Ende dieses Weges warten und das Objekt in Empfang nehmen. Es wäre töricht, den Weg mit dem Objekt zurück zu gehen. Was auch immer das sein mag... Zumal hier Schleusen eingezeichnet sind.“

Die jeweiligen Schleusentüren hatte jemand von Hand mit Ziffernfolgen versehen. „Die Codes für die Türen. Wir speichern sie in unsere Pads, die wir bei uns tragen, ein.“
 

„Zwei bleiben draußen, zwei gehen rein“, sagte Brad und besah sich den Plan.

„Unsere offensivste Kraft ist Nagi, deshalb sollte er draußen bleiben. Tsukiyono ist mit seinem Bogen bestens geeignet, um ihm Schutz zu gewähren und Ärger von euch abzuhalten, bis ihr drinnen seid. Schuldig und du gehen rein?“, fragte er halb zu Ran.
 

Der sah hoch und nickte. Er hätte bestimmt nicht draußen für Ablenkung gesorgt, um andere den Job machen zu lassen. Und Schuldig ging ohne ihn alleine nirgendwohin. Ihn einmal an diese Dreckskerle zu verlieren... aber zweimal – ausgeschlossen.
 

„Gut. Tsukiyono und Naoe decken euren Einstieg und veranstalten bei Entdeckung genügend Ablenkung um euch die Wachen vom Hals zu halten. Dazu sollten beide in der Lage sein. Wenn nötig, kann Naoe auch einen etwas größeren Wirbel veranstalten.
 

„Sobald wir im Untergeschoss sind, interessiert es uns nicht mehr, was oben läuft. Selbst wenn er das Haus über unseren Köpfen einstürzen lässt.“
 

„Das sollte vermieden werden, bis ihr das Signal gebt, dass die Gefangenen in Sicherheit sind“, sagte Omi, als Nagi und er mit dem schwebenden Karton an ihnen vorbeikamen.
 

„Wenn der Plan hier stimmt, sind die Gefangenen unten im Labor untergebracht. Wir kommen also auf diesem vorgegebenen Weg direkt an ihnen vorbei.“
 

„Dieser Asugawa hat viel Zeit darauf verwendet, sich das alles auszudenken.“
 

„Wenn ich ihn in die Hände bekomme, drehe ich ihm den Hals um“, sagte Brad nachdenklich und mit einer von ihm so bekannten kalkulierenden Seelenruhe, dass Ran eine düstere Ahnung davon hatte was Brad mit Asugawa machen würde, wenn sie seiner habhaft werden würden. Und das würden sie früher oder später daran zweifelte Ran keineswegs.

„Falls sie nicht dort sein sollten, besteht immer noch die Möglichkeit, dass unser Freund Asugawa sie uns im Tausch gegen das Objekt übergibt.“
 

„Unwahrscheinlich“, sagte Brad leise.
 

„Warum? Hattest du eine Vorrausicht über einen möglichen Ausgang der Situation?“, hakte Ran nach und hob das Gesicht zu Brad um seine Reaktion auf die Frage zu sehen. Nur in den braunen Augen war ein kurzes Flackern zu erkennen. Offensichtlich trug der Amerikaner seine Kontaktlinsen, denn dass sonst so warme Bernstein war besser dazu geeignet eine Einschätzung darüber abzugeben was in dem Mann vor sich ging.
 

„Ich bin mir nicht sicher. Asugawa und der Einfluss von SIN und deren Handlungsweise beeinflussen eine sichere Voraussage.“
 

Ran glaubte diese Antwort nur zur Hälfte. Er sagte aber nichts dazu und sie beide überließen den Jüngsten das Feld, die die letzten Details der Planung ausarbeiten sollten.
 

„Ich versuche Manx zu erreichen“, sagte Brad.

Ran ging zu Omi. „Ich geh kurz zu Schuldig um nachzusehen, ob es so läuft, wie wir uns das vorstellen, oder ob er sich gerade einen kühlen Cocktail mixt und die Beine hochlegt.“
 

Omi winkte ab und Ran verschwand auf der Suche nach Schuldig. Dieser stand in der Küche und besah sich den Inhalt einer Tasche.

„Brad hat es tatsächlich geschafft. Sieh dir das an!“
 

Ran trat näher um sich den Grund für die Begeisterung seines Freundes anzusehen, indem er in die Tasche spähte. „Aha. Und was soll an diesem Stück Stoff so toll sein? Was ist das überhaupt?“
 

„Anzüge aus Spinnenseide“, grinste Schuldig ihn an wie ein Honigkuchenpferd.
 

„Ich dachte, die ständen nur den oberen Spitzenrängen der Geheimdienste zur Verfügung.“ Ran griff in die Tasche hinein und zog einen Anzug heraus.

„Fühlt sich gut an. Wie viele hat er?“
 

Schuldig wühlte in der Tasche. „Vier.“
 

„Zu wenige. Aber sie dürften für unsere Strategie reichen.“ Er wusste, wie wenig ihr Plan als Strategie zu bezeichnen war, aber ihnen blieb angesichts der Umstände wenig Spielraum für Abweichungen in Asugawas Vorgaben.
 

„Im Rückenprotektor gibt es Platz für zehn Magazine. Also für jeden zehn. Wir müssen beweglich bleiben. Soll heißen, keine Sturmgewehre, nichts was ordentlich Krach macht. Zudem müssen wir damit rechnen, dass wir in eine Falle laufen, sofern wir davon ausgehen, dass dieser Asugawa mehr für uns geplant hat, als er uns mitgeteilt hat.“
 

„Was sehr wahrscheinlich ist“, sagte Brad mit der typischen kühlen Note in der Stimme, als er zu ihnen stieß.
 

„Meinst du das als bloße Floskel, oder hast du das errechnet?“, Schuldig hob die Brauen und spähte neben dem Oberteil aus Spinnenseide vorbei.
 

„Mir fehlen die nötigen Informationen, um eine Berechnung anzustellen. Ich neige dazu, die vage These anzustellen, dass dieser Asugawa das Körnchen Sand im Getriebe ist, das die Zahnräder meiner Fähigkeit, die Zukunft exakt vorauszusehen, stark beeinflusst.“
 

„Das klingt eher wie etwas, das Naoe von sich geben würde!“ Schuldig verzog das Gesicht in gequälter Manier und verschwand wieder hinter dem Stück Stoff.
 

„Was heißt das konkret?“, hakte Aya nach. Er verstand ohnehin sehr wenig davon, wie Crawford seine Voraussichten deutete.
 

„Er verändert Dinge, die in der Zukunft für mich festgeschrieben stehen. Das heißt, dass ich Visionen habe über Ereignisse, die so oder anders geschehen werden aufgrund unseres Handelns. Dummerweise kann ich die Variable „Asugawa“ nicht miteinbeziehen, da sie nicht voraussehbar ist. Ich habe keine Ahnung, wie sich die Zukunft verändert, weil er das große X in der Gleichung ist, die ich nicht lösen kann. Wir wissen nicht, warum er bestimmte Dinge tut und wo er als nächstes auftaucht. Die Sache mit Kudou und Jei ist eines der Beispiele. Warum zum Teufel will er, dass wir ausgerechnet jetzt in dieses Gebäude einfallen und ihm dieses sogenannte Objekt oder was auch immer das ist bringen?“
 

„Hmm“, brummte Schuldig und steckte das Oberteil säuberlich gefaltet in die Tasche zurück. „Eindeutig eine Falle.“
 

„Sie kidnappen zwei Leute. Jeder davon steht einem der Teams nahe, und sie zwingen beide Teams zu einer Befreiungsaktion. Klingt wie eine Falle.“
 

„Und ist vermutlich eine.“ Brad verstummte einen Moment und rieb sich mit der Rechten über die Augen. Er war müde.

„Trotzdem stört mich die Sache mit dem Objekt. Was soll das? Er könnte es leichter haben. Warum das Ganze dann? Er hätte es schon früher einfacher haben können.“
 

„Er spielt gerne Spielchen. Ich kenne das. Es macht Spaß, die Puppen tanzen zu lassen und alle in Verwirrung zu stürzen, das gibt ihm ein Gefühl der Macht. Er kann dieses Gefühl noch steigern, indem er seine eigene Gruppe hinters Licht führt“, sagte Schuldig und zuckte mit den Schultern.

„Denk an das Video. Er liebt die Inszenierung. Und was ich viel interessanter finde, er spricht Crawford direkt an. Das lässt für mich den Schluss nahe, dass die Einladung vor allem dir gilt.“

Crawford nickte. „Das ist einer der Gründe warum es gefährlich werden könnte, wenn ich dort auftauche. Es verkompliziert die Angelegenheit zusätzlich.“
 

Etwas hatte sich in Schuldig festgeklammert. Ein Gefühl, dass Brad ihnen etwas Wichtiges vorenthielt. Was nichts Neues war, nur könnte dieses „Etwas“ fatale Folgen für sie alle haben.
 

„Du willst bei seinem Machtspielchen nicht mitspielen? Das ist aber nicht nett, Brad!“, sagte Schuldig und grinste.
 

„Ihr habt schon einmal nicht bei diesen Spielchen mitgespielt, und das Ergebnis eurer mangelnden Kooperation und eures Desinteresses hat man in Osaka gesehen.“

Aya schüttelte den Kopf. „Diese Morde erinnern mich stark an unsere früheren Einsätze, das ist krank. Die Mitglieder von SIN scheinen sich an keine Regeln zu halten. Was sagt euch, dass dieser Asugawa anders ist? Sie ermorden unschuldige junge Studenten, um ‚Schwarz’ eine Botschaft zu hinterlassen.“

„Er deutete das an, was aber nicht heißt, dass er das war“, erwiderte Omi, der in die Küche kam. „Wir sind soweit...“ Nagi und er hatten eine Satellitenverbindung eingerichtet, die es ihnen ermöglichte, aktuelle Bilder vom Zielort zu generieren.

„Das nicht. Aber er hat es auch nicht verhindert. Was dazu führt, dass es für mich aussieht, als wäre er der Kopf von SIN.“
 

„Was würde ich also tun, wenn ich in einer Gruppierung wäre, etwas wollte und es nicht bekommen konnte, ohne dass der Verdacht auf mich fiele? Ich schiebe es einem anderen in die Schuhe und komme fein dabei raus, indem ich diesen Jemand beauftrage und dann mit dem Finger auf ihn zeige. Ich habe was ich will, gerate dabei aber nicht unter Verdacht und kann hinterher gemütlich Jagd auf die Räuber machen“, sagte Schuldig.
 

„Klingt einleuchtend.“
 

„Zu einfach“, sagte Crawford. „Sehen wir uns die Pläne an.“
 

Sie gingen alle in den ehemaligen Bankettsaal und verteilten sich um den Planungstisch. Nagi öffnete zunächst eine Satellitenaufnahme des Anwesens. „Diese Aufnahme habe ich vorhin erst gemacht. Es ist wenig Aktivität auf dem Grundstück zu erkennen. Wir sehen das Hauptgebäude und fünf Nebengebäude auf dem Gelände. Es gibt eine Zufahrtsstraße, zwei kleine Wege und eine Hauptstraße, über die das Anwesen zu erreichen ist.“
 

„Check die Angaben über die Stärke der Bewachung, Naoe.“ Während Nagi die Angaben von Asugawa mit der aktuellen Besetzung der Wachen abglich, fuhr Brad fort.
 

„Wir fahren bis zu diesem Punkt. Parken den Wagen hier“, er deutete auf den Punkt an der Hauptstraße.“
 

„Wir sollten davon ausgehen, dass Ken und Eve verletzt sind. Eine schnelle Flucht ist somit kaum gewährleistet“, sagte Ran.
 

„Wenn wir näher fahren, könnte uns das verraten. Und zwar bevor wir überhaupt drin sind.“ Schuldig lehnt sich auf den Tisch.
 

„Das heißt wenig Equipment, schnelle Fortbewegung und in Zeit gemessen eine Strecke von... vielleicht zwanzig Minuten. Kurze Stopps um die Lage abzuchecken mit einbegriffen. Ich muss davon ausgehen, dass ich keinen von ihnen lesen kann. Im schlechtesten Fall.“
 

„Sobald Schuldig und Ran drin sind, zieht ihr beiden euch zurück und geht zu diesem Punkt hier.“ Brad deutete auf den Ort, an dem die angebliche Übergabe stattfinden sollte. „Haltet euch bedeckt bis Asugawa auftaucht und sichert den Rückzug von Schuldig und Ran.“
 

„Es wäre wirklich von Vorteil, wenn wir jemanden hätten, der uns dort abholt, Crawford“, sagte Ran und suchte Augenkontakt zu dem Amerikaner.
 

„Ich weiß, Manx ist nicht erreichbar. Ich werde es weiter versuchen. Was ist mit Kudou?“ Brad sah zu Schuldig auf.
 

„Ich werde ihn kontaktieren.“ Schuldig verließ den Raum. Er brauchte Abgeschiedenheit um nachzusehen, ob Kudou noch beim Doc in der Klinik war und ob er ihn überreden konnte, von dort abzuhauen. Schuldig hatte kein gutes Gefühl dabei. Er hatte bei keinem der Dinge, die sie im Moment planten oder ausführten ein Gefühl der Befriedigung. Vieles hatte sich geändert seit... ‚Weiß’ in ihr Leben geraten war. Er verschob die Richtung, in der seine Gedanken abdriften wollten und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Herstellung einer Verbindung zu Kudous geistiger Signatur.
 

Er ging in eines der Zimmer nach oben und setzte sich aufs Bett. Er war erst wenige Male bei diesem Arzt gewesen, aber er kannte die Lage des unterirdischen Komplexes.

Obwohl es Routine war, musste Schuldig vorsichtig an die Sache ran gehen, denn er hatte noch keine Ahnung, in welcher Verfassung sich der Blonde befand. Er konnte sich gut vorstellen, dass er die Wände hochlief, so eingesperrt, wie ihn Brad dort zurückgelassen hatte.

Es dauerte einige Suchfrequenzen, bevor er Kudou letztlich gefunden hatte. Zunächst versuchte Schuldig herauszufinden, in welcher Situation sich der Blonde befand, und geriet in eine Stressreaktion der ganz besonderen Art. Er zog sich wieder etwas zurück und wartete einige Augenblicke ab, bevor er sich erneut einklinkte.
 

Kudou betrachtete sich offenbar gerade eine Wand, die mit Blut überzogen war, was ihn dazu veranlasste, einige Vermutungen über Jei anzustellen.

‚Hey... Blondie, in was bist du jetzt schon wieder reingeraten?’

‚Schuldig?’

‚Wen hast du erwartet? Charles Francis Xavier?’ Schuldig las die folgende konfuse Aneinanderreihung von herabwürdigenden Adjektiven mit einem Gefühl der Befriedigung. Ach, ‚Weiß’ waren doch nicht so schlecht...
 

‚Crawford dieses Schwein hat mich in diese Lage gebracht.’

‚Klar, das tut er immer. Was regst du dich noch drüber auf? Also was ist los bei euch, erklär's mir, Blondie!’

‚Kannst du es nicht aus meinem Kopf ziehen?’

‚Hältst du das für klug?’

‚Hör mal gut zu, Klugscheißer, ich bin vorhin aufgewacht, wurde angegriffen, hier sind die Wände mit Blut und anderem tapeziert und ich habe immer noch keine Ahnung, wer das meiste davon dorthin gebracht hat. Ich habe jetzt keine Zeit, mich von dir ablenken zu lassen.’

‚Schon klar. Ich seh mich um, bleib, wo du bist’

‚Witzig’, schallte es noch bevor Schuldig sich von Kudou zurückzog.
 

Schuldig ließ sich weiter treiben, spürte dabei zwei weitere Männer und eine Frau auf, die wie Berserker gegeneinander kämpften. Er versuchte eine Art Kontrolle über einen der Männer zu erlangen, was aber misslang. In ihren Gehirnen regierte Blutdurst und sie waren in keiner Weise zugänglich für seine Manipulationen.

Er kannte das Problem und es hatte einen Namen: Jei.
 


 


 


 

WIRD FORTGESETZT!

VIELEN DANK FÜRS LESEN.
 

Das Beta übernahm snabel!

Herzlichen Dank dafür.
 

GADREEL ^__^



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