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Shin no yuri

Todeslilie
von

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Zen machte ein überraschtes Gesicht als er mich sah, sagte aber: „Klar, komm rein!“

Ich trat an ihm vorbei, ging ins Wohnzimmer, ohne dass er auch nur ein Wort gesagt hatte.

„Also, was wolltest du sagen?“, fragte er mich als wir uns gegenüber sassen.

Ich sah ihm fest in die Augen als ich ihm antwortete.

„Ich liebe dich. Willst mit mir zusammen sein?“ Es waren zwei simple Sätze. Nicht schwer zu sagen, wenn man sie nicht wirklich ernst meinte. Ich wusste nicht ob er in meinen Augen die Lüge erkannte, oder die steife Sturheit, die mich im Moment vollkommen einnahm.

Er brauchte einen Moment ehe er wirklich verstand, was ich gesagt hatte. Doch dann war sein Gesicht plötzlich voller Glück und er antwortete: „Natürlich! Ich dachte wirklich, du hättest mich ab serviert, vor ein paar Tagen!“

Ich fühlte mich schrecklich, dafür, dass ich ihn so benutzte. Aber ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen.

„Kann ich noch was fragen?“, fragte ich.

Er nickte, wartete.

„Könnte ich für die nächste Zeit … hier wohnen?“ Es war das, weswegen ich überhaupt erst gekommen war, aber ich fühlte mich sofort noch schlechter, als ich es gesagt hatte.

„Klar!“, stimmte er sofort zu. Er war ein bisschen rot geworden, als ich gefragt hatte, aber er war sichtlich begeistert von der Idee, mit mir unter einem Dach zu wohnen.

„Danke!“ Ich versuchte zu lächeln, und es echt aussehen zu lassen. Ob mir das gelang war die andere Frage, aber er schien es gar nicht zu bemerken.

Ohne lange zu fackeln zeigte er mir das Gästezimmer. Es war das Zimmer neben seiner Schwester und dürftig eingerichtet. Aber es war mehr als genug für mich.

„Sollen wir deine Sachen holen?“, fragte Zen.

„Nein!“ Ich schrie beinahe. Ich wollte nicht dort hin. Ich konnte nicht.

Er war sichtlich erstaunt, sagte dann aber: „Stress zu hause, hm?“

Ich gab ihm keine Antwort, nickte nur.

„Na gut. Du kannst die alte Schuluniform meiner Schwester ausleihen, wenn du willst, zumindest für ein paar Tage.“

Die Schule. Natürlich. Ich war seit Tagen nicht mehr zur Schule gegangen, hatte noch nicht mal dran gedacht. Wie sollte ich das erklären? Ich glaubte kaum, dass meine Eltern mich decken würden und mein Bruder … er würde es auch nicht. Nicht nachdem ich heute einfach verschwunden war.

„Danke.“, sagte ich. Ich war ihm dankbar. Einfach dafür, dass er keine Fragen stellte. Es einfach so hin nahm. Mich einfach so hin nahm.

Ich schlief nicht gut in dieser Nacht. Immer wieder erinnerte ich mich an all die Lügen, all die Dinge, die mir so wichtige Menschen einfach verschwiegen hatten. Die ich alle von einem Fremden erfahren musste. Selbst im Traum verfolgte mich das alles.

Am Morgen, auf dem Weg zur Schule, hielt Zen meine Hand als wir durch das Schultor gingen.

Wir hatte keine sonderlich grosse Schule, weshalb auch jeder immer über jede Beziehung Bescheid weiss. Und so wurden wir die ganze Zeit angestarrt. Weil alle wussten, dass ich mich gerade erst von Naoki getrennt hatte.

Ich wich ihren Blicken nicht aus, starrte stur nach vorne. Einmal drückte Zen meine Hand, wollte mir sagen, dass ich mir nichts daraus machen solle. Ich lächelte zu ihm hoch, dankend. Obwohl ich wusste, dass ich das nicht gebraucht hätte. Seine stumme Hilfe. Es wäre nicht nötig gewesen.

Im Klassenzimmer setzte ich mich an meinen Platz und bis der Lehrer kam, sass Zen auch noch auf meiner Tischplatte und sprach mit mir.

Zwei Sekunden nach dem er gegangen war, wusste ich schon nicht mehr, über was.

Die ganze Stunde über spürte ich Blicke, von über all. Alle beobachteten mich. Und es war mir egal.

Zwei Tage später ging es mir wieder ein wenig besser. Ich lachte wieder. Selten, aber ich tat es. Ich wusste nicht genau, ob ich lachte, damit Zen oder wer auch immer endlich zufrieden war, oder ob ich es tat, weil ich es wirklich wollte. Aber egal, aus welchem Grund, ich fühlte irgendwas dabei. Das war gut.

Ich mochte auch Zen immer mehr. Er war anders als die anderen, die nie über den Status 'Freunde' hinaus gekommen waren. Ich war mir sicher, dass ich ihn nicht liebte, aber vielleicht würde es irgendwann soweit sein und ich konnte endlich wieder anfangen, mein Leben normal zu leben. Vielleicht würde Zen mir helfen können, zu vergessen.

Zen und ich sassen in der Mensa, als ich Naoki eintreten sah. Er sah mich an, ich konnte seinen Blick nicht deuten.

„Ich komme gleich wieder!“, sagte in diesem Moment Zen, stand auf und ging davon.

Als er aus dem Raum war, sass sofort Naoki an seinen Platz.

„Du bist also schon wieder vergeben?“, fragte er.

„Offensichtlich.“ Ich wollte nicht mit ihm reden. Er gehörte zu meiner Vergangenheit. Wie alles, was vor Yukio und all dem passiert war.

„Du liebst mich noch, stimmt's?“, fragte er gerade heraus. Er wirkte so anders als ich ihn in Erinnerung hatte, dass ich beinahe das Gefühl hatte, einer anderen Person gegenüber zu sitzen.

„Nein.“ Ich konnte sogar ehrlich antworten. Ich liebte ihn nicht mehr. Ich liebte niemanden.

„Bist du dir da sicher? Ich denke, du hast gelogen, als wir uns getrennt haben.“

„Und wenn schon.“

„Was hältst du davon, wenn du uns eine zweite Chance gibst und wir noch mal zusammen kommen?“ Er hatte ein so arrogantes Lächeln aufgesetzt, dass er mich für einen Moment an Yuudai erinnerte und ein so starkes Gefühl von Hass brodelte in mir auf, dass ich aufstand und ihm mitten ins Gesicht schlug.

„Lass mich! Ich habe nichts mehr mit dir zu tun! Du gehörst zu meiner Vergangenheit! Also lass mich in Ruhe und verschwinde einfach aus meinem Leben!“ Ich schrie ihn an und es war mir egal dass das ganze Schulhaus zu hörte. Ich war mir noch nicht mal sicher, ob ich wirklich ihn meinte, oder all diese anderen Dinge. Tränen standen mir in den Augen als der ganze Schmerz wieder zurück kehrte.

„Hisa, beruhige dich.“ Zen stand hinter mir, nahm mich in den Arm und führte mich aus der Mensa, weg von dem perplexen Naoki.

Auf dem Weg zu ihm nach Hause entschuldigte ich mich bei Zen. Die anderen würden jetzt auch nicht gerade gut von ihm denken.

Ich war mitten im Sprechen, als ich stehen blieb. Ich wollte ihn nicht sehen. Verschwinde, schrie ich ihn in Gedanken an. Doch er blieb stehen, verschwand nicht.

„Was ist los?“, fragte mich Zen, als ich nicht mehr weiter lief. Ich beachtete ihn nicht.

„Was willst du? Ich komme nicht zurück! Ich will das nicht, verstehst du? Ich will das alles gar nicht!“

„Ich bin nicht gekommen um dich zurück zu bringen. Ich wollte nur deine Hilfe.“ Er sah so unendlich traurig aus.

„Wer ist das?“ Zen sah verwirrt zwischen mir und Yukio hin und her.

„Bitte!“ Yukio flehte. Er sah so zerstört aus. Ich wollte zu ihm hin, ihm helfen, weil, weil... ich ihn liebte. Ich konnte es nicht länger leugnen. Es war nun mal eine Tatsache. Und es war der Grund dafür, dass der Schmerz als ich herausgefunden hatte, dass auch er nicht ganz ehrlich gewesen war, nur noch um so grösser war.

„Was ist hier los? Hisa?“ Zen stand hilflos da, wusste nicht, was er tun sollte. Er schüttelte mich. Ich reagierte nicht. Meine Augen waren auf Yukio gerichtet.

„Was ist los?“, fragte jetzt auch ich, aber an Yukio gerichtet.

Er sah auf seine Füsse und antwortete dann leise: „Sayuri schreibt nicht mehr. Wir können sie nicht finden.“

Eine riesige Angst machte sich in meiner Brust breit. Sayuri.

„Warum?“, fragte ich hoffnungsvoll. Ich wusste, er würde mir keine Antwort darauf geben können und dennoch, vielleicht...

Doch er schüttelte nur den Kopf.

„Hisa! Hisa, bitte!“ Zen. Er schüttelte mich noch immer, auf eine Antwort hoffend.

Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen.

„Es tut mir Leid.“, flüsterte ich und ging an ihm vorbei auf Yukio zu. Ich rannte mit ihm zurück, zurück zu meinem zu Hause und ich fühlte endlich, dass ich nie irgendwo anders hatte sein wollen.



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