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Destiny?

Und plötzlich hieß es Ewigkeit
von

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Prolog

Traurige Augen blickten gen Himmel. Das Licht der unzähligen Sterne spiegelte sich in den

tiefblauen Iriden wieder. Schon Stunden lag die stille Beobachterin dort, im Gras des

Schlosshofes und blickte zu den Sternen hinauf. Zu Beginn hatte sie noch versucht, diese zu

zählen, hatte dies aber schnell wieder aufgegeben und zwar nicht, weil sie erkannt hätte, dass

ihr Unterfangen hoffnungslos war, nein, vielmehr hatte sie es plötzlich gar nicht mehr wissen

wollen.

Was würde es ihr denn nützen, wenn sie es wissen würde? Was würde das für sie ändern?

Nichts- außer, dass sie nie mehr die scheinbare Unendlichkeit des Nachthimmels bewundern

könnte, denn unendlich wäre er mit diesem Wissen nicht mehr für sie. Er hätte also nur

seinen Zauber verloren.

Leise raschelte das Gras, als sich eine weitere Person der stillen, im Gras liegenden

Beobachterin näherte.

Sie blickte nicht auf, als sie das Rascheln des Grases vernahm, zuckte mit keinem Muskel,

als sich die Person neben sie setzte.

“Du solltest so spät abends nicht mehr hier draußen sein. Deine Mutter macht sich schon

Sorgen.”

“Sie ist nicht meine Mutter.”, in ihrer Stimme schwang ein leicht bitterer Unterton mit.

Die eben dazugekommen Person warf ihr einen traurigen Blick aus sanften, braunen Augen

zu.

“Du solltest trotzdem nicht mehr hier draußen sein. Du brauchst deinen Schlaf.”

Lautlos seufzte die so angesprochene auf.

“Ich weis, Mia-chan. Ich frage mich nur die ganze Zeit, warum ich es bin, die gehen muss.

Warum ich nicht bleiben kann… .”

Mit einer Hand strich sich Mia eine Strähne ihres langen, pechschwarzen Haares aus dem

Gesicht, ehe sie leise antwortete.

“Du weist, warum. Es tut mir leid, dass ich es dir nie gesagt habe, obwohl ich es immer

gewusst habe, genau so wie jeder andere in diesem Schloss gewusst hat, dass es so

kommen musste. Man konnte es nur so leicht verdrängen, weist du? Du warst immer

genauso wie die anderen Kinder hier, hast genauso gespielt wie sie und auch ab und zu mal

etwas Dummes getan. Du warst kaum von ihnen zu unterscheiden…. Na ja, bis vor einigen

Tagen hätte jeder, der dich gesehen hätte, gesagt, dass du ein ganz normales Mädchen

wärst.”

“Das ist so ungerecht! Warum ausgerechnet ich?!”

Beim Sprechen hatte sie sich ruckartig aufgesetzt. Mia blickte sie daraufhin nur leicht

verwundert an und fischte ihr ein verirrtes Blatt aus den langen, blauen Haaren.

“Jetzt hadere doch nicht so mit dem Schicksal, Ruan. Irgendwann musste der Bann, den der

Hohepriester einst über dich legte, brechen. Es ist ein Wunder, dass er überhaupt so lange

gehalten hat. Du solltest dankbar dafür sein.”, versuchte Mia ihre Freundin zu trösten.

“Vielleicht hast du ja Recht, aber es ist trotzdem so… schwierig zu akzeptieren. Ich komme

mir so vor, als hätte ich mein ganzes bisheriges Leben eine Lüge gelebt…”, murmelte Ruan

leise.

“Es ist schwer für dich, ich weis. Aber versuch doch auch die anderen zu verstehen, denn

jetzt, wo dein wahres Wesen zu Tage gekommen ist, kannst du nicht mehr hier bleiben, das

geht einfach nicht!”

Traurig blickte Ruan ihre Freundin an, ehe sich das ca. 17-jährige Mädchen erhob und

wortlos verschwand. Sie wollte nicht, dass Mia die Tränen sah, die in ihr hochgekommen

waren und die nun ihre Wangen hinunterliefen. ,Warum ausgerechnet ich? Warum muss

ausgerechnet ich eine… eine Youkai sein?’
 


 

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So, hoffe der Prolog hat euch gefallen^^

Über Kommis würd ich mich immer freun^^

Bye,

_Corchen_

Abschied und Gedanken

Danke erstmal für all eure lieben Kommies^^

Sess wird in diesem Kap leider noch nicht vorkommen, aber ich versuch, ihn im nächsten "auftauchen" zu lassen.

So, jetzt hab ich genug geredet, viel Spaß beim Lesen^^
 

Schon lange vor Sonnenaufgang war Ruan aufgewacht. Obwohl sie sich gestern erst so spät

schlafen gelegt hatte, war sie nicht mehr müde. Als die ersten Sonnenstrahlen den Horizont

erhellten, machte sie sich zu einem kurzen Spaziergang durch das Schloss auf. Sie wollte sich

noch von allem verabschieden, denn später würde sie keine Zeit mehr dafür haben, dass

wusste sie. Sobald die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, müsste sie das Schloss

verlassen haben.

Ruan hatte nicht vor, so lange zu warten. Sie hasste Abschiede und wollte es daher so kurz

wie möglich halten.

Ziellos durchstreifte sie die Gänge des Schlosses. Sie hatte sich nie allzu lange in diesem

Gebäude aufgehalten, deswegen gab es hier auch keinen Ort , der eine besondere

Bedeutung für sie hatte. Eigentlich ging sie auch nur durch das Schloss, um ihren Rundgang

vollständig zu machen, damit sie sich wirklich alles noch einprägen konnte, bevor sie

für immer von hier wegmusste.

Nachdem sie ihren Rundgang durch die vielen Gänge des Gebäudes beendet hatte, ging sie

in den Garten hinaus. Sie wusste jetzt schon, dass sie diesen, im Gegensatz zu dem Palast,

sehr vermissen würde.

Ein Kiesweg schlängelte sich durch den gesamten Garten. Der Wegesrand wurde von

wunderschönen Blumen gesäumt und wenn man eine Weile ging, dann kam man an einem

kleinen Weiher an, vollkommen von Kirschbäumen umgeben war. Ruan hatte sich immer

hier her zurückgezogen, wenn sie einfach nur ihre Ruhe haben wollte. Der kleine See lag

weit ab von dem regen Treiben im Schloss und hatte für sie immer eine angenehme Ruhe

ausgestrahlt.

Auch heute war es nicht anders. Die Bäume wiegten sich leicht im Wind und einige der

Kirschblütenblätter schwebten hinab. Mit halb geschlossenen Augen atmete Ruan tief ihren

Geruch ein. Früher hätte sie die Kirschblüten nie so intensiv riechen können, wie sie es heute

tat.

Ein leises Seufzen entwich ihr. Wenn ihr der Abschied jetzt schon schwer fiel, wie sollte es

dann erst werden, wenn sie sich von ihren Freunden würde verabschieden müssen?

,Verdammt, jetzt reiß dich zusammen, Ruan’, dachte sie plötzlich wütend auf sich selbst und

wandte sich entschlossen von ihrem Lieblingsplatz ab. Das Schloss, all die Leute, die hier

lebten, all das würde bald nur noch ihrer Vergangenheit angehören. Es half nichts, wenn sie

jetzt anfing zu trauern. Sie würde sich sowieso bald mit ganz anderen Dingen beschäftigen

müssen.

Ohne weiter Umwege zu machen ging Ruan daher wieder zu der Hütte zurück, in der sie

bisher mit ihrer zusammen mit ihrer Ziehmutter gelebt hatte.

Zu Ruans Verwunderung kam ihr aber genau diese auf halber Strecke entgegen.

“Ach Ruan, ich habe dich schon überall gesucht. Ich muss dir unbedingt noch etwas geben,

bevor du aufbrichst!”

“Was denn, Mutter?”, fragte sie sogleich neugierig. In Gedanken ging sie schnell noch einmal

alles durch, was sie mitnehmen.

Zunächst einmal war da Kleidung zum Wechseln. Schließlich musste sie ja etwas zum

anziehen haben, wenn sie ihre jetzige Kleidung waschen wollte oder diese beschädigt war.

Sonst hatte sie eigentlich nur noch Lebensmittel, damit sie sich die ersten Tage über Nahrung

keine Gedanken zu machen brauchte, mit und zu guter letzt noch einen kleinen Dolch, um

sich notfalls verteidigen zu können.

Al diese Dinge hatte sie eigentlich schon in einem kleinen Beutel verstaut, was war es dann

also, was ihre Ziehmutter ihr noch geben wollte?

Ahnungslos folgte sie ihr daher und ihre Neugier wuchs immer mehr, als sie erkannte, dass

ihre Mutter sie nicht zu ihrer kleinen Hütte, sondern vielmehr zu der Schmiede des Schlosses

führte.

Trotz der noch frühen Stunde hörte sie schon von weitem das unverwechselbare Schlagen

des Schmiedehammers und konnte, zu ihrer eigenen Verwunderung, sogar das Zischen des

Wassers hören, dass verdampfte als das glühende Metall in es getaucht wurde.

Als der Schmied, ein kräftiger Mann mittleren Alters, sie sah, schien er sofort zu wissen, was

sie hier wollten.

“Ah, da seit ihr ja! So früh hatte ich eigentlich noch nicht mit euch gerechnet, aber was

soll’s? Er ist sowieso schon fertig.”, meinte er mit leichtem lächeln.

“Was soll das heißen? Wer ist schon fertig?”, wollte Ruan neugierig wissen. Sie konnte sich

beim besten Willen nicht vorstellen, was ihre Mutter in einer Schmiede für sie in Auftrag

gegeben haben könnte.

“Das wirst du ja gleich sehen.”, winkte sie ihre Mutter leicht ungeduldig ab, während der

Schmied die Werkstatt verließ und in sein Lager ging. Keine fünf Minuten später kam er

auch schon zurück und in seinen Händen hielt er nichts anderes als einen kunstvoll gefertigten

Bogen und einem Köcher aus grün gefärbtem Leder samt Pfeilen. Sprachlos starrte Ruan

den Langbogen an. Selbst ein Laie wie sie konnte erkennen, dass dieser Bogen meisterhaft

gefertigt war und wahrscheinlich ein kleines Vermögen gekostet haben musste.

“I… ist der etwas für mich?”, fragte sie verblüfft.

“Ja, das ist er.”, meinte ihre Mutter lächelnd angesichts Ruans ungläubiger Miene.

Stille breitete sich aus.

“Aber… das…, der muss doch ein Vermögen gekostet haben! Und außerdem ist es Frauen

doch verboten, Waffen zu tragen!”, protestierte Ruan. Sie wusste, dass ihre Mutter kaum

noch Geld hatte und sie traute ihr zu, auch noch ihre letzten Ersparnisse für dieses Geschenk

ausgegeben zu haben. Sie wollte nicht, dass ihre Ziehmutter nur wegen ihr in nächster Zeit

hungern musste. Hinzu kam noch, dass es Frauen in diesem Schloss tatsächlich verboten

war, Waffen zu besitzen. Ruan war stets streng erzogen worden und immer, wenn sie auch

nur gegen die kleinste Regel verstoßen hatte, streng gemaßregelt worden. Meist war es nicht

ihre Mutter gewesen, die sie bestraft hatte, denn diese, so wusste Ruan, hatte schon immer

ihre Probleme mit Regeln gehabt.

“Wir wissen, dass es diese Regel gibt, aber die gilt doch nur für Menschenfrauen! Du

musst sie nicht beachten.”, meinte ihre Mutter unschuldig lächelnd.

“Aber das ist doch viel zu teuer! Das kannst du niemals bezahlen!”, versuchte Ruan es

erneut.

Für diese Bemerkung fing sie sich einen giftigen Blick ihrer Mutter ein, doch antworten tat

diese nicht. Ruan hatte ihren Nerv getroffen.

Der Schmied war es, der ihre Aussage erwiderte.

“Stell dir vor, selbst dafür haben wir eine Lösung gefunden! Als deine Mutter vor 4 Tagen zu

mir kam und tatsächlich nach einem Schwert für dich verlangte, da wusste ich, dass du

das niemals annehmen würdest…”

Fassungslos starrte Ruan den Schmied an. Ihre Mutter hatte tatsächlich nach einem

Schwert für sie verlangt? Das konnte sie kaum glauben.

“Also haben wir uns nach einigem hin und her doch noch für einen Bogen entschieden.”,

setzte ihre Mutter die Geschichte fort, “Dabei hat Tasuke mir ein sehr gutes Angebot

gemacht.”

Als der Schmied anfing, weiter zu erzählen, kam in Ruan der Verdacht auf, dass sie dieses

Gespräch im Vornherein schon einige Male geübt hatten.

“Du weist ja, dass meine Arbeit es mir nicht erlaubt, zwischendurch längere Pausen zu

machen. Eine Frau, die mir etwas zu essen machen könnte, habe ich auch nicht.”

Als ihre Mutter daraufhin weiter erzählte, festigte sich Ruans Verdacht, dass dieses

Gespräch von vornherein geplant gewesen war.

“Deswegen haben wir uns darauf geeinigt, dass ich Tasuke in Zukunft regelmäßig etwas zu

essen bringen werde. Das und nur das ist die Bezahlung.”

Leicht irritiert blickte Ruan die beiden an. Das war alles? Ihre Mutter sollte dem Schmied

lediglich etwas zu Essen vorbeibringen? Damit hatte sie nicht gerechnet.

“Jetzt nimm ihn schon! Und sag nicht, dass du mit ihm nicht umgehen kannst. Du musst nur

üben!”, sagte der Schmied und hielt ihr den Bogen samt Köcher hin.

Zögerlich griff Ruan danach und nahm den Bogen prüfend in die Hand. Die Form des

Bogens erinnerte sie stark an ein lang gezogenes “W” aber sie nahm an, dass man den

Bogen so besser spannen konnte. Der Mittelteil des Bogens war mit weißem Stoff verstärkt,

nur an den Enden konnte man das schwarze Holz erkennen, aus dem der gesamte

Langbogen gefertigt war. Testweise spannte sie den Bogen und stellte überrascht fest, dass

es ihr ohne Probleme gelang.

Als sie damit fertig war, reichte der Schmied ihr noch den Köcher, den sie sich auch

sogleich, mitsamt dem Bogen, umhängte.

“Vielen Dank.”, murmelte sie leise und verneigte sich leicht.

“Nichts zu danken. Pass zukünftig nur auf dich auf.”, winkte der Schmied ab.

“Lebt wohl.”, meinte Ruan mit einer weiteren Verbeugung gerührt und wandte sich ab.

Mittlerweile war die Sonne schon aufgegangen und die ersten Bediensteten fingen an, ihrer

morgendlichen Arbeit nachzugehen.

Jeder, der ihnen begegnete, warf Ruan einen neugierigen und teils auch missbilligenden Blick

zu, was eindeutig an dem neuen Bogen lag, den Ruan jetzt trug.

“Wann willst du aufbrechen?”, fragte ihre Mutter sie unvermittelt. Ihren Sinnen als Youkai

verdankte es Ruan, dass sie das leichte Zittern in der Stimme ihrer Ziehmutter hörte, was

jedem anderen Mensch unmöglich gewesen wäre.

“Ich wollte nur noch meine Sachen holen und mich von Mia-chan verabschieden. Du weist

ja, ich hasse lange Abschiede…”, meinte Ruan traurig. Sie wollte nicht gehen, nicht ihre

Familie und Freunde verlassen, aber was hatte sie denn schon für eine Wahl?

Den Rest des Weges schwiegen die beiden. Sie wussten nicht, über was sie noch hätten

reden können. Im Angesicht des nahenden Abschiedes erschien ihnen jedes unnötige Wort

schon fast wie Heuchelei.

Als sie in der kleinen Hütte angekommen waren, holte Ruan schweigend ihren kleinen,

bereits gepackten Beutel aus ihrem Zimmer, dann machten sie sich auch schon auf den Weg

zum Schlosstor.

Als Ruan und ihre Mutter kurze Zeit später dort ankamen, wartete Mia bereits auf sie.

“Leb wohl, Ruan. Und pass bloß auf dich auf, ja?”, sagte Mia mit rauer Stimme und schloss

ihre Freundin fest in die Arme.

“Pass du auch gut auf dich auf! Ich werde dich vermissen.”, murmelte Ruan leise zur

Antwort. In diesem Moment roch sie etwas Salziges und ohne nachzusehen wusste sie, dass

Mia weinte.

“Hey, ist ja schon gut, Mia. Das muss doch kein Abschied für immer sein. Wir laufen uns

bestimmt noch mal über den Weg.”, sagte sie sanft und schob Mia ein Stück von sich weg.

Daraufhin schlich sich ein leichtes Lächeln auf die Züge ihrer Freundin. “Du hast Recht,

Ruan. Ich sollte mich nicht so anstellen, für dich muss es schließlich viel schwerer sein, als für

mich.”, meinte sie mit tapferem Lächeln und wischte sich mit einer Hand die Tränen weg.

Plötzlich richtete sie ihren Blick auf einen Punkt hinter Ruan und diese folgte nach kurzem

Zögern dem Blick ihrer Freundin.

Nicht weit hinter ihnen standen einige Soldaten der Schlosswache mit gesattelten Pferden

und betrachteten sie misstrauisch.

“Ich glaube, ich sollte jetzt aufbrechen…”, meinte Ruan mit einem resignierten Seufzen. Sie

wusste ganz genau, warum die Schlosswache hier war. Der Schlossherr hatte sie geschickt,

um ganz sicher zu gehen, dass sie das Schloss auch wirklich verließ.

Widerwillig löste sie sich von ihrer Freundin und wandte sich ihrer Mutter zu. Bevor sie ging,

wollte sie noch eine Sache wissen. Bisher hatte sie sich nicht getraut, doch jetzt war es ihre

letzte Chance zu fragen. Wenn sie es jetzt nicht tat, würde sie es wahrscheinlich nie erfahren.

Sie atmete einmal tief durch, ehe sie leise fragte:

“Mutter, wer sind meine wahren Eltern?”

“Ich habe mir schon gedacht, dass du das fragen würdest, ”, meinte die ältere Frau mit

gutmütigem Lächeln, “deswegen weis ich, dass dir meine Antwort nicht gefallen wird: Ich

weis es nicht. Wenn du schon etwas Abstand zum Schloss hast, dann guck in deinen Beutel.

Als du damals von den Mönchen gefunden worden bist, da warst du darin eingewickelt und

die anderen Dinge lagen neben dir. Ich habe sie in deinen Beutel gepackt. Vielleicht kann dir

das auf deiner Suche helfen.”

Gerührt blickte Ruan ihre Ziehmutter an. Sie hatte diese Dinge all die Jahre aufgehoben, nur

weil sie ihr einmal nützlich sein könnten?

“Ich danke dir.”, murmelte sie und schloss ihre Mutter fest in die Arme. Es dauerte aber

nicht allzu lange, da löste sich die ältere Frau wieder sanft aber entschlossen von ihr.

“Geh jetzt und komm ja nicht auf die Idee dich von irgendjemandem oder irgendetwas fertig

machen zu lassen!”, wies ihre Mutter sie an.

“Ja, lebt wohl.”, antwortete Ruan mit leichtem lächeln, wandte sich ab und durchschritt das

Tor.

Um das Schloss herum lebten viele, einfache Bauern mit ihren Familien und die meisten von

ihnen, so erkannte Ruan nun, hatten beschlossen heute ihre Arbeit ruhen zu lassen um

stattdessen sehen zu können, wie sie das Schloss verließ.

Bei den vielen Blicken, die sie musterten, wurde Ruan nervös und irgendwie auch traurig. In

den Augen der meisten Leute hier war sie nicht das Mädchen, dass in diesem Schloss

aufgewachsen war, wie so viele von ihnen, nein, sie war lediglich die Youkai, die verstoßen

wurde.

Leises Hufgetrappel hinter ihr verriet ihr, dass die Schlosswachen mittlerweile auf ihre Pferde

gestiegen waren und ihr folgten.

Stolz reckte Ruan das Kinn und ging gemächlich weiter. Sie wollte den neugierigen Bauern

nicht die Genugtuung geben, dass sie sich in irgendeiner Weise Blöße geben würde. Wenn

sie schon gehen musste, dann wollte sie wenigstens ihre Ehre waren, nicht wissend was ihr

stolzes auftreten für Gefühle bei den Menschen hervorriefen.

Viele von ihnen lief ein kalter Schauer über den Rücken, als Ruans kühler Blick sie streifte

und die, die in dem hinteren Reihen standen stahlen sich unauffällig davon, um nicht von der

Youkai bemerkt zu werden.

Sie hatten Angst, Angst davor dass Ruan einst zurückkehren könnte um sich zu rächen. Sie

alle kannten die Geschichten von mächtigen Youkai, die jeden töteten, der in ihrer

Gegenwart auch nur den kleinsten Fehler begangen hatte und ab dem Moment, in dem Ruan

das Schlosstor verlassen hatte, hatte sie für sie zu eben diesen Youkai gehört. Ihr kühles und

irgendwie auch überlegenes Auftreten passte, nach Meinung der Dorfbewohner, nicht mehr

zu einem gewöhnlichen Menschenmädchen, dass sicherlich noch um Gnade gefleht hätte.

Nein, dieses stolze Verhalten konnte nur eine Youkai an den Tag legen.

Von den Befürchtungen der Menschen um sie herum bemerkte Ruan allerdings nichts. Sie

war viel zu sehr damit beschäftigt, die Tränen zurück zu halten, die in ihr aufzukommen

drohten. Ihr kam es wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich die letzte Hütte der Siedlung

passiert hatte und den Blicken der Einwohner nicht mehr direkt ausgesetzt war.

Nur die Soldaten folgten ihr jetzt noch.

In diesem Moment verblasste Ruans Wunsch in das Schloss zurückzukehren und schlug

stattdessen in das genaue Gegenteil um. Sie wollte weg von hier! Sie wollte nicht von diesen

Soldaten verfolgt werden wie ein wildes Tier, das weggetrieben werden musste! Sie wollte

ihre eigenen Entscheidungen treffen können!

,Wie schnell die Pferde wohl rennen können? Wie schnell ich jetzt wohl laufen kann?”,

überlegte Ruan und warf einen verstohlenen über die Schulter zurück. Sie wusste es nicht,

aber sie konnte es ja ausprobieren. Sie vermutete, dass die Schlosswache den Auftrag hatte,

ihr bis zum Abend zu folgen. Nun, dass konnte sie ja auch gerne versuchen, wenn sie wollte.

Zuerst lief sie langsam los, erhöhte aber ständig ihre Geschwindigkeit. Sie wollte ein Tempo

finden, dass sie lange genug aufrechterhalten konnte um ihre ,Verfolger’ abschütteln zu

können, was auf der baumlosen Ebene, die das Schloss umgab, gar nicht so einfach war.

Dennoch waren die Soldaten dazu gezwungen ihre Pferde schon nach kurzer Zeit im Galopp

hinter ihr herzujagen, da sie sie sonst verloren hätten.

Es dauerte allerdings nicht lange, da wurde der Atem der Pferde schwerer und es fiel ihren

Reitern immer schwerer, sie zu dem gleichen Tempo wie die Youkai zu zwingen.

Ruan hingegen war noch nicht erschöpft. Glücklich stellte sie fest, dass dieses Tempo sie

kaum ermüdete. Aber erst als das Hufgetrappel hinter ihr immer leiser wurde und sie die

wütenden Ausrufe der Schlosswache hinter sich vernahm, die sie nicht länger verfolgen

konnten, weil sie ansonsten ihre Pferde zu Schanden geritten hätten, wurde ihr bewusst, wie

viel Kraft sie im Vergleich zu früher besaß.

Als sie noch klein gewesen war, hatten sie und Mia immer spaßeshalber versucht, mit jedem

Reiter, der vorbei ritt, so lange wie möglich schritt halten zu können. Sie wusste noch genau,

dass sie es einmal geschafft hatten, neben einem trabendem Pferd 10 Minuten herzulaufen.

Danach waren sie aber vollkommen erschöpft gewesen. Und jetzt, jetzt hatte sie es geschafft

ihre Verfolger, die auf eben diesen Tieren saßen, abzuschütteln!

Dennoch dachte Ruan nicht daran, ihr Tempo zu verringern. Sie wollte ihre Grenzen

austesten. Also lief sie weiter.

Ihre Grenzen zeigten sich ihr allerdings erst, als die Sonne schon tief stand.

Nicht weit vor ihr konnte Ruan die ersten Ausläufer eines Waldes erkennen, als ihre

zunehmende Erschöpfung sie zwang, langsamer zu werden. Ihr Atem ging schnell und

keuchend, dennoch ging sie gemächlich weiter. Sie wollte ihr Lager für die Nacht erst im

Wald aufschlagen.

Als sie noch klein war, hatte man ihr stets erzählt, dass man niemals alleine oder mit wenigen

Leuten auf gut zu überblickenden Flächen lagern sollte. Daran, dass sie sich als Youkai nicht

unbedingt an solche Regeln halten sollte, dachte sie nicht.

Es dauerte nicht lange, da hatte sie auch schon eine passende Lichtung gefunden, in dessen

Nähe sogar ein paar Beerensträucher wuchsen. Zuerst aß Ruan etwas von den Beeren, da

ihr Proviant nicht vorzeitig anbrechen wollte, danach entzündete sie ihr Lagerfeuer.

Mittlerweile war die Sonne schon untergegangen und der Vollmond hatte ihren Platz am

Himmel eingenommen.

Ein Mensch hätte spätestens jetzt Probleme damit gehabt, seine Umgebung erkennen zu

können, doch Ruan hatte damit keine Schwierigkeiten. Dennoch wurde ihr erst jetzt, in der

Dunkelheit wirklich bewusst, dass sie vollkommen alleine war. Früher war sie bei Einbruch

der Nacht nur selten allein gewesen. Bisher hatte sie es vermeiden können, über das heute

geschehen nachzudenken, doch jetzt konnte sie die Bilder, die in ihrem Kopf hochkamen,

nicht mehr unterdrücken.

Als sie daran dachte, wie sich alle versammelt hatten, nur um sie weggehen zu sehen, kam

eine tiefe Trauer in ihr auf. Noch bis vor wenigen Wochen war sie ein ganz gewöhnliches

Mädchen gewesen, eines von vielen, die alle im Schloss lebten und arbeiteten.

Dann, eines Tages hatte sie plötzlich angefangen, sich öfters seltsam zu fühlen. Zuerst hatte

sie angenommen, dass sie krank werden würde und hatte auch eine Heilerin aufgesucht,

diese hatte allerdings nichts besonderes feststellen können. Als Ruan dies ihrer Mutter

erzählt hatte, hatte diese sehr ungewöhnlich darauf reagiert. Normalerweise reichte es bei

ihr, wenn man sagte, dass es einem nicht gut ginge, aber damals hatte sie ihr ganz genau

erklären müssen, wie sie sich genau gefühlt hatte. Zu dieser Zeit hatte sie die Reaktion ihrer

Mutter nicht verstehen können, aber jetzt tat sie es.

Ihre Mutter hatte schon damals geahnt, dass das Siegel bald brechen würde.

An den nächsten Tage war es Ruan dann auch wieder besser gegangen und sie hatte schon

geglaubt, dass es sich nur um eine leichte Erkältung gehandelt hatte, was ja öfters vorkam.

Diese Vermutung Ruans wurde allerdings schnell wieder zunichte gemacht, als sie plötzlich

begann, sich seltsam schwach und irgendwie ausgelaugt zu fühlen.

Ungefähr zur gleichen Zeit hatte sie auch eine Überempfindlichkeit für Geräusche entwickelt.

Sobald laut gesprochen hatte, hatte sie sich sofort die Ohren zuhalten müssen und selbst das

Geräusch eines kehrenden Besens hatte ihr dröhnende Kopfschmerzen bereitet. Deswegen

hatte ihre Mutter sie auch lange Zeit zu Hause und im Bett behalten, aber anstatt sich zu

verbessern, war ihr Zustand sogar noch schlimmer geworden. Zu ihrer

Geräuschempfindlichkeit war auch noch eine gegen starke Gerüche hinzugekommen.

Durch all dies war es für Ruan zu einer Qual geworden, sich unter anderen Leuten bewegen

zu müssen, weshalb sie fast nur noch in ihrem Zimmer blieb.

Damals hatte sie auch durch Zufall erfahren, was mit ihr nicht stimmte.
 

Rückblick:

Gedämpfte Stimmen drangen vom Nebenzimmer zu Ruan herüber. Sie lag jetzt

schon seit gut 1 ½ Wochen im Bett, ohne dass sich ihr Zustand gebessert hätte.

Heute war ein Priester aus dem Tempel gekommen, der nicht unweit des Schlosses

lag, um sie zu untersuchen. Ihre Mutter hatte ihn hergebeten. Still hatte Ruan die

Prozedur über sich ergehen lassen und als der Priester endlich fertig gewesen war,

hatten er und seine Mutter sich mit ernsten Gesichtern in den Nebenraum begeben.

Ruan deutete dies als eindeutig schlechtes Zeichen.

Aus diesem Grund versuchte sie auch schon die ganze Zeit, dem Gespräch der beiden

zu lauschen, was ihr glücklicherweise auch gelang. Das Problem war nur, dass sie

dem Sinn des Gespräches nicht folgen konnte, was sie dann doch beunruhigte,

schließlich sprachen die beiden über sie!

“Kann man es denn nicht beschleunigen?! Sie leidet, dass seht ihr doch, Houshi-

sama!”, regte sich ihre Mutter gerade auf.

“Ich bitte dich, Shao-san. Du wusstest, dass es passieren würde! Die Folgen waren dir

auch schon lange, bevor es angefangen hat, bekannt!”, erwiderte die ruhige aber

doch entschieden Stimme des Mönches.

“Ich weis,” die Stimme ihrer Mutter klang leicht resigniert, “aber kann man es nicht

doch frühzeitig brechen? Ich meine, das Siege…”

“Leise! Denkst du, sie könne uns nicht hören?!”, unterbrach der Houshi sie barsch.

Leicht ertappt blinzelte Ruan ein paar mal. Woher konnte der Houshi wissen, dass sie

die beiden genau verstand? Sie hatte ihm zwar von ihrer

Geräuschsüberempfindlichkeit erzählt, aber woher wusste er, dass sie so stark war?

Die beiden redeten ja nicht gerade laut miteinander.

“Verzeiht, ich vergaß. Wie lange wird es denn noch dauern?” Das war die Stimme

ihrer Mutter und es lag echte Reue in ihr, etwas, dass nur sehr selten vorkam.

“Noch höchstens zwei Tage. Ich rate dir aber, sie auf diesen… Veränderung seelisch

vorzubereiten. Du weist, dass, wenn die Verwandlung einmal durchzogen ist, sie dieses

Schloss innerhalb von 3 Tagen verlassen muss.”

Nachdem er das gesagt hatte, verließ der Mönch ihr Haus wieder. Ruan konnte hören,

wie die Matte, die den Eingang verdeckte, hochgehoben und wieder fallengelassen

wurde. Kurze Zeit später kam ihre Mutter zu ihr.

“Ruan, ich muss dir etwas erzählen…”, fing sie leise an.

Rückblick Ende
 

Dann hatte sie alles erfahren. Wie sie einst von Mönchen in einem abgebrannten Schloss

gefunden wurde. Ein schreiendes Baby, dass nur aus reinem Mitleid mitgenommen wurde.

Wie sie mit in den Tempel genommen wurde und dort von dem Hohenpriester mit einem

zeitlich begrenztem Bann versehen wurde, der ihre Dämonenkräfte unterdrückte.

Wie sie danach zu ihrer neuen Ziehmutter ins Schloss gebracht wurde, unter der Bedingung

des Schlossherrn, dass, sobald ihre Dämonenkräfte erwachten, sie das Schloss verlassen

musste.
 

Mit einem leichten Seufzen schüttelte Ruan die Erinnerung ab. Sie wollte jetzt nicht über das

Schloss und ihre Freunde nachdenken. Es gab wichtigeres. Als Ruan eben nachgedacht

hatte, da war ihr in den Sinn gekommen, dass ihre Mutter ihr etwas in den Beutel gelegt

hatte, dass ihr vielleicht helfen könnte, etwas über ihre wahren Eltern heraus zu finden.

Neugierig öffnete sie den Beutel und blickte hinein. Das kleine Bündel, dass sie nicht selbst

dort hinein gelegt hatte, viel ihr sofort auf.

Vorsichtig zog sie es hinaus und öffnete es. Wie erstarrt blickte sie auf das, was dadurch zu

Tage kam. Es war ein kostbares, trägerloses Kleid, mit einem dazugehörigem Mantel. Die

Farbe von beiden Kleidungsstücken war weiß, mit blauen, fein gearbeiteten

Rand-Verzierungen. Neben dem Kleid lag eine grüne Bauchbinde, mit goldener Verzierung.

Staunend hob Ruan das Kleid hoch. Sie hatte noch nie ein solch teures Gewandt

gesehen.(Das Kleid trägt sie übrigens in der Chara- Beschreibung)

Sie stand auf, um es sich anzuhalten, wobei sie leicht erschrocken feststellte, dass es ihr nur

bis zur Mitte der Oberschenkel ging. Ärgerlich biss sie sich auf die Unterlippe. Jetzt saß sie

in der Zwickmühle. Sie wollte dieses Kleid unbedingt tragen, zumal es ja eine Erinnerung an

ihre Eltern war, andererseits war es mehr als nur unziemlich.

Was hätte ihre Ziehmutter wohl gesagt, wenn sie sie darin sehen würde? Nun, sie würde es

bestimmt gutheißen, aber ihre Ziehmutter war oft anderer Meinung als alle anderen.

Aber, warum eigentlich nicht? Sie war ja sowieso verstoßen worden, warum sollte sie sich

dann noch an irgendwelche anderen Regeln halten?

Mit leichtem Lächeln auf dem Gesicht nahm sie das Kleid und den dazugehörigen Mantel

und verschwand in einem Gebüsch. Es war zwar niemand da, der sie hätte sehen können,

aber Ruan dachte auch nicht großartig darüber nach.

Kaum fünf Minuten später kam Ruan fertig umgezogen aus dem aus dem Gebüsch heraus.

In diesem Moment bereute sie es, keinen Spiegel oder ähnliches dabei zu haben, aber sie

nahm trotzdem an, dass ihr das Kleid gut stand.

Ihre anderen Sachen packte sie wieder in den Beutel. Danach legte sie sich hin und viel

sogleich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
 

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Hier ist das Kap zu Ende. Über Kommies würd ich mich natürlich sehr freuen und jeder Kommi-Schreiber bekommt auch 'ne ENS wenn das nächste Kap hochkommt^^

Bye,

_Corchen_

Neue Gefährten

Kap 3: Neue Gefährten
 

Als Ruan die Augen aufschlug, war die Sonne schon längst aufgegangen. Verschlafen

blinzelnd richtete sie sich auf und blickte leicht verwirrt auf die Überreste ihres Lagerfeuers.

Normalerweise schlief sie nie so lange. ,Vielleicht liegt das ja an dem Stress von

gestern…?’, mutmaßte sie und stand auf. Immer noch leicht verschlafen streckte sie sich, um

wieder mehr Gefühl in ihre steifen Glieder zu bekommen.

Wie weit sie wohl gestern noch gekommen war?

Na ja, eigentlich war das ja auch egal. Soweit sie wusste, gab es in der Nähe des Schlosses

ziemlich viele Siedlungen und Dörfer. Es käme schon fast einem Wunder gleich, wenn sie an

all diesen vorbeilaufen würde, ohne es zu bemerken. Im Stillen hatte Ruan schon längst

beschlossen, sich bei jedem, den sie traf, nach einer Schlossruine zu erkundigen. Wenn sie

Hinweise auf ihre Eltern finden wollte, dann musste sie an dem Ort, an dem sie einst

gefunden worden war, anfangen zu suchen. Nachdem sie ein bisschen von ihrem Proviant

gegessen hatte, machte sie sich auf den Weg. Dabei schweiften ihre Gedanken immer

wieder zu ihrer Ziehmutter und Mia ab, was sie eigentlich hatte vermeiden wollen. Es war

nicht gut, wenn sie ihrem früheren Leben hinterher trauerte, aber sie konnte es nicht

vermeiden.

Was die beiden jetzt wohl machten? Ob sie sie genauso vermissten, wie sie es tat? Wie der

Schlossherr wohl reagiert hatte, als er gehört hatte, dass sie seine Soldaten einfach so

abgehängt hatte?

All diese Fragen und noch viele mehr schwirrten ihr im Kopf herum, als sie plötzlich in der

Ferne die Hütten eines kleinen Dorfes ausmachen konnte. Ein leichtes Lächeln legte sich auf

ihre Züge. Das war schneller gegangen, als sie gedacht hatte.

Zielstrebig ging sie auf die kleine Siedlung zu und schon kurze Zeit später war sie an den

ersten Hütten angekommen.

Neugierig blickte Ruan sich um. Das kleine Dorf wirkte weitestgehend menschenleer, nur in

einiger Entfernung zu ihr stand ein Mann, der ihr den Rücken zugewandt hatte. Er schien mit

irgendetwas beschäftigt zu sein, aber Ruan konnte nicht erkennen, was es war. Langsam

ging Ruan zu dem Mann hin und meinte vorsichtig:

“Ähm, entschuldigt bitte, aber könntet…”

Während sie sprach hatte sich der Mann umgedreht und blickte sie nun mit

schreckensweiten Augen an.

“Eine… eine Youkai!”, keuchte er überrascht.

Leicht verwirrt blinzelte Ruan, ehe sie antwortete: “Ja, ich bin eine Youkai. Könntet…”

Erneut konnte sie ihren Satz nicht beenden, da der Mann plötzlich so laut los schrie, als

wenn sie ihn töten wolle.

“Ah! Hilfe! Eine Youkai! Eine Youkai ist hier im Dorf!”

Hatte das kleine Dorf bis eben noch menschenleer gewirkt, so war jetzt das genaue

Gegenteil der Fall. Von überall her strömten die Menschen auf die Straße und blickten

geschockt zu ihr. Einige hielten sogar Mistgabeln in der Hand und Ruan fragte sich ernsthaft,

wie jemand so schnell und unvorbereitet an Mistgabeln kommen konnte.

Standen die hier etwas generell neben der Tür? Für den Fall der Fälle?

Fast hätte Ruan bei der Vorstellung laut losgelacht, aber eben nur fast. Dafür war ihr die

Situation dann doch ein bisschen zu ernst.

“Kann einer von euch mir sagen, wo ich eine abgebrannte Schlossruine finde?”, rief sie laut

in die Menge. Irgendwie musste sie diesen Menschen schnellstmöglich klarmachen, dass sie

es auf keinen Kampf angelegt hatte. Eine simple Frage zu stellen, erschien ihr da noch am

Sinnvollsten.

“Woher sollten wir so etwas wissen, Youkai?! Mach, dass du von hier verschwindest!”, rief

ein älterer Mann, der mit einer Heugabel bewaffnet war.

,Dieser…!’ Brodelnde Wut kam in Ruan auf, dennoch zwang sie sich äußerlich zur Ruhe.

Früher war ihr nie aufgefallen, wie verbohrt manche Menschen doch in ihrem Glauben

wären, dass alle Youkai böse wären. Zugegebenermaßen, hatte sie früher auch nie großartig

über dieses Thema nachgedacht, es hatte sie einfach nicht interessiert. Jetzt sprang es ihr

dafür umso mehr ins Auge.

“Vielen Dank für die Auskunft, Väterchen.”, presste sie zwischen zusammengebissenen

Zähnen hervor. Danach wandte sie sich zum Gehen.

“Und sieh zu, dass du hier nie wieder auftauchst!”, schrie ihr noch jemand hinterher und das

war es, was bei Ruan das Fass zum Überlaufen brachte.

Mit vor Wut blitzenden Augen wirbelte sie herum und fragte mit bedrohlich leiser Stimme:

Was hast du gesagt?!”

Bei ihrem Blick machten die meisten Dorfbewohner verängstigt einige Schritte zurück, nur

der junge Mann, der ihr hinterher gerufen hatte, nahm die deutliche Drohung in ihrer Stimme

scheinbar nicht wahr.

“Ich sagte, dass du dich hier nie mehr blicken lassen sollst, Youkai!”, das letzte Wort

spie er aus, wie eine besonders schlimme Beleidigung.

Als Ruan das hörte und gleichzeitig die Angst und Ablehnung in den Augen der Menschen

sah, da war es so, als ob jemand einen Schalter in ihrem Kopf umgelegt hätte.
 

Sie wusste nicht, wie es geschah und warum, aber im nächsten Augenblick fand sie sich mit

erhobener Klaue über dem jungen, am Boden kauernden Mann wieder. Zu einer Klaue war

ihre Hand auch tatsächlich geworden. Dort, wo eben noch ganz normale Fingernägel

gesessen hatten, prangten jetzt zentimeterlange, sehr scharf aussehende Krallen.

Erschrocken weiteten sich Ruans Augen, als sie sich bewusst wurde, was das bedeutete. Sie

hätte diesen Mann fast getötet und das nur weil sie wütend gewesen war! Wenn sie nur

einen Augenblick später wieder zu sich gekommen wäre, dann…. Sie wollte gar nicht daran

denken.

“Es… es tut… es tut mir leid.”, stotterte sie verwirrt, wandte sich um und lief davon.

Auf die Dorfbewohner, die ihr verwundert nachblickten, achtete Ruan nicht. In ihrem

Kopf arbeitete es. Sie hätte diesen Mann zwar fast getötet, aber es gab etwas, dass ihr noch

mehr Sorgen bereitete und das war die Tatsache, dass sie nicht einmal bemerkt hatte, wie

sie den Mann angegriffen hatte, geschweige denn, wie sie so schnell zu ihm gekommen war!

Und schnell musste sie gewesen sein, sie hatte es an den erschrockenen Gesichtern der

Dorfbewohner erkannt.

So lief sie weiter, während sich Angst und Verwirrung in ihr breitmachten. Sie fürchtete sich,

fürchtete sich davor, dass sie das nächste Mal nicht mehr rechtzeitig zur Besinnung kommen

könnte und jemanden schwer verletzen oder gar töten könnte.

Sie stoppte ihren halsbrecherischen Lauf durch den Wald erst, als sie an einem kleinen

Wasserfall ankam, der in einen ebenso kleinen Bach mündete, ankam.

Dort ließ sie sich ins Gras fallen, welches auf der kleinen Lichtung wuchs, zog die Beine an

und legte ihre Arme darum.

Die meisten hätten, wenn sie Ruan jetzt gesehen hätten, gesagt, dass sie verträumt den

kleinen Bachlauf beobachten würde. Nur ein genauerer Beobachter hätte feststellen können,

dass ihr Blick leer und ihre Haltung verkrampft war.

Ruan fühlte sich schrecklich einsam und verlassen. Niemand konnte oder würde ihr jetzt

helfen. Ihre Familie und ihre Freunde waren alle im Schloss, wohin sie nicht zurück durfte

und alle anderen Menschen sahen in ihr lediglich eine grausame Bestie, die es loszuwerden

galt.

Außerdem, was verstanden gewöhnliche Menschen schon von den Problemen einer

Youkai? Was verstand sie davon?

Die Antwort war genauso einfach wie frustrierend.- Nichts! Sie wusste nicht das kleinste

bisschen darüber!

Ihre Sicht verschwamm, als sich die ersten Tränen ihren Weg über Ruans Wangen bahnten.

Sie war allein! Zum ersten Mal in ihrem leben war sie vollkommen allein! Die Verzweiflung

über diese Erkenntnis brach wie eine Woge über sie herab.

Was sollte oder besser: was konnte sie jetzt noch machen? Sie war doch für praktisch

jeden, der in ihre Nähe kam, eine Gefahr!

Still saß sie auf der Lichtung und überließ sich ihrer aufkommenden Hoffnungslosigkeit. Ihr

Blick ging ins Leere, ihren Bogen hatte sie nachlässig neben sich abgelegt.

Alles in allem sah sie genauso aus, wie eine potenzielle Beute auszusehen hatte, dass fand

zumindest der Oni, der Ruan aus einem Gebüsch heraus mit blutroten Augen fixierte.
 

Nicht weit entfernt wanderte ein großgewachsener Mann in teurer Kleidung und in Rüstung

durch den Wald. Am Gürtel hatte er zwei Schwerter befestigt.

Nicht nur die langen, silbernen Haare des Mannes verrieten seine Unmenschlichkeit, nein,

auch die zwei rötlichen Streifen, die jede seiner beiden Wangen zierten sowie der der blaue

Halbmond auf der Stirn deuteten auf seine wahre Abstammung hin.

Er war ein Youkai, genauer gesagt ein Inu-Youkai und Herrscher der westlichen Ländereien

Japans- Sesshoumaru.

Schon vor Tagen hatte er eine seltsame Dämonenaura ausgemacht und war nun auf dem

Weg zu dem Ursprung eben dieser Aura.

Vor einigen Stunden hatte er seine Begleiter, ein kleines Menschenmädchen namens Rin,

einen Krötenyoukai mit dem Namen Jaken und einen zweiköpfigen Drachen, auf einer

Wiese zurückgelassen um alleine weiterzugehen. Er konnte fühlen, dass er dem Ursprung

der seltsamen Dämonenaura schon sehr nahe war.
 

Aus dem Augenwinkel heraus nahm Ruan eine Bewegung wahr, dicht gefolgt von dem

Geräusch brechender Äste. Instinktiv machte sie einen Satz zur Seite und nur das rettete ihr

das Leben.

Erschrocken blickte sie auf den Platz, wo sie eben noch gesessen hatte. Dort war nun ein

riesiges Loch im Boden und direkt neben diesem stand ein ca. drei Meter großer Oni, der

sie aus gierigen Augen heraus betrachtete.

Einen Moment war Ruan wie erstarrt, doch im nächsten blickte sie sich schon fast panisch

nach ihrem Bogen um. Sie brauchte unbedingt eine Waffe, wenn sie sich verteidigen wollte

und sie musste wirkungsvoller sein, als der kleine Dolch, den sie dabeihatte.

Schon kurze Zeit später erblickte sie dann auch ihren Bogen, der aber unglücklicherweise

direkt hinter dem Oni lag.

“Bleib schön da stehen, Kleine. Ich werde es auch kurz und schmerzlos machen.”, knurrte

dieser gerade mit grollender Stimme und machte einen Satz auf Ruan zu.

Mit einem schnellen Sprung zur Seite brachte Ruan sich in Sicherheit und hatte nun

gleichzeitig freie Bahn, um zu ihrem Bogen gelangen zu können. Mit ein paar schnellen

Schritten war sie dort, hob ihn hoch, legte den ersten Pfeil an die Sehne und drehte sich um.

Im Stillen dankte sie ihrer Mutter dafür, dass sie sie praktisch gezwungen hatte, den Bogen

mitzunehmen. Ohne eine Waffe wäre sie jetzt sicher verloren gewesen, dessen war Ruan

sich sicher.

Auch der Oni drehte sich nun mit wütend funkelnden Augen zu ihr um. Er machte schon

Anstalten, erneut auf sie loszugehen, doch da sah er den Bogen in ihren Händen und…

brach in schallendes Gelächter aus.

“Mit so einem kleinen Teil willst du mir etwas anhaben können?! Ich lebe schon seit Urzeiten

in diesen Wäldern, aber noch nie ist jemand auf die Idee gekommen, mir mit einem

Menschenbogen etwas anhaben zu können!”, grölte er.

Unterdessen kochte erneut Wut in Ruan auf. Es reichte anscheinend nicht, dass sie die

Menschen verachteten, nein, jetzt machten sich sogar noch die Youkai über sie lustig!

“Wir werden ja sehen, wer hier gleich über wen lacht!”, zischte sie leise, zielte und schoss.

Das sie hätte üben sollen, erkannte Ruan, als der Pfeil nicht wie geplant den Oni traf,

sondern gut einen halben Meter an ihm vorbeischoss.

“D… der nächste Trifft! Lass mich in Ruhe!”, rief sie, in der Hoffnung, dass der Oni ihre

aufkommende Angst nicht bemerken würde.

Leider hatte sie sich da gewaltig verschätzt. Mit einem leichten knurren schoss der Oni

erneut auf sie zu, und diesmal konnte Ruan nicht mehr ausweichen.

Mit einem unterdrückten Angstschrei schloss sie die Augen und wartete auf den Schmerz.

,Jetzt ist es vorbei!’, schoss es ihr durch den Kopf und plötzlich kam das gleiche Gefühl in

ihr auf, dass auch zuvor im Menschendorf aufgekommen war…

,Müsste er nicht schon längst bei mir sein…?’, fragte Ruan sich nach einer Weile und öffnete

vorsichtig ihre Augen.

Erschrocken machte sie einen Satz nach hinten, als sie sah, was vor ihr lag. Dabei handelte

es sich um nichts anderes als den Kadaver des Onis, der sie hatte töten wollen. Seine Augen

waren weit aufgerissen und seine Glieder unnatürlich verrenkt und das war es, was Ruans

sowieso schon überspannen Nerven den Rest gab. Eine bodenlose Schwärze umfing sie und

Ruan gab sich schon fast erleichtert der Ohnmacht hin.
 

Sesshoumaru hatte das ganze Geschehen beobachtet. Mittlerweile hatte er keine Zweifel

mehr, dass die Aura, der er erfolgt war, von der Youkai ausging. Er musste zugeben, dass

ihn das Verhalten eben dieser doch sehr verwunderte. Sie hätte diesen niederen Oni mit nur

einem Schlag erledigen können, wenn sie gewollt hätte, aber stattdessen war sie seinen

Attacken großteils nur ausgewichen, ja, hatte sogar Todesangst gehabt. Er hatte die

aufkommende Panik deutlich bei ihr wittern können.

Nur ihr letzter Angriff, der den Oni auch getötet hatte, war ganz passabel gewesen, wobei

Sesshoumaru den dringenden verdacht hatte, dass sie unabsichtlich angegriffen hatte.

Schließlich hatte die Youkai echtes erstaunen gezeigt, als der Oni tot war und war

letztendlich sogar in Ohnmacht gefallen. Hinzu kam noch, dass sie viel zu viel Youki in ihre

Attacke gelegt hatte.

Er musste zugeben, dass das seltsame Verhalten der Youkai seine Neugier geweckt hatte.

Er schätzte, dass sie durchaus mächtig war, wenn auch nicht so mächtig wie er, aber ihr

Verhalten passte eher zu dem eines Menschen.

Mit einem Sprung war er neben ihr und blickte zu ihr herab. Auch der Bogen, sowie die

Pfeile, die sie besaß schienen menschlichen Ursprungs zu sein. Kurz zögerte er noch, dann

hob er sie, samt ihrem Bogen und dem Köcher, hoch und machte sich auf den Weg, zurück

zu seinen Begleitern.
 

Ruan fühlte, dass sie auf etwas weichem lag. Jemand hatte ihr einen feuchten Lappen auf die

Stirn gelegt. Hatte sie etwa Fieber? Wessen Stimme war es, die sie da im Hintergrund hören

konnte? Was sagte sie?

Ruan konnte es nicht verstehen. Das einzige, was sie erkennen konnte war, dass es sich um

eine helle Kinderstimme handelte, die sich mit einer anderen Person zu unterhalten schien.

Ihre Lider fühlten sich schwer wie Blei an, aber dennoch öffnete sie die Augen. Sie wollte

wissen, zu wem diese Stimme gehörte.

Im ersten Moment konnte sie nur undeutliche Schemen erkennen, doch schon kurze Zeit

später wurde ihre Sicht wieder klarer.

Als sie in die Richtung blickte, aus der die Stimme gekommen war, erblickte sie ein kleines

Menschenmädchen, das mit dem wohl hässlichstem sprach, was sie je gesehen hatte.

Das Vieh ging ihr wahrscheinlich nicht einmal bis zum Knie, hatte große, wässrig- gelbe

Augen, besaß einen Stab der fast doppelt so groß war wie es selbst uns war zu allem

Überfluss auch noch grün.

In diesem Moment drehte sich das kleine Mädchen um und rief freudig:

“Jaken-sama, seht doch! Sie ist wach!” Danach lief sie glücklich lächelnd auf Ruan zu.

Über die Offenheit des Mädchens verblüfft richtete diese sich auf. Wusste die Kleine etwa

nicht, dass sie eine Youkai war?

Aber… wenn sie es sich recht überlegte, dann hatte die Kleine ja auch ohne Vorbehalte mit

dem grünen Vieh- Wie hatte sie es noch mal genannt? Jaken? -gesprochen. Und das der ein

Youkai war, sah wohl jeder.

Mittlerweile war das kleine Mädchen bei ihr angekommen, kniete sich neben ihr hin und

fragte neugierig:

“Mein Name ist Rin. Wie ist euer Name?”

“Mein Name ist Ruan. Du kannst ruhig ,du’ zu mir sagen.”, meinte Ruan lächelnd. Sie hatte

die Kleine auf Anhieb ins Herz geschlossen. Sie war auch einfach zu niedlich.

“Sag mal, weist du, wie ich hier hingekommen bin?”, fragte Ruan kurz darauf. In einem

Punkt war sie sich nämlich absolut sicher. Das hier war nicht die Lichtung, auf der sie

angegriffen worden war.

“Ja, Sesshoumaru-sama hat dich hergebracht!”, antwortete Rin prompt und ihr Lächeln

wurde dabei, soweit das noch möglich war, breiter.

,Sesshoumaru? Das ist kein Menschenname. Ist er vielleicht auch ein Dämon…?’, überlegte

Ruan und blickte sich suchend um. Außer ihr, Rin und dem grünen Gnom konnte sie

niemanden entdecken.

“Wo ist dieser Sesshoumaru denn…?”, sprach sie ihre Gedanken laut aus.

“Das weiß ich nicht. Er verschwindet ab und zu einfach. Übrigens, das ist Jaken-sama.”,

meinte Rin und deutete auf den Gnom.

“Hallo.”, meinte Ruan schlicht. Sie legte nicht wirklich viel Wert darauf, nähere

Bekanntschaft mit diesem… diesem Ding zu machen. Sie wollte bloß Rin nicht

beleidigen, denn das Mädchen schien Jaken zu mögen.

Ruan hatte keine Ahnung, dass ein schlichtes “Hallo” bei Jaken schon ein großer Fehler sein

konnte, aber sie sollte es bald erfahren.

“Bild dir ja nichts darauf ein, dass mein Meister dich mitgenommen hat, Weib! Um eins klar

zu stellen: Du hast hier nichts zu sagen und dich meinen Anweisungen zu Beugen!”

Wütend blickte Ruan zu dem Dämon und erhob sich langsam. Sie hätte sich ja denken

können, dass der Charakter von diesem Vieh perfekt zu seinem Aussehen passte! Wie

konnte Rin es nur mit diesem Kerl aushalten?

“Ich an deiner Stelle, würde nicht so respektlos mit Leuten umgehen, die mehr als einen

Kopf größer sind als du! Das könnte ziemlich ungesund werden!”, zischte sie bedrohlich.

“Ich stehe schon seit Ewigkeiten im Dienste meines Meisters! Von so einer dahergelaufenen

Youkai wie dir lasse ich mir nichts befehlen!”, keifte Jaken daraufhin aufgebracht.

Nach dieser Aussage war Jaken endgültig bei ihr unten durch. Als dieser dazu ansetzte,

weiter zu reden, verpasste sie ihm einen gepfefferten Fußtritt, der ihn gegen den nächsten

Baum krachen lies.

“Endlich Ruhe…”, murmelte Ruan erleichtert. Danach sah sie sich nach ihren Sachen um.

Ihren Bogen und ihren Köcher hatte sie schnell gefunden, doch, wo war ihr Beutel? Sie

konnte ihn beim besten Willen nicht entdecken.

,Vielleicht liegt er ja noch auf der anderen Lichtung…?’, überlegte sie.

Sie wollte sich gerade wieder zu Rin umdrehen, da spürte sie plötzlich, wie ihr warmer Atem

in den Nacken geblasen wurde. Das konnte weder Jaken noch Rin sein.

Erschrocken wirbelte sie herum und blickte direkt auf ein großes Maul, dass leicht geöffnet

war und so die spitzen Zähne sichtbar machte.

Mit einem erschrockenem Aufschrei wollte sie zurückweichen verlor dabei aber ihr

Gleichgewicht und stolperte.

In diesem Augenblick hörte sie von der Seite her Rins Kichern.

“Das… das ist Ah-Uhn. Der ist ganz Zahm.”, meinte das kleine Mädchen und versuchte

dabei wenig erfolgreich ihr Lachen zu unterdrücken.

Leicht beschämt blickte Ruan nach oben, von wo der eben benannte neugierig auf sie

herabblickte. Bei näherer Betrachtung sah dieser, oder besser: sahen diese ja eigentlich ganz

lieb aus. Aber wer konnte schon von ihr erwarten, dass sie ruhig blieb, wenn plötzlich ein

zweiköpfiger Drache hinter ihr stand?

Vorsichtig stand Ruan wieder auf und ging einen Schritt auf Ah-Uhn zu. Er sah wirklich ganz

lieb aus…. Langsam hob Ruan die Hand und streichelte behutsam einen der beiden Köpfe.

Diesem schien das auch durchaus zu gefallen, denn sogleich stupste sie auch der zweite

Kopf auffordernd an.

Mit leichtem Lächeln streichelte sie auch diesen und ihr Lächeln wurde größer, als diesem

daraufhin ein genießerisches Brummen entwich.

So ging es einige zeit weiter, bis der Drache sich plötzlich abwandte und anfing zu

grasen! Leicht fassungslos starrte Ruan dem Tier hinterher. Ein Drache, der Gras fraß?

Hätte ihr früher jemand so etwas erzählt, hätte sie ihn ohne zu zögern für verrückt erklärt und

jetzt sah sie es mit eigenen Augen! In diesem Augenblick beschloss Ruan, sich über nichts

mehr zu wundern.

Sie hatte aber keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn schon kurze Zeit später wurde

sie schon von Rin in Beschlag genommen. Diese wollte unbedingt mit ihr Blumen pflücken.

Ohne zu zögern stimmte Ruan dem Vorschlag zu. Rin hatte so eine Unbesorgtheit an sich,

die sie all ihre Sorgen vergessen ließ.

Und während sie sich mit Rin beschäftigte, da kam ihr plötzlich ein Gedanke:

,Wenn dieser Sesshoumaru ein Youkai ist, dürfte er doch eigentlich nichts dagegen haben,

wenn ich mit seiner Gruppe reise… . Rin und Ah-Uhn sind wirklich lieb und mit Jaken wird

man auch leicht fertig! Ich will nicht mehr alleine reisen! Wenn dieser Sesshoumaru

wiederkommt, werde ich ihn fragen, ob ich bei ihnen bleiben kann! Hoffentlich ist er nett.’

Aber, was half es jetzt darüber zu spekulieren, wie Sesshoumaru war? Sie musste es halt

nehmen, wie es kam. Dennoch erwartete sie die Ankunft Sesshoumaru’s von diesem

Augenblick an mit Ungeduld.

Als die Sonne schon halb hinter dem Horizont verschwunden war, kam er dann auch

endlich.

“Sesshoumaru-sama! Herr, endlich seit ihr wieder da!”, rief Jaken mit einer gehörigen Spur

von Schleim in der Stimme.

Sofort wirbelte Ruan herum und erstarrte noch im gleichen Augenblick. Sie hatte zwar nicht

damit gerechnet, einem Oni oder ähnlichem gegenüberzustehen, aber auf diesen Anblick war

sie auch nicht gefasst gewesen.

,Diese Augen…’, dachte sie leicht verträumt. Sie hatte noch niemals goldene Augen

gesehen! Und generell sah er einfach verdammt gut aus…

Moment, was dachte sie da eigentlich?! Begann sie jetzt etwa schon damit, für einen Youkai

zu schwärmen?

,Verdammt, jetzt reiß dich zusammen! Ich wollte ihn doch etwas fragen! Und dafür

bedanken, dass er mich mitgenommen hat, muss ich auch noch!’ rief sie sich zur Vernunft.

Entschlossen ging sie daher auf Sesshoumaru zu, der sich mittlerweile an einem Baum

niedergelassen hatte und sie nicht weiter zu beachten schien.

Durch dieses Verhalten seinerseits leicht unsicher kniete Ruan sich in gebührendem Abstand

nieder.

“Ich wollte mich dafür bedanken, dass ihr mich mitgenommen habt.”, setzte sie an und als er

in keinster Weise reagierte, fuhr sie fort, “Ich wollte euch auch um einen Gefallen bitten.

Würdet ihr mir vielleicht gestatten, mit euch zu reisen? Ich würde euch auch gewiss nicht zur

Last fallen!”

Sesshoumaru warf Ruan einen kurzen, eiskalten Blick zu, der ihr einen kalten Schauer über

den Rücken jagte.

“Woher kommst du?”, fragte er mit gefühlskalter Stimme.

Leicht irritiert blickte Ruan ihn einen Moment einfach nur stumm an, ehe sie antwortete.

“Ich stamme aus dem Schloss des Fürsten Kayama.”

“Ein Menschenschloss.”

Irrte sie sich, oder hatte in Sesshoumaru’s Stimme eben Verachtung gelegen?

“Ja, es ist ein Menschenschloss. Warum fragt ihr?”

Kühl musterte Sesshoumaru sie. Sie hatte diese Frage anscheinend wirklich ernst gemeint.

In ihrem Blick spiegelte sich echte Neugier wieder. Erneut fragte er sich, was mit dieser

Youkai los war. Sie konnte nicht mit ihren Kräften umgehen und hatte anscheinend auch

noch in einem Menschenschloss gelebt. Das alles war mehr als nur untypisch für eine

Youkai. Sesshoumaru gestand es sich zwar nur ungern ein, aber Ruan hatte echtes Interesse

in ihm geweckt.

“Warum lebt eine Youkai in einem Menschenschloss?”, hakte er deswegen etwas genauer

nach.

Nervös blickte Ruan zur Seite. Sollte sie ihm es erzählen? Damit würde sie ihm schließlich

ihre gesamte Lebensgeschichte vorsetzen. Konnte sie ihm bereits so sehr vertrauen, dass sie

ihm alles erzählte?

Nein, entschied sie nach kurzem Bedenken. Sie würde ihm damit ja praktisch auf die Nase

binden, wie schwach und Hilflos sie noch war. Sie kannte diesen Youkai kaum, wer wusste

schon, auf was für Ideen er oder andere Youkai kommen konnten?

“Das ist eine sehr persönliche Frage, Sesshoumaru-sama.”, wich sie daher aus.

Sesshoumaru musterte sie daraufhin noch einen Moment, ehe er kalt wie immer sprach:

“Du wirst in Zukunft auf Rin aufpassen.”

Ruan brauchte erst einmal einen kurzen Moment, ehe sie verstand, was er meinte, doch als

sie den Sinn seiner Worte begriff, hellte sich ihr Gesicht auf.

“Ich danke euch!”, sagte sie mit einer leichten Verbeugung, stand auf und ging zu Rin.

Dabei klopfte sie sich in Gedanken selbst auf die Schulter. Sie hatte gerade ihr erstes

richtiges Gespräch mit einem Youkai überstanden und sie nahm an, dass sie sich gar nicht

mal so schlecht gemacht hatte. Schließlich hatte Sesshoumaru ihr ja erlaubt, sie zu begleiten.

“Stell dir vor, ich darf mit euch reisen!”, eröffnete sie Rin auch sogleich, als sie bei ihr war.

“Ist das wahr? Oh, das ist toll! Hast du gehört, Jaken-sama? Ruan- chan wird mit uns

kommen!”, rief Rin dem Krötenyoukai freudig zu.

Dieser schien daraufhin aus allen Wolken zu fallen. Noch bis vor einem Moment war er

damit beschäftigt gewesen, Feuerholz sorgfältig für ein Lagerfeuer aufzuschichten, doch jetzt

glitten ihm die Holzscheite aus den Händen und fielen unbeachtet zu Boden.

“Was?! Dieses Weib kommt mit uns?! Das kann Sesshoumaru-sama niemals erlaubt

haben!”, schrie er aufgebracht.

Hastig lief er zu seinem Meister.

“Habt ihr diesem Weib etwa erlaubt, uns zu begleiten?!”

Ein kühler Blick Sesshoumaru’s war die einzige Antwort. Für Jaken war das aber

anscheinend Antwort genug.

“A… aber, das könnt ihr doch nicht machen! Dieses… dieses Weib…” Er kam nicht dazu,

seinen Satz zu beenden, denn er wurde von Sesshoumaru unterbrochen.

“Zweifelst du etwa meine Entscheidungen an, Jaken…?”, fragte er in einem Tonfall, der

einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.

“N… natürlich nicht, S… Sesshoumaru-sama!”, stotterte der kleine Youkai erschrocken

und zog sich sofort zurück.

Schadenfroh blickte Ruan ihm nach. Normalerweise freute sie sich nicht über das Unglück

anderer, aber sie beschloss, heute mal eine Ausnahmen zu machen. Jaken hatte das wirklich

mehr als nur verdient.
 

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So, hier ist auch das zweite Kap zuende^^

Über Kommies würd ich mich wie immer sehr freuen^^

Bye,

_Corchen_

Vertrauen

Mittlerweile reiste Ruan schon seit einigen Tagen mit Sesshoumaru und seiner Gruppe und begann langsam, sich einzuleben.

Am Anfang hatte sie noch Probleme damit gehabt, dass Sesshoumaru ab und zu einfach Stundenlang verschwand und sie dann auf ihn warten mussten. Auch hatte sie, seitdem sie sich seiner Gruppe angeschlossen hatte, nicht mehr mit dem Youkai gesprochen. Aber an die Schweigsamkeit von Sesshoumaru hatte sie sich mittlerweile gewöhnt.

Sie unterhielt sich stattdessen stundenlang mit Rin. Die kleine wusste einfach immer etwas zu erzählen. So erfuhr Ruan unter anderem auch über die traurige Vergangenheit des Kindes, die erneut Wut auf die Menschen in ihr aufflammen ließ.

Wenn man sie verstieß, weil sie anders war als die anderen, konnte sie das im Prinzip ja noch nachvollziehen, auch wenn sie es nicht billigte. Aber, dass Menschen auch so grausam zu einem Kind sein konnten, dass hatte sie noch nicht gewusst. Seitdem sie das Schloss verlassen hatte, hatte sie Dinge erlebt und gehört, von denen sie bisher nicht das Geringste geahnt hatte. Langsam aber sicher begann sie sich ernsthaft zu fragen, ob es nicht doch seine guten Seiten gehabt hatte, dass sie verbannt worden war. Sie verspürte zwar immer noch starkes Heimweh, dass konnte sie nicht leugnen, aber je mehr sie über das Verhalten mancher Menschen erfuhr, desto weniger wollte sie erneut bei ihnen Leben.

Gewiss, es gab Ausnahmen. Ihre Ziehmutter und Mia hatten dazu gehört, aber die meisten anderen Menschen hatten eine sehr schlechte Einstellung gegenüber allen seltsam wirkenden Personen gegenüber, selbst, wenn diese auch Menschen waren.

Rin war das beste Beispiel dafür.

Auch mit Jaken unterhielt sich Ruan ab und an, aber das war für sie meist nur so eine Art Notlösung. Sie hatte schnell erkannt, dass Jaken sich selbst unheimlich gern reden hörte. Wenn man ihn etwas fragte, erzählte er einem meist über das gefragte alles, was er wusste und schweifte dann auf ganz andere Themen ab, die einen nicht im geringsten interessierten. Deswegen ging Ruan einem Gespräch mit dem kleinen Youkai meist aus dem Weg.

Als sie am viertem Tag, den Ruan mit Sesshoumaru’s Gruppe reisten, mal wieder Rast an einem kleinen Bach machten, beschloss sie, endlich einmal den Umgang mit dem Bogen zu üben.

Seit dem Vorfall mit dem Oni hatte sie diesen nämlich nicht mehr wirklich in der Hand gehabt, und sie wollte es möglichst vermeiden, noch einmal so hilflos dazustehen. Bis heute hatte sie noch nicht herausgefunden, wie sie den Oni hatte töten können und getraut, Sesshoumaru zu fragen hatte sie sich auch nicht.

Ruan wollte nicht, dass jemand erfuhr, dass sie noch nicht mit ihren Kräften umzugehen wusste und genau das hätte sie mit ihrer Frage bewirkt.

Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass so etwas bei anderen Youkai höchstens auf Verachtung stoßen würde, wenn nicht auf schlimmeres. Nach allem, was Jaken erzählt hatte, legten diese nämlich sehr viel Wert darauf, alle ihre Kräfte voll ausnutzen zu können, damit sie sich jederzeit gegen alle Angreifer zur Wehr setzen konnten, oder ihre eigenen Interessen notfalls mit Gewalt durchsetzen konnten.

Soweit sie es verstanden hatte konnte es bei niederen Youkai oder bei Hanyou zwar schon mal vorkommen, dass jemand nicht mit seinen Kräften umzugehen wusste, aber bei allen höheren Youkai war dies undenkbar. Sie würden sofort von ihren Feinden vernichtet werden.

Also nahm sie ihren Bogen und Köcher, sagte Rin, dass sie noch etwas spazieren gehen wolle, und ging los.

Sesshoumaru war im Moment nicht da und so konnte sie ihn auch nicht um Erlaubnis fragen. Innerlich war sie erleichtert darüber. So konnte er ihr wenigstens nicht verbieten, sich vom Lager zu entfernen. Nach ungefähr fünf Minuten kam sie dann auch an einer kleinen Lichtung an, die, so schien es ihr zumindest, perfekt zum Trainieren geeignet war. Die Bäume bildeten eine Art natürliche Gasse, an deren Ende ein einzelner Baum aufragte und genau diesen wählte Ruan als “Zielscheibe” aus.

In ca. 10 Metern Entfernung zu diesem stellte sie sich hin, legte den ersten Pfeil an die Sehne, zielte und schoss.

Der Pfeil traf aber nicht wie beabsichtigt sein Ziel, sondern bohrte sich stattdessen ungefähr zwei Meter davor in den Boden. Mit einem leicht resigniertem Seufzer zog Ruan den nächsten Pfeil aus ihrem Köcher, legte auch diesen an die Sehen und schoss. Auch dieser Pfeil bohrte sich, genauso wie der erste, in einiger Entfernung zum Ziel in den Boden. Entschlossen zog Ruan einen weiteren Pfeil aus dem Köcher.

Sie wollte hier nicht eher weg, als dass sie wenigstens eine minimale Sicherheit im Umgang mit dem Bogen gewonnen hatte.

So ging es stundenlang weiter und noch immer war es eher reiner Zufall, wenn Ruan ihr Ziel mal ausersehen traf, als können. Mittlerweile war die Youkai schon fast am Verzweifeln. So schwer konnte Bogenschießen doch nicht sein?! Immerhin konnte es fast jeder Mann im Schloss! Selbst die Jungen lernten es schon im frühen Alter! Irgendwo musste sie einen grundlegenden Fehler machen, nur, was war es?

Leicht kritisch betrachtete sie den Bogen. Nein, an diesem konnte es nicht liegen. Selbst ungeübte Augen konnten die Sorgfalt erkennen, mit der er gefertigt war.

Mit einem leichten Seufzer zog Ruan einen weiteren Pfeil aus dem Köcher und legte ihn an die Sehne. Langsam spannte sie den Bogen und zielte. Sie würde das Bogenschießen noch lernen, sie musste halt nur genug üben!
 

Die goldenen Iriden, die sie schon geraume Zeit über beobachteten, hatte sie noch nicht bemerkt.

Je mehr er von dieser Youkai sah, desto mehr verwunderte sie Sesshoumaru. Anscheinend war es noch nicht genug, dass sie mit ihren Kräften nicht zurecht kam, nein, jetzt beherrschte sie nicht einmal die einigste Waffe, die sie besaß.

Kam das vielleicht daher, dass sie bis vor kurzem in einem Menschenschloss gelebt hatte? Hatte sie etwa ihr gesamtes bisheriges Leben dort verbracht? Und wenn ja, warum hatte sie dieses gerade jetzt verlassen? Hatten die Menschen sie dort plötzlich nicht mehr haben wollen, oder war sie freiwillig gegangen?

Sesshoumaru konnte es drehen und wenden wie er es wollte, aber die Vergangenheit dieser Youkai war und blieb ihm ein einziges Rätsel. Aus einem ihm unbekannten Grund war er wütend darüber.

Warum interessierte ihn diese Youkai überhaupt so sehr? Warum dachte er gerade über ihre Vergangenheit nach und nicht über die eines anderen Youkai?

Aber im Prinzip konnte er sich die Antwort auf diese Frage schon selbst geben.

Weil sie so vollkommen anders war, als jeder Youkai, der ihm bisher begegnet war. Jeder andere Youkai von ihrer Stärke wäre voll von falschem Selbstbewusstsein durch die Gegend spaziert und hätte alles und jeden herausgefordert, nur um seine Macht zu vergrößern. Doch sie war vollkommen anders. Selbst vor niederen Youkai fürchtete sie sich und sie schien sich ihrer Selbst auch gar nicht wirklich bewusst zu sein.

Aber was half es, jetzt darüber nachzudenken?

Mit einem großen Sprung war er neben Ruan auf der Lichtung. Er war es leid, noch länger ihren ungeschickten Bogenschieß-Übungen zuzuschauen. Ganz egal, wie ihre Vergangenheit auch ausgesehen haben mochte, jetzt war sie eine seiner Begleiter und als solche sollte sie sich wenigstens einigermaßen zu verteidigen wissen!

Erschrocken fuhr Ruan zusammen, als Sesshoumaru mit einem Mal direkt neben ihr stand.

“Wo… wo kommt ihr denn her…?”, stotterte sie verwirrt, erntete daraufhin aber nur einen eiskalten Blick von Sesshoumaru.

“Du hältst den Bogen falsch.”

“Was…?”, setzte Ruan an, blickte auf ihren Bogen und verstummte sofort wieder. Sie hielt den Bogen falsch? Woher wollte Sesshoumaru denn wissen, ob sie den Bogen falsch gehalten hatte? Hatte er sie vielleicht beobachtet?

Aus dem Augenwinkel warf sie dem Inu-Youkai einen verstohlenen Blick zu. Irrte sie sich, oder hatte sie da eben an amüsiertes Aufblitzen in seinen Augen gesehen…?

Nein, sie musste sich geirrt haben, entschied Ruan. Wenn sie in den letzten Tagen etwas über Sesshoumaru gelernt hatte, dann, dass dieser prinzipiell nie irgendeine Andeutung von Gefühlen zeigte.

“Wie soll ich den Bogen denn sonst halten?”, fragte Ruan ohne ihn auf ihren Verdacht anzusprechen. Eigentlich war es ja egal, woher Sesshoumaru von ihrer Ungeschicktheit wusste, Hauptsache war schließlich, dass er es wusste.

Und in diesem Falle konnte sie ihn dann ja auch ruhig fragen, was sie verbessern musste.

“Fass den Bogen mehr mittig an. Du musst den Pfeil auf deine Hand legen können.”, wies Sesshoumaru sie kalt an.

Ohne noch weiter zu zögern befolgte sie seine Anweisung, zielte und schoss. Zu Ruans Verwunderung bohrte sich der Pfeil auch in den äußeren Rand des Baumes. Sie hatte ihr Ziel endlich bewusst getroffen! Es war zwar nicht in die Mitte, aber immerhin!

“Sammle die Pfeile wieder ein und dann komm.”, riss Sesshoumaru sie aus ihren Gedanken. Seine Stimme war Gefühllos wie immer und Ruan konnte nicht erkennen, ob er nun mit ihrem Schuss zufrieden war, oder nicht. Sie wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund enttäuschte sie das ein wenig. Dennoch beeilte sie sich damit, ihre Pfeile wieder einzusammeln. Sie wollte die anderen nicht noch länger auf sie warten lassen.

Es dauerte dann aber doch etwas, bis sie auch den letzten Pfeil aus dem Gebüsch gesucht hatte.

Sesshoumaru hatte ihr die ganze Zeit gefühllos zugesehen. Ruan konnte seine Blicke in ihrem Rücken spüren die sie nervös werden ließen. Leicht fahrig verstaute sie auch den letzten Pfeil im Köcher und wandte sich mit leichtem Lächeln um.

Als Sesshoumaru das sah, drehte er sich kommentarlos ab und machte sich auf den Rückweg zum Lager.

Ruan beeilte sich, zu ihm aufzuschließen.

Kurze Zeit später waren sie auch schon im Lager, aber anscheinend war Sesshoumaru, bevor er zu ihr gekommen war, noch nicht dort gewesen.

Das erkannte Ruan daran, dass Jaken, sobald er seinen Meister erblickte, sofort zu der üblichen, schleimigen Begrüßungsrede ansetzte. Als er sie jedoch hinter Sesshoumaru aus dem Wald treten sah, verstummte er sofort wieder und starrte sie stattdessen nur saus weit hervorgequollenen Augen an.

“Mund zu, es zieht.”, bemerkte die Youkai daraufhin nur kühl, denn tatsächlich war stand Jaken’s Mund vor Verwunderung sperrangelweit offen.

Ruan konnte förmlich sehen, wie es im Kopf des kleinen Youkai zu Arbeiten begann.

Sie versuchte aber, sich nicht allzu sehr an dem Entsetzten Blick Jaken’s stören zu lassen und ging an ihm vorbei, ohne ihn auch nur eines einzigen weiteren Blickes zu würdigen.

Als sie gerade an Jaken vorbei war und auf Rin zugehen wollte, da schien es “Klick” im Kopf des kleinen Youkais zu machen und sein entsetzter Gesichtsausdruck vertiefte sich noch, soweit das denn möglich war. Doch Ruan ahnte, dass das nur die Ruhe vor dem Sturm bei Jaken darstellen sollte.

“Aaaaaaah~! Was hast du mit meinem Meister gemacht, du Weib?!”, schrie der kleine auch sofort aufgebracht los.

Nicht im geringsten Beeindruckt blickte Ruan ihn an. Mit so etwas ähnlichem hatte sie insgeheim schon gerechnet, seit sie Jaken’s entsetztes Gesicht gesehen hatte. Im Geiste ging sie noch mal kurz alle möglichen Antworten durch, die Jaken noch mehr provozieren konnten, aber immer noch der Wahrheit entsprachen. In den letzten Tagen hatte sie immer mehr Gefallen daran gefunden, Jaken zu reizen, vor allem, da es so einfach war. Es reichte schon die kleinste Bemerkung, die Jaken nicht gefiel, und schon war er auf 180.

“Was meinst du denn, was wir gemacht haben…?”, fragte sie daher mit zuckersüßem lächeln.

Diese Antwort reichte aus, um bei Jaken auch noch das letzte bisschen Selbstbeherrschung auszulöschen, wobei Ruan bezweifelte, dass er die jemals gehabt hatte. Aufgeregt rannte Jaken zu Sesshoumaru und rief:

“Sesshoumaru-sama!!! Habt ihr wirklich mit…?”

Klatsch.

Ein Schlag Sesshoumaru’s beförderte Jaken zielsicher gegen den nächsten Baum, noch bevor dieser seinen Satz hatte zu Ende sprechen können.

“Wir brechen auf.”, wies der Inu-Youkai an, ohne im geringsten auf Jaken’s unvollendete Frage einzugehen. Ohne sich noch einmal umzuwenden ging er los.

Daraufhin beeilte sich Rin damit, Ah-Uhn seine Maulkörbe anzulegen und lief hinter dem Youkai her. Auch Ruan folgte ihm ohne zu zögern.

Einzig und allein Jaken brauchte mehr Zeit, da er sich zuerst wieder fangen musste. Danach lief aber auch er hastig hinter der Gruppe her um nicht zurück zu bleiben.

So gingen sie weiter. Als die Sonne schon fast den Horizont berührte, wurde Ruan plötzlich unruhig.

Sie hatte das dringende Gefühl, verfolgt zu werden. Dieses Gefühl allein hätte sie ja noch als Täuschung abschreiben können, aber was dies unmöglich machte, war, dass sie genau zu wissen glaubte, wer oder was sie verfolgte. Selbst die Anzahl der Wesen war ihr urplötzlich bekannt.

Drei Wurmyoukai lauerten im Gebüsch hinter ihnen und warteten auf einen günstigen Moment, um angreifen zu können. Dieses Wissen war auf einmal da und Ruan hätte später nicht mehr erklären können, woher es gekommen war.

Hastig blickte sie sich um. Keiner ihrer Begleiter schien etwas von den Verfolgern bemerkt zu haben, aber ihr war klar, dass das, zumindest bei Sesshoumaru, nichts heißen wollte.

Dennoch schloss sie mit einigen schnellen Schritten zu dem Youkai auf.

“Habt ihr es auch bemerkt…?”, fragte sie leise und da Sesshoumaru in keinster Weise reagierte, fuhr sie fort:

“Was sollen wir jetzt machen?”

Wieder keine Reaktion.

Leichte Wut kam in Ruan auf. Sie wurden von drei gefährlichen Youkai verfolgt und Sesshoumaru hielt es nicht einmal mehr für nötig, ihr zu sagen, was sie tun sollte?!

Oder nahm er einfach an, dass sie schon öfters gegen andere Youkai gekämpft hatte?

Er müsste doch spätestens seit ihren ungeschickten Bogenschieß-Übungen wissen, dass sie in keinster Weise kämpfen konnte!

Seltsam, bis vor kurzem hatte sie es noch unter allen Umständen vermeiden wollen, dass jemand von ihrer Ungeschicklichkeit erfuhr und jetzt störte sie es plötzlich, dass Sesshoumaru keine Rücksicht darauf zu nehmen schien. Sie währe noch weiter in ihren Gedanken versunken, doch ein Angstschrei Rin’s holte sie ruckartig zurück in die Realität.

Ohne, dass sie es bemerkt hätte, war einer der Wurmyoukai aus seinem Versteck gekommen und hatte sich sofort auf die scheinbar einfachste Beute gestürzt, die nun einmal das kleine Menschenmädchen darstellte.

Mit einem unterdrücktem Fluch wollte Ruan dem Mädchen zu Hilfe eilen, obwohl sie wusste, dass sie selbst als Youkai kaum schnell genug dafür war.

Der Wurmyoukai hatte Rin fast erreicht und dann ging alles ganz schnell.

Ruan spürte nur einen scharfen Luftzug an der Seite, der ihr Verriet, dass Sesshoumaru losgesprungen war. Plötzlich zuckte so etwas wie eine grüne Peitsche durch die Luft und dann war der fremde Youkai Geschichte.

Lautes Rascheln ertönte, als die anderen beiden Wurmyoukai daraufhin aus dem Gebüsch brachen, doch auch sie kamen nicht weit. Erneut zuckte die grünliche Peitsche durch die Luft und auch diese Youkai lösten sich scheinbar spurlos auf.

Verwundert blickte Ruan zu Sesshoumaru, der scheinbar unbeeindruckt neben Rin stand. Sie hatte zwar schon vermutet, dass Sesshoumaru selbst für einen Youkai recht mächtig war, aber das er gegenüber anderen Youkai so mächtig war, hatte sie nicht vermutet.

Er hatte diese drei Youkai ohne auch nur mit der Wimper zu zucken getötet und es hatte ihn nicht einmal angestrengt! Kurz musterte Ruan ihn. Nicht nur, dass er sie innerhalb einiger Sekunden getötet hatte, nein, er hatte nicht einmal den kleinsten Blutstropfen abbekommen! Das konnte, selbst unter Youkai, nicht normal sein. Außerdem, mit was genau hatte er diese Youkai eigentlich getötet? Was war dieser grünliche Schimmer gewesen…?

“Vielen Dank, Sesshoumaru-sama.”, strahlte Rin den Youkai an.

“Wir gehen weiter.”, wies dieser nur an, ohne im geringsten auf das kleine Mädchen einzugehen.

Verwundert folgte Ruan dem Youkai, ließ sich allerdings etwas zurückfallen. Sie musste nachdenken, denn das Verhalten des Inu-Youkai’s verwunderte sie immer mehr. Zuerst ignorierte er ihre Frage hinsichtlich der Youkai, dann tötete er sie aber doch und schließlich tat er dann so, als sei nichts geschehen.

Einerseits schien er sich um seine Begleiter zu sorgen, aber andererseits ignorierte er sie auch mehr als genug. Sie wurde aus ihm einfach nicht schlau. Warum war dieser Youkai auch nur so unnahbar? Aus irgendeinem Grund hätte sie gerne mehr über ihn erfahren.

Da kam ihr plötzlich ein anderer Gedanke. Wenn Sesshoumaru so mächtig war, dann konnte er ihr doch auch gewiss erklären, wie sie mit ihren Kräften besser zurechtkommen könnte, oder?

“Wir rasten hier.”, wies eben dieser Youkai gerade an.

Erstaunt blickte Ruan auf. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass die Sonne bereits halb hinter dem Horizont verschwunden war und den Himmel in rötliches Licht tauchte. Innerlich tadelte sie sich selbst für ihre Unachtsamkeit. So etwas konnte tödlich sein, wenn man alleine war, dass hatte man ihr stets gesagt. Sie war im Moment zwar nicht alleine, aber trotzdem sollte sie mehr auf ihre Umgebung achten.

“Rin, Jaken, da hinten ist ein Fluss. Geht Fische fangen.”, schickte Sesshoumaru die beiden weg.

“Was?! Ich soll mit Rin Fische fangen gehen?! Aber, Sesshoumaru-sama…”, protestierte Jaken sofort.

Ruan konnte förmlich spüren, wie Temperatur daraufhin sofort um einige Grade sank. Sie konnte den Blick, den Sesshoumaru Jaken zuwarf, zwar nicht sehen, aber, um ehrlich zu sein, wollte sie dies auch gar nicht, denn Jaken zuckte unter dem Blick seines Meisters regelrecht zusammen und machte sich sofort mit Rin in die angewiesene Richtung auf. Der kleine Gnom kannte seinen Meister wirklich gut, dass musste Ruan ihm lassen.

Doch, warum hatte Sesshoumaru die beiden eigentlich weggeschickt…? Sie einen leicht nervösen Blick zu dem Youkai, der sich inzwischen an einem Baum niedergelassen und die Augen geschlossen hatte.

,Ich könnte ihn ja jetzt eigentlich gleich fragen, ob er mir helfen kann…’, überlegte Ruan und machte einen Schritt auf den Youkai zu, hielt aber sogleich wieder inne.

Wer sagte eigentlich, dass sie diesem Youkai vertrauen konnte? Er hatte sie zwar mitgenommen und sie ansonsten auch ganz anständig behandelt, aber nichts desto trotz kannte sie ihn kaum. Nachdenklich blickte sie zu dem Youkai. Sollte sie ihn jetzt fragen oder nicht? Sie konnte sich zu keiner vernünftigen Entscheidung durchringen.

Diese wurde ihr allerdings auch sogleich abgenommen als Sesshoumaru plötzlich die Augen öffnete und ihren nachdenklichen Blick erwiderte.

“Was ist?”, fragte er kühl.

Verlegen wandte Ruan den Blick ab. Was musste sie Sesshoumaru auch nur die ganze Zeit so anstarren? Sie hätte sich doch denken können, dass Sesshoumaru ihren Blick bemerken würde. Aber, was fiel wichtiger war: was sollte sie jetzt machen? Sollte sie ihn jetzt fragen, oder nicht? Erneut warf sie Sesshoumaru einen unsicheren Blick zu und erstarrte mitten in der Bewegung, als sich ihre Blicke trafen.

Wie gebannt betrachtete Ruan einen Augenblick diese goldenen Augen, die immer so kalt wirkten und das war der Augenblick, in dem Ruan beschloss, Sesshoumaru zu vertrauen.

Sie wusste später nicht mehr, warum genau sie so entschieden hatte, sie konnte es auch nicht erklären. Diese Entscheidung war rein instinktiv gewesen und hatte nichts mit irgendwelchen großartigen Überlegungen zu tun. Ruan hatte einfach gespürt, dass sie Sesshoumaru vertrauen konnte, oder es zu einem gewissen Grad sogar können wollte.

Bis vor einigen Tagen hatte sie immer mit jemandem über all ihre Probleme und Sorgen reden können. Vielleicht war es ganz natürlich, dass sie auch jetzt jemanden suchte, mit dem sie sich über alles unterhalten konnte?

Sesshoumaru kam dabei sowieso als einziger in Frage. Rin war zwar lieb und nett, aber für fiele Dinge war sie dann doch noch zu klein und Jaken… sie müsste echt verzweifelt sein, wenn sie jemals mit dem Gnom über eins ihrer Probleme reden wollte.

Innerlich aufseufzend dachte sie daran, wie es währe, jetzt im Schloss sein zu können. Dort hätte sie einfach nur zu Mia oder ihrer Ziehmutter gehen können und schon hätte sie jemanden gefunden, mit dem sie sich über alles unterhalten könnte. Es schien ihr eine Ewigkeit her zu sein, dass sie das letzte mal mit Mia gesprochen hatte, dabei war es doch erst einige Tage her. Dennoch war seitdem so fiel geschehen, so viel hatte sich für sie verändert, dass sich Ruan danach sehnte mit ihrer Freundin darüber sprechen zu können.

Mit einem erneuten, lautlosen Seufzer wandte sich Ruan wieder dem hier und jetzt zu. Sie hatte nun einmal beschlossen, dem Youkai zu vertrauen, und das wollte sie jetzt auch tun.

Also zögerte sie nicht länger sondern ließ sich in leichtem Abstand neben dem Youkai nieder.

“Also… ich weiß, dass es euch unhöflich erscheinen mag, aber ich wollte euch dennoch um einen Gefallen bitten…”, setzte Ruan mit leicht gesengtem Blick an, stockte dann aber. Wie konnte sie das bloß am besten sagen? Es war ja schließlich ein recht ungewöhnliche Bitte, die leicht misstrauen erregen konnte. Jetzt, wo sie sich dazu durchgerungen hatte, Sesshoumaru zu vertrauen, wollte sie irgendwie auch, dass er ihr vertraute.

“Und das währe?”, hakte Sesshoumaru nach kurzer Zeit in seiner üblichen Tonlage nach.

“Ich… ich wollte euch bitten… . Könnt ihr mir beibringen, wie ich mit meinen Kräften umgehen kann?”, sprudelte es nach kurzem stocken aus Ruan heraus.

“Warum kannst du nicht mit deinen Kräften umgehen?”, fragte Sesshoumaru nach und hätte sich im nächsten Augenblick dafür am liebsten selbst die Zunge abgebissen. Was war in letzter Zeit nur mit ihm los? Normalerweise hätte er sich nie dazu hinreißen lassen, eine solche Frage zu stellen.

Warum verhielt er sich in Gegenwart dieser Youkai nur so anders als er es normalerweise tat?

Auch Ruan war über die Frage des Youkais leicht überrascht, zeigte dies aber in keinster Weise. Irgendwann musste sie ihm sowieso von ihrer Vergangenheit erzählen, warum sollte sie dann noch weiter warten?

“Na ja, ich habe euch doch bereits erzählt, dass ich bisher in einem Menschenschloss gelebt habe.”, fing Ruan an und blickte auf. Sesshoumaru besah sie weiterhin nur mit undurchdringlichem Blick und zeigte auch sonst in keinster Weise, ob ihn ihre Geschichte interessierte oder nicht. Dennoch erzählte Ruan weiter.

“Seitdem ich denken kann, habe ich dort gelebt und, die Wahrheit ist… bis vor kurzem hatte ich noch nicht die geringste Ahnung davon, dass ich eine Youkai bin.”, erzählte Ruan stockend. Erneut sah sie auf und auch diesmal zeigte Sesshoumaru nicht die geringste Regung. Dadurch leicht verunsichert erzählte Ruan weiter.

“Ich habe mein ganzes bisheriges Leben als normaler Mensch unter anderen Menschen verbracht. Erst vor kurzem habe ich erfahren, was ich wirklich bin. Ein zeitlich begrenzter Bann hat früher verhindert, dass mein wahres Wesen als Youkai zum Vorschein kam.

Dieser ist dann vor nicht allzu langer Zeit gebrochen und erst da hat meine Ziehmutter mir die… die Wahrheit erzählt… .

Als… Kleinkind bin ich einst in einer abgebrannten Schlossruine von Mönchen gefunden und mitgenommen worden. Diese haben mich dann auch mit dem Bann belegt und zu meiner Ziehmutter in das Menschenschloss gebracht.

Na ja, als der Bann dann gebrochen ist, musste ich das Menschenschloss innerhalb einer bestimmten Zeit verlassen, was ich dann auch getan habe… .”, bei den letzten Worten hatte in ihrer Stimme unterbewusst einen leicht bitterer Unterton mitgeschwungen, an dem Sesshoumaru erkannte, dass dieses “verlassen des Schlosses” wohl nicht ganz freiwillig abgelaufen war.

Wut kam in ihm auf. Wie konnten diese Menschen es wagen, eine Youkai einfach so aus ihrem Schloss zu werfen? Vor allem wobei sie anscheinend bei diesen Menschen aufgewachsen war?

Bisher hatte Sesshoumaru angenommen, dass Menschen jemanden akzeptierten, wenn sie ihn schon länger kannten. Egal was oder wer er war. Offensichtlich hatte er sich da geirrt.

“Du wirst lernen, deine Kräfte zu beherrschen.”, meinte Sesshoumaru kalt.

“Ich danke Euch.”, murmelte Ruan erleichtert und stand auf.
 

In diesem Moment kamen Rin und Jaken zurück. Fröhlich lachend lief Rin zu den beiden Youkai und hielt stolz einige Fische in die Höhe.

“Sesshoumaru-sama, Ruan- chan, guckt mal, die hab ich ganz alleine gefangen.”, berichtete die Kleine fröhlich.

“Das sind aber fiele.”, meinte Ruan freundlich und warf Jaken einen prüfenden Blick zu. Er trug keinen einzigen Fisch.

“Wie viele Fische hat Jaken denn gefangen?”, fragte Ruan an das Mädchen gewandt.

“Keinen. Jaken-sama wollte nicht ins Wasser gehen.”

Langsam wandte Ruan ihren Blick Jaken zu und wollte diesen gerade wütend anfahren, da wurde sie von Sesshoumaru unterbrochen.

“Jaken, mach Feuer.”, sagte er in einem Tonfall, der selbst die Meere hätte gefrieren lassen können.

“Ja… jawohl.”, stammelte der kleine Youkai und machte sich sofort an die Arbeit.

Wenig später brieten die von Rin gefangenen Fische schon über einem kleinen Lagerfeuer.

Ruan hatte diese zuvor, zusammen mit dem kleinen Mädchen, ausgenommen und auf dünne Stöcke gesteckt. Dabei hatte Rin ihr begeistert erzählt, wie und wo man die besten Fische fangen konnte. Dieses Thema hatte Ruan zwar nicht sonderlich interessiert, aber dennoch hatte sie aufmerksam zugehört und ab und zu sogar ein paar Fragen gestellt. Sie wusste, dass sich Rin dann immer freute und sie mochte das kleine Mädchen sehr.

Rin kam ihr wie die kleine Schwester vor, die sie sich immer gewünscht hatte.

Da kam ihr plötzlich ein anderer Gedanke.

Was, wenn sie noch andere Verwandte hatte, von denen sie bis jetzt nichts wusste?

Bisher war die Vorstellung, dass sie ein Einzelkind sei, ganz natürlich für sie gewesen, aber jetzt konnte sie sich dessen auch nicht mehr sicher sein.

Traurig blickte sie in den Nachthimmel. Sie würde so gerne wissen, woher sie wirklich stammte, wer ihre Eltern waren, ob sie noch lebten oder warum sie zurückgelassen worden war.

“Was ist denn los? Du siehst irgendwie so traurig aus.”, fragte Rin plötzlich und betrachtete sie besorgt.

“Es ist nichts, Rin- chan. Mach dir keine Sorgen.”, antwortete Ruan mit leichtem lächeln. Das kleine Mädchen war einfach zu niedlich.
 

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Hier ist das Kap zuende^^

Das nächste Kap heißt "Räuber" und ich lad's wahrscheinlich nächsten Freitag hoch^^

Über Kommi's würd ich mich wie immer freuen^^

Bye,

_Corchen_

Räuber

Sie rannte. Alles um sie herum war in undurchdringliche schwärze getaucht. Sie wusste nicht warum oder wohin sie lief, sie wusste nur, dass sie ganz schnell von hier weg musste. Kein Geräusch drang an ihre Ohren. Seltsam, wenigstens ihre eigenen Schritte müsste sie doch hören können, oder? Sie blickte nach unten. Ihre Füße und ihre Beine bewegten sich ganz normal, aber… sie kam nicht voran! Sie bewegte sich nicht von der Stelle, obwohl sie so schnell lief, wie sie konnte!

Erschrocken wollte sie aufschreien, doch kein Ton verließ ihre Kehle.

In diesem Moment wandelte sich das Bild.

Feuer! Überall um sie herum brannte es! Und mit einem Mal nahm sie ihre Umgebung wieder mit allen Sinnen wahr. Schreie drangen an ihr Ohr, das Geräusch einstürzender Gebäude dröhnte in ihren Ohren. Sie blickte sich um und erkannte, dass sie sich in einem brennenden Schloss befand. Sie war sich sicher, es noch niemals gesehen zu haben, und dennoch kam ihr alles so seltsam vertraut vor…. Es war fast so, als hätte sie all dies schon einmal gesehen.

Eine Frau stolperte aus einem der brennenden Gebäude. Ruan konnte ihr Gesicht nicht erkennen, denn sie hatte es unter einer Kapuze verborgen, genauso wie der Rest des Körpers mit einem schwarzen Mantel verhüllt war. An einer Seite war dieser jedoch wie durch riesige Klauen zerrissen und Blut sickerte durch die Schnittstellen. Es war zuviel Blut, dass wusste Ruan. Die Unbekannte konnte sich nicht länger auf den Beinen halten und ging in die Knie. Mit einer Hand stützte sie sich am Boden ab, mit der anderen presste sie ein kleines Bündel eng an ihren Körper.

Ruan wollte zu der Frau laufen, ihr helfen, doch ihre Beine wollten ihr nicht gehorchen.

Plötzlich hörte sie das Bersten riesiger Holstämme und im gleichen Moment wurden suchende Rufe hörbar.

Ängstlich blickte die Unbekannte um sich und presste das Bündel nur noch enger an sich. Mit letzter Kraft raffte sie sich auf und taumelte weiter, aber nicht auf die Stimmen zu, sondern von ihnen fort.

Entsetzt sah Ruan zu, wie die Frau sich immer weiter schleppte, obwohl sie schon am Ende ihrer Kräfte war und ihre Wunde sofort versorgt werden musste, wenn sie überleben wollte.

Warum lief die Frau nur weg? Warum lief sie nicht auf die Stimmen zu, die zweifellos nach ihr riefen?

Die Fremde taumelte ein paar Schritte weiter und ging dort erneut in die Knie. Ruan dachte schon, dass die Frau nun auch ihre letzten Kräfte verlassen hatten, doch sie sollte sich irren.

Stattdessen lies die Unbekannte sanft das Bündel, dass sie bisher an sich gepresst hatte, zu Boden gleiten und richtete sich danach wieder auf. Ihr Gesicht blieb weiterhin verborgen und dennoch war Ruan sich sicher, dass der Fremden Tränen über die Wangen rannen und ihre Lippen lautlos “lebe wohl” formten.

Danach ging die Frau weg, auf die Stimmen zu.

In diesem Moment fingen Ruans Beine an, sich wie von selbst zu bewegen und trugen sie auf das Bündel zu, welches die Frau zuvor abgelegt hatte.

Entsetzt hielt sie inne, als das Bündel begann, sich zu bewegen und eine kleine Kinderhand zum Vorschein kam.

In dem Bündel war ein Kind! Die Frau hatte ein kleines Kind in dieser Flammenhölle zurück gelassen!

Ruan wollte vorspringen, dass Kind packen und von hier verschwinden, doch mit einem Mal wurde sie sich das Feuers um sie herum überdeutlich bewusst. Rauch kam in ihre Lunge, ließ sie husten, machte das Atmen unmöglich. Mit einer Hand fasst sich Ruan an den Hals und schnappte verzweifelt nach Luft. Urplötzlich fühlte sie die Hitze um sie herum.

Warum nur war es so heiß? Warum hatte sie es nicht eher gespürt?

Ruans Sicht verschwamm und ihre Beine gaben unter ihr nach. Das letzte, was sie wahrnahm, war der spitze Schrei einer Frau, dann fiel sie in unendliche Schwärze…
 

Mit einem Schrei schreckte Ruan hoch. Es war noch tiefste Nacht. Um sich herum hörte sie die tiefen und beruhigenden Atemzüge ihrer Begleiter, die durch ihren Schrei offenkundig nicht geweckt worden waren.

Langsam beruhigte sich Ruans Atem und sie fasste sich mit einer Hand an den plötzlich schmerzenden Kopf. Dabei streifte sie versehentlich ihre Wange, die feucht war. Verwirrt hielt Ruan in der Bewegung inne und strich sich erneut über die Wange. Ohne Zweifel, sie hatte im Schlaf geweint. Das war ihr noch nie passiert, dabei hatte sie schon oft schlecht geträumt.

Langsam stand sie auf und wischte sich dabei mit einer Hand die Tränen ab. Sie würde heute Nacht sowieso nicht mehr schlafen können, dass wusste sie genau.

Warum sollte sie dann nicht gleich einen kleinen Spaziergang machen? Sie musste jetzt einfach irgendetwas machen, denn der Traum hatte eine innere Unruhe in ihr zurückgelassen.

Also ging sie los. Wohin, dass wusste sie selbst nicht. Sie ließ sich einfach von ihren Gefühlen leiten.

Als sie am Rand des Lagers war, blickte sie sich noch einmal um. Alle schienen noch zu schlafen. Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen, einfach so wegzugehen, doch sie verscheucht dieses Gefühl gleich wieder.

Sie würde ja nicht weit gehen. Nur ein paar Minuten, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Als sie im Wald verschwunden war, öffnete Sesshoumaru die Augen und blickte ihr nach. Er hatte bemerkt, dass sie im Schlaf plötzlich unruhig geworden war und mit einem Schrei aufgewacht war.

Er ließ seinen Blick über das Lager schweifen. Ruans Bogen samt Köcher lagen noch an der gleichen Stelle wie vorher, also hatte sie nicht vor, weit zu gehen oder lange fortzubleiben. Sesshoumaru schloss seine Augen wieder. Sie würde bald zurückkommen und der Rest war für ihn nicht von Bedeutung.
 

Langsam schritt Ruan durch den Wald. Sanft strich der Wind durch ihr Haar. Leise raschelten die Blätter, mit denen der Waldboden bedeckt war, unter ihren Füßen.

Durch die Ruhe um sie herum legte sich auch langsam das Chaos in Ruans Kopf, welches der Traum dort ausgelöst hatte. Erst jetzt begann sie, über den Traum nachzudenken.

Er war so seltsam gewesen… viel zu real für einen Traum. Es war ihr auch alles so seltsam bekannt vorgekommen, fast so, als hätte sie dies alles schon einmal erlebt. Das brennende Schloss, diese verhüllte Frau… dies alles schien sie bereits gekannt zu haben, nur, woher?

Selbst den Namen der Frau müsste sie eigentlich kennen, er lag ihr schon auf der Zunge, doch sie kam nicht darauf. Wenn sie glaubte, den Namen gefunden zu haben, dann verschwamm er sofort wieder, wie eine schlechte Erinnerung.

Warum glaubte sie den Namen dieser Frau zu kennen? Warum hatte sie zu wissen geglaubt, dass sie geweint hatte, obwohl sie ihr Gesicht doch nicht hatte sehen können?

In Träumen geschahen zwar oft Dinge, die eigentlich nicht möglich wären, aber dieser Traum war da anders, dessen war Ruan sich sicher.

Auf einmal hörte sie, in einiger Entfernung, aufgeregte Stimmen.

Neugierig spähte Ruan in die Richtung, aus der diese zu kommen schienen, doch sie konnte nichts erkennen.

,Wer da wohl ist…?’, überlegte sie und ging, ohne weiter nachzudenken, den Geräuschen nach.

Es dauerte nicht lang, da konnte sie bereits den schwachen Schein vieler kleiner Lagerfeuer ausmachen und die Stimmen wurden auch klarer. Leicht verwundert stellte Ruan fest, dass sie nur Männerstimmen hören konnte.

Vielleicht waren das Soldaten auf dem Weg zur Schlacht? Aber sie hatte von keinem Krieg in dieser Gegend gehört….

Neugierig ging sie noch weiter auf die Stimmen zu, bis sie endlich die Leute sehen konnte, die sich da so lautstark unterhielten.

Eine große Gruppe von Männern lagerten in einem ausgetrocknetem Flussbett. Sie trugen allesamt alte, teils beschädigte Rüstungen, hatten zerrissene Kleidung und wirkten auch großteils betrunken. Man sah ihnen auch an, dass sie sich schon Ewigkeiten nicht mehr gewaschen haben mussten und generell keinen Wert auf jegliche Körperpflege zu legen schienen.

Neben dem Lager waren einige magere Pferde angebunden und daneben lagen einige Bündel in denen Ruan Nahrungsmittel und teure Kleidung vermutete. An manchen Bündeln konnte sie dunkle Flecken erkennen, die eindeutig getrocknetes Blut darstellten. Die Sachen waren alle zweifellos gestohlen! Diese Leute waren Räuber!

Da Ruan am Rande des Flussbettes stand war sie noch nicht entdeckt worden. Einen Augenblick starrte sie die Räuber nur fassungslos an, dann duckte sie sich schnell hinter einen Busch. Von dort nahm sie das Lager etwas genauer ins Auge.

Neben manchen Feuern lagen noch Essensreste und einige halbleere Flaschen Sake. Zweifellos waren auch diese Dinge alle gestohlen worden. Wut kam in Ruan auf. Sie hatte noch nie zuvor eine Räuberbande gesehen und nun wusste sie auch, dass sie dabei nichts verpasst hatte.

Diese Leute mussten ein Dorf vollständig geplündert haben, um an all diese Lebensmittel zu kommen. Wovon sollten die Menschen in dem Dorf jetzt noch leben können? Sie hatten keine Vorräte mehr und bis zur nächsten Ernte dauerte es noch einige Wochen.

Viele Menschen waren durch diese Banditen zum Tode verurteilt worden! Dachten diese Leute an so etwas gar nicht? Oder war es ihnen etwa egal?!

Aber Ruan wusste, dass sie im Moment nichts ausrichten konnte. Sie sollte lieber zusehen, dass sie hier unbeschadet wieder weg kam, anstatt sich über diese Räuber aufzuregen. Schließlich waren diese eindeutig in der Überzahl und Ruan hatte auch nicht das Bedürfnis ihre noch unbekannten Youkaikräfte auf eine solche Art und Weise zu erproben.

So leise wie möglich schlich sie ich hinter dem Busch weg. Wenn sie den Wald erreichen konnte, ohne entdeckt zu werden, dann hatte sie es geschafft. Leider war sie in ihrer Neugier mindestens 15 Meter aus dem Wald herausgegangen, ehe sie die Räuber als solche identifiziert und sich versteckt hatte.

Eigentlich war ihr diese Streckte am Anfang gar nicht so lang vorgekommen, doch jetzt, wo es darauf ankam nicht entdeckt zu werden, erschien ihr der rettende Waldrand kilometerweit entfernt zu sein.

Nervös blickte sie sich um. Sie war noch nicht entdeckt worden und dabei hatte sie schon die hälfte der Strecke geschafft. Erleichtert atmete sie einmal tief durch. Das Stück zum Wald würde sie noch schaffen, da war sie sich sicher. Vor allem, da die Räuber plötzlich mit etwas ganz anderem beschäftigt zu sein schienen. Zumindest glotzten alle in eine bestimmte Richtung und auch Ruan glaubte, dort etwas wie Bewegungen ausmachen zu können.

Was es allerdings war, dass die Räuber so sehr faszinierte, konnte Ruan nicht erkennen. Zu viele der Räuber standen ihr im Weg.

Mit einem leichten Schulterzucken tat Ruan das Thema ab. Egal was es war, für sie war es nur gut, denn es lenkte die gesamte Räuberbande von ihr ab. Wenn sie sich jetzt nicht verdammt dämlich anstellte, würde sie auf keinen Fall noch auffliegen.

Sie hatte den Waldrand eigentlich schon erricht, doch da hielt sie plötzlich inne.

Ein spitzer Frauenschrei durchbrach die Nacht.

Wie in Zeitlupe drehte Ruan sich um und blickte entsetzt zu dem Räuberlager zurück. Der Schrei war eindeutig von dort gekommen! Jetzt wusste Ruan auch, was die Aufmerksamkeit der Räuber so plötzlich auf sich gezogen hatte.

Es war eine Frau. Die Räuber hatten eine Frau gefangen genommen und machten nun wer weiß was mit ihr! Sie mussten sie bei ihrem letzten Beutezug mitgenommen haben….

Ein erneuter, diesmal verängstigt klingender Schrei erschallte und diesmal hielt Ruan nichts mehr.

Ohne nachzudenken stürmte sie zurück zum Lager der Räuber, hob im gehen einen Stein auf und schmiss ihn dem erstbesten Mitglied der Bande von hinten an den Kopf.

Dieser drehte sich mit einem überraschtem Ausruf zu ihr um und nur einen Augenblick später hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit der ganzen Bande, die sie allesamt fassungslos anstarrten. Davon ließ sich Ruan jedoch nicht einschüchtern.

“Wie könnt ihr es wagen?! Habt ihr denn keinen Anstand, ihr dreckigen Nichtsnutze?! Lasst sofort die Frau frei!”, schrie sie außer sich vor Zorn.

Immer noch ungläubig starrten die Diebe sie an. Es war offensichtlich, dass noch nie eine Frau so mit ihnen gesprochen hatte.

“Na, was haben wir denn da? Einen kleinen Wildfang!”, hörte sie plötzlich eine gehässige Stimme und noch im selben Augenblick teilte sich die Räuberbande und machte so eine Gasse frei, durch die nun ein bullig aussehender Mann auf sie zukam. Er hatte eine lange Narbe im Gesicht, die sich vom Haaransatz rechts oben bis über seinen linken Mundwinkel hinzog. Sie verlieh dem Räuber ein makaberes Aussehen. Seine Augen, die Tief in den Höhlen lagen, verstärkten dieses Ausdruck nur noch.

Seine Rüstung war die einigste, die unbeschädigt war und daraus schloss Ruan, dass es sich wohl um den Anführer der Bande handeln musste. Jedoch stank er geradezu, wie auch der Rest der Bande, stark nach Sake. Auch bei dem Rest der Bande konnte sie nun diesen Geruch ausmachen. Offensichtlich hatten alle von ihnen zu tief ins Glas geblickt, was nicht unbedingt zu Ruans Vorteil war, denn sonst hätte sie bestimmt schon jemand als Youkai identifiziert und die Bande hätte sich bestenfalls sofort verzogen. Man hörte überall, wie feige Räuber und Diebe im Grunde wahren. Sahen sie in irgendetwas eine echte Bedrohung für sich, ergriffen sie bekanntermaßen sofort die Flucht. Leider schienen diese Räuber aber gar nicht daran zu denken.

Plötzlich kam Angst in Ruan auf. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Sie wusste doch, dass sie es nie und nimmer mit einer ganzen Räuberbande aufnehmen konnte, zumal diese ja bewaffnet waren! Hatte sie überhaupt gedacht? Anscheinend nicht, denn sonst währe sie nicht so einfach losgestürmt, aber was hätte sie denn sonst tun sollen? Sie hatte die arme Frau doch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen können!

Aber, was sollte sie jetzt machen? Weglaufen ging kaum. Erstens wusste sie nicht, wo sie hinlaufen sollte, zu Rin wollte sie diese Räuber keinesfalls führen, und zweitens war sie sich auch gar nicht sicher, ob ihre Beine ihr überhaupt gehorchten. Sie fühlten sich so wackelig an, als würden sie jeden Moment unter ihr zusammen brechen.

In diesem Moment erblickte sie die Frau, oder vielmehr das Mädchen, dessen Schrei sie gehört hatte. Sie kniete schräg hinter dem Bandenführer und drückte ängstlich ihren halb zerrissenen Kimono an sich. Aus tränenüberströmten Augen blickte sie zu Ruan, in denen auf einmal leichte Hoffnung aufglomm. Wenn auch die Räuber sie nicht als Youkai erkannten, so tat es aber das Mädchen und sie schien darüber erleichtert zu sein. Ihre Lippen formten eine lautlose Bitte.

Leicht irritiert blinzelte Ruan, ehe sie sich mit einem Gemisch aus unbeschreiblichem Zorn und leiser Angst erneut dem Anführer der Bande entgegenblickte. Was hatte dieser dem Mädchen angetan, dass sie jetzt selbst auf die Hilfe einer wildfremden Youkai hoffte?! Normalerweise hätte die Kleine bei ihrem Anblick in völlig Panik geraten müssen, doch sie hatte föllig anders als erwartet reagiert! Föllig anders als jeder andere Mensch, mit Ausnahme von Rin, reagiert hätte!

“Na, du bist mir aber ein hübscher Fang. Gleich zwei an einem Tag, dass ist wirklich mehr, als ich erwartet hatte.”, säuselte der Bandenchef gerade und kam weiter auf sie zu. Mittlerweile war er keine zehn Meter mehr von ihr entfernt.

Angewidert starrte Ruan ihn an. In diesem Augenblick wünschte sich Ruan nichts sehnlicher, als ihren Bogen mitgenommen zu haben. Ohne Waffe in der Hand fühlte sie sich seltsam schutzlos und irgendwie den Räubern ausgeliefert.

Dennoch war sie nicht bereit, einfach die Flucht zu ergreifen, wie es im Moment alles in ihr standhaft verlangte. Sie wollte und konnte das Mädchen hier nicht einfach zurücklassen.

Stolz hob Ruan den Kopf, blickte kurz über dem Räuber hinweg, genauso, wie sie es einmal bei dem Schlossherrn gesehen hatte, und versuchte, ihre Stimme selbstsicher klingen zu lassen.

“Das ist eure letzte Chance, Räuber. Verschwindet von hier und lass das Mädchen sofort frei! Wenn ihr es nicht tun solltet…”, Ruan ließ den Satz unvollendet, in der Hoffnung, dass der Bluff gelungen war.

Und tatsächlich schien der Räuber kurzzeitig zu zögern, doch dann machte sich ein siegessicheres Lächeln auf seinem Gesicht breit.

“Das klappt bei mir nicht, mein Täubchen. Komm her, oder ich werde dich holen. Ich bin heute nett, deswegen darfst du selbst wählen.”, sagte der Anführer mit dreckigem grinsen, bei dem in Ruan unweigerlich übel wurde.

Was sollte sie jetzt machen? In ihrem Kopf rasten ihre Gedanken, doch sie kam auf keine Lösung in der sie und das Mädchen unbeschadet hier weg kommen konnten.

Mittlerweile hatte der Räuber offensichtlich genug davon zu warten, denn er kam jetzt erneut auf sie zu. Unsicher wollte Ruan einen Schritt zurückgehen, doch sie wurde grob am Arm gepackt und festgehalten. Ohne, dass sie es bemerkt hätte, war sie von einigen aus der Bande umzingelt worden. Sie war fiel zu sehr auf den Anführer und das Mädchen fixiert gewesen.

“Lasst mich los!”, rief Ruan wütend und stieß den Banditen, der sie gepackt hatte, grob zurück. Auch dem Bandenchef, der nun direkt vor ihr war, verpasste sie einen harten Schlag, der ihn zurücktaumeln ließ. Verwunderung war in seinem Blick zu erkennen, die jedoch gleich von Wut verdrängt wurde.

“Packt sie!”, schrie er wütend und sogleich befolgten seine Männer die Anweisung. Von überall her schienen die Männer plötzlich zu kommen, die nach ihr griffen, sie festhalten wollten. Verzweifelt schlug die Youkai um sich, versuchte die Räuber auf Abstand zu halten, doch es waren einfach zu fiele.

Immer enger schloss sich der Kreis um Ruan, bis sie irgendwann das Gefühl bekam, keine Luft mehr zu kriegen. Von diesem Gefühl überwältigt hielt sie einen Augenblick inne, um zu Atem zu kommen, doch das reichte ihren Angreifern völlig.

Von hinten packte jemand ihre beiden Arme und drehte sie auf den Rücken. Zu überrascht um sich zu wehren, ließ Ruan es geschehen.

“Du entkommst mir nicht, meine kleine.”, wisperte ihr der Bandenführer von hinten ins Ohr. Ruan konnte seinen fauligen Atem auf ihrer Haut spüren, konnte nur allzu deutlich den Alkohol riechen, den er getrunken hatte.

“Lass mich los!”, schrie Ruan panisch auf.

“Ich denke nicht daran.”

In diesem Moment schaltete sich Ruans Verstand aus. Sie hörte das Blut durch ihre Ohren rauschen, sie spürte ihren Herzschlag, der fiel zu laut und zu schnell war und sie sah die Gesichter der Räuber um sich, die wie Fratzen verzerrt waren. Und plötzlich war alles wie von einem roten Schleier bedeckt.

Verschreckt stolperten die Räuber zurück, als plötzlich ein helles, hellblaues Licht von Ruan auszugehen schien. Die ersten erkannten in diesem Moment, was Ruan war.

“Eine Youkai!”

“Rette sich wer kann!”

“Hilfe!”

Schrieen sie durcheinander und wichen von der Youkai zurück. Doch das merkte Ruan nicht mehr. Das Licht um sie herum schien sich auszudehnen und das war das letzte, was die meisten der Räuber sahen.
 

Ruckartig hielt Sesshoumaru inne. Er war sich sicher, eben Ruans Hilferuf gehört zu haben und war ihm gefolgt, warum, dass wusste er selbst nicht. Doch das viele Youki, dass er nun spüren konnte, stammte zweifellos von der Youkai. Hatte sie etwa erneut die Kontrolle über ihre Kräfte verloren?

Mit einem Sprung war er auf dem nächsten Ast und setzte seinen Weg in den Baumkronen fort.
 

Langsam kam Ruan wieder zu Bewusstsein. Sie kniete auf der Erde, die aus irgendeinem Grund verbrannt wirkte.

Verwirrt blinzelte Ruan. War sie nicht bis eben von Räubern umgeben gewesen? Warum war die Erde, auf der sie kniete, verbrannt? Warum kniete sie überhaupt?

Hastig stand Ruan auf und blickte sich irritiert um. Ohne Zweifel, dass war das Selbe Flusstal, in dem eben noch die Räuber gewesen waren, aber nun waren sie die meisten von ihnen verschwunden, nur ein paar von ihnen konnte sie in einiger Entfernung am Boden liegen sehen.

Warum lagen die Räuber am Boden?! Warum sahen sie so… so mitgenommen aus?

Verwirrt blickte Ruan um sich. Was war hier geschehen? Sie konnte sich daran erinnern, dass sie von den Räubern umringt gewesen war, dann hatte sie jemand gepackt und dann…. Ja, was war dann geschehen? Sie konnte sich nur daran erinnern, große Angst gehabt zu haben.

Ein schrecklicher Verdacht kam in ihr auf. ,Was ist, wenn ich für das hier verantwortlich bin…? Aber, aber das kann doch gar nicht sein! Wie sollte ich denn das geschafft haben?! Ich hab mich noch nicht einmal von der Stelle bewegt!’, versuchte Ruan sich zu beruhigen, doch die Zweifel blieben.

Um sich irgendwie abzulenken blickte sie sich noch einmal sorgfältig um, in der Hoffnung, dass Mädchen von vorhin irgendwo entdecken zu können. Und tatsächlich fand sie die kleine auch schnell. Das Mädchen hatte sich mittlerweile den Kimono wieder übergestreift und war aufgestanden. Ängstlich blickte sie Ruan nun entgegen.

Probehalber machte Ruan einen Schritt auf das Mädchen zu und war irgendwie auch nicht überrascht, als diese daraufhin einen Schritt zurückging.

“Ich will dir nichts tun. Hab keine Angst.”, versuchte Ruan die Kleine zu beruhigen, die sie aber weiterhin nur misstrauisch beäugte.

“Mein Name ist übrigens Ruan. Wie heißt du?”, sprach Ruan einfach weiter. Es störte sie, dass das Mädchen Angst vor ihr hatte. Das hatten nämlich bisher die meisten Menschen vor ihr gehabt und irgendwann musste sich das ja mal ändern. Ruan war sich nur noch unsicher, wie sie auf das Mädchen zukommen sollte, ohne dass diese gleich in Panik verfiel.

“Mein… mein Name ist Hana. Ich… danke euch, dass ihr mir geholfen habt…”, die Worte kamen nur zögerlich über die Lippen des Mädchens.

“Ich hätte dich ja schlecht deinem Schicksal überlassen können, nicht wahr?”, fragte Ruan lächelnd. Wenn es auch zögerlich gewesen war, Hana hatte dennoch mit ihr gesprochen. Das allein wertete sie schon als großen Vorschritt.

“I… ich sollte mich vielleicht auf den Weg machen…”, murmelte Hana unsicher.

“Ist es denn weit bis zu deinem Dorf?” Eigentlich war das eine ganz gewöhnliche Frage, doch sofort blitzte Misstrauen in den Augen des Mädchens auf. Vielleicht dachte sie ja, dass Ruan ihr Dorf überfallen wollte…? Irgendwie war das ein lächerlicher Gedanke, fand Ruan. Für das Mädchen schien dieser aber gar nicht so abwegig zu sein, denn sie antwortete noch immer nicht auf ihre Frage.

Als Ruan fast lautlose Schritte hinter sich vernahm, drehte sie sich schnell um. Ein Angriff aus dem Hinterhalt war wirklich das letzte, was sie heute noch brauchte. Erleichtert atmete sie auf, als sie erkannte, wer da durch das Halbdunkel des heranbrechenden Tages auf sie zukam.

Sesshoumaru blickte sich kurz um. Es war unschwer zu erkennen, was sich hier zugetragen hatte. Er hätte sich den Weg hier her sparen können. Dennoch wunderte es ihn ein wenig, dass die Räuber Ruan so hatten bedrängen können, aber vielleicht lag das ja auch an ihrer menschlichen Erziehung.

“Sesshoumaru-sama, was macht ihr denn hier?”, fragte diese im gleichen Augenblick, bekam aber nur einen kalten Blick seitens des Youkais zur Antwort.

“Übrigens, dass ist Ha…” während des Sprechens hatte Ruan sich wieder dem Mädchen zuwenden wollen, doch diese war urplötzlich nicht mehr da. Sichtlich verwirrt blickte sie auf die Stelle, auf der Hana bis eben noch gestanden hatte.

“Sie ist weggelaufen, als du dich umgedreht hattest.”, gab Sesshoumaru gnädigerweise Auskunft.

Leicht angesäuert blickte Ruan in die Richtung, in der das Mädchen verschwunden war. Erst riskierte man Kopf und Kragen, nur um die Kleine zu retten und dann haute sie einfach ab! Dabei glitt ihr Blick unweigerlich nach Osten, wo schon die ersten Sonnenstrahlen den Horizont erhellten. Es war bereits der nächste Morgen angebrochen! Als sie losgegangen war, war es noch tiefste Nacht gewesen, wie lange musste sie da unterwegs gewesen sein, dass jetzt bereits der Morgen anbrechen konnte?!

“Komm.”, meinte Sesshoumaru plötzlich kühl und wandte sich zum gehen. Ruan zögerte jedoch. Sie wollte noch immer wissen, ob sie für all das verantwortlich war oder nicht. Im Prinzip konnte es ja niemand anderes als sie gewesen sein, doch ihr Verstand weigerte sich standhaft, das zu akzeptieren.

“Wartet bitte noch einen Augenblick. Ich muss noch wissen, was hier passiert ist.”, bat Ruan und ging auf einen der Räuber zu, der am Boden lag.

Leich irritiert blieb Sesshoumaru stehen und warf einen Blick zurück.

Sie wollte wissen, was hier passiert war? Das war doch mehr als eindeutig. Sie selbst war es schließlich gewesen, die hier alles zerstört hatte. Wusste sie das etwa nicht? Diese Youkai war immer wieder für Überraschungen gut. Sollte er ihr vielleicht sagen, was passiert wat? Sesshoumaru verwarf diesen Gedanken jedoch sogleich wieder.

Warum hätte er das der Youkai das sagen sollen? Sie würde noch von alleine darauf kommen und wenn nicht, dann war es auch gleich. Es interessierte ihn nicht weiter.

Mittlerweile hatte sich Ruan neben einem der Räuber, der auf dem Boden lag, hingehockt. Scheinbar war er aber auch, wie alle anderen der Bande, die sie sehen konnte, bewusstlos. Alles in ihr sträubte sich dagegen, dennoch packte sie den Räuber vorsichtig an der Schulter und schüttelte diese.

“He, du, wach auf!”, sagte sie dabei laut.

Zuerst reagierte der Räuber nicht, doch kurz darauf begann er sich langsam zu regen. Sofort ließ Ruan seine Schulter los und stand auf. Sie legte wirklich keinen Wert darauf, länger als nötig in der nähe des Diebes zu sein.

Langsam öffnete dieser nun seine Augen und blickte sich um. Als sein Blick dabei auf die Youkai fiel, schrie er laut auf und versuchte sich möglichst schnell aufzurappeln, doch seine Beine gaben unter ihm nach.

“B… bitte, t… tut mir nichts!”, flehte er in jämmerlichem Tonfall.

“Ich will dir nichts tun. Sag mir einfach nur, was hier passiert ist.”, verlangte Ruan und betrachtete prüfend den Räuber, der mittlerweile kreidebleich geworden war.

“I… ihr wollt wissen, was hier geschehen ist…?”, fragte er verwirrt und blickte teils unsicher teils verängstigt zu ihr auf. Scheinbar hielt er Ruans Frage für einen schlechten Scherz.

“Ja.”, kam es von Ruan kühl zurück. Sie hatte jetzt nicht den Nerv, sich auf eine längere Diskussion einzulassen.

“Nun, wie soll ich sagen…? Ihr… ihr habt plötzlich so hell geleuchtet und dann, dann ist da plötzlich immer mehr Licht gewesen. Dann… dann habe ich das Bewusstsein verloren…”, berichtete der Räuber vorsichtig.

Sie war es also wirklich gewesen? Sie hatte wirklich all das hier zerstört und all diese Leute… umgebracht…? Sie… sie hatte tatsächlich jemanden getötet…? Denn, obwohl es nur Räuber gewesen waren und obwohl sie sie angegriffen hatten, waren es dennoch Menschen gewesen.

Geschockt wandte Ruan sich um und ging davon. Sie war unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Sie hatte gemordet! Sie hatte Menschen auf dem Gewissen, und es waren nicht gerade wenige! Sie war eine Mörderin! Die Gesichter der Räuber kamen in ihrem Gedächtnis hoch. Verzweifelt versuchte Ruan, sie aus ihrem Kopf zu verbannen, doch es ging nicht. Sie tanzten vor ihrem inneren Auge herum, mal waren es Fratzen, mal waren sie vor Angst verzerrt und einige schienen sie sogar auszulachen. Verzweifelt schloss Ruan die Augen. Sie wollte das nicht sehen! Sie wollte, dass es aufhörte! Doch mehr als alles andere wollte sie vergessen. Vergessen was geschehen war, was sie getan hatte. Sie wollte zurück zum Schloss, zurück zu ihrer Mutter und zu Mia. Sie wollte jetzt zu Hause aufwachen und feststellen, dass alles nur ein schlimmer Alptraum gewesen war!

Unbewusst hatte sie den Weg zurück zum Lager eingeschlagen. Auch Sesshoumaru, der kurz vor ihr ging, bemerkte sie nicht. Als sie sich umgewandt hatte und wortlos losgegangen war, hatte auch er sich auf den Rückweg gemacht.

Obwohl er sich nicht umwandte, bemerkte er doch, in welchem Zustand sich Ruan befand. Schuldgefühle, das war mal wieder so ein typisch menschliches Verhalten! Es ärgerte ihn, dass ausgerechnet eine Youkai wie Ruan ein solches Gefühl so offen zeigte. Das lag eindeutig an der menschlichen Erziehung! Wäre sie unter ihresgleichen aufgewachsen, hätte sie ein solches Gefühl niemals zugelassen, da war er sich sicher. Wieder ertappte er sich dabei, wie er über diese Youkai nachdachte. Das musste eindeutig bald ein Ende haben!

Mit eiskaltem Blick drehte er sich zu Ruan um, die beinahe in ihn hinein gelaufen wäre. Im letzten Moment konnte sie aber noch anhalten.

“Du hattest keine andere Wahl!”, meinte er kalt.

Aus trüben Augen blickte sie zu ihm auf. Was meinte er damit? Natürlich hatte sie eine andere Wahl gehabt.

Sesshoumaru gefiel währenddessen ihr Blick gar nicht. Sie reiste zwar noch nicht allzu lange mit seiner Gruppe, aber dennoch hatte er noch nie einen solchen Blick bei ihr gesehen und war sich auch ziemlich sicher, dass sie so gut wie nie so geblickt hatte. Aus irgendeinem Grund wollte er auch nicht, dass es so blieb.

“Wenn du sie nicht getötet hättest, dann hätten sie weiter gemordet. Das hätte noch viel mehr Menschen das Leben gekostet.”, erläuterte er daher genauer.

Nur langsam drangen die Worte in Ruans Bewusstsein. Doch als sie sich des Sinns bewusst wurde, wurde sie plötzlich wütend. Wütend auf sich selbst, auf ihre ganze Situation und darauf, was in den letzten Tagen geschehen war! Sie richtete sich gegen niemanden bestimmtes, aber sie musste jetzt einfach raus! Zufiel war in den letzten Tagen geschehen und sie hatte alles mehr oder weniger über sich ergehen lassen müssen! Sie wollte und konnte einfach nicht mehr! Und so richtete sie ihren ganzen aufgestauten Frust und ihre Wut auf den einzigen, der gerade in ihrer Nähe war, Sesshoumaru.

Was weist du eigentlich davon?! Was verstehst du schon?! Gar nichts! Woher willst du denn wissen, wie ich mich fühle?! Interessiert es dich überhaupt?! Interessierst dich eigentlich irgendjemand?! Du bist doch nur an dir interessiert! Hat es dich jemals gekümmert, wenn es jemand anderem schlecht ging?! Ich glaube nicht und dann fang jetzt verdammt noch mal auch nicht damit an! Weist du was?! Verschwinde doch einfach von hier! Dann braucht dich das alles auch nicht mehr zu kümmern! Du verstehst ja eh nicht, wie ich mich fühle! Du hast bestimmt keine Probleme damit, jemanden zu töten, nicht wahr, du gefühlskalter Eisklotz?! Ich kann echt nicht verstehen, wie es auch nur irgendjemand in deiner Nähe aushalten kann!” Kurz hielt Ruan inne, um wieder zu Luft zu kommen, da bemerkte sie plötzlich, dass Sesshoumaru’s Augen einen leicht rötlichen Glanz angenommen hatten.

Der Inu-Youkai war wütend. Der letzte, der so mit ihm gesprochen hatte, hatte danach nicht einmal mehr ein Grab gebraucht, da sowieso nichts mehr von ihm übrig geblieben war. Was erlaubte es sich diese Youkai jetzt, so mit ihm zu sprechen?!

Noch ehe Ruan wusste, wie ihr geschah, wurde sie plötzlich am Hals gepackt und hochgehoben. Erschrocken sah sie zu Sesshoumaru, der sie aus eiskalten Augen heraus anstarrte. Der rötliche Schimmer von eben war verschwunden, dennoch jagte ihr dieser Blick einen kalten Schauer über den Rücken.

“Wenn ich du währe”, sagte Sesshoumaru so kalt, dass Ruan meinte ihr würde das Blut in den Adern gefrieren, “würde ich mehr darauf achten, was ich sage.”

“Verzeiht, Sesshoumaru-sama…”, röchelte Ruan. Durch die Art, wie er sie hielt bekam sie immer schwerer Luft.

Nach ihrer Entschuldigung betrachtete Sesshoumaru Ruan noch eine Weile und wenn Blicke töten könnten, währe die Youkai wohl schon viele male gestorben. Dann spürte Ruan jedoch, wie sich der Griff um ihre Kehle lockerte und sie losgelassen wurde. Unsanft landete sie auf ihrem Hintern, war aber dennoch erleichtert darüber, dass er sie endlich losgelassen hatte. Das war eine Erfahrung gewesen, die sie kein zweites Mal machen wollte.

Sesshoumaru betrachtete sie noch eine Weile kalt, dann wandte er sich wortlos um und ging weiter, als sei nichts geschehen.

Leicht unsicher blickte Ruan ihm nach. Sollte sie jetzt hinter ihm hergehen oder einfach hier bleiben? Nach kurzem Zögern stand sie auf und lief hinter Sesshoumaru her, wobei sie aber genau darauf achtete, ihm nicht zu nahe zu kommen. Sie hatte keine Lust, noch einmal so in der Luft hängen zu dürfen wie eben.
 

Weit entfernt eilte ein Krieger durch die Gänge eines großen Schlosses. Er war zu seinem Herren befohlen worden. Vor einem bestimmten Raum blieb er stehen, öffnete die Tür und trat mit gesenktem Blick ein. In der Mitte des Raumes kniete er sich schließlich hin und verneigte sich tief.

“Ihr habt mich rufen lassen, Herr?”

“In der Tat, das habe ich. Gehe in den Westen. In der Nähe der östlichen Grenze müsste sich eine Youkai mit auffallend blauen Haaren und ebensolchen Augen aufhalten. Von ihr geht eine seltsame Energie aus. Ich möchte, dass du sie ausfindig machst und mir alles über sie und ihre eventuellen Begleiter berichtest. Sie darf dich nicht bemerken.”, wies ihn der Schlossherr an.

“Ja, Herr.” Mit einer weiteren tiefen Verneigung stand er auf und verließ den Raum. Als er die Tür hinter sich schloss, hörte er, wie der Berater des Schlossherrn fragte:

“Seit ihr wirklich sicher, dass sie es ist? Ich dachte, sie hätte diesen Brand damals nicht überlebt!”

Eigentlich hatte er nicht vor, den Schlossherrn zu belauschen, zumal er wusste, welche Strafe darauf stand, aber es lag in seiner Natur neugierig zu sein, und so blieb er stehen.

“Zweifelst du etwa an meinem Urteilsvermögen? Es war eindeutig ihre Energie, die ich gespürt habe.”, antwortete der Schlossherr seinem Berater etwas unwirsch.

“Ich zweifle nicht im geringsten an euch, My Lord. Es ist nur schwer zu glauben. Seit nunmehr 17 Jahren haben wir nichts von ihr gehört. Wem hätte es gelingen können, sie so lange zu verstecken?”

“Genau deswegen habe ich den Späher geschickt!”, antwortete der Schlossherr. “Und nun, geh.”

Eilig machte sich der Soldat daran, weiterzugehen. Wenn jemand spitzkriegen würde, dass er den Schlossherrn belauscht hatte, dann währe das sein sicheres Ende.
 

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Hier ist auch das Kap zuende^^

Wer das wohl am Ende war...? Ihr könnt ja mal raten^^

Über Kommis würd ich mich natürlich wie immer freun

Das nächtse Kap wird "Training und Beobachtungen" heißen *vorgearbeitet hab*

Bye,

_Corchen_

Training und Beobachtungen

Als sie am Lager ankamen, schliefen Jaken und Rin noch. Nur Ah-Uhn war schon wach und graste seelenruhig auf der Wiese.

Langsam ging Ruan zu dem kleinen Mädchen und setzte sich neben sie. Dabei hob sie auch ihren Bogen und ihren Köcher auf und hängte sich beides um. Nachdenklich ließ sie ihren Blick über ihren Lagerplatz schweifen.

In Gedanken fragte sie sich immer wieder, warum sie Sesshoumaru so angeschrieen hatte. Eigentlich hatte sie dazu keinen wirklichen Grund gehabt. Ihr Blick blieb an dem Youkai hängen, der sich etwas abseits von den anderen an einen Baum gelehnt hatte. Er hatte zwar die Augen geschlossen, doch Ruan bezweifelte insgeheim, dass er auch wirklich schlief. Aus irgendeinem Grund hatte sie plötzlich ein schlechtes Gewissen. Er ließ zu, dass sie seine Gruppe begleitete, hatte ihr bei ihrem Training geholfen und sie schrie ihn einfach so an. Da konnte man schon verstehen, dass er wütend geworden war. Dennoch hatte er etwas übertrieben. Schön und gut, dass er wütend geworden war, aber er hätte sie ja nicht gleich fast erwürgen müssen!

Langsam begann sich Rin neben ihr zu bewegen. Noch leicht verschlafen öffnete das Mädchen die Augen und blickte Ruan an. Einen Augenblick schien sie verwirrt zu sein, doch dann sprang sie sofort auf und rief freudig:

“Guten Morgen, Ruan- chan!”

“Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?”, fragte Ruan lächelnd.

Zur Bestätigung nickte Rin. “Ja, das habe ich. Ich hab irgendetwas geträumt, aber ich weis nicht mehr, was es war. An dem Fluss da hinten gibt es Beeren. Willst du mit mir welche Pflücken gehen? Wir könnten auch noch schwimmen, wenn du magst?”

Angesichts des Tatendrangs des jungen Mädchens konnte Ruan sich kaum vorstellen, dass Rin noch bis vor einer Minute fest geschlafen hatte. Die Kleine war einfach unglaublich.

“Das können wir machen.”, meinte sie lächelnd und stand auf.

Lachend ergriff Rin daraufhin Ruans Hand und lief los. Nach ein paar Metern blieb sie aber plötzlich stehen, fast so als sei ihr plötzlich etwas eingefallen.

“Sesshoumaru-sama, dürfen Ruan- chan und ich zum Bach gehen, schwimmen?”, fragte sie an den Youkai gewandt.

Dieser öffnete daraufhin die Augen und sah die beiden scheinbar gleichgültig an. Nach einer Weile, die Ruan wie eine Ewigkeit vorkam, stimmte er zu.

“Danke, Sesshoumaru-sama.”, meinte Rin darauf fröhlich und lief weiter, wobei sie Ruan mit sich zog. Die Youkai war froh, über Rins Vorschlag. Sie brauchte dringend etwas Abwechslung, nachdem, was in der Nacht passiert war. Also ließ sie sich widerstandslos von dem kleinen Mädchen mitziehen. Nach kurzer Zeit waren sie dann auch an dem Fluss angekommen, dessen Strömung sehr schwach war. Seine Ufer waren fast vollständig von Gebüsch verdeckt und nur an einer Stelle war ein kleiner, freier Abschnitt und genau zu diesem führte Rin sie nun.

“Das ist aber schön hier.”, meinte Ruan anerkennend und sah sich um. Durch das Gebüsch währen sie jedenfalls vor möglichen Spannern sicher und das Wasser sah auch wunderbar klar aus.

“Ich hab diese Stelle zusammen mit Jaken-sama gestern entdeckt.”, sagte Rin stolz und sah sich um. “Da vorne ist der Beerenstrauch, von dem ich dir erzählt hab.” Mit ausgestrecktem Finger zeigte die Kleine auf einen nahe liegenden Busch.

“Dann lass uns mal frühstücken, nicht wahr?”, schlug Ruan vor und sogleich machten sich die beiden daran, die Früchte zu pflücken und auch zu essen. Die kleinen Früchte schmeckten sehr süß und Ruan fragte sich ernsthaft, ob man von ihnen jemals satt werden konnte. Zu ihrer Verwunderung konnte man das aber doch, da sie als Youkai scheinbar weniger Nahrung benötigte, als es zuvor der Fall gewesen war. Es war Ruan in den letzten Tagen schon aufgefallen, dass sie viel schneller satt wurde als gewöhnlich und das es dann auch länger als normalerweise brauchte, bis sie wieder hungrig wurde. Bisher hatte sie dem noch nie allzu viel Bedeutung zugemessen, doch es war ihr auch noch nie so deutlich aufgefallen wie jetzt.

Das führte sie wieder zu einem anderen Thema. Brauchten alle Dämonen nur so wenig Nahrung? Oder gab es da einen Unterschied zwischen den verschiedenen Arten? Soviel sie wusste, aß Jaken auch nur sehr wenig, aber das wollte nichts heißen, schließlich war er auch sehr klein. Ah-Uhn schien jedenfalls immer sehr viel zu fressen und Sesshoumaru… wenn sie ehrlich war, hatte sie den Youkai noch nie essen sehen. Brauchte er etwa keine Nahrung? Oder aß er lieber alleine…?

“Komm, Ruan- chan, lass uns schwimmen gehen.”, rief Rin vergnügt und begann damit, ihren Kimono auszuziehen, bevor sie lachend ins Wasser sprang.

“Ich komme schon.”, antwortete Ruan ebenfalls lächelnd angesichts des kleinen Mädchens. Als Ruan schließlich ins Wasser stieg wurde sie von Rin auch sogleich zu einer Wasserschlacht aufgeordert. Fröhlich tobten die beiden eine Weile im Wasser, bis Rin keine Lust mehr hatte und sich stattdessen die verschiedenen Fisch im Wasser anguckte.

Ruan ließ sich währenddessen einfach nur im Wasser treiben. Sie genoss die friedliche Atmosphäre und die leisen Geräusche, die zu hören waren.

Das leise rauschen des Flusses, der Wind, der leicht durch die Sträucher pfiff, all dass wirkte entspannend auf sie. Nach einer Weile meinte sie aber dennoch zu Rin, dass sie sich langsam auf den Rückweg machen sollten. Sie währen schon lange genug fortgeblieben.

Rin war zwar leicht enttäuscht darüber, gab aber keine Widerworte.

So stiegen sie aus dem Wasser, zogen sich an und machten sich auf den Rückweg zum Lager. Dort angekommen befahl Sesshoumaru auch sogleich den Aufbruch.

So gingen sie los. Im vergleich zum Vortag wurden sie aber nicht von irgendwelchen Dämonen angegriffen und, soweit Ruan das erkennen konnte, kamen auch keine überhaupt in ihre Nähe.

Ruan war erleichtert darüber. Wenn es nach ihr ginge, würden sie sowieso niemals wieder angegriffen werden. Sie fürchtete sich vor keiner Auseinandersetzung, sie wollte aber auch keine heraufbeschwören. Sie würde es zwar nie zugeben, aber insgeheim wünschte sie sich ihr friedliches Leben aus dem Schloss zurück. Allerdings war sie mittlerweile nicht mehr ganz sicher ob sie wirklich, wenn ihr jemand das anbieten würde, in das Schloss zurückkehren würde. Einerseits wünschte sie sich die Geborgenheit, die sie dort immer hatte, zurück, aber andererseits wollte sie sich auch nicht von ihren Begleitern trennen. Außerdem bezweifelte sie, dass sie dort wirklich ihre Ruhe finden könnte, wenn sie wüsste, was außerhalb der Schlossmauern alles vor sich ging. Warum war nur alles so kompliziert?

“Was ist denn los, Ruan- chan? Du siehst so unglücklich aus.”, fragte Rin besorgt. Das Mädchen führte Ah-Uhn am Zügel und ging direkt neben ihr.

“Es ist nichts, Rin- chan. Mach dir keine Sorgen.”, antwortete Ruan schnell, um die Sorgen des Kindes zu zerstreuen. Sie konnte der Kleinen unmöglich sagen, dass sie sich nicht sicher war, ob sie lieber bei ihr bleiben würde oder in ihr altes Zuhause zurückkehren wollte. Das würde Rin bestimmt traurig machen und das letzte, was Ruan wollte war im Moment, eine traurige Rin um sich zu haben.
 

Schnell sprang er von Ast zu Ast. Der Schlossherr hatte ihm einen zahmen Drachen zur Verfügung gestellt und so war er schon jetzt in den westlichen Ländern angekommen, was zu Fuß selbst ihm als Youkai bestimmt zwei Tage gekostet hätte. Als er in der Nähe des beschriebenen Aufenthaltsortes der Youkai, die er beschatten sollte, angekommen war, hatte er sein Reittier zurückgelassen und sich selbst auf den Weg gemacht. Der Drache war einfach zu auffällig und die Tatsache, dass er ihn überhaupt erhalten hatte, ließ durchscheinen das dem Schlossherrn diese Sache äußerst wichtig zu sein schien. Einerseits fühlte er sich geehrt, einen solch wichtigen Auftrag erhalten zu haben, andererseits wusste er, dass er sich hier absolut keinen Fehler erlauben durfte. Es war ihm auch klar, dass es keinesfalls einfach werden dürfte, unbemerkt in die Nähe dieser Youkai kommen zu können, ansonsten hätte der Schlossherr bestimmt mehrere Krieger losgeschickt.

Mittlerweile war er allerdings schon einen halben Tag lang unterwegs und hatte die Gesuchte immer noch nicht entdecken können. Entschlossen sprang er auf einen großen Baum, der die anderen überragte und spähte aus wachsamen Augen über das Land. Hätte man ihm nicht vorher sagen können, dass die Ostgrenze der westlichen Ländereinen praktisch nur aus Wald bestand? Größere Grünflächen waren hier wirklich selten…. In jedem anderen Teil dieser Ländereinen sah es anders aus, aber diese Youkai musste sich ausgerechnet in dem Teil aufhalten, wo man sie am schwersten finden konnte!

Leicht ärgerlich blickte er sich um. Außer Bäumen und ab und zu einer Lichtung konnte er nichts entdecken. Auch dort, wo Flüsse den Wald durchflossen war das Blätterdach geteilt, aber all dass half ihm auch nicht weiter.

Stattdessen sprang er wieder von seinem Aussichtspunkt herunter und konzentrierte sich auf die Auren in seiner Umgebung auszumachen. Der Schlossherr hatte schließlich erwähnt, dass diese ominöse Youkai eine ungewöhnliche Aura besaß. Wenn das so war, konnte er sie womöglich dadurch ausfindig machen.

Mit halb geschlossenen Augen strecke er seine Sinne aus. Dieser Wald war voller Leben, dass konnte er sofort erkennen, aber die meisten Auren kamen ihm mehr als nur durchschnittlich vor, doch dann stockte er.

Er hatte die gesuchte Aura endlich gefunden. Nachdenklich blickte er in die Richtung, in der sich die gesuchte Youkai aufhalten musste. Jetzt hatte er sie zwar gefunden, aber es gab dennoch etwas, worüber er sich Sorgen machte. Ganz nah bei der Gesuchten Youkai hatte er noch eine zweite Aura ausmachen können. Auf den ersten Blick schien diese nichts besonderes zu sein, doch kurzzeitig hatte er gemeint, unterdrücktes Youki zu fühlen, und davon nicht zu knapp. Der Dämon, der die Gesuchte begleitete, musste wirklich mächtig sein.

Kurz zögerte er noch, dann sprang er los. Er hatte einen Auftrag und war auch gewillt, diesen auszuführen. Er musste halt noch mehr aufpassen, als eigentlich vermutet. Außerdem war er nicht mehr weit von der gesuchten Youkai entfernt. Jetzt aufzugeben kam für ihn gar nicht in Frage.
 

Die Sonne stand schon tief, als sie die nächste Rast einlegten. Während sie unterwegs gewesen waren, hatte sich Rin auf Ah-Uhn gesetzt, weil sie müde geworden war. Jetzt sprang die Kleine hastig von dem Drachen herunter. Dieser stapfte danach noch ein paar Schritte weiter, lies sich dann aber sogleich auf die Seite fallen und begann zu dösen.

“Jaken-sama, da vorne ist eine Blumenwiese! Willst du mitkommen?”, rief Rin fröhlich und deutete mit ausgestrecktem Finger in die Richtung, in der die Wiese sein sollte.

“Nein, du dummes Gör! Geh doch allein!”, grummelte Jaken und hockte sich auf den Boden, dabei warf er Ruan einen missmutigen Blick zu. Er verstand seinen Meister noch immer nicht. Warum nur nahm er diese Youkai mit? Sie nützte doch zu nichts!

“Jaken, begleite Rin.”, wies Sesshoumaru den grünen Gnom gerade an. Geschockt blickte dieser auf und wollte schon zum Protest ansetzen, als er dem kalten Blick seines Meisters begegnete. Sofort verstummte er wieder, rappelte sich auf und lief dem kleinen Mädchen eiligst hinterher, die schon ohne ihn losgegangen war.

Ruan konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen, als sie dem kleinen Youkai hinterher blickte. Er war schließlich selbst Schuld. Warum hatte er Rin nicht gleich zugestimmt? Es war schließlich klar gewesen, dass Sesshoumaru ihn so oder so zum Aufpassen mitgeschickt hätte.

“Komm mit.”, ertönte plötzlich Sesshoumaru’s kalte Stimme hinter ihr. Erschrocken wirbelte sie herum. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie er hinter sie getreten war.

“Musst du mich immer so erschrecken?”, fragte sie leicht säuerlich, doch, wie es zu erwarten gewesen war, schenkte Sesshoumaru ihr keine Antwort. Mit einem weiteren kalten Blick auf sie drehte er sich um und ging los.

Nach kurzem Zögern folgte Ruan ihm. Sie würde zu gern wissen, was jetzt im Kopf des Youkais vorging. Wo sie wohl hingingen? Prüfend warf sie einen Blick auf den Youkai, der vor ihr ging und auch an ihm vorbei. Sie konnte jedoch nicht erkennen, was ihr Ziel sein könnte.

“Sesshoumaru-sama, wohin gehen wir?”, fragte sie schließlich, als die Neugier sie übermannte. Doch sie erhielt keine Antwort.

“Sesshoumaru-sama?”, hakte sie noch einmal nach, doch der Youkai vor ihr zeigte in keinster Weise, ob er ihre Frage überhaupt vernommen hatte. Schweigend und ohne die ihm folgende Youkai zu beachten ging er einfach weiter.

Er sah keinen Sinn darin, ihre Frage jetzt zu beantworten. Sie würde es immerhin gleich selbst sehen.

Es dauerte auch nicht lange, da hatten sie ihr Ziel erreicht.

Eine nicht allzu hohe, zerklüftete Felswand ragte vor ihnen auf. Etwas weiter rechts konnte Ruan das Rauschen von Wasser vernehmen und als sie den Kopf wandte, erblickte sie einen ca. 3 Meter tiefen und recht breiten Wasserfall, der in einen schnell fließenden Fluss mündete.

“Und was wollen wir hier…?”, fragte Ruan nach einer Weile.

“Du hast erwähnt, dass du deine Kräfte nicht beherrschst.”, antwortete Sesshoumaru kühl.

Verwirrt blickte Ruan ihn an. Das hatte sie zwar gesagt, aber sie verstand immer noch nicht, was das damit zu tun hatte, dass sie jetzt hier waren.

Plötzlich flog ein Stein knapp an ihrem Ohr vorbei. Sofort richtete sich ihr Blick auf den Inu-Youkai, der bereits den nächsten Stein in der Hand hielt.

“Hey, der hätte mich treffen können!”, meinte sie wütend.

“Wenn ich dich hätte treffen wollen, hätte ich es getan.”, antwortete Sesshoumaru scheinbar desinteressiert.

“Trotzdem wirft man nicht so einfach Steine auf andere Leute!”, regte sie sich auf.

“Dann hindere mich daran.”, verlangte Sesshoumaru kalt.

Irritiert blickte Ruan ihn an. Was sollte das jetzt bedeuten? Sie sollte Sesshoumaru daran hindern, Steine auf sie zu schmeißen?! Das war doch Unsinn! Davon mal abgesehen bezweifelte sie stark, dass sie Sesshoumaru an irgendetwas hindern konnte. Schließlich war er ein mächtiger Youkai und sie, sie konnte noch nicht einmal mit ihren eigenen Kräften richtig umgehen!

Sesshoumaru betrachtete sie unterdessen prüfend. Damit sie ihre Youkaikräfte freisetzen konnte, musste sie irgendein starkes, negatives Gefühl verspüren. Noch konnte sie ihre Kräfte nicht willentlich verwenden, sondern weckte sie nur unbewusst. Das war bei allen unerfahrenen Youkai so und würde auch immer so bleiben. Also musste er sie so lange reizen, bis sich ihre Macht von selbst zeigte, sie aber noch nicht die Kontrolle verlor.

Erst wenn sie ungefähr wusste, wie sie ihre Kräfte wecken konnte, konnte das richtige Training beginnen.

Also warf er den nächsten Stein.

Ruan wich diesem mit einem Schritt zur Seite aus.

“Was soll das?!”, fragte sie wütend, bekam aber, wie es zu erwarten gewesen war, keine Antwort. Stattdessen bekam sie einen Stein direkt an den Kopf, da sie kurzzeitig nicht aufgepasst hatte.

“Au.”, murmelte sie wütend und rieb sich die Stirn. Er nahm jedoch keine Rücksicht darauf und warf diesmal einen größeren Stein nach ihr. Mit Wut im Bauch blickte Ruan dem faustgroßen Geschoss entgegen.

“Lass das endlich!”, rief sie wütend und streckte die Hand aus, um den Stein aufzufangen. Dazu kam es allerdings nicht mehr. Im gleichen Moment, in dem sie ihre Hand öffnete, entstand plötzlich ein Energiewirbel auf ihrer Handinnenfläche, der den Stein in tausend Teile zerspringen ließ.

Erschrocken zuckte Ruan kurz zusammen, ehe sie fassungslos ihre Hand betrachtete. Sie sah eigentlich ganz normal aus. Probehalber schloss und öffnete sie diese ein paar mal. Ohne Zweifel, zu vorher bestand nicht der geringste Unterschied.

“W… was war das eben?”, fragte sie verwirrt und blickte auf. Sogleich begegnete sie Sesshoumaru’s Blick.

“Youki.”, meinte er kühl. Diese Youkai neigte wirklich dazu, unnötige Fragen zu stellen. Schließlich war es mehr als offensichtlich, was sie getan hatte. Innerlich wunderte er sich darüber, dass sie so schnell auf ihre Kräfte hatte zugreifen können, aber das lag bestimmt daran, dass sie schon früher unbewusst auf sie zugegriffen hatte.

Unterdessen starrte Ruan noch immer ungläubig auf ihre Hände. Sie hatte eben tatsächlich Youki benutzt, ohne nur im geringsten die Kontrolle zu verlieren! Außerdem konnte sie sich noch genau an das Gefühl erinnern, welches sie dabei gehabt hatte. Es war seltsam gewesen, kaum richtig zu beschreiben. Es war wie, als währe urplötzlich etwas warmes in ihren Arm geflossen, aber es war auch nicht unangenehm gewesen, ganz im Gegenteil.

Probehalber streckte sie den Arm erneut aus, aber nichts geschah. Sie versuchte sich das Gefühl noch einmal vorzustellen, dass sie eben noch verspürt hatte und tatsächlich spürte sie daraufhin ein leichtes Kribbeln im Arm, aber das war auch schon alles. Enttäuscht betrachtete sie ihre Hand. Warum hatte es eben funktioniert und jetzt nicht?

“Was muss ich machen, damit ich so etwas machen kann, wann ich will?”, wandte sie sich schließlich an Sesshoumaru.

“Üben. Das Gefühl, dass du eben hattest, woher kam es?”, fragte Sesshoumaru kalt.

“Ich… weis es nicht genau. Aber, ich glaube, es kam irgendwie… aus meinem Herzen…”, antwortete Ruan zögerlich. Woher wusste Sesshoumaru, dass sie so ein seltsames Gefühl gehabt hatte? Verspürte das etwa jeder Youkai?

Leicht neigte Sesshoumaru den Kopf, ehe er weiter sprach.

“Ja. Konzentriere dich in Zukunft darauf.”

“Ich soll mich auf mein Herz konzentrieren…?”, murmelte sie verwirrt und legte unbewusst eine Hand auf dieses.

,Ja und nein.’, überlegte Sesshoumaru, sagte es aber nicht laut. Er hatte ihr die Grundlage gezeigt, jetzt musste sie lernen, ihr Youki jederzeit kontrollieren zu können. Bis sie das nicht perfekt beherrschte, konnte sie auch nichts anderes lernen.

“Versuche in der nächsten Zeit immer wieder, dein Youki auf diese Art freizusetzen, wie du es eben getan hast. Wann und wo ist dabei gleich.”, wies er sie noch kalt an, ehe er sich umwandte und sich, ohne ein weiteres Wort zu sagen, auf den Rückweg zum Lager machte.

Nach kurzer Zeit ertönten hinter ihm eilige Schritte, die ihm verrieten, dass Ruan ihm folgte.
 

,So, so. Das ist also diese Youkai…’, überlegte er, während er Ruan mit seinem Blick folgte. Instinktiv hatte er sich gegen den Wind genähert und auch seine Aura verborgen, zum Glück, wie er nun feststellen musste. Er kannte den Youkai, der bei der Gesuchten war, wenn auch nur vom Hörensagen. Wenn er sich nicht so gut auf das Tarnen verstehen würde, wäre er bestimmt schon längst aufgeflogen. Gegen diesen Inu-Youkai hatte er keine Chance. Da war es besser, einen gewissen Sicherheitsabstand zu wahren.

Mit Interesse hatte er dem Training der Youkai zugeschaut. Sie war zweifellos mächtig, schien ihre Kräfte aber dennoch nicht zu beherrschen. Für seinen Herren währe diese Information bestimmt wichtig. Auch, dass der Daiyoukai des Westens sich persönlich um diese Youkai kümmerte, war bestimmt nicht unwichtig.

Als die beiden Youkai schließlich ihren ,Trainingsplatz’ verließen, folgte er ihnen unauffällig. Es dauerte nicht lange, da kamen sie auf einer Wiese an, auf der ein zweiköpfiger Drache schlief. Am kostbaren Zaumzeug konnte er erkennen, dass es sich wohl um das Reittier Sesshoumaru’s handeln musste. Eigentlich sah der Drache nicht besonders stark aus. Er persönlich hätte ein Wesen vermutet, dass mehr Macht ausstrahlte als dieser Drache es tat. Er war ja nicht einmal besonders groß und wirklich kräftig sah er auch nicht aus.

Erneut ließ er seinen Blick über die Lichtung schweifen.

Was war das da hinten? Angestrengt kniff er die Augen zusammen. Wenn er sich nicht sehr täuschte, dann war dort ein Menschenmädchen. Was machte die Kleine denn hier? Er hatte nie etwas gegen Menschen gehabt, aber es war für diese schwachen Wesen mehr als gefährlich, in die Nähe von mächtigeren Youkai zu gelangen, vor allem, wenn sie dafür bekannt waren, die Menschen zu verachten.

Er warf einen flüchtigen Blick zum Lord des Westens. Entweder dieser hatte das Menschenmädchen noch nicht bemerkt, was er mehr als nur bezweifelte, oder er ignorierte die Kleine.

,Das Kind hat wirklich mehr Glück als Verstand.’, dachte er erleichtert, während er seinen Blick erneut auf die Youkai richtete, die er beschatten sollte. Dabei fiel ihm auch der Bogen auf, den sie über der Schulter trug. Scheinbar war dieser ihre einzige Waffe. Er konnte jedenfalls keine weitere bei ihr entdecken. Ein plötzlicher Ruf ließ ihn aufblicken.

“Sesshoumaru-sama!” Glücklich lächelnd kam das kleine Mädchen von eben auf den Youkai zugeraunt, der sich mittlerweile an einem Baum niedergelassen hatte.

War dieses Mädchen verrückt geworden?! Sie näherte sich scheinbar ohne Furcht dem gefährlichstem Youkai in diesem Gebiet! Er wollte schon losspringen, um der Kleinen zu helfen, doch dann ließ er sich wieder zurücksinken. Er würde dem Kind sowieso nicht mehr helfen können. Auch wenn er jetzt sofort lossprang, Sesshoumaru währe gewiss schneller da. Das einzige Ergebnis dieser Aktion währe dann gewesen, dass auch er gestorben währe.

Umso verwunderter war er, als das Mädchen vor dem Inu-Youkai stehen blieb und dieser noch nicht seine Klauen an ihr geschärft hatte, geschweige denn, dass er einen Hinweis darauf gab, es noch machen zu wollen.

Stattdessen betrachtete er das Mädchen nur mit ausdruckslosem Blick, welches ihm nun einen Blumenstrauß hinhielt.

“Die habe ich für euch gepflückt.”, berichtete die Kleine strahlend und als der Youkai in keinster Weise reagierte, legte sie die Blumen einfach neben ihn und lief zu der anderen Youkai.

“Ruan- chan!”, rief sie glücklich und hielt einen zweiten Blumenstrauß hoch, den sie in der anderen Hand hielt.

Bei diesem Anblick wären dem Krieger beinahe die Augen ausgefallen. Da lief ein kleines Menschenmädchen durch das Lager gefährlicher Youkai und beschenkte sie einfach so mit Blumen! Ausgerechnet mit Blumen! Und um alldem noch eins draufzusetzen ließen die Youkai sie gewähren, als sei so etwas selbstverständlich!

Das brachte sein gesamtes Weltbild ins Schwanken. Im Schloss war er nicht sehr beliebt, weil er etwas für Menschen übrig hatte und sich gerne um diese schwachen Wesen kümmerte, eigentlich wurde er nur wegen seiner nützlichen Fähigkeiten geduldet und nun konnte er dabei zusehen, wie diese beiden mächtigen Youkai sich um dieses Mädchen zu kümmern schienen! Zumindest die Youkai, die er beobachten sollte, beugte sich nun zu der kleinen hinab und dankte ihr für die Blumen. Dabei schnappte er auch den Namen der Kleinen auf: Rin.

Im Kopf fasste er kurz alles zusammen, was er bisher über die Youkai wusste, die er hatte beobachten sollte. Ihr Name war Ruan, ihre einzige Waffe war ein Bogen, sie konnte nicht gut mit ihren Kräften umgehen, wurde vom Lord des Westens, einem kleinen Menschenmädchen Namens Rin und einem Drachen begleitet. Das war schon recht ordentlich, würde seinen Herren aber gewiss nicht zufrieden stellen.

Also blieb er in seinem Versteck hocken und beobachtete die ungewöhnliche Gruppe weiter. Im Laufe des Abends kam noch ein kleiner, grüner und vor allem stinkender Gnom mit dem Namen Jaken zum Lager. Offensichtlich war er der Diener von Sesshoumaru, wobei er nicht darum herum kam, sich zu fragen, wie dieser diesen Gestank nur aushalten konnte. Vielleicht hatte er sich ja schon daran gewöhnt?

Als Rin begann, sich mit Ruan zu unterhalten, spitzte er die Ohren, um auch ja nichts zu verpassen. Das meiste war zwar unwichtig, dennoch konnte er erkennen, dass Ruan noch nicht lange bei der Gruppe zu sein schien. Einige Themen waren viel zu grundlegend, als dass sie das Mädchen schon länger kennen könnte und das die Kleine schon länger bei Dämonen war, bezweifelte er nicht im geringsten.

Als die das Menschenmädchen und die Youkai sich schlafen legten, wartete er noch einen kurzen Augenblick, ehe er sich wegschlich.

Sein Bericht würde den Schlossherrn gewiss interessieren.
 

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OK, ich weis, dass Steine zu schmeißen kein allzu interessantes Trainingsprogramm ist, aber schließlich hat Ruan kaum Ahnung von ihren Fähigkeiten und muss zuerst noch die Grundlagen lernen.

In diesem Kap hat man nichts über diesen mysteriösen “Schlossherrn” erfahren. Ob sich das im nächsten Kap ändert? Wer weiß^^

Über Kommis jeglicher Art würd ich mich wie immer ganz, ganz doll freuen^^

Bye,

_Corchen_

Das Wiedersehen

“Ist das alles, was du zu berichten hast?”

“Ja, Herr.”

“Gut, du kannst gehen.”

Mit einer tiefen Verbeugung verließ der Soldat den Raum und machte sich auf den Weg zu

seinen Gemächern. Er hatte die gesamte Nacht mit dem Rückweg verbracht und hatte nun

auch noch seinen Bericht in aller Frühe abliefern müssen. Er war erschöpft und sehnte sich

nach Schlaf.
 

In den Gemächern des Schlossherrn dachte daran allerdings keiner.

“Sind die Berichte dieses Soldaten zuverlässig?”, fragte dieser gerade seinen Berater.

“Noch hat Riko niemals eine falsche Information abgeliefert, Fuyu-sama.”

“Gut, du kannst gehen.”, meinte der goldhaarige Youkai scheinbar unbeeindruckt und

wedelte mit der Hand, um seine Worte noch zu unterstreichen.

“Jawohl, Herr.”, antwortete sein Berater zugleich untertänigste und verließ mit gesenktem

Blick den Raum.

Als die Tür geschlossen wurde, stand Fuyu auf und lief nachdenklich im Raum hin und her.

Wenn diese Youkai wirklich die war, die er vermutete, dann konnte das ernsthafte

Schwierigkeiten für ihn bedeuten. Es war auch nicht unwichtig, in welcher Gesellschaft sie

sich gerade befand. Warum ausgerechnet der Herr des Westens? Warum nicht irgendein

anderer, unwichtiger Youkai? Warum war sie nicht bei ihrem Bruder? Dann hätte er die

beiden gleich auf einen Schlag erledigen können, aber nein, diese Youkai musste sich ja

gleich dem stärksten und einflussreichstem Youkai im ganzen Westen anschließen!

Das machte die Sache um einiges komplizierter.

Er konnte sie nicht so einfach töten lassen, denn wenn Sesshoumaru spitz kriegen würde,

wessen Krieger seine Begleiter angegriffen hatten, dann gäbe es garantiert einen Krieg

und das wäre auch nicht von Vorteil. Das Gebiet, über das er herrschte, also die östlichen

Länderein Japans, konnten es mit dem Westen nicht aufnehmen.

Aber irgendetwas musste er unternehmen und das zwar bald. Sonst könnte diese Youkai,

Ruan hatte Riko gesagt?, noch auf die Idee kommen, ihren rechtmäßigen Platz einnehmen zu

wollen. Das musste er verhindern, zumal diese Youkai noch nicht mit ihren Kräften

umzugehen wusste. Warum eigentlich nicht? Kurz stockte er, dann hakte er die Frage aber

ab. Es war nun einmal so, und warum das so war, war egal. Fakt war, dass sie es nicht

konnte, es aber bald können würde. Er musste handeln, bevor es soweit war.

Nur, was sollte er tun?

Nachdenklich unterbrach er sein unruhiges hin- und hergehen und blickte mit ausdruckslosen

Augen um sich. Es dauerte eine Weile, ehe sich sein Blick wieder klärte und sich ein

hinterhältiges Lächeln auf seine Züge legte.

Ja, das könnte klappen. Mit eiligen Schritten verließ er den Raum.
 

Unterdessen hatten sich Sesshoumaru und seine Gruppe wieder auf den Weg gemacht. Da

Rin sich mit Jaken unterhielt, hatte Ruan Zeit, ihre Youkaikräfte zu trainieren. Immer wieder

stellte sie sich das Gefühl vor, dass sie gehabt hatte, als sie ihr Youki das letzte mal geweckt

hatte, aber viel Erfolg hatte sie dabei nicht. Manchmal spürte sie eine Art kribbeln im Arm,

aber noch viel öfter passierte gar nichts.

Dennoch hatte sie nicht vor, aufzugeben. Also übte sie weiter.

Sesshoumaru, der wie immer vornweg ging, spürte einen Großteil ihre fruchtlosen Versuche.

Innerlich war er aber doch überrascht, dass sie sich so strikt an seine Anweisung hielt,

dauernd zu üben. Wahrscheinlich wollte sie ihre Kräfte so schnell wie möglich zu

beherrschen lernen.

Währenddessen versuchte Ruan immer wieder, diese Energie auf ihrer Hand zu erzeugen,

aber es passierte einfach nichts! Ärgerlich hob sie ihre rechte Hand und blickte darauf.

Warum funktionierte das einfach nicht? Wütend versuchte sie es erneut, aber wieder

geschah nichts. Nicht einmal ein leichtes Kribbeln im Arm!

Mit einem ärgerlichen Schnauben ließ sie die Hand wieder sinken und versuchte es erneut.

Warum nur war das so schwer? Sie hatte es doch schon einmal geschafft, und da hatte sie

sich nicht einmal darauf konzentriert!

So ging es den ganzen Tag weiter und als sie am Abend ihr Lager an einem Waldrand

aufschlugen, hatte Ruan mit ihren Versuchen nur erreicht, dass sie sich föllig erschöpft und

ausgelaugt fühlte. Mit einem resignierten Seufzer ließ sie sich neben Ah-Uhn zu Boden

gleiten.

“Was hast du, Ruan- chan? Du siehst so traurig aus.”, ragte plötzlich eine besorgte

Kinderstimme und als sie zur Seite blickte entdeckte Ruan Rin, die sich neben sie gehockt

hatte und sie aus großen Augen betrachtete. Wann hatte sich die Kleine neben sie gesetzt?

Sie hatte es gar nicht bemerkt.

“Weist du, Rin, das ist gar nicht so einfach zu erklären…. Ich versuche die ganze Zeit

einfach, etwas zu tun, bekomme es aber nicht hin.”

Neugierig legte Rin den Kopf schräg.

“Was versuchst du denn zu machen? Warum kannst du es nicht?”, wollte das Mädchen

auch sogleich wissen.

“Ich hab doch gesagt, dass das gar nicht so einfach zu erklären ist.”, antwortete Ruan mit

leichtem Lächeln.

“Ach so. Sag mal, hast du auch das große Haus da ganz hinten bemerkt? Was ist das

denn?”, stellte Rin nach kurzer Zeit schon die nächste Frage.

“Hm?” Kurz blickte Ruan in die gleiche Richtung wie das Mädchen. Tatsächlich konnte sie

in der Ferne ein großes Gebäude ausmachen, um welches einige Siedlungen waren. Sie

musterte es kurz und meinte dann gleichmütig:

“Das ist das Schloss des Menschenfürsten Kayama.”

Als sie sich bewusst wurde, was sie da gerade gesagt hatte, erstarrte sie unmerklich. Das

Schloss des Fürsten Kayama? Das war genau das Schloss, in dem sie bis vor nicht allzu

langer Zeit gelebt hatte! Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie in die Richtung des Schlosses

gegangen waren! Sie war viel zu sehr auf ihr Training konzentriert gewesen. Warum waren

sie hier hin gegangen?! Schnell blickte sie sich um und erblickte auch sogleich Sesshoumaru,

der, wie immer, an einem Baum gelehnt da saß.

Schnell stand sie auf und ging zu ihm herüber. Den verwunderten Blick, den Rin ihr noch

zuwarf, bemerkte sie nicht.

“Sesshoumaru-sama?”

“Hm?”

“Wenn ich mir die Frage erlauben darf: Warum nähern wir uns diesem Menschenschloss?”

Gespannt wartete sie auf eine Antwort, die auch prompt folgte.

“Das geht dich nichts an.”, meinte Sesshoumaru unbeteiligt wie immer.

“Und ob mich das was angeht! Schließlich bin ich vor kurzem aus diesem Schloss

ausgeworfen worden!!! Ich darf offiziell nicht einmal mehr in die Nähe dieses Schlosses!

Wenn ich hier gefunden werde, dann…!”, brauste sie sogleich auf. Wirklich, als ob sie das

nichts anginge! Sie hatte ihm doch erzählt, dass sie dieses Schloss verlassen musste, und

jetzt lagerten sie ausgerechnet in der nähe dieses bestimmten Schlosses! Das konnte doch

kein Zufall sein! Wütend betrachtete sie Sesshoumaru.

Dieser erwiderte ihren Blick scheinbar ungerührt. Innerlich war er aber doch über das

Verhalten der Youkai amüsiert. Sie fürchtete sich immer noch vor ein paar Menschen,

obwohl sie es mittlerweile doch besser wissen müsste. Ein hauchdünnes Lächeln legte sich

auf seine Lippen, während er antwortete:

“Solange du in meiner Begleitung bist, wird dich hier niemand angreifen.”

Ruan, die sich geistig schon auf einen erneuten Wutausbruch gefasst gemacht hatte, öffnete

nur einmal den Mund und schloss ihn dann wieder. Er hatte sie mit seiner Aussage

vollkommen aus dem Konzept gebracht.

Was sollte das heißen, in seiner Begleitung würde ihn niemand angreifen? Dachte er wirklich,

die Soldaten des Fürsten würden sie in Ruhe lassen, nur weil sie bei Sesshoumaru war?

Wahrscheinlicher war es, dass sie gleich alle beide angegriffen wurden!

“Aber Sesshoumaru-sama, würden die Soldaten uns nicht gleich alle angreifen? Es gibt in

diesem Schloss und in der Umgebung davon ziemlich viele Priester und Mikos…”, sprach

sie ihre Gedanken auch sogleich laut aus.

“So?”

Irrte sie sich oder hatte in seiner Stimme ein leicht amüsierter Unterton mitgeschwungen?

“Jaken!”, sprach Sesshoumaru kalt.

“Ja, Herr?”, fragte der Grünling sogleich und kam eiligst angelaufen, wobei er Ruan

misstrauisch beäugte. “Hat dieses Weib irgendetwas gemacht, Sesshoumaru-sama?”

“Geh in das Schloss und kündige mein Kommen an.”, meinte der Inu-Youkai ohne auf die

Frage des kleinen Youkai einzugehen.

“Natürlich, Sesshoumaru-sama.”, antwortete Jaken sofort, offenbar glücklich darüber, dass

Sesshoumaru ihm eine solche Aufgabe anvertraute.

Sprachlos starrte Ruan dem Frosch- Youkai hinterher, der sich schnell auf den Weg zum

Menschenschloss machte. Das konnte doch nicht wahr sein! Sesshoumaru konnte unmöglich

ernsthaft in dieses Menschenschloss gehen wollen!

Aber das kannst du doch unmöglich ernst meinen! Du willst morgen in dieses

Schloss gehen und lässt deinen Besuch auch noch ankündigen?! Das ist doch reiner

Selbstmord!!!”, rief sie aufgebracht. Wie immer vergaß sie dabei unbewusst alle

Höflichkeit.

Als Sesshoumaru nicht darauf reagierte, wurde sie erst so richtig wütend. Sie wollte gerade

erneut den Mund öffnen, um noch etwas zu sagen, doch mit einem Mal stand Sesshoumaru

direkt vor ihr und funkelte sie wütend an. Was erlaubte sich dieses Weib, so mit ihm zu

sprechen?

“Rin, da vorne ist eine Blumenwiese. Nimm Ah-Uhn mit.”, sprach er unerwartet ruhig, ohne

seinen Blick dabei von Ruan zu wenden.

Überrascht warf Ruan einen Blick über die Schulter zurück zu dem kleinen Mädchen. Hatte

diese etwa alles mitbekommen? Anscheinend schon, denn die Kleine schnappte sich ohne

ein Wort zu sagen die Zügel des Reitdrachen und lief los. Sofort meldete sich bei Ruan das

schlechte Gewissen. Sie hätte hier nicht gleich so losbrüllen und mehr Rücksicht auf die

Kleine nehmen sollen. Es war ihr aber eben einfach nicht bewusst geworden, dass Rin sie

hören konnte.

Als Rin außer Sichtweite war, wandte sie sich wieder Sesshoumaru zu, der sie noch immer

bedrohlich anblickte.

“Hältst du mich für so schwach, dass ich gegen ein paar jämmerliche Menschen verlieren

könnte?”, fragte er mit einem Unterton, der bei ihr alle Alarmglocken läuten ließ.

“Nein, aber es sind eben nicht nur ein paar jämmerliche Menschen sondern eine ganze

Armee im Schloss! Da besteht ein gewisser Unterschied!”, sagte sie nun etwas ruhiger, aber

dennoch entschlossen.

“Das ist gleich. Außerdem habe ich bereits gesagt, dass man uns nicht angreifen wird.”,

antwortete er gleichmütig.

“Sag mir einen Grund, warum sie das nicht tun sollten!”, verlangte sie sofort.

“Kayama kennt seinen Stand. Geh zu Rin und sammle mit ihr Feuerholz.” Mit diesen Worten

drehte er sich um und ließ sich wieder an “seinem” Baum nieder.

,Was soll das heißen: “Kayama kennt seinen Stand”?’, überlegte sie leicht wütend, folgte

aber seiner Anweisung und ging Rin hinterher. Sie musste sich schließlich noch bei dem

kleinen Mädchen für ihren Ausraster entschuldigen. Dieser hatte zwar nicht Rin gegolten,

aber dennoch schien er das kleine Mädchen ganz schön mitgenommen zu haben.
 

Sesshoumaru folgte Ruan mit seinem Blick. Warum hatte er das eben bei ihr durchgehen

lassen? Jeden anderen, der so mit ihm gesprochen hätte, hätte er ohne zu zögern getötet.

Warum also sie nicht? Stattdessen hatte er ihr noch, für seine Verhältnisse ausführlich,

erklärt, warum ihre Sorgen unsinnig waren. In letzter Zeit verstand er sich selbst nicht mehr.

Diese Youkai hatte definitiv einen zu großen Einfluss auf ihn.
 

Währenddessen war Ruan bei Rin angekommen, welche sich bei Ah-Uhn angelehnt hatte

und einen Blumenstrauß fest umklammert hielt.

“Rin?”, fragte Ruan vorsichtig, angesichts des sichtlich niedergeschlagenen Kindes. So hatte

sie die Kleine noch nie gesehen und sie legte auch keinen Wert darauf, sie noch länger in

diesem Zustand zu wissen. Langsam setzte sie sich neben das Mädchen und sah sie leicht

nervös von der Seite her an. Warum antwortete die Kleine nicht?

“Rin?”, fragte sie erneut nach.

“Hast du dich mit Sesshoumaru-sama gestritten?”, fragte die Kleine plötzlich traurig. Es

klang irgendwie nicht nach einer wirklichen Frage.

“Ja, aber wir haben uns ganz schnell wieder vertragen. Es tut mir leid, dass ich so laut

geworden bin, Rin. Jetzt ist aber alles wieder gut.”, versuchte Ruan die Kleine zu beruhigen

und sie hatte auch erfolg. Sofort hellte sich das Gesicht von Rin wieder auf und ein

strahlendes Lächeln legte sich auf ihre Züge.

“Das ist ja toll! Wirst du jetzt für immer bei uns bleiben?”, fragte Rin Glücklich und blickte

Ruan erwartungsvoll an.

“Ähm…” Wollte sie für immer bei dieser Gruppe bleiben oder nicht? Sie hatte noch gar

nicht darüber nachgedacht. Im Grunde genommen hatte sie ja herausfinden wollen, wer ihre

wahren Eltern waren und das konnte sie kaum tun, wenn sie weiterhin bei Sesshoumaru und

den anderen blieb, oder? Aber wollte sie das eigentlich noch? Sie war doch glücklich damit,

nicht allein umherreisen zu müssen. Wenn sie die Gruppe verlassen würde, wie lange würde

es dauern, bis sie wieder jemandem begegnete, der bereit war, sie, eine Youkai, mit sich

reisen zu lassen? Kurzzeitig versuchte sie sich vorzustellen, wie es wäre, wieder alleine zu

sein, die anderen vielleicht nie wieder zu sehen und zu ihrer eigenen Verwunderung krampfte

sich ihr Herz bei der bloßen Vorstellung zusammen.

“Ich habe nicht vor, demnächst einfach zu verschwinden.”, antwortete sie schließlich.

Innerlich war sie stolz auf sich über eine solch diplomatische Antwort. Sie hatte der Kleinen

zugesichert, noch eine Weile bei ihr zu bleiben, es aber nicht ausgeschlossen, dass sie

irgendwann gehen könnte.

“Dann ist gut!”, meinte Rin lachend und sprang auf.

“Komm, lass uns Feuerholz sammeln gehen.”, schlug Ruan vor und zusammen gingen sie los.

Ah-Uhn trottete ihnen in einigem Abstand hinterher.

Eine Stunde später saßen Ruan und Rin auch schon an einem prasselndem Lagerfeuer im

Lager, über dem einige Pilze brieten, die sie noch gefunden hatten. Ah-Uhn lag etwas weiter

hinter ihnen, genauso wie Jaken, der vor kurzem zurückgekommen war. Sesshoumaru lehnte

nach wie vor an einem Baum und hatte die Augen geschlossen.

Wie in letzter Zeit so oft war Ruan in Gedanken versunken. Wenn Sesshoumaru morgen

wirklich in das Schloss ging, was sollte sie dann tun? Einfach hier bleiben und warten, bis er

wiederkam? Oder sollte sie vielleicht mitgehen? Aber man hatte sie doch verbannt. Da

konnte sie schlecht einfach so in das Schloss hineinspazieren, oder?

Darum, dass man sie vielleicht angreifen könnte, machte sie sich mittlerweile keine

Gedanken mehr. Erstens hatte Sesshoumaru ihr gesagt, dass niemand sie angreifen würde

und zweitens war Jaken auch wohlbehalten zurückgekommen und wenn das kein gutes

Zeichen war, wusste sie auch nicht weiter.

“Ruan- chan, das Essen ist fertig.”, riss Rins fröhliche Stimme sie aus ihren Gedanken. Das

kleine Mädchen hatte sich bereits einen der Stöcke geschnappt, auf die sie die Pilze gesteckt

hatten testete, ob man ihn schon essen konnte.

Schnell holte auch Ruan sich einen Pilz aus dem Feuer und begann zu essen.
 

Am nächsten Morgen wachte Ruan schon früh auf. Sie hatte einen Alptraum gehabt, konnte

sich aber nicht mehr daran erinnern, worum er gehandelt hatte. Dennoch hatte er gereicht,

um eine innere Unruhe bei ihr hervor zu rufen, die sie jetzt nicht mehr abschütteln konnte.

Um sich zu beruhigen, hatte sie auch versucht, ihre Youkaikräfte zu trainieren, aber sie hatte

sich einfach nicht konzentrieren können.

“Jaken, bleib mit Rin und Ah-Uhn hier.”, meinte Sesshoumaru plötzlich kühl wie immer,

wonach er sich an Ruan wandte. “Du kommst mit.”

“Kann ich nicht auch hier bleiben?”, fragte sie hastig.

“Nein.” Dann wandte sich Sesshoumaru ab und ging los. Unsicher folgte ihm Ruan. Wie

sollte sie sich jetzt verhalten? Immerhin war sie verbannt worden. Wie würden die anderen

auf sie reagieren? Würde man sie angreifen?

Sesshoumaru unterdessen war mit ganz anderen Gedanken beschäftigt. Es ärgerte ihn, dass

ausgerechnet er in ein Menschenschloss gehen musste, aber ihm waren in letzter Zeit

immer wieder Berichte über Unruhen in diesem Teil seines Landes zugekommen. So etwas

konnte sich zwar schnell legen, aber als die Berichte sich stattdessen häuften, hatte er

beschlossen, sich selbst darum zu kümmern. Im Umland hatte er dann erfahren, dass es

in diesem Menschenschloss sehr viele Priester und Mikos gab, die es sich zum Ziel gesetzt

haben schienen, alle Youkai aus der Umgebung zu vertreiben, daher die Unruhen. So etwas

konnte und wollte er nicht tolerieren aber das ganze Schloss einfach zu zerstören, ging auch

nicht. Es war das größte Schloss, das so nahe an der Grenze zum Osten war, und im Fall

eines Krieges wäre es einfach ein viel zu wichtiger Stützpunkt. Also blieb ihm fast nichts

anderes übrig, als diesen erbärmlichen Menschen einen Besuch abzustatten. Das war mehr

als nur ärgerlich.
 

Nach ein paar Stunden kamen Sesshoumaru und Ruan auch schon an den ersten Siedlungen

um das Schloss herum an, und für Ruan kam hier alles vor, wie in einem Déjà-vu. Genauso

wie an dem Tag, an dem sie verbannt worden war, standen viele der Dorfbewohner am

Wegesrand und blickten ihnen entgegen. Kurz blickte Ruan sich um und erkannte, dass sie

das Schloss auf dem gleichen Weg wieder betreten würde, auf dem sie es auch verlassen

hatte. Natürlich blieb das auch den Dorfbewohnern nicht verborgen.

Fast alle hatten Ruan sofort wieder erkannt und nun machte sich Angst in ihnen breit.

Warum kam diese Youkai in Begleitung des Inu no Taisho zurück? Was wollte sie hier?

Warum duldete der Fürst des Westens sie bei sich? Wollte sie sich dafür rächen, dass sie

verbannt worden war? Solche Fragen und noch viele weitere schwirrten in ihren Köpfen

herum und sie begannen, nervöse Blicke zu tauschen.

Vom Schlosstor entfernten sie jetzt nur noch wenige Minuten und dennoch wäre Ruan

angesichts all dieser Menschen, die zugesehen hatten, als sie fort ging, am liebsten umgedreht

und die Flucht ergriffen. Nur die Tatsache, dass sie nicht alleine war, hielt sie zurück. Ruan

warf Sesshoumaru, der schräg vor ihr ging, einen schnellen Seitenblick zu. Er ließ sich

natürlich nicht anmerken, ob er diese ganzen Blicke überhaupt bemerkte oder nicht.

Selbstbewusst wie immer ging er auf das Schloss zu und irgendwie übertrug sich seine

scheinbare Ruhe allmählich auf sie.

Als sie am Schlosstor ankamen, war es ihr gelungen, den Blick der Dorfbewohner

vollkommen zu ignorieren. Das Tor war geöffnet und direkt dahinter konnte Ruan den

Schlossherrn persönlich ausmachen, der sie erwartete. Er trug teure, bunte und kunstvoll

gefertigte Kleidung und schien ihnen mehr als nur nervös entgegenzublicken. Über die

Nervosität des Schlossherrn wunderte Ruan sich augenblicklich.

Sie hatte ihn noch nicht allzu oft gesehen, aber nach ihrem Wissen zu urteilen war der

mittlerweile fünfzig jährige Mann, in dessen ergrauten Haaren sich noch hier und da eine

schwarze Strähne zeigte, normalerweise ein Ausbund an Ruhe und Selbstsicherheit. Neben

dem Schlossherrn stand eine seiner jüngeren Frauen, die in einem teuren, mehrlagigem

Kimono gekleidet war. Ihre Haare waren ebenfalls kunstvoll hochgesteckt worden.

Ruan schätzte die Frau auf höchstens zwanzig Jahre und damit genauso alt wie den Erben

von Kayama, der links neben seinem Vater stand. Auch er war kostbar gekleidet, was Ruan

doch sehr verwirrte.

Hatte sich die Fürstenfamilie etwa so in Schale geworfen, nur weil Sesshoumaru kam? Dann

musste er mächtiger sein, als sie bisher angenommen hatte, viel mächtiger.

Hinter der Fürstenfamilie konnte Ruan einige Samurai ausmachen, die sich ordentlich am

Rand des Hauptweges, der direkt in das Hauptgebäude des Palastes führte, in Reih und

Glied aufgestellt hatten. Ihre Rüstungen waren allesamt poliert und generell schien jeder

einzelne der Krieger heute sehr viel Wert auf sein äußeres gelegt zu haben.

Ruan hatte allerdings keine Zeit um großartig darüber nachzudenken, denn nun war der

Schossherr vorgetreten und deutete eine leichte Verbeugung an, was Ruan schier die

Sprache verschlug.

“Willkommen, Inu no Taisho, Herr des Westens. Wie kann ich euch dienen?”

Herr des Westens? Inu no Taisho? Prüfend blickte Ruan zu Sesshoumaru. Das erklärte

natürlich einiges. Aber warum hatte ihr niemand etwas davon gesagt? Sie war mit dem

Herrscher des Westens zusammen gereist und hatte davon nicht einmal etwas gewusst!!!

“Wir haben einiges zu besprechen, Kayama.”, meinte Sesshoumaru kühl wie immer.

“Natürlich.”, antwortete der Fürst sofort, doch dann streifte sein Blick Ruan und seine

Augen weiteten sich ungläubig weiteten, als er sie erkannte.

“Du?! Was machst du hier?!”, fuhr er sie aufgebracht an und schien einen Augenblick lang

zu vergessen, dass Sesshoumaru noch immer schräg vor ihr stand.

Leicht unsicher blickte Ruan Kayama daraufhin an. Was sollte sie jetzt sagen? Man hatte ihr

schließlich verboten, je zurückzukehren.

“Gibt es ein Problem?”, die beherrschte Stimme des Inu-Youkai bewahrte Ruan vor einer

Antwort. Sie hatte das leichte Warnsignal, das von dieser Frage ausging erkannt, der Fürst

aber scheinbar nicht.

“Allerdings!”, meinte er wütend, “Dürfte ich fragen…”

“Nein.”, unterbrach Sesshoumaru ihn mitten im Satz. Verwirrt starrte Kayama den Inu-

Youkai an, ehe er verstand, dass dieser ihm soeben das Fragen verboten hatte.

Ruan konnte spüren, wie Kayama nun um seine Beherrschung rang. Offensichtlich war so

noch nie jemand mit ihm umgesprungen.

Fassungslos starrte der Menschenfürst Sesshoumaru eine Zeit lang an, ehe er zwischen

zusammengebissenen Zähnen widerwillig hervorpresste:

“Wie ihr wünscht, My Lord.” Und nach kurzer Zeit setzte er wieder freundlicher, aber

immer noch mit Widerwillen in der Stimme hinzu:

“Wünscht ihr euch zunächst von er Reise zu erholen, oder wünscht ihr, dass die

Angelegenheit, in der ihr gekommen seit, sofort besprochen wird?”

“Ich habe nicht vor, allzu lange zu verweilen.”, antwortete Sesshoumaru und betrachtete den

Fürst mit seinem typischen, kalten Blick.

Dieser neigte daraufhin nur leicht den Kopf und machte Sesshoumaru den Weg frei, welcher

sich auch losging. Er wusste, dass es unter Menschenfürsten üblich war, sich zu einem

solchen Gespräch stets in einen gesonderten Raum zu begeben.

Weil Ruan nicht wusste, was sie sonst machen sollte, wollte sie sich dem Youkai gerade

anschließen, als plötzlich ein aufgeregter Schrei ertönte.

“Ruan!”

Sofort blickte die Youkai in die Richtung, aus welcher der Ruf gekommen war und erblickte

sogleich ihre Ziehmutter, die auf sie zugestürmt kam und sie freudig in die Arme schloss.

“Mama…”, murmelte Ruan völlig überrumpelt.

“Geh.”, hörte sie plötzlich Sesshoumaru’s kalte Stimme, aber als sie überrascht aufsah hatte

dieser ihr bereits den Rücken zugewandt und ging weiter. Kayama und seine Familie

schlossen sich ihm an.

Ruan hatte nicht wirklich Zeit, sich darüber zu wundern, denn schon löste sich ihre “Mutter”

wieder von ihr und zog sie mit sich.

“Komm schon. Mia wird sich bestimmt freuen, dich wieder zu sehen! Du musst uns dann

auch unbedingt erzählen, was du alles gemacht und gesehen hast, seit du das Schloss

verlassen hast.”, verlangte sie energisch und zog Ruan einfach mit sich mit.
 

Keine fünf Minuten später fand Ruan sich auch schon in der Hütte wieder, in der sie fast ihr

gesamtes Leben gewohnt hatte. Sie saß auf dem Boden und hielt den Becher mit Tee in der

Hand, den ihre “Mutter” ihr gegeben hatte. Diese und Mia saßen ihr nun auch gegenüber

und betrachteten sie interessiert.

“Und, wie ist es dir ergangen? Was ist alles passiert? Was hast du alles gesehen? Wie

kommt es, dass du mit einem Youkai zusammen reist und nicht nur mit irgendeinem, sondern

mit dem Herrn der westlichen Länder? Hast du etwas über deine Herkunft in Erfahrung

bringen können?”, bombardierte Mia sie nach kurzem Zögern förmlich mit Fragen.

“Ähm, das ist eine etwas längere Geschichte. Also, an dem Tag, nachdem ich das Schloss

verlassen habe, wollte ich unbedingt etwas über meine Herkunft erfahren. Deswegen bin ich

in eins der Dörfer in der Umgebung gegangen, um die Leute dort nach einer Schlossruine zu

fragen. Ihr wisst gar nicht, wie verbohrt Menschen in dem Glauben sind, dass alle Youkai

böse seinen! Ich habe es leider auch nicht gewusst und, na ja, die Dorfbewohner wollten

mich dann auch sofort verjagen…. Ich bin deswegen auch schnell da weg.”, den Fakt, dass

sie einen der Dorfbewohner fast umgebracht hätte, ließ sie wohlwissend außen vor, “Danach

war ich natürlich völlig fertig. Ich glaube, mir war damals das erste Mal bewusst geworden,

wie normale Menschen auf mich reagieren. Kurze Zeit später hatte ich dann… sagen wir

mal, eine unangenehme Begegnung mit einem Oni, aber allzu stark war der nicht. Ich konnte

ihn eigentlich recht schnell besiegen…”

“Wirklich? Du hast einen Oni ganz alleine besiegt? Wie hast du das geschafft? Diese Youkai

sind doch immer so… groß und stark!”, viel Mia ihr aufgeregt ins Wort.

Leicht überrascht blickte Ruan zu ihr. “Das ist… schwer zu erklären. Ich habe es einfach

getan, wie, das weis ich nicht.”

Leicht verwundert blickten Mia und ihre Ziehmutter sie daraufhin an. Ihre “Mutter” war die

erste, die sich wieder fing.

“Du hast Recht. Es gibt einfach Sachen, die man nicht erklären kann. Aber”, fuhr sie fort und

plötzlich trat ein verschmitzter Ausdruck in ihre Augen, “jetzt sag mal, in welchem Verhältnis

stehst du zum Lord des Westens? Er sieht ja ziemlich gut aus, nicht wahr? Aber du hattest ja

schon immer einen guten Geschmack.”

Sofort spürte Ruan, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.

“Es ist nicht so, wie ihr denkt!”, sagte sie schnell.

“So? Was denken wir denn?”, fragte Mia, in deren Gesicht nun ebenfalls ein Grinsen

getreten war.

“…” Ruan wusste nicht, was sie jetzt noch sagen sollte. Nach einer Weile, die ihr wie eine

Ewigkeit vorkam, fragte sie schließlich, um vom Thema abzulenken:

“Was ist denn hier so alles passiert, während ich weg war?”

“Nicht allzu viel.”, antwortete Mia, “Eigentlich war das einzige ungewöhnliche in letzter Zeit,

dass es ungewöhnlich viele Gerüchte gab über eine gewisse Person gab.”

“So, was denn?”, fragte Ruan neugierig. Schließlich war sie sich ziemlich sicher, zu wissen,

wer diese “gewisse Person” war.

“Nun, du weist ja, dass viele Leute einfach nur dazu neigen, zu übertreiben.”, setzte ihre

Ziehmutter an.

,Oh, oh! Wenn sie so anfängt, dann heißt das nichts Gutes!’, überlegte Ruan, sagte aber

nichts.

Nach kurzer pause fuhr Shao dann auch fort:

“Es heißt, dass eine Youkai mit langen, blauen Haaren vor kurzem ein gutes Dutzend

Männer ermordet hätte. Natürlich denken jetzt die meisten hier im Schloss, dass du diese

Youkai gewesen wärst. Vollkommener Unsinn, wenn du mich fragst! Es gibt viele Youkai,

mit blauen Haaren! Außerdem würdest du niemals unschuldige Menschen ermorden, dass

habe ich diesen Klatschmäulern bestimmt hundert Mal gesagt!” Zum Schluss konnte Ruan

die Wut aus ihrer Stimme förmlich greifen und gleichzeitig meldete sich bei ihr das schlechte

gewissen.

Ein gutes dutzend Männer? Vor noch nicht allzu langer Zeit? Das passte. Aber dazu musste

sie schließlich sagen, dass es Notwehr gewesen war! Außerdem waren diese Räuber alles

andere als unschuldig gewesen!

“Was ist los, Ruan? Du siehst so besorgt aus.”, meinte Mia plötzlich. “Du solltest dir das mit

den Gerüchten nicht so ernst nehmen. Du weist, dass die hier im Schloss alle gerne

tratschen. Es würde mich wundern, wenn die wirklich alles glauben würden, was sie den

ganzen tag für Unsinn erzählen.”

Kurz sah Ruan auf. Sollte sie ihnen die Wahrheit erzählen? Schließlich hatte sie diese

Männer ja wirklich auf dem Gewissen, auch wenn es Räuber gewesen waren. Kurz kämpfte

sie mit sich, doch dann brach es einfach aus ihr heraus.

“Du hast Recht! Die übertreiben echt immer alles! Ein dutzend unschuldiger Männer!

Pah, dass ich nicht lache!”, sagte sie wütend, vermiet es aber, ihre Ziehmutter oder Mia

dabei anzusehen. Deswegen betrachtete sie den Becher in ihren Händen ganz genau, als

hätte irgendetwas an ihm ihr Interesse geweckt.

Irritiert blickten Mia und ihre “Mutter” sie nach ihrer Aussage an.

“Was meinst du damit?”, brach letztere schließlich das schweigen, dass Ruans kurzem

Ausbruch gefolgt war.

“Was ich damit meine? An diesem Gerücht ist zwar ein Stück Wahrheit dran, aber mehr

auch nicht. Ich meine, es war Notwehr! Außerdem, was würdet ihr machen, wenn plötzlich

ein Dutzend Räuber auf euch losgehen würde?!”

“Soll das heißen, dass du tatsächlich…?”, hakte Mia vorsichtig nach.

“Ja, ich habe… ich hatte mich einfach nicht mehr unter Kontrolle, versteht ihr?”, fragte Ruan

und blickte kurz auf. Sogleich begegnete sie dem entsetzten Blick von den beiden einzigen

Menschen, die sie im Schloss als das akzeptiert hatten, was sie war. Dieser Blick von den

beiden verletzte sie zutiefst und weckte erneut die Trauer über das Geschehene in ihr, von

der sie gedacht hatte, dass sie schon längst verschwunden sei.

Sie wollte nicht, dass sie jetzt auch noch Mia oder die Frau, die sie so liebevoll aufgezogen

hatte, sie jetzt für ein Monster hielten! Nicht die beiden auch noch! Reichte es denn nicht,

dass es der Rest im Schloss tat? Jetzt sollten auch noch die einzigen beiden zu dieser

Überzeugung kommen, die sie nicht hatten verstoßen wollen? War das Leben wirklich so

ungerecht?

“Was hätte ich denn sonst auch tun sollen? Ich konnte dort doch nicht weg! Ich musste doch

dem anderen Mädchen helfen, versteht ihr das nicht? Ich wollte sie doch auch gar nicht

töten! Es ist einfach passiert!”, versuchte sie leicht verzweifelt zu erklären. Als Mia und Shao

darauf im ersten Moment nicht reagierten, spürte Ruan, wie ihre Hoffnung sank.

Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. Mia und Shao wussten einfach nicht, was sie

sagen sollten. Ruan hatte wirklich Menschen ermordet? Aber was hätten sie an ihrer Stelle

getan? Hätten sie nicht genauso reagiert?

Langsam stand Shao auf und ging zu ihrer Ziehtochter hinüber, vor der sie sich niederkniete.

Ruan blickte nicht auf. Was wollte ihre Mutter jetzt noch von ihr? Überrascht weiteten sich

ihre Augen, als sie spürte, wie diese plötzlich ihre Arme um Ruan legte und sie fest umarmte.

So verharrte sie einen Augenblick, ehe sie Ruan wieder losließ.

Leicht irritiert blickte Ruan sie daraufhin an.

Als Shao dies sah, und auch die tiefe Trauer in den Augen ihrer Ziehtochter sah, wurde ihr

schwer ums Herz. Diese Trauer war vorher nicht da gewesen. ,Was haben wir ihr nur

angetan…. Ich hätte sie niemals gehen lassen sollen.’, überlegte sie.

“Du wirst immer meine Kleine bleiben. Daran können ein dutzend Räuber auch nichts

ändern.”, sagte sie schließlich sanft.

“Genau.”, stimmte Mia ihr bei, “Diese Räuber sind doch im Prinzip selbst Schuld! Sie haben

dir doch gar keine andere Wahl gelassen!”

“Danke.”, murmelte Ruan erleichtert und blickte auf, wobei sich ein verhaltenes Lächeln auf

ihre Lippen legte.

“So, und in Zukunft denkst du einfach nicht mehr daran!”, wies Shao sie energisch an,

“Diese Räuber sind es nicht Wert!”

Das Lächeln auf Ruans Zügen vergrößerte sch, während sie bestätigend nickte. Die beiden

hielten sie für kein Monster, nein, sie konnten sie sogar verstehen und nahmen ihr es auch

nicht sonderlich übel. In diesem Moment war Ruan unglaublich froh darüber, diese beiden

Menschen als Freunde zu haben. Sie hätte sich keine besseren wünschen können.
 

In diesem Augenblick wurde die Matte, die vor der Tür hing, zur Seite geschoben und

Sesshoumaru trat ein.

Verwundert blickte Ruan ihn an. Woher wusste er…? ,Aber natürlich.’, schalt sie sich gleich

darauf in Gedanken selbst. Er hatte ja noch viel feinere Sinne als sie.

“Wir gehen.”, war das einzige Kommentar des Youkai, dann drehte er sich um und verließ

die Hütte wieder.

Schnell stand Ruan auf. Sie bezweifelte irgendwie, dass er auf sie warten würde.

“Auf wieder sehen, Mutter, Mia. Ich werde euch vermissen.”, meinte sie zum Abschied.

“Wir werden dich auch vermissen. Pass gut auf dich auf.”

“Das werde ich.”, mit diesen Worten verließ auch sie die Hütte. Ganz so, wie sie es

vermutet hatte, hatte Sesshoumaru nicht auf sie gewartet. Sie musste sich beeilen, um zu ihm

aufzuschließen zu können.

Zusammen verließen sie anschließend das Schloss. Erneut stand der Schlossherr vor dem

Tor, um sie zu verabschieden und Ruan entging dabei der ängstliche Blick nicht, den

Kayama Sesshoumaru zuwarf. Anscheinend hatte der Youkai diesen ganz schön

eingeschüchtert.
 

Sie verließen das Schloss danach wieder auf dem selben Weg, den sie gekommen waren.

Dieses Mal standen allerdings keine Bauern am Wegesrand, die sie anglotzten. Keinen

einzigen konnte Ruan entdecken, woraufhin sie Sesshoumaru einen leicht verschmitzten Blick

zuwarf. Der Youkai musste den Schlossherrn wirklich ganz schön in die Mangel genommen

haben, wenn dieser schon all die Schaulustigen hatte verscheuchen lassen, nur um den

Youkai nicht zu reizen. Von allein wären die ganzen Bauern bestimmt nicht verschwunden,

da war sie sich sicher.

Es dauerte nicht lange, da hatten sie auch schon die Siedlungen um das Schloss herum

verlassen und waren auf dem Weg keiner einzigen Menschenseele begegnet.

Kurz blickte Ruan hoch, um den Sonnenstand zu betrachten. In wenigen Stunden würde die

Sonne hinter dem Horizont verschwunden sein. Wenn sie so weiter gingen, würden sie

genau dann am Lager ankommen.

Aus Langeweile versuchte sie ein paar mal, Youki auf ihrer Hand zu konzentrieren, aber

erneut geschah nichts. Das war so deprimierend! Irgendetwas musste sie falsch machen.

“Sesshoumaru-sama?”

Keine Reaktion, doch davon ließ Ruan sich nicht entmutigen.

“Gibt es irgendeine Art Trick, wenn man sein Youki benutzen will?”, fragte sie leicht

nachdenklich.

“Nein.”, kam die Monotone Antwort von Sesshoumaru.

Das hätte sie sich irgendwie denken können. Dennoch dachte Ruan noch lange nicht daran,

aufzugeben.

“Aber, ich meine, irgendetwas müsste einem doch helfen können, wenn man seine Kräfte

beherrschen will.”, bohrte sie weiter nach.

Plötzlich blieb Sesshoumaru stehen.

,Hab ich was falsches gesagt?’, fragte Ruan sich innerlich, doch dann meinte Sesshoumaru

plötzlich:

“Setz dich.”

“Was soll ich?”, fragte Ruan leicht verwirrt.

“Du sollst dich setzen.”, wiederholte Sesshoumaru kalt und drehte sich um. Er hatte jeden

einzelnen von Ruans misslungenen Versuchen an den leichten Veränderungen in ihrem Youki

gespürt. Irgendwann demnächst hätten sie sowieso weiter trainieren müssen, warum dann

nicht gleich?

Leicht irritiert folgte Ruan der Anweisung des Youkais. Was wollte er jetzt von ihr?

“Schieß die Augen und konzentriere dich.”, sagte Sesshoumaru in seinem üblichem Tonfall,

als sie sch hingesetzt hatte.

“Worauf soll ich mich konzentrieren?”, fragte Ruan immer noch verwirrt, schloss aber

dennoch die Augen.

“Auf dein inneres. Hör in dich hinein.”

Ruan atmete einmal tief ein, bevor sie die Anweisung befolgte. Langsam dämmerte es ihr,

dass dies eine Art eingeschobenes Training sein sollte, also konzentrierte sie sich.

Zuerst nahm sie ihren Atem wahr, fühlte, wie die Luft in sie strömte und wieder hinaus. Nach

kurzer Zeit kam ihr Herzschlag hinzu. Sie konnte spüren, wie das Blut durch ihren Körper

strömte, hörte es in ihren Ohren rauschen hören.

Doch das war es nicht, was sie suchte. Komisch, wie kam sie jetzt auf den Gedanken,

etwas suchen zu müssen? Doch das war egal. Sie horchte weiter in sich hinein. Woher war

die Energie beim letzten Mal gekommen? Wo hatte sie ihren Ursprung?

Ruan wollte es mit einem Mal unbedingt wissen. Und plötzlich spürte sie es.

Eine Art dunkles Licht, dass in ihr war, versteckt, aber nicht unerreichbar und mit einem Mal

wunderte sie sich, warum sie es noch nie zuvor wahrgenommen hatte. Die Energie war so

selbstverständlich in ihr. Wie konnte sie einen solch offensichtlichen Teil von ihr je übersehen

haben?

Vorsichtig wollte sie nach der Energie in ihr greifen, doch sie entzog sich ihrem Griff, dazu

kam das dringende Gefühl in Ruan, dass sie das nicht tun sollte. Die Energie war doch schon

in ihr. Sie musste nicht danach greifen, sie besaß sie doch schon.

Stattdessen versuchte sie nun, die Kraft zu ziehen, zu formen. Leicht erstaunt stellte sie fest,

dass ihr das ganz leicht gelang. Schließlich wollte sie noch etwas ausprobieren. Vorsichtig

griff sie nach einem kleinen Teil ihrer Energie, und zog ihn zu ihrer Hand. Anschließend

öffnete sie die Augen.

Um ihre Hand herum hatte sich ein bläulicher Schimmer gebildet. Das war zwar nicht ganz

das gewesen, was sie gewollt hatte, aber es war wenigstens ein Anfang.

Ruan hob den Blick, um Sesshoumaru ansehen zu können. Dieser erwiderte ihren Blick

ungerührt.

“Gut. Morgen Abend machen wir weiter.”, meinte er und drehte sich um. Langsam stand

Ruan auf und folgte ihm. Sie hatte es endlich geschafft, ihre Kräfte zu benutzen und

Sesshoumaru hatte sie sogar indirekt gelobt. Das wollte doch was heißen. Ein glückliches

Lächeln machte sich auf ihren Zügen breit.
 

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So, hier ist auch das Kap zuende^^

Hoff, es hat euch gefallen^^

Was Fuyu wohl vorhat...? Im nächsten Kap werdet ihr es erfahren.

Über Kommies würd ich mich natürlich wie immer sehr freuen^^

Bye,

_Corchen_

"Wer ist sie?!"

Am nächsten Morgen wachte Ruan schon früh auf. Langsam stand sie auf und streckte sich erst einmal ausgiebig, ehe sie sich umsah. Rin lag immer noch schlafend neben Ah-Uhn. Die Kleine hatte auch ihre Rückkehr gestern Abend verschlafen, aber das wunderte Ruan nicht im Geringsten. Schließlich war es schon sehr spät gewesen. Auch Jaken schlief noch neben dem mittlerweile abgebranntem Feuer. Nur Sesshoumaru konnte sie nirgends entdecken.

,Wo er wohl wieder ist?’, überlegte Ruan. Dann zuckte sie gleichgültig mit den Schultern und hob ihren Bogen hoch. Wenn alle noch schliefen, bzw. nicht da waren, konnte sie genauso gut etwas mit ihrem Bogen trainieren.

Also entfernte sie sich ein bisschen vom Lager, um sich eine geeignete “Zielscheibe” zu suchen.

Es dauerte auch nicht lange, da hatte sie sich für einen umgeknickten Baumstamm

entschieden. Kurz atmete sie tief durch, dann zog sie einen Pfeil aus ihrem Köcher, legte ihn an die Bogensehne und spannte den Bogen. Dann ließ sie die Sehne vorschnellen und der

Pfeil bohrte sich zielsicher in den Baumstamm. Von diesem ersten Erfolg beflügelt zog Ruan sogleich den nächsten Pfeil aus dem Köcher. So ging es eine Weile weiter und fast jeder ihrer Pfeile war ein Treffer.

Schon bald hatte sie all ihre Pfeile verschossen und machte sich daran, sie wieder einzusammeln. Danach wollte sie wieder ins Lager zurückkehren, als ihr plötzlich ein Gedanke kam.

Früher hatte sie ab und zu Mikos dabei beobachtet, wie sie trainiert hatten. Bei den mächtigeren hatte immer ein gewisser Schimmer um die Pfeile herum gelegen. Ruan hatte daraufhin eine von ihnen nach diesem seltsamen Schimmern gefragt, woraufhin ihr die Miko erklärt hatte, dass es sich bei dem Schein um die Energie der jeweiligen Miko handele.

Die Energie würde dem Pfeil mehr Wirkung beim Kampf gegen Youkai geben.

Damals hatte sie sich dabei nichts gedacht, aber jetzt besaß auch sie eine gewisse Kraft. Es war zwar nicht die helle einer Miko, aber war das nicht egal? Könnte sie in ihre Pfeile nicht auch einen Teil ihrer Energie legen?

Nachdenklich legte sie einen Pfeil an die Sehne und zielte. Dann horchte sie mit halb geschlossenen Augen in sich hinein, bis sie erneut die Quelle ihrer Macht gefunden hatte.

Vorsichtig zog sie daran, ließ einen kleinen Teil ihrer Energie in ihren Arm fließen, mit dem sie den Pfeil festhielt und dann in ihre Fingerspitzen.

Gut, das hatte sie geschafft. Jetzt kam der schwierige Teil. Wie sollte sie ihr Youki in den Pfeil bekommen?

Kurz dachte sie nach, beschloss dann aber, es einfach zu probieren. Vorsichtig versuchte sie ihre Energie durch ihre Finderspitzen hinauszudrücken, was ihr auch sofort gelang.

Zu ihrer Verwunderung schien die Energie danach schon fast von allein in den Pfeil zu fließen. Zuerst konnte Ruan keine Veränderung an ihm feststellen, doch dann legte sich ein bläuliches Glimmen um diesen.

In dem Moment, in dem Ruan dies sah, ließ sie die Sehne vorschnellen. Wie beabsichtigt traf der Pfeil sein Ziel. Gespannt betrachtete Ruan den Baum. Der Pfeil hatte sich zwar tief in den Stamm gebohrt, sonst geschah aber nicht das geringste.

Schade eigentlich. Hatte sie vielleicht zu wenig ihrer Kraft benutzt? Oder funktionierte so was wirklich nur bei heiligen Kräften?

Ruan wollte schon losgehen, um den Pfeil aus dem Baumstamm zu ziehen, als sie plötzlich eine Art reißen und knacken vernahm, dass eindeutig von dem umgeknicktem Baum kam.

Hatte ihr Pfeil doch noch Wirkung gezeigt?

Ruan unterzog den Baumstamm erneut einer genauen Musterung. Ohne Zweifel, um den

Pfeil herum hatte sich ein dünner Riss gebildet, der sich nun langsam ausdehnte. Fasziniert sah sie zu, wie sich der Riss immer weiter ausdehnte, bis er schließlich den gesamten Baum quer spaltete. Kurz tat sich nichts, doch dann krachten die beiden Hälften des Baumes laut zu Boden.

Bei dem Lärm zuckte Ruan kurz zusammen und sah hastig zum Lager zurück. Anscheinend war sie laut genug gewesen, um alle aufzuwecken. Während Ah-Uhn sich nur gemächlich erhob, sprangen Rin und Jaken erschrocken auf. Kurz blickte erstere sich um und als sie Ruan sah, lief sie freudig auf die Youkai zu.

“Ruan- chan! Warst du das?”, fragte die kleine verblüfft und starrte auf den geteilten Baum.

Peinlich berührt wollte sie gerade zu einer Antwort ansetzen, wurde aber von Jaken unterbrochen, noch ehe sie den ersten Ton über die Lippen erbracht hatte.

“Du dummes Weib, was hast du getan?! Musstest du so früh am Morgen einen Baum

fällen?!”, schrie der kleine Aufgebracht und lief neben sie. Sofort hatte Ruans Laune ihren Tiefpunkt erreicht. Wenn sie etwas hasste, dann war das früh morgens von einem grünem, schleimigen Gnom angeschrieen zu werden.
 

“Ja, ich habe den Baum gefällt. Es war aber ein Versehen. Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe.”, meinte sie dennoch freundlich zu Rin. Jaken ignorierte sie ganz einfach. Sie rief sich einfach immer wieder in Erinnerung, dass der Frosch die Mühe nicht wert wäre.

Außerdem wollte sie es vermeiden, ein zweites Mal in Rins Gegenwart laut zu werden.

Dem kleinen Youkai schien Ruans verhalten aber gar nicht zu passen.

“Du bringst ja gar nichts zustande! Aus versehen einen Baum fällen?! Das ist wohl…!”,

Jaken verstummte und blickte verwirrt zu Ruan, die sich nun mit kaltem Blick zu ihm herabbeugte. So langsam war sie wirklich mit ihrer Geduld am Ende.

“Erstens: Mein Name ist Ruan und nicht Weib. Zweitens: Ich kann mehr, als du grüner Gnom es je können wirst und drittens: Du solltest anfangen Leute zu respektieren, die mehr als doppelte so groß sind wie du.”, meinte sie.

Kurz starrte Jaken sie verwundert an, doch dann legte er sogleich wieder los.

“Was bildest du es dir ein, so mit mir zu sprechen?! Ich reise schon seit Jahrzehnten mit Sesshoumaru-sama und…”

Beim Rest hörte Ruan einfach nicht mehr zu. Leicht genervt hatte sie sich

abgewandt und ging Rin hinterher, die schon zum Lager zurückgegangen war, als Jaken angefangen hatte zu schimpfen.

,Jahrzehnte ist Jaken schon bei Sesshoumaru? Wie kann der das nur aushalten?’, überlegte sie kurz und kam zu dem Schluss, dass sie keine Ahnung hatte. Sie reiste noch nicht allzu lange mit dieser Gruppe und dennoch raubte dieser Grünling ihr manchmal schlicht und einfach den letzten Nerv. Wie konnte man so etwas dann jahrelang aushalten? Vielleicht gewöhnte man sich ja daran?

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie im Lager ankam und dort ebendieser Youkai stand, den sie am Morgen nicht hatte finden können. Erneut fragte Ruan sich, wo er wohl gewesen sein mochte, kam aber erneut zu keiner wirklichen Antwort. Das erhalten des Youkais war für sie einfach ein einziges Mysterium. Schade, aus irgendeinem Grund hätte sie ihn gerne besser verstanden. Warum wusste sie selbst nicht, es war einfach so.

“Wir gehen.”, meinte Sesshoumaru plötzlich kühl und drehte sich um.

Ruan lief schnell zu Ah-Uhn und nahm den Drachen bei den Zügeln, während Rin schon hinter Sesshoumaru her ging. Sie beeilte sich, wieder zu den beiden aufzuschließen, als auch Jaken wieder an ihrem Lagerplatz ankam und Sesshoumaru ebenfalls hinterher lief.
 

Nicht weit entfernt sprangen verhüllte Gestalten durch die Baumkronen, geführt von einem einzelnen Krieger. Riko hatte den Auftrag bekommen, die Soldaten seines Herrn zu der gesuchten Youkai zu führen. Warum hatte er zwar nicht gesagt, aber Riko musste sich auch nicht sonderlich anstrengen, um den Grund dafür zu erraten.

Der Schlossherr hatte seinen Soldaten, sowie ihm befohlen, kein Zeichen für ihre Herkunft bei sich zu tragen und auch niemandem mitzuteilen, wer sie schickte, geschweige denn, woher sie kamen. All diese Vorkehrungen ließen nur einen Schluss zu: Die Soldaten, die er zu ihrem ziel führte, hatten den Auftrag die blauhaarige Youkai zu töten. Leider war diese in Begleitung des Herrn der

westlichen Gebiete und deswegen der Befehl, nichts bei sich zu tragen, was auf ihre Herkunft hindeuten könnte.

Riko wusste nicht wieso, doch er hatte ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Nicht nur, dass er diese Youkai hatte ausspionieren sollen, nein, jetzt hetzte Fuyu ihr auch noch seine besten Soldaten auf den Hals. Zudem schickte er ihn mit, damit sie möglichst schnell ihr Ziel erreichten.

Was sollte das? Wer war diese Youkai, dass sein Herr ihr soviel Aufmerksamkeit zuteil werden ließ? Warum schickte er seine besten Männer, um sie zu töten? Ein einzelner Schütze würde diesen Auftrag ebenso gut erledigen können. Warum war diese Youkai so wichtig, dass sein Herr auf keinen Fall das Risiko eingehen wollte, dass sie überlebte?

Er wusste, dass wenn irgendetwas schief ging, die meisten dieser Krieger hinter ihm ihr Leben verlieren würden. Warum schickte Fuyu seine besten Männer, auch auf die Gefahr hin, dass er alle verlieren könnte?

Was war an dieser einen Youkai so besonders?! Diese eine Frage ließ Riko einfach nicht mehr los. Sie kehrte ständig wieder, auch wenn er schon einige Male versucht hatte, sie aus seinen Gedanken zu verbannen. Fuyu hatte in den 17 Jahren, in denen er nun Fürst war, seine Ländereien gut verwaltet. Seine Entscheidungen waren immer die richtigen gewesen.

Warum dann jetzt plötzlich eine solch irrsinnige beschluss?

Riko hatte seit ihrem Aufbruch das Gefühl, dass es sich in dieser Sache um mehr handelte, als er es erahnte und versuchte schon die ganze Zeit, dass Handeln seines Herrn nachzuvollziehen, doch er konnte es nicht.

Mit jedem Schritt verstärkte sich zudem noch sein Gefühl, etwas vollkommen falsches zu tun. Irgendetwas in seinem innern wollte ihn vehement zur Umkehr bewegen, doch sein Verstand hielt dagegen. Er hatte stets dem Herrn des Ostens gehorcht, warum sollte sich das jetzt ändern? Vor Fuyu hatte er dessen Cousin, dem damaligem Herrn des Ostens gedient, nun war Fuyu der Herr, seit sein Cousin gestorben war. Warum hatte er jetzt plötzlich das Gefühl, etwas falsches zu tun, wenn er ihm gehorchte?

Vielleicht, weil er Mitleid mit dem kleinen Menschenkind verspürte? Weil er wusste, dass sich die gesuchte Youkai um es so führsorglich kümmerte?

Plötzlich kam ihm ein anderer Gedanke. Wenn die Sicherheitsvorkehrungen seines Herrn nicht ausreichen sollten, und Sesshoumaru herausfinden sollte, wer die Krieger geschickt hatte, dann käme das einer Kriegserklärung bei! Ruckartig blieb er auf dem Ast stehen, auf den er gerade gesprungen war.

“Ist irgendetwas, Riko?”, fragte der Kommandant der Krieger, die er führen sollte.

“Nein, nein. Ich muss mich nur kurz orientieren, dass ist alles.”, beeilte er sich zu sagen und musterte kurz die Krieger. Sie alle waren in dunkle, lange Umhänge gehüllt und an keinem konnte er etwas erkennen, was auf ihre Herkunft schließen ließ. Nicht einmal die Ränge der einzelnen hätte er feststellen können, wenn er sie nicht gekannt hätte. Sie hatten Fuyu’s Befehl, unerkannt zu bleiben, anscheinend sehr ernst genommen. Einerseits beruhigte das Riko ein wenig, doch andererseits konnte immer etwas schief gehen.

In diesem Fall wäre ein Fehler allerdings fatal und würde wahrscheinlich zum

Krieg führen.

Wollte sein Herr so etwas wirklich riskieren? War er wirklich so versessen darauf, diese Youkai tot zu sehen? Doch warum?

Kurzzeitig schien er die Lösung gefunden zu haben, doch sie entwand sich ihm genauso plötzlich wieder, wie sie gekommen war. Das einzige, was sie hinterließ war ein bitterer Geschmack in Riko’s Mund und das starke Gefühl, etwas falsch zu machen. Er versuchte, sich die Lösung erneut ins Gedächtnis zu rufen, doch sie entwand sich ihm immer wieder genau dann, wenn er dachte, sie gefunden zu haben.

Inzwischen schienen Fuyu’s Krieger hinter ihm ungeduldig zu werden.

“Wann geht es denn endlich weiter, Kater? Wir wollen heute noch ankommen!”, schnauzte der Kommandant gerade.

Mit einem leichten Seufzer wischte Riko seine Zweifel beiseite, zumindest

versuchte er das und sprang los. Ohne einen richtigen, greifbaren Grund würde er sich niemals gegen seinen Herrn wenden, mochten noch so viele unbegründbare Zweifel in seinem Innern brodeln, wie sie wollten.
 

Durch seine Gedanken abgelenkt, bemerkte Riko nicht, dass auch sie verfolgt wurden.

Selbst wenn einer der Soldaten den Fremden bemerkt hätte, der in einem schwarzen Mantel gehüllt dastand und ihnen mit dem Blick folgte, hätte man ihn kaum Beachtung geschenkt. Wer hätte ihnen schon folgen wollen und warum? Schließlich wusste niemand, dass sie hier waren, dachten sie zumindest.

Auf den ersten Blick hätte man den fremden auch für einen der Soldaten halten können, nur ein genauerer Beobachter hätte die feinen Unterschiede ausmachen können. Anstatt eines Schwertes und eines Bogens trug er ein Naginata, ein Lanzenschwert, dass er quer über dem Rücken geschnallt hatte. Seine Augen waren im Halbschatten einer Kapuze verdeckt und dennoch hätte sich keiner, der ihn jetzt gesehen hätte, des Gedankens erwehren können, dass in ihnen etwas brodelte, dass denen, die er verfolgte, nichts gutes bringen konnte.
 

Nichts von alledem ahnend ging Ruan hinter Sesshoumaru durch den Wald. Rin hatte sich mittlerweile auf Ah-Uhn gesetzt der von Jaken geführt wurde.

Sesshoumaru hatte schon vor einiger Zeit den Geruch einer Gruppe fremder Youkai

ausgemacht, die stetig näher zu kommen schienen. Zuerst hatte er angenommen sie würden die Richtung wechseln, sobald sie ihn wahrgenommen hatten, doch dem war

nicht so.

Mittlerweile waren sie schon recht nahe und kamen noch immer mit unveränderter

Geschwindigkeit auf sie zu. Wenn sie das Tempo beibehielten würden sie in spätestens 20 Minuten bei ihnen sein. Er nahm in keinem Augenblick an, dass die unbekannten Youkai mit freundlichen Absichten auf sie zukamen.

Dennoch ließ sich Sesshoumaru nichts anmerken. Sollten die fremden Youkai ruhig denken, dass er sie nicht wahrgenommen hätte. Das würde sie nur unvorsichtig werden lassen. Nicht, dass er auf die Unaufmerksamkeit seiner Gegner angewiesen währe, aber es würde die Sache beschleunigen und er hatte keine Lust, sich länger als unbedingt nötig mit diesen niederen Youkai abzugeben.

Fünf Minuten später verschwanden die Auren der fremden Youkai jedoch.
 

“So, wir sind schon ganz nahe. Den Rest überlass ich euch.”, meinte Riko und blieb stehen.

“Genau. Überlass diese Youkai ruhig uns, Katerchen.”, sagte der Anführer der Krieger hinter ihm gehässig.

,Das ist mal wieder typisch. Kaum werde ich nicht mehr gebraucht, schon machen sie sich lustig über mich.’

Im nächsten Augenblick konnte Riko spüren, wie die Krieger damit begannen, ihre Auren zu unterdrücken.

,Offensichtlicher geht es nicht.’, schoss es ihm sofort durch den Kopf. Er nahm stark an, dass Sesshoumaru sie bereits wahrgenommen hatte. Wenn er ihnen bisher keine Beachtung geschenkt hatte, dann würde er es spätestens jetzt tun. Wenn Youkai so nahe bei einem anfingen, ihre Präsenz zu unterdrücken war das meist eine eindeutige Warnung für einen Angriff. Diese Soldaten waren vielleicht die besten Krieger seines Herrn, aber auf unbemerktes Anschleichen verstanden sie sich wirklich nicht besonders. Plötzlich kam ihm

ein anderer Gedanke in den Sinn.

Wussten sie überhaupt, wer bei dieser blauhaarigen Youkai war? Sie schienen nämlich in keinster Weise nervös zu sein. Wahrscheinlich dachten sie, dass sie eine etwas stärkere Youkai samt schwachem Anhang als Gegner haben würden, zumindest deutete ihr Verhalten stark darauf hin. Wenn sie jetzt so losgehen würden, würden sie sich garantiert blind ins Gefecht stürzen und das wäre ihr sicherer Tot. Eigentlich hätte es ihm ja egal sein können, aber das war es halt nicht. Sie behandelten ihn wie ein niederes Wesen, dass ab und zu

mal nützlich sein konnte, aber dennoch empfand er noch immer Mitgefühl mit ihnen.

Das war wieder so eine Eigenart von ihm, die ihm schon oft Probleme bereitet hatte, dieses Mitgefühl….

Langsam drehte er sich zu den Kriegern, die er geführt hatte, um und musterte sie. Sie schienen wirklich in keinster Weise nervös oder gar besorgt zu sein.

“Was wisst ihr überhaupt über eure Gegner?!”

Überrascht blickten die anderen ihm entgegen. Mit so einer Frage hätten sie nicht gerechnet.

“Wir wissen genug.”, antwortete einer der Soldaten nach kurzem Zögern. Offensichtlich hatte auch ihn diese plötzliche Frage leicht irritiert.

“Wisst ihr auch, dass…”, Riko brach ab. Je mehr er ihnen erzählte, desto leichter würde es ihnen fallen, diese Youkai tatsächlich zu töten. Normalerweise hätte er bei so etwas keine Bedenken haben sollen, aber er quälte sich ja schon den ganzen Tag mit der Frage ab, ob er das richtige tat. Müsste es ihm nicht eigentlich vollkommen egal sein, was mit dieser Youkai, passierte? Wie hieß sie noch gleich? Ach ja, ihr Name war Ruan.

Kurz stockte er. Er hatte sich ihren Namen gemerkt! Warum hatte er das getan?! Eigentlich pflegte er die Namen von Leuten, die er sowieso kein zweites Mal sehen würde, zu vergessen. Warum also hatte er sich ausgerechnet ihren Namen gemerkt?! Es war alles so kompliziert!

Erzählte er den Soldaten seines Herrn mehr über Ruan und vor allem ihre Begleitung, dann würde die Youkai bestimmt sterben und das wollte er, warum auch immer, nicht. Würde er den Kriegern aber diese Informationen verweigern, würden diese die anstehende Begegnung wiederum nicht überleben und auch das konnte er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren.

Eigentlich hätte er den Soldaten ohne weitere Bedenken helfen sollen, hatte es schon oft getan, nur jetzt hielt ihn etwas davon ab. Normalerweise hatte er ein gutes Gespür für etwas, dass nicht richtig oder normal war und genau dieses Gefühl sagte ihm jetzt, dass er schon fast dabei war, den größten Fehler seines Lebens zu begehen. Welche der Beiden Varianten diesen Fehler darstellten, wusste er aber leider nicht und somit war er wieder am Anfang seiner Überlegungen angelangt.

Er bemerkte nicht, dass die anderen Krieger ihn mittlerweile schon mehr als ungeduldig ansahen. Was überlegte dieser Kater so lange? War das wieder eine neue seiner schon so zahlreichen Eigenarten?

“Was wissen wir auch?”, fragte der Anführer nach einer Weile ungeduldig. Riko war doch trotz seinem komischen Benehmen ein Krieger und als solcher sollte man nicht allzu viel nachdenken. Wenn sie wieder im Schloss waren, würde er das dem Kater wieder lebhaft in Erinnerung rufen müssen.

Erschrocken blickte Riko auf. Er hatte kurzzeitig doch glatt vergessen, dass die Krieger seines Herrn noch immer vor ihm standen. Was sollte er jetzt antworten? Im innern rangen sein Gewissen, dass sagte, er solle der Youkai nicht noch weiter schaden und sein Verstand, der sagte, er müsse die Soldaten seines Herrn in jedem Fall helfen, immer noch miteinander.

Er konnte sich einfach nicht entscheiden, was das richtige war und die Soldaten vor ihm warteten immer noch darauf, dass er seinen Satz von vorhin zu Ende führte. Schließlich entschied er sich für die Notlösung.

“Bei der Youkai ist ein weiterer, starker Youkai.”, platzte es förmlich aus ihm heraus. Mit dieser Antwort war zwar weder sein Gewissen noch sei Verstand zufrieden gestellt aber sie war zumindest ein guter Kompromiss.

“Ach ja? Das haben wir in der Tat nicht gewusst…. Ich werde Fuyu-sama darauf

ansprechen, wenn wir zurück sind.”, meinte der Anführer der Soldaten leicht nachdenklich.

“Riko, du wartest hier, bis wir zurück sind.”

Mit diesen Worten sprang der Anführer der Krieger los und die anderen folgten ihm.

Riko blicke ihnen nach. Er hoffte, dass sie nun vorsichtiger sein würden. Aber warum hatte Fuyu -sama ihnen denn nicht gesagt, dass der Lord des Westens bei der Youkai war? Hatte er vielleicht Angst gehabt, dass einer von ihnen etwas darüber ausplaudern könnte?

Ja, das war eine Möglichkeit. Würde es offiziell werden, dass Fuyu die Gefährten eines anderen Lords angriff, würde sich das garantiert nicht positiv auf seinen Ruf auswirken.
 

Riko war allerdings nicht der einzige, der den Kriegern von Fuju nachblickte. Auch die Gestalt, die in einem schwarzen Mantel gehüllt dastand, blickte nachdenklich in die gleiche Richtung wie Riko.

Allerdings standen die Gedanken der beiden im Moment im klaren Gegensatz zueinander.

Während Riko sich immer noch fragte, ob er das Richtige getan hatte, sprühten die Gedanken der verhüllten Gestalt geradezu vor Misstrauen und unterdrücktem Hass.

Was hatte dieser Fuyu jetzt wieder vor? Warum schickte er seine Soldaten in den Westen?

Warum trugen sie nicht die übliche Rüstung von Soldaten des Ostens?

Die Augen der Gestalt wurden schmal. Ließ Fuyu etwa wieder jemanden jagen? Nur wer hatte jetzt den Zorn des Fürsten, ihm widerstrebte es immer noch Fuyu so zu nennen, auf sich gezogen? Er hatte von keinem Zwischenfall gehört, der es gerechtfertigt hätte, so viele Krieger in den Westen zu schicken.

Aber egal, wen die Krieger von Fuyu jagten, er oder sie müsste recht mächtig sein und zudem noch etwas gegen den Lord des Ostens haben.

Er brauchte dringend Leute, die Fuyu genauso verachteten wie er es tat. Vielleicht könnte er in der Person, die gejagt wurde, einen neuen Verbündeten finden?

Nicht länger zögernd sprang die Gestalt ab und folgte den Soldaten unbemerkt.
 

Währenddessen ging Sesshoumaru, gefolgt von den anderen, immer noch ungerührt durch den Wald. Auch wenn es nicht danach aussah, so konzentrierte er sich doch aufmerksam auf seine Umgebung. Wenn die Gruppe fremder Youkai genauso weitergestürmt sein sollte,

wie vorhin, dann müssten sie bald hier sein, aber insgeheim bezweifelte Sesshoumaru das stark. Nur wenige Youkai hatten den Mut, ihn direkt anzugreifen und auch eine solch große

Gruppe ließ eher auf einen Hinterhalt schließen. Doch was war ein Hinterhalt, wenn man schon lange wusste, dass einer bald kommen würde?

Vermutlich würden die Youkai noch eine Weile warten, ehe sie angriffen. Dennoch ließ seine Aufmerksamkeit nicht nach. Man konnte ja nie wissen.

Ruan hatte unterdessen nichts von den fremden Youkai bemerkt. Bis vor kurzem hatte sie sich noch mit Rin unterhalten, doch jetzt konzentrierte sie sich erneut auf ihr Training. Sie wollte schnellstmöglich ihre gesamten Kräfte beherrschen können und Sesshoumaru hatte gesagt, dass sie dazu regelmäßig üben müsse und so tat sie das auch.

Langsam begann sie damit, Youki in ihren Arm zu leiten, was ihr auch ohne größere Probleme gelang. Jetzt kam aber der schwierigere Teil. Sie musste es auf ihrer Handfläche bündeln und auch dort halten. Den ersten Schritt konnte sie recht einfach meistern, nur das halten des Youki’s erwies sich als weitaus komplizierter.

Leicht ärgerlich runzelte sie die Stirn. Noch am Morgen hatte sie ausfersehen einen ganzen Baum gefällt und jetzt bereitete ihr es Probleme, das Youki auf ihrer Handfläche zu halten?

Aus irgendeinem Grund verstand sie das nicht ganz, aber vielleicht musste sie einfach noch mehr üben.

“Sesshoumaru-sama. Ich habe Hunger. Können wir vielleicht eine Pause machen und ich hole mir was zu essen?”, fragte Rin plötzlich neben ihr.

Wie zur Antwort blieb Sesshoumaru einfach stehen und wandte leicht den Kopf zu dem kleinen Mädchen.

“Danke, Sesshoumaru-sama.”, rief die Kleine sogleich vergnügt, sprang von Ah-Uhn’s Rücken hinunter und rannte in den Wald. Kurz darauf hörte Ruan ein unzufriedenes Murmeln von der Seite und als sie sich umblickte, entdeckte sie Jaken, der sich einfach auf den Boden gesetzt hatte und irgendetwas wie: “immer müssen wir auf sie warten… sie macht nur Umstände…”, vor sich hin murmelte.

,Führt der öfters Selbstgespräche?’, überlegte Ruan, rief sich dann aber den Inhalt des gesagten nochmals ins Gedächtnis. Sie hatte keine Zweifel, dass Jaken sich eben auf Rin bezogen hatte.

Langsam ging sie zu ihm und sagte:

“Wenn ich du wäre, würde ich nicht so laut denken.”

“Was?!”, leicht erschrocken blickte Jaken auf. Anscheinend war er so sehr im Selbstmitleid versunken gewesen, dass er sie gar nicht bemerkt hatte.

“Falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Hier sind mindestens zwei Youkai mit sehr gutem Gehör.”

“Oh.”, war Jaken’s fiel sagende Antwort. Dann drehte sich der kleine Youkai jedoch sofort um und verbeugte sich rasch in Richtung Sesshoumaru.

“Ich habe das gar nicht so gemeint, Sesshoumaru-sama. Rin ist ein ganz, ganz liebes Mädchen…” und so ging es noch eine Weile weiter. Sesshoumaru ignorierte seinen Diener derweil geflissentlich.

Rin hatte währenddessen ein paar Pilze gefunden, die sie nun eifrig pflückte. Sie wollte sie essen, wenn sie wieder bei Sesshoumaru-sama und den anderen war. Vielleicht mochte Ruan- chan ja auch einen? Bestimmt. Sie hatte ja auch seit heute Morgen nichts mehr gegessen und mittlerweile war es schon Mittag. Bestimmt hatte Ruan- chan auch Hunger.Plötzlich hörte sie ein rascheln hinter sich.

Neugierig drehte Rin sich um und erblickte einen Schatten, der urplötzlich auf sie viel.

Erschrocken schrie sie auf.
 

Als Ruan Rin’s erschrockenen Schrei vernahm wirbelte sie sofort herum und wollte schon losstürmen, als Sesshoumaru an ihr einfach vorbei lief und in Rin’s Richtung verschwand.

Kurz hielt Ruan verwirrt inne, doch dann folgte sie ihm. Was war mit Rin passiert? Hatte sie jemand angegriffen?

“Jetzt, die Gelegenheit ist perfekt.”, hörte sie jemanden Wispern. Sie kannte die Stimme nicht.

Instinktiv sprang sie zur Seite und entging so knapp dem Angriff. Erschrocken wirbelte sie herum und blickte ihren Angreifern entgegen. Ihr standen etwa fünfzehn Youkai gegenüber, alle mit Schwertern bewaffnet und in langen Mänteln verhüllt.

“Wer seit ihr?”, fragte sie misstrauisch und nahm langsam ihren Bogen zur Hand. Sie wusste, dass dieser ihr nicht gegen so viele Gegner halfen konnten, vor allem, wenn diese auf die Idee kamen sie einzukreisen, aber sie hoffte, die anderen Youkai damit wenigstens ein bisschen auf Abstand halten zu können.

“Wir sind dein Tot.”, antwortete einer der verhüllten Gestalten mit hinterhältigem Lächeln.

Sofort flammte Wut in Ruan auf. Sie kannte diese Youkai nicht mal und diese wollten sie trotzdem einfach so töten?! Und sie nahmen dann auch einfach noch an, dass es leicht werden würde?!

“Das werden wir ja noch sehen.”, knurrte Ruan leicht wütend und spannte ihren Bogen.

,Zum Glück habe ich heute Morgen noch geübt.’, schoss es ihr durch den Kopf, als sie die Sehne vorschnellen ließ. Der Pfeil hätte sogar getroffen, wären die Fremden Youkai nicht vorher ausgewichen.

“Mist!”, zischte sie leise und zog den nächsten Pfeil aus dem Köcher. Diese fremden Youkai waren schnell, zu schnell für ihren Geschmack. Sie durfte nicht so viel Zeit aufs Zielen verschwenden.

Hastig blickte Ruan sich um. Die verhüllten Youkai hatten zwar noch keinen wirklichen Angriff gestartet, aber das konnte sich noch schnell ändern.

Da! Von rechts sprang einer der Youkai mit erhobenem Schwert auf sie zu. Für einen Sekundenbruchteil hielt Ruan inne, unsicher, was sie tun sollte, doch dann überließ sie einfach ihren Instinkten die Führung. In dem Augenblick, in dem der Youkai schon fast vor ihr war, sprang sie hoch in die Luft. Dabei zog sie die Beine an und der angreifende Youkai lief einfach unter ihr hinweg. Sie konnte dessen Verwirrung über ihr Ausweichmanöver beinahe mit Händen fühlen, doch sie hatte keine Zeit, wirkliche Schadenfreude zu empfinden.

Noch ehe sie wieder auf dem Boden aufkam, sprang erneut ein Youkai von links

auf sie zu. Ohne zu zögern legte Ruan den Pfeil, den sie noch immer in der Hand hielt, an den Bogen und schoss. Innerlich betete sie dafür, dass er treffen würde. Sie hatte keine Zeit zum Zielen gehabt. Umso größer war ihre Verwunderung, als sich der Pfeil tatsächlich in die rechte Schulter des Angreifers bohrte.

Die restlichen Youkai ließen ihr dennoch keine Verschnaufpause. Kaum war sie wieder am Boden angekommen, stürzten auch schon zwei Youkai gleichzeitig auf sie zu. Mit einem schnellen Sprung zur Seite schaffte sie es noch, dem ersten auszuweichen, aber da war der zweite schon mit erhobenem Schwert vor ihr.

Ruan fühlte, wie sie das kalte Metall der Klinge streifte, eine Wunde in ihre Schulter riss.

Unwillkürlich schrie sie auf.
 

Bei dem Klang ihrer Stimme wirbelte Sesshoumaru herum. Den Youkai, der Rin angegriffen hatte, hatte er schnell erledigt. Aber jetzt verstand er, dass das nur ein Ablenkungsmanöver war, damit die Fremden Youkai, die er schon vor einer Weile gespürt hatte, an ihr wirkliches Ziel kommen konnten: Ruan.

Verdammt, er hatte nicht aufgepasst. Er hätte Rin nicht so einfach alleine in den Wald lassen dürfen, aber er hatte ja auch nicht damit gerechnet, dass das kleine Mädchen von den Fremden als so wichtig eingestuft wurde.

Mit einem wütendem knurren und den Worten: “Du wartest hier.” sprang Sesshoumaru los und ließ eine leicht verunsicherte Rin hinter sich zurück.

Er durfte keine Zeit verlieren, wenn er noch rechtzeitig bei den Youkai sein wollte, um Ruan zu helfen. Nein, korrigierte er sich in Gedanken, nicht um Ruan zu retten, sondern um diese Youkai dafür büßen zu lassen, dass sie ihn, Sesshoumaru, so an der Nase herumgeführt hatten.

Kurze Zeit später war er auch schon an dem Ort angelangt, an dem Ruan angegriffen worden war und was er sah, brachte sein Blut erst recht zum kochen. Ungefähr 14 Youkai hatten Ruan umzingelt, die sich mit einer Hand eine Wunde an der Schulter hielt.

So viele Youkai griffen gemeinsam eine noch unerfahrene Youkai an! Etwas ehrloseres konnte Sesshoumaru sich kaum vorstellen. Offenbar waren es am Anfang aber 15 gewesen, denn er konnte einen der Angreifer tot am Boden liegen sehen.

,Gut. Sie kann sich einigermaßen verteidigen.’, überlegte Sesshoumaru kurz, doch dann sprang er auch schon los und zog Tokijin.

Ruan sah Sesshoumaru aus dem Augenwinkel auf ihre Angreifer zuspringen. Ungemeine Erleichterung durchflutete sie, als sie das sah. Er würde ihr helfen! Sie musste jetzt nicht mehr alleine kämpfen!
 

Doch schon im nächsten Augenblick forderte ein Angriff ihre volle Aufmerksamkeit.

Offenbar hatten die fremden Youkai erkannt, dass sie sich nun beeilen mussten, wollten siesie noch töten.

Während der Youkai auf sie zusprang, leitete Ruan erneut Youki in ihre Hand, die daraufhin in einem bläulichem Licht schimmerte. Wenn auch unabsichtlich, so hatte sie doch den ersten Youkai mit genau dieser Technik besiegt. Warum sollte es nicht wieder klappen?

Angespannt wartete sie, bis der Youkai direkt vor ihr war, dann sprang sie mit einer Drehung zur Seite und noch ehe der Youkai komplett an ihr vorbeigestürmt war, rammte sie ihm ihre bläulich schimmernde Klaue in den Hals. Mitten im Laufen brach der Youkai daraufhin leblos zusammen. Schnell blickte Ruan zu den anderen Angreifern, nur um zu sehen, dass einer von ihnen schon fast bei ihr war. Zu langsam, um jetzt noch ausweichen zu können, ließ sie sich einfach zu Boden fallen und entging so knapp einem tödlichen Schwerthieb. Allerdings hatte der Angreifer ihr ungeschicktes Manöver schon erahnt, denn im letzten Moment senkte er die Klinge und erwischte Ruan damit am Bein.

“Verdammter Mist.”, murmelte Ruan zwischen zusammengebissenen Zähnen, während sie versuchte, sich wieder aufzurichten.

Sie schaffte es auch, allerdings konnte sie ihr rechtes, verletztes Bein dabei nicht belasten.

Schnelles ausweichen war ihr damit unmöglich geworden, dass war Ruan sofort klar. Schon fast Hilfesuchend blickte sie zu Sesshoumaru, nur um festzustellen, dass dieser im Moment beschäftigt war. Fünf seiner Gegner lagen bereits am Boden und er hatte es zurzeit mit vier weiteren zu tun. Blieben also noch vier für sie übrig.

Das konnte sie aber niemals schaffen. Nicht mit ihrem verletzten Bein und auch nicht mit der Erschöpfung, die langsam aber sicher in ihr hoch kroch. Trotzdem hatte sie nicht vor, jetzt aufzugeben. Wer weiß, vielleicht geschah ja noch ein Wunder? Richtig daran glauben konnte Ruan zwar nicht, aber möglich war alles.

Schnell zog sie einen Pfeil aus ihrem Köcher und nahm ihren Bogen wieder zur Hand. Ihre Schulter protestierte schmerzhaft, als sie zielte, aber das ignorierte Ruan vollkommen.

Sie durfte sich nicht von ihren Verletzungen beeinflussen lassen, wenn sie das hier überleben wollte.
 

Niemand bemerkte etwas von den zwei stillen Beobachtern, die aufmerksam jeder

Bewegung der kämpfenden folgten.

Einer der beiden war Riko. Er hatte es einfach nicht ausgehalten zu warten. Er hatte sich selbst davon überzeugen müssen, wie der Kampf ausging. Für Fuju’s Soldaten sah es zwar ganz und gar nicht gut aus, aber für diese Youkai auch nicht. Sie hatte sichtliche Schmerzen.

Aber auch noch etwas anderes machte ihm Sorgen. Diese Energie, die sie eingesetzt hatte, konnte das sein…? Diese Energie war ihm so vertraut, er hatte sie schon unzählige Male gespürt und sie sich dabei genau eingeprägt. Wenn er es sich recht überlegte, dann sah er ihnen sogar ähnlich, sehr ähnlich sogar…. Konnte sie es wirklich sein? Er konnte es kaum glauben. Es hatte doch immer geheißen, dass sie und ihr Bruder schon längst Tot wären!

Konnte Fuju gelogen haben?

Diese Sache war zu wichtig, als das Riko sie einfach ignorieren konnte. Er musste es unbedingt wissen! War sie wirklich die, für die er sie hielt? Wenn ja, dann würde sie das hier mit Sicherheit überleben.

Ohne noch weiter zu zögern entfernte sich Riko von seinem Beobachtungsplatz und lief davon, in Richtung Osten. Im Moment war es ihm egal, was er seinem Herrn sagen sollte, wenn der ihn nach dem Verlauf des Kampfes fragte. Wenn das, was er vermutete, wirklich der Wahrheit entsprach, dann war Fuju nicht mal sein rechtmäßiger Herr!

Er brauchte dringend Antworten und er wusste auch, wo er sie bekommen würde!
 

Der zweite der Beobachter hatte es nicht so eilig, wegzukommen wie Riko. Auch sein Augenmerk war auf Ruan gefallen. Sie erinnerte ihn an jemanden… sehr stark sogar. Nur an wen? Ihre Energie, ihr Aussehen, all das kam ihm so bekannt vor, doch dass konnte eigentlich nicht sein. Diese Youkai schien ihm viel zu Unerfahren dafür zu sein, um weit herum gekommen zu sein. Er war aber noch so gut wie nie im Westen gewesen. Er konnte sie gar nicht kennen und infolge dessen konnte ihm weder ihre Energie noch ihr Aussehen bekannt vorkommen. Doch sie taten es und das verwirrte ihn.

Als er sah, wie sie einen Pfeil an die Sehne legte, bereit war, sich alleine gegen vier Angreifer gleichzeitig zu behaupten, beschloss er, dass es an der Zeit sei, einzugreifen. Ohne zu zögern zog er noch im Sprung sein Naginata und schlug damit dem ersten, der ihm in den Weg trat, den Kopf ab.
 

Verwundert blickte Ruan zu dem Youkai, der plötzlich aus dem Gebüsch gesprungen kam und einem der Angreifer den Kopf abschlug. Im Sprung war seine Kapuze vom Kopf gerutscht und ließ nun ungehindert den Blick auf diesen zu. Das erste, was Ruan sah, waren die langen, dunkelblauen Haare des Mannes, in denen ein Stich Lila zu erkennen war. Seine Augen hatten die gleiche Färbung. Im starken Gegensatz dazu stand seine bleiche Haut, die schon fast weiß wirkte.

An der Tatsache, dass er einem ihrer Angreifer so einfach den Kopf abschlagen konnte, schloss sie, dass er ebenfalls ein Youkai war. Nur, was wollte er?
 

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Hier ist auch das Kap zuende^^

Bis zum nächsten wird's wahrscheinlich etwas länger als gewöhnlich dauern,

da ich auch noch an meinen anderen FFs weitermachen muss.

Wer mir 'n Kommi hinterlässt kriegt wieder 'ne ENS, wenn's nächste

Kap on ist^^

Bye,

_Corchen_

Aufkommende Gefühle

Verwundert blickte Ruan zu dem Fremden, der nun auch den zweiten und dritten Angreifer schnell und sauber tötete. Er wollte sich gerade dem letzten zuwenden, doch Sesshoumaru war schneller.

Ruan hatte die Bewegung des Inuyoukais nur erahnen können, mit der er den letzten der Angreifer an der Kehle packte und hochhob.

“Wer hat euch geschickt?”, fragte er mit gefährlich ruhiger Stimme.

Kurz erwiderte der Angreifer den eiskalten Blick des Youkais, dann wandte er jedoch die Augen ab.

“Das wirst du niemals erfahren!”, stieß er gepresst hervor und im nächsten Augenblick fiel er leblos zu Boden. Sesshoumaru hatte ihm das Genick gebrochen.

Danach wandte der Inuyoukai sich zu dem fremden Youkai, der Ruans Gegner getötet und ihr somit das Leben gerettet hatte.

“Und du bist?”, fragte er mit gewohnter Kälte in der Stimme.

“Mein Name ist Hakobu.”, antwortete der Fremde und blickte Sesshoumaru kurz musternd an, bevor er sich Ruan zuwandte.

“Wie lautet dein Name?”, fragte er sie leicht misstrauisch.

Kurz musste Ruan irritiert blinzeln. Warum blickte er sie jetzt so misstrauisch und musternd an, obwohl er ihr gerade erst das Leben gerettet hatte? Hatte sie ihm irgendetwas getan?

“Ich heiße Ruan. Ich danke dir, dass du mir geholfen hast.”, meinte sie ruhig und deutete eine Verbeugung an. “Dennoch frage ich mich, warum du dies getan hast. Wir kennen uns schließlich nicht.”

Innerlich seufzte Hakobu teils erleichtert, teils enttäuscht auf. Kurzzeitig hatte er geglaubt zu wissen, wer sie war und an wen sie ihn erinnerte. Doch seine Überlegungen hatten sich als falsch erwiesen. Diese Ruan sah seiner Mutter zwar tatsächlich sehr ähnlich, aber seine kleine Schwester hätte sie ganz bestimmt nicht Ruan getauft. Yuki, das war der Name, den seine Mutter für sie genommen hätte, da war er sich ziemlich sicher.

“Ich wollte dir nicht helfen, sondern nur diese Krieger hier zur Strecke bringen. Sie sind Soldaten des Ostens.”, erklärte er, bereute es aber sogleich wieder. Direkt vor dem Herrn des Westens hatte er gerade ausgeplaudert, dass der Herr des Ostens dessen Gefolge hatte angreifen lassen. Er hasste Fuyu zwar abgrundtief und wünschte ihm wirklich nichts gutes, aber einen Krieg in den der Osten verwickelt war, wollte er auch nicht.

Sesshoumaru hatte seine Augen unmerklich zusammengezogen, als er Hakobu’s Aussage gehört hatte. Krieger des Ostens also? Das dürfte erklären, warum sie so gut ausgebildet gewesen waren. Das Potential von einfachen Söldnern hatten sie nämlich schon bei weitem überschritten. Aber warum hätte der Herr des Ostens seine Begleiterin angreifen lassen sollen? Er warf Ruan einen kurzen Blick zu. Sie hatte sich wirklich gut geschlagen, dass musste er zugeben. Warum hatte der Herr des Ostens sie töten wollen? Egal. Tatsache war, das er es getan hatte. Er sollte ihm vielleicht einmal einen kleinen Besuch abstatten um ihm klar zu machen, wessen Begleiter er so einfach angegriffen hatte.

Stellte sich jetzt nur noch die Frage, woher dieser Hakobu wusste, dass die Angreifer Krieger des Ostens waren. Er wollte gerade eine entsprechende Frage stellen, doch das wurde ihm in diesem Moment schon durch Ruan abgenommen.

“Herr des Ostens? Warum sollte der mich töten lassen wollen? Und woher weist du davon?”, fragte sie verwirrt. Sie konnte sich keinen Grund vorstellen, warum jemand völlig Fremdes sie hatte töten wollen.

“Den Grund kenne ich nicht und der Rest geht dich nichts an.”, mit diesen Worten drehte Hakobu sich um und sprang davon.

Kurz sah Sesshoumaru ihm nach und überlegte, ob er die Verfolgung aufnehmen solle, doch er verwarf den Gedanken sogleich wieder. Rin war immer noch hinter ihnen irgendwo im Wald, Jaken wartete mit Ah-Uhn auf dem Weg und Ruan war verletzt. So verstreut und Schutzlos wären seine Begleiter eine leichte Beute für niedere Youkai.

Also blieb er stehen.

Ruan sah Hakobu unterdessen mit gemischten Gefühlen hinterher. Einerseits hatte dieser Youkai ihr das Leben gerettet, aber andererseits schien er gar nichts mit ihr zu tun haben zu wollen. Warum? Ruan kam einfach nicht dahinter. Und dann war da auch noch die Sache mit den vielen Youkai, die sie angegriffen hatten. Der Herr des Ostens sollte diese Soldaten geschickt haben? Warum sollte ein Youkailord sie töten wollen? Ruan fiel dafür kein einziger plausibler Grund ein und wenn sie genau nachdachte, dann wollte sie es auch gar nicht wirklich wissen. Am liebsten würde sie diese Aussage von Hakobu als einfache Lüge abschreiben. Doch irgendetwas in ihr sagte ihr, dass der blauhaarige Youkai nicht gelogen hatte und ihr wirklich ein föllig fremder Youkailord nach dem Leben trachtete.
 

Zielstrebig lief Riko über eine weite, grasbewachsene Ebene. Bis zu seinem Ziel war es nicht mehr weit. In der Ferne konnte er schon einige kleinere Erhebungen erkennen, in deren Nähe eine Baufällige Holzhütte stand und diese Hütte war sein Ziel. Er hoffte, dass die Person, die er suchte, noch immer dort lebte.

Kurz bevor er an den ersten Erhebungen ankam, verlangsamte er seine Geschwindigkeit. Beim näher kommen konnte man erkennen, dass kleinen Hügel nicht das waren, was sie zunächst zu sein schienen. Hier und da konnte man Stellen erkennen, die das Moos und die verschiedenen Gräser noch nicht bedeckt hatten. Dort konnte man dann altes, vermodertes Holz oder von Feuer geschwärzte Steine erkennen. Die kleinen Erhebungen waren das einzige, was von einem einst großen Schloss übrig geblieben war, dass hier einst gestanden hatte. Das Feuer hatte es vor gut 17 Jahren niedergebrannt.

Riko konnte sich noch gut daran erinnern, was es für ein Schock gewesen war, als er davon gehört hatte. In diesem Schloss hatte die damalige Gefährtin des östlichen Herrschers gelebt. Auch sie war den Flammen zum Opfer gefallen, zusammen mit ihrem ungeborenem Kind, so hatte es zumindest geheißen. Jetzt war Riko sich da nicht mehr so sicher.

Langsam schritt er zu der alten Hütte. Sie war das einzige Gebäude, dass den Brand damals überstanden hatte und in ihr lebte die wahrscheinlich einzige Person, die Riko’s Fragen beantworten konnte und auch würde.
 

Mittlerweile waren Sesshoumaru und seine Begleiter bei einer leer stehenden Hütte angekommen. Ruan hatte sich zusammen mit Rin in die Hütte gesetzt. Auch Jaken hockte in einer Ecke. Ah-Uhn lag vor der Hütte und achtete darauf, dass niemand Fremdes sich näherte während Sesshoumaru wieder irgendwo herumstreifte. Wo, dass wusste Ruan schon wieder nicht, aber sie hätte es jetzt wirklich gerne gewusst. Falls das, was dieser Hakobu gesagt hatte, der Wahrheit entsprach, dann wären in einiger Zeit bestimmt noch mehr Krieger hinter ihr her und wenn er nicht da war… oder wenn er angegriffen wurde, weil er ihr geholfen hatte….

Ruan wollte gar nicht daran denken. Bei dem alleinigem Gedanken daran, dass Sesshoumaru wegen ihr verletzt werden könnte, zog sich ihr inneres schmerzhaft zusammen. Warum das so war, wusste sie nicht, aber ehrlich gesagt hatte sie jetzt auch keine große Lust, darüber nachzudenken.

“Ruan- chan?”, fragte Rin plötzlich leise.

Fragend sah die Youkai in Richtung des kleinen Mädchens. Was wollte die Kleine?

“I… ist es meine Schuld, dass du angegriffen wurdest…?”, fragte das kleine Mädchen mit zitternder Stimme.

“Nein. Wie kommst du denn darauf?”, antwortete Ruan sogleich leicht verwirrt. Wie war das Mädchen auf die Idee gekommen, für den Angriff verantwortlich zu sein? Hatte Jaken ihr das etwa eingeredet? Kurz warf sie dem Grünling einen Blick zu. Nein, der kleine Youkai guckte mindestens genauso verwirrt wie sie eben. Diesmal war es anscheinend unschuldig.

“Aber nur weil ich geschrieen habe bist du doch in den Wald gelaufen!”, widersprach ihr Rin heftig.

“Rin, dich trifft keine Schuld. Diese Youkai hätten mich sowieso früher oder später angegriffen. Es tut mir nur leid, dass du da mit hineingezogen wurdest.”, versuchte die Youkai Rin zu beruhigen. Sie wollte nicht, dass die Kleine wegen ihr solche Schuldgefühle besaß und außerdem war es wirklich nicht ihre Schuld.

“Aber warum hätten dich diese Youkai einfach so angreifen sollen?”, fragte Rin leise.

Innerlich seufzte Ruan erleichtert auf. Rin klang zwar noch nicht wirklich überzeugt, aber zumindest wollte sie schon den wahren Grund erfahren und lud nicht mehr einfach alle Schuld auf sich.

“So genau weis ich das selber nicht, Rin. Ich glaube irgendjemand, der mich nicht mag, hat sie geschickt.”

“Aber warum sollte jemand dich denn nicht mögen?”, wollte die Kleine sogleich empört wissen.

Daraufhin musste Ruan dann doch leicht lächeln. Rin wirkte zwar immer fiel zu erwachsen für ihr Alter, aber im Grunde genommen war sie halt doch noch ein Kind.

“Weist du Rin, manchmal braucht ein anderer keinen wirklichen Grund um einen nicht zu mögen. Er tut es einfach.”

In diesem Moment hörte Ruan Ah-Uhn vor der Hütte aufstehen. Kam etwa jemand? Schnell raffte sie sich auf und ging zu der Tür, die nur durch eine Stoffmatte verhängt war. Dabei bemerkte sie, dass sie kaum noch Schmerzen an ihrem verletzten Bein und Arm hatte. Kurz blickte sie verwundert an sich herunter und erkannte zu ihrem eigenen Erstaunen, dass beide Wunden schon so gut wie verheilt waren. Hing das etwa auch damit zusammen, dass sie jetzt eine Youkai war? Heilten jetzt alle ihre Wunden so schnell? Sie würde bei Gelegenheit mal Sesshoumaru fragen müssen, doch jetzt musste sie sich auf ein akuteres Problem konzentrieren. Langsam griff sie nach ihrem Bogen und dem Köcher, in dem nur noch fünf Pfeile lagen. Von diesen zog sie einen heraus und legte ihn an die Sehne, ehe sie die Matte, die den Eingang verdeckte, vorsichtig zur Seite schob.
 

Unruhig ging Fuyu in seinen Gemächern auf und ab. Mittlerweile war die Sonne schon fast untergegangen. Eigentlich müssten seine Krieger doch bald zurück sein. Kurz blieb er stehen, schloss die Augen und konzentrierte sich kurz. Nein, er konnte ihre Auren nicht wahrnehmen. Das hieß, dass sie noch gar nicht in der Nähe des Schlosses sein konnten. Warum dauerte das so lange? Hatten sie etwa versagt? Aber er hatte seine besten Krieger geschickt, sie konnten gar nicht versagt haben! Und was wenn doch? Lebte diese Youkai etwa noch? Hatte Sesshoumaru erfahren, dass er es war, der die Krieger geschickt hatte? Er hoffte es nicht. Er konnte im Moment keinen Krieg gebrauchen, vor allem da wahrscheinlich die beiden wirklichen Erben seines Cousins da draußen noch irgendwo herumliefen. Seine einzige Chance war, dass er wusste, wo Ruan sich aufhielt und ihr Bruder es anscheinend nicht wusste. Hoffentlich war es seinen Soldaten noch gelungen sie zu töten! Vielleicht waren die Krieger nach dem Kampf ja auch verletzt und waren deswegen noch nicht zurück. Ja, dass musste es sein! Sie konnten einfach nicht versagt haben! Vielleicht sollte er aber dennoch einen Späher hinterher schicken? Nur um ganz sicherzugehen…

Diese Idee verwarf er aber schnell wieder. Er sollte sich wirklich mehr in Geduld üben. Es gab dutzende von Möglichkeiten, warum noch keiner seiner Krieger zurückgekehrt sein könnte. Er sollte nicht immer gleich von der schlimmsten ausgehen.
 

Gespannt blickte Ruan hinaus. Ah-Uhn hatte sich neben dem Eingang aufgerichtet und blickte zielgenau in eine bestimmte Richtung. Kein Laut verließ seine Kehle und auch seine Haltung ließ nichts darauf zurückschießen, ob der Drache nun einen Feind ausgemacht hatte oder nicht. Angestrengt kniff Ruan die Augen zusammen und blickte in die Gleich Richtung wie der Drache. Sie konnte niemanden im Zwielicht des vortgeschrittenem Sonnenuntergangs entdecken, also verließ sie langsam die Hütte, um einen besseren Überblick zu haben.

“Ruan-chan, was ist los?”, fragte Rin auf einmal neugierig und trat aus der Hütte.

“Bleib drinnen, ich glaube, Ah-Uhn hat jemanden entdeckt.”, wies Ruan das kleine Mädchen sofort an. Schnell verschwand Rin wieder in der Hütte und Ruan konnte hören, wie sie etwas zu Jaken sagte. Wahrscheinlich wollte sie den grünen Youkai dazu überreden, zu Ruan hinauszukommen. Darauf konnte diese aber, wenn sie ehrlich war, sehr gut verzichten. Sie hatte Jaken zwar noch nie kämpfen sehen und wollte auch nicht vorschnell urteilen, aber bei seiner Körpergröße fiel es ihr verständlicherweise schwer, sich den kleinen Youkai als einen fähigen Kämpfer vorzustellen. Zum Glück sah Jaken das wahrscheinlich genauso, denn er kam nicht heraus.

Plötzlich stieß Ah-Uhn neben ihr ein leises, drohendes knurren aus. Sofort wandte Ruans Aufmerksamkeit sich wieder dem Drachen und dessen Blickrichtung zu. Jetzt konnte sie das leise Brechen von Ästen vernehmen, dass immer lauter wurde. Egal was da kam, es war groß, dessen war die Youkai sich sicher. Schnell hob sie ihren Bogen und zielte damit genau in die Richtung, aus der der Lärm zu kommen schien.

Sekunden später konnte Ruan auch schon den herankommenden Youkai sehen und verzog kurz angeekelt das Gesicht. Ein riesiger Wurmyoukai ohne Augen wand sich durch den Wald und fällte nebenbei einen Baum nach dem anderen. Er hatte ein überdimensionales Maul mit dazu passenden Zangen, aus welchem eine grünliche Flüssigkeit troff.

“Komm nicht näher!”, rief Ruan laut. Es bestand ja immer noch die Möglichkeit, dass der Wurmyoukai sie einfach nicht bemerkt hatte und nur aus purem Zufall in ihre Richtung kam. Als dieser jedoch nicht auf ihren Ruf reagierte, richtete Ruan die Spitze ihres Pfeils auf den Youkai und begann damit, ihre Energie in das Geschoss fließen zu lassen. Sie hatte im Moment nur diesen einen Pfeil, deswegen musste ein Schuss genügen, um den fremden Youkai aufzuhalten. Als sie glaubte, dass genug Energie in dem Pfeil war, war der Wurmyoukai schon keine zwanzig Meter mehr von ihr entfernt. Ohne zu zögern ließ sie die Bogensehne vorschnellen und ihr Pfeil traf den Youkai direkt an der Stirn. Kurze Zeit passierte gar nichts und Ruan dachte schon, sie habe einen Fehler gemacht, doch dann stoppte der Wurmyoukai urplötzlich in seinem Lauf und ein helles, blaues Licht ging von seiner Stirn und dem Pfeil aus, dessen Spitze sich in der dicken Haut des Youkais verhakt hatte.

Von Augenblick zu Augenblick wurde das Licht stärker und in dem Moment, in dem Ruan mit ihrer Hand die Augen schützen musste, weil das Licht sie zu sehr blendete, wurde der Youkai von einer Druckwelle aus blauem Licht wortwörtlich zerrissen.

Leicht verdattert starrte Ruan auf die Stelle, auf der der Youkai bis eben noch gestanden hatte, während um sie herum einige undefinierbare Fetzen zu Boden fielen. Jetzt war dort ein großer Krater zu sehen und die meisten der Bäume in der Umgebung waren nach allen Regeln der Kunst entwurzelt worden.

,Bin… bin ich das da etwa gewesen…?’, fragte Ruan sich leicht fassungslos, aber eine andere Möglichkeit für diese Explosion gab es eigentlich gar nicht. Vielleicht sollte sie in Zukunft mehr darauf achten, wie viel Energie sie in einen Pfeil gab…? Sie hatte diesen Gedanken kaum zu Ende gedacht, da wurde er schon laut ausgesprochen, allerdings nicht von ihr.

“Du solltest in Zukunft nicht so viel Youki benutzen.”, sprach eine kalte Stimme hinter ihr. Blitzschnell wirbelte Ruan herum und wäre dabei beinahe mit Sesshoumaru zusammengestoßen, der keine 10 Zentimeter hinter ihr stand. Hastig trat sie einen Schritt zurück, aber dann kam ihr plötzlich ein anderer Gedanke. War Sesshoumaru etwa die ganze Zeit hier gewesen…?

“Sag mal, du warst die ganze Zeit hier, oder? Hast du einfach nur zugesehen?! Dieses Ding hätte mich und die anderen einfach platt walzen können!!! Warum hast du nicht eingegriffen?! Für dich wäre es doch wahrscheinlich nicht einmal schwer gewesen dieses Ding da einfach zu töten, oder? Du…!

“Ich hätte eingegriffen, wenn es nötig gewesen wäre.”, unterbrach Sesshoumaru sie mit eiskalter Stimme. Dann drückte er ihr plötzlich ein längliches Bündel in die Hand und wandte sich der Hütte zu.

“Sesshoumaru, warte, was…”, instinktiv wollte sie nach dem linken Arm des Youkais greifen, um ihn am Weggehen zu hindern, doch sie bekam nichts als Stoff zu fassen. Sein linker Ärmel war leer, einfach nur leer. Erschrocken ließ Ruan den Youkai los und ging ein paar Schritte zurück.

“E… Entschuldigung…”, murmelte sie mit gesenktem Blick.

Kurz sah Sesshoumaru sie noch an, doch dann ging er einfach weiter, als sei nichts geschehen und betrat die Hütte, wo er von Rin und Jaken sogleich freudig begrüßt wurde. Ruan konnte die glücklichen Stimmern der beiden deutlich hören, doch sie achtete nicht darauf. Warum hatte Sesshoumaru nur noch einen Arm? Sie hatte es bisher gar nicht bemerkt…. Und warum war sie dann auch noch so dämlich und griff genau an den linken Ärmel, wo er doch genau diesen Arm nicht mehr hatte? Hätte sie nicht ganz einfach den rechten nehmen können…? Doch woher hätte sie das denn überhaupt wissen sollen? Sesshoumaru war es bisher perfekt gelungen das Fehlen eines seiner Körperteile zu überspielen. Wahrscheinlich hätte sie es nie bemerkt, wenn sie nicht….

Um sich abzulenken blickte Ruan jetzt auf das längliche Päckchen, welches Sesshoumaru ihr so kommentarlos in die Hand gedrückt hatte. Was da wohl drin war? Langsam wickelte sie den Stoff, der darum gewickelt war, ab und zum Vorschein kam nichts anderes als ein langes, leicht gebogenes Schwert samt dazugehöriger Scheide.

Verwundert betrachtete sie die Waffe in ihrer Hand eingehend. Der Griff sowie die Schwertscheide waren wundervoll gearbeitet und gewiss sehr wertvoll, dass konnte selbst sie genau erkennen. Langsam zog sie das Schwert aus der Scheide, um es so besser betrachten zu können. Die Klinge war leicht gebogen und sehr scharf, was Ruan feststellte, als sie einen Finger daran legte. Auch lag die Waffe mehr als nur gut in der Hand….

Alles in allem musste dieses Schwert ein kleines Vermögen Wert sein und Sesshoumaru hatte es keinem anderen gegeben als ihr! Doch warum? Sie konnte noch nicht einmal mit einer solchen Waffe umgehen, also wäre das Schwert in ihren Händen doch völlige Verschwendung, oder? War Sesshoumaru etwa nur verschwunden, weil er ihr dieses Schwert besorgen wollte…? Das konnte Ruan sich kaum vorstellen. Doch er hatte es ihr in die Hand gedrückt, also musste es auch für sie bestimmt gewesen sein….

Und sie hatte ihn auch noch angeschrieen, als er wieder da gewesen war, ganz zu schweigen davon, dass sie an seinen leeren linken Ärmel gepackt und sich daraufhin entsetzt ein paar Schritte zurückgezogen hatte! Was musste er jetzt von ihr denken?

Sie hatte sich wirklich wie der letzte Trottel benommen! Was musste sie auch so… so… komisch reagieren! Wenn sie eine solche Verletzung gehabt hätte und jemand anderes so darauf reagiert hätte, wäre sie mehr als nur tödlich beleidigt gewesen. Wie musste sich der Inuyoukai jetzt fühlen? Oh, sie war so ein Trottel!

Langsam ließ sei das Schwert zurück in die Scheide gleiten. Dass Sesshoumaru ihr etwas so wertvolles anvertraut hatte, ließ ihre Schuldgefühle auch nicht gerade sinken.

In diesem Moment wurde der Vorhang der Hütte zur Seite geschoben und Rin kam heraus.

“Ruan-chan, hast du den Youkai ganz alleine besiegt? Wie hast du das gemacht? Geht es dir gut? Woher hast du das Schwert?”, plapperte die Kleine sofort fröhlich drauf los.

“Nicht alles auf einmal, Rin. Ja, ich habe den Youkai besiegt und mir geht es auch gut. Das Schwert hat Sesshoumaru mir gegeben….”, antwortete die Youkai geistesabwesend.

Danach redete Rin noch über irgendetwas anderes, aber Ruan hörte gar nicht zu. Ihre Gedanken kreisten noch immer um einen gewissen Youkai.

Als die Kleine bemerkte, dass die Youkai ihr nicht zuhörte, packte sie Ruan einfach kurz entschlossen an der Hand und zog sie mit sich in die Hütte zu den anderen. Schließlich hatte Ruan-chan schon zwei mal an diesem Tag gekämpft und war ganz bestimmt müde!
 

“Danke, du hast mir sehr geholfen, Miko.”, meinte Riko höflich und verließ die Hütte.

Sein Wissensdurst war jetzt gestillt, aber dafür hatte er auch Dinge erfahren, die er zwar schon vermutet, aber dennoch nicht für möglich gehalten hatte. Entschlossen wandte er sich in die Richtung des Schlosses des Ostens. Es gab einige Dinge, die er jetzt dort zu erledigen hatte. Vor allem musste er einmal eine kleine Unterhaltung mit Fuyu führen. Er vertraute der alten Miko zwar, die in der baufälligen Hütte wohnte, aber sie war halt sehr alt und das, wonach er gefragt hatte schon mehr als siebzehn Jahre her. Für Youkai war diese Zeitspanne zwar kaum von Bedeutung, aber für diese kurzlebigen Menschen machten siebzehn Jahre schon viel aus. Soweit er wusste neigten ältere Menschen auch dazu, vergangene Dinge schnell wieder zu vergessen…. Vielleicht hatte die alte ja ein wichtiges Detail ausgelassen, weil sie sich nicht mehr hatte daran erinnern können? Er musste es herausfinden! Also lief er los, wohlwissend, dass es einer seiner größten Fehler sein könnte, jetzt noch zu dem Schloss zurückzukehren.
 

Mittlerweile war die Sonne vollkommen untergegangen und der Himmel mit Sternen übersät. In der Mitte der Hütte brannte ein kleines Feuer, welches Jaken vor kurzem mit seinem Kopfstab entzündet hatte. Jetzt hatte sich der kleine Youkai schon schlafen gelegt, genauso wie Rin. Nur noch Sesshoumaru und sie waren wach, wobei ersterer die Augen geschlossen hatte und entspannt an der Wand lehnte.

Ruan unterdessen starrte unentwegt in die Flammen, während sie ihre Gedanken schweifen ließ. Das Schwert, welches Sesshoumaru ihr gegeben hatte, hielt sie fest umklammert. Die Tatsache, dass er ihr etwas geschenkt hatte, war ja schon seltsam genug, aber sie hatte ihn zudem auch noch angeschrieen und sich generell wie ein Trottel benommen und er war nicht einmal wütend geworden. Sie machte sich noch immer Vorwürfe deswegen.

Warum war sie auch nur so dumm gewesen?! Sesshoumaru würde sie ab jetzt bestimmt keines Blickes mehr würdigen! Moment, was dachte sie da? “Keines Blickes mehr würdigen”? Das hörte sich wirklich mehr als nur komisch an, aber, Ruan löste ihren Blick langsam von den Flammen und wandte ihn stattdessen Sesshoumaru zu, ihre Gedanken gingen in letzter Zeit sowieso in komische Richtungen, wenn sie an den Youkai dachte.

Warum das wohl so war…? Sie hatte sich schon viel zu oft den Kopf darüber zerbrochen und war dennoch nie zu einer richtigen Lösung gekommen.

Ohne das sie es bemerkte, dämmerte sie langsam weg und schlief schließlich gänzlich ein.

Im nächsten Augenblick fand sie sich auch schon in ihrem Traum wieder, einem höchst seltsamen Traum…
 

Stimmen. Sie hörte jemanden um sich herum reden. Sie wollte verstehen, was sie sagten, doch sie konnte es nicht, sie wollte sich bewegen, die Augen öffnen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Langsam wurden die Stimmen um sie herum lauter, sie konnte erkennen, dass es zwei Frauen waren, die da sprachen. Die Stimme der einen klang besorgt und die zweite schwach und zittrig. Über was redeten sie? Ruan wollte unbedingt wissen, was sie sagten, doch sie konnte die beiden nicht verstehen. Verzweifelt wollte Ruan den Mund öffnen, rufen, die beiden sollen doch lauter sprechen, doch auch das konnte sie nicht. Es war ungemein wichtig, was die beiden sagten, dass wusste sie! Warum nur konnte sie sie nicht verstehen?! Und als wäre das das Zeichen gewesen, wurden die Stimmen plötzlich klarer….

“…ki, Yuki, dass“, ein röcheln war zu hören, “soll ihr Name sein….” Das hatte die schwächere Stimme gesagt. Komisch, woher wusste Ruan plötzlich, dass die Frau Blut gespuckt hatte, als das Röcheln zu hören gewesen war?

“My Lady, sie müssen hier fort! Sie und das Kind!”, das war die besorgte Stimme gewesen.

“Nein…. Nimm, nimm du”, ein erneutes husten war zu hören, “nimm du sie und verschwinde von hier. Sie werden… bald… hier sein.” Beim Sprechen war die Stimme immer schwächer geworden. Scheinbar strengte die Frau selbst das Reden ungemein an.

“My Lady…. Sie werden euch töten! Ich bitte euch, um das Andenken eures Gefährten zuliebe….”, flehte die zweite Frau nun fast verzweifelt klingend.

Ein schwaches Lachen war zu hören. “Das Andenken meines Gefährten…. Keine Sorge, ich werde es schon zu verteidigen wissen….”

“Aber Fürstin! Soll das Kind denn ganz ohne Eltern aufwachsen?! Ich bitte euch, flieht! Flieht solange ihr noch die Chance dazu habt!”

“Das Kind…”, plötzlich klang die erste Frau nachdenklich, “Bring… bring es zu Hakobu….” Ein erneuter Hustenkrampf schüttelte die ohnehin schon geschwächte Frau. “Hakobu… du musst ihn finden…. Du musst ihn warnen…. Er… er wird sein… sein nächstes Opfer sein….”

“My Lady….”

“Geh… bitte geh jetzt…, sonst… sonst wird es zu spät sein….”

“Jawohl, meine Fürstin….”, hauchte die zweite Frau mit unendlicher Trauer in der Stimme.
 

Nachdenklich betrachtete Sesshoumaru die unruhig schlafende Ruan. Sie hatte einen Alptraum, dass konnte er deutlich wahrnehmen. Was sie wohl träumte? Doch wieso sollte ihn das überhaupt interessieren? Kurz schweifte sein Blick über das Schwert, welches Ruan selbst im Schlaf noch fest an sich gedrückt hatte. Es war zwar von einem Menschen geschmiedet worden, doch dieser hatte sich auf sein Handwerk verstanden. Es würde seinen Zweck gut erfüllen können.

Als Ruan heute von den vielen Youkai angegriffen worden war, hatte ihr der Bogen nicht viel weitergeholfen. Sie hatte sich zwar auch so gut verteidigen können, aber im Grunde genommen war es dennoch nur pures Glück, dass sie diese Sache überhaupt überlebt hatte. Deswegen hatte er beschlossen, ihr eine neue Waffe zu besorgen. Er zweifelte nicht daran, dass Ruan mit ein bisschen Übung auch diese bald einigermaßen meistern konnte. Sie lernte ziemlich schnell.

Plötzlich fing Ruan an, sich unruhig im Schlaf hin und her zu wälzen. Sie murmelte irgendetwas, doch selbst Sesshoumaru mit seinen guten Ohren hatte Schwierigkeiten damit, sie zu verstehen. Aus einem unbestimmten Gefühl heraus stand er auf und ging zu der unruhig schlafenden Ruan hinüber. Noch ehe er realisiert hatte, was er da tat, ließ er sich neben ihr nieder und betrachtete sie eingehend. Aus ihrem zu Anfang unverständlichem Gemurmel konnte er nun verschieden Wort fetzten wie “nein” oder “Komm… mit…”, heraushören.

Er wollte sich gerade wieder erheben, da ging plötzlich ein Ruck durch die schlafende Ruan und sie griff mit einer Hand nach Sesshoumaru’s Fell und zog daran.

Perplex hielt der Youkai in seiner Bewegung inne und ließ sich auf den Boden zurücksinken. Dies nutzte die noch immer schlafende Ruan sofort auf und zog das eine Ende des Fells zu sich, welches sie sofort als Kopfkissen in Beschlag nahm. Ihre rechte Hand hatte sie ebenfalls in das weiche Fell gegraben, während sie mit der linken noch immer das Schwert umklammert hielt, welches Sesshoumaru ihr gegeben hatte.
 

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Und, wie war's?^^

Diese Schlussszene vom Kap ist mir einfach so im Kopf rumgespugt und ich musst

sie dann halt einfach nehmen^^

Über Kommies würd ich mich wie immer sehr freun^^

Bye,

_Corchen_

Vergangenes

Verschlafend blinzelnd öffnete Ruan die Augen. Noch im Halbschlaf strich sie suchend mit einer Hand am Boden neben sich entlang, immer in der unbestimmten Vermutung, dass dort etwas Warmes und Weiches sein müsste…. Mit einem Schlag war sie hellwach. Etwas Warmes und weiches?! Wie kam sie denn auf so eine Idee?!

Angestrengt forschte sie in ihrem Gedächtnis nach aber ihr kam nichts in den Sinn, was die Suche nach etwas weichem neben sich gerechtfertigt hätte. Dafür viel ihr aber etwas anderes ein, nämlich ihr Traum. Diese schwache Frauenstimme hatte über Hakobu gesprochen. Was hatte das zu bedeuten? Denn das dieser Traum kein normaler gewesen war, war ihr klar. Er war ihr eher wie eine Erinnerung vorgekommen. Eine höchst seltsame Art von Erinnerung. Doch was hatte dann Hakobu’s Name darin verloren? Wenn sie ihn noch einmal sah, würde sie ihn unbedingt danach fragen müssen….

Doch da war noch eine Sache, die ihr nicht aus dem Kopf ging. “Yuki, das soll ihr Name sein.” Das war auch etwas, was die Frau gesagt hatte. Ruan hatte keinen Zweifel daran, dass sie damit gemeint war. In ihrem Traum hatte die schwache Frauenstimme ihr einen Namen gegeben. Doch warum?

Sie hatte zwar schon eine leise Vermutung, doch sie erschien ihr so abwegig, dass Ruan sie sogleich wieder verwerfen wollte. Leider hatte sie da die Rechnung ohne ihre Neugierde gemacht, die es vehement verhinderte, dass sie die Idee aus ihren Gedanken verbannen konnte. Was, wenn der Traum wirklich eine Erinnerung war? Wenn dem so war, dann musste die Person, die ihr den Namen gegeben hatte zwangsläufig ihre wahre Mutter gewesen sein,oder?

Konnte das sein? Konnte es sein, dass in ihrem Traum eine Antwort auf eine der vielen Fragen nach ihrer Herkunft beantwortet wurde? War es wirklich möglich, dass sie als Kind gar nicht ausgesetzt wurde, sondern ihre Eltern gestorben waren? Beide? Aber was war dann mit der Frau passiert, die sie damals hatte wegbringen sollen?

In diesem Augenblick fiel ihr noch ein anderer Traum ein, den sie schon vor einiger Zeit gehabt hatte. Damals hatte sie von Feuer geträumt und einer Frau, die die mit einem Bündel im Arm durch die Flammen getaumelt war. Sie hatte diesen Traum eigentlich schon fast vergessen gehabt, doch jetzt ergab er für sie einen Sinn. Er war praktisch das fehlende Bindeglied.

Stellte sich nur noch die Frage, was mit diesem Hakobu war…? Wenn diese schwach klingende Frau ihre Mutter gewesen war, konnte es dann sein das Hakobu…? Nein, das war wirklich zu weit hergeholt. Hakobu konnte doch kaum mit ihr Verwandt sein, oder? Das wäre wirklich zu viel des Zufalls. Aber vielleicht sollte sie ihn ja einfach mal danach fragen, falls sie ihn je wieder sah? Ja, das konnte sie sich schon lebhaft vorstellen.

,Hallo, Hakobu. Ich weis, wir kennen uns nicht aber könnten es dennoch sein das deine Mutter bei einem Brand ums Leben gekommen ist? Hatte sie da auch ganz zufällig ein Kleinkind mit dem Namen Yuki dabei?’

Ja, seine Reaktion auf eine solche Frage wäre bestimmt lustig mit anzusehen.

Seufzend erscheuchte sie die Vorstellung aus ihren Gedanken und widmete sich wieder einem anderen Thema. Wie waren ihre Eltern gestorben? Es hatte sich so angehört, als seien sie von irgendjemandem gejagt und danach auch getötet worden. Außerdem hatte diese eine Frau ihre Mutter mit “My Lady” angesprochen. Hieß das etwa, dass ihre Eltern sehr mächtige Youkai gewesen waren? Aber wer hätte sie dann töten können? Gut, ihre Mutter hatte zwar schon recht geschwächt geklungen, aber dennoch….

In diesem Moment fiel Ruan auf, dass ein heller Sonnenstrahl durch das kleine Fenster in die Hütte fiel. Dadurch von ihren Gedanken abgelenkt, blickte sie sich zum ersten Mal an diesem Tag wirklich um.

Keine Sekunde später war sie schon auf den Beinen. Die Hütte war leer! Außer ihr war hier niemand mehr! Jaken, Rin, Sesshoumaru, keinen von ihnen konnte sie entdecken. Nur ihr halb leerer Köcher lag einsam und verlassen in einer Ecke und ja, das Schwert war auch noch da. Sie hatte es die ganze Zeit über nicht aus der Hand gegeben. Doch, wo waren dann die anderen?

Waren sie etwa…? Ohne sie…?

Nein, dass konnte und wollte Ruan nicht glauben. Schnell packte sie ihren Köcher samt Bogen, warf sich beides über die Schulter und stürmte aus der Hütte.
 

“Fuyu-sama, einer der Soldaten ist zurück.”

“Gut, schicke ihn herein. Dann kannst du gehen.” Mit einer weiteren, tiefen Verbeugung zog sich der Youkai zurück und nur einen Augenblick später trat ein Neko-Youkai mit rötlichen Haaren ein. Mit aufmerksamen, katzenartigen Augen blickte er sich um, ehe er sich mit einer Verbeugung in die Mitte des Raumes kniete und darauf wartete, dass der Höhergestellte zuerst sprach.

“Riko, nicht wahr?”

“Ja, Herr.”

“Wie ging die Mission, die ich dir und den Kriegern gab, aus?”, eigentlich war diese Frage überflüssig. Der goldhaarige Youkai konnte es sich schon selbst denken, weil nur einer seiner Leute zurückgekehrt war. Aber er wollte dennoch absolute Gewissheit.

“Die Krieger haben versagt, Herr, und dadurch ihren Tod gefunden.”, antwortete Riko langsam. Eigentlich wusste er ja nicht, wie der Kampf ausgegangen war, aber da ihm auf dem Hinweg keiner der Krieger begegnet war, nahm er einfach an, dass sie verloren hatten.

Zu seiner Erleichterung schien er sogar Rech zu haben, denn Fuyu hatte plötzlich einen nachdenklichen und auch leicht besorgten Ausdruck im Gesicht.

“Fuyu-sama, verzeiht die Frage, aber diese Youkai ist sehr stark…”, setzte Riko zögerlich an. Er wollte zwar ganz sicher gehen, dass seine Informationen der Wahrheit entsprachen, aber bereit dafür zu sterben war er auch nicht. Also überlegte er kurz, ehe er vorsichtig weiter sprach.

“Ich habe mich gewundert, warum ihr sie habt angreifen lassen. Sie hätte eine gute Verbündete sein können.”

Nachdenklich betrachtete Fuyu den Soldaten vor sich. Für die erste Mission hatte er ihn ausgewählt, weil er so scharfsinnig war. Doch jetzt erschien es ihm, als sei Riko ein bisschen zu scharfsinnig. Gut, an seiner alleinigen Frage konnte man nichts Ungewöhnliches erkennen, doch Fuyu war sich ziemlich sicher, dass der Neko mehr wusste, als er im Moment preisgab. Seine Worte waren zu vorsichtig, zu gut gewählt gewesen. Fast so, als hätte er etwas zu verbergen. Aber falls er sich irrte, und Riko doch noch nichts ahnte, dann würde er spätestens dann Nachforschungen anstellen, wenn er seiner Frage jetzt auswich.

“Ich habe meine Gründe. Lass dir nur soviel gesagt sein: Das Ableben von Yuki…”, kurz hielt Fuyu inne, um sich selbst zu verbessern, “Das Ableben dieser Youkai ist von den Osten von sehr großer Bedeutung.” Im innern verfluchte er sich dafür, nicht mehr darauf geachtet zu haben, was er sagte. Es war Ewigkeiten her, dass er sich das Letzte Mal versprochen hatte und dann passierte ihm ein solcher Fehler ausgerechnet jetzt, wo es doch weit bekannt war, dass die erste Tochter seines Cousins diesen Namen hatte bekommen sollen.

Nicht nur Fuyu war Verwundert über seinen Versprecher, auch Riko war mehr als nur erstaunt. Nun gut, jetzt wusste er wenigstens hundertprozentig, dass seine Informationen richtig waren. Nur sich selbst gab er zu, dass er bis zum Schluss gehofft hatte, sie währen falsch.

“Vielen Dank für eure Antwort, Fuyu-sama.”, murmelte Riko mit einer leichten Verbeugung und hoffte darauf, jetzt von seinem Gegenüber entlassen zu werden. Er musste zu der blauhaarigen Youkai. Sie war die Tochter des früheren Fürsten und somit war er ihr verpflichtet und nicht dem goldenhaarigem Youkai vor ihm. Sobald er hier heraus kam, würde er sich auf den Weg zu ihr machen.

Misstrauisch betrachtete Fuyu den rothaarigen Neko vor sich. Ahnte er etwas? Oder war er wirklich so unwissend, wie er gerade tat? Irgendwie wollte er das nicht glauben. Aber wenn er es wusste, woher hatte er dann die anderen Informationen? An einem einzigem Versprecher konnte niemand eine wage Theorie, und ohne weitere Informationen währe die Ansicht Riko’s nichts anderes als das, beweisen.

War er vielleicht Hakobu begegnet? Nein, denn ansonsten wäre er nicht mehr zurückgekommen. Die blauhaarige Youkai? Sollte er sie jetzt überhaupt Ruan oder Yuki nennen? Nach kurzem Zögern entschied er sich für Ruan. Sonst würde ihm demnächst vielleicht noch so ein Versprecher unterkommen. Nichts desto trotz konnte auch sie nicht diejenige sein, von der Riko seine Informationen hatte. Er glaubte nicht, dass sie sich selbst ihrer Abstammung bewusst war. Wie sollte sie einem anderen dann überzeugend davon berichten?

Gut, diese beiden vielen schon mal weg. Aber wenn sie es dem Krieger nicht gesagt hatten, wer dann? Gab es etwa noch andere Mitwisser von denen er nichts wusste? Wenn ja, wo und vor allem wer waren sie? Das musste er unbedingt herausfinden und sie zum Schweigen bringen, ehe noch andere die Wahrheit erfuhren.

“Wachen!”, erschallte Fuyu’s lauter Ruf nur Sekunden später durch den Raum.
 

Hastig stolperte Ruan aus der Hütte, nur um zu sehen, dass Ah-Uhn in einiger Entfernung friedlich graste. Ein erleichterter Seufzer entglitt ihr. Wenn Ah-Uhn hier war, dann waren die anderen auch noch hier, doch wo?

Weder Rin, noch Jaken oder Sesshoumaru waren zu sehen. Kurz überlegte Ruan, ob sie die anderen Suchen gehen sollte, doch sie verwarf den Gedanken sogleich wieder. Die anderen würden bestimmt bald wiederkommen. Irgendwie erschien es ihr jetzt auch lächerlich, dass sie kurzzeitig wirklich Angst gehabt hatte, allein gelassen worden zu sein. Gut, sie hatte sich zwar den gesamten vorigen Abend mit Gewissensbissen wegen ihrem Verhalten gequält, aber vielleicht hatte sie da auch nur ein bisschen überreagiert. Schließlich hatte Sesshoumaru nicht wütend ausgesehen. Allerdings neigte der Youkai auch nicht dazu, seine Gefühle offen zu zeigen und so konnte sie sowieso nur Vermutungen über seine Stimmung anstellen.

Es war zum Verzweifeln.

Das Geräusch von leisen, fast lautlosen Schritten riss sie aus ihren Gedanken. Leicht erstaunt blickte Ruan auf und entdeckte auch sogleich Sesshoumaru, der langsam auf sie zukam.

Wo war er jetzt so plötzlich hergekommen? Ruan hatte ihn bis vor kurzem weder gesehen noch gehört.

Fragend sah sie ihn an, doch der Youkai sagte keinen Ton, als er sich in einiger Entfernung zu ihr niederließ. Schweigen breitete sich zwischen den beiden aus und Ruan blickte schnell wieder nach vorne. Aus irgendeinem Grund war ihr diese Stille Unangenehm. Sie hatte das Gefühl, jetzt etwas sagen zu müssen, um dieses Schweigen zu brechen. Nur was? Nach kurzem Zögern entschied sie sich für eine ziemlich unverbindliche Frage.

“Wo sind Jaken und Rin?”

“Fischen.”, kam prompt die monotone Antwort des Youkais. Und wieder breitete sich Stille aus. Als Ruan schon glaubte, dieses Schweigen nicht mehr ertragen zu können, fuhr Sesshoumaru plötzlich fort.

“Du hattest einen Alptraum.”, es war nicht mehr als eine kühle Feststellung, und dennoch reichte es aus, um Ruan verwundert aufblicken zu lassen. So eine Aussage war irgendwie mehr als nur untypisch für den Inuyoukai. Seit wann zeigte er Interesse an dem, was sie tat?

Aber obwohl es so ungewöhnlich war, war Ruan irgendwie glücklich darüber. Und aus einem unbestimmten Gefühl heraus begann sie zu erzählen.

“Ja… aber es war irgendwie kein richtiger Alptraum. Ich habe… von meiner Mutter geträumt. Von meiner wirklichen Mutter meine ich.”, an dieser Stelle machte sie eine kurze Pause und überlegte, ob sie jetzt noch weiter erzählen sollte, doch als Sesshoumaru weiterhin schwieg, entschied sie sich einfach dafür, ihm jetzt, wo sie schon damit angefangen hatte, den Rest auch noch zu berichten.
 

“Wer hat dir diese Informationen Verschafft?”

Stille, dann Schmerz. Schmerz, der durch seinen ohnehin schon geschundenen Körper schoss. Angestrengt presste Riko die Kiefer zusammen, denn sonst hätte er wahrscheinlich schreien müssen, und das wollte er nicht. Er hatte einen großen Fehler begangen, als er zum Schloss zurückkehrte. Er hätte der alten Miko einfach nur vertrauen müssen. Doch er hatte es nicht getan, und genau deswegen war er jetzt in dieser Situation. Es war ganz allein seine Schuld und nicht ihre und genau deswegen durfte er sie nicht verraten, denn sonst hätte er auch noch ihr Todesurteil unterschrieben.

“Verdammt noch mal, rede endlich!”, Fuyu’s Stimme bebte vor unterdrückter Wut. Er war es gewohnt, immer zu bekommen, was er wollte. Das dieser Youkai vor ihm nun so vehement schwieg, brachte ihn schier zur Weißglut. Mit einer leichten Handbewegung gab er dem Kerkermeister ein kaum zu erkennbares Zeichen und schon im nächsten Moment zuckte der ohnehin schon gepeinigte Körper vor ihm unter Schmerzen zusammen. Doch noch immer blieben Riko’s Lippen fest verschlossen.

Kurz betrachtete der goldhaarige Youkai den Neko vor sich mit leicht zusammengekniffenen Augen. Reagierte dieser Youkai den gar nicht auf den Schmerz, den die Prozedur ihm bereiten musste? Vielleicht waren andere Methoden bei ihm ja erfolgreicher.

“Du willst doch auch, dass es endlich aufhört, nicht wahr? Sag mir doch, wer dich über diese Ruan aufgeklärt hat und es wird vorbei sein. Du wirst nicht einmal viel spüren, das verspreche ich dir.”, versuchte Fuyu es daher mit sanfter, fast beruhigend wirkender Stimme.

Mit Mühe gelang es Riko, den Kopf zu heben. Seine mittlerweile trüben Augen fixierten Fuyu, der nun fast erwartungsvoll auf ihn herab blickte. Dachte sein ehemaliger Herr etwa, dass er ihn jetzt überzeugt hätte? Lächerlich! Um jetzt noch auf Fuyu’s Lügen hereinzufallen, musste man wirklich mehr als nur dumm sein. Ein leises Fauchen entwich seinem Rachen, als er seinen Gegenüber fixierte. Er hatte ihm gehorcht und ihn als seinen Herrn angesehen! Und dabei war er nicht mehr als ein mieser Verräter und Mörder! Riko wusste nicht, woher er auf einmal die Kraft dazu hatte, doch schon im nächsten Augenblick hatte er sich vom kalten Steinboden des Kerkers abgestoßen und sprang mit erhobenen Klauen auf seinen ehemaligen Herrn zu.

Dieser betrachtete Riko derweil aus überrascht geweiteten Augen. Woher nahm der Neko jetzt noch die Kraft, um aufzustehen, ganz zu schweigen von dem Angriff? Aber es war eigentlich auch egal. Er würde ihm heute gewiss nicht mehr sagen, was er hören wollte und somit war Riko im Moment einfach nur lästig.

Kurz holte er aus und verpasste dem angreifendem Neko einen gezielten Schlag, der diesen gegen die nächste Wand krachen ließ. Dort sackte der Youkai sofort regungslos in sich zusammen.

War er etwa tot? Nein, Fuyu konnte noch das schwache Heben und Senken seiner Brust sehen.

Mit gleichgültigem Ausdruck wandte er sich an den Kerkermeister, der ihn leicht nervös betrachtete. Offensichtlich erwartete er, dass sein Herr darüber wütend war, dass der rothaarige Youkai noch hatte angreifen können. Doch um diese Furcht des Kerkermeisters kümmerte sich der goldenhaarige Youkai zurzeit nicht im Geringsten.

“Wenn er”, Fuyu deutete leicht in Riko’s Richtung, “heute Abend noch leben sollte, dann halte ihn am Leben bis ich wiederkomme. Wenn nicht, dann schaff ihn weg.” Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ den Kerker. Es gab wichtigeres, als diesen widerspenstigen Kater zu verhören.
 

Nervös biss sich Ruan auf die Lippe. Seit sie vor gut fünf Minuten aufgehört hatte zu berichten, schwieg Sesshoumaru. Sie hätte ihn jetzt gerne gefragt, was er von der ganzen Sache hielt, unterdrückte diesen Impuls aber gekonnt. Sie wollte nicht zeigen, wie angespannt sie in Wirklichkeit war. Nachdem der Inuyoukai jetzt alles wusste, was würde er dann tun? Wenn sie ehrlich war, hatte sie keine Ahnung, wie er reagieren könnte.

Sesshoumaru war unterdessen mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Nur sich selbst gegenüber hatte er zugegeben, dass die Geschichte der Youkai ihn doch sehr verwunderte. Zumal jetzt einige Tatsachen über sie immer mehr Sinn zu ergeben schienen. Zum einen war da ihre ungewöhnlich Aura, die er bisher nicht hatte zuteilen können. Zum anderen die Tatsache, dass der Herr des Ostens sie hatte töten wollen. All das hing enger zusammen, als er zunächst vermutet hatte.

Wenn er recht überlegte, dann waren die letzten östlichen Herrscher auch vor ungefähr siebzehn Jahren gestorben. Doch Ruan wusste davon sicher nichts. Sonst wäre sie auch schon auf diesen Gedanken gekommen.

Kurz blickte er zu ihr, nur um verwundert festzustellen, dass sie ihn schon die ganze Zeit über aus dem Augenwinkel nervös anzustarren schien. Erwartete sie etwa, dass er jetzt etwas dazu sagte? Warum sollte er? Aber andererseits hatte sie ein Recht darauf, es zu erfahren. Auf die Idee, dass seine Vermutung unter Umständen nicht der Wahrheit entsprechen könnte, kam er gar nicht.

“Deine Eltern waren die damaligen Herren des Ostens.”, klärte er sie deswegen gnädigerweise auf.

“Was?!”, entgeistert blickte Ruan den Inuyoukai an. Sie hatte mit vielem gerechnet, aber ganz bestimmt nicht mit so etwas! Wie kam er darauf, dass ihre Eltern die Herren des Ostens gewesen sein sollen? Soweit sie wusste, hatte sie in ihrer ganzen Geschichte das Wort “Osten” nicht einmal in den Mund genommen! Oder war das hier einfach nur ein schlechter Scherz? Aber wenn sie es sich recht überlegte, dann war die Idee von einem scherzendem Sesshoumaru war wohl das Abwegigste, was man sich überhaupt vorstellen konnte.

“Wie meinst du das?”, fragte sie deswegen leicht unsicher nach.

“So, wie ich es sage.”, mit diesen Worten erhob sich der Inuyoukai und ging wortlos davon. Zurück ließ er ein mehr als nur verwirrte Ruan.
 

Musternd betrachtete die Gestalt im langen, schwarzen Mantel die Schlossmauern, die in einiger Entfernung aufragten. Ein unbestimmtes Gefühl war es, dass ihn hier her geführt hatte, doch jetzt hatte es aufgehört.

Er hatte diesen Ort seit Jahren gemieden, doch er hatte sich dennoch kaum verändert, wie Hakobu feststellen musste. Er wusste selbst nicht so genau, was er eigentlich erwartet hatte. Das Schloss stand noch am gleichen Platz wie zuvor, der Weg, der zu diesem führte noch genauso steinig und steil. Insgesamt war alles noch so, wie Hakobu es in Erinnerung gehabt hatte, nur mit einem Unterschied: das Schloss vor ihm war nicht mehr sein zu Hause. Er dürfte sich hier eigentlich nicht einmal blicken lassen, wenn er an seinem Leben hing. Doch diese Tatsache ließ er im Moment getrost außer Acht. Er glaubte kaum, dass ihn jemand von den Wachen bemerken würde, dafür war er viel zu geübt darin, seine Anwesenheit komplett zu verbergen.

Dennoch blickte Hakobu ab und zu immer zu den Wachen, die auf den Schlossmauern postiert waren. Sie alle schienen ihn aber nicht zu beachten, denn sie hatten sich alle einem bestimmten Punkt innerhalb des Schlosses zugewandt. Was da wohl los war?

Es dauerte nicht lange, da bekam Hakobu auch schon die Antwort auf seine unausgesprochene Frage. Mit lautem quietschen wurden die Schlosstore geöffnet und heraus kam niemand anderes als Fuyu, gefolgt von gut einem Dutzend Krieger. Alle waren in Rüstung und bewaffnet, wobei all das so gründlich poliert worden war, dass es glänzte.

Wohin wollte Fuyu bloß mit diesen Soldaten? Wenn es in einen Kampf ging, waren die Krieger niemals so herausgeputzt, also kam diese Möglichkeit schon mal nicht in Frage. Was konnte es sonst noch sein? Vielleicht war Fuyu ja endgültig übergeschnappt und wollte durch die Dörfer reiten, um seine “Macht” zu demonstrieren? Aber irgendwie sah es doch noch so aus, als hätte der goldenhaarige Youkai alle seine Sinne zusammen.

Schade eigentlich. Hakobu hätte es nur zu gerne gesehen, wenn der Fürst des Ostens verrückt geworden wäre. Aber leider fiel auch diese Möglichkeit weg, blieb also nur noch die Letzte übrig. Doch, konnte das sein?

Soweit Hakobu wusste, hatte Fuyu innerhalb der 17 Jahre, in denen er nun Fürst war, den Osten noch nie verlassen. Woher dann dieser plötzliche Meinungswechsel? Und vor allem: wohin genau wollte Fuyu? Hatte er etwa vor, die schon lange ausstehenden Anstandsbesuche bei den anderen Youkailords zu machen? Aber das konnte sich Hakobu kaum vorstellen. Dennoch, welchen Grund hätte der goldhaarige Youkai sonst haben können?

Diese Frage war viel zu wichtig, als dass er sie unbeantwortet zurücklassen konnte. Also wartete er, bis Fuyu und sein Gefolge so weit vom Schloss entfernt waren, dass man ihre Auren nicht mehr spüren konnte, dann verließ er sein Versteck. Vielleicht wusste ja jemand im Schloss über die Gründe des Schlossherrn bescheid. Wenn er aufpasste, konnte er unbemerkt hinein gelangen und eine geeignete Person finden, die seine Neugier stillen konnte. Und selbst wenn er von ein oder zwei Wachen bemerkt werden sollte… diese konnte er schnell zum Schweigen bringen. Ohne direkte Befehle waren Fuyu’s Männer fast so hilflos wie Neugeborene.

Vorsichtig und immer darauf bedacht, nicht bemerkt zu werden, schlich Hakobu bis vor die Schlossmauern. Er kannte jeden Weg, auf dem man in das Schloss gelangen konnte. Einer davon war extra für die Fürstenfamilie angelegt worden und wurde daher auch nur von ihr gekannt. Niemand würde ihn da entdecken können.

Der Eingang zu dem geheimen Tunnel lag gut verborgen hinter einem großen Gebüsch. Ohne groß zu überlegen lief Hakobu nun zu genau diesem hin und schob das dichte Laub beiseite. Dahinter kam eine schwere Holztür zum Vorschein, die er langsam aufschob. Ein viel zu lautes quietschen bestätigte seine Vermutung, dass selbst Fuyu nichts von diesem Gang wusste, denn ansonsten wäre die Tür viel besser in Stand gehalten worden. Aber das musste ihn jetzt nicht interessieren.

Mit einem kurzen, wachsamen Blick nach oben vergewisserte er sich, dass niemand den Lärm bemerkt hatte, dann schlüpfte er behände durch die Tür und zog sie sofort wieder hinter sich zu. Fast sofort wurde er von der schier undurchdringlicher Schwärze empfangen, die jede Ecke des Tunnels ausfüllte.

Kurz tastete Hakobu die Wände des engen Ganges nach einer Fackel oder ähnlichem ab, doch er hatte keinen Erfolg. Irgendwie war das aber auch kein Wunder. Schließlich war der Gang nur dafür gedacht, jemanden unbeschadet aus dem Schloss entkommen zu lassen und nicht jemanden unbemerkt hineingelangen zu lassen. Er würde sich wohl mit der Dunkelheit, die hier herrschte, begnügen müssen.

Eine Zeit lang blieb er noch stehen und starrte in die Finsternis um sich herum, dann ging er los, wobei er sich mit einer Hand immer an der Wand entlang tastete. Er hatte kaum zehn Schritte hinter sich gelassen, da schloss er die Augen, um sich besser auf seine anderen Sinne konzentrieren zu können.

Die Luft um ihn herum roch muffig und irgendwie abgestanden. Seine Schritte hallten viel zu laut an den Steinen, aus denen der Tunnel gemacht worden war, wider. Jede Sekunde, die verging, kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Er hatte schon immer dunkle, enge Gänge gehasst…. Aus diesem Grund kannte er zwar alle Ein- und Ausgänge aus dem Schloss, die Wege selbst benutzt hatte er aber noch nie. Jetzt wünschte er, er hätte es wenigstens ein Mal getan. Dann hätte er auch abschätzen können, wie lange man normalerweise für einen von ihnen brauchte.

In diesem Moment wurde das gleichmäßige Geräusch seiner Schritte auf dem kalten Steinboden durch ein anderes, schabendes gestört. Kurz blieb Hakobu stehen und öffnete erschrocken die Augen. Der Gang vor ihm war noch immer genauso finster wie zuvor.

Gut, denn dann konnte auch kein zweiter in den Tunnel gekommen sein, denn dieser hätte sicherlich einen Fackel mitgenommen. Doch woher kam das Geräusch dann?

Es dauerte nicht lange, da fiel ihm die Lösung wie Schuppen von den Augen. Aber natürlich! Der Geheimgang endete doch in den Kerkern! Wie hatte er das vergessen können?! Und dort machten die Türen nun einmal diese lästigen, schabenden Geräusche. Schließlich waren sie extra verstärkt und pflegen tat sie auch keiner.

Aber dennoch musste er jetzt vorsichtiger sein. Wenn der Gang so hellhörig war, durfte er ab jetzt keine Geräusche mehr verursachen. Also ging er langsam und vorsichtig weiter, bis der Gang abrupt an einer weiteren Tür endete.

Vorsichtshalber legte Hakobu ein Ohr an diese und lauschte eine Weile, bis er sicher war, dass sich niemand im Raum dahinter aufhielt. Auch suchte er nach der Aura des Kerkermeisters, doch dieser war, zu seiner Erleichterung, nicht einmal in der Nähe. Sogleich legte er die Hand an die Tür vor ihm, wobei sie wahrscheinlich jeder, der nicht über sie bescheid wusste, für eine ganz normale Wand gehalten hätte. Tatsächlich bestand sie nur aus gewöhnlichem Stein und auch das eingebaute Siegel war kaum zu erspüren, wenn man nicht genau wusste, wo es sich befand. Vorsichtig ließ Hakobu ein wenig Youki in die Wand vor sich gleiten und sofort tat das schwache Siegel das, wofür es geschaffen worden war.

Wie von Geisterhand und ohne ein Geräusch zu verursachen schoben sich die Steine beiseite, bis ein dünner Spalt entstanden war, durch den sich Hakobu nun hinauszwängte. Sobald er den Raum hinter der Tür betreten hatte, schoben sich die Steine lautlos wieder zurück.

Nun stand der Youkai mitten auf einem Gang in den Kerkern. Links und rechts von ihm verschlossen schwere Türen sicher die Zellen, in denen die einzelnen Gefangenen waren. Die Luft hier unten war fast noch schlechter als die im Geheimgang und Hakobu musste sich stark zusammenreißen, um sich nicht angewidert die Nase zuzuhalten. Wie konnte man diesen Gestank nur aushalten?

Kurz blickte er sich um, nur um sich gleich darauf auf den Weg aus den Kerkern zu machen, doch er kam nicht weit. Er hatte gerade mal zehn Meter hinter sich, da blieb er teils geschockt, teils erschrocken vor einer Zelle stehen. Er kannte den Youkai, der geschunden und kaum bei Bewusstsein in dieser lag.

War er es nicht gewesen, der die Krieger zu der blauhaarigen Youkai geführt hatte? Ja, ganz sicher war er das, Hakobu vergaß nie ein Gesicht. Doch warum hatte Fuyu ihn hier einsperren lassen? Etwa, weil er versagt hatte? Oder wusste der Youkai zu viel?

Egal was es war, es war es bestimmt Wert, herausgefunden zu werden. Ohne größere Anstrengung hebelte er die Tür aus und betrat die Zelle dahinter.

Durch das Geräusch geweckt blickte der rothaarige Neko-Youkai dahinter mit trüben Augen zu ihm auf.

“Hakobu… -sama…?”, die Frage war kaum mehr als ein Flüstern, und dennoch reichte es aus, um Hakobu verwundert zusammenfahren zu lassen. Seit einer halben Ewigkeit hatte ihn niemand mehr mit …-sama angesprochen. Und jetzt tat es dieser halbtote Neko, den er zufällig in einer der Zellen gefunden hatte? Das konnte er kaum glauben. Außerdem, wie hatte er ihn erkannt? Soviel er wusste, hatte Fuyu ihn offiziell für Tot erklärt, nachdem er Fürst geworden war. Seitdem hatte jeder seiner früheren Bekannten entweder für einen Hochstapler oder für jemandem, der ihm zum Verwechseln ähnlich sah, gehalten.

Nun, sofern sie noch gelebt hatten, natürlich. Er wusste genau, das auch einige der engsten Vertrauten seiner Familie den Machtwechsel nicht überlebt hatten.

Woher wusste dieser Youkai dann, wer er war?

“Wie ist dein Name?”, fragte er den am Boden liegenden misstrauisch. Vielleicht war das hier auch nur eine besonders gut ausgeklügelte Falle? Aber die Wunden des Neko’s schienen echt zu sein. Niemand setzte einen schwer Verletzten auf seine Gegner an, selbst Fuyu nicht.

“R… Riko,… Herr.”, antwortete der rothaarige Youkai mit gebrochener Stimme und fuhr nach einer kurzen Pause fort:

“Ruan… ihr… ihr müsst…. Fuyu… will… will sie….” Riko brach ab, als er Hakobu’s verwunderten Gesichtsausdruck sah. Anscheinend hatte sein Gegenüber keine Ahnung, wovon er gerade sprach. Also setzte er noch mal neu an. Er musste Hakobu unbedingt sagen, was Fuyu vorhatte.

“Ruan… die blauhaarige… Youkai…. Sie… sie ist… eure... Schwester….”, berichtete er stockend. Seine Wunden machten ihm schwer zu schaffen. Er konnte kaum atmen, an Reden sollte man da eigentlich gar nicht denken.

Doch das, was Riko gesagt hatte, reichte völlig aus, um Hakobu zum Nachdenken zu bringen.

Die blauhaarige Youkai, seine Schwester? Gut, er selbst hatte kurzzeitig Zweifel gehabt, als er sie gesehen hatte, aber dennoch…. Woher konnte dieser halbtote Neko die Gewissheit nehmen, dass Yuki wirklich seine Schwester sein sollte? Er selbst hatte sie nicht als solche erkannt, wie sollte es dieser Youkai dann getan haben?

Aber andererseits… andererseits würde das erklären, warum Fuyu sie hatte töten wollen. Und es würde erklären, warum Fuyu Riko beinahe umgebracht hätte. Der Neko wusste tatsächlich zu viel. Oder legte er sich gerade doch nur alles in Gedanken so zurecht, wie er es gerne hätte? Wie viel Wert hatte schon das Wort eines Kriegers von seinem ärgsten Feind, der gerade mehr tot als lebendig war? Diese Frage musste er sich eigentlich gar nicht stellen, er kannte die Antwort auch so: Riko’s Wort hatte im Moment einen verschwindend geringen Wert.

Er wollte sich schon umdrehen, um die Zelle wieder zu verlassen, doch plötzlich blieb er stehen. Was, wenn dieser Neko doch Recht hatte? Konnte er ihn dann mit seinem Wissen einfach hier zurücklassen? Immerhin könnte es im Falle eines Falles überlebenswichtig sein.

Aber im Prinzip war er doch aus einem ganz anderem Grund her gekommen….

Langsam drehte er sich um und blickte erneut zu Riko, der im Moment damit beschäftigt war, den Kampf gegen die Ohnmacht nicht zu verlieren. Konnte er dem Wort dieses Kriegers wirklich Vertrauen schenken? Nein. Aber konnte er ihn auch einfach hier zurück lassen und somit seinen Tod besiegeln? Nein, auch das konnte er nicht.

Und somit war seine Entscheidung gefallen. Mit einer fließenden Bewegung beugte er sich zu Riko hinunter und warf ihn sich einfach über die Schulter. Seine restlichen Pläne konnte er zur Zeit sowieso vergessen, warum sollte er da noch länger bleiben? Also wandte er sich um und verließ eiligst die Zelle, in Richtung des Geheimganges. Zuallererst mussten sie hier heraus. Erst dann konnte er sich Gedanken über sein weiteres Handeln machen.
 

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Jep, hier ist das Kap zu Ende^^

Würd mich wie immer sehr über Kommies freun^^

Bye,

_Corchen_

Auf dem Weg zum Schloss

Erst als die Sonne schon hoch am Himmel stand gingen Ruan und die anderen wieder los. Die blauhaarige Youkai hatte in der Zwischenzeit viel nachgedacht, besonders über ihre Eltern und darüber, was Sesshoumaru ihr gesagt hatte. Wenn er Recht hatte, dann wahren ihre Eltern also die Herren des Ostens gewesen? Aber jetzt war Fuyu dort der Herr. Warum? Hatte er ihre Eltern etwa getötet? Oder vielleicht auch töten lassen? Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, war das die einzigste logische Erklärung dafür, dass er nun auch so töten wollte. Doch was sollte sie jetzt machen? Ein Youkailord trachtete ihr nach dem Leben und auch sie war prinzipiell dazu verpflichtet, ihn zu bekämpfen. Schließlich hatte er ihre Eltern auf dem Gewissen! Sie glaubte aber kaum, dass sie es mit Fuyu würde aufnehmen können. Sie hatte ihn zwar noch nie gesehen, aber er war bestimmt nicht umsonst Lord geworden und hatte sich auch gewiss nicht durch Zufall als solcher beweisen können.

Kurz blickte sie zu Sesshoumaru. Er war doch auch ein Youkailord, genauso wie Fuyu. Dann sollte er ihn doch auch kennen, oder? Vielleicht konnte er ihr dann ja sagen, was für Fähigkeiten der Herr des Ostens hatte und ob sie überhaupt eine Chance hatte, gegen ihn anzukommen? Nachdenklich wanderte ihr Blick weiter, von Sesshoumaru zu dem Schwert, welches der Inuyoukai ihr gegeben hatte und welches sie nun an ihrer Hüfte hing.

Sie hatte noch nie mit einem Schwert gekämpft und konnte infolge dessen auch überhaupt nicht damit umgehen. Also nutzte es ihr im Moment noch überhaupt nichts…. Aber vielleicht wenn sie übte? Vom Bogenschießen hatte sie anfangs ja auch keine Ahnung gehabt.

Schließlich konnte ein Schwert sehr nützlich sein, besonders wenn man von vielen Gegnern gleichzeitig angegriffen wurde und auf kurze Distanz kämpfen musste. Ein Bogen brachte da so gut wie gar nichts. Das hatte sie ja vor kurzem schmerzlich lernen müssen. Vielleicht hatte Sesshoumaru ihr das Schwert ja auch aus diesem Grund überlassen…. Damit sie besser auf sich selbst aufpassen konnte. Ja, wahrscheinlich war dem so. Einen anderen Grund konnte sich Ruan wirklich nicht vorstellen.
 

Der Tag neigte sich schon seinem Ende entgegen, als sie erneut eine Rast in der Nähe eines kleinen Sees machten. Rin ging sofort los, um Pilze zu sammeln, während Jaken Feuer machte. Sesshoumaru sah den beiden einen Augenblick zu, ehe er sich mit einem kalten “Komm mit” an Ruan wandte.

Danach entfernte sich der Inuyoukai langsam vom Lager und die blauhaarige Youkai folgte ihm einfach. Was hätte sie auch sonst tun sollen? Auf ihre Frage wohin sie gingen hätte der Youkai vor ihr sowieso nicht geantwortet und so ersparte Ruan sich diese. Außerdem hatte sie schon selbst eine Vermutung, was der Inuyoukai vorhatte. Und sie sollte Recht behalten.

Keine fünf Minuten nachdem sie losgegangen waren hielt Sesshoumaru an und drehte sich mit einer fließenden Bewegung zu ihr um. Sie standen am Ufer eines vergleichsweise kleinen Flusses, der zu dem See floss, an dem ihr Lager war. Rechts von Ruan standen große, uralte Bäume die zu dem Wald gehörten, durch den sie schon den gesamten Tag gewandert waren. Insgesamt bildeten die Bäume zusammen mit dem Bach eine natürliche Begrenzung der langen Grasfläche, auf der sie nun standen. Insgesamt schien sich das gesamte Gelände perfekt zum trainieren zu eigenen….

“Zieh dein Schwert.”, hörte sie Sesshoumaru in diesem Moment scheinbar gleichgültig sagen und damit bestätigte der Youkai ihren Verdacht. Er wollte ihr wirklich dabei helfen, ihr Schwert beherrschen zu lernen.

Ohne zu zögern zog Ruan daraufhin die schmale Klinge leicht ungeschickt aus der Scheide und hielt es mit beiden Händen vor sich. Das Gewicht des Schwertes in ihrer Hand war ungewohnt und die Youkai wusste wirklich nicht, wie sie die Waffe richtig halten sollte, aber dennoch war sie froh darüber, dass der Inuyoukai ihr den Umgang mit dieser zeigen wollte. Es hieß ja nicht umsonst, dass Übung den Meister machte und besser werden wollte Ruan wirklich. Sie hatte auch allen Grund dazu.
 

Kurz betrachtete Sesshoumaru die Youkai vor ihm prüfend, ehe auch er sein Schwert mit einer fließenden Bewegung zog. So wie er die Situation einschätzte, würde Ruan heute sowieso nicht allzu viel lernen und noch weniger gleich umsetzten können. Es war mehr als offensichtlich, dass sie noch nie im Leben ein Schwert in der Hand gehalten hatte. Allein wie sie es hielt… das erinnerte ihn schon stark an seinen Halbbruder, Inuyasha. Wahrscheinlich würde Ruan ihre Waffe am Anfang dann auch ähnlich ungeschickt wie der Hanyou handhaben. Nun, dass konnte man ändern.
 

Abwartend standen sich beide Gegner einen Augenblick gegenüber, ehe Sesshoumaru auf Ruan loslief, wobei er sein Schwert schräg vor sich hielt. Da es sowieso nicht in der Natur der Youkai la, zuerst anzugreifen, hatte der Inuyoukai einfach beschlossen, zuerst anzugreifen.

Schnell riss Ruan ihr Schwert hoch, um den Schlag zu parieren und die beiden Klingen prallten aufeinander. Einen Augenblick lang wurden die beiden Schwerter gegeneinander gepresst, doch dann schlug Sesshoumaru Ruan mit einer schnellen Drehung Tokijin’s das Schwert aus der Hand, welches einige Meter entfernt klirrend zu Boden fiel.

“Au.”, fluchte die blauhaarige Youkai leise und hielt sich das schmerzende Handgelenk. Das Sesshoumaru auch gleich so brutal werden musste…. Es hatte wirklich wehgetan, als sie das Schwert verloren hatte, denn sie hatte nicht schnell genug reagieren können und dadurch war ihre Hand unangenehm verdreht worden.

,Bei einem Menschen wäre das bestimmt ein glatter Bruch geworden.‘, überlegte Ruan leicht sarkastisch, doch beklagen wollte sie sich nicht. Schließlich musste sie so schnell wie möglich lernen, ihr Schwert zu beherrschen. Deswegen ging sie nun auch wortlos zu diesem hin, hob es auf und drehte sich noch in der selben Bewegung zu Sesshoumaru um, auf dessen Zügen sich nun doch leichte Verwunderung spiegelte. Seit wann war Ruan so entschlossen beim Training? Aber ihm konnte das nur Recht sein. Je härter die Youkai an sich selbst arbeitete, desto schneller würde sie lernen.
 

Erneut sprang er auf die blauhaarige Youkai zu, welche schnell ihr Schwert zum Blocken seines Angriffes hochriss. Doch diesmal wollte der Inuyoukai es auf kein Kräftemessen ankommen lassen, sondern holte sofort nach dem ersten Aufeinandertreffen der Klingen zum nächsten Schlag aus, bei dem Ruan einige Probleme bekam, nicht erneut ihre Waffe zu verlieren. Doch obwohl es ihr dieses eine Mal gelang, das Schwert in der Hand zu halten, verlor sie es dennoch beim nächsten Aufeinandertreffen der Schwerter.

Mit einer Art wütendem Schnauben holte die Youkai daraufhin ihre Waffe zurück. Wenigstens hatte sie das Schwert dieses Mal etwas länger in der Hand behalten können als vorher. Vielleicht würde es beim nächsten Versuch noch besser klappen. Entschlossen hob sie ihr Schwert hoch und drehte sich zu Sesshoumaru um. Doch auch dieses Mal verlor sie ihre Klinge schneller, als es ihr lieb war und nachdem sie das Schwert zurückgeholt hatte, wiederholte sich die ganze Prozedur noch einige Male.

Ruan versuchte erfolglos die Angriffe des Inuyoukais abzublocken und verlor dabei regelmäßig ihr Schwert. Daran, einen eigenen Angriff zu starten, konnte sie im Moment nicht einmal denken. Sie hatte ja schon genug Probleme damit, das Schwert überhaupt in der Hand zu behalten. Eigentlich hatte sie sich das ganze etwas einfacher vorgestellt. Ungefähr so, wie es beim Bogenschießen gewesen war. Am Anfang hatte man noch Probleme, aber wenn man den Dreh erst einmal raus hatte, dann war es mehr als einfach. Leider war ihr da eine totale Fehleinschätzung unterlaufen…. Schwertraining war wirklich kein Zuckerschlecken… und besonders dann nicht, wenn einem der Gegner haushoch überlegen war und das auch noch gnadenlos ausnutzte.
 

Als die Abenddämmerung einsetzte, waren die beiden Youkai immer noch am trainieren. Während Ruans Arme mittlerweile schon vom ungewohntem Gewicht des Schwertes schmerzten und ihr Atem keuchend ging, zeigte ihr Gegenüber noch keinerlei Anzeichen für Erschöpfung. Dennoch war die Youkai noch lange nicht dazu bereit, aufzugeben. Sie musste besser werden!

Als Sesshoumaru plötzlich keine Anstalten mehr dazu machte, sie anzugreifen, ergriff Ruan kurzentschlossen die Initiative. Mit einem Sprung federte sie ab und sprang direkt auf den Inuyoukai zu, doch dieser machte sich nicht einmal mehr die Mühe auszuweichen. Er brachte lediglich sein Schwert zwischen sich und die Klinge der Youkai und mit einer harten Armbewegung entriss er Ruan, wie schon so oft am Tag, das Schwert.

“Wir trainieren Morgen weiter.”, meinte Sesshoumaru ruhig, als Ruan ihre Waffe daraufhin gerade wieder aufhob.

Verwundert hielt die blauhaarige Youkai in der Bewegung inne. Er wollte jetzt schon aufhören zu trainieren? Aber bisher hatte es doch so gut wie gar nichts gebracht! Sie verlor ihr Schwert ja immer noch nach gerade mal einer halben Minute!

“Ich würde gerne noch weiter üben.”, meinte sie daher und drehte sich abwartend zu dem Inuyoukai um.

“Morgen. Du kannst dich ja kaum noch auf den Beinen halten.”, entgegnete dieser kalt und wollte sich schon umwenden, aber Ruans Stimme ließ ihn innehalten.

Ich kann mich noch sehr gut auf den Beinen halten! Bisher habe ich mich im Schwertkampf noch überhaupt nicht verbessert! Wie soll ich mich da verteidigen können?! Schließlich hat es ein Youkailord auf mich abgesehen! Wie soll ich Fuyu mit meinen derzeitigen Fähigkeiten besiegen können?!”, rief sie dem Inuyoukai wütend hinterher. Nur, weil sie nicht gut im Schwertkampf war, hieß das nicht gleich, dass sie eine Pause brauchte! Außerdem konnte sie sich erst nicht mehr auf den Beinen halten, wenn sie tatsächlich umfiel. Im Moment fühlten sich ihre Knie zwar schon etwas weich an, aber das bedeutete ja nicht, dass sie gleich umfallen würde!
 

Nach ihrer Bemerkung ging alles ganz schnell. Ruan hatte die Bewegung von Sesshoumaru kaum erahnen können, doch schon im nächsten Augenblick war er direkt vor ihr. Die blauhaarige Youkai fühlte nur einen kräftigen Stoß, dann fand sie sich auf einmal in dem kleinen Fluss wieder, neben dem sie trainiert hatten. Einen Augenblick war sie vor Schreck wie gelähmt, doch dann realisierte sie, dass sie komplett unter Wasser war und den Grund noch nicht spürte! Sie musste an die Oberfläche! Aber zuerst musste sie an den bestimmt nicht mehr weit entfernten Grund des Flusses, um schneller auftauchen zu können. Suchend tastete sie mit ihren Füßen nach diesem, fand ihn und stieß sich kräftig von dem steinigen Boden ab.

Prustend und nach Luft schnappend tauchte sie keinen Augenblick später wieder auf und fixierte sogleich wütend den Inuyoukai, der scheinbar teilnahmslos am Ufer stand und zu ihr blickte. Was sollte das denn?! Wie kam er dazu, sie einfach so in den Fluss zu werfen?! Sie hatte doch nur weitertrainieren wollen! Wut kam in ihr hoch. Mit welchem Recht hatte er es sich überhaupt herausgenommen, sie einfach so durch die Gegend zu stoßen?!

Eine Art Knurren entwich ihrer Kehle und ohne das es ihr bewusst wurde, veränderte sie ihr Aussehen und ihr Youki stieg rasant an. Mit vor Wut blitzenden Augen starrte sie Sesshoumaru an. Warum sagte er nichts?! Er hätte sein Handeln doch wenigstens erklären können! Oder war das etwa zu fiel verlangt?! Eine einfache Erklärung?! Er hätte sie ja sowieso nicht gleich in den Fluss schmeißen müssen!
 

Sie bemerkte erst, dass etwas nicht stimmte, als Sesshoumaru’s Blick plötzlich nicht mehr teilnahmslos sondern eher leicht neugierig wirkte und er begann, sie kaum merklich zu mustern.
 

Zwar immer noch wütend aber durch diesen ungewohnten Gesichtsausdruck Sesshoumaru’s auch leicht irritiert wanderte Ruans Blick daraufhin an sich selbst herunter, bis er auf das Wasser traf. Hatte sie plötzlich Halluzinationen oder… sah das Wasser gerade wirklich verdächtig kochend aus? Immerhin sprudelte es gerade ungewöhnlich stark… mal ganz davon abgesehen, dass das Wasser eines Flusses normalerweise überhaupt nicht dazu neigte, in irgendeiner Weise zu sprudeln…. Normalerweise machte es das ja nur in irgendwelchen Kochtöpfen über gut geschürten Feuern….

Danach streifte ihr Blick kurz über ihre Hände, deren Fingernägel sich wieder zu Klauen verlängert hatten. “Oh.”, murmelte Ruan leise. Etwas anderes viel ihr im Moment wirklich nicht ein.

Ihr Zorn war mit einem Mal wie weggeblasen.

Das Wasser, in dem sie stand hatte plötzlich angefangen zu kochen, ohne das sie auch nur das geringste gemerkt hatte und ihre Hände waren zu Klauen geworden…. War das etwa alles nur passiert, weil sie wütend gewesen war? Gut, dass ihr Körper sich bei Zorn anfing zu verändern hätte sie ja schon fast erwartet, aber dass das Wasser anfing zu kochen…. Wie hatte sie das denn geschafft?
 

Wie, als hätte er ihre Gedanken gelesen, antwortete Sesshoumaru in diesem Augenblick auf Ruans unausgesprochene Frage.

“Du bist eine Mizu-, eine Wasseryoukai. Es ist ganz normal, dass dein Element auf deine Gefühle reagiert.”, erklärte der Inuyoukai kalt, als sei diese Erkenntnis etwas ganz alltägliches.

Leicht verwundert blickte Ruan daraufhin zu Sesshoumaru. Eine Mizuyoukai? Sie hatte noch nie davon gehört, dass es eine solche Youkai Art überhaupt gab…. Und jetzt sollte sie selbst eine davon sein? Irgendwie… war das alles im Moment ein bisschen viel auf einmal. Zuerst schmiss Sesshoumaru sie einfach in den Fluss, dann brachte sie aus Versehen das Wasser zum Kochen und anschließend erzählte der Inuyoukai ihr auch noch beiläufig, dass sie eine Wasseryoukai war…. Wusste er das etwa schon länger? Warum hatte er ihr dann davor nie etwas davon erzählt? Und um dem ganzen dann auch noch die Krone aufzusetzen hatte sich ihr Körper erneut kurzzeitig verändert, ohne das sie das geringste davon gemerkt hätte.
 

“Warum hast du mich in den Fluss geworfen?”, fragte Ruan daher eher, um vom Thema abzulenken, als das es sie wirklich interessiert hätte. Und es klappte perfekt. Fast sofort kam wieder Wut auf den Inuyoukai in ihr auf.

“Es ist nicht deine Aufgabe, Fuyu zu töten.”, antwortete Sesshoumaru sofort kalt.

“Wie meinst du das? Er ist schließlich hinter mir her! Er hat meine Eltern auf dem Gewissen und nicht die von irgendeinem anderen! Natürlich ist es dann auch meine Aufgabe, ihn zu töten und meine Eltern zu rächen!”, brauste Ruan sogleich auf. Was sollte das?! Von wegen, es sei nicht ihre Aufgabe! Natürlich war sie das!

“Es mag dir vielleicht entfallen sein, aber er hat meine Begleiter hinterhältig und feige angreifen lassen. Damit hat er meine Position als Herr des Westens sowie meine Ehre in Frage gestellt. Ich werde ihm zeigen, dass niemand, der vergleichbares wagt, ungestraft davonkommt.”, erklärte Sesshoumaru ruhig.

“Aber er hat trotzdem noch meine Eltern auf dem Gewissen und ist hinter mir her!”, rechtfertigte die blauhaarige Youkai sich prompt. Sie hatte das Gefühl, dass es ihr heute nicht gelingen würde, gegen diese stoische Ruhe des Youkais vor ihr anzukommen. Dennoch wollte sie es zumindest versuchen.

“Du würdest kaum zehn Minuten gegen einen wahren Daiyoukai bestehen. Dazu bist du noch viel zu unerfahren und genau damit rechnet Fuyu. Deswegen hat er dich angreifen lassen, weil du deine Kräfte noch nicht kennst.”, merkte Sesshoumaru in diesem Moment kühl an.

,Weil ich meine Kräfte noch nicht kenne? Aber ich bin doch schon recht gut.’, überlegte Ruan leicht verwundert und betrachtete nachdenklich ihren Gegenüber. Seit wann war Sesshoumaru denn so gesprächig? Aber eigentlich war das ja auch egal. Viel wichtiger war, was er gesagt hatte.

“Ich kann schon ganz gut mit meinen Kräften umgehen!”, widersprach sie dem Inuyoukai energisch. Von wegen, sie könne keine zehn Minuten gegen einen starken Youkai bestehen! Bestimmt konnte sie das! Zwar noch nicht gegen Sesshoumaru, aber der Youkai war da dann halt einfach eine Ausnahme.

“Könntest du mit deinen Kräften umgehen, hättest du nicht aus Versehen das Wasser zum kochen gebracht.”
 

“…”

Gut, dagegen konnte Ruan jetzt nichts einwenden. Es stimmte. Sie hatte nicht aufgepasst, war wütend gewesen und schon hatten sich ihre Youkaikräfte selbstständig gemacht. Aber das war doch nur ein Ausrutscher gewesen! Ein Versehen! Genau, ein Versehen… aber eines, dass einem Menschen in ihrer Nähe wahrscheinlich das Leben gekostet hätte. Einfach einen Fluss zum kochen zu bringen… und sie hatte es Anfangs nicht einmal gemerkt!

Dann viel ihr wieder ein, warum sie plötzlich so wütend geworden war. Sie hatte weiter trainieren wollen. Aber wenn sie jetzt so genau darüber nachdachte, hatte sie nach ihrem kleineren Ausbruch keine wirkliche Lust mehr dazu.

“Aber wir trainieren bald weiter…?”, fragte Ruan deswegen leicht nachdenklich und watete aus dem Wasser.

“Ja.”, mit diesen Worten drehte Sesshoumaru sich um und ging zurück zum Lager.

Kurze Zeit sah die blauhaarige Youkai ihm nur stumm nach, dann machte auch sie sich auf den Rückweg. Egal, was Sesshoumaru auch sagen mochte, sie musste so schnell wie möglich stärker werden. Schließlich war Fuyu ja hinter ihr her und Sesshoumaru konnte nicht immer in ihrer Nähe sein.

Also musste sie lernen, sich besser zu verteidigen. Dabei wusste sie nicht einmal, wie stark der Herr des östlichen Japans war…. Aber nach der Anmerkung von dem weißhaarigem Youkai dürfte er ziemlich mächtig sein.

So in Gedanken versunken achtete sie erst nach einer Weile wieder auf ihre Umgebung. Die Sonne war mittlerweile schon untergegangen und nur ein schmaler Sichelmond erhellte die sonst sternenlose Nacht. Unbewusst musste Ruan bei seinem Anblick an Sesshoumaru denken. Der Youkai hatte auch einen solchen Mond auf der Stirn. Ob das wohl irgendetwas zu bedeuten hatte? Sie musste ihn bei Gelegenheit einmal danach fragen… aber wahrscheinlich würde er ihr sowieso nicht antworten. Schade eigentlich, dass der Youkai so verschwiegen war. Sie hätte gerne mehr über ihn erfahren…. Schließlich hatte er ihr schon oft geholfen.

In diesem Augenblick kam Ruan im Lager an. Zu ihrer Verwunderung brannte dort aber kein Lagerfeuer, wie normalerweise. Stattdessen saßen sowohl Rin als auch Jaken auf Ah-Uhn’s Rücken und schienen wartend in ihre Richtung zu blicken.

Auch Sesshoumaru stand in einigem Abstand zu den drei anderen und hatte sich nicht wie gewöhnlich auf einen Baum zurückgezogen. Was war los?

“Steig auf Ah-Uhn.”, wies der Inuyoukai sie in diesem Augenblick kalt an.

“Warum?” Die Frage hatte sich Ruan einfach nicht verkneifen können. Ihrer Ansicht nach war sie allerdings auch berechtigt. Warum sollte sie auf den Drachen? Selbst wenn Sesshoumaru beschlossen haben sollte, nachts weiter zu ziehen, dann konnte sie ja immer noch ihre eigenen Füße benutzen. Doch der Youkai machte nicht den Anschein danach, als wolle er auf ihre Frage antworten.

Dafür antwortete ihr Jaken in überheblichem Tonfall.

“Wir werden natürlich fliegen! Da du das nicht kannst, musst du auf Ah-Uhn reiten!”

Fliegen? Wohin sollten sie denn fliegen und warum? Fragend blickte sie wieder in Sesshoumaru’s Richtung, doch der Youkai stand immer noch unbeteiligt etwas abseits.

“Wohin fliegen wir?”, fragte sie ihn trotzdem, und diesmal erhielt sie sogar eine Antwort.

“Zum Schloss.”, meinte Sesshoumaru kalt und im nächsten Augenblick bildete sich unter den Füßen des Youkais so etwas wie eine Wolke und er… hob wortwörtlich ab.

Neben sich hörte Ruan in diesem Moment Jaken mit den Zügeln schlagen und auch Ah-Uhn sprang hoch, wobei sich eine Art bläuliches Feuer unter seinen Füßen bildete.

Instinktiv sprang die blauhaarige hoch und hielt sich an dem Sattel des Drachens fest. Den Schwung des Sprunges noch ausnutzend zog sie sich mühelos auf den Rücken des Drachen.

Erst als sie sicher dort saß, kam sie dazu, sich Gedanken zu machen.

Zu was für einem Schloss Sesshoumaru wohl fliegen wollte und warum? So viel sie auch darüber nachdachte, sie kam dennoch zu keiner wirklichen Antwort. Sesshoumaru hätte seine Aussage auch etwas genauer machen können. Es gab viele Schlösser in Japan. Zu welchem sie wohl gerade unterwegs waren?

“Du, Ruan-chan?”, fragte Rin, die knapp vor ihr saß, plötzlich und holte die Youkai somit in die Wirklichkeit zurück. Leicht irritiert erwiderte Ruan den fragenden Blick des kleinen Mädchens, welches das als Aufforderung sah, weiter zu sprechen.

“Wo warst du eben mit Sesshoumaru-sama?”

“Hm… wir waren gar nicht weit weg von euch. Er hat mir gezeigt, wie man mit einem Schwert umgeht, mehr nicht.”

“Ach so…”, murmelte das kleine Mädchen mit leichter Enttäuschung in der Stimme, fuhr dann aber etwas fröhlicher fort, “Aber du wirst doch für immer bei uns bleiben, oder?”

“Oh… ähm…”, darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Wollte sie für immer bei Sesshoumaru und seiner Gruppe bleiben? Auch wenn sie ihre Youkaikräfte komplett beherrschen konnte und stark genug war, um Fuyu die Stirn bieten zu können? Sie wüsste nicht, was sie sonst tun konnte oder besser gesagt: wohin sie sonst konnte. Alleine wollte sie auf gar keinen Fall durch die Gegend ziehen. Da war es doch nur von Vorteil, wenn sie bei Sesshoumaru blieb.

“Bisher habe ich keine anderen Pläne.”, antwortete die blauhaarige Youkai dennoch leicht ausweichend. Sie musste ja keine Versprechen geben, bei denen sie nicht sicher war, ob sie sie würde halten können.

“Ist gut.”, meinte Rin daraufhin strahlend. Für sie bedeutete Ruans Antwort nichts anderes als ein eindeutiges “Ja”.

“Rin, weist du, zu was für einem Schloss wir fliegen?” Die Frage war ihr gerade erst wieder in den Sinn gekommen.

“Jaken-sama hat gemeint, dass wir zum Schloss von Sesshoumaru-sama gehen.”, antwortete die Kleine stolz darüber, die Antwort zu kennen.

Sie flogen zum Schloss von Sesshoumaru? Er besaß ein eigenes? Aber wenn sie genauer darüber nachdachte, dann kam es ihr plötzlich ganz selbstverständlich vor. Der Youkai war schließlich der Herr des Westens. Als solcher besaß er sicherlich ein Schloss.

Allerdings müssten in diesem dann nur Youkai leben… ein Youkaischloss also… bisher hatte sie nicht gedacht, dass es auch solche Schlösser gab. Bisher hatte sie gedacht, dass nur menschliche Fürsten Paläste hatten… aber ehrlich gesagt hatte sie sich bis vor kurzem nicht im Geringsten für Youkai und deren Angelegenheiten interessiert. Sie war nicht einmal auf die Idee gekommen, dass sich Dämonen irgendwo niederlassen konnten…. Nun gut, sie hatte sich da halt geirrt.

Im Moment war die Frage, wie ein Youkaischloss überhaupt aussah, viel interessanter. Ob man es mit einem menschlichem Palast vergleichen konnte? Sie würde es gerne wissen. Wann sie wohl an Sesshoumaru’s Schloss ankommen würden?
 

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Und hier ist auch das Kap zuende^^

Ich werd versuchen, mich mit dem nächsten etwas mehr zu beeilen^^

Wer mir ein Kommi hinterlässt kriegt wie immer 'ne ENS, wenn ich das hochlade^^

Bye,

_Corchen_

Im Schloss (Teil 1)

Kap 12: Im Schloss (Teil 1)
 

Schon seit Stunden flogen sie nun in Richtung Westen und noch immer sah es nicht so aus, als wolle Sesshoumaru bald eine Pause einlegen. Er hatte in den letzten Stunden kein einziges Mal sein Tempo verringert und so langsam begann Ruan sich zu fragen, wie lange so ein Youkai überhaupt fliegen konnte, ohne müde zu werden. So weit sie es beurteilen konnte, schien auch Ah-Uhn noch lange keine Pause zu benötigen, schließlich hielt auch er noch die Hohe Geschwindigkeit des Inuyoukais.

Insgeheim wunderte sich Ruan stark darüber. Normalerweise hielt der Reitdrache jede noch so kurze Pause für eine willkommene Gelegenheit zum Schlafen oder Fressen. Das er dennoch so viel Ausdauer besaß, hätte die Youkai sich nie träumen lassen. Kurz wanderte ihr Blick über Jaken und Rin, welche beide friedlich schliefen. Ob die beiden so etwas schon oft mitgemacht hatten, dass sie einfach auf dem Rücken eines fliegenden Drachen schlafen konnten? Nun gut, sie musste sich eingestehen, dass sie selbst zwischendurch ein paar Mal weggenickt war…. Aber trotzdem hatte sie nicht so lange geschlafen wie die beiden anderen.

Ruans Blick wanderte nun von Rin und Jaken nach unten, zu der Landschaft, die sie gerade überflogen. Gerade war wieder ein Menschendorf dabei, aus ihrem Blickfeld zu verschwinden. Der Youkai fiel auf, dass die Dörfer mittlerweile in immer kürzeren Abständen auftauchten. Wahrscheinlich kamen sie jetzt in ein etwas dichter besiedeltes Gebiet…. Hieß das vielleicht auch, dass sie Sesshoumaru’s Schloss jetzt näher kamen? Soweit sie wusste, waren um größere Schlösser immer mehrere menschliche Siedlungen. Nun gut, jedenfalls war das bei Menschenschlössern so. Vielleicht war das bei Youkai ja ganz ähnlich? Aber wahrscheinlich würde sie das sowieso bald erfahren. Spätestens dann, wenn sie bei dem Schloss des voran fliegendem Youkais angekommen waren.
 

“Und jetzt noch mal ganz von vorne: diese Ruan soll meine Schwester sein? Und Fuyu hat es auf sie abgesehen?”

“Ja…”, Riko’s Stimme war nicht viel mehr als ein Krächzen. Noch immer waren nicht alle seine Verletzungen verheilt. Das Hakobu ihn seit gestern Abend wortwörtlich ins Verhör nahm, war dabei auch nicht sehr hilfreich. Dennoch war er froh darüber, dass der blauhaarige Youkai bereit dazu war, ihm zuzuhören. Dann musste er ihn jetzt praktisch nur noch davon überzeugen, dass er nicht log. Aber er war sich ziemlich sicher, dass Hakobu mittlerweile davon ausging, dass er ungefähr die Wahrheit sagte. Sonst hätte er ihm nicht so lange zugehört.

“Nehmen wir mal an, du hättest Recht. Warum sollte Fuyu dann aber zum Schloss des Westens aufgebrochen sein, wie du es gesagt hast?”, fragte der blauhaarige Youkai ernst, fuhr dann aber leicht scherzhaft fort, “Oder will er Ruan etwa direkt unter der Nase des dort ansässigen Daiyoukai’s umbringen lassen?”

Stille.

Betreten blickte Riko zur Seite. So genau kante er Fuyu’s Pläne zwar nicht, aber er konnte sich zumindest vorstellen, dass er etwas Ähnliches plante. Deswegen war es ja auch so dringend, dass Hakobu endlich damit begann, ihm zu vertrauen.

Dieser starrte den Neko-Youkai unterdessen mit einem ungewöhnlichem Mienenspiel an, welches immer wieder zwischen Entsetzen und “Das-ist-alles-ein-Scherz” zu schwanken schien.

“Das… das kann er nicht wirklich vorhaben, oder?”, überwand Hakobu sich nach kurzer Zeit zu fragen. Das konnte einfach nicht ernst gemeint sein. Nein, so dumm konnte Fuyu wirklich nicht sein, oder etwa doch?

“Ich kenne die Pläne meines ehemaligen Herren nicht so genau…”, antwortete Riko leicht ausweichend und das war etwas, was seinem blauhaarigem Gegenüber jetzt scheinbar den letzten Nerv zu rauben schien.

“Nein! Das kann nicht sein! Will er einen Krieg vom Zaun brechen?! Dagegen, dass er einfach so Selbstmord begehen will, habe ich ja nichts, aber…! Nein, so dumm kann er einfach nicht sein! Das ist einfach Wahnsinn!”

Und somit war die Entscheidung von Hakobu gefallen. Das, was Riko ihm erzählt hatte, mochte gelogen sein, aber wenn es tatsächlich der Wahrheit entsprechen sollte, dann war es zu wichtig, als dass er es hätte ignorieren können.
 

Die Sonne tauchte den Horizont schon in schwaches Licht, als Ruan es endlich sehen konnte. Der aus der Entfernung winzig wirkende Palast hob sich stark gegen den Horizont ab. Der ganze Gebäudekomplex lag an einem Berghang und es sah fast so aus, als sei das Schloss mit diesem verwachsen, so gut war es in seiner Umgebung eingebettet. Es dauerte etwas, ehe Ruan weitere Einzelheiten ausmachen konnte.

Der gesamte Palast war von einer hohen Mauer umgeben, die die Sicht auf die Innenstehenden Gebäude erst nach einiger Zeit freigab. Als erstes fiel der Youkai das große Hauptgebäude auf, das über mehrere Stockwerke zu verfügen schien. Vor diesem konnte sie nun einen großen Hof erkennen, um welchen einige kleinere, einstöckige Gebäude standen, deren Sinn Ruan nicht erkennen konnte. Hinter dem Hauptgebäude waren einige weitere, lang gezogene Häuser, in denen wohl die Diener untergebracht waren.

Um diesen ganzen Komplex war eine weitere Mauer gezogen, die von der Höhe und Dicke genau mit der ersten überein zu stimmen schien. Zwischen den beiden Mauern konnte Ruan viele dicht aneinander gebaute Gebäude erkennen. Zwischen diesem Gewirr aus Gassen konnte man nur ab und an einen etwas größeren Platz entdecken, welche wohl als Marktplätze genutzt werden konnten.

Insgesamt war dieses Schloss wohl eher als größere Stadt zu bezeichnen. Ruan hatte noch nie gehört, dass es irgendeinen Palast gab, der von zwei Mauern umgeben war. Selbst gesehen hatte sie so etwas schon einmal gar nicht.

Und dazu kam noch hinzu, dass auch um die äußere Mauer herum viele Siedlungen lagen, viel mehr, als das es bei ihrem alten Heim der Fall gewesen wäre.
 

Es dauerte eine Weile, ehe Ruan ihren Blick von dem Schloss abwenden konnte und wieder nach vorne blickte. So sah also das Schloss eines Daiyoukai’s aus? Ob da unten wohl nur Youkai lebten…? Oder vielleicht auch ein paar Menschen?

Es dauerte nicht allzu lange, da waren sie schon fast bei dem Schloss angekommen und Sesshoumaru setzte vor ihnen zur Landung an. Als Ah-Uhn ihm gleich darauf folgte, wachten auch Jaken und Rin auf, wobei Ruan merkte, dass auch das kleine Mädchen Sesshoumaru’s Schloss noch nie gesehen hatte, denn die Kleine staunte im Moment genauso viel wie sie beim Anblick des Palastes gestaunt hatte. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Offensichtlich hatte sie doch mit ihrer Vermutung richtig gelegen, dass der weißhaarige Youkai sein Schloss nicht allzu oft besuchte.
 

Kurz vor den Toren der ersten Mauer kam Sesshoumaru schließlich auf dem Boden auf, dicht gefolgt von Ah-Uhn, dessen “Reiter” sofort von dem Drachen hinunter sprangen. Ruan konnte nun einige aufgeregte Stimmen auf den Schlossmauern her hören und nur einen Augenblick später schwang das riesige, schwere Holztor erstaunlich leise nach innen auf.

Ohne zu zögern ging Sesshoumaru daraufhin los, und Ruan sowie die anderen folgten ihm sofort. Die blauhaarige Youkai fühlte sich nicht wohl dabei, das Schloss zu betreten. Irgendwie erinnerte sie es daran, wie sie das letzte Mal in ihr früheres Zuhause gekommen war. Damals hatten auch alle Leute um den Weg herum gestanden, genauso wie jetzt. Nur das jetzt keiner starrte.

Scheinbar hatten sich alle Bewohner des Schlosses um die Straße gesammelt, auf der sie nun zur inneren Mauer gingen, und neigten ehrerbietig die Köpfe, wenn sie vorbeigingen. Nun, eigentlich nur, wenn Sesshoumaru vorbeiging. Ruan konnte förmlich spüren, dass ihr nicht wenige der Umstehenden neugierige Blicke aus dem Augenwinkel zuwarfen.

Die blauhaarige hätte sich nur allzu gern zu den betreffenden umgesehen, doch sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass ein solches Verhalten nicht richtig war.

Vielleicht sollte sie sich einfach ein Beispiel an dem vorangehendem Inuyoukai nehmen, und die Umstehenden gar nicht beachten? Wahrscheinlich wäre das besser, aber so etwas war immer leichter gesagt, als getan. Also versuchte sie stattdessen, sich mehr auf die Häuser neben der Straße zu konzentrieren. Sie alle waren entweder aus stabil aussehendem Holz oder auch manchmal Stein gefertigt. Anscheinend lebten nur Leute hier, die über einen gewissen Wohlstand oder Rang verfügten, dass sie es sich leisten konnten, in solchen Häusern zu leben. Insgeheim wunderte es Ruan schon, dass in diesem Teil des Schlosses offensichtlich Menschen, sowie Youkai lebten, wobei letztere eindeutig dominierten. Warum es wohl Menschen hier gab? In einem Menschenschloss lebten schließlich auch keine Youkai. Sie wurden dort ja nicht geduldet, was Ruan am eigenen Leib hatte erfahren müssen. Dennoch war es seltsam, dass es hier anders war. Vielleicht sollte sie Sesshoumaru bei Gelegenheit ja mal nach dem Grund dafür fragen? Ja, dass wäre wirklich gut zu wissen.

Nach einer Weile, die Ruan wie eine halbe Ewigkeit vorkam, kamen sie endlich an den Toren der inneren Mauer an, welche schon weit offen standen.

Neugierig warf die blauhaarige Youkai einen Blick durch diese hindurch und hätte im nächsten Augenblick fast enttäuscht aufgeseufzt. Da standen ja auch noch Reihen von Leuten, und alle schienen nur auf sie zu warten! Gut, wenn Sesshoumaru der Schlossherr war, dann war das eigentlich nichts verwunderliches, aber dennoch wäre Ruan etwas weniger öffentliches Interesse lieber gewesen. Sie mochte es einfach nicht, von allen Seiten so angestarrt zu werden.
 

Als sie das Tor passierten, spürte die Youkai plötzlich so etwas wie ein Ziehen in sich, das aber sofort aufhörte, als sie unter dem Tor hindurch waren.

In diesem Moment konnte Ruan einfach nicht mehr an sich halten und warf schnell einen Blick über die Schulter zurück. Nein, an dem Tor konnte sie nichts Besonderes erkennen und dennoch hatte sie das ungute Gefühl gerade von irgendetwas… getestet und für gut befunden zu sein. Unbewusst rann ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Was das wohl gewesen war?

Als Ruan wieder nach vorne blickte, sah sie, dass ein braunhaariger Youkai in teurer Kleidung zu Sesshoumaru getreten war und sich mit dem Inuyoukai unterhielt. Kurz darauf verschwand der fremde Youkai aber auch wieder, woraufhin ein Diener zu Ah-Uhn trat und den Drachen wegführte.

Scheinbar ungerührt davon ging Sesshoumaru jetzt einfach weiter und Ruan beeilte sich, um hinter ihm zu bleiben. Eilige Schritte hinter ihr verrieten ihr, dass Jaken und Rin es ihr offenbar gleichtaten. Als sie jedoch den Palast betreten hatten, kam jedoch eine Dienerin angelaufen, die die Beiden zu ihren Zimmern führen wollte und so war Ruan auf einmal allein mit Sesshoumaru.

All die Diener, die bis eben noch im Hof gestanden hatten, waren auf einmal verschwunden. Offenbar hatten sie alle noch Arbeit….

“Was war das eben für ein Ziehen, das ich unter dem Tor gespürt habe…?”, fragte die Blauhaarige nach einer Weile, weil ihr das Schweigen Sesshoumaru’s mit der Zeit schon fast peinlich wurde.

“Ein Bannkreis, der Eindringlinge abhalten soll.”, antwortete der Inuyoukai kalt wie immer, und ging dann einfach los. Schnell folgte Ruan ihm. Was hätte sie denn sonst tun sollen? Aber das, was der Weißhaarige eben gesagt hatte, war auch interessant. Ein Bann gegen Eindringlinge? Das war ziemlich ungewöhnlich, wie sie fand. Aber sie waren ja auch auf einem Dämonenschloss. Vielleicht war es in einem solchen ja ganz normal, irgendwelche Bannkreise oder ähnliches zum Schutz zu haben? Vielleicht war das ja so…. Sie konnte das schließlich schlecht beurteilen.

“Hm, was machen wir überhaupt hier?”, die Frage war Ruans Ansicht nach berechtigt. Sie begleitete Sesshoumaru schon einige Zeit und bisher hatte sie noch nicht das Geringste über dieses Schloss gehört. Nicht einmal Jaken hatte davon erzählt und sie ging einfach mal davon aus, dass es für den Youkai nicht allzu wichtig war.

Allerdings erhielt sie keine Antwort Sesshoumaru’s. Der weißhaarige Youkai schritt einfach stumm vor ihr durch die verschlungenen Gänge des Schlosses und über einige Treppen, als sei es das selbstverständlichste der Welt. Dennoch begann sich Ruan nach einer Weile zu fragen, wie sie sich in diesem riesigem Gebäude jemals würde auskennen können. Oder, noch besser: würde sie den Weg nach draußen wieder finden? Sie hatte am Anfang noch versucht, sich all die Biegungen und Treppen zu merken, welche sie passiert hatten, doch inzwischen hatte sie es aufgegeben. Es war einfach zuviel, als das sie es hätte im Kopf behalten können.

“Verzeih die Frage, aber… ähm… wo…?”, setzte Ruan nach einer Weile wieder an, führte die Frage aber nicht zu Ende. Es war wirklich ziemlich unhöflich zu fragen, wo man schlafen sollte, aber sie hatte es sich einfach nicht verkneifen können. Schließlich war dieses Schloss so riesengroß und Sesshoumaru führte sie schon seit einer halben Ewigkeit durch die Gänge….

In diesem Augenblick blieb der weißhaarige Youkai vor einer recht großen Tür stehen und öffnete sie ohne zu zögern.

“Hier.”, antwortete er überraschenderweise auf ihre vorhin unvollendete Frage.

Neugierig trat Ruan daraufhin näher und spähte an Sesshoumaru vorbei in das Zimmer. Überrascht weiteten sich ihre Augen, während sie es betrachtete und nach kurzer Zeit trat sie fassungslos an dem weißhaarigen Youkai vorbei in das Zimmer hinein.

Es war riesengroß! Die Wände waren mit braun/ rotem Kirschholz verkleidet. Allerdings hing an einer Seite des Zimmers ein riesengroßes Bild, auf dem die verschlungenen Äste eines Kirschblumenbaumes in voller Blüte abgebildet waren. An der Seite daneben stand ein großes Himmelbett im europäischen Stil, neben welchem eine Kommode und daneben ein großer Kleiderschrank standen. Zwischen Himmelbett und dem Wandgemälde war noch etwas Platz freigelassen worden, und bei genauerem Hinsehen erkannte Ruan, dass dort eine Tür war. Also gehörte zu diesem Gemach noch ein weiteres Zimmer.

An der Wand, die gegenüber dem Wandgemälde lag, waren einige Fenster angebracht und eine Tür führte auf einen kleinen Balkon hinaus. Ein kurzer Blick aus dem Fenster verriet Ruan, dass sie sich offenbar in einem der obersten Stockwerke befand, und das sie von hier aus einen wunderbaren Ausblick über den weitläufigen Schlossgarten hatte.

In der Mitte des Raumes stand ein niedriger Tisch, um den herum einige Sitzkissen verteilt worden waren. Insgesamt war das Zimmer wunderbar gelegen, ungewöhnlich groß und wunderbar eingerichtet.

“Das… das ist…. Danke Sesshoumaru! Das Zimmer ist einer Fürstin würdig.”, meinte Ruan strahlend, nachdem sie sich einmal umgeblickt hatte, und drehte sich wieder zu dem Youkai um, der die ganze Zeit scheinbar ungerührt im Türrahmen gestanden hatte.

“Was ist überhaupt hinter der Tür da?”, fragte die blauhaarige einfach fröhlich weiter, als Sesshoumaru auf ihren Dank hin schwieg.

“Das Bad.”

Ein Bad? Sie hatte ein eigenes Bad?! Langsam wurde Ruan doch komisch zumute. Für ein einfaches Gästezimmer war dieses doch ganz schön gut ausgestattet…. In ihrem alten Heim hatte nur der Fürst ein eigenes Bad besessen… aber wahrscheinlich lag das einfach daran, dass das ein Menschenschloss gewesen war und sie sich nun in einem Dämonenschloss befand! Genau, dass musste es sein!

“Und… ähm… wo ist dein Zimmer? Ich meine ja nur für den Fall, dass ich mich einmal nicht zurecht finde….” Anscheinend war sie heute dazu verdammt, sämtliche Höflichkeitsregeln zu brechen, aber was sollte sie machen? Wenn Sesshoumaru nicht mit ihre redete, dann musste sie eben fragen!

“Da vorne.”, meinte der Youkai daraufhin jedoch nur, und deutete mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung. Neugierig trat Ruan daraufhin neben Sesshoumaru und entdeckte dann auch bald die kunstvoll gearbeitete Tür, auf die er gedeutet hatte. Und diese lag gar nicht mal so weit weg von ihrem Zimmer…. Das hieß ja, dass er ihr kein einfaches Gästezimmer, sondern ein Gemach im Fürstentrakt gegeben hatte!

“Ich werde dir einen Diener schicken, sobald das Frühstück angerichtet ist.”, meinte Sesshoumaru in diesem Moment kühl und ging davon.

“In Ordnung….”, murmelte Ruan noch, aber da der Youkai daraufhin nicht reagierte, war sie sich nicht sicher, ob er es auch gehört hatte.

Als Sesshoumaru aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, ging die blauhaarige Youkai wieder in ihr Zimmer und schloss langsam die Tür hinter sich zu. Nein, das war kein Traum! Sie hatte wirklich ein Zimmer im Fürstentrakt, dort, wo sie sich es niemals hatte träumen lassen, auch nur einen Fuß hineinsetzen zu dürfen. Warum Sesshoumaru ihr ein solches wohl gegeben hatte? Ein einfaches Gästezimmer hätte schließlich auch gereicht. Aber beschweren wollte sie sich nicht. Schließlich war sie schon immer neugierig darauf gewesen, wie die Zimmer einer Fürstin aussahen und nun war sie in einem solchen untergebracht worden!

Nachdenklich ging sie zu dem großen Himmelbett und setzte sich probehalber darauf. Es war wirklich wunderbar weich…. Danach stand sie auf und öffnete neugierig die Tür, hinter der sich das Bad befand. Hinter der Tür befand sich ein mit Matten ausgelegter Raum, der ungefähr halb so groß war wie ihr Zimmer. In der Mitte war eine große Wanne in den Boden eingelassen worden. Ruan war sich sicher, dass man sicherlich Unmengen an Wasser benötigten würde, um diese zu füllen. Ansonsten war der Raum leer.

Nachdem sie sich nochmals umgesehen hatte, drehte sie sich um und verließ den Raum wieder. Was sollte sie machen, bis das Essen fertig war? Suchend ließ sie ihren Blick durchs Zimmer schweifen, bis dieser am Kleiderschrank hängen blieb. Ob dieser wohl leer war, oder…? Neugierig ging sie zu dem Schrank hin und öffnete diesen.

Allerdings war dieser alles andere als leer, sondern voll mit kostbaren Kimonos in sämtlichen Farben. Staunend nahm Ruan probeweise einen dieser heraus und strich vorsichtig mit der Hand darüber. Wirklich, die feinste Qualität, die sie wohl jemals gesehen hatte. Warum die Kimonos hier wohl hingen? Das Zimmer wurde doch normalerweise nicht bewohnt.

In diesem Moment klopfte es verhalten an die Tür.

Schnell hing Ruan den Kimono zurück an seinen Platz und schloss den Schrank, ehe sie “Herein.”, rief. Sie wusste selbst nicht, warum sie sich beeilt hatte, zunächst alles wieder an seinen Platz zu bringen. Sie tat schließlich nichts Verbotenes.

In diesem Moment wurde die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet und ein rothaariger Youkai in der Kleidung eines Dieners trat ein.

“Der Lord schickt mich. Ich soll euch zum Essen geleiten, My Lady.”

Kurz war Ruan über diese höfliche Anrede verwundert, beschloss dann aber einfach, sie vorerst zu ignorieren.

Mit einem Nicken signalisierte sie dem Youkai, dass sie verstanden hatte und als er sich daraufhin entfernte, folgte sie ihm einfach.

Keine fünf Minuten später standen sie auch schon vor einer großen Tür, die der Diener für sie öffnete. Daraufhin trat sie einfach ein und die Tür wurde hinter ihr wieder geschlossen.

“Ruan-chan!”, ertönte im nächsten Augenblick Rin’s freudiger Ausruf und kurz darauf konnte Ruan spüren, wie ihre Beine umarmt wurden. Verwundert blickte sie daraufhin zu dem kleinen Mädchen hinunter, welche sie nach nochmaligem festen an-sich-drücken losließ.

“Komm mit! Du kannst neben mir sitzen!”, schlug die Kleine strahlend vor, packte Ruan an der Hand und zog die überrumpelte Youkai mit sich, ohne auf eine Antwort zu warten. Im nächsten Moment fand sich die blauhaarige Youkai schon an einem langen, im japanischem stil gehaltenen Tisch und auf einem Sitzkissen wieder.

Rechts neben ihr, an der Kopfseite des Tisches, saß Sesshoumaru, der bisher kein einziges Wort gesagt hatte und links neben ihr saß Rin, die immer noch übers ganze Gesicht strahlte.

Kurz darauf wurde die Tür zum Raum erneut geöffnet und einige Diener traten ein, die jeweils ein Tablett mit Speisen trugen.

Bei diesem Anblick wurde Ruan schmerzlich bewusst, dass sie seit gestern Nachmittag nichts mehr gegessen hatte und dementsprechend viel aß sie auch, als die Speisen auf dem Tisch abgestellt und die Diener wieder gegangen waren. Auch Rin aß ziemlich viel, nur Sesshoumaru nahm gewohnheitsgemäß nichts zu sich. Musste er vielleicht gar nichts essen? Schließlich hatte sie ihn noch nie essen sehen…. Im Geiste fügte sie diesen Punkt noch der mittlerweile langen Liste ihrer ungestellten Fragen an den Youkai hinzu.

Nachdem Ruan sowie Rin satt waren, erhob Sesshoumaru jedoch plötzlich die Stimme.

“Rin, lass dir den Weg zum Schlossgarten zeigen. Ruan, komm mit. Ich werde dir den Trainingsplatz zeigen.”, wies der Youkai die beiden kühl an, und während Rin sich sofort daran machte, Sesshoumaru’s Aufforderung nachzukommen, saß Ruan noch kurze Zeit wie erstarrt auf ihrem Platz. Hatte sie gerade richtig gehört?! Hatte Sesshoumaru sie da eben mit ihrem Namen angesprochen?! Soweit sie sich erinnern konnte, hatte der Youkai das noch nie getan. Aber das war nur eine Sache, die sie verwunderte. Er hatte wirklich gemeint, dass er ihr den Trainingsplatz zeigen würde? Nach dem mittlerweile normalen “Komm mit.” hatte er noch tatsächlich so etwas wie eine Erklärung angefügt? Und das alles gleich auf einmal? Was war heute mit dem Youkai los?

Sie schreckte erst aus ihren Gedanken hoch, als Sesshoumaru schon fast den Raum verlassen hatte. Hastig stand sie auf und ging dem Youkai nach. Wenigstens passte noch dieses Verhalten zu dem weißhaarigen Youkai. Sonst hätte Ruan noch angefangen, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Schließlich hatte Sesshoumaru ihr heute auch ein Zimmer im Fürstentrakt gegeben, was ihrer Meinung auch alles andere als normal war. Aber dennoch war ein Teil von ihr froh darüber, dass Sesshoumaru seit kurzem für seine Verhältnisse ungewöhnlich nett zu ihr war.

Was wohl der Grund dafür war? Nachdenklich musterte sie den Youkai von hinten. Zu den anderen hatte sich sein Verhalten doch nicht im Geringsten geändert, oder?
 

Sesshoumaru spürte derweil Ruans prüfende Blicke in seinem Rücken und beschloss, sie vorerst zu ignorieren. Nach einer Weile wurde es ihm aber doch lästig und ein kaltes “Was?” verließ seine Lippen, ohne dass er sich umgedreht hätte.

Einige Zeit antwortete die blauhaarige Youkai hinter ihm nicht darauf, doch dann antwortete sie leicht nervös:

“Du… hast mich mit meinem Namen angesprochen.”

“Weiter.”

“Das hast du noch nie vorher getan.”

Hatte er nicht? Nun, das war seiner Ansicht nach auch nicht wichtig. Schließlich hatte die einfach Tatsache, dass er sie mit ihrem Namen ansprach, nichts zu bedeuten, oder?
 

Ruan wartete kurze Zeit noch darauf, dass der Youkai ihr eventuell antworten würde, doch schon nach kurzer Zeit gab sie es auf. Wahrscheinlich hatte das eben wirklich nichts zu bedeuten gehabt.

Kurze Zeit später standen Sesshoumaru und Ruan auch schon auf einem weitläufigen Sandplatz in dessen Nähe einige Zielscheiben standen. Rechts von diesem war die innere Mauer des Schlosses und links davon war die Hinterseite des Palastes. Dort standen im Moment viele neugierige Youkai und auch ein paar Menschen, die angespannt zu ihnen hinüberstarrten. Unter dem Blick so vieler Leute fühlte sich Ruan zunehmend unwohl, doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.

Aus der Neugierde der Leute und aus der Tatsache, dass sie sich gerade auf einem Trainingsfeld befanden, schloss sie einfach, dass Sesshoumaru sie trainieren wollte. Schließlich hatte er ihr gestern noch gesagt, dass sie heute weitertrainieren würden.

Dementsprechend war sie nicht verwundert, als sich der Youkai ein paar Meter von ihr entfernte und sich dann zu ihr umdrehte, wobei er sein Schwert zog.

Als sie das sah, zog auch Ruan ihr Schwert, wobei sie ihre Nervosität nur noch schwerlich verdecken konnte. Sie würde gleich gegen Sesshoumaru kämpfen… und all diese Leute würden sehen, wie sie haushoch geschlagen wurde…. Keine allzu nette Vorstellung. Aber wenigstens konnte sie sich damit trösten, dass wahrscheinlich jeder der Anwesenden wusste, wie stark der weißhaarige Youkai vor ihr war.

Eben dieser lief im Moment auf sie zu, wobei er sein Schwert schräg vor sich hielt. In einer vagen Ahnung dessen, was jetzt kommen würde, riss Ruan ihr Schwert hoch und parierte den ersten Schlag. Auch den zweiten Schlag konnte sie noch recht leicht parieren, beim dritten hatte sie schon Probleme damit, ihr Schwert in der Hand zu behalten. Beim vierten gelang es ihr gerade noch so, die Waffe in der Hand zu halten, aber was ihr da gelungen war, misslang ihr beim fünften Schlag und das Schwert fiel zwei Meter entfernt zu Boden.

Leicht unzufrieden holte Ruan es zurück und drehte sich anschließend wieder zu Sesshoumaru um. Fünf Schläge… das war ja nicht gerade fiel. Aber wenn man es mit ihrer miserablen Leistung von Gestern verglich, dann war sie schon etwas besser geworden.

Erneut stürmte Sesshoumaru auf sie zu. Auch diesmal gelang es ihr schon recht problemlos, den ersten Schlag abzufangen und als beide Klingen nach dem zweiten Schlag gegeneinander gedrückt wurden, war Ruan entschlossen, diesmal länger durchzuhalten als beim ersten Mal. Schließlich wollte sie ja besser werden…. Da konnte etwas Verbissenheit bestimmt nicht schaden. Als sie merkte, dass ihr Gegenüber ihr erneut das Schwert mit einer schnellen Drehung aus der Hand schlagen wollte, gelang es ihr dieses mal, sich mit einem kleinen Sprung zur Seite davor zu bewahren. Sie wusste noch immer nicht, wie genau sie verhindern konnte, dass ihr das Schwert aus der Hand geschlagen wurde, aber immerhin hatte sie es dieses eine Mal verhindern können. Wenn auch nur mit einem Sprung zur Seite. Dennoch war Ruan stolz darauf. Schließlich hatte sie ihre Waffe noch nicht verloren und das war doch die Hauptsache.

Doch Sesshoumaru gönnte ihr trotzdem keine Pause. Nachdem sie ihm ausgewichen war, wirbelte der Youkai sofort herum und griff wieder an. Im letzten Moment gelang es Ruan noch, ihr Schwert zwischen sich und Sesshoumaru’s Klinge zu bringen. Mit so einem schnellen Angriff hatte sie nicht gerechnet. Aber immerhin hielt sie ihr Schwert noch in beiden Händen!

Das bemerkte auch Sesshoumaru, den dieser Umstand doch etwas verwunderte, auch wenn er es nicht zeigte. Seit ihrem ersten Training war sie um einiges besser geworden, ohne geübt zu haben. Sie lernte wirklich schnell. Nichts desto trotz griff er weiter an. Er war neugierig darauf, wie schnell sie lernen konnte. Keine fünf Minuten später hielt Ruan ihr Schwert immer noch fest in der Hand, hatte aber dafür Tokijins Klinge am Hals.

“Tod.”, meinte Sesshoumaru ruhig. Es war eine Feststellung, nicht mehr und nicht weniger. Dann nahm der weißhaarige Youkai das Schwert wieder von Ruans Hals und machte einen Satz zurück. Danach ging er wieder in Angriffstellung, genauso wie die blauhaarige Youkai.
 

Fasziniert sahen die zahlreichen Diener dabei zu, wie die beiden Youkai wieder aufeinander losstürmten. Man sah nicht oft, wie der Lord jemanden trainierte, nun, eigentlich sah man es nie. Aber diese blauhaarige Youkai, die mit dem Inuyoukai zusammen ins Schloss gekommen war, schlug sich auch nicht schlecht. Doch nach einiger Zeit mussten jedoch viele der Zuschauer wieder gehen, denn immerhin wartete noch viel Arbeit auf sie. Schließlich musste noch ein Fest vorbereitet werden.
 

Ruans Atem ging bereits keuchend, als Sesshoumaru das Training für beendet erklärte. Anders als am Tag zuvor hatte die blauhaarige Youkai dieses Mal nicht allzu viel dagegen. Sie war recht zufrieden mit sich, denn mittlerweile verlor sie ihr Schwert fiel seltenes als noch vor einem Tag und generell dauerte es länger, bis sie einen Kampf verlor. Dennoch wurmte es sie, dass sie Sesshoumaru dem Anschein nach nicht einmal halbwegs die Stirn bieten konnte. Aber wenn sie weiter übte, würde sich das ganz gewiss ändern! Ja, ganz bestimmt würde es sich das!

Langsam ließ Ruan das Schwert wieder zurück in die Scheide gleiten, ehe sie sich einmal ausgiebig streckte, um ihre verkrampften Muskeln wenigstens ein bisschen zu lockern. Ein heißes Bad wäre jetzt genau das richtige, um sich entspannen zu können. Ja, ein Bad…. Dabei kam ihr in den Sinn, dass sie direkt neben ihrem Zimmer ein Bad hatte… es fehlte nur noch das warme Wasser. Gut, kaltes Wasser würde auch reichen, schließlich könnte sie versuchen, es wieder eigenhändig aufzuwärmen. Aber dennoch: wie sollte sie an so viel Wasser kommen und es in ihr Zimmer schaffen? Irgendwie musste es ja gehen, sonst gäbe es dort oben schließlich kein Bad. Vielleicht sollte sie Sesshoumaru fragen, wie es ging?

Kurzentschlossen lief Ruan zu dem weißhaarigen Youkai hinüber, der das Kampffeld mittlerweile schon fast verlassen hatte.

“Ähm, Sesshoumaru?”, fragte sie vorsichtig, als sie bei dem Youkai angekommen war. Als dieser nicht reagierte, sprach sie einfach weiter.

“Was muss ich tun, wenn ich baden will?”
 

Fast wäre Sesshoumaru versucht, belustigt zu lächeln. Diese Frage der Youkai war wirklich seltsam und erinnerte ihn zwangsläufig an Rin. Das kleine Mädchen stellte auch manchmal solche Fragen.

“Auf dein Zimmer gehen.”, antwortete er dennoch kalt wie immer.

“Ja, aber wo soll ich dann das Wasser herbekommen?”, wollte Ruan sogleich ungeduldig wissen.

Nach Sesshoumaru’s Meinung merkte man wirklich, dass die blauhaarige Youkai als Dienerin aufgewachsen war. Normalerweise hätte sich diese Frage keinem hochrangigem Youkai gestellt. Aber da Ruan es offensichtlich wirklich nicht wusste, gab der Inuyoukai ihr auch diesmal eine Antwort.

“Man wird es dir bringen.”

Eine kurze Pause trat ein.

Ruan war leicht verwundert über die Antwort Sesshoumaru’s. Warum sollte ihr denn jemand Wasser bringen? Vielleicht… weil sie im Fürstentrakt wohnte? Aber sie hatte dort doch nur ein Zimmer zur Verfügung gestellt bekommen, mehr nicht. Sie würde dort ja nicht wohnen bleiben. Aber vielleicht war das ja auch gar nicht wichtig? Nun, sie würde es bestimmt noch sehen. Sie wollte sich gerade umdrehen, und sich auf den Weg in ihr Zimmer machen, doch da fiel ihr noch etwas anderes ein.

“Ähm, Sesshoumaru?”

Schweigen.

“Wie… komme ich noch mal in mein Zimmer…?”

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Jap, hier ist's Kap zuende^^

Und wie man sicherlich schon merkt, wird das nächste Kap "Im Schloss (Teil 2)" heißen^^(meine Güte, bin ich kreativ XD*selbstironie*)
 

So, jetzt mal zu was anderem. Ich find's wirklich klasse, dass die Geschichte auf mittlerweile 29 Favo-Listen steht, aber es wär noch schöner, wenn vllt. ein drittel oder mehr davon Kommies schreiben würden....

Dabei gillt wie immer: wer mir ein Kommi hinterlässt, kriegt 'ne ENS, wenn ich's nächste Kap hochlade^^

Bye,

_Corchen_

Im Schloss (Teil 2)

Kurz sah Sesshoumaru Ruan nach ihrer Frage leicht erstaunt an, dann drehte er sich wortlos um und ging los. Ohne zu zögern schlug er den Weg in Richtung des Fürstentraktes ein. Er wusste, dass das Schloss sehr weitläufig war und man sich darin leicht verlaufen konnte… dennoch sollte dies einer höhergestellten Youkai nicht passieren. Aber wahrscheinlich wusste Ruan das nicht. Schließlich hatte sie keine dementsprechende Erziehung erhalten. Moment mal, warum machte er sich jetzt schon Gedanken über die Erziehung der Youkai?! Und… warum hatte er gar nicht erst überlegt, als Ruan ihn nach dem Weg gefragt hatte, sondern hatte sich gleich daran gemacht, ihr zu helfen? Er hätte sie auch zu einem Diener schicken können, der sie dann geführt hätte…. Wenn er so darüber nachdachte, dann hatte er sich in letzter Zeit generell in der Nähe der Youkai seltsam verhalten. Er ließ bei ihr mehr durchgehen als bei sonst jemanden und obwohl er sie im Schloss von einem Schwertlehrer unterrichten lassen könnte, tat er es selbst…. Innerlich schüttelte er über sich selbst den Kopf. Was war nur mit ihm los? Warum verhielt er sich so seltsam in der Anwesenheit der blauhaarigen Youkai?
 

Als der Inuyoukai einfach losging, beschloss Ruan nach kurzem Zögern, ihm zu folgen. Was sollte sie auch anderes machen? In diesem Schloss würde sie sich schließlich nicht zurechtfinden. Außerdem war es ihr peinlich, dass sie sich den Weg zu ihrem Zimmer nicht hatte merken können. Aber wer konnte das auch von einem verlangen? Schließlich gab es hier dutzende von Abbiegungen, Türen und Gängen, die ihrer Ansicht nach alle gleich aussahen. Da war es doch nur natürlich, dass man sich nicht alles gleich merken konnte, oder? Zumindest hätte niemand so etwas von einem Menschen verlangt. Ob das bei Youkai anders war? Aber schließlich hatte Sesshoumaru nichts dergleichen gesagt. Und wenn sie sich jetzt nicht täuschte, oder zu viel Nettigkeit in den Inuyoukai hineininterpretierte, dann führte er sie jetzt zu ihrem Zimmer. Also konnte es ja nicht allzu schlimm sein, dass sie sich den Weg nicht gemerkt hatte. Folglich musste ihr ihre Frage nach dem Weg auch nicht peinlich sein, aber… sie war es dennoch. Warum…? Vielleicht, weil sie das dumpfe Gefühl hatte, sich eben vor dem weißhaarigem Youkai lächerlich gemacht zu haben…? Aber das hatte sie doch gar nicht! Hoffte sie zumindest. Wieso war es ihr dennoch so wichtig, was Sesshoumaru jetzt möglicherweise von ihr dachte? Kurz dachte Ruan darüber nach, kam aber zu keinem wirklichen Schluss und verdrängte diese Frage dann einfach und konzentrierte sich stattdessen auf den Weg.
 

Keine fünf Minuten später war Ruan auch schon in dem Flur, in dem auch ihr Zimmer lag, angekommen. Gerade wollte sie mit einem gemurmelten “Danke.” an den Inuyoukai darauf zugehen, doch als neben ihr eine Tür leise geöffnet wurde, hielt die Blauhaarige neugierig inne. Hinter der mittlerweile halb geöffneten Tür stand eine rothaarige Youkai mit dunklen, schwarzen Augen, bei deren Anblick Ruan unbewusst ein kalter Schauer den Rücken herunter ran. Die Haut der Fremden war sehr blass, fast weiß und sie trug einen kostbaren, schwarz-roten Kimono. Kurz musterte die Schwarzhaarige die Mizuyoukai kurz, dann wandte sie sich mit so etwas wie einem unterdrücktem abfälligem Schnauben ab und schloss die Tür hinter sich. Es dauerte noch etwas, ehe sich die leicht verwirrte Ruan von dem Anblick der so plötzlich geschlossenen Tür abwenden konnte und wieder nach vorne blickte. Dabei bemerkte sie, dass Sesshoumaru der ganzen Szene offensichtlich zugesehen hatte, denn noch immer lag sein Blick auf ihr. Nur gegenüber sich selbst gab Ruan zu, dass sie doch leicht nervös wurde, wenn der weißhaarige Youkai sie so prüfend ansah. Deswegen bedankte sie sich erneut kurz bei ihm dafür, dass er sie zu ihrem Zimmer geführt hatte, und ging dann schnell in eben dieses hinein.

Als sie die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, blieb sie noch eine Weile auf der Stelle stehen, bis sie wusste, dass Sesshoumaru weggegangen war. Sie wollte sich mit einem leisen Seufzer gerade wieder umwenden, um sich irgendwo hinzusetzen, da hielt sie urplötzlich inne. Woher wollte sie wissen, dass Sesshoumaru nicht mehr vor ihrer Tür stand? Schließlich hatte sie keine Schritte gehört! Wie konnte sie sich da so sicher sein?

Misstrauisch beäugte Ruan ihre Zimmertür und überlegte, was sie jetzt tun sollte. Einfach so tun, als sei nichts gewesen, oder…? Aber was sollte sie machen, wenn der weißhaarige Youkai doch noch in der Nähe war…? Das wäre wirklich ziemlich peinlich…. Aber schon im nächsten Augenblick hatte ihre Neugier diese Sorgen verdrängt und Ruan riss die Tür schon förmlich auf, um in den Gang davor zu spähen. Allerdings war dort niemand, weswegen die blauhaarige Youkai die Tür langsam wieder schloss.

Hatte sie wirklich gespürt, dass Sesshoumaru nicht mehr in der Nähe war? Oder war alles nur Zufall…? Nach kurzem Zögern beschloss sie, die ganze Sache als letzteres abzutun. Man konnte einfach nicht spüren, ob jemand in der Nähe war. Das ging einfach nicht. Wahrscheinlich hatte sie sich das ganze einfach nur eingebildet. Es war in letzter Zeit auch genug passiert, als das ihre Nerven jetzt bestimmt überstrapaziert waren. Dann passierte es schon mal, dass diese einem einen Streich spielten.

Dieses Thema gedanklich wegschiebend ging Ruan nun zu dem großen Schrank im Zimmer und öffnete diesen. Sie hatte noch gar nicht wirklich Zeit dazu gehabt, sich die ganzen Kimonos in diesem näher anzusehen. Schließlich hatte sie ja weggemusst. Nun wollte sie dies aber nachholen. Es war zwar nicht so, als dass sie sich vorstellen könnte einen solchen einmal selbst anzuziehen, den dafür waren sie viel zu kostbar, aber schön anzusehen waren sie trotzdem.

Aber auch dieses Mal wurde sie in ihrem Vorhaben unterbrochen, denn plötzlich klopfte es verhalten an der Tür.

“Herein.”, rief Ruan schon fast automatisch, während sie den Kleiderschrank leicht bedauernd wieder schloss. Offenbar schien sich heute alles gegen sie verschworen zu haben.

Als sie kurz darauf hörte, wie die Tür geöffnet wurde, drehte sie sich um und hielt erstaunt inne, als eine fremde Youkai in der Kleidung einer Dienerin eintrat und sich tief verneigte.

“Verzeiht die Störung, My Lady, aber ihr habt ein Bad gewünscht…?”

“Ähm… ja?”, antwortete Ruan leicht verwirrt, doch das schien der fremden Youkai mit den rötlich/ braunen Haaren zu reichen. Schnell trat diese nämlich zur Seite und hinter ihr betraten nun weitere Dienerinnen den Raum, von denen jede einen dampfenden Krug trug, welche nun zum Bad getragen wurden.

Verwundert sah die blauhaarige Youkai ihnen dabei zu. Woher wussten sie, dass sie gerne baden wollte? Und warum wurde deswegen ein solcher Aufstand veranstaltet?

Bisher waren gut zehn Dienerinnen mit Krügen ins Zimmer getreten und es kamen immer noch welche nach. Ruan zweifelte nicht daran, dass sie alle Wasser brachten. Nach kurzer Zeit brach der Strom allerdings ab und alle Dienerinnen, bis auf drei, verließen den Raum wieder. Eine derjenigen, die geblieben waren, war die braunhaarige Youkai, die auch als erstes in den Raum getreten war. Die beiden anderen hatten jeweils schwarze Haare, welche zu einem Zopf zusammen gebunden waren, und grüne Augen. Insgesamt ähnelten sich die beiden auch von anderen Merkmalen wie Größe und Gesichtsform her sehr, weswegen Ruan schon nach kurzer Zeit der Verdacht kam, dass es sich um Zwillinge handelte.

“Das Bad ist nun angerichtet, My Lady.”, meinte die braunhaarige Youkai plötzlich mit einer Verbeugung und trat einen Schritt vor.

“Gut.”, murmelte die blauhaarige Youkai leicht verlegen, da sie nicht wusste, was sie sonst sagen könnte. Kurze Zeit trat Schweigen ein, dann ging Ruan zum Bad uns trat ein. Dichter Nebel kam ihr entgegen und sie brauchte kurze Zeit, ehe sie die Wanne in der Mitte des Raumes entdeckt hatte. Kurz zögerte sie noch, dann nahm sie den Bogen sowie den Köcher von der Schulter und legte ihn neben der Tür ab. Auch das Schwert folgte bald. Es widerstrebte Ruan zwar, sich von anderen in solchen Maßen dienen zu lassen, aber da sie es schon getan hatten, wäre es unhöflich, die ganze Arbeit umsonst gewesen sein zu lassen.

Langsam griff sie nach ihrer Kleidung, um diese abzustreifen, doch in diesem Moment legte sich ein anderes Händepaar an eben diese.

Mit einem erschrockenem Aufschrei wirbelte Ruan herum und blickte direkt in die erstaunten Augen einer der Zwillingsschwestern. Seit wann war sie hier?! Sie hatte gar nicht bemerkt, dass jemand außer ihr noch den Raum betreten hatte! Aber, wenn sie die eine nicht bemerkt hatte, waren dann vielleicht noch andere hier?!

Hastig sah sie sich um und erblickte auch sogleich die anderen beiden Dienerinnen, die eben noch in ihrem Zimmer gestanden hatten. Was wollte die hier?!

“My Lady?”, fragte die schwarzhaarige Youkai, die nach ihrer Kleidung gegriffen hatte, in diesem Moment unsicher.

“Was… wollt ihr hier?”, fragte Ruan durch diesen untertänigen Tonfall leicht verwirrt.

“Euch beim Baden helfen, My Lady.”, antwortete die schwarzhaarige sichtlich irritiert. Anscheinend war es für sie, sowie für die anderen beiden, ganz natürlich, so etwas zu tun, denn nun sahen alle drei unsicher und auch leicht ängstlich aus. War ihre Reaktion auf die Anwesenheit der Dienerinnen etwa so ungewöhnlich gewesen? Immerhin hatte sie nicht erwartet, dass irgendjemand ihr einfach so ins Bad folgen würde und dann noch behauptete, er wollte ihr beim Baden helfen! So etwas konnte sie sehr gut selbst tun, ohne irgendwelche Hilfe! Sie war doch nicht vollständig von anderen abhängig!

Hätten die anderen sie nicht so ängstlich angeschaut, wäre Ruan jetzt gewiss ausgerastet. Was erlaubten die sich eigentlich?! Sie hatte nicht das Geringste gesagt und trotzdem wurde ihr einfach so ein Bad angerichtet und die wollten ihr dann auch noch dabei helfen, in die Wanne zu steigen! Als ob sie das nicht auch alleine könnte!

Aber wie gesagt, der unsichere Blick der anderen hielt sie davon ab, ihrer Wut Luft zu machen. Warum waren sie jetzt plötzlich so ängstlich? Hatten sie etwa Angst, weil sie ihr einfach gefolgt waren? Irgendwie konnte Ruan das nicht glauben. Vielleicht dann wegen ihrer Reaktion? War es etwa etwas ganz natürliches für sie, anderen beim Baden zu helfen? Das war doch sinnlos! Jeder konnte alleine baden! Dazu brauchte man keine Hilfe! Aber… wenn es normalerweise immer so war…? Dann hätte ihre Reaktion eben wirklich etwas Erschreckendes auf die anderen gehabt…. Also war es ihr Fehler gewesen und nicht der der Dienerinnen.

Was sollte sie denn jetzt machen? Die Anderen einfach rausschicken? Das konnte sie nicht. Denn wenn diese schon so ängstlich aussahen, weil sie eben etwas seltsam reagiert hatte, wie würde es dann erst aussehen, wenn sie sie raus warf? Wahrscheinlich würden sie sich unglaubliche Vorwürfe machen, irgendeinen Fehler gemacht zu haben…. Folglich kam das nicht in Frage, blieb also nur noch eine andere Möglichkeit übrig. Aber, sich wirklich beim Baden von anderen helfen zu lassen…? Das war doch…! Gut, praktisch gesehen hatte sie keine andere Möglichkeit, denn die drei einfach zusehen lassen kam auch nicht in Frage. Dennoch konnte sie sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, sich bei so etwas natürlichem wie einem Bad helfen zu lassen.

“Ist etwas nicht zu eurer Zufriedenheit, My Lady?”, fragte eine der beiden Zwillinge plötzlich zögerlich und da beschloss Ruan, die ganze Prozedur wenigstens einmal über sich ergehen zu lassen.
 

Keine 15 Minuten später saß sie auch schon in der dampfenden Badewanne, während die braunhaarige Youkai sie mit einem Schwamm bearbeitete. Die anderen beiden Dienerinnen waren schon nach kurzer Zeit wieder gegangen. Wohin, dass wusste Ruan nicht, aber eigentlich war es ihr auch egal. Hauptsache, sie waren endlich weg. Wenn jetzt auch noch die dritte Youkai verschwunden wäre, dann hätte sie sich vielleicht sogar entspannen können, aber natürlich wurde ihr dieser Gefallen nicht getan.

“My Lady?”, fragte die braunhaarige Youkai plötzlich, während sie nach Ruans Haaren griff und begann, sie auszuwaschen.

“Ja?”

“Verzeiht mir bitte meine Neugier, aber ihr und der Lord steht euch nahe?”

Ruan hatte keinen Augenblick lang Zweifel, dass die Dienerin mit “der Lord” Sesshoumaru meinte. Was sollte sie auf die Frage antworten? Stand sie Sesshoumaru nahe? In gewisser Weise schon, denn immerhin reiste sie ja schon eine Weile mit ihm.

“Ja.”, antwortete sie daher nach kurzem Zögern.

“Seit ihr”, setzte die braunhaarige daraufhin an, verbesserte sich allerdings rasch, “Sind My Lady die verlobte des Lords?”

Nein!”, schrie Ruan schon fast und setzte sich kerzengerade auf. Wie kam die andere nur dazu, so etwas absurdes zu fragen?!

“V… verzeiht, My Lady.”, stotterte die Dienerin, rutschte etwas von Ruan weg und verbeugte sich tief. Als diese das sah, tat es ihr schon fast leid, die Braunhaarige so angeschrieen zu haben. Warum hatte sie überhaupt so überreagiert? Sie konnte die Neugier der anderen doch verstehen und außerdem… außerdem war die Frage zwar unverschämt, das aber nur, wenn man den höflichen Ton höherer Schichten gewöhnt war. Das war sie selbst allerdings ganz und gar nicht. Schließlich war sie selbst als eine Dienerin aufgewachsen.

“Wie ist dein Name?”, fragte Ruan daher schon etwas ruhiger.

“Akiko, My Lady.”, antwortete die Dienerin nervös, wobei sie allerdings nicht aufsah.

“Gut. Du kannst jetzt weitermachen, Akiko.”, meinte die Youkai einfach, als sei nichts geschehen, um der anderen zu zeigen, dass sie nichts zu befürchten hatte. Offensichtlich funktionierte diese Taktik auch perfekt, denn die braunhaarige richtete sich vorsichtig wieder auf und trat vorsichtig neben die Badewanne, um wieder nach Ruans Haaren zu greifen.

Eine Weile schwiegen beide, doch dann konnte die blauhaarige Youkai ihre Neugier nicht mehr zurückhalten. Wie war Akiko auf die Idee gekommen, ihr eine solche Frage zu stellen? Eigentlich wirkte die Dienerin nicht so, als würde sie oft alle Höflichkeit in den Wind schlagen. Sollte sie einfach fragen, wie die andere auf einen solchen Gedanken gekommen war? Oder würde das Akiko nur wieder so verschrecken? Vielleicht…. Aber sie würde doch auch nie Wissen, wie die Dienerin auf die Frage gekommen war, wenn sie nicht fragte, oder?

“Wie bist du darauf gekommen, dass ich die Verlobte des Lords sein könnte?”, wollte Ruan daher neugierig wissen. Die Youkai musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass sich Akiko hinter ihr versteifte. Das konnte sie ganz einfach an den Händen der Dienerin spüren, die noch immer ihre Haare wuschen. Hatte die Braunhaarige etwa Angst, dass sie sie bestrafen lassen könnte? Nur wegen einer einzigen Frage? Mal ganz davon abgesehen, dass sie nicht in der Position dazu war, irgendwen zu bestrafen, geschweige denn das sie so etwas gar nicht wollte. Aber vielleicht wusste Akiko das nicht? Gut, das sie das nicht wusste, war sogar mehr als wahrscheinlich, denn immerhin hatte die Dienerin wissen wollten, ob sie Sesshoumaru’s Verlobte sei.

“Ich bin nur neugierig. Du brauchst dir da keine Sorgen zu machen.”, versuchte Ruan die Braunhaarige zu beruhigen.

“Verzeiht, My Lady, aber ich weis nicht, wie ich es erklären könnte.”, murmelte Akiko ausweichend.

“Versuch es doch einfach.”, schlug die blauhaarige Youkai prompt vor. Wahrscheinlich war es der ungewohnt freundliche und offene Unterton in Ruans Stimme, den keine Dienerin von einer Höhergestellten gewohnt war, der Akiko dazu brachte, ihre Frage zu erklären.

“Nun, verzeiht meine Unhöflichkeit, aber ihr seit hier her gekommen, ohne irgendetwas, was euren Status symbolisieren würde. Auch seit ihr mit dem Lord zusammen gekommen und ihr scheint keine Angst vor ihm zu haben. Und… nun, es kommen oft Töchter reicher Familien her. Natürlich immer aus verschiedenen, diplomatischen Gründen. Jedenfalls… sind diese dann sehr bestrebt… die Aufmerksamkeit des Lords auf sich zu ziehen. Und das auf ähm… verschiedensten Arten, My Lady. Ihr jedoch tut nichts dergleichen und dennoch werdet ihr vom Lord mehr beachtet als die Prinzessin des Südens, die hier zur Zeit wohnt. Das ist schon etwas sehr ungewöhnliches….”

Während Ruan den Erklärungen der Dienerin zuhörte, verfinsterte sich ihr Gesicht zusehends. So, es waren also oft Prinzessinnen hier, die alle darauf hofften, von Sesshoumaru als Gefährtin erwählt zu werden? Sie konnte sich das durchaus lebhaft vorstellen. Und was waren diese “verschiedensten Arten” mit denen die Youkai die Aufmerksamkeit des Inuyoukai auf sich ziehen wollten? Aber… so genau musste sie das gar nicht wissen, wenn sie es sich recht überlegte. Es genügte schon zu wissen, dass es scheinbar mehr als nur ein paar Youkai gab, die nur zu gerne Sesshoumaru’s Gefährtin werden wollten. Scheinbar war gerade wieder eine hier. Was hatte Akiko noch mal gesagt? Die Prinzessin des Südens? Ob das wohl diese hochnäsige rothaarige Youkai gewesen war, die sie eben gesehen hatte? Bestimmt. Das eingebildete Verhalten dieser passte perfekt auf das einer verzogenen Prinzessin.

Und Sesshoumaru hatte ihr nichts davon gesagt? Wie konnte er es nur wagen, ihr so etwas zu verschweigen?! Wie konnte es diese andere Youkai überhaupt wagen, sich einfach so an Sesshoumaru heranzumachen? Wenn sie diese auch nur noch einmal sehen würde…!
 

In diesem Augenblick gab Akiko hinter ihr einen unterdrückten Schmerzenslaut von sich. Erschrocken drehte Ruan sich um und erblickte geschockt den Grund für diesen Plötzlich Laut Akikos. Die Braunhaarige hielt zitternd eine Hand hoch, auf der trotz des Nebels frische Brandwunden zu sehen waren.

Wie war das passiert? Hier war doch gar kein Feuer? Als die Dienerin ihren Blick nun von der verbrannten Hand ängstlich zu Ruan schweifen ließ, kam in dieser der leichte Verdacht auf, dass für die Brandwunden an Akikos Hand gar kein Feuer verantwortlich sein konnte. Denn das Einzige, was in diesem Raum war, war Wasser. Wasser… langsam setzte sich ein schrecklicher Verdacht in Ruans Herz fest, der sie dazu bewog, ihren Blick langsam nach unten zu lenken.

Nein! Nicht schon wieder! Das Wasser um sie herum brodelte wie in einem Kochtopf. Sie war einfach wütend gewesen… und hatte dazu nicht einmal einen wirklichen Grund gehabt! Sie war nur wütend gewesen, weil… weil! Ja, warum eigentlich? Nur, weil sie jetzt wusste, dass Sesshoumaru bei Frauen sehr beliebt war? Aber das hätte sie sich doch auch so denken können! Aber…. Nein! Entschlossen schob sie dieses Thema beiseite.

Jetzt gab es wichtigeres. Sie hatte Akikos Hand verbrannt! Schnell und alles andere vergessend stieg Ruan aus der Badewanne und wickelte sich behelfsmäßig in eines der Handtücher, die neben dem Becken lagen. Dann kniete sie sich vor die immer noch zitternde Dienerin und sah sie schuldbewusst an.

“Es… tut mir leid…. Das ist allein meine Schuld. Lass mich mal sehen.”, murmelte die Youkai entschuldigend und wollte nach Akikos verletzten Hand greifen, doch die Braunhaarige zuckte vor Ruans Berührung zurück. Leicht enttäuscht und mit steigenden Gewissensbissen ließ die Mizuyoukai ihre Hand daraufhin wieder sinken. Es war doch eigentlich verständlich, dass die Dienerin ihr ihre Hand nicht zeigen wollte. Schließlich war sie für Akikos Verletzung verantwortlich…. Warum musste sie in letzter Zeit nur alles falsch machen? Warum war sie so ungeschickt? Sie war die Tochter von zwei Youkailords! Als eine solche müsste sie sich doch eigentlich beherrschen können! Als solche müsste sie sich doch eigentlich ihrer Kräfte bewusst sein! Sie wollte Fuyu besiegen, aber wie sollte sie das schaffen, wenn sie noch nicht wirklich mit ihrer Macht als Youkai umgehen konnte?! Wenn sie sich nicht kontrollieren konnte? Sie würde gegen ihn wahrscheinlich niemals bestehen können…. Sesshoumaru hatte mit seiner Bemerkung zu diesem Thema offensichtlich Recht gehabt. Sie wusste einfach noch nicht genug über sich selbst und ihre Fähigkeiten.

Während ihrer Überlegungen war ein nachdenklicher und fast abwesender Ausdruck getreten, was natürlich auch Akiko bemerkte.

Die Dienerin hatte angenommen, dass sie sich in Ruan geirrt hatte und die Youkai doch das Verhalten einer typischen Prinzessin besaß. Deswegen hatte sie gedacht, dass die Blauhaarige sie vielleicht für irgendetwas strafen wollte, als sie ihr durch das Wasser hinweg die Hand verbrannt hatte. Allerdings bekam diese Theorie jetzt Risse, als sie Ruans nachdenkliches Gesicht sah und daran dachte, dass die Andere sich bei ihr entschuldigt hatte. Vielleicht war es nur unabsichtlich geschehen? Aber welcher Youkai setzte schon aus Versehen eine solche Menge an Youki ein, dass dieses Wasser zum kochen brachte?! Aber wenn sie es sich recht überlegte… dann hatte sie gar kein Youki gespürt…. Sonst hätte sie ihre Hände ja niemals ins Wasser gehalten. Hatte Ruan ihr Vorhaben etwa absichtlich verschleiert? Aber warum hätte sie sich dann dafür entschuldigen sollen? Oder war das etwa nur eine Täuschung, um ihr Vertrauen zu gewinnen? Kurz wagte die Dienerin einen prüfenden Blick aus dem Augenwinkel in das Gesicht der anderen Youkai, dann streckte sie zögerlich ihre verwundete Hand aus. Sie sollte vorsichtig damit sein, sich ein zu eiliges Urteil über die Andere zu bilden.

Ruan griff fast unbewusst nach der ausgestreckten Hand und betrachtete sie eine Weile. Lange, rötliche Wunden zogen sich über die feingliedrige Handkuppe und -Innenfläche, bis hin zu den Fingern. An diesen Verletzungen war sie Schuld…. Akiko würde gewiss einige Narben davontragen, dass sah selbst ein Laie wie sie. Ganz zu schweigen davon, dass sie die Hand eine Weile würde nicht benutzen können. Oh, es tat ihr so Leid! Wenn sie es doch nur wieder rückgängig machen könnte! Instinktiv legte Ruan ihre noch freie Hand nun über die der Braunhaarigen und plötzlich ging ein bläuliches Licht von diesen aus.

Nein! Nicht schon wieder! Ihre Kräfte spielten schon wieder verrückt! Dabei hatte sie Akiko eben doch erst so verletzt! Erschrocken wollte Ruan ihre Hände auseinander reißen, doch sie gehorchten ihr nicht mehr. Ihre gesamten Arme waren wie gelähmt. Unfähig irgendetwas an der Situation zu ändern, starrte die Blauhaarige Youkai einfach nur auf ihre noch immer leuchtenden Hände, welche die von der Dienerin immer noch umschlossen.

Diese betrachtete das Schauspiel nicht minder Fasziniert als Ruan, doch bei ihr war nicht das Geringste bisschen Angst zu finden. Der Schmerz in ihrer Hand… er ließ langsam nach…. Sie konnte mit dem scharfen Gespür einer Youkai zwar nicht feststellen, was die Andere da genau tat, doch sie wusste, dass es gut oder zumindest nicht schlecht für sie war.

Es kam Ruan wie eine Ewigkeit vor, bis das Licht verblasste und sie endlich ihre Hände öffnen konnte. Als sie daraufhin Akikos Hand sah, hielt sie erstaunt inne. Man sah so gut wie nichts mehr von den Brandwunden, die sich eben noch wie hässliche Narben über die blasse Haut der Braunhaarigen gezogen hatten.

Auch die Dienerin sah verwundert auf ihre Hand. Die Wunden waren verschwunden und sie spürte auch keinen Schmerz mehr. Also musste Ruan-sama sie geheilt haben. Sie hätte nicht gedacht, dass die Blauhaarige Youkai über solch starke Kräfte verfügte. Allerdings wusste Akiko jetzt noch immer nicht, wie sie Ruan einschätzen sollte. War dies alles von der anderen geplant gewesen, oder einfach nur Zufall? Nun, egal was es war, sie würde sich auf jeden Fall nicht dazu hinreißen lassen, der Anderen zu ertrauen, weil sie sie geheilt hatte, solange sie ihre wahren Motive dafür noch nicht kannte.

“Ich danke euch dafür, dass ihr mir geholfen hat.”, meinte Akiko aber dennoch, mit einer tiefen Verbeugung. Über dieses Verhalten musste sie gar nicht nachdenken, es war einfach ganz natürlich, sich bei einem Höhergestelltem für alles zu bedanken. Allerdings schien Ruan das nicht so zu sehen.

“Du musst dich nicht Bedanken! Ich war es doch, die deine Hand so verletzt hat!”, protestierte die Blauhaarige energisch, doch mit ihren Gedanken war sie ganz wo anders. Wie hatte sie die Hand der Dienerin einfach so heilen können? Seit wann verfügte sie über solche Kräfte? Und vor allem: wie waren diese geweckt worden? Sie hatte nichts getan, war nicht einmal wütend gewesen oder ähnliches. Denn normalerweise machte sich ihr Youki nur selbstständig, wenn sie zornig war.

“My Lady, seid ihr fertig mit eurem Bad?”, fragte Akiko in diesem Augenblick vorsichtig.

“Ja, wieso?”

“Das Fest wird bald beginnen, My Lady. Ihr werdet nicht rechtzeitig zu dessen Anfang fertig sein, wenn wir nicht jetzt anfangen, euch anzukleiden und zu schminken.”

“Was für ein Fest?”, wollte Ruan verwirrt wissen. Sesshoumaru hatte ihr nichts von einem solchen gehört. Außerdem: was meinte die Dienerin damit, dass sie noch angekleidet und geschminkt werden müsse? Anziehen konnte sie ihre Sachen schließlich auch alleine und schminken tat sie sich nie.

“Heute ist die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche, My Lady.”, antwortete Akiko irritiert und als sie den immer noch ratlosen Blick ihrer Gegenüber sah, setzte sie noch hinzu: “Es ist Tradition im Westen, dass dieser Tag groß gefeiert wird.”

“Ach so.”, murmelte die Blauhaarige . Heute gab es also ein großes Fest… und sie hatte nichts von den Vorbereitungen mitbekommen? Nun, vielleicht fand es ja in einem Teil des Palastes statt, den sie noch nicht gesehen hatte? Das konnte gut sein, schließlich war das Schloss ja riesengroß.

Trotzdem wollte sie immer noch wissen, was Akiko mit dem “ankleiden” und “schminken” gemeint hatte. Im Innern ahnte sie zwar schon, was die Dienerin damit meinen könnte, aber wirklich akzeptieren wollte sie diese Idee nicht. Aber fragen konnte sie auch nicht. Das hatte sie heute schon zur Genüge getan. Also stand sie einfach auf und wollte zu ihrer Kleidung, welche ordentlich gefaltet neben ihren Waffen lag, gehen.

Als Akiko dies sah, war sie einem Herzinfarkt nahe. Das konnte die Blauhaarige doch nicht ernst meinen, oder?! Nein, das war unmöglich! Ruan-sama konnte doch niemals in ihrer gewöhnlichen Kleidung auf dem Fest erscheinen wollen?! Und dann auch noch mit ihrem Bogen und ihrem Schwert?! Das war unmöglich! Über diesen Gedanken vergaß die Braunhaarige sogar kurzzeitig ihre antrainierte Höflichkeit.

“Ruan-sama, auf einem Fest dieses Ausmaßes erscheint man im Kimono und ohne Waffen!”, tadelte sie die Andere leicht wütend. Als sie sich ihres Fehlers bewusst wurde, schlug Akiko erschrocken eine Hand vor den Mund. Sie hatte eben eine Höhergestellte, einen Gast des Schlossherrn, auf einen Fehler hingewiesen! Das war etwas, was einem Diener niemals passieren durfte, wenn er lange Leben wollte!

“Wirklich? Das tut mir leid…. Aber ich habe keinen Kimono.”, meinte Ruan peinlich berührt und drehte sich zu der Braunhaarigen um.

“D… das ist nicht schlimm, My Lady. Die Kleidung aus dem Schrank dürfte euch passen….”, stotterte die Dienerin verwirrt darüber, keine Strafe erhalten zu haben und verließ fast fluchtartig den Raum.

Da die Mizuyoukai nicht wusste, was sie jetzt machen sollte, folgte sie Akiko einfach. Als sie aus dem Bad heraustrat, war diese allerdings schon dabei, den großen Kleiderschrank gründlich nach einem Kimono zu durchsuchen. Die anderen beiden schwarzhaarigen Youkai halfen ihr anscheinend dabei. Eine der beiden sah dabei immer wieder zu ihr herüber, ehe sie sich ebenfalls wieder dem Schrank zuwandte und zielsicher nach einem Kimono griff, ihn herauszog und anschließend prüfend in die Höhe hielt.

Als Ruan diesen sah, zog sie erstaunt die Luft ein. Über den weißen Stoff zogen sich verschlungene, blaue Muster, die Manchmal die Form von Blüten oder Ästen anzunehmen schienen.
 

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Ja, ich weis, hier passiert wirklich nicht allzu viel. Trotzdem hoff ich mal auf eure Kommies^^

Im nächsten Kap geht’s dann aufs Fest. Aber natürlich wäre es langweilig, wenn alles dabei so glatt laufen würde^^

Bye,

_Corchen_

Auf dem Fest

Es dauerte nicht lange, da fand Ruan sich auch schon von den drei Dienerinnen umgeben vor, die zunächst prüften, ob ihr der Kimono passte und bevor sie wusste, wie ihr geschah, war sie auch schon umgezogen worden. Einer der Zwillinge schnürte den Kimono an einer Seite zu, während die andere schon den passenden Obi bereithielt. Er war dunkelblau und wirkte im Gegensatz zu dem anderen Kleiddungsstück seltsam schmucklos.

Währenddessen war Akiko dabei, einen kleinen Kasten auf den Tisch in der Mitte des Zimmers zu stellen und ihn zu öffnen. Zum Vorschein kamen Kämme, Haarnadeln, kleine Töpfe, deren Inhalt Ruan nicht erkennen konnte und ein paar fein gewebte Tücher.

In diesem Augenblick waren die Zwillinge offensichtlich fertig mit ihr, denn sie wurde plötzlich zu Akiko hin geschoben. Irgendwie kam sie sich gerade wie eine Puppe vor, doch sie hatte keine Chance, ihrem Unmut platz zu machen, denn schon saß sie vor der braunhaarigen Dienerin, die ihr Gesicht einer genauen Musterung zu unterziehen schien.

“Habt ihr eine bestimmte Vorstellung, wie ich euch schminken soll, My Lady?”, fragte Akiko nach kurzer Zeit.

“Ich möchte nicht geschminkt werden!”, platzte es sogleich aus Ruan heraus. Das hatte ihr noch gefehlt. Sie sollte nicht nur wie eine Puppe behandelt werden sondern auch noch so aussehen! Nein danke!

Über diese klare abfuhr verwirrt zögerte die braunhaarige einen Moment, ehe sie sich wieder fing. Sie hatte ja bereits bemerkt, dass Ruan-sama nicht mit normalen Maßstäben zu messen war. Leider wusste sie immer noch nicht, wie genau sie sie einzuordnen hatte. Die blauhaarige ähnelte vom Charakter her keiner einzigen Youkai, die sie kannte. Das war schon seltsam.

“Können wir euch die Haare machen, My Lady?”, fragte Akiko dennoch unsicher. Sie wusste einfach nicht, wie sie sich bei der anderen zu verhalten hatte.

Kurz überlegte Ruan, ehe sie leicht widerwillig ihr Einverständnis gab. Schließlich wollte sie nicht negativ auf dem Fest auffallen. Fast sofort spürte sie, wie die beiden Zwillinge sich daran machten, ihre Haare mit Bürsten zu bearbeiten.

“Akiko, gibt es irgendetwas, dass ich auf dem Fest, nun ja, beachten sollte?”, fragte Ruan leicht zögerlich. Sie kannte sich schließlich nicht mit den Sitten auf einem Youkaischloss aus. Sie wusste außerdem gar nicht, wie sie sich den anderen gegenüber verhalten sollte. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es falsch wäre, sie alle mit -sama anzusprechen. Irgendwo musste sie doch differenzieren… glaubte sie zumindest. Schließlich kannte sie sich nicht im Geringsten mit den Sitten höherer Kreise aus.

Nach dieser Frage blinzelte die Braunhaarige leicht verwirrt, ehe sie verstand oder glaubte, zu verstehen. Ruan-sama stammte wahrscheinlich aus ärmlicheren Verhältnissen, deswegen auch ihr seltsames Benehmen. Warum der Schlossherr sie wohl mitgenommen hatte? Aber eigentlich hatte sie das nicht zu interessieren.

“Nun, My Lady, da Sesshoumaru-sama der Schlossherr ist, müsst ihr ihm den größten Respekt entgegenbringen. Alle, außer die Lords der anderen Länder Japans, die hier nicht anwesend sein werden, haben ihn mit -sama anzusprechen. Sonst gebührt diese Anrede noch all denen, die vom Rang her über euch stehen, My Lady.”, erklärte Akiko.

“Ich bin die Tochter der ehemaligen Herrscher des Ostens.”, meinte Ruan daraufhin instinktiv. Mit der Erklärung der anderen hatte sie bisher nicht viel anfangen können.

Kurz neigte die Dienerin den Kopf, ehe sie fortfuhr: “Dann müssen euch alle, außer dem Schlossherrn und der Prinzessin des Südens entweder mit dem Suffix -hime oder -sama ansprechen. Ihr habt das Recht, alle Gäste außer den eben benannten lediglich mit Namen, bzw. Rang anzusprechen. Bei der anderen Prinzessin habt ihr die Wahl. Wenn ihr euch ihr unterordnet, so sprecht sie mit -sama an, wollt ihr neutral sein, nehmt -hime und solltet ihr euch vom Rang her über ihr sehen, so nennt sie nur beim Namen.”

“Und wie heißt sie?”, fragte Ruan weiter, während sie versuchte, sich das gesagte zu merken.

“Natsumi, My Lady. Sie ist eine Kitsune, eine Fuchsyoukai.”, erklärte Akiko geduldig.

“Danke.”, meinte die Mizuyoukai daraufhin und wollte der Dienerin zulächeln, was aber gar nicht so einfach war, wenn zwei Leute wie wild an ihren langen Haaren herumfrisierten. Hoffentlich würde sich dieser Aufwand wenigstens lohnen.

Eine halbe Stunde später waren auch ihre Haare fertig. Sie waren von den Zwillingen hochgesteckt und an deren Ansatz eine rote Blüte platziert worden. Nur vorne hingen noch zwei Strähnen hinunter.
 

“Es ist bereits dunkel draußen My Lady. Ihr solltet euch beeilen, wenn ihr zur Eröffnung nicht zu spät kommen wollt.”, meinte Akiko plötzlich mit einem prüfendem Blick nach draußen, welchem auch Ruan folgte. Tatsächlich! Es war schon dunkel. Das hatte sie gar nicht bemerkt.

“Gut, dann… ähm…”, stotterte die Blauhaarige auf einmal nervös. Gut, die Dienerin hatte ihr eben eine Art Crashkurs in Sachen gutes benehmen gegeben, aber sie war sich sicher, dass andere nicht umsonst Jahre brauchten, um alle Umgangsformen zu lernen. Wahrscheinlich würde sie sich hoffnungslos blamieren! Mal ganz davon abgesehen, dass ihr niemand gesagt hatte, wo sie jetzt hinmusste. Aber offensichtlich wurde dieses mal zum Glück auch nicht von ihr erwartet, dass sie den Weg kannte, denn als sie aufgestanden war, erhob sich auch Akiko und bedeutete Ruan lächelnd, ihr zu folgen.

Kurze Zeit später waren sie schon in den verschlungenen Gängen des Schlosses unterwegs. Die Dienerin ging dabei zielsicher voraus und die Mizuyoukai stand schon wieder kurz davor, auch noch das letzte bisschen Orientierung zu verlieren.

“Sag mal, Akiko, wie lange arbeitest du schon hier?”

“Seit ich denken kann, My Lady. Ich wurde hier geboren.”, antwortete die Braunhaarige ohne sich umzudrehen. Eine Weile kehrte daraufhin schweigen ein, ehe die Dienerin weiter sprach. “Darf ich euch eine Frage stellen, My Lady?”

Kurz hielt Ruan verwirrt inne, ehe ihr bewusst wurde, dass Akiko ihre Frage durchaus ernst gemeint hatte. Warum fragte die Dienerin nicht einfach? Es war doch nichts schlimmes dabei, oder?

“Natürlich.”, antwortete die Blauhaarige deswegen leicht neugierig.

“Ihr kennt euch nicht so in den gesellschaftlichen Kreisen aus, wie ihr eigentlich solltet. Warum?”

“Weil ich den Großteil meines Lebens keine Ahnung von all dem hatte. Ich bin als Dienerin aufgewachsen.”, erklärte Ruan bereitwillig. Sie mochte Akiko irgendwie und es störte sie, dass die andere immerzu Angst vor ihr zu haben schien.

“Oh. Verzeiht bitte dir Frage, My Lady. Ich war zu neugierig.”

“Wieso entschuldigst du dich?”

“Weil es sich nicht für jemanden wie mich ziemt, solche Fragen zu stellen.”

Verwundert runzelte Ruan die Stirn. Solche strengen Ansichten hatten nicht einmal in ihrem alten zu Hause geherrscht! Ob so etwas wohl unter Youkai üblich war? Solche strengen Regeln?

Den Rest des Weges über schwiegen beide und gingen ihren eigenen Gedanken nach.
 

“Wir sind da, My Lady.”, meinte Akiko plötzlich leise. Sofort war Ruans volle Aufmerksamkeit auf die große Tür vor ihr gerichtet. Sie war aus dunklem, schwerem Holz und ein kaum wahrnehmbarer Luftzug sagte ihr, dass dahinter wohl ein Platz oder ähnliches sein müsste. Sie wollte gerade die Tür öffnen, als sie eine überhebliche Stimme inne halten ließ.

“Wer bist du?”

Darüber verwirrt, so angesprochen worden zu sein drehte Ruan sich um und begegnete sogleich dem abschätzenden Blick der rothaarigen Youkai, welche sie am Mittag noch gesehen hatte. Die Prinzessin des Südens.

Die blauhaarige setzte schon zu einer Antwort an, als Akiko plötzlich vortrat und sich tief vor der anderen Youkai verbeugte.

“Vor euch steht Ruan-hime, die Prinzessin des Ostens, My Lady.”, antwortete die Dienerin auf die Frage, die eigentlich der Mizuyoukai gestellt worden war. Dabei ließ ihr Tonfall keinen Zweifel daran zu, dass sie so etwas wohl schon öfters getan hatte. Jetzt viel Ruan auch wieder ein, dass es sich für jemanden von Rang nicht gehörte, sich selbst vorzustellen, solange ein Diener anwesend war, der das für einen tun konnte. Aber eigentlich hatte sie sich selbst nie zu einer Person von Rang gezählt…. Aber gut, heute Abend würde das wohl nötig sein. Unbewusst straffte sie den Rücken, als ihr Bewusst wurde, dass die rothaarige Youkai vor ihr nur hier war, um Sesshoumaru für sich zu gewinnen.
 

“Ist sie deine Dienerin?”, fragte die Kitsune in diesem Augenblick, während sie Akiko abfällig musterte.

“Ja.”, erwiderte Ruan aus dem unbestimmten Gefühl heraus, das dies die richtige Antwort war. “Und dein Name ist…?”

“Oh, verzeih. Ich habe doch tatsächlich vergessen mich vorzustellen. Mein Name ist Natsumi.”, antwortete die andere spöttisch und wandte sich wieder der blauhaarigen Youkai zu. “Willst du diese Dienerin etwa mit auf das Fest nehmen?”

Leicht unsicher, was sie jetzt sagen sollte hielt Ruan kurzzeitig inne, ehe sie Akiko leise flüstern hören konnte: “Schickt mich weg. Ich habe noch Arbeit.”

Die braunhaarige wollte der Mizuyoukai helfen, solange sie es noch konnte. Immerhin wusste die Andere nichts von den gebräuchlichen Umgangsformen unter höhergestellten Youkai, was sie ja gerade am eigenen Leib miterlebte.

“Nein. Du kannst gehen, Akiko…”, meinte Ruan noch immer leicht unsicher, doch die Dienerin verbeugte sie daraufhin lediglich kurz und verschwand. Sie konnte nur hoffen, das die Mizuyoukai auch ohne ihre Hilfe zurecht kam.

Als sie um die nächste Ecke verschwunden war, setzte Natsumi wieder an zu sprechen. “Gut, da wir jetzt unter uns sind: Was hast du mit Sesshoumaru zu schaffen?”

“Ich wüsste nicht, was dich das anginge.”, erwiderte Ruan sofort und ohne nachzudenken.

“Zeige gefälligst etwas mehr Respekt!”, fauchte die rothaarige daraufhin wütend und ehe die Mizuyoukai zu einer passenden Antwort darauf ansetzten konnte, ertönte plötzlich eine andere, kalte Stimme, die ihr nur allzu bekannt war.

“Gibt es ein Problem?”

Überrascht drehten sich beide um und entdeckten sogleich den weißhaarigen Inuyoukai, welcher langsam auf sie zukam. Seine Haare waren zu einem hohen Zopf zusammengebunden worden. Ansonsten trug er die gleiche Kleidung wie sonst auch, nur, dass dieses Mal die Rüstung fehlte.

Sesshoumaru hatte sich eigentlich noch etwas Zeit lassen wollen, ehe er auf das Fest gehen wollte, doch als er bemerkt hatte, dass Ruan und Natsumi zusammen vor einer Tür standen, hatte er sich doch schon frühzeitig auf den Weg gemacht. Anscheinend war er gerade richtig gekommen, denn sonst wäre die Situation zwischen den beiden noch eskaliert und das war etwas, was er heute vermeiden wollte. Außerdem war er auch rechtzeitig gekommen, um die Frage der rothaarigen Youkai, die sich auf ihn bezogen hatte, zu hören. Die Versuchung, dieser unverschämten Youkai dafür den Kopf abzuschlagen, war zwar groß, doch der Westen hatte mit dem Süden schon sehr lange einen Friedenspakt geschlossen. Sesshoumaru wollte diesen nicht unnötig brechen.

Kurz betrachtete er die beiden Youkai vor sich, wobei sein Augenmerk besonders auf Ruan lag, welche ihm nun leicht unsicher zulächelte. Nur sich selbst gegenüber gab er zu, dass er über ihr plötzlich verändertes Aussehen überrascht war. Er hatte sie schließlich noch nie in einem Kimono und mit frisierten Haaren gesehen. Selbst nach Youkai Maßstäben sah sie schön aus, das musste er zugeben. Danach wanderte sein Blick zu Natsumi, welche sich sogleich tief verbeugte.

“My Lord.”, begrüßte sie ihn ehrerbietig. Jahrelange Selbstbeherrschung hielt Sesshoumaru davon ab, jetzt zu knurren. Eben hatte sich die Youkai noch ganz anders angehört.

“Wünschen My Lord vielleicht heute Abend zu tanzen?”, fragte die rothaarige weiter und dieses mal war es Ruan, die sich zusammenreißen musste. Wie konnte dieses Biest es nur wagen, sich so bei dem weißhaarigem Youkai einzuschleimen?! Aber er würde gewiss nicht darauf eingehen, oder? Nein, bestimmt würde Sesshoumaru sich nicht von einer solchen Youkai einwickeln lassen! Um so größer war ihre Überraschung, als der Inuyoukai mit einem kühlen “Gewiss.”, auf die Frage Natsumi’s antwortete und dann an den beiden Youkai vorbei schritt, zur Tür ging und diese aufstieß.

Es war fast so, als würde in diesem Augenblick etwas in ihr zerbrechen. Fassungslos starrte sie dem Inuyoukai hinterher. Das hämische Grinsen der rothaarigen Youkai nahm sie nur am Rande wahr. Kurz spielte Ruan mit dem Gedanken, jetzt einfach zu verschwinden. Sie müsste sich nur umdrehen und zu ihrem Zimmer zurückgehen, doch ihr Stolz hielt sie davon ab. Sie war jetzt hier her gekommen und sie würde sich nicht durch einen einfache Bemerkung Sesshoumaru’s wieder vertreiben lassen! Niemals! Entschlossen straffte sie den Rücken und trat direkt hinter dem Inuyoukai durch die große Holztür hinaus auf einen großen Platz.

Erstaunt hielt Ruan inne. Überall auf dem Platz standen Fackeln, welche die mittlerweile hereingebrochene Nacht erhellten. Auf der linken Seite waren Musiker, welche auf einigen Instrumenten spielten, die die Blauhaarige nicht kannte. Auch die Melodie, die sie erzeugten wirkte fremdartig, fast gespenstisch und dennoch waren diese Klänge, die die Nacht erfüllten auf eine gewisse Weise wunderschön. Auch waren schon sehr viele Youkai auf dem offenen Gelände vor ihnen, welche nun alle zu ihnen sahen. Dabei sagte keiner etwas, nur diese fremdartige Musik erfüllte die Nacht.

Ruan fühlte sich plötzlich unwohl unter all den Blicken, die auf sie gerichtet waren. Dabei war sie sich eigentlich sicher, dass diese nur Sesshoumaru und Natsumi galten, jedoch stand sie unglücklicherweise direkt zwischen den Beiden. Unsicher was sie nun tun sollte, schielte sie instinktiv zu Sesshoumaru, nur um verwundert festzustellen, dass der Inuyoukai ihr seine Hand hinhielt. Irritiert musste die blauhaarige blinzeln. Hatte sie jetzt schon Halluzinationen? Oder träumte sie etwa?

“Der erste Tanz.”, erklärte der weißhaarige Inuyoukai auf ihren verwunderten Blick hin jedoch nur kühl.

Ohne zu überlegen legte Ruan daraufhin ihre Hand in die seine. Hatte er sie eben tatsächlich zum Tanz aufgefordert?

“Aber das kann ich doch gar nicht.”, murmelte sie leise, doch das schien Sesshoumaru nicht im geringsten zu interessieren, denn nun schritt er auf den Platz und durch ihre Hand, die immer noch in seiner lag, war die Mizuyoukai gezwungen ihm zu folgen. Dabei versuchte sie eine halbwegs würdige Figur abzugeben, denn nun war sie sich sicher, dass viele der ihr folgenden Blicke wirklich ihr und Sesshoumaru galten. Darauf ließ auch die vor Wut förmlich kochende Natsumi schließen, welche immer noch vor der Tür stand. Sie konnte sie zwar nicht sehen, dafür spürte sie die Wut der rothaarigen umso deutlicher.

In diesem Augenblick kam ein unglaublich warmes Gefühl in ihr auf. Sesshoumaru hatte tatsächlich vor mit ihr zu tanzen! Mit ihr! Und nicht mit irgendeiner Prinzessin! Trotzdem war sie auch nervös. Schließlich hatte sie noch nie getanzt. Doch schon im nächsten Moment hatte sie keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn dann waren sie schon in der Mitte des Platzes angekommen und der Tanz begann.
 

“Offensichtlich gibt es da ein Fest.”, meinte Hakobu nachdenklich, während er das große Schloss vor sich von einem Vorsprung aus betrachtete.

“Ja. Heute ist die Feier der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche.”, erwiderte Riko leise und sah ebenfalls auf das Schloss, wobei sein Blick aber schnell abschweifte und stattdessen einen weiteren Punkt in der Ferne fixierte.

“Seht ihr das Licht dort? Das muss Fuju’s Lager sein.”

Sofort folgte Hakobu’s Blick dem des Neko-Youkai‘s.

“Du hast Recht gehabt. Wahrscheinlich wird er alles wie einen ganz gewöhnlichen diplomatischen Besuch aussehen lassen wollen.”, überlegte der Blauhaarige laut.

“Verzeiht die Frage, aber was wollt ihr nun tun? Wir können schließlich schlecht in das Lager reinspazieren.”

“Nein, das können wir wirklich nicht. Aber dafür können wir in das Schloss. Bei einem solchen Fest wird niemand auf zwei weitere Besucher achten.” Mit diesen Worten sprang Hakobu von dem Felsvorsprung und landete gut fünfzig Metern vor den Schlossmauern. Ein leises Geräusch neben ihm verriet ihm, dass Riko es ihm gleichgetan hatte. Das war gut so. Schließlich brauchte er alle Hilfe die er kriegen konnte, wenn er verhindern wollte, dass ein weiteres Mitglied seiner Familie Fuju zum Opfer fiel. Leider würde er die ganze Angelegenheit nicht öffentlich erledigen können, denn immerhin hatte der andere Youkai gewiss viele Wachen und wäre für seinen Aufenthalt in diesem Schloss ein hochrangiger Gast. Als solcher würde er kaum angreifbar sein. Nein, dann würde er halt warten müssen, bis Fuju einen Fehlet beging. Erst dann würde er eingreifen können.
 

Unterdessen hatte Ruan das Gefühl auf Wolke sieben zu schweben. Beim Tanzen führte Sesshoumaru einfach perfekt. Deswegen glaubte sie auch nicht, dass sie sich allzu ungeschickt anstellte. Außerdem waren der Inuyoukai und sie nicht mehr die einzigen die tanzten. Auch andere Paare hatten sich mit der Zeit auf die Tanzfläche begeben. Aber der eigentliche Grund dafür, dass sie sich so wohl fühlte war eindeutig der Inuyoukai, mit dem sie nun tanzte. Er hatte sie in letzter Zeit fiel mehr beachtet als sonst… insgesamt schien er sich ihr gegenüber verändert zu haben…. Sie hatte es nicht einmal bemerkt, bis jetzt. Und langsam begann sich in ihr ein Wunsch zu regen, von dem sie bisher nicht einmal gewusst hatte, dass er existierte.

Konnte sie nicht einfach hier bleiben? Für immer…? Was interessierte sie schon der Osten? War sie dort jemals gewesen? Nein. Also, was wollte sie dort überhaupt?
 

Ruan wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Sesshoumaru sie schließlich von der Tanzfläche wegführte. Es konnten Stunden vergangen sein, ohne das sie es bemerkt hätte. Noch immer fühlte sie sich leicht benebelt, als sie dem Inuyoukai in einen etwas abgelegeneren Teil des Schlossgartens folgte. Hier war es viel stiller als im Rest des Schlosses. Nur noch leise drang die Musik des großen Platzes an Ruans Ohr während sie noch immer leicht verträumt auf einen kleinen Springbrunnen zuging und sich an dessen Rand setzte.

Sesshoumaru blieb scheinbar unbeteiligt etwas abseits stehen. Kurze Zeit herrschte zwischen den beiden ein Schweigen, ehe Ruan dieses brach.

“Warum… hast du mit mir getanzt?”, fragte sie vorsichtig, doch der Inuyoukai reagierte nicht im Geringsten auf diese Frage.

Das hatte den einfachen Grund, das er die Antwort selbst nicht so genau wusste. Er hatte es einfach getan, ohne fiel darüber nachzudenken.

“Dennoch wollte ich mich bei dir dafür bedanken.”, fuhr die Blauhaarige nach einer Weile fort. Dieses Mal reagierte der weißhaarige sogar.

“Warum?”, fragte er kühl, während er Ruan betrachtete.

“Weil es mir ungemein viel bedeutet hat….”, gab die Mizuyoukai daraufhin verlegen lächelnd zu, während sie mit einer Hand leicht die Wasseroberfläche des Brunnens berührte. Es kam ihr plötzlich ganz natürlich vor, dass sie in dem Augenblick, in dem ihre Hand das Wasser berührte, eine seltsame Art von Energie in diesem wahrnahm. Es war zwar alles andere als Normal, doch es kümmerte sie jetzt einfach nicht. Es war halt so, wie es wahr. Außerdem war sie gerade zu glücklich, zu sehr eins mit sich selbst, als das sie Lust hätte, um über eine, in ihren Augen, unwichtige Veränderung nachzudenken.

“Gibt es eigentlich auch Menschen in dem Schloss?”, fragte Ruan, aus dem einfachen Grund, weil ihr diese Frage gerade in den Sinn gekommen war. Es war seltsam. Normalerweise fragte sie den kalten Inuyoukai nicht so gerne nach irgendetwas, doch heute schien diese innere Hemmschwelle gewaltig herabgesenkt worden zu sein.

“Nur sehr wenige.”, antwortete Sesshoumaru scheinbar gleichgültig, doch die alleinige Tatsache, dass er auf eine solche Frage überhaupt reagierte, war schon mehr als ungewöhnlich.

“Warum?”, fragte die Mizuyoukai daher einfach weiter.

“Sie leben nicht lange genug.”

Verwundert sah Ruan nach dieser Antwort auf. ,Sie lebten nicht lange genug’? Was sollte das denn heißen?

“Wie meinst du das?”, wollte sie daher wissen, wobei sie langsam aus ihrem träumerischen Zustand zurück zu sich selbst fand.

Kurz runzelte Sesshoumaru leicht verwundert die Stirn. War diese Frage etwa ernst gemeint? Anscheinend ja…. Aber das musste bedeuten, dass sie die Antwort selbst nicht wusste.

“Wie alt schätzt du mich?”, stellte er daher eine Gegenfrage. Schon im nächsten Augenblick wunderte er sich über sich selbst. Wieso interessierte es ihn, was diese Youkai über ihn dachte?!

“So auf… zwanzig?”, riet Ruan einfach.

“Über 900.”, stellte Sesshoumaru ihre Vermutung richtig, “Youkai werden Jahrhunderte alt. Uns kommen die meisten Menschenleben nicht länger als einen Wimpernschlag vor.”
 

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So, das Kap ist hier zu Ende^^

Für Kritik jeglicher Art bin ich natürlich immer offen^^ Sagt auch ruhig, wenn euch was mal nicht gefällt, ja?

Im nächsten Kap wird Fuju auf jeden Fall seinen Auftritt haben^^

Wer mir ein Kommi hinterlässt, kriegt wieder ‘ne ENS, wenn das nächste Kap on kommt^^

Bye,

_Corchen_

Fuyu

Starr blickte Ruan die Decke ihres Zimmers an. Ein normaler Mensch hätte bei der Dunkelheit, die mittlerweile im Großteil des Schlosses herrschte, nichts gesehen, doch die Augen der Youkai hatten damit kein Problem. Dennoch achtete sie nicht darauf, was sie sah geschweige denn was in ihrer Umgebung geschah. Es hatte sie schon die ganze Zeit über nicht gekümmert. Wenn sie genau darüber nachdachte, dann wusste sie nicht einmal mehr, wie sie in ihr Zimmer, geschweige denn in ihr Bett gekommen war.

Das einzige, was ihr im Augenblick durch den Kopf ging war eine einfache, in anderen Augen wahrscheinlich belanglose Tatsache: 900 Jahre. Sesshoumaru war bereits 900 Jahre alt! Sie konnte es immer noch nicht glauben. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass der Inuyoukai stets ernst blieb, so hätte sie das ganze als schlechten Scherz abgetan. Leider ging das aber nicht und so würde sie sich wohl oder übel damit abfinden müssen… und mit den Konsequenzen, die dies zwangsläufig nach sich ziehen würde.

Sie selbst war erst 17 Jahre alt…. Nach Youkai- Maßstäben dürfte sie dann wahrscheinlich noch als Kleinkind gelten. Aber… warum hatte Sesshoumaru dann mit ihr getanzt? Mit einem, in seinen Augen, wahrscheinlich unerfahrenem Mädchen? Wollte er sich etwa über sie lustig machen? Vielleicht, aber dennoch… eigentlich konnte sie sich das bei ihm nicht vorstellen…. Immerhin hatte er sie der Prinzessin des Südens beim Tanzen vorgezogen! Das wollte doch etwas heißen, oder?

Mit einem leisen Seufzen schloss Ruan die Augen. Was wusste sie schon? Über sich, über Sesshoumaru, über irgendwen in ihrer Umgebung? Allmählich stellte sie fest, dass dies nicht allzu viel war…. Aber immerhin wusste sie jetzt, dass man als Youkai alles mit viel mehr Geduld angehen konnte… immerhin hatte man ja ausreichend Zeit. Aber andererseits… wie viele ihre Freunde, Mia, ihre Ziehmutter und jetzt auch Rin, würden lange vor ihrer Zeit sterben? Immerhin waren sie ja alle Menschen…. Vielleicht wurden die Menschen ja deswegen von Youkai verachtet und gemieden? Weil sie schon so lange vor ihnen starben? Weil ihre Lebenszeit so kurz war? Denn was würde schon eine Freundschaft bringen, die, zumindest aus der Sicht der Dämonen, niemals lange andauern konnte…? Ja, vielleicht war das der Grund für diese Feindschaft zwischen den beiden Rassen…. Das war der letzte Gedanke, den sie hatte, bevor sie in einen tiefen Schlaf viel.

Nach kurzer Zeit viel ein schmaler streifen Mondlicht durch die Vorhänge ihres Zimmers, genau auf Ruans Gesicht. Die einzelne Träne, die langsam ihre Wange hinab rann, glitzerte in diesem geheimnisvoll.
 

“Hm, ein nettes Schloss, nicht wahr?”, witzelte Hakobu, während er aus dem Schatten eines Hauses hinaus und auf die Straße trat.

“Ja, und vor allem gut bewacht.”, war das einzige, was Riko daraufhin anmerkte. In den letzten Stunden war seine Laune merklich gesunken, was damit zusammen hing, dass sie ungefähr alle zehn Minuten auf irgendeine Wache gestoßen waren. Mittlerweile waren zwar etwas weniger Soldaten unterwegs, aber das hieß eigentlich nur, dass die Feier bereits vorbei und die Gäste nach Hause gegangen waren. Natürlich bedeutete das auch, dass sie die Chance, mit Ruan sprechen zu können, verpasst hatten. Eigentlich hatten sie zwar nie über diese Möglichkeit gesprochen, aber der Neko-Youkai nahm an, dass Hakobu sich dies gewünscht hätte. Umso mehr erstaunte es ihn, mit wie viel Fassung der andere die Situation nun trug. Vielleicht lag das daran, dass sie zwar noch nicht bis zum eigentlichen Palast vorgedrungen waren, Fuyu allerdings noch vor den Mauern sein Lager aufgeschlagen hatte. Folglich waren sie ihm im Moment um einen ganzen Schritt voraus und das wollte schon etwas heißen.

In diesem Augenblick wurde Riko hart am Arm gepackt und, noch ehe er überhaupt reagieren konnte, in den Schatten eines Hauses gezerrt.

“Ich hatte dich für aufmerksamer gehalten.”, wisperte Hakobu ihm wütend zu und verhinderte somit, dass der Neko sich zu befreien versuchte. Kurz lauschte der rothaarige, dann hörte er es auch. Die Stimmen einiger Leute, die langsam näher kamen. So weit er es beurteilen konnte, waren es jedoch lediglich Passanten. Warum sollten sie sich also verstecken? Sie würden doch von solchen kaum als Fremde erkannt werden, oder?
 

Hakobu lauschte derweil gespannt. Seine Ohren waren anscheinend etwas besser als Riko’s, denn ansonsten würde auch er jetzt genau zuhören. Das Gespräch dieser Schlossbewohner war nämlich äußerst interessant. Anscheinend waren sie heute Abend im Palast gewesen und kannten jetzt nur ein Thema: die blauhaarige Youkai mit welcher der Lord getanzt hatte. Für ihn war schnell klar, dass diese Youkai niemand anderes als Ruan, oder Yuki, sein konnte. Ein leises Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Damit hatte er nicht gerechnet und das hieß auch, dass Fuyu so etwas nicht erwartet haben konnte.

Er musste zugeben, dass er schon etwas geahnt hatte, als er Ruan und Sesshoumaru das erste Mal zusammen gesehen hatte…. Schließlich nahm der Herr des Westens nicht umsonst eine ihm fremde Youkai bei sich auf. Follich musste sie irgendwie sein Interesse geweckt haben, was bedeutete, dass sie jetzt unter seinem Schutz stand.

In diesem Augenblick bogen die Passanten, dessen Gespräch Hakobu die ganze Zeit mitverfolgt hatte, irgendwo ab und nahmen dem blauhaarigem so die Möglichkeit, noch mehr zu erfahren. Aber das störte ihn nicht. Er wusste genug.

“Was ist los?”, wollte Riko in diesem Moment leise wissen.
 

“My Lady!”, jemand klopfte leise gegen die Tür und dennoch reichte dies aus, um Ruan aufzuwecken.

“Herein.”, murmelte sie gähnend. Wie lange sie wohl geschlafen hatte? Draußen war die Sonne gerade aufgegangen, also konnte es nicht allzu lange gewesen sein….

In diesem Augenblick wurde die Tür vorsichtig geöffnet und Akiko trat ein, wobei sie auf einer Hand ein viel zu groß erscheinendes Tablett balancierte. Hinter sich schloss die Dienerin die Tür wieder, ging zu dem kleinen Tisch im Raum hinüber und stellte das Tablett auf diesem ab. Erst jetzt konnte Ruan erkennen, dass sich auf diesem allerhand an Essen befand. Bei diesem Anblick konnte sie nicht verhindern, dass sich ihr Magen schmerzhaft meldete. Sie hatte bisher gar nicht bemerkt, wie großen Hunger sie eigentlich hatte.

“Ich habe mir die Freiheit genommen, euch das Frühstück zu bringen, My Lady. Ich hoffe, dies war in eurem Einverständnis.”, murmelte Akiko in diesem Moment mit einer tiefen Verbeugung. Kurz hielt Ruan irritiert inne. Irgendwie hatte sie nicht erwartet, dass die Braunhaarige immer noch so zurückhaltend sein würde…. Immerhin hatten sie sich gestern doch ganz gut verstanden, oder?

“Natürlich. Danke.”, meinte sie deswegen lächelnd, ehe sie aufstand, sich ihre Yukata, den Schlafkimono, den man ihr gegeben hatte, zurechtrückte und zum Tisch hinüber ging.

“Hast du nicht auch Hunger?”, fragte sie Akiko, ehe sie sich hinkniete und die andere fragend anblickte.

“V… verzeiht, aber das steht mir nicht zu!”, stotterte die Dienerin unsicher. Sie wusste nicht, was sie auf ein solch indirektes Angebot noch hätte antworten sollen. Es war einfach… zu ungewöhnlich? Zu seltsam? Zu…?

“Dann setz dich wenigstens.”, forderte Ruan leicht ungeduldig, ehe sie sich eine Schale mit Früchten griff. Sie mochte es nicht, wenn ihr jemand beim Essen zu sah, aber wenn Akiko es nicht anders wollte, konnte sie das schlecht ändern.
 

Eine Weile schwiegen beide, ehe die Braunhaarige das dieses brach.

“Natsumi-sama schien gestern Abend sehr aufgebracht zu sein.”, meinte sie zögerlich. Im gleichen Augenblick verfluchte sie sich für ihre verdammte Neugier. Ruan-sama war zwar anders als die meisten anderen höhergestellten Youkai, doch das änderte nichts an ihrem Rang. Sie sollte sich besser zusammen reißen!

“Wirklich?”, fragte die Blauhaarige jedoch nur leicht überrascht, wobei sie nicht die leise Spur von Zufriedenheit in ihrer Stimme verbergen konnte. Sie konnte diese Prinzessin des Südens wirklich nicht ausstehen!

“Sie schien nicht sehr angetan davon zu sein, dass ihr mit dem Lord getanzt hat.”, erzählte die Dienerin weiter, da sie in Ruans Frage eine leichte Aufforderung dazu verstanden hatte.

“Hm…”

“Verzeiht meine Frage, aber ihr scheint dennoch nicht gerade zufrieden zu sein?”

“Ich bin erst 17.…”

Überrascht zog Akiko die Augenbrauen zusammen. 17? Sie hatte die andere eigentlich auf mindestens 200 geschätzt…. Nun gut, bei Youkai konnte man das zwar niemals genau sagen, aber so… jung? Vielleicht hing das ja auch mit der zweifelhaften Vergangenheit der anderen zusammen? Das konnte sie aber eigentlich nicht beurteilen…. Dennoch verstand sie, wo das Problem der Mizuyoukai lag.

“Youkai beurteilen sich gegenseitig nicht nach dem genauen Alter.”, setzte sie daher an, “Das einzige, was zählt, ist, wie weit die körperliche und geistige Entwicklung vorgeschritten ist. Das ist nämlich unter den verschiedenen Arten nicht immer gleich.”
 

“Sesshoumaru-sama, ein Bote ist eingetroffen.”, murmelte der schwarzhaarige Diener mit einer tiefen Verbeugung.

Kurz sah der Inuyoukai von seinem Schreibtisch auf, ehe er ein kaltes “Schick ihn herein.”, verlauten ließ. Ein Bote war also eingetroffen? Er konnte sich schon denken, von wem dieser stammte. Er hatte schon lange das Lager bemerkt, welches kurz vor den Schlossmauern aufgeschlagen worden war und es gehörte nicht viel dazu, um zu wissen, dass Fuyu in diesem war. Folglich war der Bote ebenfalls von ihm, welcher keine fünf Minuten später schon nervös vor Sesshoumaru hockte.

Er hatte rötliche Haare, war vergleichsweise noch jung und fragte sich im Augenblick ernsthaft, womit er das hier verdient hatte. Der kalte Blick seines Gegenübers war stechend und schien sich bis tief hinein in seine Seele zu bohren. Er müsste jetzt eigentlich seine Botschaft vortragen, doch er traute sich nicht zu sprechen. Allmählich brach ihm der kalte Schweiß aus. Selbst zu atmen schien in Gegenwart dieses weißhaarigen Inuyoukai gefährlich zu sein….

“Sprich.”, unsanft riss ihn diese eiskalte Stimme aus seiner Starre.

“Fuyu- sama… i… ich meinte: der Herr des Ostens, b… bittet um eine A… Audienz….”, stammelte er unsicher.

“Sie sei ihm gewährt. In einer Stunde.”

“J… jawohl, Herr.” Hastig stand der Bote auf und verließ, froh, noch am Leben zu sein, fast fluchtartig den Raum.

Kurz sah Sesshoumaru ihm nach, ehe ihm ein leises, abfälliges Schnauben entrann. Was für ein unfähiger Bote…. Aber gut, Fuyu würde in einer Stunde hier sein. Langsam stand er auf und verließ ebenfalls das Zimmer.
 

“Ruan-sama, der Lord wünscht euch zu sehen.”

Überrascht sah die blauhaarige auf. Akiko war eben erst gegangen, als Rin gekommen war. Die kleine hatte ihr gerade von ihren “Erlebnissen” hier berichtet, als es an der Tür geklopft hatte und der Diener eingetreten war.

Warum wollte Sesshoumaru sie sehen? Ob irgendetwas passiert war? Und warum schickte er einen Diener, anstatt selbst zu kommen?

“Rin, geh doch mal in den Garten und guck, ob du die schöne Blume, von der du mir erzählt hast, wieder findest, ja?”, wandte sie sich dennoch zunächst erst einmal an das kleine Mädchen, ehe sie sich dem Diener zuwandte.

“Ich komm sofort.”
 

“Was ist denn hier so viel Aufregung…?”, wollte Riko einige Zeit später leicht verwirrt wissen. Von praktisch einer Minute auf die Andere waren sämtliche Straßen Überfüllt, Dienstboten eilten hin und her und nebenbei versuchten einige Youkai verzweifelt, die Straßen halbwegs sauber zu bekommen. Natürlich wurde daraus nicht viel.

“Hm…”, murmelte Hakobu nachdenklich und trat einfach auf die Straße. Keiner schenkte ihm Beachtung, niemand drehte sich zu ihm um, obwohl er nun einen größeren Teil seines Youki’s nicht mehr unterdrückte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Das merkte auch Riko, der hastig hinter seinem Herrn auf die Straße gesprungen war. Warum musste der Andere nur zu solch unüberlegten, waghalsigen Aktionen neigen und ihn dann nicht einmal vorwarnen? Für Hakobu war es gefährlich, sich einfach so jedem und allem zu zeigen! Wie konnte er nur so unvernünftig sein?! Zum Glück schien ihn bisher keiner erkannt zu haben…. Er konnte nur hoffen, dass es auch so blieb, denn der Blauhaarige machte im Augenblick nicht den Eindruck, als wolle er sich jetzt unauffällig verhalten….

Tatsächlich hatte Hakobu genau das nicht vor. Er wollte wissen, was hier los war, denn er hatte das unbestimmte Gefühl, dass es wichtig sei. Ohne zu zögern packte er einen der vorbeilaufenden Dienstboten am Kragen und hielt ihn hoch.

“Was ist hier los?”, fragte er, wobei er sich Mühe gab, seine Stimme drohend und dominant klingen zu lassen. Er wollte den Eindruck eines höhergestellten, hier ansässigen Youkais machen und obwohl ihm das recht gut gelang, war Riko bei diesem Anblick dennoch nicht mehr weit von einem Herzinfarkt entfernt.

“D… der Herr des Ostens hat seinen überraschenden Besuch angekündigt, m… mein Herr.”, stammelte der Dienstbote in einer Mischung aus Verwirrung und Angst. Er hatte den blauhaarigen Youkai bisher gar nicht bemerkt. Wo war der nur so plötzlich hergekommen?

“Gut. Du kannst gehen.”, mit diesen Worten öffnete Hakobu seine Hand und ließ den anderen laufen.

“Siehst du, Riko? Das war doch gar nicht mal so schwer.”, meinte er kurz darauf lächelnd, bevor seine Miene wieder ernst wurde.

“Anscheinend will Fuyu nicht länger warten. Wir sollten uns beeilen, um noch rechtzeitig im Schloss und somit bei eurer Schwester zu sein.”, merkte Riko an.

Mit einem kurzen Kopfnicken wandte Hakobu sich um und ging dieses Mal zielstrebig auf das Schloss zu, ohne darauf zu achten, ob und wie viele ihn sahen oder auch nicht. Manchmal war ein solches Gewühl halt das beste Versteck….
 

Neugierig sah Ruan sich in dem großen Zimmer, in welches der Diener sie geführt hatte, um. Der gesamte Boden war mit Reismatten verlegt und an dem einen Ende des Raumes lagen drei kunstvoll gearbeitete Sitzkissen, denen gegenüber mehrere, schlichtere Sitzkissen lagen. Die Wände waren mit allerlei Schnitzereien kunstvoll verziert und alles in allem machte der Raum den Eindruck eines Empfangzimmers. In diesem Moment konnte sie hören, wie die Tür wieder hinter ihr geschlossen wurde. Anscheinend war der Diener, der sie hergeführt hatte, wieder gegangen.

“Fuyu wird bald hier sein.”, hörte sie plötzlich Sesshoumaru’s kalte Stimme neben ihr.

Erschrocken fuhr Ruan herum. War er schon die ganze Zeit über hier gewesen?! Sie hatte ihn gar nicht bemerkt! Oder war das Geräusch der schließenden Tür von ihm verursacht worden? Erst danach fiel ihr ein, was er gesagt hatte.

“Fuyu kommt her? Aber warum?”

Kurz betrachtete der Inuyoukai sie prüfend. Ihre Reaktion war bisher ruhiger ausgefallen, als er erwartet hatte. Dennoch hatte er das unbestimmte Gefühl gehabt, dass sie ein Recht darauf hatte, hier zu sein. Er wusste zwar immer noch nicht, warum ihn die Belange dieser Youkai so kümmerten, aber mittlerweile hatte er sich im innern damit abgefunden, dass es nun einmal so war.

“Er hat um eine Audienz gebeten.”, erwiderte er auf ihre Frage hin ruhig. Danach ging er zur Kopfseite des Raumes. Ruan folgte ihm einfach und stellte sich aus dem Gefühl heraus, dass es richtig sei, schräg hinter ihn.

In diesem Augenblick wurde die Tür des Raumes geöffnet und ein Diener trat ein. Ihm folgten ein goldenhaariger Youkai in teurer Kleidung und ein weiterer Diener, der offensichtlich zu dem goldenhaarigem gehörte.

“Fuyu, der Herr des Ostens, ist eingetroffen, My Lord.”, kündigte der zuerst eingetretene an, ehe Sesshoumaru ihn mit einer Handbewegung wegschickte.

Ruan fixierte den goldenhaarigen derweil mit ihrem Blick. So sah also Fuyu aus, derjenige, der ihre Eltern hatte töten lassen? Irgendwie hatte sie sich ihn anders… böser vorgestellt. Doch der Youkai, der nun vor sie trat sah eher gutmütig und freundlich als böse und verschlagen aus.
 

“Sesshoumaru, es ist mir eine Ehre, euch kennen zu lernen.”, meinte Fuyu in diesem Augenblick an den Inuyoukai gewandt, wobei er möglichst versuchte, seinen Blick vorerst von der blauhaarigen Youkai hinter Sesshoumaru fern zu halten. Er zweifelte keinen Augenblick daran, wer diese Youkai war.

,Schleimer.’, war das einzige, was eben dieser Youkai gerade durch den Kopf schoss.

“Was willst du hier, Fuyu?”, erwiderte der Inuyoukai lediglich eine Spur kälter als gewöhnlich.

“Nur einen Anstandsbesuch, der eigentlich schon längst überfällig ist. Schließlich wollen ich nicht, dass die Beziehung zum Westen gänzlich… hm… einschläft, nicht wahr?”

Schweigen.

Kurz zögerte Fuyu, ehe er einfach weiterredete. Er hatte zwar nicht erwartet, dass die erste Begegnung mit dem Herrn des Westens glanzvoll verlaufen würde, schließlich kannte er dessen Ruf, aber mit so viel Ignoranz des anderen hatte er auch nicht gerechnet.

“Außerdem habe ich mich schon immer für die unterschiedlichen Sitten anderer Bereiche Japans interessiert. Wie ich sehe ist es Frauen hier gestattet, Waffen zu tragen?” Nun lag sein Augenmerk eindeutig auf Ruan, welche Schwert samt Bogen über ihrer normalen Kleidung trug. Diese Youkai sah ihrer Mutter verdammt ähnlich. Ob sie auch genauso stark war…? Nun, vielleicht würde er dies später noch herausfinden können.

“Meine Begleiter sind durchaus in der Lage, sich selbst zu verteidigen.”, antwortete Sesshoumaru darauf nur, doch Fuyu hatte genug Übung, um den versteckten Hinweis zu verstehen.

“Ihr spielt auf diesen unglücklichen Zwischenfall vor ein paar Wochen an, nicht wahr? Seit euch sicher, dass niemand dieses Geschehen mehr bedauert als ich! Die Soldaten, die euch angegriffen haben, waren Deserteure aus…”, setzte der goldenhaarige dick aufgetragen an, wurde dann allerdings von Sesshoumaru unwirsch unterbrochen.

“Ihr habt eure Männer also nicht unter Kontrolle?”

“Doch! Natürlich habe ich meine Männer unter Kontroll…e….”, zu spät erkannte er seinen Fehler. Er hatte gerade praktisch zugegeben, dass er seine Soldaten auf Sesshoumaru und dessen Begleiter gehetzt hatte!

Kurzes Schweigen trat ein, in dem Ruan sich nicht mehr zurückhalten konnte. Schon die ganze Zeit war ihre innere Wut auf Fuyu, welche sich über Wochen hinweg angestaut hatte, gewachsen und wollte freigelassen werden. Seine aufgetragene Art und die Tatsache, dass er den Angriff auf sie hatte leugnen wollen, half ihr dabei auch nicht gerade.

Du hast meine Eltern ermordet!”, brach es daher aus ihr hinaus.
 

Durch diesen Zwischenruf völlig aus dem Konzept gebracht hielt der goldenhaarige irritiert inne, ehe er eben so lautstark und ohne zu überlegen antwortete:

Ja, und du kleines Miststück wärst ebenso tot, wenn du nicht ständig deinen Wachhund um dich hättest!

Stille….

Es war fast so, als hätte das gesamte Schloss den Atem angehalten.

Langsam sah Fuyu von Ruan, welche ihn immer noch wütend anstarrte, zu Sesshoumaru, dessen Augen verdächtig rot glühten. Ein tiefes, grollendes Knurren entrann der Kehle des Inuyoukais, während er sich anspannte. Wie konnte es diese Schande von einem Youkai wagen, ihn, Sesshoumaru, als einen Wachhund zu bezeichnen?! Er hatte andere schon für weniger ins Jenseits befördert!
 

“I… ich schlage vor… die Lordschaften regeln d… diese A… Angelegenheit b… bei einem… Duell?”, schlug nun der Diener, der mit Fuyu eingetreten war, und sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, stotternd vor. Eigentlich war er ja der Berater des Herrn des Ostens, allerdings hatte er noch nie versucht, eine solche gefährliche Situation zu schlichten. Sollten die beiden Youkai nämlich nun auf einander losgehen, hätte das gewiss einen Krieg zur Folge. Ein Duell wäre wohl die einzige Möglichkeit, jetzt noch einen solchen zu vermeiden. So könnten die beiden Lords sich gegenseitig bekämpfen, vielleicht auch töten, ohne, dass irgendjemand eingriff. Natürlich würden alle Besitztümer des Verlierer nachher an den Gewinner übergehen aber all das wäre immer noch besser als ein Krieg mit dem Westen.

Eine Weile reagierte niemand auf diesen Vorschlag, doch dann nahmen Sesshoumaru’s Augen wieder den gewohnten Goldton an. Auch er musste zugeben, dass ein offizielles Duell wohl die Beste Lösung für das Problem wäre.

“Morgen Mittag, wenn die Sonne im Zenit steht.”, erklärte er daher äußerlich ruhig. “Ihr wollt euch sicher darauf vorbereiten.”

Nur ein Narr hätte diesen gut formulierten Rauswurf nicht verstanden und dennoch war Fuyu im Augenblick einfach unfähig darauf zu reagieren. Ein Duell?! Er sollte tatsächlich ein Duell gegen den Herrn des Westens bestreiten?! Hätte dieser verdammte Idiot, der es auch noch wagte, sich seinen Berater zu nennen, nicht einfach schweigen können?!

“Kommt, mein Herr.”, drängte eben dieser gerade leise und zog den Anderen förmlich aus dem Raum.
 

Nachdem Fuyu verschwunden war, schwiegen Ruan sowie Sesshoumaru eine Weile, ehe erstere das Wort ergriff.

“Es tut mir leid….”, hauchte die blauhaarige mit erstickter Stimme. Weil sie ausgerastet war, musste Sesshoumaru nun kämpfen. Wenn ihm etwas dabei geschehen sollte, wäre das ihre Schuld, ganz allein ihre…. Bei der alleinigen Vorstellung daran, dass der Inuyoukai wegen ihr zu Schaden kommen könnte, zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen.

“Es ist nicht deine Schuld.”, meinte der weißhaarige in diesem Moment mit einer ungewohnten Spur an Wärme in der Stimme und drehte sich zu der Mizuyoukai um.

“Doch, natürlich ist es das!”, protestierte Ruan prompt. “Wenn du mich erst gar nicht mitgenommen hättest oder mich nicht verteidigt hättest, wäre all das nicht passiert! Wenn ich mich eben nur hätte beherrschen können, dann müsstest du jetzt nicht kämpfen!” Erschrocken über ihren Ausbruch hielt die blauhaarige einen Moment inne und sah in die Augen ihres Gegenübers.

“V… verzeih….”, hauchte sie dann leise, “aber… ich… ich habe einfach Angst…, dass dir etwas… passieren könnte… und das nur… wegen mir.” Als Sesshoumaru sie danach einfach nur weiterhin ansah, konnte Ruan spüren, wie sich ein Schluchzen in ihrer Kehle anbahnte.

Es… es war doch alles nur ihre Schuld! Als sich die erste Träne ihren Weg über ihre Wangen bahnte, konnte die Mizuyoukai nicht mehr an sich halten und schmiss sich wortwörtlich in Sesshoumaru’s Arme, während ihr ein halb ersticktes Schluchzen entrann. Sie achtete gar nicht darauf, was sie tat, als sie sich an ihn klammerte und ihre Tränen seine Kleidung durchnässten. Aber eigentlich war es ihr auch egal. Das einzigste was zählte war Sesshoumaru und dieser verdammte Fuyu, der es sich wohl in den Kopf gesetzt hatte, ihr gesamtes Leben Stück für Stück zu zerstören.

Einen Augenblick war der Inuyoukai zu verwirrt, um auf die neue Situation zu reagieren. Das Ruan sich in seine Arme werfen würde, hatte er genauso wenig erwartet wie ihre starken Schuldgefühle. Nur sich selbst gegenüber gab er zu, dass er sich gerade leicht überfordert fühlte. Was sollte er jetzt machen? Die Youkai einfach von sich stoßen, so, wie er es wahrscheinlich mit einer anderen getan hätte? Nein…. Stattdessen legte Sesshoumaru, noch ehe ihm bewusst wurde, was er da eigentlich tat, schützend seine Arme um die immer noch schluchzende Youkai.

Als Ruan dies spürte, konnte sie nicht umhin, überrascht aufzusehen. Fast augenblicklich begegnete sie dem Blick Sesshoumaru’s. Seine Augen… sie waren nicht so kalt, wie gewöhnlich, wenn er mit ihr sprach oder sie einfach nur ansah…. Die Mizuyoukai hätte schwören können, einen Hauch von Wärme in den goldenen Iriden ausmachen zu können….

“Du solltest dir nicht so viele Sorgen machen.”, meinte der Inuyoukai plötzlich, doch sie nahm seine Worte gar nicht mehr richtig wahr, sie wurden einfach verdrängt von einer Welle an Gefühlen, die plötzlich und unvermittelt über ihr hereinbrach. Die Welt um sie herum verblasste zusehends, bis nur noch sie übrig war… sie und dieser arrogante, kalte Inuyoukai an den sie sich jetzt klammerte. Sie hätte später nicht sagen können, von wem der entscheidende Impuls ausgegangen war. Sie wusste nur noch, wie es sich angefühlt hatte, als sich ihre Lippen trafen.

In ihrem Kopf herrschte ein reines Chaos und ihr Körper machte sich selbstständig, während abwechselnd kalte und heiße Schauer ihren Rücken hinunter rannen. Das Gefühl, das sie durchströmte, als sie seinen Mund auf dem ihren spürte, war einfach unglaublich. Etwas vergleichbares hatte sie noch nie zuvor gespürt.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, ehe sich ihre Lippen wieder voneinander trennten und dennoch kam es Ruan viel zu kurz vor. Mit geröteten Wangen blickte sie in Sesshoumaru’s Augen und erst da wurde ihr Bewusst, was sie gerade getan hatte. Prompt nahm ihr Gesicht eine Farbe an, die einer reifen Tomate alle Ehre gemacht hätte. Ungeschickt trat sie einen Schritt zurück, nur, um sich gleich wieder an Sesshoumaru klammern zu müssen, da ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten.

“I… ich muss… weg….”, nuschelte Ruan noch immer hochrot, während sie sich diesmal erfolgreich von Sesshoumaru löste und fluchtartig den Raum verließ.
 

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*räusper* *Trommelwirbel*

So, hier ist das Kap auch schon zu Ende^^ Na, wie hat’s euch gefallen?

Um ehrlich zu sein: Diese Szene am Ende hatte ich selbst nicht eingeplant, aber… nya… es hat halt gerade so gut gepasst XD

Über Kommies würd ich mich natürlich wie immer freun^^ Wer mir eins dalässt, bekommt wieder ne ENS, wenn das nächste Kap on ist^^

Bye,

_Corchen_

“Die Folgen unserer Entscheidungen.”

Mit noch immer hochrotem Kopf stürmte Ruan aus dem Schloss hinaus in den Garten. Was hatte sie da gerade getan?! Sie hatte doch nicht tatsächlich eben Sesshoumaru… geküsst…, oder? Nein, das hier war bestimmt nur ein Traum! Gleich würde sie aufwachen und feststellen, dass nichts von all dem passiert war! Ja, sie war jetzt ganz bestimmt am schlafen und träumte! Anders könnte sie sich das ganze nicht erklären. Jedoch… für einen Traum fühlten sich die Schmetterlinge, die in ihrem Bauch flatterten, recht real an.

“Ruan-chan, was ist los?”, fragte in diesem Augenblick eine unschuldige Kinderstimme und dennoch hätte nicht viel gefehlt, und die Mizuyoukai wäre mit einem erschrockenem Aufschrei zur Seite gesprungen. Dementsprechend dauerte es kurze Zeit, ehe sie sich wieder fing.

“E… es ist nichts, Rin. Mach dir keine Sorgen….”

“Aber warum bist du dann so rot im Gesicht?”

“Ähm…”, die einzige Folge dieser Frage war, dass Ruan noch mehr Blut in den Kopf schoss. Was musste die andere sie auch auf so etwas ansprechen?!

“Bist du vielleicht krank?”, fragte das kleine Mädchen sogleich besorgt, als sie dies sah. Sie hatte noch nie gesehen, dass jemand so hoch rot anlaufen konnte. Ganz bestimmt ging es Ruan-chan nicht gut! Anders konnte sie es sich nicht erklären.

“Wenn du dich nicht gut fühlst, dann muss du dich hinlegen. Ich kann dann auch Sesshoumaru-sama bescheid sagen.”

Wie rot konnte man eigentlich werden? Diese Frage schoss der Mizuyoukai durch den Kopf, als sie spürte, wie ihr Gesicht praktisch zu glühen begann. Rin hatte diese Frage bestimmt nicht böse gemeint… nein, ganz bestimmt nicht, aber sie hatte damit trotzdem genau ihren empfindlichen Punkt getroffen.

“I… ist schon gut, Rin…. Ich werde einfach einen kleinen Spaziergang machen. Willst du vielleicht mitkommen?”, fragte sie daher, um jetzt einfach irgendetwas zu machen. Als das kleine Mädchen sogleich mit einem fröhlichen “Au ja!” antwortete, ging sie los.
 


 

“Mein Herr, ich versichere Euch, es war die einzige Möglichkeit!”, beteuerte Fuyu’s Berater nun schon zum ungefähr zwanzigstem Mal und noch immer beruhigte sich der goldenhaarige Youkai nicht.

“Von wegen! Du hättest deine diplomatischen Fähigkeiten voll ausspielen können! Von mir aus hättest du auch erklären können, dass ich unzurechnungsfähig oder ähnliches wäre!”, brauste er sogleich auf.

“A… aber My Lord…. Das wäre gegen eure Ehre….”

“Zur Hölle mit dieser verdammten Ehre! Was nützt mir Ehre, wenn ich tot bin?!

Kurz atmete Fuyu aus, um wieder halbwegs zur Ruhe zu kommen. Durch Unbeherrschtheit und einen unfähigen Berater war er in diesen Schlammassel geraten, durch eben diese beiden Sachen würde er da aber nicht mehr herauskommen. Er musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren.

“Wodurch… könnte ein solches Duell umgangen werden?”

Verwundert sah sein Berater auf. Mit so etwas hatte er jetzt nicht gerechnet und dennoch war er froh darüber, dass sich sein Herr offensichtlich wieder halbwegs beruhigt hatte.

“Nun, das ist schwierig, My Lord. Da ihr der… Auslöser dieses Streites war, ist es für euch praktisch unmöglich, einem Kampf auszuweichen, vorausgesetzt, ihr wünscht keinen Krieg. Sollten euch jedoch schwerwiegende… gesundheitliche Probleme beim Kämpfen behindern, so würde der Kampf bis zu dem Punkt verschoben werden, an dem es euch besser ginge. Sollten der Westen und Osten durch eine große Gefahr dazu gezwungen werden, sofort zusammen zu arbeiten, würde das Duell wahrscheinlich abgesagt. Sollte der Lord des Westens durch irgendein Ereignis in eurer Schuld stehen, würde der Kampf ebenfalls nicht stattfinden, vorausgesetzt, dies läge in eurem Interesse.”, erklärte er daher ausführlich.

“Hm…”, nachdenklich sah Fuyu sich um. Das könnte schwierig werden. Keiner dieser besonderen Vorfälle, die ihm helfen könnten, schienen in greifbarer Nähe zu sein….
 


 

Derweil vor den Toren des Palastes:

“Ich habe euch gesagt, dass die Wachen euch nicht einfach durchlassen werden!”, zischte Riko ärgerlich, während er verstohlen zu den Soldaten, welche die große und letzte Pforte vor dem eigentlichen Schloss bewachten. Hakobu und er waren auf Vorschlag des ersteren einfach zu den Kriegern hingegangen und hatten Einlass verlangt. Natürlich war es schief gegangen und nach Meinung des Neko-Youkai konnten sie froh sein, ohne irgendwelche Blessuren davongekommen zu sein. Leider schien der Blauhaarige da ganz anderer Ansicht zu sein….

“Von wegen! Die sollten froh sein, wenn ich sie nicht sofort in Stücke haue!”, knurrte der Hakobu gerade wütend. Noch bis vor kurzem waren sie Fuyu um einen Schritt voraus gewesen, jetzt hatte er sie um einen halben Tag betrogen! Außerdem hatte er sich sagen lassen, dass etwas wichtiges im Palast vorgefallen war, doch was genau hatte ihm keiner sagen können. Er wusste nur, dass es etwas mit Sesshoumaru, Ruan und Fuyu zu tun hatte. In der Stadt kursierten nur einen halben Tag nach diesem Ereignis schon die wildesten Gerüchte und eines war lächerlicher als das andere. So hatte Hakobu von irgendjemandem gehört, dass Fuyu in einem gewissen Sinne an Ruan interessiert sein solle. Wäre so eine Annahme nicht viel zu makaber, hätte er fast darüber gelacht. Natürlich waren noch mehr solcher Vermutungen überall umgegangen und das hatte ihn zu dem Schluss gebracht, keinem einzigen der Gerüchte glauben zu schenken. Selbst dann nicht, wenn sie plausibel waren. Daher wollte er sich jetzt selbst davon überzeugen können, was wirklich vorgefallen war.

“Hakobu-sama….”, setzte Riko in diesem Augenblick zögernd an, “Da hinten ist ein weiteres, kleineres Tor. Wahrscheinlich ist es für Diener gedacht….”

Nachdenklich zog der Blauhaarige die Augenbrauen zusammen. Das wäre natürlich eine Möglichkeit…. Das Problem war nur, dass er und Riko nicht nach Dienern aussahen, dafür war ihre Kleidung viel zu wertvoll. Aber das war etwas, was man ändern konnte. Es würde sie nur etwas Zeit kosten, wieder einmal….
 


 

In diesem Augenblick wurde die Plane, welche den Eingang zu Fuyu’s Zelt verdeckte, grob zur Seite gerissen und einer der Wachen trat ein.

“My Lord, eine Fremde ist im Lager und wünscht euch zu sprechen!”, kündigte er mit einer tiefen Verbeugung an.

“Schick sie herein.”, schnaubte Fuyu ungeduldig und bedeutete seinem Berater gleichzeitig, dass Zelt zu verlassen. Eine Fremde war also hier? Wer konnte das sein? Er hatte eigentlich nicht erwartet, ausgerechnet hier und vor allem jetzt Besuch zu bekommen. Hinzu kam noch, dass er sich keinen Grund denken konnte, wieso jemand ihn würde sehen wollen. So wie es aussah, war er morgen doch sowieso so gut wie tot….

Keine fünf Minuten später saß schon eine rothaarige Youkai in einem teuren Kimono vor ihm. Kurz verengte der goldenhaarige prüfend die Augen. Diese Youkai kam ihm bekannt vor. Irrte er sich, oder hatte er sie bereits im Schloss schon einmal gesehen?

“Verzeiht mein überraschendes Eindringen, My Lord, aber ich habe einen Vorschlag.”, setzte sie zuckersüß an, “Ich habe mir sagen lassen, dass ihr wegen einer Mizuyoukai namens Ruan praktisch zu einem Duell mit dem Lord des Westens gezwungen worden seit….” An dieser Stelle machte die rothaarige eine bedeutungsschwere Pause und blickte ihren Gegenüber aus fragenden Augen an. Fast schien es so, als wolle sie den anderen um Erlaubnis dazu bitten, weiter sprechen zu dürfen, was auch Fuyu recht schnell verstand.

“Red weiter!”, befahl der goldenhaarige daher einfach, wobei er innerlich zu dem Schluss kam, dass er der rothaarigen besser nicht völlig trauen sollte, egal, was sie auch vorschlug. Diese Youkai erschien ihm nicht gerade zuverlässig. Dafür sprach schon allein die Tatsache, dass sie jetzt hier war.

Als die andere diese Aufforderung zu Sprechen hörte, schlich sich ein leises Lächeln auf ihre Lippen. So wie es aussah schien der Lord des Ostens ja durchaus bereit dazu zu sein, sich ihren Vorschlag anzuhören… das war doch schon fast ein Beweis dafür, dass er ihn auch annehmen würde.

“Nun, ich bin der Meinung, dass dies eine bodenlose Unverschämtheit ist und das diese Ruan dafür büßen sollte…. Ich wollte My Lord die Möglichkeit nahe legen diese Mizuyoukai… nun… einfach verschwinden zu lassen….”
 


 

Ruan bemerkte erst, dass sie nicht mehr alleine waren, als Rin plötzlich lächelnd aufsprang und “Sesshoumaru-sama!”, rief. Erschrocken sah die blauhaarige in die gleiche Richtung wie das kleine Mädchen und erblickte auch sogleich den weißhaarigen Inuyoukai, der sie scheinbar gleichgültig betrachtete, ehe er sich Rin zuwandte.

“Solltest du nicht bei Jaken sein?”, wollte er kühl wissen.

“Was kann ich dafür, dass er nicht aufpassen kann!”, verteidigte sich das kleine Mädchen prompt.

“Bist du ihm etwa weggelaufen?”, fragte nun auch Ruan leicht verwundert. So kannte sie Rin noch gar nicht.

“Nun….”, druckste die Kleine daraufhin mit einem leicht schuldbewussten Gesichtsausdruck herum. Ihr war der prüfende Unterton in der Stimme der Mizuyoukai nicht entgangen und wollte außerdem nicht, dass die andere etwas schlechtes von ihr dachte.

“Er ist immer noch bei den Blumenbeeten…”, merkte Sesshoumaru in diesem Augenblick an und sogleich machte sich Rin in die ihr so gewiesene Richtung auf und ließ Ruan mehr oder weniger allein mit dem Inuyoukai zurück. Sogleich bereute die Blauhaarige, dass Mädchen weggeschickt zu haben, denn ihr kam wieder in den Sinn, warum sie noch bis vor kurzem so… aufgeregt gewesen war. Sie hatten sich geküsst. Sesshoumaru hatte sie tatsächlich geküsst und ihr hatte es auch noch mehr als nur gefallen! Bei dem alleinigem Gedanken lief sie hochrot an. Das der weißhaarige Inuyoukai plötzlich direkt vor ihr stand, machte sie zudem noch zusätzlich nervös. Rasch erhob sie sich von der Bank, auf der sie und Rin bis vor kurzem noch gesessen hatten, um sich wenigstens nicht allzu klein und unbedeutend vor dem anderen vorzukommen.

“Wegen heute morgen…”, setzte sie leicht unsicher, an, wurde jedoch sofort unterbrochen.

“Warum bist du weggelaufen?”

Sofern das noch möglich war verdunkelte sich Ruans Gesichtsfarbe noch, während sie fieberhaft nach einer Antwort suchte. Das war wirklich eine gute Frage. Wieso war sie weggelaufen? Warum war sie nicht einfach da geblieben…? Weil sie Angst gehabt hatte… aber wovor? Davor, dass er sie wegstieß? Davor, dass er sich über sie lustig machte? Davor… das alles nur ein Scherz gewesen war? Aber das konnte sie Sesshoumaru schlecht sagen, oder?

Der Inuyoukai war derweil mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Eigentlich hatte er Ruan schon fiel früher aufsuchen wollen, doch sein Verstand hatte ihn davon abgehalten. Der Grund dafür war einfach: seit kurzem kamen zunehmend ihm unbekannte Gefühle in ihm hoch, wenn er bei der Mizuyoukai war. Mittlerweile ging das ganze schon so weit, dass er sich sein eigenes Verhalten manchmal gar nicht mehr erklären konnte. Zum ersten Mal in seinem Leben war er uneins mit sich selbst. Einerseits wollte er Ruan aus seiner Nähe verbannen, damit er sich endlich nicht mehr mit diesen Gefühlen herumschlagen mussten, zum anderen hatte er diesen seltsamen Wunsch, ständig bei ihr zu sein.

“Ich… weis es nicht genau….”, antwortete die Mizuyoukai in diesem Moment leise auf seine Frage. Überrascht sah er sie an, als sie vorsichtig weiter sprach.

“Sesshoumaru, hast du… hast du das heute Morgen… ernst gemeint oder… hast du nur mit mir gespielt?”, bei dieser Frage hob die Mizuyoukai ihren Blick um direkt in die goldenen Iriden ihres Gegenübers blicken zu können.

Dieser gab nur sich selbst zu, dass er über diese Frage leicht wütend war. Als ob er, Sesshoumaru, es nötig hätte, mit einer Frau zu “spielen”! Und noch ehe er wusste, was er tat, hatten seine Instinkte schon ihre ganz eigene Antwort auf Ruans Frage gefunden.

Erschrocken zog die blauhaarige die Luft ein, als sie sich plötzlich gepackt und in die Arme des weißhaarigen vor ihr gezogen wurden. Kurz versteifte sich ihr Körper, ehe sie sich wieder entspannte, wobei sich ein leises Lächeln auf ihre Züge schlich. Das war wohl seine Art, ihre Frage zu verneinen. Irgendwie musste sie zugeben, dass ihr diese durchaus gefiel und so erwiderte sie zaghaft seine Umarmung.

Als Sesshoumaru sich bewusst wurde, was er gerade tat wollte er Ruan sofort wieder von sich stoßen, hielt jedoch überrascht inne, als er ihr alles andere als abweisende Reaktion spürte. Ohne das es ihm bewusst wurde, kroch ein warmes Gefühl in sein Herz und den Bruchteil einer Sekunde lang hätte ein stiller Beobachter sehen können, wie sich so etwas wie ein schwaches Lächeln auf die sonst so kalten Züge des Inuyoukais schlich, welches genauso schnell wieder verschwant, wie es gekommen war.

Kurz darauf löste er die Umarmung allerdings doch, als er spürte, wie sich Natsumi näherte. Anscheinend hatte auch die Mizuyoukai gespürt dass sie nicht länger allein waren, denn sie drehte sich ohne ein Wort zu sagen in die Richtung, in welcher die Prinzessin des Südens nur Augenblicke später auftauchte.

Kurz sah die rothaarige zwischen Ruan und Sesshoumaru hin und her, wobei sich ein wütender Ausdruck in ihre Augen schlich. Kaum war man einmal nicht da, nutzte diese verdammte Mizuyoukai das schon aus um sich bei Sesshoumaru einzuschleimen! Sie verspürte große Lust, der anderen dafür an die Kehle zu springen. Diese verdammte Ruan tauchte hier einfach auf, wohnte ohne Rang und Namen im Fürstentrakt und zudem schenkte der Lord dieser verdammten blauhaarigen Youkai auch noch mehr Aufmerksamkeit als ihr! Nur ihre Selbstbeherrschung und das Wissen, dass Ruan dank ihr bestimmt nicht mehr lange hier verweilen würde, ließen sie zumindest äußerlich ruhig bleiben. Deswegen wandte sie sich mit einem letzten abfälligem Blick auf die Mizuyoukai Sesshoumaru zu und verbeugte sich leicht.

“Ich vernahm das Gerücht, dass ihr nach einem Duell mit dem Fürsten des Ostens verlangt hättet.”, setzte sie kokett an, “Ich wollte euch fragen, ob man diesem Gerücht glauben schenken darf.”

Wütend funkelte Ruan Natsumi an, welche diesen Blick scheinbar gekonnt ignorierte. Natürlich wusste die Andere, dass es sich dabei um kein Gerücht handelte! Das war doch nur ein Vorwand, um einen Grund zu haben mit Sesshoumaru zu reden! Fast wünschte die blauhaarige, der Inuyoukai neben ihr würde die Prinzessin des Südens ignorieren, doch ihre Hoffnungen wurden gleich darauf enttäuscht, als neben ihr ein kaltes: “Das kannst du.”, zu vernehmen war.

“Oh.”, meinte Natsumi in diesem Augenblick in einer gespielt überraschten Tonlage und blickte Sesshoumaru scheinbar unschuldig an.

Überrascht bemerkte Ruan, wie sie sich zusammen reißen musste, damit sich ihr Youki nicht wieder selbstständig machte. Wie konnte es die andere nur wagen, auf eine solch hinterhältige Weise die Aufmerksamkeit des Inuyoukais erregen zu wollen?!

“Dürfte ich fragen, wie es dazu gekommen ist?”, fragte Natsumi in diesem Augenblick zuckersüß.

“Nein.”, war das einzige, was der weißhaarige daraufhin antwortete.

Irritiert blinzelte die rothaarige, ehe ihr bewusst wurde, dass dies die Antwort auf ihre Frage gewesen war.

“Verzeiht. Es stand mit nicht zu.”, murmelte sie mit einer weiteren Verbeugung leicht gepresst, drehte sich um und ging. Das war alles nur die Schuld dieser Ruan, da war sie sich ganz sicher. Diese verdammte Mizuyoukai musste dem Lord irgendwie den Kopf verdreht haben, dass er sie jetzt so behandelte! Ein unterdrücktes Knurren entwich ihr. Je eher diese verdammte Youkai weg war, desto besser!
 

Stunden später, als die Sonne schon untergegangen war, stand Ruan an einem Fenster ihres Zimmers und blickte nachdenklich hinaus, während sie sich den ganzen Tag noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Fast kam er ihr vor wie ein viel zu schöner Traum. Vorsichtig berührte sie mit einem Finger ihre Lippen. Sie wusste noch genau, wie es sich angefühlt hatte… seine Lippen auf den ihren. Dieses Gefühl konnte und wollte sie niemals mehr vergessen. Langsam ließ sie ihre Hand wieder sinken. Alles könnte so wunderbar sein, wäre da nicht…. Traurig ließ die Youkai ihren Blick über das Schwert gleiten, welches an ihrer Hüfte befestigt war. Sesshoumaru würde morgen gegen Fuyu kämpfen. Eigentlich wäre das ihre Aufgabe gewesen…. Wenn dem Inuyoukai etwas passieren würde… sie wusste nicht, ob sie sich das jemals würde verzeihen können. Nicht, dass den Herrn des Ostens für überlegen hielt… nein, sie traute ihm einfach nicht. Der goldenhaarige Youkai würde gewiss jeden nur denkbaren Trick anwenden, um morgen nicht zu unterliegen.

In diesem Augenblick wurde Ruan aus ihren Gedanken gerissen. Sie hatte das seltsame Gefühl, plötzlich nicht mehr alleine zu sein. Fast gleichzeitig klopfte es plötzlich leise an der Tür. Nachdenklich runzelte die Mizuyoukai ihre Stirn. Wer konnte das denn jetzt noch sein? Es war doch schon längst dunkel draußen und soweit sie wusste waren sämtliche Diener mittlerweile in ihrem Trakt.

“Wer ist da?”, fragte sie daher misstrauisch.

“Herrin, ich habe eine Nachricht für euch.”, antwortete eine verhaltene, männliche Stimme prompt.

“Und wer schickt dich?”

“Der Lord.”

Unwillkürlich versteifte Ruan sich. In ihr kroch das Gefühl hoch, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmen konnte. Warum sollte Sesshoumaru ihr eine Nachricht schicken? Das passte doch so gar nicht zu dem Inuyoukai. Und außerdem… selbst wenn er ihr eine Nachricht hätte schicken wollen, so hätte er bestimmt Jaken gesandt und keinen einfachen, ihr unbekannten Diener, dessen war sie sich ganz sicher. Also musste der andere gerade gelogen haben. Doch warum? Was wollte er dann?

Langsam zog sie ihr Schwert und drehte sich um, ehe sie ein deutliches “Herein.”, verlauten ließ.

Sofort wurde die Tür schon fast vorsichtig geöffnet, Ruan hob verteidigungsbereit ihr Schwert und im nächsten Augenblick kam so etwas wie ein heller Lichtstrahl auf sie zugeschossen. Instinktiv ließ Ruan ihr Youki aufflammen, doch es war bereits zu spät. Das letzte, was sie sah, war ein grelles Licht, dann wurde alles schwarz um sie.
 


 

“Sollten wir nicht lieber bis morgen warten und dann mit den anderen Dienern in das Schloss gehen?”, schlug Riko halbherzig vor. Er wusste sowieso, dass Hakobu nicht auf ihn hören würde und dennoch wollte er es versuchen.

“Nein. Wir haben schon viel zu viel Zeit damit verloren, halbwegs glaubwürdige Dienerkleidung zu finden.”, erwiderte der blauhaarige Youkai prompt, wobei er einen prüfenden Blick auf die groben, braun-schwarzen Umhänge warf, welche die beiden nun über ihrer gewöhnlichen Kleidung trugen. Es hatte sie wirklich viel Mühe gekostet, diese zu finden. Wenn sie einfach ganz gewöhnliche Dienerkleidung gewählt hätten, wäre es bestimmt viel schneller gegangen, allerdings hätten sie ihre Waffen dann nicht tragen können. Das wäre einfach viel zu sehr aufgefallen. Diese Mäntel allerdings kaschierten selbst Riko’s Schwert sehr gut.

Daher sprang Hakobu auch sogleich los und lief auf die Mauern des Palastes zu, wobei er ungefähr abschätzte, wo der Eingang für die Diener sein müsse. Der Neko-Youkai folgte ihm zuerst einfach, ehe er ihn mit einem großen Sprung einholte. Seine feinen, durch langjähriges Späherdasein trainierten Sinne hatten eine Aura wahrgenommen. Sie war im Moment zwar nur schwach und dennoch… er kannte diese Aura. Er würde sie niemals vergessen.

Ohne zu zögern packte er den blauhaarigen Youkai an einer Schulter und riss ihn unsanft zurück, nur um gleich darauf eine andere Richtung einzuschlagen. Kurze Zeit später kamen auch schon vier oder fünf andere Youkai in Sicht, welche die Stadt um das Schloss so schnell wie möglich verlassen zu wollen schienen. Sie achteten nicht einmal darauf, dass ganz in ihrer Nähe zwei weitere Youkai standen. Misstrauisch verengten sich Riko’s Augen, während er seine Aura unerdrückte und den Fremden ohne zu zögern mit großen Sprüngen nachsetzte, immer darauf bedacht, im Schatten der nebenstehenden Gebäude zu bleiben. Die ihm bekannte Aura schien mitten aus der Gruppe zu kommen…. Wie konnte das sein? Was machte sie hier? Sollte sie nicht eigentlich im Schloss sein?

Kurze Zeit später war er schon nah genug an der Gruppe dran, um genaueres erkennen zu können. Allesamt trugen die Fremden lange, schwarze Umhänge und hatten Schwerter über den Rücken geschnallt. Außerdem hatte sich einer etwas anscheinend schweres über die Schulter geworfen. In diesem Augenblick fiel ein Strahl des Mondlichtes auf den Youkai, der dieses schwere Ding trug. Es war nur einen Augenblick lang und dennoch reichte Riko das völlig.

Erschrocken hielt er an. Jetzt hatte er die Antwort auf seine Frage, warum er diese schwache Aura hier spürte. Diese Fremden hatten offensichtlich Ruan aus dem Palast entführt. Er konnte sich schon denken, wer ihr Auftraggeber war. Doch, wie hatten sie das geschafft? Wie hatten sie die Mizuyoukai so schnell ausschalten können, dass es keinen Lärm gab? Waren sie etwa so stark und schnell oder steckte etwas anderes dahinter? Egal was von beidem der Fall war, er alleine hätte Ruan nicht befreien können. Und so blieb ihm vorerst nichts anderes übrig als den anderen Youkai einen wütenden Blick hinterher zu werfen, ehe er sich zu Hakobu umdrehte, welcher plötzlich neben ihm stand.

“Habt ihr es auch gesehen?”, fragte der Neko-Youkai lediglich.

“Ja. Fuyu scheint mittlerweile ziemlich verzweifelt zu sein.”, antwortete der blauhaarige, während er seinen groben Mantel abstreifte. Jetzt war es nicht mehr notwendig, sich ins Schloss zu schleichen.
 

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So, hier ist das Kap zu Ende^^

Ich weis, es ist recht kurz geworden, trotzdem würd ich mich über Kommies sehr freun^^

Wer so lieb ist und mir eins dalässt kriegt eine ENS, wenn’s nächste on kommt^^

Bye,

_Corchen_

Entführt

“My Lord!”, hastig verbeugte sich Akiko, ehe sie weiter sprach: “Ruan-sama ist verschwunden!”

“Weiter.” Bei dem eiskalten Unterton in der Stimme ihres weißhaarigen Gegenübers lief der Inuyoukai ein kalter Schauer über den Rücken. Dennoch tat sie scheinbar unbeeindruckt, wie ihr befohlen.

“Als ich heute morgen in Ruan-sama’s Zimmer kam, war sie nicht da und das Bett war ebenfalls nicht benutzt. Daher habe ich mich zunächst auf die Suche nach ihr gemacht, habe sie allerdings nicht gefunden. Von anderen Dienern erfuhr ich, dass sie das letzte mal gestern Abend gesehen worden war, als sie in ihr Zimmer ging. Man sagte mir, dass sie dieses nicht verlassen haben solle, aber da Ruan-sama dennoch nicht anwesend ist….”

Kurze Zeit trat Schweigen ein, in welchem Sesshoumaru tief in Gedanken versunken da saß. Ruan war also verschwunden? Das passte ganz und gar nicht zu der Youkai. Aber anscheinend hatte es auch keinen Kampf gegeben, denn das hätten er oder einer der Wachen mitbekommen. Folglich musste sie entweder freiwillig gegangen sein oder jemand war sehr schnell gewesen. Überrascht stellte er fest, dass er sich so etwas wie Sorgen um die Mizuyoukai machte.

“Nimm dir ein paar Diener und durchsuche das Schloss noch einmal.”, wandte er sich dennoch scheinbar ruhig an Akiko und als sie den Raum kurz darauf verlassen hatte erhob er sich ebenfalls. Wenn seine Vermutung stimmte und Ruan wirklich entführt worden war, dann galt es jetzt, keine Zeit zu verlieren.
 

Das Erste, was Ruan wahrnahm, war der seltsam weiche und leicht feuchte Boden unter ihr. Was war passiert? Sie war in ihrem Zimmer gewesen, dann diese seltsame Stimme, das plötzliche Licht…. Ruckartig öffnete sie ihre Augen. Zuerst fielen ihr die großen Bäume auf, durch deren Kronen das sanfte Licht des heranbrechenden Tages fiel. Erst dann wurde ihr Augenmerk auf die Youkaikrieger gelenkt, welche ihr kleines Lager scheinbar direkt neben ihr aufgeschlagen hatten. Erschrocken wollte Ruan aufspringen, wurde jedoch von etwas zurückgehalten. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Hände auf ihrem Rücken zusammengebunden waren und das von ihnen eine Leine um einen Holzpflock geschlungen war.

“Bist du endlich wach, Kleine?”, fragte in diesem Augenblick eine gehässige Stimme direkt neben ihr. Sofort blickte sie sich nach dem Urheber dieses Geräusches um und entdeckte auch sogleich einen Youkai in Rüstung und bewaffnet, der nicht weit von ihr entfernt saß. Seine kurz geschorenen, nachtschwarzen Haare trug er offen und seine hellroten Augen blitzten belustigt während er sie betrachtete.

“Bind mich los und gib mit meine Waffen!”, verlangte Ruan wütend, als sie dies sah. Sie kam sich hier so ungeschützt vor und zudem machte sich dieser fremde Youkai auch noch über sie lustig, das konnte sie genau in seinem Blick erkennen.

“Dir ist es vielleicht noch nicht aufgefallen, Kleine, aber du bist nicht gerade in der Position Forderungen zu stellen.”, erwiderte der andere nun unverhohlen grinsend.

“Bind mich los und ich werde dich in Stücke hauen! Oder hast du etwa Angst, dich mit einer Frau zu messen…?”, fragte Ruan in diesem Augenblick provozierend. Ihr fiel nicht ein, was sie sonst noch tun könnte.

Fast sofort sprang der Fremde Youkaikrieger auf, hatte im Bruchteil einer Sekunde den Abstand zwischen ihnen überwunden und ihr ins Gesicht geschlagen. Davon überrascht konnte Ruan nicht verhindern, dass ihr Kopf kurzzeitig zur Seite sackte und ihr einen Moment lang schwarz vor Augen wurde.

“Ich habe es nicht nötig mich mit einem Weibsstück wie dir zu messen!”, knurrte der Youkaikrieger wütend.

“Und warum bist du dann so ungehalten?!”, fragte Ruan während sie ihren Blick wieder dem anderen zuwandte und den Schmerz in ihrem Gesicht gekonnt ignorierte. Eigentlich hatte sie nicht die geringste Ahnung wie man sich in einer solchen Situation zu verhalten hatte, jedoch wollte sie wenigstens versuchen, irgendetwas zu erreichen. Ihre Fesseln waren zu fest, als das sie eise selbst würde lösen können und so blieb ihr praktisch nichts anderes übrig als den anderen dazu zu bringen, dass für sie zu tun, selbst, wenn sie dafür einige Schläge würde einstecken müssen.

“Wenn Fuyu-sama nicht befohlen hätte dich am Leben zu lassen, dann…!”, knurrte der fremde Youkai in diesem Augenblick wütend und kam ihr mit seinem Gesicht gefährlich nahe.

Fast wäre die Mizuyoukai instinktiv zurückgewichen, konnte sich jedoch im letzten Moment noch selbst stoppen. Im innern hatte sie sich schon lange vorgenommen, hier keine Schwäche zu zeigen. Diesen Triumph wollte sie dem anderen einfach nicht gönnen. Zudem wusste sie jetzt, wer für das ganze hier verantwortlich war. Fuyu…. Was konnte er mit ihr vorhaben? Sie töten? Nein, dass würde Sesshoumaru sicherlich herausfinden und im Gegenzug dafür den goldenhaarigen Youkai umbringen. Da dieser allerdings sehr an seinem Leben hing, würde er sie schon allein deswegen am Leben lassen, oder? Trotzdem fühlte Ruan sich plötzlich mehr als nur unwohl in ihrer Haut. Sie konnte nur hoffen, dass sie bald gefunden werden würde….
 


 

“Ich bedauere, dass unser Kampf verschoben werden muss.”, meinte Fuyu in diesem Augenblick gespielt traurig, wobei er den weißhaarigen Youkai vor sich genau im Auge behielt. Scheinbar hatte sich diese Natsumi nicht vertan und Ruan hatte bereits eine hohe Stellung für den Herrn des Westens eingenommen, denn ansonsten hätte dieser selbst jetzt noch auf einen Kampf bestanden. “Wenn ihr wollt, dann können meine Männer und ich euch bei der Suche unterstützen.”

Bei diesem Angebot musste Sesshoumaru seine aufkommende Wut unterdrücken. Bisher hatte der andere zwar noch in keinster Weise zu erkennen gegeben, ob er etwas mit dem Verschwinden der Mizuyoukai zu tun hatte, doch er war sich sicher, dass dies nur eine Frage der Zeit war. Dennoch gab der Inuyoukai mit einem kurzen Nicken sein Einverständnis zu Fuyu’s Vorschlag. Solange der andere sich nicht verriet, waren ihm mehr oder weniger die Hände gebunden. Außerdem hatte er keinerlei Beweise für die Schuld des östlichen Daiyoukai‘s, auch, wenn er sich keinen anderen “Täter” vorstellen konnte.

Nachdem Fuyu den Raum verlassen hatte, betrat ein anderer Youkai diesen. Kurz betrachtete Sesshoumaru den Neuankömmling, welcher sich sofort verneigte. Der Inuyoukai hatte schulterlange, dunkelbraune Haare welche im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden waren und er trug die Kleidung eines Kriegers.

“Folge ihm.”, war das einzige, was der weißhaarige sagte.

“Ja, Herr.”, antwortete der am Boden kniende prompt und verließ schnell den Raum. Kurz sah Sesshoumaru ihm hinterher. Weder wusste er wo Ruan war noch ob Fuyu wirklich der Schuldige war, doch das konnte sich schon bald ändern.
 

“Bist du dir sicher, dass sie in diese Richtung verschwunden sind?”, fragte Hakobu leicht genervt, während er Riko durch den Wald folgte. Nach seinem Geschmack waren sie schon viel zu lange unterwegs ohne seine Schwester gefunden zu haben. Eigentlich müssten sie die anderen doch schon längst eingeholt haben, oder?

“Nein.”, erwiderte der Nekoyoukai in diesem Augenblick unwirsch. Noch bis vor wenigen Augenblicken hatte er den Geruch der Mizuyoukai noch ganz genau in der Nase gehabt doch jetzt war er scheinbar wie vom Erdboden verschluckt. Die Spur hatte einfach urplötzlich aufgehört!

“Wie meinst du das?!”, wollte der blauhaarige Youkai in diesem Moment scharf wissen.

“Die Fährte ist schon vor einer Weile abgebrochen, Herr.”

“Wo genau?”, hakte Hakobu nach. Er hatte die unbestimmte Vermutung, dass sie etwas übersehen hatten. Eine Fährte hörte nicht einfach auf! Dafür musste es immer einen Grund geben.

Kurz drehte sich Riko zu dem anderen um. Wollte der blauhaarige wirklich noch einmal zurückgehen? Selbst auf die Gefahr hin, dass sie Ruan’s Entführer dann endgültig verlieren würden? Anscheinend schon, denn Hakobu erwiderte den Blick des Nekoyoukai’s fest. Mit einem unterdrücktem Seufzer gab dieser sich geschlagen, wandte sich vollends um und lief den Weg, den sie gekommen waren zurück. Vielleicht hatten sie ja tatsächlich etwas übersehen… vielleicht…. Überrascht hielt er inne, als er eine neue Aura wahrnahm, welche scheinbar direkt aus dem Schloss des Westens zu kommen schien und offenbar in die gleiche Richtung unterwegs war wie sie noch Augenblicke zuvor.

Genauso wie Riko nahm auch Hakobu die plötzlich aufgetauchte Aura war. Diese war zwar teilweise vom Besitzer unterdrückt worden und dennoch konnte er sie ganz genau einordnen. Immerhin hatte er sich jahrelang nur damit befasst den Besitzer dieser Aura zu hassen.
 

Selbstzufrieden lächelnd sprang Fuyu zu dem mit seinen Männern vereinbarten Treffpunkt. Bisher hatte alles wunderbar funktioniert. Der Herr des Westens war scheinbar so besorgt um die Mizuyoukai, dass er gar nicht die Zeit hatte, um ihn zu verdächtigen. Zudem war diese Ruan ja nicht einmal in seinem Lager, geschweige denn in der Nähe von diesem. Selbst wenn Sesshoumaru auf die Idee kam, dass er hinter all dem stecken könnte, so würde er die Gesuchte dennoch nicht in seinem Lager antreffen und daher gäbe es keinen einzigen Anhaltspunkt für eine wirkliche Anschuldigung. Bei diesem Gedanken schlich sich ein leichtes Lächeln auf seine Züge. Diese Natsumi war wirklich eine kluge Youkai. Zu schade, dass sie hier im Westen lebte und nicht in seinem Schloss. Gewiss hätte sie auch in anderen Situationen hilfreiche Ideen gehabt.

In diesem Moment verlangsamte der goldenhaarige seinen Lauf, wobei er kurz prüfte, ob einer seiner nicht in den Plan eingeweihten Krieger in der Nähe war. Diese hatte er tatsächlich auf die Suche nach der Mizuyoukai geschickt um den Schein zu wahren und um möglichen Spionen oder Verrätern keinen Anhaltspunkt für einen Bericht zu geben. Zufrieden stellte er fest, dass alle weit genug von ihm entfernt waren. Kurz konzentrierte er sich und sofort begann die Luft vor ihm seltsam zu flimmern. Langsam schien sich eine Art Riss in der Luft vor ihm zu bilden, durch welchen er ohne zu zögern schritt. Direkt hinter ihm schloss sich der Spalt wieder.
 

“Ein Bannkreis.”, stellte Hakobu sachlich fest. Es war überflüssig zu sagen, was oder besser wer höchstwahrscheinlich in diesem festgehalten wurde.

“Hm… könntet ihr den Bannkreis brechen?”, fragte Riko in diesem Augenblick vorsichtig. Er selbst war dazu nicht in der Lage, um das zu wissen musste er es nicht einmal ausprobieren. Fuyu war leider fiel stärker als er.

“Vie…”, wollte der blauhaarige gerade zu einer Antwort ansetzten, als es plötzlich in einem Gebüsch ganz in ihrer Nähe raschelte und ein Inuyoukai heraussprang. Instinktiv wollte der Nekoyoukai ihm nachsetzten, wurde jedoch von Hakobu aufgehalten.

“Lass ihn.”, meinte er ruhig, “Das ist keiner von Fuyu’s Männern. Anscheinend sind wir nicht die einzigen, die ihm nicht trauen.”
 


 

Kurz zögerte Natsumi, ehe sie leise zu dem weißhaarigen Inuyoukai trat, der scheinbar regungslos auf einem Balkon des Schlosses stand und über die Landschaft blickte.

Nach langem Überlegen hatte Sesshoumaru beschlossen vorerst im Schloss zu bleiben und den ersten Bericht seiner Späher abzuwarten. Es nützte nichts, wenn diese etwas herausfanden, ihn selbst dann aber nicht benachrichtigen konnten. Als er spürte wie Natsumi hinter ihn trat ignorierte er sie vollkommen. Er hatte jetzt keinen Nerv für einen weiteren ihrer bisher zahlreichen Versuche seine Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen.

“Sesshoumaru-sama, wurde Ruan noch nicht gefunden?”, fragte die rothaarige in diesem Moment scheinbar vorsichtig.

Stille.

Fast hätte sich ein leises Lächeln auf Natsumi’s Züge geschlichen doch sie konnte es gerade noch so unterdrücken. Also war die Mizuyoukai noch nicht gefunden worden… und soweit sie wusste hatte Fuyu das Schloss schon vor einer ganzen Weile verlassen…. Es wäre schon fast ein Wunder, wenn Ruan jetzt noch leben würde. Gut, dann wurde es jetzt langsam Zeit um ihre Karten voll auszuspielen.

“Verzeiht, ich weis nicht, ob das hier her gehört, aber der Lord des Ostens und Ruan schienen nicht gerade… gut aufeinander zu sprechen gewesen zu sein.”, setzte sie daher vorsichtig an.

“Weiter.”

Natsumi musste nicht aufsehen um zu erkennen, dass dies keine Bitte sondern ein einfacher Befehl war. Kurz schoss es ihr durch den Kopf, dass sie wahrscheinlich gar nicht mit diesem Thema hätte anfangen dürfen, doch dann verscheuchte sie diesen Gedanken wieder. Wenn das hier funktionierte würde es ihr wahrscheinlich Sesshoumaru’s Vertrauen einbringen und das war das Risiko allemal wert.

“Nun… heute Nacht, da machte ich einen Spaziergang, als mir einige… fremde Youkai auffielen, die das Schloss gerade verließen. Ich habe mir dabei nichts gedacht und bin daher wieder in meine Gemächer gegangen, aber…”

“Wohin sind sie gegangen?”, unterbrach der Inuyoukai sie kalt und drehte sich zum ersten Mal, seitdem sie neben ihn getreten war, um. Was Natsumi dabei in seinen Augen sah ließ bei ihr alle Alarmglocken schrillen. Normalerweise war der Ausdruck auf seinem Gesicht ja schon kalt und abweisend, jetzt war dies zwar nicht großartig anders sondern eigentlich nur noch viel schlimmer. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte die rothaarige das Gefühl das ihr Gegenüber keinen Augenblick zögern würde sie zu töten, wenn er dies musste. Es war wirklich ein Fehler gewesen, mit diesem Thema anzufangen doch diese Erkenntnis kam ihr jetzt etwas zu spät.

“Ich weis es nicht, My Lord.”, log sie daher. Natürlich wusste sie es, schließlich hatte sie Fuyu den Ort selbst empfohlen, doch wenn sie dies zugab, wäre ihr Schicksal besiegelt und das wusste sie. Kurz dachte Natsumi ernsthaft Sesshoumaru hätte ihre Lüge geschluckt, doch die feinen Sinne des Inuyoukai hatten die unterdrückte Nervosität in ihrer Stimme längst wahrgenommen. Im nächsten Moment spürte die rothaarige schon lange, schmale Finger um ihren Hals und fast gleichzeitig verlor sie den Boden unter den Füßen.

“Wohin?”, knurrte Sesshoumaru mit unterdrückter Wut während er die Youkai vor sich eiskalt betrachtete. Als sie im ersten Moment keine Anstalten machte zu antworten, sondern ihn nur leicht verwundert betrachtete, drückte er mit seiner Hand, welche um ihre Kehle lag, leicht zu.

“I… ich weis es nicht!”, röchelte Natsumi in der Hoffnung, er würde ihr vielleicht doch glauben schenken, doch diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen.

“Ich werde mich nicht wiederholen!”

Leicht ängstlich blickte die rothaarige daraufhin in die goldenen Augen ihres Gegenübers. Nein, es gab keinen Zweifel, sie spielte hier gerade mit ihrem Leben.

“S… sie sind zu einem Bannkreis südlich von hier… genaueres weis ich nicht…”

Kurz betrachtete sie Sesshoumaru prüfend. Sie sagte die Wahrheit und dennoch….

“Woher weist du das?”, wollte er eiskalt wissen, obwohl diese Frage eigentlich gar nicht mehr nötig gewesen wäre. Er kannte die Antwort ohnehin schon.

Das erkannte auch Natsumi, denn sie hatte schon während sie es ausgesprochen hatte erkannt, dass sie sich verraten hatte. Das letzte, was sie sah, war ein grünliches Leuchten welches plötzlich von der Hand um ihren Hals auszugehen schien. Danach wurde alles schwarz.

Mit einem abfälligem Schnauben ließ Sesshoumaru die Überreste Natsumi’s fallen. Sie hatte Verrat begangen und darauf stand der Tod. Das würde auch der Lord des Südens, der Vater der rothaarigen, einsehen müssen. Aber damit konnte er sich immer noch später befassen. Ohne noch weiter zu zögern sprang er daher vom Balkon und lief in die von Natsumi gewiesene Richtung.
 


 

“Siehst du, Riko, manchmal ist gar nicht allzu viel Gewalt nötig.”, meinte Hakobu mit sich zufrieden und blickte auf den langen Riss im Bannkreis. Er war vorsichtig bei der Bildung dieses vorgegangen, wollte er schließlich nicht, dass Fuyu sein auftauchen bemerkte und Ruan daher sofort tötete. Schnell sprang er daher durch den Spalt im Bannkreis und Riko folgte ihm ohne zu zögern. Seiner Meinung nach hatten sie schon viel zu viel Zeit gebraucht um hierher zu kommen. Sie mussten sich beeilen, wenn sie noch rechtzeitig kommen wollten.
 

Derweil war Fuyu gerade in dem Lager mitten im Bannkreis angekommen, in welchem Ruan gefangen saß.

“Na, wen haben wir denn da?”, meinte er süffisant grinsend.

Sofort wandte sich die blauhaarige mit wütend funkelnden Augen zu ihm um.

“Mach mich los und ich werde dir zeigen, was mit Feiglingen wie dir passiert!”, fauchte sie drohend. Innerlich war sie allerdings gar nicht so zuversichtlich wie sie sich gab, dann mittlerweile war sie mehr als nur ein bisschen nervös. Sie saß hier schon zu lange, als das Sesshoumaru sie nicht hätte finden können, wäre sie in der Nähe des Schlosses gewesen. Von ihm konnte sie daher keine Hilfe mehr erwarten, ansonsten wäre er schon längst hier gewesen. Suchte er sie überhaupt? Schnell verdrängte Ruan diesen Gedanken wieder. Natürlich suchte er nach ihr! Bestimmt würde er schon bald hier auftauchen. Sie sollte nicht immer alles so schwarz malen. Bis er ankam musste sie allerdings noch durchhalten.

“Ich an deiner Stelle wäre nicht so mutig, kleine Mizuyoukai, denn immerhin”, an dieser Stelle trat Fuyu vor, beugte sich zu Ruan herab und umfasste ihr Kinn schon fast sanft mit seinen Händen, “liegt dein Leben wortwörtlich in meinen Händen.”

Kurz versuchte die Mizuyoukai sich aus seinem Griff zu befreien, gab allerdings schnell wieder auf. Da sie immer noch gefesselt war konnte sie sich nicht allzu gut bewegen, geschweige denn gegen irgendetwas wehren.

“Du hast meine Eltern getötet!”, zischte sie daher nur wütend.

“Ja, in der Tat bin ich für ihren Tod verantwortlich, aber selbst umgebracht habe ich sie nicht. Nachher hätte ich mir noch die Hände schmutzig machen müssen.”, antwortete er leicht lächelnd, ehe er sie losließ und sich ein paar Schritte entfernte. “Du wirst auch nicht durch meine Hand sterben, sonst könnte dein Wachhund später vielleicht sogar noch den Blutgeruch erkennen, oder? Und das wollen wir doch nicht.”

Ein wütendes knurren entwich ihr während sie spürte, wie irgendetwas in ihr aufbegehrte. Doch dieses Mal machte Ruan sich nicht die Mühe, es zurückzuhalten.

Überrascht bemerkte Fuyu, wie die Aura der vor ihm hockenden Youkai aufloderte. Er musste zugeben, dass sie stärker war, als er angenommen hatte.

“Gib dir keine Mühe. Diese Fesseln kannst du nicht zerreißen, nicht einmal dein Bruder könnte das.”, grinste er dennoch hämisch.

Sofort verrauchte ein Großteil Ruans Wut und machte einer einzigen Fassungslosigkeit breit.

“Mein… Bruder…?”, wiederholte sie ungläubig. Sie hatte einen Bruder? Aber… wer?

Überrascht betrachtete der goldenhaarige ihre Reaktion. Sie hatte es nicht gewusst? Aber wo war sie dann aufgewachsen? Wer hatte sie aufgezogen, wer sie bisher vor ihm versteckt? Aber eigentlich war das jetzt auch egal. Sie würde ohnehin sterben und damit höchstwahrscheinlich auch alle Hoffnungen derjenigen, die sie aufgezogen hatten.

“Du hast es also gar nicht gewusst? Nun, das du es jetzt weist wird dir auch nicht mehr helfen!”, kündigte er daher an und gab einem der umstehenden Youkaikrieger ein kurzes Handzeichen. Sofort trat dieser neben seinen Herrn und wartete scheinbar auf einen weiteren Befehl.
 

Hastig rannte Hakobu, gefolgt von Riko, durch den Wald, immer in Richtung Fuyu’s Aura. Er hatte nicht erwartet, dass dieser Bannkreis so groß sein würde. Wie hatte der goldenhaarige Youkai ihn so schnell errichten können? Dafür war doch gewiss unheimlich viel Energie nötig gewesen? Oder hatte er andere die Drecksarbeit für sich erledigen lassen? Ja, das würde eher zu ihm passen.

In diesem Augenblick kam das Lager, in dessen Mitte Fuyu stand, in Sicht. Kurz vor dem goldenhaarigen Youkai hockte seine offensichtlich gefesselte Schwester und zwischen den beiden stand ein hoch gewachsener Youkaikrieger, der sein Schwert schon erhoben hatte, es offensichtlich auf Ruan niedersausen lassen wollte. Ohne zu zögern stieß Hakobu sich vom Boden ab, war mit einem riesigen Satz bei dem Krieger und hatte ihn mit einem gezielten Schlag seines Naginata, seinem Lanzenschwert, enthauptet. Als der Körper leblos neben ihm zusammensackte wandte der blauhaarige sich mit vor Hass glühenden Augen Fuyu zu, ohne auch nur einen Blick auf Ruan zu werfen. Er war sicher, dass Riko sich um sie kümmern würde.

“Du!”, knurrte der goldenhaarige wütend, ehe er einen Schritt zurückstolperte. Wie war der blauhaarige hier her gekommen? Wer hatte ihm verraten, wo sie zu finden waren?!

“Ja, ich.”, stimmte Hakobu dem anderen in diesem Augenblick äußerlich ruhig zu, ehe er einen kurzen Blick über die umstehenden Youkaikrieger schweifen ließ. Er schätzte, dass knapp 50 davon hier waren, also viel mehr als jene, die Ruan entführt hatten. Das könnte schwer werden, vorausgesetzt, Fuyu würde all diese auf sie hetzen, wovon er schwer ausging.

“Der Tag der Abrechnung ist gekommen, Fuyu. Wirst du ehrlich und aufrichtig mit mir um den Osten kämpfen, oder versteckst du dich wieder hinter deinen Männern? Ich fürchte nur, dass es dir dieses Mal nicht viel nützen wird.”, bluffte er trotzdem scheinbar unbeeindruckt.

“Willst du mir etwa erzählen, dass du allein gegen 50 ausgebildete Youkaikrieger bestehen könntest?!”, meinte der goldenhaarige Youkai, wobei er versuchte einen spöttischen Unterton in der Stimme beizubehalten, wobei er allerdings kläglich versagte. Die einfache Tatsache, dass Hakobu hier aufgetaucht war um seine Schwester zu retten hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht.

“Er ist nicht alleine.”, meinte Riko in diesem Augenblick laut und trat hinter Hakobu, wobei er leicht lächelnd das magieverstärkte Seil hochhielt, mit welchem Ruan noch Augenblicke zuvor gefesselt gewesen war. Dieses konnte zwar nicht so einfach zerrissen werden, aber einen Knoten in diesem konnte man wie bei jedem anderen Seil auch öffnen.

“Du!”, knurrte Fuyu erkennend, “Verräter!” Das gab es doch nicht! Wie war der andere entkommen?! Wie war er zu Hakobu gelangt?! Und was machte er hier? Wollte er ihn etwa auch töten? Dann wären es im Augenblick schon drei…. Kurz blickte er sich um. In diesem Lager waren gut 50 seiner besten Krieger und sie alle waren ihm treu ergeben… hoffte er zumindest. Doch würde das ausreichen? Immerhin standen sie den beiden Kindern zweier Daiyoukai entgegen. Riko ließ er bei seinen Überlegungen einfach außer Acht. Der Kater war ein guter Spion aber für Kämpfe war er nicht gut geeignet. Mit ihm würden seine Soldaten keine Probleme haben.

“Wer ist hier der Verräter? Du hast meine Eltern, die früheren Fürsten des Ostens, feige töten lassen!”, warf Hakobu ihm in diesem Augenblick entgegen.

Fast sofort konnte Fuyu spüren, wie Unruhe zwischen seinen Männern aufkam.

“Lüge!”, rief er daher sofort entschlossen. Er konnte jetzt keine unentschlossenen Männer brauchen, die sich vielleicht noch gegen ihn wenden könnten, würden sie dem blauhaarigen Youkai glauben.

“Tötet sie!”

Kurze Zeit war es so, als würde selbst der Wald den Atem anhalten. Kein Blatt bewegte sich, keine Tiere raschelten im Unterholz und selbst die Youkaikrieger Fuyu’s schienen für den Moment wie erstarrt zu sein. Dann sprang der erste von ihnen mit erhobenem Schwert vor, griff die beiden blauhaarigen Youkai und den Nekoyoukai an und keine Sekunde später folgten die anderen.
 


 

Kurz schien der weißhaarige Inuyoukai etwas vor sich in der Luft zu betrachten.

“Dort ist er hineingegangen, Herr.”, meinte ein weiterer Inuyoukai mit dunkelbraunen Haaren und in Rüstung welcher neben dem anderen stand.

“Gut, geh zurück ins Schloss und dort zum Haushofmeister. Er soll dafür Sorge tragen, dass niemand aus dem Lager des Herrn des Ostens dieses verlässt.”, wies Sesshoumaru kühl an, ehe er wieder die Luft vor sich zu betrachten schien. Wie der andere ging nahm er nur unterschwellig war. Der weißhaarige Inuyoukai konnte den Bannkreis vor sich spüren. Zudem hatte er vor kurzem Ruans etwas ältere Fährte aufgenommen, welche genau hier endete. Zudem konnte er auch Fuyu’s Geruch hier noch deutlich wahrnehmen und das war für ihn Beweis genug. Ohne noch weiter zu zögern zog er Tokijin aus dem Gürtel und richtete es mit der Spitze gegen den Bannkreis. Sogleich begann eine bläuliche Energie um das Schwert zu zucken, welche sich rasch vergrößerte und keinen Augenblick später auf den Bannkreis zuschoss.
 

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So, hier ist das Kap dann auch zu Ende^^

Im nächsten beginnt dann der große Showdown und Fuyu wird erkennen müssen, dass er einige Fehler gemacht hat^^

Über Kommies würd ich mich wie immer sehr freun^^

Bye,

_Corchen_

Das Ende?

Kap 18: Das Ende?
 

Hastig wich Ruan einem herannahendem Schwerthieb aus. Bis vor kurzem hatte sie noch eine Art Triumph verspürt, als Hakobu plötzlich vor ihr aufgetaucht war um sie zu beschützen. Sie hatte einen Bruder! Einen, von dem sie bisher nicht das Geringste gewusst hatte! Dennoch hatte dieses Gefühl nicht allzu lange angehalten, denn es war Fuyu’s Kriegern schnell gelungen sie wieder zu trennen. Jetzt fühlte die Mizuyoukai sich wieder seltsam allein und verlassen inmitten all dieser Soldaten. Vor ihr waren Krieger, hinter ihr waren Krieger und selbst von oben hatte sie schon jemand angreifen wollen! Zudem konnte sie weder Hakobu noch diesen anderen, rothaarigen Youkai irgendwo ausmachen. Es war fast so, als wären sie einfach verschwunden. Doch darauf konnte sie sich nicht sonderlich konzentrieren, immerhin war sie inmitten von Youkai, die sie alle am liebsten tot sehen würden und besaß zudem keine einzige Waffe.

Erneut sprang ein Gegner auf sie zu und erneut gelang es ihr im letzten Augenblick auszuweichen. Sie spürte noch den Luftzug der Klinge direkt über ihrem Kopf, als sie sich zu Boden fallen ließ. Im nächsten Augenblick schnellte sie wieder hoch und stieß sich hart vom Boden ab, als auf einmal alle gleichzeitig beschlossen zu haben schienen, sie zu töten. Kurze Zeit waren ihre Gegner durch diesen überraschenden Zug der Mizuyoukai zu verwirrt um zu reagieren, was Ruan eine kleine Verschnaufpause verschaffte. Wie von selbst wanderte ihr Blick dabei zu einem Punkt im Wald rechts von ihr, wo urplötzlich ein bläuliches Licht etwas mitten in der Luft zu zerreisen schien. ,Sesshoumaru!’, schoss es ihr unwillkürlich durch den Kopf. Woher dieses Wissen kam, dass bei dem blauen Licht der Inuyoukai war, wusste sie nicht, sie war sich nur seltsam sicher, dass es stimmte. Im nächsten Augenblick war sie allerdings wieder zu abgelenkt um darüber nachzudenken, denn ihre Füße setzten wieder auf dem Boden auf und fast gleichzeitig begannen die Schwerthiebe nur so auf sie hernieder zu gehen.
 

Leicht lächelnd stand Fuyu am Rande des Kampfplatzes. Anscheinend hatte Hakobu sich geirrt und konnte doch nicht gegen 50 seiner bestausgebildetsten Krieger bestehen. Der blauhaarige Youkai war umringt von seinen Kriegern und schaffte es kaum zu Angriffen übergehen zu können, zumal er teils noch Riko schützen musste, welcher neben dem Mizuyoukai stand. Von dieser Ruan wollte er gar nicht erst anfangen. Er wunderte sich sowieso, warum sie noch immer keine Verletzungen davongetragen hatte, obwohl sie keinerlei Waffen besaß. Nun, dass konnte ihm gleich sein. Im Augenblick hielten die beiden wahren Erben des Ostens zwar noch durch aber die Zeit war auf seiner Seite. Zudem hatte er einen Boten losgeschickt um Verstärkung vom Lager anzufordern. Nur für den Fall der Fälle.

Plötzlich hielt er inne, als eine starke, dämonische Aura am Rande des Bannkreises aufflammte. Das… konnte doch nicht wahr sein, oder? Das war die Aura des westlichen Daiyoukai’s! Sesshoumaru war hier! Wie hatte er sie gefunden? Wer hatte ihm von dem Bannkreis erzählt? Wer…? Kurz hielt er inne. Das war jetzt egal! Er musste hier weg. Dann konnte er immer noch behaupten, er hätte von all dem nichts gewusst. Selbst er wusste, dass dies eine klägliche Lüge war, aber so lange er nicht von seinem Kurs abwich konnte der Inuyoukai ihm nichts beweisen… vorausgesetzt weder Ruan noch Hakobu oder gar Riko überlebten das ganze.

Schnell fuhr er herum, nur um direkt in zwei eiskalte Augen zu blicken. Kurz musste Fuyu hart schlucken. Nein, an Flucht konnte er jetzt nicht mehr denken, das wäre in sämtlichen Varianten nichts anderes als besserer Selbstmord. Daher machte er einen hastigen Schritt zurück, ehe er sein Schwert zog. Kurz atmete er tief durch ehe er in eine Kampfposition ging. Noch war er im Vorteil, noch war diese verdammte Mizuyoukai noch von seinen Kriegern umringt und nicht von denen des Inuyoukai’s. Noch war es nicht zu spät.
 

Das wusste auch Sesshoumaru, der einen kurzen Blick zu der Szene hinter Fuyu geworfen hatte. Im Augenblick schien sich Ruan noch ganz gut zu schlagen doch sein Gefühl sagte ihm, dass sich das ganz schnell würde ändern können. Kurz hielt er verwundert inne als er diesen… Hakobu und einen weiteren Nekoyoukai unter den Kriegern entdeckte, die sich scheinbar ebenfalls zu verteidigen schienen. Was taten sie hier? Doch mit dieser Frage konnte er sich noch später beschäftigen. Deswegen wandte er sein Augenmerk wieder auf den goldenhaarigen Youkai vor ihm, welcher sein Schwert gezogen hatte und in Verteidigungsposition gegangen war. Bei diesem Anblick schlich sich ein kaltes Lächeln auf Sesshoumaru’s Züge. Fuyu wollte also kämpfen. Das konnte interessant werden. Fast gemächlich zog er Tokijin nur um im nächsten Augenblick mit erhobenem Schwert vorzuschnellen.
 

Entschlossen wehrte Hakobu die herannahenden Schwerthiebe ab. Aus dem Augenwinkel hatte er die Ankunft Sesshoumaru’s bemerkt und wie der Inuyoukai Fuyu’s “Flucht” Zunichte gemacht hatte. Ein leises lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er herumwirbelte und einem unaufmerksamen Angreifer den Kopf abschlug. Er kannte den Lord des Westens zwar nicht, aber so weit, dass dieser den goldenhaarigen Youkai für seine Taten würde töten wollen, kam er auch schon. Dennoch hoffte ein kleiner Tei von ihm, dass Fuyu dieses Duell überleben würde… immerhin wollte er ihn noch selbst ins Jenseits befördern, aber da war er wohl nicht der einzige. Ein heftiger Schmerz in seiner Schulter riss den blauhaarigen unsanft in die Realität zurück. Verdammt, er hatte nicht richtig aufgepasst! Mit einem kleinen Satz in die Luft verschaffte er sich eine kurze Verschnaufpause und gleichzeitig einen recht guten Überblick über die Situation.

Es waren einfach zu viele! Er selbst hatte schon gute 10 Krieger ins Jenseits befördert und noch immer kamen mehr! Von überall griffen sie an, sodass man nur mit Mühe und Not gefährlichen Verletzungen aus dem Weg gehen konnte. Ein schneller Blick verriet ihm, dass Ruan sich noch ganz gut schlug, doch das würde bestimmt nicht von Dauer sein. Schon jetzt konnte er die Ersten Anzeichen ihrer Erschöpfung ausmachen. Er musste so schnell wie möglich wieder zu ihr, wenn er seine Schwester nicht doch noch verlieren wollte!

Mit diesem Gedanken kam er wieder auf dem Boden auf und riss sein Naginata sofort hoch um den herannahenden Schlag abzuwehren. Im gleichen Augenblick traf ihn etwas in der Kniekehle. Erschrocken weiteten sich seine Augen, als seine Beine unter ihm nachgaben. Sekundenbruchteile kämpfte er entschlossen um sein Gleichgewicht, ehe ihn eine Hand von hinten am Kragen packte und vollends zu Boden zog.

Kurz schloss er innerlich mit seinem Leben ab, ehe ein Luftzug direkt über dem Kopf ihn wieder in die Realität zurückriss. Sofort blickte Hakobu über sich, nur um die Klinge zu sehen, die dorthin gestoßen worden war, wo noch vor Sekundenbruchteilen sein Kopf gewesen war. Ein Schauer lief seinen Rücken hinunter. Wäre er stehen geblieben, würde er jetzt nicht mehr leben…. Und doch… der Schlag war von hinten gekommen. Eigentlich hätte Riko hinter ihm stehen müssen, oder? In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass er auf etwas seltsam weichen lag….
 

Ruans Atem ging rasselnd als sie dem herannahendem Schlag auswich. Das konnte nicht so weiter gehen! Sie hatte bisher nicht einmal die Gelegenheit gehabt zurückzuschlagen und langsam stellte sich ihr die Frage, ob sie das jetzt überhaupt noch konnte. Ihre Beine zitterten. Nur das Wissen, dass sie nicht alleine war, hielt sie jetzt noch aufrecht. Ihr Bruder, von dem sie bisher nichts gewusst hatte… er kämpfte irgendwo unter all gegen all diese Soldaten nur um sie zu retten. Sesshoumaru… sie hatte ihn noch nicht gesehen und dennoch wusste sie, dass er hier war. Sie spürte es. Mit jeder Faser ihres Herzens. Auch er war hier um sie zu retten. Selbst dieser rothaarige Youkai, den sie nie zuvor gesehen hatte war mit Hakobu gekommen. Sie alle waren nur wegen ihr hier! Sie durfte nicht aufgeben! Entschlossen sammelte sie Youki in ihren Hände, die blau aufleuchteten und deren Fingernägel sich verlängerten. Sie würde nicht aufgeben! Dämonische Winde kamen um sie auf, als sie die Youkaikrieger um sich herum betrachtete. Einige von ihnen wichen in diesem Augenblick leicht zurück, was eine Art befriedigendes Gefühl in Ruan hervorrief. Dann fingen sich ihre Angreifer wieder und der erste stürmte auf sie los. Er griff alleine an. Und das war sein Fehler.

Nur auf ihre Instinkte vertrauend schoss die Mizuyoukai vor. Im nächsten Moment schloss sich ihre Klaue um den erhobenen Schwertarm ihres Gegenübers und bog diesen zurück. Das leuchten um ihre andere Hand verstärkte sich, als sie diese, ohne es selbst zu bemerken, dem anderen durch den Hals rammte. In diesem Moment griffen auch die anderen Youkai um sie herum wieder an. Ruan sah die auflodernde Wut in den Augen der Soldaten, den festen Willen sie zu töten und ihr Verstand setzte aus.
 

Das nächste, was die Mizuyoukai wahrnahm war der unverkennbare Geruch von Blut. Mit leicht geweiteten Augen blickte sie sich um. Überall um sie herum lagen die Leichen ihrer Angreifer. Die restlichen Soldaten hatten einen etwas größeren Kreis um sie gebildet und beobachteten sie misstrauisch. Kurz hob Ruan den Arm, nur um festzustellen, dass sie plötzlich ein Schwert in der Hand hielt. Wie war sie daran gekommen? Es sah genau so aus wie eines der Schwerter ihrer Angreifer. Die Klinge war voll mit frischem Blut… und nicht nur die Klinge. Auch an ihren Händen klebte mehr als nur ein wenig der roten Flüssigkeit. Übelkeit kam in der blauhaarigen auf, als ihr Blick zu den teils zerrissenen Gliedmaßen der Leichen um sie herum wanderte. Diese Wunden konnten niemals von einem Schwert stammen…. Jetzt wusste sie wenigstens, woher das ganze Blut an ihren Fingern kam, doch das half ihr im Augenblick auch nicht weiter. Im Gegenteil. Die Mizuyoukai hatte zunehmend Schwierigkeiten ihren Mageninhalt bei sich zu behalten und gleichzeitig auf ihre Umgebung zu achten. Allein die Vorstellung von dem, was sie bis vor Augenblicke wohl noch gemacht haben musste ließ in ihr tiefen Ekel vor sich selbst entstehen. Doch in diesem Augenblick wurde sie leicht abgelenkt, als sich etwas um sie herum zu verändern schien. Es war nicht sichtbar geschweige denn zu hören und doch spürte die Mizuyoukai deutlich, dass gleich etwas geschehen würde.
 

In einer Art verzweifelten Hoffnung das seine Vermutung nicht stimmte wirbelte Hakobu sein Naginata um sich, brachte so die Soldaten auf Abstand, ehe er sich leicht aufraffte und einen Blick unter sich warf. Das erste was er sah war Blut, ein schieres Meer aus Blut und Haare, welche fast den gleichen Farbton hatten. Erst danach konnte er den Rest des Körpers, auf dem er gelandet war, erkennen. Eine große und tiefe Wunde zog sich quer über die Brust des rothaarigen Nekoyoukai’s, welche sich leicht hob und senkte.

“Riko!” Wie erstarrt blickte der blauhaarige in die bereits verschleierten Augen des am Boden liegenden. Der Nekoyoukai war wegen ihm mitgekommen! Er hatte nicht einen Augenblick lang gezögert mit ihm gegen all diese Soldaten zu kämpfen! Und nun sollte er sterben?! Hier?! Weil er zu unfähig war, auf seine Begleiter aufzupassen?!
 

Kurz blitzte so etwas wie Widererkennen in Riko’s trüben Augen auf und sein Mund bewegte sich leicht, als wolle er etwas sagen, doch kein Ton kam über die Lippen des Nekoyoukai’s.

,Nein…

Hakobu nahm seine Umgebung kaum noch war. Das einzige was jetzt zählte war Riko. Der erste, der ihm seit 17 Jahren geholfen hatte! Der einzige, der ihn als das erkannt hatte, was er war! Derjenige, dessen Atem jetzt aussetzte….

,Nein!

Unglaublicher Hass loderte in Hakobu auf. Fuyu hatte ihm seine Familie genommen, sein Land und alles, worauf er einen Anspruch besaß und jetzt auch noch den einzigen, den er als einen “Freund” hätte bezeichnen können. Ohne zu überlegen ließ er sein Youki aufflammen. Er würde Fuyu zeigen was es hieß sich mit ihm anzulegen! Er würde allen zeigen, dass er der wahre Erbe des Ostens war! Er würde seinen Gefährten rächen!

Langsam legte er eine Hand auf den Boden und konzentrierte sich. Er würde ihnen zeigen, was es bedeutete jemanden zu töten, der unter seinem Schutz stand! Das einer Fuyu’s Krieger jetzt auf ihn zustürmte und von dem um ihn herumloderndem Youki zerrissen wurde bemerkte er gar nicht.

Langsam sandte Hakobu seinen Geist in den Boden. Wasser. Er hatte es schon vorher wahrgenommen. Unter ihm war Wasser, ein unterirdischer Fluss. Nun, unterirdisch würde er gewiss nicht mehr lange bleiben. Entschlossen griff er nach dem Element, dass seine gesamte Art ausmachte, zog es hoch, an die Oberfläche.
 

Weder Sesshoumaru noch Fuyu achteten großartig auf das, was bei Ruan und Hakobu vor sich ging. Beide waren zu sehr in den Kampf vertieft.

Rasend schnell ließ der Inuyoukai Tokijins Klinge auf seinen Gegner niederfahren. Hastig riss der goldenhaarige Youkai sein Schwert in die Höhe und parierte den Schlag, wobei etwas kleines in seinem Arm hell aufzuleuchten schien. Ein Juwelensplitter. Kurz machte Sesshoumaru einen kleinen Satz zurück und musterte den anderen prüfend. Es hatte ihn schon verwundert, wie stark dieser anscheinend war, doch wenn er einen Juwelensplitter oder mehrere besaß, dann war dies kein Wunder. Trotzdem würde ihm das nicht viel helfen.

“Ist das schon alles, was du kannst?”, fragte Fuyu in diesem Moment provozierend. Er hatte gewusst, dass diese kleinen Splitter ihm irgendwann noch einmal helfen würden. Deswegen hatten all seine Späher nach diesen Suchen müssen und das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Ein leises Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Mit ein bisschen Glück würde dieser Kampf nicht allzu schlecht für ihn ausgehen. Dieser Gedanke verflog jedoch sofort, als plötzlich bläuliche Blitze um die Klinge seines Gegners zu zucken schienen. Im nächsten Moment löste sich eine riesige Energiewelle von dem Schwert.

Sofort sprang Fuyu in die Höhe. Er versuchte gar nicht erst, einen Bannkreis zum Schutz um sich aufzubauen. Gegen dieses dunkle Youki würde er auch so nicht ankommen. Kurz landete er auf einem höheren Ast, ehe er sich ebenfalls von diesem Abstieß und somit kurz über die herannahende Energie sprang. Leicht erschrocken bemerkte er dabei, dass der Baum, von dem er sich noch Sekunden zuvor abgestoßen hatte nicht mehr existierte, genau wie eine breite Schneise von Pflanzen dahinter.

,Warum hat er diesen Angriff nicht früher eingesetzt?’ Diese Frage drängte sich ihm prompt auf. Es hätte im Kampf bereits bessere Einsatzmöglichkeiten für so etwas gegeben. Warum hatte der Inuyoukai ihn da nicht auf diese Art angegriffen? Die Antwort dafür konnte er sich da eigentlich selbst geben. Weil diese Ruan immer in irgendeiner Weise hinter ihm gestanden hatte. Weil dieser Angriff auch sie in Mitleidenschaft gezogen hätte. Das konnte ihm irgendwann noch zum Vorteil gereicht werden.

In diesem Moment setzte er sanft auf dem Boden auf und prompt griff Sesshoumaru wieder an. Sofort riss der goldenhaarige wieder sein Schwert empor um die Attacke zu blocken doch kurz vor ihm schnellte der Inuyoukai plötzlich in die Höhe. Den Grund dafür bekam Fuyu nur Sekunden später geliefert, als die Erde plötzlich begann unter ihm zu beben.
 

Kurz wehrte Ruan einen der angreifenden Youkai ab, ehe sie hochsprang und auf einem der Umstehenden Bäume landete, wobei ihr Blick sofort zu dem Ursprung des Bebens wanderte. Hakobu’s Youki loderte nur so um ihn herum, hielt seine Angreifer auf Abstand. Er selbst hatte eine Hand auf den Boden gelegt, schien sich auf etwas zu konzentrieren…. Irgendetwas in ihr sagte, dass es jetzt besser wäre zu verschwinden doch Ruan ignorierte dieses Gefühl vollkommen. Kurz flackerte ihr Blick zu Sesshoumaru hinüber der auf einer Art Wolke einige Meter über dem Boden zu stehen schien. Den Bruchteil einer Sekunde erwiderte er ihren Blick, ehe er sich wieder Hakobu zuwandte. Das Zeichen für die Mizuyoukai, es ihm gleichzutun.

In diesem Augenblick brach der Boden auf und kochendes Wasser schoss in einer Fontäne hervor, verbrannte die Youkai, welche von ihm getroffen wurden. Fast zeitgleich riss die Erde noch an anderen Stellen auf und immer kam kochendes Wasser hervor geschossen.

In diesem Moment hob Hakobu seine Hand und kurzzeitig sah es so aus, als würde sich ein Teil seines Youki’s mit dem Wasser vermischen. Kurz musste Ruan blinzeln. Hatte sie gerade richtig gesehen? Hatten ihre Sinne ihr nicht gerade einen Streich gespielt? So etwas war doch gar nicht möglich… oder doch?
 

Knurrend wartete der Mizuyoukai einen Augenblick, bis sich sein Youki mit dem Wasser vermischt hatte, dann stand er auf, wobei sich das flüssige Element in dem seine Energie verborgen war einer Wasserschlange gleich um ihn wand, ohne ihn jedoch zu berühren. Seine Familie war berühmt dafür ihr Element in einer solch starken Weise zu beherrschen. Durch diese Technik waren seine Eltern zu den Herren des Ostens geworden und mit dieser Technik würde er sich das zurück holen, was Fuyu ihm genommen hatte!

Immer schneller schien sich das Wasser um ihn herum zu winden, immer schneller, bis es urplötzlich auf alle umstehenden Krieger zuraste.
 


 

“Verzeiht, ist Ruan-sama bereits gefunden worden?”, entschuldigend verbeugte dich Akiko vor dem Haushofmeister. Sie hatte das gesamte Schloss noch einmal von oben bis unten durchkämmt, allerdings ohne erfolg. Sie machte sich unglaubliche Sorgen um die Mizuyoukai.

“Nein, allerdings hat sich der Lord selbst auf den Weg gemacht. Es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, Akiko.”, meinte der andere in diesem Moment leicht lächelnd und gab der Inuyoukai mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie sich entfernen sollte. Die Dienerin entfernte sich daraufhin mit einer weiteren Verbeugung und der Haushofmeister blickte ihr kurz nach. Er wusste um das gute Herz der braunhaarigen und wollte sie nicht noch mehr besorgen, daher wollte er ihr nichts davon erzählen, dass Sesshoumaru befohlen hatte das Lager des östlichen Daiyoukai’s zu blockieren. Wahrscheinlich wäre die andere bei einer solchen Nachricht besorgt genug gewesen um sofort selbst aufzubrechen um nach der Mizuyoukai zu suchen und das war etwas, was im Augenblick sehr ungesund werden konnte, so vermutete er zumindest.

Nachdenklich schloss Akiko die Tür zu den Gemächern des Haushofmeisters hinter sich. Ihr Gefühl sagte ihr, dass hier etwas nicht stimmte. Der Lord hatte sich selbst auf die Suche nach Ruan begeben? Wenn der andere versucht hatte sie mit seinen Worten zu beruhigen, so hatte er sein Ziel kilometerweit verfehlt. Diese Aussage ließ in der Inuyoukai nur noch größere Sorge aufkommen. Wenn selbst Sesshoumaru-sama nach Ruan-sama suchte, dann konnte wirklich etwas nicht stimmen!

Kurzentschlossen machte sie sich auf den Weg zum Schlosstor. Wenn ihre Vermutungen stimmten und der Lord den Palast durch dieses verlassen hatte dann konnte sie bestimmt seiner Fährte folgen. Diese würde sie dann gewiss zu der Mizuyoukai führen, hoffte sie zumindest.
 

Es dauerte nicht lange ehe Fuyu begriff, dass Wasser gefährlicher war als er bisher gedacht hatte. Eigentlich hatte er angenommen das Hakobu’s Angriff seine Krieger höchstens ein paar Schritt zurückwerfen würde, doch was er sah, warf seine Theorie komplett über den Haufen. Seine Krieger starben! Jeder, der von dieser seltsamen Wasserschlange getroffen wurde, starb! Er selbst hatte dieses Element nie auf diese Weise beherrschen können, was allerdings damit zusammenhing, dass sein Bruder, Hakobu’s Vater, eine andere, stärkere Mutter gehabt hatte als er. Was Magie anging hatte er nie mit seinem Bruder mithalten können und anscheinend war der blauhaarige Youkai genauso stark wie sein Vater. Als ihm das bewusst wurde sprang er direkt auf einen der umstehenden Bäume. Im nächsten Augenblick schoss der Angriff des Mizuyoukais auch dort vorbei, wo er nur Sekundenbruchteile zuvor gestanden hatte. Ein unterdrückter Fluch entglitt Fuyu. Wenn er nicht aufpasste, dann hatte er bald drei starke Gegner gegen sich anstatt nur einem und selbst dieser Eine bereitete ihm schon genug Probleme.

Das ließ nur noch eine Möglichkeit offen: Er musste hier weg. So schnell wie möglich. Ohne zu zögern wandte er sich um und sprang über die Baumwipfel davon.
 

Aus dem Augenwinkel bemerkte Sesshoumaru die Bewegung Fuyu’s. Mit einem letzten Blick zu den beiden Mizuyoukai wandte er sich um und folgte dem goldenhaarigem. Offensichtlich lief Ruan jetzt nicht mehr in Gefahr von einem der Soldaten getötet oder gar verletzt zu werden und dieser andere, blauhaarige Youkai… nun, es würde ihn schon sehr wundern, wenn er der anderen Schaden würde zufügen wollen.

Mit großen Sprüngen setzte er dem anderen nach, wobei er Youki in sein Schwert fließen ließ. Er hatte keine Lust auf eine lange Verfolgungsjagd. Als Fuyu kurz darauf in einiger Entfernung vor ihm auftauchte jagte er ihm Tokijins Druckwelle hinterher. Fast sofort wich der goldenhaarige dieser mit einem Sprung zu Seite aus, was Sesshoumaru die Gelegenheit gab den anderen einzuholen.
 

Erst als ein Großteil der Youkaikrieger tot waren bemerkte Ruan, dass Sesshoumaru sowie Fuyu nicht mehr da waren. Suchend sah sie sich um. Wahrscheinlich führten die beiden ihren Kampf an einem anderen Ort weiter, nur wo? Das krachen eines umstürzenden Baumes beantwortete nur Sekunden später ihre Frage. Sogleich wollte sie sich umdrehen und in diese Richtung aufbrechen, als ihr Blick noch einmal auf Hakobu fiel. Er war ihr Bruder… sollte sie ihn hier wirklich so alleine zurück lassen? Nun, er schien keinerlei Probleme zu haben… und sie wollte nicht, dass Sesshoumaru etwas beim Kampf gegen Fuyu geschah. Also würde sie den beiden folgen müssen.

Plötzlich viel ihr Blick auf einen Bogen samt Köcher, den wohl einer der Krieger verloren haben musste. Kurzentschlossen sprang sie auf den Boden, hob die Waffe auf und machte sich dann daran, in die Richtung aus der eben das Geräusch des umfallenden Baumes gekommen war zu rennen, wobei sie das mehr oder weniger gestohlene Schwert in die bis eben leere Schwertscheide ihres eigenen Schwertes gleiten ließ. Wahrscheinlich war es besser, wenn sie vorerst nur den Bogen benutzte, immerhin hatte sie mehr Übung mit dieser Waffe.

Ihr kam es wie eine Ewigkeit vor, ehe sie Sesshoumaru und Fuyu eingeholt hatte, welche mittlerweile auf einer großen, leicht abfallenden Lichtung weiterkämpften. Zu ihrer Beruhigung hatte der Inuyoukai scheinbar nicht den kleinsten Kratzer abbekommen, wobei der goldenhaarige schon aus mehr als einer Wunde blutete. Offensichtlich waren ihre Sorgen unbegründet gewesen. Trotzdem legte sie einen Pfeil an die Sehne. Man konnte ja nie wissen.
 

Fuyu gelang es nur mit Not Tokijins Klinge auszuweichen, als ihm Ruan ins Auge fiel. Sie war hier und auch sie war höchstwahrscheinlich dazu bereit ihn zu töten. Verdammt! Aber…. Kurz konzentrierte er sich auf die Wunde in seinem Arm. Der Juwelensplitter darin war bereits mit dem bloßen Auge zu sehen, allerdings war er mit seinem eigenen Blut getränkt…. Er hatte gehört, dass das Juwel oft benutzt wurde andere zu kontrollieren…. Es wäre immerhin eine Möglichkeit. Die einzige, die ihm jetzt wahrscheinlich noch übrig blieb.

Mit neu gewonnener Hoffnung sprang er auf Sesshoumaru zu, startete einen Angriff, den er jedoch kurz vor dem Inuyoukai abbrach und stattdessen auf die Mizuyoukai zusprang, wobei er den verunreinigten Splitter aus seinem Arm zog.
 

Als Sesshoumaru die Finte Fuyu’s bemerkte sprang er ihm sofort hinterher. Ein wütendes Knurren entwich ihm. Wieso war Ruan ihnen gefolgt? Sie hätte dort bleiben sollen wo sie war, wo er nicht auf sie Acht geben musste. Kurz bevor der goldenhaarige Youkai bei der Mizuyoukai war hatte diese schon den Bogen erhoben und auf ihren Angreifer gezielt, schoss jedoch nicht. Als Sesshoumaru sah, wie der goldenhaarige etwas auf Ruan zu werfen schien, hielt er kurz leicht verwirrt inne, ehe er Fuyu mit einem einzigen Sprung einholte und mit Tokijin auf dessen Hals zielte. Dabei sah er aus dem Augenwinkel, dass der Blick der Mizuyoukai seltsam… leer war.

Im letzten Augenblick wich Fuyu dem Angriff aus und wich mit einem großen Sprung zurück. Sofort wirbelte der weißhaarige Inuyoukai herum und betrachtete den anderen prüfend. Irgendetwas stimmte hier nicht. Was hatte der andere getan? Kurz war er versucht einen Blick über die Schulter zu Ruan zu werfen, widerstand diesem Drang allerdings sofort. Er wusste, dass auch nur eine kleine Unaufmerksamkeit bei einem Duell ein tödlicher Fehler sein konnte. Egal was der andere da gerade gemacht hatte, er würde sowieso noch früh genug herausfinden, was es war.
 

,Ich muss kämpfen.’ Warum? ,Ich muss ihn besiegen!’ Wen? Verworrene Gedanken schossen durch Ruans Kopf. Immer wieder kamen ihr die Tatsachen in den Sinn, dass sie kämpfen und jemanden besiegen musste. Jetzt! Doch wen? Und warum? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Sie wusste nicht, wo sie war oder wer die beiden Youkai waren, die auf der Lichtung vor ihr kämpften. Sie wusste nur, dass sie ebenfalls kämpfen musste. Warum?

Wie von selbst bewegten sich ihre Arme, spannten den Bogen mit dem Pfeil auf der Sehne. ,Wieso habe ich einen Bogen?’, diese Frage erschien der Mizuyoukai noch während sie sie sich selbst stellte seltsam unbedeutend, als wäre die Antwort selbstverständlich, wenn sie ihr nur wieder einfallen würde.

Ohne das sie selbst es so wollte zielte sie und ließ die Sehne im nächsten Augenblick vorschnellen. Ihr Pfeil traf, zerschlug die schwarze Rüstung und bohrte sich in den Körper des Youkais.

,Eine schwarze Rüstung? Irgendetwas ist falsch. Doch was? Was habe ich vergessen?

Trotz ihrer Zweifel bewegte sich ihr Körper, zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher, legte ihn an die Bogensehne und spannte diese.

Was tue ich hier? Warum bewege ich mich ohne es zu wollen?

Die Bilder ihrer Umgebung kamen nur noch unscharf in ihrem Geist an. Nur noch am Rande spürte sie, dass sie zielte…. Auf wen zielte sie?! Sie wollte das nicht! Verzweifelt rang Ruan mit sich selbst. Sie wollte, durfte nicht angreifen! Doch irgendetwas in ihr schien zu flüstern, das es unwichtig war, was sie dachte. Das alles unwichtig war, was sie vergessen hatte, dass nur der Augenblick noch zählte. Irgendetwas schien sie zu beherrschen, Zweifel in das bisschen Bewusstsein zu streuen, dass ihr im Augenblick noch geblieben war.

In diesem Moment leuchtete etwas grün in ihrem Blickfeld auf und sie wurde hart zurückgeschleudert, prallte gegen einen Baum und blieb dort kurzzeitig liegen.

Schmerz. Das war das erste Gefühl, was zu Ruan durchdrang. Ihr gesamter Rücken schmerzte und dennoch erhob sich ihr Körper wieder als sei nichts geschehen. Fast schon wütend stemmte sich das Bewusstsein der Mizuyoukai gegen diese ungewollte Bewegung. Sie wollte liegen bleiben, sich ausruhen, den Schmerz vergehen lassen, doch das, was sie lenkte, schien andere Pläne zu haben.

Erneut zog sie zwei Pfeile aus dem Köcher und während sie den ersten an die Sehne legte, ließ sie in den zweiten Youki fließen. Fast bedächtig spannte sie den Bogen und zielte, während ihr Geist noch immer versuchte die Kontrolle über sich zurück zu gewinnen.

In diesem Augenblick schnellte der erste Pfeil los und nur Sekundenbruchteile später war auch schon der zweite, von dem angefülltem Youki bläulich leuchtend, abgeschossen worden.

Dem ersten Angriff konnte der Youkai noch knapp ausweichen, wobei seine langen, weißen Haare um ihn herum wehten, als er ihr seinen Kopf zuwandte.

Weiße Haare… Erinnerung kamen in Ruan auf. Sie kannte diesen Youkai, sehr gut sogar. Er hatte sie gerettet, schon mehrere Male….

In diesem Augenblick traf der zweite Pfeil den Youkai kurz über der Hüfte und ihre Energie in dem Geschoss tat seine Wirkung. An seinen leicht verwunderten, goldenen Augen konnte sie erkennen, dass er damit nicht gerechnet hatte.

Goldene Augen…. Sesshoumaru! Die Erkenntnis traf sie hart und unvermittelt. In diesem Augenblick barst der Wall in ihrem Innern, der ihre Erinnerungen zurückgedrängt hatte. Sesshoumaru, er war gekommen um sie zu retten. Er war es, der es wegen ihr mit Fuyu aufnahm.

Langsam entglitt der Bogen ihren Händen, während sich Tränen in ihren Augen sammelten.

Sesshoumaru!”, ihr war nicht bewusst, dass sie seinen Namen schrie, als sie auf ihn zu rannte. Ihr war nicht bewusst, wie sich ein kleiner Splitter von ihrer Schulter löste und zu Boden fiel.
 

Langsam klopfte sich den Staub von der Kleidung, ehe er sich umsah. Seine gesamte Umgebung war zerstört. Kein Baum im Umkreis von 10 Metern hatte seinen verzweifelten Wutausbruch überlebt. Traurig wanderte sein Blick weiter, zu Riko oder zu dem, was einmal Riko gewesen war. Er musste sich nicht mit Heilkunst auskennen um zu wissen, dass der Nekoyoukai tot war. Tot… weil er ihm geholfen hatte.

“Schlaf gut… mein Freund.”, murmelte der blauhaarige mit erstickter Stimme, ehe er zwang wegzusehen. Er durfte jetzt nicht in Trauer versinken. Ruan war verschwunden, Sesshoumaru und Fuyu waren weg. Er hatte gar nicht bemerkt wie sie sich entfernt hatten aber dennoch musste er ihnen folgen. Irgendeinen Weg könnte der goldenhaarige noch finden um sein Schicksal abzuwenden und das war etwas, was er verhindern musste. Allein um Riko’s Willen. Auch er hatte dafür gekämpft.

Kurz ließ er seine Sinne schweifen bis er die Auren der Gesuchten ausgemacht hatte. Entschlossen drängte er seine Trauer beiseite und setzte zum Sprung an, als es plötzlich im Gebüsch am Rande des ehemaligen Lagers raschelte und eine braunhaarige Inuyoukai hinausstolperte.
 

Das erste, was Akiko auf der Lichtung wahrnahm war der Geruch von Blut und Tod. Sie hatte den Geruch des Schlossherrn bis hier her verfolgt. Vor kurzem hatte sie dann auch Ruan-sama’s etwas ältere Spur wahrnehmen können, die hier endete. Erschrocken schlug sie eine Hand vor den Mund während ihr Blick über die offene Fläche wanderte. Fast erwartete sie, die Mizuyoukai ebenfalls irgendwo liegen zu sehen, entspannt sich aber leicht, als dem nicht so war. Erst danach fiel ihr der blauhaarige Youkai auf, der sie mit einer Mischung aus Misstrauen, Ärger und Verwirrung anstarrte.

Wer war das? Was hatte er hier zu suchen? Er stammte nicht aus dem Schloss, war er dann also einer der Entführer? Bestimmt. Es musste einfach so sein. Was hätte den fremden Youkai sonst dazu bewegen können, hierher zu kommen? Zu einem Ort, wo offensichtlich bis vor Augenblicken noch gekämpft worden war?

“Wer bist du?! Und was hast du mit Ruan-sama gemacht?!”, warf sie ihm wütend entgegen.
 

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Hier ist das Kap auch schon zu Ende^^

Eigentlich hat ich ja vorgehabt noch weiter zu schreiben, aber das hät hier jetzt iwie nicht mehr reingepasst.

So, jetzt mal zum Inhalt. Riko’s Tod war eigentlich schon viel früher geplant gewesen aber an der Stelle hatte es nicht wirklich gepasst und so hab ich’s jetzt in dieses Kapitel verschoben. Natürlich ist Hakobu’s Laune jetzt auf einem denkbaren Tiefpunkt angelangt und das man mit dem Mizuyoukai jetzt nicht gerade gut Kirschen essen kann wird Akiko im nächsten Kapitel lernen müssen.

Nun, Fuyu hat doch noch eine Möglichkeit gefunden seine Überlebenschancen zu verbessern und ob er damit erfolg hat… na ja, das seht ihr im nächsten Kap^^ Ich hoff mir ist die Beschreibung der besessenen/ kontrollierten/ gesteuerten Ruan halbwegs gelungen….

Wer so lieb ist und mir ein Kommi hinterlässt kriegt wieder ne ENS, wenn’s nächste Kap on kommt^^

Bye,

_Corchen_

Bis zum letzten Atemzug

Mit leicht geweiteten Augen blickte Sesshoumaru Ruan an. Er hatte zu spät bemerkt, was Fuyu getan hatte, dass er sie nun kontrollierte. Er hatte nicht einmal an diese Möglichkeit gedacht und nun musste er für seine Unaufmerksamkeit zahlen. Seine Augen färbten sich rot, während das Youki des Pfeils lansam seinen Dienst tat, seine inneren Organe angriff und ihn somit zwang sein eigenes Youki gegen das ihre zu setzten. Leider brauchte er Ruhe, um den Pfeil völlig versiegeln zu können, sich völlig zu schützen, und die hatte er nicht.

Lediglich seine Instinkte befahlen ihm genau in diesem Augenblick wieder herumzufahren und mit einem Schlag Tokijin’s Fuyu wieder auf Abstand zu bringen.

In diesem Moment spürte er eine Veränderung in dem Geschoss, welcher immer noch über seiner Hüfte steckte.
 

Ruan konnte nur hilflos zusehen als der von ihr geschossene Pfeil plötzlich hell aufleuchtete. Kurz schloss sie gequält die Augen, als sie das durch die Abwehr des Inuyoukai's gestaute Youki mit einem Mal hervokommen spürte. Bilder des Baumes, welchen sie mit genau dieser Technik schon einmal zerteilt hatte kamen ihr in den Sinn und schnell riss sie die Augen wieder auf, nur um zu sehen das ihr Pfeil verschwunden war, ersetzt durch eine lange, stark blutende Wunde, quer über dem Rücken des Weißhaarigen.
 

Schmerz.

Das war das einzige, was in diesem Augenblick durch seinen Körper schoss.

Sesshoumaru konnte sehen, wie sich langsam ein hämisches Grinsen auf den Lippen Fuyu's bildete. Er konnte die Selbstzufriedenheit des Anderen förmlich spüren.

Wut.

Ein dunkles, dämonisches Knurren bahnte sich in seiner Kehle an, ehe er seine Hand fest um sein Schwert schloss. Er würde diesem goldenhaarigem Youkai zeigen was es bedeutete sich mit einem wahren Daiyoukai anzulegen! Er würde ihm seinen wahren Stand schon noch zeigen! Fast gleichzeitig mit diesem Gedanken ließ er seiner Dämonenaura freien Lauf. Sekundenbruchteile hielt er inne, ehe er lossprang.
 

Leicht verwundert blickte Fuyu seinem Gegner entgegen. Er wollte noch kämpfen? Obwohl er schon schwer verletzt war? Nun, dass war dann seine Sache. Die Verletzung machte den Inuyoukai langsamer, dass konnte er schon jetzt erkennen. Und das war bestimmt nicht der einzige Bereich, auf den die Wunde Auswirkungen hatte. In Sesshoumaru’s Augen lag ein dämonisches Leuchten, während er seine Aura aufflammen ließ. Als der goldenhaarige das spürte, wollte er instinktiv ein paar Schritte zurückweichen, riss sich aber im gleichen Augenblick noch zusammen. Schon bald würde der Inuyoukai zuviel Blut verloren haben um noch richtig kämpfen zu können… bald würde die Wunde seinen Preis vordern und dann wäre der Sieg der Seine. Solange konnte und musste er sich noch gedulden.

In diesem Augenblick riss er sein Schwert empor, blockte Tokijin ab, nur um festzustellen, dass um Sesshoumaru’s Klinge bereits jetzt bläuliche Blitze zuckten. Einen Wimpernschlag lang hielt Fuyu verwirrt inne, ehe er mit einem Sprung empor schnellte. Keinen Moment zu früh, denn jetzt löste sich die schon erwartete Druckwelle von Tokijin, zerstörte einen Großteil der Lichtung. Kurz musste der goldenhaarige schlucken, während er wieder auf dem Boden ankam und sofort in die noch immer blutroten Augen Sesshoumaru’s blickte. Er sollte den anderen nicht unterschätzen. Der Inuyoukai war scheinbar wild entschlossen, ihn so schnell wie möglich zu töten. Er wusste offenbar, dass er nicht mehr viel Zeit hatte und solche Gegner waren am gefährlichsten.
 


 

Wütend funkelte Hakobu die braunhaarige Youkai an.

Was hast du mit Ruan-sama getan?!”, fragte diese im gleichen Augenblick mit Nachdruck, wobei sie seinen wütenden Blick nicht minder aggressiv erwiderte.

“Was ich mit Ruan gemacht habe?! Soll ich dir zeigen was mit ihr gemacht worden währe, wenn ich nicht gekommen wäre?!”, warf der blauhaarige der Inuyoukai entgegen, wobei sich seine Hand um sein Naginata schloss. Riko war gestorben, um seine Schwester zu retten. Er selbst war zwischen sie und Fuyu getreten, obwohl das sein Ende hätte bedeuten können. Und jetzt wagte es diese Inuyoukai tatsächlich ihn zu fragen, was er mit Ruan getan hätte?!

“Wenn du nicht gekommen wärst, wäre sie bestimmt schon bald die Lady des Westens gewesen! Wo ist sie?! Wo hast du sie hingebracht?!”, konterte Akiko knurrend. Das gab es doch nicht! Wollte der andere sich jetzt etwa noch als scheinheiliger Retter der Mizuyoukai aufspielen?! Die toten Soldaten um sie herum waren aus der Armee des östlichen Daiyoukai’s! Dieser hatte doch angeboten, Ruan-sama zu suchen, oder?! Also mussten sie versucht haben die blauhaarige zu retten und waren dabei von diesem Kerl da getötet worden! Sie war zu wütend, um genauer über die Situation nachzudenken, zu wütend, um zu erkennen, dass der Lord des Westens nur wegen Ruan ein Duell mit dem anderen Fürsten gefordert hatte.

“Eine ziemlich tote Fürstin, will ich meinen!”, merkte Hakobu zynisch an. Auch in ihm loderte zuviel Hass, als das er jetzt noch hätte wirklich nachdenken können. Das einzige, was er vor sich sah, war eine braunhaarige Youkai, die ihn anschuldigte wie Fuyu zu sein! Und sein gesamter Hass galt mittlerweile Fuyu! Fuyu, der seine Eltern getötet hatte. Fuyu, der ihn in die Verbannung geschickt hatte und Fuyu, der seinen einzigen Freund hatte töten lassen! Wie konnte die andere Youkai sich da auch nur anmaßen, ihn mit diesem goldenhaarigen Bastard zu vergleichen?! Seine Hand schloss sich fester um seine Waffe. Niemand, absolut niemand durfte es wagen, ihn mit diesem Mörder zu vergleichen!

Kurz hielt Akiko inne, als sie seine Antwort hörte. Eine ziemlich tote Fürstin? Hatte er sie dann etwa aus den Händen dieser Soldaten hier befreit oder wollte er sie das nur glauben machen? Sie sah sich noch einmal genau um. Soldaten des Ostens…. Sesshoumaru-sama hatte heute doch ein Duell mit dem östlichem Herrscher bestreiten wollen...? Es war abgesagt worden, weil Ruan entführt worden war. Abgesagt…. Hatte sie sich etwa mit ihren Anschuldigungen vertan, sich an den Falschen gewandt? Das konnte sogar sein…. Immerhin hatte sie ziemlich schnell Schlüsse aus der Situation hier gezogen.

In diesem Augenblick sprang der blauhaarige mit wütendem Blick auf sie zu. Überrascht weiteten sich ihre Augen, ehe sie im letzten Moment noch mit einem Satz zur Seite ausweichen konnte. Allerdings übersah sie dabei einen der toten Körper am Boden, stolperte über diesen und kam nur Sekunden später auf dem vom Wasser durchweichten Boden auf. Schnell flackerte ihr Blick dabei zu der Stelle, wo sie vor kurzem noch gestanden hatte. Ein tiefer Riss hatte sich dort im Boden gebildet, wo das Naginata aufgekommen war.

Akiko musste bei diesem Anblick hart schlucken. Das hätte auch ihr Kopf gewesen sein können. Verdammt, hatte sie denn überhaupt nicht nachdenken können, ehe sie auf die Lichtung gestolpert war?! Sie konnte sich doch nie im Leben mit diesem blauhaarigem Youkai messen! Dennoch versuchte sie hektisch wieder auf die Beine zu kommen, was nur zur Folge hatte, dass sie dieses Mal direkt mir dem Gesicht im Schlamm landete. Erschrocken sah sie auf, als sie plötzlich eine Art unterdrücktes Lachen direkt über sich hörte. Dort stand auf einmal der fremde Youkai mit einem fiesen Grinsen im Gesicht, welches eindeutig ihr galt.
 

Irgendwie kam Hakobu die gesamte Situation mit einem Mal ziemlich lächerlich vor. Das war sie auch, bedachte man mal, dass er eben allen Ernstes eine Inuyoukai hatte töten wollen, die schon Probleme damit hatte sich jetzt aufzurichten. Das leise Lachen war dabei fast von alleine gekommen. Ihre hektischen Bemühungen sahen einfach zu komisch aus! Als sie sich jetzt aufrichtete und er feststellen musste, dass sie unter all diesem Schlamm auch noch hochrot angelaufen war musste er sich stark zusammenzureißen um nicht vollends loszuprusten. Irgendwie musste er ja zugeben, dass sie ganz niedlich aussah….

“Mein Name ist Hakobu.”, stellte er sich daher noch immer grinsend vor. Wie lange hatte er überhaupt keinen Grund mehr zum Lachen gehabt? Er wusste es gar nicht. Also war es schon bestimmt lange her.

Sichtlich erleichtert aber auch irritiert entspannte Akiko sich leicht, als ihr Gegenüber plötzlich entschieden zu haben schien sie doch nicht mehr töten zu wollen. Doch das er sie jetzt auslachte ließ sie trotzdem rot werden. Sie kannte Hakobu kaum und schon hatte sie sich vor ihm lächerlich gemacht.

“Mein Name ist Akiko…, Hakobu-san.”, erwiderte sie daher, unwissend, wen sie wirklich vor sich hatte.

“Einfach nur Hakobu.”, wies der blauhaarige sie schnell an. Irgendwie hatte er in den letzten Minuten nicht den Eindruck gehabt, dass sie allzu untertänig war. Irgendwie wollte er, dass es jetzt dabei blieb.

Nun musste auch Akiko grinsen. Wenn man von der Tatsache absah, dass er sie eben noch hatte töten wollen, dann war der andere ganz nett…. Jedoch verlosch ihr Lächeln gleich wieder und sie wurde ernst.

“Wo ist denn nun Ruan-sama?”

Sofort verdüsterte sich auch Hakobu’s Miene.

“Sie wird Fuyu zusammen mit Sesshoumaru gefolgt sein. Komm.”, mit diesen Worten wandte er sich um und lief los. In die Richtung, in welcher er das Youki seiner Schwester wahrnehmen konnte. Kurz fragte er sich, warum er Akiko überhaupt erlaubt hatte mitzukommen. Diesen Gedanken verwarf er jedoch sofort wieder. Wahrscheinlich widerstrebte es ihm einfach nur wieder allein zu sein.
 

Angst umklammerte Ruan’s Herz während sie dem Kampf zwischen Sesshoumaru und Fuyu zusah. Bevor sie gekommen war, war der Inuyoukai überlegen gewesen, nun hatte sich das Blatt gewendet, ihretwegen. Es war einzig und allein ihre Schuld wenn der weißhaarige hier sterben sollte. Ihre Schuld…. Wütend betrachtete sie ihre verkrampften Hände. Konnte sie denn gar nichts richtig machen? Brachte es denn wirklich allen nur Unglück in ihrer Nähe zu sein?! Überrascht blinzelte sie die Tränen weg, die ihr in die Augen stiegen. Konnte sie sich jetzt wenigstens nicht einmal beherrschen?! Sie hatte schon genug Schaden angerichtet! Wahrscheinlich wäre es für alle besser, wenn sie einfach verschwand und nie wieder irgendwo auftauchte.

Und dennoch… langsam heftete sich ihr Blick auf Sesshoumaru. Er würde sterben, sollte sie jetzt gehen. Sie musste ihm helfen, wollte sie wenigstens etwas wieder gut machen. Entschlossen zog sie ihr Schwert und betrachtete die beiden kämpfenden vor sich. Keiner der beiden beachtete sie. Natürlich nicht. Für Fuyu hatte sie ihren Dienst erfüllt und Sesshoumaru… ja, Sesshoumaru war wirklich mit anderen Dingen beschäftigt. Keiner der beiden sah in ihr noch eine Bedrohung. Sie würde es ihnen zeigen! Sie würde Fuyu beweisen, dass sie sich so etwas nicht einfach gefallen ließ! Und Sesshoumaru würde sie zeigen, dass auch sie zu etwas fähig war!

Kurz hob sie das Schwert so, dass sie sich in der Klinge spiegelte. Ihr kamen wieder die Worte des Inuyoukai’s in den Sinn: “Du würdest kaum zehn Minuten gegen einen wahren Daiyoukai bestehen. Dazu bist du noch viel zu unerfahren und genau damit rechnet Fuyu….” Ja, der Inuyoukai hatte Recht gehabt. Fuyu hatte ihre verdammte Unerfahrenheit ausgenutzt! Aber das würde ihm nicht noch einmal gelingen! Nein, ab jetzt würde sie aufpassen! Ab jetzt würde sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen!

Entschlossen fixierte sie Fuyu mit ihrem Blick, ehe sie losstürmte.
 

Langsam spürte Sesshoumaru wie seine Kräfte nachließen. Immer öfter konnte er den Attacken nur noch knapp ausweichen und selbst das gelang ihm manchmal nicht mehr. Für gewöhnlich hätte sich die Wunde an seinem Rücken schon längst geschlossen, doch nicht so jetzt. Es lag wohl an Ruan’s Youki, dass er noch immer viel zu viel Blut verlor. Er konnte genau spüren, dass sein Körper nicht mehr allzu lange durchhalten konnte und würde. Wenn er diesen Kampf tatsächlich noch für sich entscheiden wollte musste er die Sache möglichst schnell beenden. Entschlossen blockte er die herabsausende Klinge Fuyu’s ehe er einen weiten Satz zurück machte und langsam sein restliches Youki sammelte.

“Pah, ist das schon alles, was du draufhast?”, stichelte der goldenhaarige Youkai in diesem Augenblick siegessicher. Was sollte der andere ihm denn jetzt noch entgegensetzen können? Diese Mizuyoukai hatte ganze Arbeit geleistet. Schon bald würde er sich auch ‘Herr des Westens’ nennen können!

Ein wütendes Knurren entwich Sesshoumaru’s Kehle. Wie konnte dieser Fuyu es sich auch nur anmaßen…?! Dieser ehrlose Bastard hatte sich den Titel eines Youkailords nicht im Entferntesten verdient!

Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht schoss Ruan plötzlich an ihm vorbei, direkt auf Fuyu zu.
 

Überrascht blickte der goldenhaarige Youkai der Mizuyoukai entgegen. Er hatte zugegebenermaßen mit fast allem gerechnet- nur nicht mit so etwas. Er hätte nicht erwartet, dass Ruan jetzt noch bereit gewesen wäre zu kämpfen. Viel eher hätte sie sich jetzt in tiefes Selbstmitleid stürzen müssen, oder?

Durch seine Gedanken abgelenkt realisierte Fuyu erst in letzter Sekunde, dass die Andere bereits direkt vor ihm war. Nur seinen dämonischen Instinkten verdankte er es, dass seine Knie gerade rechtzeitig nachgaben, er so dem sicherlich tödlichem Schlag gegen seinen Hals entging. Kurz verfluchte er sich selbst für seine Unachtsamkeit, ehe er sich wieder besann und mit seinem Schwert auf Ruans nun ungeschützten Bauch zielte.

Aus dem Augenwinkel bemerkte die Mizuyoukai die Bewegung und versuchte noch durch eine schnelle Drehung dem Schlag zu entgehen. Dennoch entglitt ihr ein leiser, erschrockener Schrei, als das Schwert ihres eine dünne, längliche Wunde in ihre Seite riss. ‘Sesshoumaru hatte recht. Er ist stärker als ich!’, schoss es ihr in diesem Moment durch den Kopf, doch sofort verdrängte sie diesen Gedanken wieder energisch. Sie sollte nicht vergessen, warum sie eingegriffen hatte! Kurz konzentrierte sie sich, sammelte Youki in ihrer Hand, bevor sie mit ihrer nun blau leuchtenden Klaue nach Fuyu schlug und ihn tatsächlich im Gesicht erwischte, einige Meter zurückschleuderte.
 

Irritiert fuhr der goldenhaarige sich mit der Hand einmal über die Wange. Sie hatte tatsächlich gewagt, ihn zu schlagen!

Niemand hat das Recht mich zu kontrollieren! Und niemand wird jemals mit so etwas durchkommen!”, drohte die Mizuyoukai in diesem Moment und ging in Angriffsposition. Fast hätte Fuyu bei diesem Anblick gelacht. Dachte sie wirklich, ihn mit ihrer jämmerlichen Erfahrung besiegen zu können? In 20 Jahren vielleicht, aber niemals Hier und Jetzt! Es war schon fast lustig, dass sich sein Opfer, welches er so lange verfolgt hatte, nun von selbst stellte. Und das nur um einen Inuyoukai zu schützen, für dessen Verletzungen sie selbst verantwortlich war. Warum tat sie das? Wegen Schuldgefühlen? Wahrscheinlich. Es gab ja einige Lebewesen, denen solche Sachen viel bedeuteten. Er würde so etwas nie verstehen…. Aber das war jetzt auch egal.

“Hast du es so eilig zu sterben?”, höhnte er stattdessen, “Willst du deinen Eltern so schnell ins Jenseits folgen?”

“Mörder!”, fauchte Ruan wütend, ehe sie auf ihn zustürmte. Nur Sekunden später trafen die beiden Klingen aufeinander, wurden sogleich gegeneinander gepresst. Die Gesichter der beiden Kontrahenten waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

“Ich werde nicht zulassen, dass noch jemand wegen deiner Machenschaften stirbt.”, hauchte die Mizuyoukai hasserfüllt, wobei sich ein leises Lächeln auf Fuyu’s Lippen schlich.

“Also darum geht es dir, kleine Youkai. Ich befürchte nur, dass du damit nicht allzu viel Erfolg haben wirst.”, flüsterte der goldenhaarige scheinbar fröhlich zurück und das war es, was Ruans ohnehin nicht allzu starker Selbstbeherrschung den Rest gab. Mit einem Mal flammte ihr dämonische Aura bedrohlich auf, während plötzlich aufkommende Winde an ihren Haaren zerrten. Langsam erhöhte sie den Druck gegen ihr Schwert, während ihre Fangzähne und Fingernägel sich langsam verlängerten, scharf wurden.

Überrascht blickte Fuyu zu seiner Klinge, als er eine Mischung aus Reißen und Unglück verheißendem Splittern hörte. Sofort erkannte er auch den Grund für dieses Geräusch. In beiden Schwertern zeigten sich bereits Risse. Die Waffen würden dieses Kräftemessen bestimmt nicht mehr lange aushalten. Und dann würde er ohne Waffe gegen Sesshoumaru bestehen müssen. Der Inuyoukai war zwar Geschwächt aber dennoch wollte er kein unnötiges Risiko eingehen.

Daher ließ auch er seine Dämonenaura aufflammen, drängte damit das durch Ruans Wut unkontrollierte Youki von ihr zurück.
 

Nur innerlich gab Sesshoumaru zu, dass er dieses Duell vor ihm mit gemischten Gefühlen betrachtete. Einerseits war er überrascht durch die entschlossenen Angriffe der Mizuyoukai und dennoch wusste er, dass sie nicht gewinnen konnte und genau das bereitete ihm ungewöhnlicherweise so etwas wie Unbehagen. Normalerweise wäre er schon eingeschritten doch wer wusste schon, ob er seinem Körper nachher noch die so dringend benötigte Pause würde geben können?

Doch als er sah, wie Ruans Youkaiaura langsam aber sicher von der Fuyu’s zurückgedrängt wurde, klärten sich das Mischmasch seiner Gefühle und ein einziges trat hervor. Sorge. Er wollte nicht, dass die Mizuyoukai hier unterlag, konnte es nicht zulassen. Das war das Einzige, was im Augenblick noch zählte!

Sekundenbruchteile später stand er auch schon neben Fuyu und Ruan, trennte mit Tokijin die Waffen beider voneinander, stieß den goldenhaarigen noch in der gleichen Bewegung zurück, wobei er seine Klinge mit Youki auflud.

Das Letzte, was Fuyu sah waren blau zuckende Blitze, die auf ihn zugerast kamen und ihn gänzlich zu umschließen schienen.
 

Fassungslos starrte Ruan auf dsa langsam verlöschende Licht Tokijin's Druckwelle. Selbst sie konnte spüren, dass die Aura ihres Gegners verschwunden war. Er war tot.

Langsam wanderte ihr Blick zu Sesshoumaru. Der Inuyoukai hatte sein Schwert wieder eingesteckt und selbst ein Fremder hätte gesehen, dass der weißhaarige Mühe hatte sich noch auf den Beinen zu halten. Langsam stiegen ihr die Tränen, die sie bis vor kurzem noch so entschlossen zurückgehalten hatte, wieder in die Augen. Es war vorbei, ja, aber zu welchem Preis? Es war noch immer alles ihre Schuld…. Und noch immer wusste sie nicht, ob ihr Bruder, ihr Bruder den sie eben erst kennen gelernt hatte, den Versuch ihr zu helfen überlebt hatte.

“Sesshoumaru…”, hauchte sie mit erstickter Stimme, während die letzten Ereignisse zuletzt doch noch ihren Tribut forderten und die Mizuyoukai sich der plötzlich auftauchenden, willkommenen Dunkelheit hingab.
 

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Hier ist das Kap auch schon zu Ende^^

Mit dem nächsten werd ich versuchen mich zu beeilenXD Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob das dann endgültig das letzte Kap sein wird oder ob ich es noch einmal aufteile....

Wer so lieb ist und mir n Kommi hinterlässt kriegt wieder ne ENS, wenn's weiter geht^^

Bye,

_Corchen_

Und plötzlich hieß es Ewigkeit

Das erste, was Ruan wahrnahm, war das sanfte Sonnenlicht, welches durch große Fenster in den Raum fiel. Nur langsam kehrte das Gefühl in ihre tauben Glieder zurück, wobei sie bemerkte, dass sie auf etwas weichem lag. Das musste wohl eine Art Bett sein, aber…?

“Ruan-chan!”, unsanft landete jemand direkt neben ihr und sogleich schob sich ein fröhliches Kindergesicht vor ihr Blickfeld. “Ruan-chan, du bist wieder wach!”

Überrascht spürte die Mizuyoukai, wie sich das schwarzhaarige Menschenmädchen mit diesen Worten an ihren Kimono drückte und versuchte sie mit ihren kurzen Armen regelrecht zu umklammern.

“Rin-chan….”, vorsichtig drückte die blauhaarige das Kind von sich, um sich dann langsam aufzusetzen. Sie war wieder in ihrem Zimmer, im Schloss des Westens, daran bestand gar kein Zweifel. Doch… wie war sie hergekommen? Das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war, dass sie auf der Lichtung gewesen war…. Zusammen mit Sesshoumaru und Fuyu…, dem nun toten Fuyu. Noch immer konnte sie nicht wirklich glauben, dass der goldenhaarige Youkai tatsächlich sein Ende gefunden hatte. Aber was war danach passiert? Irgendjemand musste sie doch hierher gebracht haben? Ob Sesshoumaru sie wieder mitgenommen hatte? Er war doch verletzt gewesen! Dank ihr….

Wie es ihm jetzt wohl ging…? Waren seine Wunden verheilt? Aber für so etwas brauchte es doch gewiss Zeit…. Und so lange konnte sie doch noch nicht hier gelegen haben, oder?

“Ich bin so froh, dass es dir wieder gut geht!”, beteuerte Rin in diesem Augenblick eifrig und umarmte die Mizuyoukai erneut stürmisch. “Ich hab mir ganz große Sorgen gemacht, als du so lange geschlafen hast!”

“Ist schon gut.”, erwiderte Ruan leise, ehe sie das Mädchen ebenfalls kurz an sich drückte. “Wie lange habe ich denn geschlafen?” Nur zögerlich kam diese Frage über ihre Lippen. Insgeheim fürchtete sie sich fast vor der Antwort. Warum, dass wusste auch sie selbst nicht.

“Einen ganzen Tag lang durch!”, antwortete die kleine prompt.

“Ach so.”, murmelte die Mizuyoukai verstehend, ehe sie sich innerlich wieder einem neuen Thema zuwandte. “Sag mal, wie…”

In diesem Augenblick wurde die Tür ohne Vorwarnung einfach geöffnet und Akiko trat mit einem großen Tablett ein. Als sie jedoch sah, dass Ruan wach war hielt sie einen Augenblick lang inne, wobei ihr das Tablett aus den Händen glitt. Es dauerte nur Sekundenbruchteile, ehe die braunhaarige diesen Fehler bemerkte und sich fast genauso schnell bückte um das Tablett noch aufzufangen. Mit einem leicht rosanem Schimmer auf den Wangen richtete Akiko sich daraufhin wieder auf.

“Verzeiht meine Ungeschicktheit, Ruan-sama. Ich war nur so erfreut darüber, euch wieder bei Bewusstsein zu sehen. Ich habe mir Sorgen gemacht.”

“Ist schon gut.”, wehrte die Mizuyoukai prompt ab. Warum musste die andere auch immer so höflich sein? “Weist du wo Sesshoumaru ist?”

“Soweit ich weis ist der Lord in seinen Gemächern.”, gab die Inuyoukai sofort und ohne zu Überlegen zurück.

Prompt schob Ruan Rin von sich, stieg aus dem Bett, wobei sie erleichtert feststellte, dass ihr Kimono seltsamerweise richtig saß und verließ einfach gleichermaßen wortlos und zielstrebig den Raum.

Leicht verwirrt sahen ihr die anderen beiden hinterher. Akiko war die erste, die sich wieder fing. “Nun, sie wird den Lord besuchen wollen.”, stellte sie einfach schulterzuckend fest. “Komm, Rin, ich habe dir etwas zu Essen mitgebracht.” Mit diesen Worten ging sie zu dem kleinen Tisch des Zimmers und stellte das Tablett, mit einem aufmunterndem Lächeln an das kleine Mädchen, dort ab.
 

Zur gleichen Zeit stand die Mizuyoukai nun doch leicht zögernd vor der Tür zu Sesshoumaru’s Gemächern.

Was, wenn er sie gar nicht mehr sehen wollte? Sie hatte ihn immerhin angegriffen, wenn auch unfreiwillig. Und dennoch wollte sie ihn sehen, unbedingt. Sie wollte wissen, wie es ihm ging, ob er ihr für ihr Handeln die Schuld gab.

Vorsichtig streckte sie die Hand nach der Tür aus. Noch immer kam kein Geräusch aus dem Raum dahinter und dennoch war sich die Mizuyoukai seltsam sicher, dass Sesshoumaru anwesend war. Kurz musste sie hart schlucken, ehe sie ihre Befürchtungen kurzzeitig zur Seite schob und die Tür aufschob, welche nur quälend langsam auf glitt. Fast dachte sie, dass Kratzen der schweren Holztür auf dem Boden ganz genau zu vernehmen, doch im nächsten Augenblick erschien ihr das wieder vollkommen unwichtig, denn dann sah sie ihn.
 

Der Inuyoukai blickte scheinbar gleichgültig durch eines der großes Fenster, welche die eine Seite des Raumes zierten, hinaus und schien sie nicht einmal zu bemerken. Zumindest ließ er in keinster Weise darauf schließen.

Dennoch wusste Ruan es besser. Sie kannte ihn immerhin schon lange genug, um sagen zu können, dass er sie einfach bemerkt haben musste. Und trotzdem schlug seine scheinbare Ignoranz hart auf ihre ohnehin schon angespannten Nerven. Fast war sie versucht, auf dem Absatz kehrt zu machen und den Raum so schnell wie möglich wieder zu verlassen, doch sie konnte sich noch im letzten Augenblick zusammenreißen. Wütend über sich selbst versuchte sie ihre Unsicherheit herunterzuschlucken, was ihr allerdings nicht ganz gelang.

“Sesshoumaru?”, fragte sie trotzdem leicht vorsichtig. Immerhin war sie zu ihm gegangen, da musste sie auch den Anfang machen.

Zuerst schien es jedoch fast so, als wolle der Inuyoukai auch jetzt nicht reagieren, doch dann drehte er sich leicht zu ihr um. Kurz schien er sie einfach nur zu mustern, wobei sich ein unangenehmer Kloß in Ruans Hals bemerkbar machte.

“Hast du dich entschieden?”, fragte der weißhaarige in diesem Augenblick scheinbar ruhig und dennoch war es der Mizuyoukai fast so, als könne sie einen interessierten Unterton in seiner Stimme wahrnehmen.

“Entschieden? Wofür?”, rutschte es ihr dennoch einfach so heraus. Wofür sollte sie sich denn entschieden haben? Und warum? Und seit wann fragte Sesshoumaru sie nach eine ihrer Entscheidungen?

“Nun, Fuyu ist tot…”, deutete der Inuyoukai einfach an. Eigentlich hatte er angenommen, dass sie ihn verstehen würde, aber offensichtlich hatte sie nie darüber nachgedacht, was der Tod des goldenhaarigen Youkai’s für sie bedeuten würde. Sie war nach wie vor Prinzessin des Ostens und mitsamt diesem Titel trug sie auch einen Teil der Verantwortung für ihr Land. Nun, wahrscheinlich war sie sich dessen aber nicht bewusst. Immerhin hatte sie selbst diesen Titel immer abgelehnt, wenn auch immer nur indirekt.

In diesem Augenblick bestätigten sich seine Vermutungen, als sie ihn nur weiterhin ratlos ansah.

“Deine Eltern waren die Herren des Ostens. Dein… Bruder hat bereits beschlossen, bald seinen Anspruch auf die Herrschaft dieser Ländereien Japans geltend zu machen. Auch du kannst deinen Platz dort einnehmen.”, klärte er sie daher gnädigerweise auf.

Kurz musste Ruan hart schlucken. Bedeutete das etwa, er wollte, dass sie ging? Nun, verübeln konnte sie ihm das nicht, nach all den Umständen, die sie bereitet hatte…. Dennoch machte sich bei dem alleinigen Gedanken ein stechender Schmerz in ihrem Herzen bemerkbar. Sie hatte erwartet, dass er wütend auf sie sein würde, aber nicht, dass er so weit gehen würde sie mehr oder weniger wegzuschicken….

Aber aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass dies auch gar nicht seine Absicht war. Hatte er sie am Anfang nicht gefragt, ob sie sich schon entschieden hätte? Sogleich stieg Hoffnung in ihr auf. Er ließ ihr also die Wahl? Sie konnte hier bleiben, wenn sie wollte? Hier, bei ihm?

Aber… hieß das dann nicht auch, dass sie ihren Bruder nicht mehr sehen würde? Sie kannte ihn doch noch gar nicht! Außer der Tatsache, dass er ihr das Leben gerettet hatte, wusste sie nichts von dem blauhaarigen Youkai. Und da sollte sie ihn jetzt schon im Stich lassen…? Wo er doch wahrscheinlich ihre Hilfe dringend benötigte? Immerhin dürfte es für ihn nicht gerade allzu leicht werden, den Osten unter seine Herrschaft zu bringen….

Nachdenklich biss sie sich auf die Lippe. Diese Entscheidung war wirklich alles andere als Leicht. Warum musste auch immer alles so kompliziert sein? Kaum hatte man das eine Problem beseitigt, tauchte auch schon das nächste auf! Es war wirklich zum verrückt werden!

Ihr Herz riet ihr, hier zu bleiben, bei Sesshoumaru. Immerhin hatten sie sich schon geküsst. Sie könnte sich also durchaus Hoffnungen machen…. Bei dem alleinigen Gedanken schoss ihr das Blut wieder in den Kopf und die Mizuyoukai beeilte sich, ihren Blick scheinbar interessiert aus dem Fenster zu richten, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Sie konnte sich nicht helfen, aber es machte sie immer noch nervös, wenn Sesshoumaru in ihrer Nähe war. Und sie brauchte jetzt einen klaren Kopf, um nachdenken zu können.

Ihr Verstand und vor allem ihr Gewissen rieten ihr nämlich hartnäckig, mit Hakobu zu gehen. Er hatte ihr doch schon das Leben gerettet. Sie war ihm also etwas schuldig und außerdem… woher sollte sie wissen, ob Sesshoumaru zuließ, dass sie weiterhin ständig bei ihm oder wenigstens in seiner Nähe blieb? Vielleicht würde er sie trotz allem irgendwann wegschicken? Aber… eigentlich konnte man sich bei so etwas ja nie sicher sein…. Also, warum kamen ihr plötzlich diese Gedanken?

,Weil ich keine der Entscheidungen mit mir vereinbaren kann.’, gab sie sich selbst die Antwort. Ja, sie war Hakobu etwas schuldig und er war ihr Bruder, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, dass er überhaupt existierte und es wäre wahrscheinlich das Vernünftigste, mit ihm zu gehen, aber dennoch wollte sie bleiben. Ihr Herz hing einfach zu sehr an dem weißhaarigem Inuyoukai, als dass sie ihn würde verlassen wollen und dennoch…. Die Entscheidung hier zu bleiben wäre wahrscheinlich mehr als nur selbstsüchtig von ihr.
 

Geduldig betrachtete Sesshoumaru, wie Ruan nachdachte. Diese Entscheidung fiel ihr offensichtlich schwerer, als er selbst angenommen hatte. Irgendwie versetzte es ihm einen leisen Stich ins Herz, dass sie so lange überlegte, auch, wenn er dies natürlich niemals zugegeben hätte.

Unmerklich wandte er den Kopf, als Hakobu plötzlich in der Tür auftauchte. Er und der Mizuyoukai hatten sich ziemlich lange unterhalten, während Ruan geschlafen hatte. Daher war der Inuyoukai jetzt auch nicht über das plötzliche Auftauchen des Anderen verwundert, sondern gab ihm nur mit einem fast unmerklichem Kopfnicken die Erlaubnis, einzutreten.
 

“Du bist unserer Mutter ziemlich ähnlich.”

Überrascht wirbelte Ruan herum, als sie plötzlich eine Stimme neben sich vernahm. Keine Sekunde später blickte sie auch schon in die dunkelblauen Augen ihres Bruders.

“Ähm…”, unsicher senkte sie leicht den Blick. Wie sollte sie sich jetzt verhalten? Was sollte sie sagen?! Sie kannte den anderen doch kaum!

In diesem Augenblick nahm Hakobu ihr diese Entscheidung allerdings schon ab, als er einfach weiter sprach.

“Es tut mir leid, dass ich mich bisher nie um dich gekümmert habe. Aber wie du dir sicherlich selbst denken kannst, habe ich nicht gewusst, dass du überhaupt noch lebst…”, kurz trat Stille ein, ehe der Mizuyoukai zu dem Schluss kam, dass Ruan in nächster Zeit wahrscheinlich nicht allzu viel von sich geben würde. Dann sollte er die Sache hier möglichst schnell von der Bühne bringen. Immerhin sollte er heute Abend noch in den Osten aufbrechen, wenn er verhindern wollte, dass in seinen nun führungslosen Ländereien das totale Chaos ausbrach. Dementsprechend musste und würde er gehen, auch wenn es ihm leid tat, dass er so wieder eine Chance verpasste, seine eigene Schwester wirklich kennen zu lernen.

“Ich weis, ich habe nicht das Recht, irgendetwas von dir zu verlangen, aber dennoch würde ich dich gerne um etwas bitten.”, setzte er in diesem Augenblick leicht zögerlich an.

“Wie du sicherlich weist ist es immer wichtig, diplomatische Beziehungen aufzubauen… und, nun ja, eine Heirat…”

Nein!”, unwirsch viel ihm Ruan ins Wort. Sie blickte ihm mit einem Mal direkt in die Augen. Bisher hatte sie ganz natürlich angenommen, dass sie Hakobu würde leiden können, doch jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher. Er konnte doch nicht ernsthaft von ihr verlangen zu Heiraten! Wahrscheinlich hatte er sogar schon irgendeinen Mann ausgesucht, den sie nicht einmal kannte! Niemals würde sie das mit sich machen lassen! Er hatte es selbst gesagt: Er hatte nicht einmal das Recht irgendetwas von ihr zu verlangen! Sie würde hier bleiben! Er konnte dann doch irgend so eine Youkai heiraten, die ihm seine diplomatischen Beziehungen aufbaute! Aber ohne sie!

“Ich werde hier bleiben!”, warf sie ihm aufgebracht entgegen.

“Aber es verlangt von dir doch niemand, wegzugehen.” Innerlich grinsend sah Hakobu zu, wie Ruans Wut sich daraufhin förmlich in Luft auflöste.

“Was…?”, unsicher sah die Mizuyoukai zwischen ihrem Bruder und Sesshoumaru hin und her, hoffend, dass einer ihr eine Antwort auf ihre unausgesprochene Frage geben würde. Allerdings schien weder der Inuyoukai noch der blauhaarige gewillt zu sein, ihr diesen Gefallen zu tun…. Daher begann sie innerlich damit, ihre Gedanken wieder halbwegs zu ordnen.

Hakobu verlangte also nicht von ihr, hier wegzugehen und gleichzeitig sprach er von Heirat? Wen sollte sie seiner Meinung nach also heiraten?

Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu Sesshoumaru hinüber.

Soweit sie wusste, hatte er auch von Diplomatie gesprochen und als Fürst des Westens war der Inuyoukai wahrscheinlich derjenige, mit dem man sich als erstes würde “Gutstellen” müssen, wenn man als Fürst anderer Länderein an Diplomatie dachte….

Aber…, konnte das sein…?

Unsicher flackerte ihr Blick zu Hakobu hinüber. Fantasierte sie jetzt schon oder sah sie eine Art von Zustimmung ins einen Augen?

“Es ist deine Entscheidung, Ruan. Allerdings solltest du wissen, dass du wohl die erste Frau sein dürftest, um deren Hand der Lord des Westens angehalten hat.”, klärte der blauhaarige sie auf.

Wie erstarrt starrte die Mizuyoukai ihn einfach an, ehe die Bedeutung der Worte zu ihr vordrang und sie sich langsam zu Sesshoumaru umdrehte. Er hatte um ihre Hand angehalten?! Er wollte sie zur Gefährtin?! Bei diesem Gedanken klopfte ihr das Herz heftig gegen die Brust. Eine schiere Welle von Gefühlen schwemmte über sie hinweg, raubte ihr jeden klaren Gedanken, während ihr Magen Purzelbäume zu schlagen schien.

Sie musste wohl zu ihm gelaufen sein, denn in diesem Augenblick fand sie sich auch schon in Sesshoumaru’s Armen wieder und augenblicklich verlor die Welt um sie herum jegliche Bedeutung.

Sie bemerkte nicht einmal mehr, wie Hakobu leise lächelnd den Raum verließ während ihre Hände sich um den Nacken des Inuyoukais schlangen. Mit einem Mal war alle Scheu und alle Unsicherheit vergessen. Es zählten nur noch sie beide. Sie und Sesshoumaru. Verträumt blickte sie ihn an. Wahrscheinlich hätte Ruan nicht einmal mehr etwas gemerkt, wenn in diesem Augenblick die Welt untergegangen wäre, so sehr war sie von den goldenen Augen ihres Gegenübers eingenommen. Irrte sie sich, oder war in ihnen eine gewisse Wärme zu erkennen? Aber war das jetzt nicht auch egal? Sie wusste, für wen ihr Herz schlug und nun endlich wusste sie, dass auch er nicht mit ihr spielte, es wahrscheinlich niemals getan hatte.

Und als sich ihre Lippen endlich trafen, da wusste sie, dass sie für immer bei ihm bleiben würde.
 

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ENDE!
 

So, ich hoff, dass das letzte Kap halbwegs gelungen ist…. ^^ Enden zu schreiben ist für mich ehrlich gesagt ziemlich schwierig…^^”

Nya, jedenfalls bedank ich mich jetzt auch mal bei allen, die die Story gelesen haben und ganz besonders bei denen, die mir immer ihre Meinung da gelassen haben. Eure Kommies waren immer sehr aufbauend und haben mich dazu animiert immer weiter zu schreiben! Also, ein ganz großes Danke an euch alle!

Bye,

_Corchen_
 

P.S.:

So, am Ende ist ja noch n bisschen Platz für Werbung^^

Ich hab momentan noch drei weitere FFs bei Animexx am laufen.

Zwei davon haben wieder ein Sess&eigener Chara-Pairing. Die beiden heißen “Assassine” und “Verwobenes Schicksal”.

Dann hab ich noch ne dritte, die “Vergiss mein nicht” heißt. Die FF hat als Pairing Sess&Kago und ist im allgemeinen etwas… dunkler gehalten.

Wenn ihr noch Lust habt, könnt ihr ja mal bei den(oder einer) FF vorbeischaunXD



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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  cindy-18
2013-06-19T10:36:43+00:00 19.06.2013 12:36
sweet
Von:  cindy-18
2013-06-18T19:56:05+00:00 18.06.2013 21:56
die Story ist bis jetzt echt klasse
Von:  cindy-18
2013-06-18T18:16:16+00:00 18.06.2013 20:16
uhhh voll tollig geschrieben
Von:  cindy-18
2013-06-18T15:51:27+00:00 18.06.2013 17:51
sie hats endlich geschafft sich etwas besser mit ihren Kräften auseinander zu setzen
Von:  cindy-18
2013-06-18T15:23:31+00:00 18.06.2013 17:23
sessy ist voll fies die arme ruan
Von:  cindy-18
2013-06-18T14:55:33+00:00 18.06.2013 16:55
das war super geschrieben
Von:  cindy-18
2013-06-18T14:28:00+00:00 18.06.2013 16:28
ich freu mich aufs nächste Kapitel
Von:  cindy-18
2013-06-18T11:20:54+00:00 18.06.2013 13:20
Ich bin gespannt wies weiter geht
Von:  cindy-18
2013-06-18T10:57:36+00:00 18.06.2013 12:57
ich freu mich aufs nächste Kapitel
Von:  cindy-18
2013-06-18T10:16:59+00:00 18.06.2013 12:16
also mir hat er gefallen


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