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Out Of Reach

Seto x Joey
von

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Welcome To The Silence

Titel: Out Of Reach

Teil: 1/6

Fandom: Yu-Gi-Oh!

Pairing: Puppyshipping (Seto x Joey)

Warnings: Shounen-ai (don’t like, don’t read), “Lime”

Genre: Romantik, Epik, light Drama, Erotik, Shounen-Ai

Autor: monophobie

Disclaimer: Mister Seto Kaiba und Joey gehören natürlich Kazuki Takahashi. Ich erhebe hiermit keinen Anspruch auf sie und verdiene auch kein Geld mit dem Schreiben solcher Geschichten.

A/N: Alte/neue Liebe, einen Monat Akkord-Arbeit, mal kein alternatives Universum und soviel Herzblut in dieser Geschichte; Das wird ein dickes Kommentar. Mehr dazu allerdings im Nachwort. Kommentare, Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge sind gern gesehen.

Widmung: Gizzy, meine Liebe, da du der erste Stoß in die richtige Richtung warst.
 

Nun viel Spaß mit:
 

1. Welcome to the silence.
 

Ein Gefühl von Befreiung quoll in seinem Inneren auf, Erleichterung. Gewissheit.

Die Straße um ihn herum war voller Menschen und ihre Gesichter strahlten, als gäbe es keine schlechten Tage. Die Welt war noch in ihren Fugen und Seto Kaiba noch immer er selbst.

Er wusste, was er getan hatte. Er beschönigte nichts, versuchte es nicht zu verschleiern. Die nackte, pure Wahrheit lag vor ihm ausgebreitet.

Er kannte die Antwort, er wusste, wie er das Puzzle vervollständigen könnte.

Er war bereit, das letzte Teil hinzuzufügen.

Es konnte doch gar nichts schief gehen.

Dort wo alles begonnen hatte, da würde seine Suche ein Ende finden.
 

Tief seufzend und die bleischweren Lider wieder hebend, sah Kaiba über seinen Tisch zu der Uhr in der Ecke seines Laptopdisplays. 16 Januar, 23.38 Uhr. Draußen war es bereits dunkel und selbst die Lichter der Straßenlaternen, der Autos und Werbereklamen erreichten den obersten Stock des Firmengebäudes der Kaiba Corp. nicht.

Nur der Laptop flimmerte in einem unerträglich hellem Blau vor Kaiba, die Schreibtischlampe knipste er mit einer flüssigen Bewegung aus. Das war zu hell, viel zu hell für diese späte Uhrzeit. Er sollte schlafen gehen, ja, das sollte er zur Abwechslung wirklich einmal tun. Denn er war müde, so unerträglich müde von diesem ganzen Alltag.

Morgen hätte er schon wieder eine Besprechung nach der Anderen, Produktvorführungen, dann ein Meeting mit einem Mann, dessen Firma er übernehmen würde, er müsste die Kalkulationen zur Jahresbilanz langsam anfangen zu bearbeiten, den Winter- und Weihnachtsverkauf berec...

Tief einatmend rieb er sich die Schläfe einen Augenblick, bevor er über das Tastfeld seine Limousine anforderte.

Er war so unerträglich müde von diesem Alltag. Er sollte wirklich schlafen gehen, obendrein vielleicht auch einmal seinen Arzt aufsuchen, denn diese Kopfschmerzen wollten und wollten nicht besser werden.

Morgen. Morgen hätte er sicherlich Zeit dafür.
 

Diese Kopfschmerzen hatten ihn drei Stunden seines Schlafes geraubt und der anschließende Arztbesuch abermals eine halbe Stunde seines Tages. Das Resultat überzeugte ihn unterdessen auch nicht.

„Mr. Kaiba, ich kann ihnen nur sagen, was ich Ihnen schon seit Ewigkeiten sage. Sie sollten ein wenig kürzer treten und sich Entspannung und Erholung gönnen. Dieser dauerhafte Stress bekommt Ihnen nicht.“, ermahnte ihn Kaibas Arzt und verschrieb ihm dabei dennoch erneut ein paar Tabletten gegen Migräne. Unbeeindruckt sah Kaiba ihm dabei zu, knöpfte den letzten Teil seines Hemdes zu, bevor er sich aufrichtete und seine Jacke ergriff.

„Verschreiben Sie mir einfach stärkere Tabletten.“, sagte er, noch während des Anziehens, woraufhin sein Arzt wieder resignierend seufzte.

„Mr. Kaiba, ich meinte das bei Ihrem letzten Besuch durchaus ernst, dass Sie vielleicht einmal eine Masseurin aufsuchen oder in ein Spa eintreten. Es könnte Ihrer Gesundheit nur dienlich sein.“

Kaiba allerdings schien nicht allzu viel von dieser Idee zu halten, nahm seinen Aktenkoffer, während er sich schon fast am Hinausgehen dem Arzt zuwand, „Damit ich anschließend in der Klatschpresse Gerüchte lesen kann, die eben solche vertrauensvollen Personen erfinden? Nur weil sie dichter als andere in meine Privatsphäre dringen dürfen? Nein, danke.“ Als er bereits gehen wollte, hielt sein Arzt ihm allerdings eine Visitenkarte hin.

„Sollte Anonymität Ihr größtes Problem bei dieser Sache sein, ist es schnell auszumerzen. Ich bitte Sie, Mr. Kaiba, eine Stunde dort und dann sehen Sie weiter ob dies nach Ihrem Geschmack ist oder nicht. Ich denke das wird sich doch einrichten lassen?“, Kaibas Arzt schien es durchaus ernst zu meinen, drückte Kaiba das Kärtchen in die Hand. Der betrachtete es nur kurz, bevor es in die Manteltasche verschwinden ließ und er zur Tür hinaus ging.

„Guten Tag, Doktor.“, war die Verabschiedung, bevor er wieder hinaus in seine Limousine stieg.

Fast eine Stunde vertrödelt für ein Resultat, dass sich nicht beheben ließ. Der Tag konnte ja nicht besser laufen.

Kaiba spürte bereits die Kopfschmerzen aufkeimen, griff in seine Manteltasche für ein paar Tabletten und die Visitenkarte, die ihm der Arzt gegeben hatte. Während er zwei kleine, weiße Pillen hinabschluckte, fuhr er über die geprägte Schrift der schwarzen Karte.

„House Of Silence“ – Klangvoller Name für ein Massagestudio. Es war eine Telefonnummer darauf, eine Website-Adresse und die Adresse des Studios selbst. In geschwungenen Buchstaben stand auf der letzten Zeile „Es gibt vielerlei Arten von Lärm. Aber nur eine Stille.“. Schön zitiert. Doch was sollte man damit anfangen? Ein Massagestudio mit Bibliotheken-Flair?

Mit einem amüsiertem Schnauben fischte Kaiba nach seinem Laptop, klappte ihn auf und tippte die Adresse des Studios ein. Der Bildschirm färbte sich schwarz, dann erschien im Zentrum ein Tropfen, fiel und zog Kreise in der schwarzen Flüssigkeit, die dabei leise Klänge abgab. Nett animiert. Und weiter?

In den kleiner werdenden Kreisen bildete sich langsam eine graue Schrift, die ein Passwort verlangte. Etwas kleiner darunter stand, dieses wäre auf der Visitenkarte zu finden, die somit eine exklusive Einladung war.

Die Stirn gerunzelt und etwas skeptischer als vorher nahm Kaiba wieder die Karte, besah sie sich ein erneutes Mal, etwas gründlicher. Er fand auf den ersten Blick aber kein Passwort oder Code, nur die Telefonnummer und Adresse und das wäre wirklich das dümmste Passwort, was er je gesehen hätte. Mit dem Daumen strich er hinten vorsichtig über die raue Fläche, erfühlte etwas und wand die Karte ein wenig im Licht. Kaum sichtbar, aber vom Sonnenlicht reflektiert, erkannte er einen fünfstelligen Zahlencode, den er schließlich eintippte.

So ein großer Aufriss für eine Internetseite? Vielleicht hatte der Doc. ihm ja doch etwas außergewöhnliches empfohlen.

Ein erneuter Tropfen führte Kaiba weiter, zur richtigen Homepage des Studios. Die Aufmachung hätte wirklich besser sein können und was sollte diese lächerlichen Wasserlilien überall? Er lehnte sich zurück, überflog den Begrüßungsbildschirm.

„Willkommen Außererwählter.“ Na das fing ja gut an. Hatte Yugi nach Abschluss der Schule ein Massagestudio aufgemacht? Klang ganz nach dem Knirps und der Idiotentruppe. Aber was verschwendete er nach vier Jahren überhaupt noch einen Gedanken an diese Leute? Sie waren schließlich endlich aus seinem Leben verschwunden.

„Konzentrier dich, Seto.“, ermahnte sich Kaiba selbst, bevor er weiterlas:

„Dieser Service muss Ihnen von einem Mitglied unseres Studios nahe gelegt worden sein, der, wie Sie auch, eines sehr schätzen muss: Anonymität. In diesen Zeilen möchte ich Ihnen näher bringen, was das Konzept unserer speziellen Behandlung ist.“

Kaiba runzelte die Stirn leicht, scrollte tiefer. Er musste zugeben, ein wenig neugierig war er nun schon, was an diesem Massagesalon so besonders sein sollte.

„Unser Studio ist ein exklusiver Club für die Menschen, die Entspannung benötigen, denen es aber auf Grund von gesellschaftlichem Druck nicht vergönnt ist diesen ohne Risiko einzugehen.“ Menschen wie er. Mitten ins Schwarze. „Unser Salon spezialisiert sich darauf Entspannung im höchsten Maß zu gewährleisten ohne dabei die Anonymität eines jeden Einzelnen anzugreifen. Keiner unserer Kunden wird sich je in unserem Hause begegnen oder sehen, es sei denn dies sei erwünscht. Gleichzeitig wird gewährleistet, dass unser gut ausgebildetes Team nie erfährt, wer ihre Kunden genau sind. Wir garantieren somit das höchste Maß an Namenlosigkeit in diesem Gewerbe. Sollte nun Ihr Interesse geweckt sein, scheuen Sie sich nicht uns telefonisch zu kontaktieren. Die Leitungen sind nicht nachzuvollziehen, es besteht keine Gefahr der Überwachung.“

Mit einem dunklen Brummen verschränkte Kaiba die Arme. Wie um alles in der Welt sollte das funktionieren? Massiert werden, ohne dabei den Anderen zu sehen? Wenn dies schließlich ein Salon für die Bekannten waren, die die Presse scheuten, waren diese doch auch prominent. Wie sollte eine Masseurin ihn nicht erkennen? Mit Maske? Sack über dem Kopf? Oder Augen verbunden? Lächerlich. Aber durchaus interessant zu erfahren.
 

Kaiba sah kurz aus dem Fenster. Es war noch ein wenig Zeit, bis er bei der KC ankam, also konnte er wohl noch ein wenig forschen.

Er klickte weiter auf der Website umher, besah sich Bilder der wirklich stilvollen Einrichtung des Studios, verschaffte sich dann Anschließend einen Überblick über alle Angebote und die Masseure. Natürlich gab es weder Fotos noch Namen, nur der Bericht, dass alle jung waren und meist recht frisch von der Ausbildung. „Somit also mit den neusten Techniken und gesundheitlichen Folgen vertraut. Wir garantieren gut ausgebildete Mitarbeiter, die von uns noch extra geprüft worden um Ihnen die größt mögliche Entspannung zu garantieren.“, las Kaiba und besah sich die Profile.

Alter, Geschlecht, Jahre der Ausbildung, Spezialisierungen, Erfahrungen. Es schien als könnte man sich den Masseur frei wählen, auch wenn mal wohl nie erfahren würde, ob die Person ein deformiertes Antlitz hatte oder nicht. Aber das glaubte Kaiba nicht. Das wäre wohl nicht der Stil dieses Massagestudio. Er hoffte nur auch, dass dieses ganze mysteriöse Gehabe nichts mit dem horizontalen Gewerbe zu tun hatte. Das wäre dann wiederum nicht Kaibas Art.

Mit einer flüssigen Bewegung zückte er sein Handy aus der Hosentasche, wählte die Nummer der Visitenkarte. Kein Freizeichen später meldete sich bereits eine freundlich und verlässlich klingende Frauenstimme: „Massagestudio ‚House Of Silence’, Rezeption. Um Ihre Diskretion zu wahren, beantworten Sie meine Fragen bitte kurz und bündig.“

Kaiba hatte den Mund bereits geöffnet, Macht der Gewohnheit, doch er holte nur tief Luft und lauschte auf die Stimme, „Ist dies Ihre erste Kontaktaufnahme mit unserem Haus. Bitte antworten sie mit ‚Ja’ oder ‚Nein’.“

Kaiba antwortete ein knappes: „Ja.“

Sehr akkurat fuhr die Frau fort: „Wenn Sie Interesse an unserem Service haben und diesen zum ersten Mal nutzen möchten, könnte ich Ihnen eine kostenfreie Probestunde anbieten. Haben Sie Interesse an diesem Angebot, antworten sie bitte mit ‚Ja’ oder ‚Nein’.“

Langsam kam er dahinter, was dieses Studio versprach. Keine langen Fragen, keine langen Antworten. Diskretion und Anonymität, wie man sie heutzutage nur von Robotern kannte. Den Service den sie anboten, war nun aber ein menschlicher. Dieses Studio musste also im höchsten Maß geplant sein.

Kaiba lehnte sich zurück, antwortete wieder: „Ja.“

„Wir danken Ihnen für Ihr Interesse.“, fuhr sie sogleich fort, „Versuchen Wir nun einen Termin zu finden, der Ihnen zusagt. Bitte nennen Sie mir ein Datum und eine Uhrzeit, die für Sie angemessen ist.“

Kaiba schaute in seinem Laptop nach den Terminen, antwortete schließlich: „19 Januar, 20 Uhr.“

Die Frau schien etwas aufzuschreiben, dann antwortete sie: „Wir danken Ihnen. Wenn Sie ihren Termin wahr nehmen, bitte ich Sie sich mit der Nummer 0235 vorzustellen. Ich hoffe Ihnen sagt dieser Service zu und Sie werden mit uns zufrieden sein, 0235. Auf wiederhören.“

Kaiba klappte sein Handy zu. Tippte die Ziffern in seinen Laptop. 0235. Er war eine Nummer, er war nur ein ‚Ja’, nur der Fetzten seiner Stimme und seines Selbst. Er musste zugeben, diese Art der Behandlung schien ihm sehr exklusiv, diskret und ganz nach seinem Geschmack.

Er war gespannt auf übermorgen, auf die Behandlung.

Kurz überflog er noch einmal die Liste der Masseure, das Angebot, bevor er den Laptop und damit dieses außergewöhnliche Unterfangen zu den Akten legte. Vor erst. Man wusste ja nie, in was das enden würde.

Als die Limousine vor der Kaiba Corporation hielt war er in Gedanken schon beim nächsten Meeting.
 

Schwer ging sein Schritt an diesem kühlen Januarabend. Die Wölkchen, die sich beim Ausatmen bildeten, ließen ihn erst erkennen wie kühl es eigentlich gerade war. In seinem Wagen hatte er das kaum mitbekommen, zu surreal wirkte die Temperaturanzeige auf dem Display.

Mit schnellen, zielsuchenden Schritten überwand er den Matsch auf dem Bürgersteig, in Suche nach der Hausnummer. Autos hupten, als die Ampel auf Grün sprang und sich nichts bewegte, Menschen eilten hektisch an ihm vorbei, ein Hund kläffte, wer weiß, was ihn aufgeregt hatte und ein Kind schrie um Aufmerksamkeit. Wie abscheulich grau diese Stadt manchmal war.

Sein Blick richtete sich nach links, als er beinah an seinem Ziel vorbei gegangen wäre. Diese Örtlichkeit wirkte unscheinbar, neben den großen Werbetafeln und der schnellen Kreuzung. Die Fassade war grau, die Fenster dunkel und mit undurchsichtigen Gardinen. Neben der Tür stand auf einem schmalen, goldenem Schild „House Of Silence“.

Er war angekommen und mit einem Blick auf seine Uhr, die 19.57 Uhr verkündete, sogar noch mehr als pünktlich.

Er wand sich mit einem kurzen Seitenblick um. Die leeren Gesichter der Menschen, dieses graue Bild einer Stadt und der dunkle Himmel, der näher zukommen drohte um jeden hie...

Er öffnete die Tür, trat ein und lockerte sogleich seinen Mantel als die Tür hinter ihm wieder leise ins Schloss fiel und jegliches Geräusch schluckte.

Keine Autos mehr, die an sein Ohr dröhnten, Flugzeuge, Stimmen, Schreie, bellende Hunde und quietschende Bahnen, diskutierende Geschäftspartner, das beständige Klicken der Tastatur. Nichts davon.

Nur ein heller, kleiner Raum, dessen Licht einladend und ruhig wirkte. Auf dem Brunnen in der Linken des Zimmers schwammen Wasserlilien, in der Rechten wartete hinter einer halb hohen Theke eine adrett gekleidete Frau. Ihr Blick traf genau den von Kaiba und unter den blass geschminkten Lippen formte sich ein schmales Lächeln.

„Guten Abend, Sir.“ Er erkannte ihre Stimme vom vorgestrigen Gespräch, suchte kurz auf der Theke und fand schließlich auch das Telefon, daneben ein Buch, auf der anderen Seite einen Bildschirm. Alles wirkte geordnet, strukturiert und geplant. In diesen Räumlichkeiten war das Chaos bezwungen.

Nur langsam trat er näher, den Blick dabei noch einmal durch das Zimmer schweifend lassend. Es schien nur ein Raum zum passieren zu sein. Es gab außer diesem Brunnen, der keinen Ton von sich gab und der Rezeption nichts, was sonst einladend wirkte. Keine Garderobe oder Stuhl, nur Dekoration und diese Frau, die mit ihrem Blick, Kaiba jede Zeit der Welt gab.

Als schließlich seine Augen zu ihr wanderten, musste er gestehen, dass er sie für etwas älter gehalten hatte. Vielleicht war sie Mitte bis Ende zwanzig? Und doch wirkte sie förmlich auf den hohen, schwarzen Schuhen. In einem Kostüm, wie er es oft an europäischen Geschäftsfrauen sah. Die schwarzen langen Haare streng zurückgebunden und ein gerader Pony, welcher in dunkel geschminkten Wimpern endete.

Sie bemerkte Kaibas Blick sehr wohl, senkte aber nur die Augen einen kurzen Moment und fragte: „Ihre Nummer, Sir?“

Kaiba blieb stehen, die Hände an den Seiten und erwiderte formlos: „0235.“

Erst jetzt verbeugte sich die Dame vor ihm tief und als sie sich wieder aufrichtete, lächelte sie abermals schmallippig.

„Willkommen, Nummer 0235. Ich werde Ihnen eine Einführung in unsere Lokalitäten geben und all Ihre Fragen klären, wenn Sie denn welche haben. Danach können Sie unseren Service genießen.“

Sie betätigte kurz einen Mechanismus unter der Platte der Theke, an der sie stand. Das Geräusch erkannte Kaiba nur zu gut, von seiner eigenen Firma. Die Tür hinter ihm, durch welche er eingetreten war, wurde verriegelt, dafür schien die ihm gegenüber geöffnet worden zu sein. Die junge Dame kam herum, trat mit gehörigem Respekt vor Kaiba und verbeugte sich erneut, diesmal nicht so tief, wie das erste Mal.

„Bitte folgen Sie mir, 0235.“, sage sie noch in der Verbeugung und als sie sich aufrichtete und umwand, folgte er ihr langsam.

Durch die Tür ging es in einen Flur, der U-förmig schien. In goldenen Lettern las er den Spruch, den er bereits auf der Visitenkarte gefunden hatte.

„Es gibt vielerlei Arten von Lärm. Aber nur eine Stille.“ Allerdings wurde ihm erst in diesem Gebäude bewusst, was dies eigentlich hieß. In diesem Flur war es still, fast schon beängstigend still. Man könnte meinen, hier würde es verlassen und leer sein, doch das rötliche, beruhigende Licht und die Anzeigen vor den Türen belehrten ihn eines besseren. Dies war auch der Punkt, wo die Erklärungen begannen.

„Wie Sie sehen und hören, 0235, liegt uns in erster Linie vollkommene Entspannung in diskreter Atmosphäre am Herzen. Dies ist der Verbindungsraum zu allen Örtlichkeiten. Hinter jeder Tür warten komplett gleichausgestattete Räume, Kabinette, wie wir sie nennen, die dem Wunsch von Anonymität gerecht werden. Auf diesen Anzeigen steht der jeweilige Status jeden Raumes.“, sie deutete auf die handgroße Anzeige neben einer der vielen schweren Türen. Es stand nur ‚Ready’ darauf. „Ist er reserviert, steht die Nummer des Kunden, der Masseurin beziehungsweise des Masseurs und die Uhrzeit darin. Muss der Raum gesäubert werden, steht auch das darauf. Ist nichts von alledem zutreffen, finden sie wie hier die Aufschrift ‚Ready’.“

Die Dame schritt zwei Türen weiter, hier zeigte das Display „Example“ an. Sie fuhr mit einer Karte durch das Schloss, woraufhin auch diese Tür sich mit einem leisen Klacken entriegelte und sie diese öffnete. Sie trat mit Kaiba ein und schloss die Tür hinter ihnen wieder.

„Dies ist unser Muster-Raum. Hier werde ich Ihnen alles erklären, was Sie wissen müssen. Schauen Sie sich in Ruhe um.“

Kaiba tat dies unterdessen auch, selbst wenn ihn in diesem Mantel langsam warm wurde. Der Raum hatte außer der Verbindungstür zum Flur noch zwei weitere Türen, zwei Fenster, die mit schweren Gardinen behangen war. Man konnte nicht hinaussehen, aber wohl auch nicht hinein. Zentral stand die Massagebank, die einladend und gut gepolstert wirkte. Obendrein sagte ihm das helle, moderne Flair des Raumes zu. Entgegengesetzt seines Büros und seiner sonstigen Welt gab es viel Holz, weich aussehende Handtücher und Wasser.

Langsam wanderte der Blick wieder zu der Dame, die darauf wartete mit ihren Erklärungen fortzufahren. Sie nickte Kaiba kurz zu, bevor sie auf eine der beiden Türen deutete und zu ihr Schritt, sie öffnete, damit Kaiba hineinsehen konnte.

“Dies ist der Umkleideraum. Jedes Kabinett besitzt einen. Hier können sie ihre Kleidung ablegen. Wir bitten Sie außerdem jegliche elektronischen Gegenstände wie Handys, Laptop, Pager und ähnliches abzuschalten und hier liegen zu lassen. In diese Räume gelangt man nur durch das Kabinett, dass sie eben gesehen haben. Ihre Wertgegenstände werden also gesichert sein.“

Die Dame trat zurück und Kaiba ließ erneut seinen Blick schweifen. Es gab eine hellgestrichene Holzbank mit Sitzpolstern, daneben Kleiderhaken und ein schmaler, niedriger Schrank mit Handtüchern und zwei Schubkästen. Die Wand zierte eine große Banderole auf der „Harmonie“ stand.

Er trat zurück, still und ohne ein Wort zu sagen. Das was er gerade hörte, würde er wohl erst später wirklich verinnerlichen. Gerade betrachtete er dies alles nur mit dem Pokerface, dass jeder von ihm kannte. Er stellte keine Fragen, das brauchte er auch nicht. Die Informationen, die er erhielt, waren reichhaltig und doch nicht ausschweifend. Zufriedenstellend und hilfreich. So musste Service sein.

„Hier ist ein zweiter, angrenzender Raum.“, das Fräulein öffnete die nächste Tür und ließ Kaiba wieder hineinsehen, „Hier befindet sich die Dusche, eine Toilette und wie Sie sehen auch eine Badewanne. Nach einer Massage geben wir Ihnen eine Stunde Zeit um sich gegebenenfalls zu duschen, anzuziehen und zu gehen. In dieser Zeit wird es von uns natürlich vermieden, dass Sie auf andere Personen treffen.“

Sie deutete mit ihrer Hand zu der Badewanne, „Natürlich haben wir neben Massagen auch das Angebot zu entspannenden Bädern. Diese können Sie individuell bei mir anfordern und vor oder nach den Massagen einnehmen.“

Kaiba nickte verstehend, wand den Blick wieder zu ihr, denn eine Frage war noch offen...

Die junge Dame senkte ihren Blick und schritt von der Tür zu der Massageliege.

„Wie bereits erwähnt, 0235, ist unser besonderer Service die Anonymität. Unser Ziel ist es, dass die einzige Person, die Sie jemals hier sehen und mit der Sie sprechen werden, ich bin. Zu Recht, fragen Sie sich, wie dies vonstatten gehen soll. Erlauben Sie mir.“

Sie griff an das Kopfstück der Liege, legte etwas um und klappte sie nach oben, sodass Kaiba einen Blick auf die Unterseite bekam.

„In unserem Haus herrschen Regeln und wir bitten Sie, falls Sie unseren Service öfter nutzen möchten, diese einzuhalten.“ Sie deutete eine Verbeugung an, eine Entschuldigung wohl. Kaiba gefiel diese Förmlichkeit zusehend.

„Jeden Termin, den Sie wahrnehmen wollen, wird mit mir geregelt. Ich kann Sie nicht abhalten, mit anderen Personen zu sprechen. Ich bitte Sie nur darum, der Diskretion wegen. Haben Sie einen Termin und eine Art der Massage vereinbart, werde ich Ihnen die Raumnummer sagen und bei Ihrem Eintreten eine Schlüsselkarte geben. Diese wird das Kabinett öffnen und schließen. Sie werden im Voraus ihre Masseurin oder Masseur wählen, da Sie nie persönlich mit Ihnen in Kontakt treten werden.“

Sie deutete auf den Raum in den man sich umkleidete.

„Sobald sie im Kabinett sind, legen sie dort ihre Kleidung ab, kehren hierher zurück und betten sich auf die Liege.“, Sie deutete auf die Massageliege, dessen Unterseite Kaiba immer noch sah und die ihn in einem gewissen Punkt irritierte.

„Wie Sie bemerkt haben, gibt es auf der Unterseite dieser speziellen Liegen ein Knopfsystem, dass von uns entwickelt wurde. Sie erreichen sie bequem im Liegen und können auch ohne zu sehen erfühlen, welcher Knopf was auslöst. Ich werde es Ihnen erklären.“

Kaiba trat näher, besah sich die Knöpfe, die angebracht waren kurz. Zwei zur Rechten, zwei zur Linken.

„Der äußere, rechte Knopf mit der halbrunden Sonne ist der wichtigste Knopf. Sobald Sie hier Platz genommen haben, drücken Sie ihn und das Licht wird ausgehen und der Masseur oder die Masseurin eintreten. Es wird zu dunkel sein, um etwas zu erkennen. Sowohl für Sie als auch für Ihren Betreuer. Schrecken Sie also nicht zusammen, wenn vor der Massage eventuell erfühlt werden muss, welche Ausmaße ihr Körper hat.“

Kaiba hob skeptisch eine Braue, bevor er die Stirn langsam in Falten legte, aber nichts sagte. Eine Massage im Dunkeln also? Keine Masken oder Augenbinden und doch vollkommen blind. Interessant.

Das junge Fräulein fuhr fort.

„Unsere Mitarbeiter sind alle hoch ausgebildet und talentiert, allerdings kann es in diesen blinden Situationen durchaus zu unerwünschten Dingen kommen. Sollten Sie Schmerzen verspüren, drücken sie den äußeren linken Knopf. Ein schwaches, blaues Licht wird kurz aufleuchten und unser Mitarbeiter wird sich verbessern. Sollte es andere Dinge zur Beanstandung geben, die sofortigen Klärungsbedarf benötigen, drücken sie den zweiten linken Knopf. Der Masseur oder die Masseurin wird die Arbeit unterbrechen und Sie allein lassen. Anschließend können Sie bei mir Ihre Klage vortragen.“

Sie deutete wieder auf die rechte Knopfseite, „Der innere, rechte Knopf ist für kurze Unterbrechungen. Unser Mitarbeiter wird den Raum verlassen und das Zimmer wird kurze Zeit später beleuchtet werden, damit sie zum Beispiel die Toilette aufsuchen können oder ähnliches.“

Das Fräulein klappte das Kopfteil wieder herum, sah Kaiba an.

„Sobald sie den Sonnen-Knopf“ Was für eine hübsche Beschreibung, „Gedrückt haben wird automatisch der zuvor eingestellte Zähler aktiviert, der ihre Zeit misst. Durch ein Geräusch werden sie den Start und das Ende vernehmen. Sollte das End-Signal ertönen, wird unser Mitarbeiter sich zurückziehen und bald darauf das Licht angehen.“

Ihr Blick wanderte auf ihre Uhr, dann sah sie wieder Kaiba an. Dieses schmallippige Lächeln wirkte dieses mal sogar ein wenig mysteriös.

„Haben Sie sonst noch Fragen, 0235?“, sagte sie leise, senkte die Lider ein Stück.

Kaiba antwortete ein knappes „Nein“, denn in der Tat, er hatte keine Fragen. Zumindest vorerst nicht. Es war alles zu seiner Zufriedenheit erklärt und um ehrlich zu sein, war er nun neugierig, auf das, was folgen würde. Auf die Dunkelheit und ob er tatsächlich Entspannung spüren würde. Ob er tatsächlich abschalten könnte von diesem grauen Leben.

„Wenn Sie mir folgen würden, besprechen wir die Art der Massage und Sie wählen sich ihren Masseur oder Masseurin.“, sie nickte ihm zu und führte ihn anschließend wieder in die Rezeption, die er zuerst gesehen hatte. Das junge Fräulein klappte unter der Theke die Tastatur hervor, begann zu tippen und richtete den Blick auf den Monitor während Kaiba ihr gegenüberstand.

„Sie haben eine volle Stunde Zeit für Ihre erste Kostprobe. Dies wäre nun von 20.15 Uhr bis 21.15 Uhr. Wollen sie die gesamte Stunde nutzen?“, fragte sie ihn und erhielt abermals ein knappes ‚Ja’.

Schnell huschten die fein manikürten Fingernägel über die Tastatur. „Wünschen Sie einen weiblichen oder männlichen Masseur?“

Da musste Kaiba nicht wirklich lang überlegen. Er war der Ansicht, dass Männer ihre Arbeit besser verrichteten als Frauen, deswegen fiel seine Wahl auch auf einen Mann. Das Fräulein nickte.

„Von unseren sonst fünf Masseuren sind gerade drei verfügbar. Möchten Sie sich einen kurzen Überblick verschaffen?“, fragte sie und sah vom Monitor auf, fand sich in Kaibas Nicken bestätigt und drehte ihm den Bildschirm zu. Hier war die Statistik, die er auch bereits im Internet gesehen hatte, allerdings, wie erwähnt, nur drei der Kandidaten.

Er überflog die Profile, tat den Ersten bereits ab, da er ihm mit 31 zu alt war. Jünger wäre Kaiba tatsächlich lieber. Doch wie jung?

Der eine schien sehr neu zu sein, ein Jahr jünger als er selbst, allerdings mit sehr gut abgeschlossener Ausbildung. Der zweite war drei Jahre älter, 25 und mit mehr Berufserfahrung. Ob das besser war?

„Was bedeutet dies?“, Kaiba deutete bei dem jüngeren von Beiden auf den Vermerk, dass er ayurvedische und Thai-Massagen beherrschte.

Die Dame schaute, lächelte und nickte, „Diese Art der Massage ist gut gegen körperliche Leiden wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schlaflosigkeit. Zudem entspannt sich der Körper danach merklich und der Schlaf wird tief und erholsam wie lang nicht mehr.“

Das klang perfekt. Wie für ihn geschaffen.

„Dann nehme ich ihn.“, entschied Kaiba, sah die Dame an, die daraufhin nickte und wieder tippte.

„Ich empfehle ihnen für den Beginn dann eine ayurvedische Rückenmassage. Ist Ihnen das Recht?“ Kaiba stimmte zu. Er hatte schließlich keine Ahnung was das heißen sollte. Solang es half, die Kopfschmerzen los zu bekommen, war er zufrieden.

Das Fräulein reichte ihm über die Theke hinweg eine Schlüsselkarte, die Kaiba an sich nahm.

„Ihr Masseur ist die Nummer 0009, er wird im Raum 05 auf Sie treffen. Das Kabinett ist den Gang links entlang auf der rechten Seite. Ich werde Ihn unterrichten und er wird sich für Sie bereit halten.“

Sie lächelte kurz, das schmale, formlose Lächeln, das so nichtssagend war, wie all diese Nummern hier, dann endete sie: „Falls Sie anschließend Fragen oder Beanstandungen haben, verlangen Sie nach mir. Nach Nummer 0001. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Erholung.“

Sie verbeugte sich und sah Kaiba nach, wie er mit seiner Karte und ungeordneten Gedanken durch die Tür schritt.
 

Das Schloss hinter ihm klackte leise, dann war es still und er war allein. Für einen kurzen Moment fühlte er sich wie in einem Traum gefangen. Ein endlos scheinender Korridor, Tür an Tür und diese absolute Stille. So still, dass er nur sein Blut rauschen hörte, nur das Pumpen seines Herzens. Wer hätte gedacht, dass es überhaupt noch schlug?

Langsam setzte er einen Schritt nach dem anderen, die weichen Matten des Bodens schluckten sogar die Geräusche seiner Schuhsohlen. Es waren nur vier Schritte und doch ein endlos langer Weg bis zum Raum 05. Die Schlüsselkarte gezückt, zog er sie durch den Spalt, hörte das metallische Klicken und öffnete die Tür.

Das Licht ging an, ein ähnlicher roter Ton wie im Flur, doch sonst glich dieser Raum dem Muster-Kabinett, alles schien identisch, nur die Bilder und Sprüche an der Wand verkündeten andere Weisheiten. Kaiba hielt sich nicht lang auf und ging in die Umkleide, wurde endlich den warmen Mantel los. Er überlegte einen Moment, ob er sein Handy nur auf lautlos stellte, oder doch ausschaltete. Er entschied sich für das zweite. Anschließend stellte er sogar den Peilsender und die Funkanlage in seinem Mantel aus, atmete tief.

Ein Gefühl, als wäre ihm gerade ein zwei Tonnen schwerer Stein von den Schultern genommen wurden.

Sein Blick schweifte im Raum umher, suchend, dann schloss er die Augen einen Moment. Er sollte aufhören solche Paranoia zu entwickeln.

Er griff sich den schwarzen Pullover am Kragen, zog ihn sich über den Kopf und räumte ihn zusammengelegt auf die Bank. Das selbe Spiel mit seiner Hose und den Shorts, die Schuhe räumte er unter die hölzerne Bank und schlüpfte dafür in bereitstehende Slipper. Eines der weichen, weißen Handtücher, welches am Saum mit goldenen Lettern verziert war, um die Hüften gewickelt, sah Kaiba an sich herab.

Er wusste nicht, wann er sich das letzte Mal so unwohl gefühlt hatte.

Nackt vor anderen Menschen zu sein, hieß soviel wie ihnen ebenbürtig zu sein. Doch das war er nicht. Niemals. Er war Seto Kaiba und kein noch so gut ausgebildeter Masseur stand in der Rangordnung über ihm.

Seufzend strich er sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, atmete tief. Es würde dunkel sein. Er würde niemals seinen Masseur kennen lernen und der würde nie wissen, wen er da vor sich liegen hatte. Worüber machte sich sein Ego hier eigentlich Gedanken?

Langsam schritt er zur Tür und hinaus in das Kabinett, auf die Massageliege zu. Der Raum hatte sich von allein angenehm warm temperiert und als er mit einer knappen Handbewegung über die Massageliege strich, schien auch diese beheizt.

Er setzte sich, atmete tief ein und wieder aus. Die Luft hier roch angenehm, ein wenig duftend nach Blüten, doch er konnte nicht sagen, welche es wohl waren. Woher der Geruch wohl kam? Er hatte nichts gesehen, wobei er doch sonst immer auf Details achtete.

Ein weiteres mal tief Einatmend, den Geruch inhalierend, legte sich Kaiba langsam nieder, schloss für einen Moment die Augen.

Er müsste nicht auf Details achten. Nicht heute. Nicht jetzt.

Er müsste nur loslassen, anfangen zu genießen und sein Misstrauen ablegen.

Langsam suchte sein Finger an der Unterseite der Massageliege den Knopf, erfühlte die halbrunde Sonne, strich ein- zweimal darüber, sachte und vorsichtig, bevor er den Knopf hineindrückte.
 

Welcome to the House Of Silence.
 

Er schlug ruckartig die Augen wieder auf doch es war stockdunkel, selbst als er den Kopf ein wenig drehte, zu der Richtung in der die Fenster gewesen sein musste, nahm er nicht die geringste Lichtquelle war. Es war schwarz, Nacht. So finster, wie er sonst nie etwas erlebt hatte.

Seine Sinne waren seltsamerweise sofort geschärft. Es schien als intensivierte sich der Geruch der Blüten mit der Dunkelheit. Täuschte ihn seine Nase oder waren das Rosen? Ein wenig Honig vielleicht sogar? Die Ohren gespitzt vernahm er von links ein Geräusch. Die Tür wurde langsam geöffnet, nicht breit genug, als das dieses Licht des Flures den Raum, welches auf einmal eher einen blauen Ton hatte, die Personen hier, erhellte.

Nummer 0009 schlüpfte durch den schmalen Spalt, bevor die Tür sich wieder schloss und erneute Dunkelheit sich breit machte. Ein leises Geräusch, ähnlich einem Gong ertönte. Gleichzeitig mit dem zweiten Schließen der Tür begann leise Musik zuspielen. Sie erinnerte Kaiba an Wälder, an endlos weite Natur und Wasser. So unglaublich viel Wasser. Unter Wasser ist auch alles still, man hört keine Geräusche, nicht einmal einen Hilfeschrei.

Automatisch schloss er die Augen, versuchte die Quelle der Musik auszumachen, doch seine Ohren waren nur auf die leisen Schritte des Masseurs gespitzt. Er schien näher zu treten und so wie auch sein Geruch- und Hörsinn geschärft war, war es auch sein Tastsinn.

Kaiba wusste selbst nicht wieso, doch als er nur drei Fingerkuppen auf seinem Rücken spürte, zuckten seine Muskeln einen Moment.

Eine so ungewöhnliche Situation. Berührt zu werden, ohne zu wissen von wem, ohne zu wissen, wie, was...

Noch einmal kurz nahm Nummer 0009 seine Finger zurück, dann legte er sie aber wieder vorsichtig an Kaibas linke Seite. Es war kaum ein Druck und doch spürte Kaiba genau die Wärme und Präsens dieser Hand und ein Schauer durchfuhr ihn. Nicht einzuordnen ob es Wohlgefallen oder Abneigung war.

Mit unglaublich sanfter Sorgfalt nahmen die Finger ersten Kontakt auf, taten das, was 0001 Kaiba erklärt hatte: Seine Körpermaße feststellen.

Und der Masseur ließ es beinah zu einem Spiel ausarten, wanderte fast tänzelnd von der linken Seite hinauf bis zur Schulter und mit den selben federleichten Bewegungen zur rechten, von da aus wieder hinab. Kaiba wusste kaum wie ihm geschah, nur seine Muskeln durchfuhr ein Zucken, ein Erschaudern mit einer inneren, aufkeimenden Wärme.

Vorsichtig und diskret strichen den Fingerkuppen das Handtuch, etwas tiefer, fanden schließlich in der Mitte an Kaibas Steiß zusammen und nahmen den Weg aufwärts. Es schien ihm, als würde der junge Masseur mit einer unglaublichen Sanftheit in den Händen seine Wirbel zählen und dabei gleichzeitig Verspannungen ausmachen.

Schritt um Schritt wanderten die Kuppen höher, zwischen die geprägten Schulterblätter und schließlich am Nacken aufwärts. Diese Berührung, diese Geste – Es war der erste Schritt in eine Richtung die Kaiba tatsächlich beunruhigte. Wie die Finger immer noch mit all der Ruhe und Zeit der Welt, langsam sein Nackenhaar auseinander strich, die sensible Haut freilegte und ihm somit eine Gänsehaut bescherte.

Mit einer unglaublichen Geborgenheit ordnete der Masseur die feinen Härchen an der Seite, strich mit sanftem Druck vom Nacken ein wenig nach vorn zum Hals, erfühlte die verspannten Muskeln nur um mit diesen viel zu sanften Männerhänden wieder hinabzustreichen.

Seto Kaiba hatte gedacht, dass diese alte Flamme in ihm längst erloschen wäre, doch gerade verbrannte er.
 

Er verbrannte für diese Hände.
 

Auf einmal fühlte er sich schwerelos, ganz leicht und doch schien an seinen Gelenken, an seinen Gliedern, tonnenschwere Gewichte zu hängen, die ihn auf dem Boden hielten. Die weichen Hände, so sanft und warm, als würde er im Wasser treiben, getragen von der Strömung und gewärmt von der Sonne.

Die Ohren noch gespitzt aufgrund der Dunkelheit, hörte Seto, wie nass-feuchte Hände sich aneinander rieben, wärmten und doch zuckte er kurz als die eingeölten Finger ihn wieder berührten. Er war überrascht, im positiven Sinne. Hatte er doch immer gedacht das Öl würde sich kalt und unbarmherzig anfühlen, war es eher noch warm und der Film auf seiner Haut übertrug die Hitze der Hände. In kreisenden, langen und durchzogenen Bewegungen wurde es verteilt auf seinem Rücken, genug, um besser voranschreiten zu können, zu wenig, als das es die Berührungen abschwächen würde.

Und was es für Berührungen waren! Getragen von dem öligen Überzug wurden sie federleicht und sanft, viel zu zart. Nicht schwach genug, als dass er missmutig wurde, als dass er dachte, hier wäre eine Frau am Werk, aber auch nicht stark genug, als dass er Schmerzen spürte.

Hatte er sich tatsächlich leidend vorgestellt? Um seine alltäglich, alten Schmerzen zu lösen, sollte er neue in Kauf nehmen?

- Er kam sich töricht vor, wie er eines Besseren belehrt wurde.

Einen Moment presste er die Lippen zusammen, als die Daumen und der Ballen sein Schulterblatt untermalten, zu den Rippen wanderten. Als formte der Masseur Ton, wiederholte er seine Bewegungen, zum Ende hin stärker, fester um auch die letzten Knoten zu lösen. Seto musste tief einatmen, als auf diesen harten Berührungen ein Windhauch von Fingern folgte. Mit sanftem Druck bearbeiteten die Kuppen nun höher gewandert den Nacken, fuhren seitlich herum und tänzelten auf der Sehne zum Schulterblatt.

Er kam sich vor wie ein Spielzeug, ein Instrument, welches gerade erst lernte, was es heiß einen Meister gefunden zu haben. Diese Berührungen waren viel zu leidenschaftlich und lockten zu viele Sehnsüchte, an die er nicht denken wollte, nicht konnte.

Wieso gefiel ihm das so sehr? Das Gefühl, etwas sehen zu können, dass er nie erreichen würde?

Wieso gefiel es ihm so sehr, zu wissen, dass es für diesen Moment in Ordnung war, etwas zu begehren, dass er niemals besitzen würde?

Wieso bettete sich sein Gehirn gerade auf Wolken, weit entfernt von ihm? Was hatte er bis gerade noch gefühlt? Wie viel Zeit ist seitdem vergangen?

Er fühlte nichts mehr, er dachte nichts mehr. Da war nur er und Dunkelheit, leise Geräusche, ein Bild in seinem Kopf und Berührungen von tausend Fingern von abertausend Händen. Nahmen seinen Verstand und liefen damit hinfort.

Es war ihm egal. Solang sie nicht aufhörten ihn zu berühren.

Er sollte nicht aufhören – er tat es nicht.

Seto zuckte erneut, als zwei schlanke Fingerspitzen über seine empfindliche Seite fuhren, doch er gab keinen Ton von sich. Stattdessen konzentrierte er sich auf die so oft und punktiert eingesetzten Fingerkuppen. Als wären sie das feinste und hochausgebildetste Sinnesorgan an diesem Masseur, begaben sie sich auf die Suche und fanden jeden Muskel mit jeder noch so kleinsten Verspannung. Zart aber zielorientiert lösten sie jede Unbequemlichkeit und fast schon verspielt tänzelten sie danach weiter.

Mittlerweile schien ihm das Öl viel zu warm geworden sein – war es sein Rücken oder dieser Film, der auf ihm loderte? Hatten diese Hände ihn in Brand gesteckt?

Als hätte der Masseur seinen Hilferuf gehört, spürte Seto die ganze Handfläche – schlank, aber mit langen, talentierten Fingern, schoben sie die Haut, den heißen, brennenden Ölfilm höher, hinauf bis zu den Schultern, nur um wieder unten anzusetzen und das Spiel von vorn zu beginnen. Er zählte nicht wie oft er so von unten herauf so massiert wurde, doch er merkte, dass es nicht das Gefühl besserte.

Sein Rücken war heiß und diese Finger nur Zunder – doch vielleicht nur andersherum?

Tief einatmend, die Augen weit geöffnet holte er stockend Luft als die Fingerkuppen erneut eine Expedition begannen, als Vorhut zum Handballen, der die freigelegten Stellen mit sanftem Druck besuchte und brennend hinterließ. Ihre Reise schien unbestimmt zu sein, doch es kam ihm so vor als bevorzugten sie Stellen, die Seto reizten.

Er wollte am liebsten wissen, ob der Masseur das als Spaß empfand, als Spiel, doch egal wie angestrengt er nach unten schaute, wie lang er die Augen geöffnet ließ – Es blieb dunkel. Nur eine leise Melodie im Hintergrund, die Wiesen und Wasser versprach, wo nichts der Gleichen auftauchen würde. Nur die Geräusche der Hände, wenn sie über seinen Rücken glitten, das Öl verteilten, mit sich trugen.

Langsam schloss er die Augen wieder und atmete den Geruch ein. Eine Mischung aus Rosen, Honig und die Note des Öles, das er nicht kannte. Seine Lungen füllten sich mit dieser stickig, dumpfen Luft und sein Hirn benebelte sich wieder. Er wurde ruhig und der Drang, zu wissen, was der Andere dachte, wurde schwächer.

Er fühlte sich unglaublich sicher und innerlich ganz ruhig, ausgelassen. Es gab nur seinen verspannten Rücken und diese Erlösungs-versprechenden Hände. Als hätten sie keinen Besitzer, niemand zu dem sie gehörten. Nur diese Hände, die vor seinem inneren Auge umhertänzelten. Er sah die langen, wohlgeformten Finger, der Rücken, der in schlanken Gelenken endete. Er sah sie vor sich, mit ihren Sehnen und dem trainierten Daumen. Vielleicht so hell und blass wie seine eigene Haut, vielleicht dunkler, er wusste es nicht. Was wusste er schon?

Es war egal, wem sie gehörten, wie sie waren. Seto interessierte nur das Gefühl, dass sie ihm brachten.

Wieso gab es überhaupt andere Gefühle, als dieses, als diese Sicherheit, Geborgenheit?

So unglaublich weich.

Wann hatte er das letzte mal so gefühlt? Hatte er jemals so gefühlt? Jemals das gespürt, was er nun spürte?

Noch nie, so kam es ihm vor. Noch nie.

An Kaibas Ohr drang wieder das Geräusch des leisen Gongs. Er schlug die Augen auf, doch es war nach wie vor dunkel, die Musik spielte leiser.

War dies das Ende? War eine Stunde vorbei? Wo war die Zeit geblieben?

Tief einatmend spürte er aber noch die warmen Hände auf seinem Rücken, die nun ruhten, still lagen, als müssten sie überlegen. Eine Hand löste sich, schließlich auch die zweite. Das restliche Öl wischte der Masseur behutsam mit einem Handtuch vom Rücken, dann verebbte die Berührung. Kaiba hörte, wie sich die leisen Schritte entfernten, blaues Licht drang durch den Türspalt. Zu schwach um zu sehen und zu schnell vergehend um sich daran zu gewöhnen.

Er war wieder allein in der Dunkelheit. Sein Rücken noch sensibilisiert von der zu schnell vergangenen Nähe.

Ein Schauer kroch sich seinen Körper entlang.

Nun war ihm kalt. Seine Hände waren unsagbar kalt.

Langsam ging das Licht wieder an, gedämmt, zum Glück, denn seine Augen schmerzten beim ersten Blinzeln. Nur schwer konnte Kaiba sich drehen und aufsetzten, verharrte so für den Moment.

An seinen Gliedern hängte Blei und in seinem Kopf war es leer. Er fühlte sich unglaublich befreit und gut, als hätte die Massage seinen inneren Druck einfach aufgelöst und gleichzeitig war er müde. Nicht seelisch, zur Abwechslung Mal, sondern körperlich. Er sah zu der Tür, atmete tief ein und wieder aus. Den Duft nahm er nicht mehr wahr, die Musik löste keine Bilder mehr aus, aber wenn er die Augen schloss, dann spürte er, dass die Glut noch nicht erkaltet war.

Er brauchte nur genug Zunder und seine Haut aus Papier würde brennen.

Er verbrannte für diese Hände.
 

Als er sich erhob um sich anzuziehen, kam ihm sein Oberkörper schwer vor. Nicht belastend, aber schwer, müde. Er würde wohl, Zuhause angekommen, sogleich ins Bett gehen.

Er fühlte sich ein wenig wie ein unbeholfenes Kind, als er sich wieder anzog. Verknöpfte sich bei seinem Hemd zweimal und wollte seine Schuhe erst verkehrt herum anziehen. Er musste zugeben, dass ihn diese Sache, diese Massage ziemlich aus dem Konzept gebracht hatte. Ein Zustand, den er schnellstmöglich zu beheben versuchte. Kontrollverlust war für Kaiba ein Ding der Unmöglichkeit. Wie hatte er sich nur so kindisch verhalten können? Er musste verrückt gewesen sein und sehr leichtgläubig, ja fast schon naiv.

Zu guter letzt zog er sich seinen Mantel über, schaltete seine Gerätschaften wieder ein und prüfte die Uhrzeit auf seinem Handy. 21.34 Uhr, eine gute Zeit um aufzubrechen. Das Mobiltelefon glitt zurück in die weite Manteltasche, er schloss die letzten Knöpfe und fuhr sich mit den Fingern einen kurzen Moment über die geschlossenen Lider.

Es brannte.

Mit zielstrebigen Schritten ging er aus der Tür, verließ das Kabinett, den Flur und stand im blassgelben Licht wieder vor der Rezeption. Der Brunnen rechts von ihm gluckte leise, 0001 sah auf, Kaiba an, um wieder ein schwaches Lächeln zu formen, die Lider wissend niedergeschlagen.

„Hat es Ihnen gefallen, 0235?“, fragte sie leise, den Blick auf das Buch gerichtet, „Wünschen Sie einen neuen Termin zu vereinbaren?“

Kaiba trat von der Tür weg - dem Ausgang zu seinem Alltag, zu seiner großen, grauen Stadt, deren Mauern ihn einkreisten und gefangen nahmen, näher. Ein kurzer Schulterblick zurück, zu dem stillen Flur, dem bilderreichen Kabinetten.

Er hatte die Kontrolle verloren, doch das würde nie jemand erfahren.

Er brannte.

Feuer musste geschürt werden.

Seine Augen huschten hinüber zu 0001. Er beobachtete den hohen Wimpernaufschlag, das Lächeln auf den blassen Lippen und er kam sich vor wie ein anderer Mensch, nicht er Selbst, als er „Ja.“ antwortete. Der Teich gluckte erneut.

„Wie Sie wünschen.“, antwortete das Fräulein und sie zog ihr Buch heran, nahm den dunkelroten Stift zwischen die blassen Finger, „Bei Ihrem nächsten Termin können wir natürlich berücksichtigen, ob Sie nicht einen anderen Masseur, der heute nicht zur Auswahl stand, möchten. Wollen Sie dieses Angebot annehmen?“

Kaiba ging einen Schritt dichter zum Tresen, wand sich 0001 zu und sagte entschlossen: „Nein.“, gab ihr dabei die Schlüsselkarte wieder.

Sie erwiderte ein Nicken, schlug eine Seite in ihrem Buch um.

„Wären Sie mit dem 26. Januar zufrieden? Wieder die gleiche Uhrzeit?“

Kaiba überlegte einen Moment, ob an diesem Montag schon etwas geplant sei, erwiderte nur ein: „Eine Stunde später, bitte.“ Er wäre das Wochenende vorher auf Besuch in Korea, danach würde diese Behandlung ihm sicher gut tun.

Als der Stift über das Papier glitt, war immer noch dieses unzugängliche, unvergleichliche Lächeln auf den Lippen von 0001. „26. Januar, 21 Uhr, Nummer 0009. Wie lang denken Sie, werden Sie bleiben wollen?“ Sie füllte einen kleinen Zettel aus, auf dem sie alles notierte.

Kaiba legte seine Stirn in Falten. Diese eine Stunde war eindeutig zu wenig gewesen, doch man sollte immer steigerungsfähig bleiben, nicht wahr?

„Zwei Stunden.“, antwortete er schließlich und 0001 notierte sich abermals alles. Sie klappte ihr Buch zu und legte den Stift beiseite. Mit einem schnellen Griff in die Schublade unter der Platte holte sie eine Visitenkarte und einen Umschlag hervor, beides, zusammen mit dem Zettel für den Termin reichte sie Kaiba. Er nahm es ihr entgegen, steckte sich alles in die große Innenseite seines Mantels. 0001 verbeugte sich nun zum Abschied.

„In dem Umschlag finden Sie alles was Sie noch wissen müssen. Ich danke Ihnen, 0235 und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen.“

Kaiba nickte, antwortete dunkel: „Guten Abend.“ bevor er sich umwand, die Tür zur Straße öffnete und hinaus schritt.
 

Menschen zwängten sich an ihm auf dem schmalen Bürgersteig vorbei, ein Hupen durchzog die kühle Luft für einen Bruchteil einer Sekunde. Ein großer Monitor, der vom Hochhaus aus hinab strahlte, zeigte die neuste Coca-Cola Werbung, die Ampel an der Kreuzung gab einen Signal-Ton ab, als es grün wurde und die Menschen losströmten.

Kaiba sah nach oben, in den dunklen Himmel, der bedrohlich und wenig einladend aussah. Es war Nacht, schwarz und düster.

Es sah kurz zurück zur Tür, die in das „House Of Silence“ führte und ein wenig amüsiert zuckten seine Mundwinkel.

Doch was wahre Dunkelheit bedeutete und was sie in einem auslöste – Das wussten all diese leeren Menschen mit ihren trüben Gesichtern nicht.

Mit den Händen in den Manteltaschen durchschritt er die Nacht auf den Weg zu seinem Auto.

Als er eingestiegen war, drehte er sogleich die Heizung hoch und ließ sich ein wenig in den Sitz zurücksinken. Mit spitzen Fingern fischte er den Umschlag aus seinem Mantel, öffnete ihn und faltete das Papier darin auseinander.

„Damit niemand ihre Ausgaben kontrollieren kann, bitten wir Sie, verehrter Kunde, jegliche Bezahlung in Form von Bargeld nach ihrer Behandlung an der Rezeption zu bezahlen. Das System unseres Salons kommt aus dem europäischem Raum, weswegen es durchaus angebracht ist Trinkgeld für die Masseure und Masseurinnen zu zahlen. Die Preisliste ist diesem Schreiben beigelegt, beachten Sie also bitte vor Ihrem Erscheinen in unserem Haus, dass sie genügend Geld mitnehmen.“

Leise brummend besah sich Kaiba die Tabelle für die Preise. Es gab einen Tarif für die Stunden, darauf saftige Zuschläge für die Art der Massagen, die Körperregionen wurden ebenfalls einzeln berechnet und dann kam es noch ganz auf die Spezialisierungen der Masseure an, wie viel Aufschlag diese bekamen. Kaibas Masseur befand sich preislich im Mittelfeld, was sich wohl mit dem Zuwachs an Erfahrung und Weiterbildungen ändern würde.

In Gedanken überschlug er, wie viel er normalerweise für die heutige Kostprobe gezahlt hätte – Und durchaus, das Sümmchen war stolz. In der Tat ein exklusiver Service, den sich wohl nicht jeder leisten konnte. Nichts desto trotz für Kaiba nicht beunruhigend. Er könnte sich das locker vier Mal in der Woche leisten.

Amüsiert verstaute er den Zettel in seinem Handschuhfach, dann machte er sich auf seinen Weg nach Hause.
 

Ob es tatsächlich an dieser Massage lag? Er fühlte sich erholt, gut, wenn auch müde, als er Zuhause nach einer ausgiebigen Dusche im Bett lag. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein, der menschliche Wille hatte schließlich weitaus mehr Macht als man ihm zugestand.

Eine kurze Gedanken-Illusion, nicht mehr. Nur ein Hirngespinst in seinem Kopf, für eine Nacht, den Tag danach vielleicht – Dann würde er es zu den Akten legten, bis zum nächsten Termin.

Seine Woche würde normal verlaufen, vielleicht mit ein wenig mehr Schlaf, mit weniger schmerzenden Kopfschmerzen, doch es änderte sich nichts. Er blieb Seto Kaiba, er blieb gereizt aber kontrolliert. Keiner wusste von diesen Dingen, keiner würde es je erfahren.

Er musste sich keine Gedanken darum machen. Nein, das musste er wirklich nicht.

Die Augen geöffnet, drehte Kaiba den Kopf langsam in Richtung der Wand.

Ein kühler Wind wehte durch das gekippte Fenster, er trug den Geruch von Schnee mit sich, von diesem kalten, unbarmherzigen Januar.

Es war still hier, nur eine Uhr tickte leise. Ob Mokuba Zuhause war? Vielleicht kam er wieder erst 23 Uhr Heim, von Freunden, von einer Feier. Was wusste er schon. Es war still hier und doch nicht die Stille. Es war Dunkel, aber nicht das Dunkel.

Die Nacht war kühl und seine Finger eisig, doch sobald er sie auf sein Schulterblatt legte...

Kaiba atmete tief, rieb die kalten Finger an der warmen Haut.

Das war nur aufgrund seines Blutes, das nun besser zirkulierte. Wofür sollte eine Massage sonst gut sein? Da war nichts besonderes dran, keine Magie, keine besonderen Kniffe. Vielleicht war die Umgebung ungewöhnlich gewesen, doch sonst sollte er sich wirklich nichts dabei denken.

Alles war normal. Auch das würde wieder vorbei gehen.

Langsam schloss Kaiba die Augen, zog die Bettdecke ein Stück höher.

Alles war normal. Dieses Gefühl, dass dort noch immer Hände auf seinem Rücken ruhten, ihn hielten, wärmten, auch das würde wieder vorbei gehen.
 

1. End
 

TBC.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  HeyItsAraas
2011-10-17T12:10:36+00:00 17.10.2011 14:10
Also ich muss sagen ich bin sehr beeindruckt.
In dem falle ist es bisher wohl eine der besten FFs die ich jeh gelesen hatte und das schon beim ersten kapitel. Ich mag deine ausdrucksweise und deine schreibweise ^0^ Man kann sich alles sehr gut vorstellen (ich bin selbst massagepatient)

Daumen hoch :D
Von:  MissAdler
2010-06-10T15:59:34+00:00 10.06.2010 17:59
Du glaubst gar nich wie sehr ich die Massage genossen habe! jetzt noch die in Real und ich wär, der glücklichste Mensch auf erden ~.~
Echt berauschend geschrieben. Absolut geniale formulierungen~ und unglaublich tolle Chara darstellung.
Ich bin gespannt wies weiter geht und werd demnach auch auf jedenfall weiterlesen :D
Von:  Akumako-chan
2010-01-21T11:15:13+00:00 21.01.2010 12:15
Hallöchen! *wink*

Als aller Erstes muß ich dir zu deiner wunderschönen FF gratulieren !!!
Wunder schön geschrieben !!!
Nur schade das es nur 6 Kapitel sind. *schuff*
Wenns nach mit ginge hättest du ruhig noch, na sagen wir mal 243 Kapitel mehr schreiben können! *zwincker*

So, nun aber mal zu Kapitel 1 :

Das ist Seto wie er leibt und lebt!
Arbeit bis über beie Ohren, stressig und verspannt bis zum geht nicht mehr.
Na, ein Glück das der Arzt ihm die Visitenkarte gegeben hat!
Ein anonymer Massageclub.
Hm, interessante Vorstellung und wirklich gut beschrieben.
Nur diese 0001 kann ich nicht leiden. *grusel*
Aber der Masseur 0009! *grins*
Du hast die Massage so herrlisch beschriebn das ich am liebsten sofort in eine Massagestudio flitzen wollte!
*auch so was haben will*
Hmmmm, und wie Seto unter den Händen von 0009 dahin geschmolzen ist!
Das hast du alles wircklich so richtig schön entspannend rüber gebracht! *seufz*
Aber wie unserer lieber rationaler Seto eben is, muss er immer alles analysieren, in Frage stellen und letzten Endes als Humbug abstempel.
*kopf schüttel*
Na mal sehen wann er zur Einsicht kommt. *grins*

Grüßle dat Akumako-chan
Von: abgemeldet
2009-12-06T01:17:20+00:00 06.12.2009 02:17
also erstmal großes Kompliment an dich!
Hast du wirklich toll geschrieben.
Ja, und yugis Massagestudio, diese Meldung ist sowieso der Oberhammer. Aber ich musste dann auch irgendwie nachdenken, wie sehr doch die Zeit eigentlich vergeht, und wohl auch nie wiederkehrt,...
Aber back zu deiner Story. Ich bin schwer beeindruckt von der Genauigkeit, mit der du alles beschrieben hast, sodass es einem wirklich nicht schwer fällt, sich in die Lage rein zu versetzen.

Von:  Baph
2009-11-26T21:44:33+00:00 26.11.2009 22:44
Hi!

"Hatte Yugi nach Abschluss der Schule ein Massagestudio aufgemacht?" Haha, das klingt sogar irgendwie plausibel...

Okay, das ist ja jetzt ganz schwer rauszukriegen, wer der Masseur sein wird...

"Worüber machte sich sein Ego hier eigentlich Gedanken?"
Ja, ehrlich... Blödes Ego!! ^_~

Haha, ich wette, Kaiba wird sich demnächst seeeeehr oft massieren lassen!

"Nahmen seinen Verstand und liefen damit hinfort."
O.O Das Gefühl kenn ich...

Boah, wie du die Massage beschrieben hast, das war echt richtig gut, Kompliment! Ich liebe dieses Bild mit dem Brennen und dem Zunder... *schwärm*

So, ne, dann mal auf zum nächsten Kapi! War wirklich ein toller Anfang!!! *däumchen geb*
Von: abgemeldet
2009-10-06T19:33:08+00:00 06.10.2009 21:33

WAHNSINN!!!!!!!!!!!!! ^^
Diese Story fängt ja sehr gut an. Sehr kreativ, vor allem die Aufmachung des Ladens… und wundervoll, wie du die positiven, als auch negativen Gefühle beschrieben hast. Ich bin jetzt schon ein Fan deiner FF. *schwärm*
[…]„Verschreiben Sie mir einfach stärkere Tabletten.“, sagte er, noch während des Anziehens, woraufhin sein Arzt wieder resignierend seufzte. […]
Sehr gut… *weglach* Das ist so typisch Kaiba. Du hast den Charakter klasse rüber gebracht.
[…]Kaiba allerdings schien nicht allzu viel von dieser Idee zu halten, nahm seinen Aktenkoffer, während er sich schon fast am Hinausgehen dem Arzt zuwand, „Damit ich anschließend in der Klatschpresse Gerüchte lesen kann, die eben solche vertrauensvollen Personen erfinden? Nur weil sie dichter als andere in meine Privatsphäre dringen dürfen? Nein, danke.“ Als er bereits gehen wollte, hielt sein Arzt ihm allerdings eine Visitenkarte hin. […]
Naja, diese Sorge ist schon berechtigt. Und gerade WEIL es so nachvollziehbar ist, finde ich es sehr realistisch. Gut gemacht! ^^
[…]Die Stirn gerunzelt und etwas skeptischer als vorher nahm Kaiba wieder die Karte, besah sie sich ein erneutes Mal, etwas gründlicher. Er fand auf den ersten Blick aber kein Passwort oder Code, nur die Telefonnummer und Adresse und das wäre wirklich das dümmste Passwort, was er je gesehen hätte. Mit dem Daumen strich er hinten vorsichtig über die raue Fläche, erfühlte etwas und wand die Karte ein wenig im Licht. Kaum sichtbar, aber vom Sonnenlicht reflektiert, erkannte er einen fünfstelligen Zahlencode, den er schließlich eintippte. […]
Eine sehr geniale Idee. ^^ Ich dachte, so ein typisches Feld zum Freirubbeln oder so… *lol*
[…] „Willkommen Außererwählter.“ Na das fing ja gut an. Hatte Yugi nach Abschluss der Schule ein Massagestudio aufgemacht? […]
*weglach* Wie geil ist das denn? Ich könnt mich ja beeiern… *lach*
[…]Wenn dies schließlich ein Salon für die Bekannten waren, die die Presse scheuten, waren diese doch auch prominent. Wie sollte eine Masseurin ihn nicht erkennen? Mit Maske? Sack über dem Kopf? Oder Augen verbunden? Lächerlich. Aber durchaus interessant zu erfahren. […]
Stilistisch klasse finde ich, dass du Synonyme verwendest, so z.B. bekannt und prominent…
Zum Inhalt: auch ziemlich klasse, dass man Kaibas Sorgen so miterleben kann… und jal, auch ich hab mir Gedanken gemacht und da die besten Masseure ja blind sind, dachte ich mir, Joey ist erblindet oder so… aber deine Variante ist ja wesentlich besser. ^^
[…]Nur ein heller, kleiner Raum, dessen Licht einladend und ruhig wirkte. Auf dem Brunnen in der Linken des Zimmers schwammen Wasserlilien, in der Rechten wartete hinter einer halb hohen Theke eine adrett gekleidete Frau. Ihr Blick traf genau den von Kaiba und unter den blass geschminkten Lippen formte sich ein schmales Lächeln. […]
Also steht und fällt alles an dieser Frau. Ne ganz schöne Macht hat sie dadurch. Aber da sie nie im Kontakt mit einem nackten Kaiba ist, kann sie ja auch nicht davon berichten…
[…]Alles wirkte geordnet, unchaotisch und geplant. […]
Das passt irgendwie nicht… geordnet, geplant ist ja fast das selbe und unchaotisch ist nur das Gegenteil… eine andere Variante wäre perfekt organisiert, durchstrukturiert und penibel ausgearbeitet…
[…]“Dies ist der Umkleideraum. Jedes Kabinett besitzt einen. Hier können sie ihre Kleidung ablegen. Wir bitten Sie außerdem jegliche elektronischen Gegenstände wie Handys, Laptop, Pager und ähnliches auszuschalten und hier liegen zu lassen. In diese Räume kommt man nur durch das Kabinett, dass sie eben gesehen haben. Ihre Wertgegenstände werden also gesichert sein.“ […]
Du wählst hier für diese Frau eine verständlicherweise gehobene Sprachweise, aber an manchen Stellen hast du sie nicht eingehalten…
[…] „In unserem Haus herrschen Regeln und wir bitten Sie, falls Sie unseren Service öfter nutzen wollen, diese einzuhalten.“ Sie deutete eine Verbeugung an, eine Entschuldigung wohl. Kaiba gefiel diese Förmlichkeit zusehend. […]
Allerdings. Sehr akkurat. Bravo! ^^
Hier finde ich so einen minimalen Ausfall… „nutzen wollen“… klingt sehr barsch. Besser fände ich „nutzen möchten“…
[…]Es wird zu dunkel sein, um etwas zu erkennen. Sowohl für Sie als auch für Ihren Betreuer. Schrecken Sie also nicht zusammen, wenn vor der Massage eventuell erfühlt werden muss, welche Ausmaße ihr Körper hat.“ […]
Betreuer… gute Wortwahl. ^^ Bravo!
[…]Unser Mitarbeiter wird den Raum verlassen und das Licht wird wieder angehen, damit sie z.B. auf Toilette gehen können oder ähnliches.“ […]
Hier ist wieder so ein Ausfall… „wird verlassen“, „wird angehen“… da fällt man etwas drüber… aber besonders störend finde ich „auf Toilette gehen“ ><… besser wäre doch „die Toilette/WC/ das Bad aufsuchen können“…
[…]Ich werde Ihn unterrichten und er wird sich für Sie bereit machen.“ […]
Auch noch ein Ausfall… „bereit machen“ klingt nicht gut, „bereit halten“ schon eherk, finde ich…
[…]Ein Gefühl, als wäre ihm gerade ein zwei Tonnen schwerer Stein von den Schultern genommen wurden.
Sein Blick schweifte im Raum umher, suchend, dann schloss er die Augen einen Moment. Er sollte aufhören solche Paranoia zu entwickeln. […]
SEHR gut. Klasse eingebracht. Denn sowas ist aufgrund seiner Stellung nach wirklich nachvollziehbar.
[…]Unter Wasser ist auch alles still, man hört keine Geräusche, nicht einmal einen Hilfeschrei. […]
Oh ja… sehr gut auch hier wieder diese Ängste… absolut nachvollziehbare Ängste… Anbei habe ich ja auch gedacht, dass es beängstigend für den Masseur sein muss, sich in so einem Raum mit einem Fremden aufzuhalten… Ö.ö
[…]Mit einer unglaublichen Geborgenheit ordnete der Masseur die feinen Härchen an der Seite, strich mit sanftem Druck vom Nacken ein wenig nach vorn zum Hals, erfühlte die verspannten Muskeln nur um mit diesen viel zu sanften Männerhänden wieder hinabzustreichen.
Seto Kaiba hatte gedacht, dass diese alte Flamme in ihm längst erloschen wäre, doch gerade verbrannte er.
Er verbrannte für diese Hände. […]
Haaaaach, DAS ist meine absolute Lieblingsstelle… echt klasse. ^o^ Sie ist so detailiert, einfühlsam und leidenschaftlich. Herrlich… *schwärm*
Freu mich schon riesig auf’s nächste Kapi.
*wink* Pan


Von:  kuestenfee1
2009-10-06T16:43:24+00:00 06.10.2009 18:43
Ich finde den Anfang auch schon mal sehr schön.
So eine Massage muss toll sein. Nichts, was einen ablenken kann (ausser die eigenen Gedanken) und nur die sanften Hände des Masseurs.
Ich könnte mir schon vorstellen, dass Joey 0005 ist. Aber ich möchte nicht wissen, wie Seto und Joey reagieren, sollten sie je die Identität ihres Gegenüber kennen lernen.
Ich meine, Seto kennt ja jetzt die wohltuenden Hände. Ob sich dann seine Meinung über Joey ändert?

Ich bin schon sehr gespannt, wie und wann es weitergeht.

lg kuestenfee
Von:  Gizzy
2009-09-28T14:24:45+00:00 28.09.2009 16:24
Erst mal muss ich mir selbst auf die Schulter klopfen, weil ich es geschafft hab, dich dazu zu bringen, diese Geschichte anzufangen :P

Kommen wir aber lieber zur Geschichte selbst, weil Eigenlob ja stinkt xD Dein Stil ist sowieso klasse, ich mochte ihn ja schon bei den vorherigen FFs gern, aber ich finde, hier zeigst du noch mal so richtig was du kannst. Passt einfach perfekt zu Seto's POV, es wirkt alles irgendwie kühl und so knapp, total durchstrukturiert, so wie vermutlich das meiste in Seto's Leben nun mal ist. Also da schon mal für den Schreibstil ein großes Lob für dich.

Aber was mich noch viiiel mehr überrascht hat, war ehrlich gesagt die Idee. Klar, ein gestresster Seto ist vielleicht nichts unbedingt neues, aber deine Umsetzung von dem Massagesalon.. das hab ich bisher noch nirgends gelesen oder gehört! Einfach genial! ♥ Die ganze Idee, das ganze System mit der Anonymitätsbewahrung, wie alles aufgebaut ist (mit den Nummern usw).. Die Beschreibung war wirklich super, man konnte sich alles vorstellen und vor allem hat man total das Bedürfnis, selbst mal in so eine Situation zu kommen. War zumindest bei mir sofort so! Die Massage klingt einfach sehr entspannend und scheint ja auch wirklich geholfen zu haben.

Mir hat sich nun natürlich gleich die Frage gestellt: "Wo bleibt Joey?" und ich wüüürde ja jetzt vermuten, dass sein toller Masseur da Joey ist, aber ob es stimmt ist was anderes. Da muss ich mich vermutlich noch mit der Antwort gedulden xD

Aber wirklich unglaublich gutes erstes Kapitel! Ich bin sehr gespannt darauf, wie es weitergeht.

Gizzy ♥
Von: abgemeldet
2009-09-27T17:40:48+00:00 27.09.2009 19:40
Hach, wie toll endlich wieder was von dir zu lesen :')

Als ich das mit Yugi und dem Massagestudio gelesen habe musste ich lachen XD
Göttlich :D
Aber das Studio an sich ist ne geile Idee o o"
Und wie toll du alles beschrieben hast~ <3
Ich liebe deinen Stil.

Ich bin gespannt worauf das Ganze hinausläuft! *o*

Hoffe das nächste Kapi kommt schnell, freue mich schon ♥


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