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Shin no yuri

Todeslilie
von

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The last lie

Als ich aufwachte war mein Shirt bis zu der Brust hinauf geschoben. Ich lag auf der Couch bei uns zu Hause und Yukio strich mit zwei Fingern über meinen Bauch.

„Hey!“, rief ich und schlug seine Hand weg.

„Tut mir Leid. Ich wollte nur nachsehen, ob irgendwelche Spuren zurück geblieben sind.“

Also wusste er es.

„Es ist alles weg.“, flüsterte ich mit gesenktem Kopf und schob mein Shirt wieder zurecht.

„Was hat er dir alles erzählt?“, fragte Yukio und sah mir in die Augen.

Ich sagte es ihm. Alles jedes einzelne Wort, das Yuudai gesagt hatte. Und als ich ihm erzählte, wie er mich erstochen hatte, ballte er die Fäuste.

„Schon gut!“, versuchte ich ihn zu besänftigen. Aber er sah mich nur an, als verstünde er nicht, wie man auch nur daran denken konnte, so was zu vergessen. Dann liess er mich zu Ende erzählen.

„Und er hat dich wirklich einfach so gehen lassen?“ Yukio konzentrierte sich einen Moment und sagte dann: „Er ist nicht hier. Da stimmt was nicht!“

„Und wenn schon!“, warf ich ein, „Ich bin froh, dass ich wieder hier bin. Alles andere ist mir im Moment herzlich egal.“

„Du hast Recht.“ Er lächelte. „Tut mir Leid. Ich freue mich auch, dass du wieder da bist. Ich hatte Angst um dich!“

Und dann küsste er mich.

Zuerst war ich überrascht, aber dann liess ich mich fallen. Der Kuss war sanft. Und mein Herz schlug wie verrückt dabei.

„Hisa!“ Shins Stimme kam aus dem Flur und Yukio liess mich los. Ich starrte ihn an. Er wich meinem Blick aus.

„Hisa!“ Diesmal klang er erleichtert, als er rein kam und meinen Namen ein zweites Mal rief. Ich stand auf, lief ihm entgegen und schlang meine Arme um ihn.

„Wo ist Sayuri?“, fragte ich als wir uns los liessen.

Beide antworteten mir zu erst nicht und sahen zu Boden.

„Sie sagte, sie müsste was erledigen, nach dem sie erfahren hatte, dass Yuudai dich mitgenommen hatte. Seit dem haben wir sie beide nicht mehr gesehen.“, antwortete mir schliesslich Yukio.

Am nächsten Morgen sass mein Bruder am Küchentisch mit einem Brief in der Hand. Ich ahnte schon, von wem er war.

„Sie sagt, sie wird nicht wieder kommen und sie entschuldigt sich für alles.“

Er gab mir den Brief. Ich las ihn, es stand genau dass drin, was er gesagt hatte. Keine kitschigen Worte, nur zwei Sätze.

Sie war verschwunden. Einfach gegangen. Weil sie sich die Schuld für alles gab.

Wie hypnotisiert drehte ich mich um und lief in mein Zimmer. Ich bemerkte noch nicht mal, wie ich an Yukio vorbei ging.

Ich setzte mich in meinem Zimmer auf den Boden, zog die Beine an und schlang die Arme darum. So sass ich da, wartete auf … ja, was eigentlich? Auf nichts wahrscheinlich.

Sie hatte mich allein gelassen. Ich war ihr egal.

Ich sass da, machte mir Vorwürfe. Bis es an der Tür klopfte. „Ich bin es, Yukio. Darf ich?“

Ich gab keine Antwort.

Die Tür öffnete sich langsam, ich hörte es am leisen Quietschen, aber ich sah nicht auf. Erst, als er sich vor mich setzte, hob ich meinen Kopf ein wenig.

„Was willst du?“, fragte ich.

„Sie hat noch eine Nachricht hinterlassen. Sie sagt, sie wird jeden Tag eine Nachricht einwerfen um uns wissen zu lassen, dass es ihr gut geht. Und du sollst dir keine Sorgen machen.“

„Aber wenn sie das wirklich tun wird, dann könnte ich sie abfangen.“ Hoffnung keimte in mir auf. Ich wollte nicht, dass sie weg war. Dazu hatte ich sie in diesen letzten, unglaublichen Tagen viel zu lieb gewonnen. Viel lieber noch, als ich sie sowieso schon von den Briefen hatte.

„Das ist wahr. Das könntest du wirklich tun. Aber denkst du nicht, dass Sayuri einen Grund hatte, zu gehen? Und wenn du ihr wirklich egal wärst, würde sie sich nicht die Mühe machen, dich beruhigen zu können, oder? Warum lässt du es nicht einfach so wie es ist. Vorübergehend zumindest?“

Was er sagte, gab mir zu denken. Er hatte recht. Ich war ihr nicht egal. Es schmerzte, aber ich wusste, dass ich sie in Ruhe lassen musste. Im Moment zumindest.

„In Ordnung.“

Er legte mir den Arm um die Schultern, drückte mich an sich. Und es tat gut. Wirklich. Es half mir.

„Was hältst du davon, wenn wir was zusammen machen? Um dich aufzuheitern?“, schlug er vor.

Ich sah zu ihm auf. Lud er mich etwa ein? Zu einem Date? Mir fiel die Szene von gestern wieder ein. Als er mich geküsst hatte.

„j- ja, von mir aus.“

Er stand auf, hielt mir seine Hand hin. Er lächelte glücklich. Vielleicht wollte er mich wirklich nur aufheitern. Nichts weiter.

Fünf Minuten später liefen wir die Strasse entlang. Es war schon fast Nacht. Ich war den ganzen Tag in meinem Zimmer gehockt. Wir gingen etwas Essen und im Laufe des Abends schaffte er es, mich immer mehr abzulenken. Ich war ihm dankbar dafür, denn jetzt fühlte ich mich schon viel besser.

Am nächsten Nachmittag gingen wir ins Kino und am Tag darauf schlenderten wir durch die Stadt. Er gab sich wirklich Mühe.

Ich hatte mich bei ihm unter gehakt, ging dicht an seiner Seite und fragte mich unwillkürlich, ob wir wohl wie ein Paar wirkten. Ich wusste selbst nicht, ob wir eines waren, aber ich bemerkte, dass ich es mir wünschte. Ich wollte wirklich mit Yukio zusammen sein. Es war anders als mit Naoki. Bei ihm hatte ich einfach das Gefühlt gehabt, dass er anders war als die anderen, ich mochte ihn gerne, sehr sogar. Vielleicht liebte ich ihn sogar wirklich ein bisschen. Aber Yukio... Ich konnte mir schon beinahe nicht mehr vorstellen, was zu tun den ganzen Tag ohne ihn. Nach nur dieser kurzen Zeit, die ich mit ihm verbracht hatte.

Die Sonne wurde plötzlich von dunklen Wolken verdeckt und es begann zu regnen. Wir stellten uns schnell unter ein Dach eines teuren Restaurants, von wo wir aber schnell weg gescheucht wurden.

„Dort drüben, okay?“, fragte Yukio.

Ich stand wie versteinert da, starrte auf die andere Strassenseite und sagte zu ihm: „Geh schon mal vor, ich muss noch was erledigen.“

Er gab mir zuerst keine Antwort, sah mich an.

„Na gut.“, sagte er schliesslich, „Ich warte im Café auf dich.“, und ging davon.

Schnell rannte ich über die Strasse, in eine Seitengasse. Ich wusste nicht, warum ich freiwillig zu ihm ging, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich es musste.

Bevor ich nur etwas fragen konnte, hatte er mich auch schon an den Schultern gepackt und an die Wand gedrückt.

„Yuudai.“ Sein Name liess noch immer einen Schauer über meinen Rücken laufen.

„Ich hatte vergessen, dir etwas wichtiges zu erzählen.“, sagte er, sein überhebliches Grinsen auf den Lippen.

Er kam näher an mich ran, bis sein Mund neben meinem Ohr war.

„Yukio ist der am meisten unmenschlichste von uns allen.“, flüsterte er. Und dann war er weg.

Ich war allein.

Mehr denn je.

Auch er hatte gelogen. Yukio.

Die einzige Person, von der ich gedacht hatte, wäre noch ehrlich zu mir. Yukio.

Mein Bruder hatte mir nie die Wahrheit gesagt, Sayuri war verschwunden, jetzt auch noch er. Yukio.

Tränen rannen mir über die Wangen, meine Augen waren aufgerissen, als ich auf die Strasse rannte.

Der Regen wurde langsam sanfter als ich durch die Stadt rannte. Keine Ahnung wo hin. Nur in die andere Richtung wie Yukio.

Als ich stehen blieb, erkannte ich, zu meinem Erstaunen, tatsächlich meine Umgebung wieder. Ich war lange gerannt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich jetzt noch auskennen würde.

Aber die Tür vor der ich stand, war mir sehr wohl bekannt.

Ich klingelte.

„Ich wollte mir dir sprechen.“, sagte ich, als die Tür auf ging.



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