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Zeitlos

Hinter verschlossenen Türen
von

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Tristan, der Rebell

Tatsächlich trug Blaire immer noch ihre Jeans, das gelbe Top und die Hausschuhe mit den Hundeplüschköpfen, alles in allem betrachtet die Unauffälligkeit in Person. »Lass uns gehen bevor hier noch weitere Aufmerksamkeit erregen« sagte er und beäugte vorsichtig ihre Umgebung ehe er einem der Männer die Zügel übergab und ihm mit einem Nicken bedeutete sich unauffällig unters Volk zu mischen.
 

Sie durchquerten einige Straßen und bogen schließlich in eine schmale Seitengasse ein. An einer verwitterten Tür hielten sie an, und nach einem Klopfen Tristans und einem misstrauischen Blick aus dem Türspalt wurden sie ins Haus gelassen.
 

»Ich dachte schon sie hätten dich geschnappt« erklang die Stimme eines Mannes im Vorübergehen. Erst jetzt trat die Gestallt aus dem Halbschatten sodass sie sein Gesicht ausmachen konnte. Es war ein alter Mann, seine Haare waren in den Jahren grau geworden und wurden am Hinterkopf von einer Schleife zusammengehalten.
 

Er machte alles in allem einen recht ordentlichen Eindruck wobei seine blauen Augen zuerst sie, dann Tristan überrascht ansahen. »Geschnappt schon, nur nicht lange genug festgehalten« entgegnete er mit einem merklichen Grinsen. Was der alte Mann mit einem Grinsen seinerseits sogleich erwiderte. Sie traten durch den Flur in einen Raum der im hinteren Teil des Hauses lag.
 

Eine Kerze wurde entzündet und erhellte den Raum in dem sie sich nun befanden. Dieser war zum bersten angefüllt mit Stoffen, Schüsseln und darin herumkullernden Nadeln und erinnerte sie im großen und ganzen an eine etwas mittelalterliche Schneiderei, was auch im nächsten Augenblick durch die zahlreichen Kleidungsstücke in einer der Ecken bestätigt wurde. »Also was kann ich heute für dich tun, mein Junge« sagte der Mann immer noch grinsend an einem der Holztische lehnend.
 

»Ich brauche ein Kleid« sagte Tristan ohne jegliche Umschweife und warf dem Alten einen etwas fordernden Blick zu. Der Mann der dies mit einem ämusierten Blick seinerseits auffasste kramte ein Maßband aus einem der umstehenden Körbe und trat an Tristan heran. »Wie du willst, deine Maße?« sagte er leicht die Stirn runzelnd und zückte sein Maßband.
 

»Nicht für mich du Spinner, für sie!« antwortete er etwas gereizt und deutete auf Blaire die neben einem der Tische stand. »Ohh…wie dumm von mir, und sie ist?« sagte der Mann, mit sichtlichem Interesse daran es zu erfahren. »Eine Freundin« kam Tristan Blaire zuvor.
 

»Eine Freundin, soso also soll das Kleid für einen bestimmten Anlass…?« entgegnete er und beäugte Blaire mit beiläufigem Blick. »Nein, ein schlichtes Kleid.
 

Wenn möglich nicht zu auffällig« sagte Tristan Blaire nicht aus den Augen lassend. »Ahhh schon wieder in Schwierigkeiten« worauf der Mann durch seine Bemerkung den bösen Blick Tristans auf sich zog.
 

»Ja, ich denke da habe ich etwas passendes« entgegnete er eilig, nahm Blaire am Arm und führte sie in einen der Nebenräume. »War es das…nein das war es auch nicht, das auch nicht!« Wo kann es nur sein?« murmelte er immer wieder in den Innenraum eines was wohl an einen großen Schrank erinnern sollte hinein.
 

Nach endlosen Wo, wieso und warum zog er schließlich ein blassblaues Leinenkleid hervor und reichte es Blaire.
 

»Sie können sich dort umziehen« sagte er und deutete auf eine kleine Tür, in welcher sie auf sein Drängen hin auch verschwand. Tristan der mittlerweile ungeduldig in dem mit Stoffen angefüllten Zimmer auf und ab ging wurde durch die plötzliche Bemerkung seines Freundes unterbrochen, welcher mit seiner Arbeit sichtlich zufrieden in der Tür stand. »Ich wusste doch es passt zu ihren Augen« Nachdem sie auch die mitunter passenden Schuhe gefunden hatten, was bei ihrer momentanen Wahl nicht allzu schwer gewesen war trafen sie sich allesamt am Marktplatz des Dorfes an einem der Stände wieder, um ihr weiteres Verfahren zu besprechen.
 

»Wir haben noch gute 3 Stunden bis Sonnenuntergang, dann treffen sich alle im Gasthof zum „Besoffenen Engländer“ sagte Tristan an die Männer gewandt und sah zuerst sie dann Blaire an.
 

Unter anderen Umständen hätte sie der Name des Gasthofes stutzig gemacht, doch in diesem Land schienen die Engländer eher unerwünschte Gesellen zu sein was ihnen Blaire in keinster Weise verübeln konnte.
 

Die Sorte Engländer die sie bis jetzt getroffen hatte waren alles andere als angenehme Zeitgenossen. Sie selbst hatte keine guten Bekanntschaften mit den Engländern gemacht, wieso sollte es den Bewohnern der übrigen Dörfer anders ergangen sein? Ehe die Männer das Gesagte mit einem Nicken ihrerseits bestätigt hatten, hatte Tristan auch schon Blairs Arm ergriffen und zog sie mit sich fort.
 

»Warte! Jetzt warte doch mal, wo gehen wir hin?« rief Blaire und versuchte so gut es ging mit seinen schnellen Schritten mitzuhalten. Abrupt hielt er an sodass sie beinahe gegen ihn gestoßen wäre hätte sie nicht im letzten Moment anhalten können. Vor ihnen ragte ein eher heruntergekommenes Haus auf. »Was wollen wir hier?« sagte Blaire und sah ihn aus fragenden Augen heraus an. »Wir besuchen ein paar alte Freunde von mir« entgegnete er und schob ein Stück morsch gewordenes Holz beiseite.
 

Er trat in den dunklen Raum des Hauses, Blaire die ihm inzwischen gefolgt war dicht im Rücken. Das Haus war allem Anschein nach schon seit längerem nicht mehr als solches genutzt worden, und erinnerte sie eher an ein Geisterhaus. Vor ihnen erhoben sich die vom Staub ihrer ehemaligen Farbe beraubten Möbel und nur ein schmaler Lichtspalt fiel durch die Decke und ließ so den Raum in schwachem Licht erstrahlen. Sie trat näher an eines der Regale, welche vor ihr lagen und blickte zu dem Ölgemälde auf das über ihr thronte.
 

Es zeigte einen Mann und eine Frau, an ihrer Seite zwei kleine Mädchen an der Zahl, der Rest des Gemäldes hing in Fetzen herunter. Bei genauerem Betrachten stellte sie fest das ihr unter den Fetzen des Bildes, die blauen Augen eines kleinen Jungen entgegenstrahlten.
 

Ein Lichtstrahl fiel durch das undichte Dach und erleuchtete das Gesicht des Jungen. Sie konnte ihre Verwunderung nicht verbergen. »Das ist doch…« wollte sie ihren Gedanken Ausdruck verleihen, als sie ein plötzliches Ächzen hinter sich vernahm und Tristan neben ihr auftauchte. »Es ist wirklich lange her seit ich das Letzte Mal hier war« sagte er leise, fast schon kaum hörbar und trat einen Schritt näher an sie heran.
 

Sie wand sich zu ihm um und sah wie sein Blick das Gemälde streifte ehe er langsam die Hand hob und behutsam über die Gesichter auf dem Bild strich. Sie bemerkte wie seine Züge einen weicheren Ausdruck annahmen und sich dann seine Hand zusammen mit seinem Blick senkte. Ohne dass sie etwas sagen musste, spürte er das Unausgesprochene zwischen ihnen.
 

Blaire sah wie sein Blick immer weiter zurückzugehen schien, in eine Zeit die sie nicht kannte, eine Zeit die ihr noch fremder erschien als die in der sie sich jetzt befand. Mit einem Mal begann er zu sprechen » Es war vor ungefähr 8 Jahren, meine Schwestern und ich waren schon zu Bett gegangen als vom Zimmer meiner Eltern her Schreie ertönten.
 

Es war die Stimme meines Vaters, dann ertönten Schüsse. Kurz darauf kam meine Mutter ins Zimmer gestürmt meine Schwestern an den Händen.
 

Sie sagte zu uns, wir sollten uns verstecken da kamen auch schon die Soldaten ins Zimmer gestürmt. Sie packten meine Mutter und meine Schwestern und nahmen sie mit sich…nur ich konnte fliehen«. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt als er nach einer Weile fortfuhr » Am nächsten Morgen waren die Soldaten verschwunden, mit ihnen meine Mutter und meine Schwestern.
 

Seit damals bin ich auf mich allein gestellt, mein Onkel hat mich aufgenommen und naja ich schätze dann ist alles so gekommen wie es gekommen ist. Die Engländer sind bei uns einmarschiert und mit ihnen kamen all die schmerzhaften Erinnerungen zurück die ich seit jenem Tag vor 8 Jahren versucht habe zu verdrängen. Seitdem habe ich mir eines geschworen: Ich werde nie wieder jemanden einfach so verlieren« Ohne zu zögern ergriff Blaire seine Hand und drückte diese tröstlich als sich ihre Blicke begegneten. Sie wusste nicht wie lange sie einfach nur schweigend nebeneinander standen als dann plötzlich das Läuten der Kirchenglocken ertönte.
 

Rasch ergriff er ihre Hand und zog sie mit nach draußen. Die frische Luft draußen überkam sie und löste den erdrückenden Geruch welcher im Haus geherrscht hatte. Mittlerweile war es dunkel geworden. Gedankenversunken rannten sie die Gassen hinab, sie dachte an das was er gesagt hatte bis sie plötzlich einen hell erleuchteten Gasthof vor sich auftauchen sah.
 

Blaire blieb eine Sekunde stehen, es gab wohl kein Wort welches das Gebäude schlechter beschrieben hätte und auch nachdem sie zusammen mit Tristan kurze Zeit später hinein getreten waren hielt sie an der Überzeugung fest, das dies wohl eher einer Kneipe als einem Gasthof glich. Der Eingang wurde von Kerzen beleuchtet, die verspielt ihre Schatten an die Wände des Gemäuers warfen. Mit leuchtenden Augen folgte sie den Schatten welche in jenem Moment tanzend über die Steine glitten.
 

Beinahe lautlos traten sie in den mittlerweile überfüllten Raum des „Besoffenen Engländers“, in dem es entsetzlich nach Alkohol und Rauch stank. Mit Mühe versuchte Blaire in der Menschenmasse vorwärts zu kommen, doch die Umstehenden stießen sie durch die Reihen und ließen ihr so kaum Luft zum Atmen. //Was wollen wir hier?// schoss es ihr durch den Kopf als sie weiter nach vorne gestoßen wurde. Sie sah auf die Leute welche um sie herum standen, allesamt einen Krug Weinbrand in der Hand. Diese wurden sogleich erhoben als ein junger Mann auf das hölzerne Podest in der Mitte des Saales trat.
 

Bei genauerem Hinsehen erkannte sie Tristan, aber was wollte er hier und wo waren die anderen? Als habe er ihre Gedanken gelesen fing er ihren Blick auf und nickte in eine Ecke des Raumes in der der Rest der Gruppe saß und damit beschäftigt war sich Geld in einem der vielen Kartenspiele abknöpfen zu lassen. Doch er hatte keine Zeit, dass musste wohl oder übel warten denn jetzt verlangte etwas anderes seiner vollen Aufmerksamkeit.
 

Als er die Rede begann wurde Blaire mit einem Mal klar das Tristan anders war als sie ihn bisher eingeschätzt hatte. Er war ein Rebell, Tristan war ein Rebell im Kampf gegen die Unterdrückung der englischen Krone und dessen Anhängern. Aufmerksam versuchte sie der Bedeutung und dem Sinn seiner Worte zu folgen, doch die Unruhe im Raum wuchs mit jedem weiteren Satz bis schließlich alles in einem einzigen Jubelschrei untergegangen zu sein schien.
 

Nach einer dreiviertel Stunde, so schätzte sie da sie wohl kaum darauf hoffen konnte dass ihre Uhr nach dem Zeitsprung noch funktionierte hatte Tristan seine Rede beendet. Von hier und da kamen anerkennende Worte und Lobeshymnen der Leute die ihm ihre volle Unterstützung versichert hatten.
 

Dort und da wurde ihm zu Trinken und zu Essen angeboten und auch die Zahl seiner Verehrerinnen schien sichtlich zuzunehmen. Als sich Tristan endlich aus den Reihen seiner Anhänger und Bewunderer hatte befreien können trat er auf Blaire und auf den Mann zu der nun hinter ihr mit einem Krug Weinbrand aufgetaucht war.
 

»Ich lass euch dann mal allein!« sagte er in leicht sarkastischem Unterton ehe er sich ins allgemeine Getümmel der Massen mischte, was wohl kaum mit dem nötigen Anstand denn der Tatsache zu tun hatte das er sich einer seiner zahlreichen Verehrerinnen annehmen wollte von dem man wenn man den Worten Canáds, dem Weiberhelden der Gruppe Glauben schenken konnte in jedem Dorf mehr als genug hatte. Seufzend rollte Blaire die Augen. Tristan wand sich kurzerhand nach ihm um, als er diesen jedoch mit einem inzwischen neu gereichten Krug Weinbrand in der Menge verschwinden sah richtete er seine Aufmerksamkeit wieder Blaire zu.
 

»Wo warst du? Wir haben dich gesucht« sagte er mit ernster Stimme, die ihm eine leichte Röte ins Gesicht steigen ließ. »Ich…nun ja…« sagte sie leicht stotternd und sah ihn an. »Nun denn, dann lass uns zu Bett gehen wir haben morgen früh einiges zutun« entgegnete er nahm sie an der Hand und stieg die Treppe die ins obere Stockwerk führte, und in dem Getümmel kaum zu sehen gewesen war hinauf.
 

Schweigend folgte sie ihm als er innehielt und vor einer Tür stehen blieb. »Hier wirst du heute Nacht schlafen« sagte er knapp und stieß die Tür des Zimmers auf.
 

In dem Zimmer standen ein kleines Holzbett und ein Nachttopf, dessen Anwesenheit Blaire jedoch lieber sofort wieder vergessen hätte. Das Zimmer wirkte im Großen und Ganzen recht gemütlich, wenn man die allgemeine im Land herrschende Armut berücksichtigte doch das war in diesem Moment nicht so wichtig. »Tristan« sagte sie und trat einen Schritt auf ihn zu.
 

Er sah kurz in ihre Richtung, ihre Blicke trafen sich kurz dann wand er sich um und verschwand lautlos durch die Tür.
 

Blaire ließ sich neben der nun geschlossenen Tür auf den Boden sinken und lauschte den Geräuschen die von unten her hinauf in die Stille des Zimmers drangen. Sie wollte schlafen konnte aber nicht, zuviel schwirrte ihr im Kopf herum als das sie einfach hätte einschlafen können.
 

Wie sich nach kurzer Zeit herausstellte war ihr Körper nicht derselben Auffassung wie ihr Kopf. Und so beschloss sie die Geräusche wieder sich selbst zu überlassen und glitt in die Welt der Träume über.



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