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Percy Jackson und die Erbinnen der göttlichen Magie

von

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Wir beseitigen alle Klarheiten

So flogen wir los und entfernten uns immer weiter vom Flugzeug. Wir hatten noch gesehen, wie die Wasserrutsche aus dem notgewasserten Luftverkehrsmittel ausgeklappt wurde und zahlreiche kleine Punkte in Schlauchboote rutschten. Ich wäre eigentlich gern noch mal ran geflogen, um unser Gepäck zu holen, doch den Schock nach einem Absturz mit fliegenden Pferden belagert zu werden, wollte ich den gebeutelten Passagieren nicht zu muten. Ich hatte ihn ja selber kaum richtig verdaut. Aber zumindest waren Nicky und ich am Leben. Der Rest würde sich fügen. Irgendwie.

Als wir bereits einige hundert Meter zurückgelegt hatten, holten uns die drei anderen Punkte ein, die schon die ganze Zeit auf uns zugesteuert waren. Näherkommen hatten sie sich als drei weitere Pegasi, ein Weißes, ein Schimmel und ein Schwarzes, entpuppt.

Heute schien wohl Pegasusausflugtag zu sein. Zwei der mythischen Pferde hatten zusätzlich noch einen Reiter im Gepäck. Da meine Augen nicht so berauschend waren, konnte ich die beiden Gestalten erst richtig erkennen, als sie schon ganz nah bei uns waren.

„Ganz gut gemacht, Seetanghirn. Du solltest öfter auf mich hören.“, begrüßte unsere Begleiterin die beiden Neuankömmlinge.

„Als wenn ich das nicht immer mache.“ Der sich anscheinend mit Seetanghirn angesprochen gefühlte Junge, grinste zurück.

„Seid ihr ok?“, erkundigte sich der Zweite, ein schmächtig wirkender Junge mit krausem Haar, das unter einer viel zu großen Mütze hervorlugte, mit nervöser Stimme.

„Ich denke ja. Die Beiden sind zwar etwas mitgenommen, aber anscheinend unverletzt. Wenn wir Land erreichen, machen wir erst mal eine Pause, damit Kid nicht mehr beide tragen muss und wir ihnen erst mal alles erklären können.“, schrie das Mädchen ihren Bekannten zu, denn der Flugwind war ganz schön heftig, sodass er einem fast die Worte von den Lippen riss.

Mich erstaunte es echt, dass ich nicht schon schlotterte wie ein Schlosshund. Die anderen Drei hatten Jacken an, Nicky und ich hatten unsere leider im Flugzeug dem Meer opfern müssen. Sie zitterte deswegen auch wie ein ganzer Hain voll Espenlaub, auch wenn ich versuchte sie wenigstens etwas zu wärmen. Ich fror nämlich seltsamerweise nicht. Und das obwohl ich sonst ne ziemliche Frostbeule war. Aber der Tag hat hatte merkwürdig angefangen, warum sollte er dann nicht auch merkwürdig weiter gehen? Auf jeden Fall war ich schon mal auf die Erklärung gespannt, die die Gestalten auf den anderen Pegasi uns geben wollten. Aber erst mal hatte ich genug damit zu tun, uns auf dem Pferderücken zu halten, denn bei der hohen Fluggeschwindigkeit war man leicht vom Winde verweht.
 

Als ungefähr fünf Minuten später endlich Land in Sicht kam, war ich mehr als erleichtert. Die Bewegungen des fliegenden Pferdes gingen nämlich ganz schon auf die Oberschenkel und die hatten eigentlich schon nach dem Rumhängen den Streik angekündigt gehabt. Ein paar Minuten mussten sie dann aber doch noch aushalten, bis wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Oder zumindest erst mal auf Pferdefüßen, denn so steif wie wir mittlerweile waren vom Pegasus runter zu kommen, erforderte noch einmal etwas Zeit. Die anderen Drei schwangen sich dagegen beneidenswert elegant von den prächtigen Pferden, mal abgesehen von dem Jungen mit der Mütze, der anscheinend etwas Probleme mit seinen Gliedmaßen hatte.

Nachdem die Landung auf dem Rücken eines fliegenden Pferdes etwas unsanft gewesen war, war ich nun mehr als erleichtert auf dem Erdboden zusammen sinken zu können. Nicky tat es mir gleich und so hockten wir ein paar Minuten da wie zwei Häufchen Elend.

„Wir haben zwar nicht viel Zeit, nicht dass SIE uns noch entdecken, aber eine kurze Rast ist in Ordnung.“, verkündete das Mädchen während sie sich aufmerksam umsah.

Mir war grad alles um mich herum egal. Ich saß einfach nur da und freute mich über die herrlich feste Konsistenz des Erdbodens und den erdigen Geruch wie eine Schneekönigin. Schnee... auch darüber hätte ich mich gefreut, solange er auf Erde gefallen wäre. Oder Regen, auch gut, von mir aus auch nasser Boden. Oder Stein. Alles, nur keine Luft.

Erst jetzt wurde mir richtig bewusst, in was für Höhen ich mich die ganze Zeit befunden hatte. Und auch meine Höhenangst, die sich die ganze Zeit über zum Glück einigermaßen zurückgehalten hatte, wollte mir wohl noch mal verdeutlichen, dass ich solche Ausflüge in den Himmel in Zukunft besser zu unterlassen hatte. Mir war nachträglich plötzlich ziemlich schlecht, allerdings versuchte ich mich zusammen zu reißen.

„Hier, trinkt erst mal etwas. Aber nur ein paar Schlucke.“ Das blonde Mädchen, das schätzungsweise so um die 15 sein musste, hielt uns eine Feldfalsche vor die Nase.

Sie hatte unschwer mitbekommen, dass wir ziemlich blass aussahen.

Nachdem Nicky und ich ein paar Schlucke Wasser, zumindest glaubte ich zunächst, dass es Wasser war, bevor sich der herrlich süße Geschmack von reifen Mangos auf meiner Zunge breit machte, zu uns genommen hatten, ging es uns um einiges besser, zumindest körperlich.

„So, dann wollen wir mal mit der Vorstellungsrunde beginnen.“, meinte sie lächelnd, bevor sie sich zu dem hageren Jungen wand, der irgendwie ziemlich gehetzt aussah, „Grover, nur zur Kontrolle, sind es die Richtigen?“

‚Grover?’ Ich riss die Augen auf und beobachtete die drei Teenager genau, während mein Gehirn anfing wie verrückt alle Rädchen zu drehen.

Der angesprochene Junge blickte nervös in der Gegend umher, bevor er die Nase in unsere Richtung streckte und anfing zu schnuppern, als suche er die nächste Würstchenbude.

Auch wenn ich heute nicht wirklich geschwitzt hatte, hoffte ich mal, das mein Deo einigermaßen durchgehalten hatte. Doch der seltsame Schnüffler schien nicht zu erkunden, ob wir eine Dusche brauchten. Fahrig nickte er: „Ja, eindeutig. Das sind sie.“

Ich wusste nicht, wie er erriechen konnte, wer wir waren, aber die ganze Szenerie beunruhigte mich. Auch Nicky hatte einen ziemlich skeptischen Blick aufgesetzt.

„Sehr gut. Dann können wir ja mit den Erklärungen beginnen. Mein Name ist Annabeth...“

„Chase?“, platzte ich fragend in ihre Vorstellung.

Sie sah mich etwas verwundert an, nickte dann aber.

Ein heiseres Keuchen entrann mir. Genau so hieß Percy Jacksons Kampfgefährtin! Tochter der Athene. Eine Demi-Gottheit. Und sie hatte den dunkelhaarigen Jungen neben sich erst Percy genannt!

Mir wurde wieder schlecht. Das konnte doch gar nicht sein! Nein, nein, nein, das war einfach nicht möglich!

Für einen Moment setzte mein Herzschlag aus, bevor sich ein ablenkender Gedanke in mein Hirn drängte. Konnte es denn sein...? Vielleicht war das Ganze ja doch erklärbar. Vielleicht war das alles nur eine gut inszenierte Vorstellung des Filmstudios, die uns gleich zu Beginn unserer Reise etwas ganz besonderes bieten wollten? Wenn ja, hatten sie wirklich mehr als übertrieben. Allerdings gab es ein entscheidendes Problem an meiner Theorie.

Das Mädchen mir gegenüber, sah überhaupt nicht aus wie im Film! Das war auf keinen Fall die Schauspielerin Alexandra Daddario, denn die hatte braune Haare gehabt und auch sonst anders ausgesehen. Die Annabeth hier, war ebenso hübsch, aber eben blond, genau wie im Buch. Aber vielleicht war das auch alles nur ein Zufall, wenn auch ein ziemlich großer, denn Annabeth war sicher nicht Nummer Eins der beliebtesten amerikanischen Mädchenvornamen und in Kombination mit Chase… so hießen ganz sicher nicht viele.

„Hi, ich bin Percy.“, unterbrach der Junge neben ihr die kurz eingetretene Stille.

„Percy Jackson?“ Ich hakte lieber noch mal nach, auch wenn ich mittlerweile meinte die Antwort sowieso schon zu kennen.

„Eh, ja. Genau.“, brachte er ebenso erstaunt hervor.

Na ganz toll, nun sank die Wahrscheinlichkeit eines bloßen Namenszufalls weiter gegen null.

„Und dann ist das bestimmt Grover Underwood?“ Auch wenn der Dritte im Bunde ebenso wenige Ähnlichkeiten mit dem Schauspieler aus dem Film hatte, denn der war seltsamerweise Afroamerikaner gewesen und nicht wie im Buch beschrieben ein schlaksiger, blasser Junge, konnte es jetzt ja nur noch er sein. Nur die seltsame Art zu Laufen, eine halb hopsende, halb stolpernde Bewegung, war bei Beiden gleich.

Auch wenn sich gerade ganz viele Hinweise häuften, ich weigerte mich irgendwie deren Bedeutung zu akzeptieren.

„Woher weißt du das?“, erkundigte sich nun Annabeth neugierig, gleichzeitig aber auch mit leicht skeptisch zusammen gekniffenen Augen.

„Na vom Buch.“ Auch wenn ich nun wirklich ernstlich verwirrt war, so schuldete ich ihr eine Antwort.

„Was für ein Buch?“ Percy schaute uns verdutzt an.

Genauso wie er aussah, fühlte ich mich. Immer wieder gelangte mein Verstand an seine Grenzen, wenn ich über diese Angelegenheit nachdachte. Das ergab alles keinen Sinn. Sicher, ich hatte erwartet Percy Jackson, Annabeth Chase und Grover Underwood auf dieser Reise kennen zu lernen, immerhin sollte ja ein Meet & Greet stattfinden, doch ich hatte mit Logan Lerman, Alexandra Daddario und Brandon T. Jackson, den drei Schauspielern aus dem Film, gerechnet und nicht mit den Echten!

Nein, das letzte Wort vergaß ich schnell mal wieder. Es konnte keine Echten geben, weil das alles nur eine von Rick Riordan erfundene Geschichte war. Es gab in der Realität keinen Percy Jackson, Sohn des nicht existierenden Poseidon, keine Annabeth Chase, Tochter der nicht existierenden Athene, und erst recht keinen Grover Underwood, einen gefälligst nicht existierenden Satyrn! So etwas gab es einfach nicht!

Dachte ich während mein Blick auf die vier geflügelten Pferde fiel. Auch Pegasi durfte es eigentlich nicht geben und doch war ich eine ganze Weile auf einem davon durch den Himmel geritten und es hatte sich doch verdammt real angefühlt. Ich wusste echt nicht mehr, was ich noch glauben sollte. Hatte man uns vielleicht Drogen unters Bordessen gemischt? Meine Gedanken kochten in einer unheilvollen Suppe, die mir nicht so recht etwas Schmackhaftes anbieten wollte.

„Percy Jackson - Diebe im Olymp.“, hörte ich Nicky sagen.

Sie sah genauso verwirrt aus wie ich, aber sie hatte zumindest verstanden, was ich mit Buch gemeint hatte.

Nun war es an der Reihe unserer Gegenüber blöd zu gucken.

„Es gibt ein Buch von Percy?“ Annabeth brauchte nicht erst eine Augenbraue in die Höhe zu ziehen, ihre Stimme verlieh der Aussage schon genug Skepsis.

„Drei bisher, um genau zu sein. Also zumindest in Deutschland.“ Auch ich fand endlich wieder zum Gespräch zurück.

„Also ich weiß von nichts. Ehrlich!“ Percy zog verteidigend die Hände nach oben, als er dem forschenden Blick seiner Freunde ausgesetzt war.

„Könnt ihr uns das bitte genauer erklären. Wir haben keine Ahnung was ihr meint.“ Annabeth war nicht gewillt, die Sache so einfach auf sich beruhen zu lassen, was, laut Buch, auch typisch für sie war.

Ich schaute Nicky an, die nur mit den Schultern zuckte und dann zu erzählen begann. Sie war in Kurzzusammenfassungen wesentlich besser als ich, also überließ ich ihr das Reden, wie meistens sowieso: „Ich hab vor etwa vier Jahren einen Empfehlung bekommen, dass ich ein neues Fantasybuch lesen sollte, was „Percy Jackson – Diebe im Olymp“ hieß. Darin geht es um einen Jungen, der der Sohn des Poseidon ist, also eine Demigottheit, der ständig von Monstern verfolgt wird, so einen komischen Ziegenjungen- wie hießen die Teile, was auch Pan ist?-, trifft, dann in so ein Camp kommt und zusammen mit ihm und einer Tochter der Athene aufbricht, um den von Luke geklauten Herrscherblitz von Zeus zurück zu holen. Gibt viele Hindernisse, aber am Ende schaffen sie es und es herrscht wieder Friede im Olymp. Da es mir gut gefallen hat, hab ich mir dann auch die beiden anderen Bände, wo es glaub ich um Zyklopen und dann Thalia und die Verhinderung der Auferstehung von – ach, wie hieß der Typ in dem Loch gleich nochmal?- na egal- ging. Jedenfalls fand ich die alle toll und hab die Bücher auch Taja ausgeliehen. Sie war auch begeistert und wir sind auch zusammen in den Kinofilm gegangen, der diesen Februar rauskam. War zwar bisschen anders als das Buch, vor allem die Kampfszene mit Ares hat mir gefehlt, aber trotzdem lustig. Und dann hat Taja bei einem Gewinnspiel vom Film teilgenommen und letzte Woche eine Reise gewonnen, wo wir uns die Filmkulissen ansehen sollten und auch die Schauspieler treffen. Aber stattdessen ist das Flugzeug abgestürzt und nun sitzen wir hier mit euch und ihr heißt genauso wie die Typen aus dem Buch und Film, nur ihr seht anders aus, als die Schauspieler.“

Das war so im Groben die ganze Story, wie wir in diese außergewöhnliche Situation gekommen waren, erzählt ohne Punkt und Komma wie es manchmal Nickys Art war. Allerdings schien sie nicht besonders überzeugend gewesen zu sein, denn die Drei guckten uns nun erst recht an, als wären wir kleine grüne Marsmännchen.

„Ich weiß wirklich nicht, von was für Büchern oder Filmen ihr sprecht, aber ja, das hier ist Percy Jackson, der Sohn des Poseidon, meine Mutter ist Athene und das hier ist ein Satyr und ja, was du eben geschildert hast, haben wir tatsächlich erlebt.“ Annabeth machte ein sehr ernstes Gesicht. Viel zu ernst um einen Scherz zu machen.

Dabei konnte das doch gar nichts anderes als ein Scherz sein! Oder träumte ich etwa mal wieder einen meiner verrückten Träume, wie der mit dem rosa Riesentintenfisch, der die Stadt angriff, oder den Piraten, die auf unserer Straße rumsegelten und Werbung für Trinkjoghurt gemacht hatten? Nur für einen Traum fühlte sich das alles viel zu real an. Ich schloss kurz die Augen und versuchte mir zu befehlen ‚Wach auf!’ Doch es brachte nichts. Als ich meine Guckerchen wieder aufmachte, hatte sich rein gar nichts an der Umgebung geändert.

„Aber ihr könnt doch nicht real sein!“, platzte es plötzlich verzweifelt aus mir heraus.

‚Nicht schon wieder die Leier.’ Das Pegasus neben mir verdrehte die Augen.

„Sind wir aber nun mal. Genauso wie ihr.“, erklärte Percy gelassen.

Er selbst hatte eine ganze Weile daran zu knabbern gehabt, zu akzeptieren, dass sein bester Freund Hufe anstatt Füße hatte, sein Lehrer mit einem Pferdehinterteil ausgestattet war, seine Freundin sich unsichtbar machen konnte, dass es fliegende Pferde, Mumienorakel, jede Menge Ungeheuer, die hinter ihm her waren und vor allem griechische Götter gab, von denen einer sogar sein vermisster Vater war, also verstand er, warum es für andere etwas schwer zu verdauen war.

Ich wusste nicht wirklich, ob ich mich real fühlen sollte. Die breiige Masse meines Gehirns weigerte sich auf jeden Fall schon mal.

„Dann seid ihr also tatsächlich Percy, Annabeth und der Ziegenjunge? Und ihr seid wirklich Halbblute?“ Nicky schien ein bisschen weniger Probleme damit zu haben den Zementklotz der irrationalen Ereignisse zu verdauen, denn ihre blauen Augen funkelten schon wieder interessiert.

Dass sie Grover mit Ziegenjunge ansprach, verwunderte mich nicht. Sie hatte kein so besonders gutes Gedächtnis was Namen und deren Aussprache anging. Ich war ja nur froh, dass sie kein anderes Tier mit reingemixt hatte. Grover sah so schon nicht besonders glücklich aus und ‚Kuhjunge’ hätte ihm sicher nicht aufgeheitert. Er hielt sich im ganzen Gespräch sowieso ziemlich zurück und guckte die ganze Zeit nur sehr gehetzt in der Gegend herum, als würde er ganz dringend eine Toilette suchen.

Dafür übernahm Annabeth nur zu gern das Wort: „Ja, das sind wir wirklich. Und wir sind genau wie ihr Halbblute.“

Gerade hatte ich ein wenig angefangen zu akzeptieren, dass sie ganze Geschichte, die ich sonst nur als Buch gelesen hatte, tatsächlich real sein sollte, da kriegte mein Verstand den nächsten Knock-out Schlag und blieb hilflos am Boden liegen.

„Wir? Halbblute?“ Die Aussage, dass wir beide, zwei völlig normale junge Frauen, einen göttlichen Elternteil haben sollten, schien auch Nickys Vorstellungskraft zu übersteigen.

„Ja ja, ganz eindeutig, ihr riecht so extrem nach Halbblut, da kann ich mich gar nicht irren.“, verkündete Grover mit leicht abwesender Stimme, während er weiter unruhig von einem Fuß, pardon Huf, auf den anderen sprang. Anscheinend musste er wirklich aufs Klo.

Satyrn waren in der Lage potenzielle Gotteskinder zu erkennen und wurden oft ausgeschickt um sie zu beobachten, falls Monster auf sie aufmerksam wurden oder sich gar ihre Kräfte bemerkbar machten.

„Außerdem hat das Orakel zwei Halbblute angekündigt. Deswegen sind wir ja extra hergekommen, weil es prophezeit hat, dass ihr in Schwierigkeiten stecken würdet. Was ist denn eigentlich genau passiert?“

Ach na super, die alte verschrumpelte Mumie im Dachboden des Haupthauses des Camp Half-Blood hatte uns also angekündigt. Das konnte ja gar nichts Gutes bedeuten.

„Percy, du kommst vom Thema ab. Das können uns die Beiden auch noch später im Camp erzählen. Wichtig ist jetzt erst mal, dass ihr einigermaßen versteht, dass auch ihr Kinder von Göttern und damit in Gefahr seid. Von welchem Gott ihr abstammt wissen wir zwar nicht, aber momentan brauchen wir jede Art von Verstärkung. Da ihr ja anscheinend schon grob Bescheid wisst, können wir weitere Erklärungen vielleicht auf später verschieben. Erst mal ist wichtig, dass ihr in Sicherheit kommt, denn ich bezweifle, dass was auch immer für ein Monster euch angegriffen hat, sein Scheitern auf sich beruhen lassen wird. Wir müssen ins Camp aufbrechen.“ Annabeth hatte beschlossen, dass jeder erst mal genug Informationen bekommen hatte, auch wenn sie uns nur noch mehr verwirrt hatten, und es nun Zeit war, die Rast zu beenden.

Doch mich hatten ihre letzten Worte auf etwas gebracht.

„Skythische Dracanae!“ Mir war es im wahrsten Sinne des Wortes gerade wie Schuppen von den Augen gefallen.

„Was?“ Die anderen Vier sahen mich erstaunt an.

Ich musste mich erst mal leicht schütteln, bevor ich wieder etwas herausbringen konnte: „Die Riesenechse im Flugzeug war eine skythische Dracanae!“

Ich hatte mir die Beschreibungen der ganzen Monster in den Bänden ziemlich gut durchgelesen und merkte mir auch sonst Ungeheuer und Fabelwesen (die nun wahrscheinlich gar nicht mehr so fabelig waren) ganz gut, weshalb ich nun plötzlich wusste, mit wessen Reptilienkrallen ich es zu tun bekommen hatte.

Percy, Annabeth und Grover sahen sich mit vielsagendem Blick an. Zumindest sagte er ihnen wohl viel, denn Nicky und ich konnten uns nur wenig erschließen.

Ich konnte ein leises, gepresstes „Die gehört sicher zu Luke.“ hören, doch mehr wollten uns die drei lebendig gewordenen Buchfiguren scheinbar nicht sagen.

„Dann sollten wir umso schneller aufbrechen.“ Annabeth Miene schien plötzlich wie versteinert.

Mir war klar, dass es ihr nicht gefiel immer wieder daran erinnert zu werden, dass ihr ehemaliger Freund und Beschützer die Seiten gewechselt hatte und nun zu einer Bedrohung für die ganze abendländische Zivilisation wurde.

„Seid ihr schon wieder einsatzbereit?“, wandte sich Percy inzwischen an die grasenden Pegasi.

Das Schwarze hob den Kopf und meinte genüsslich kauend: ‚Aber sicher Chef!’

Wenn der Junge tatsächlich Percy Jackson war, dann war das da Blackjack, der schwarze Hengst, den Percy vor einiger Zeit aus Lukes Fängen befreit hatte und ihm seither treu ergeben war. Gut, vermutlich wäre er das auch so gewesen, denn alle Arten von Pferden mochten Percy sehr, da er der Sohn ihres Erschaffers war.

Jetzt wusste ich auch, wen mein Pegasus erst mit Chef gemeint hatte.

Alle fünf Unpaarhufer kamen herangetrottet.

„Kid, nimmst du wieder... eh...“ Percy sah mich etwas verlegen an.

Doch nicht er brauchte verlegen sein, denn uns war es unhöflicher Weise in dem ganzen Chaos entgangen, uns vorzustellen.

„Taja.“, Nicky übernahm wie so oft für mich das Vorstellen, aber vermutlich nur damit ich nicht mit meinem richtigen Namen rausrückte und die Anderen dann damit verwirrte, dass sie mich anders nannte, „Und ich bin Nicky.“

Somit verhinderte sie auch, dass ich sie vielleicht mit Nicole vorstellen konnte, denn ihren vollständigen Namen hasste meine Freundin wie die Pest. Mich wunderte es zwar, dass sie sich nicht wie sonst öfters mit Paula vorstellte, doch vielleicht dachte sie daran, dass ich sie eh so nicht nennen würde und wir dann das selbe Namenswirrwarr wie bei mir hätten.

„Gut, dann nimmt Taja Kid und du am besten Pünktchen.“ Percy teilte uns die beiden freien Pegasi zu.

‚Na solang sie nicht wieder auf meinen Rücken donnert, von mir aus. Ich merk schon die erste Verspannung von deinem Aufprall.’, verkündete Kid, das Pegasus, welches mich gerettet hatte und verzog dabei theatralisch das Gesicht.

Ich verzog ebenfalls das Gesicht, da ich ganz bestimmt nicht freiwillig mitten im Flug auf dem Klepper gelandet war und auch mir langsam sämtliche Gliedmaßen wehtaten. Ich wollte einfach nur noch ins Bett. Hinlegen, Ausruhen, Schlafen. Wenn ich allerdings gewusst hätte, dass ich gar nicht viel später eine etwas unangenehme Gelegenheit dazu haben würde, hätte ich mir etwas anderes gewünscht.
 

Eine ganze Weile später gab es nichts außer dem gleichmäßig rauschendem Schlagen der Pferdeflügel, ihren blöden Kommentaren zu allem Möglichen und dem scheinbar endlos unter uns dahinziehenden Wald. Ich wusste nicht genau, wo wir uns momentan befanden. Nur, dass wir uns auf dem Weg nach Long Island, oder genauer gesagt dem Camp Half-Blood, gemacht hatten. Aber selbst wenn sie es uns gesagt hätten, wo wir uns befanden, hätte es mir nichts genützt, denn in Geografie war ich eine absolute Niete.

Also ließ ich mich einfach nur tragen und versuchte mich irgendwie von den Schmerzen in den Beinen abzulenken. Es gingen mir eine Menge Gedanken durch den Kopf, von denen aber keiner wirklich lange genug bleiben wollte, um richtig realisiert zu werden. Es war einfach zu viel in den letzten Stunden passiert. Mein Verstand lag immer noch K.o. in der Ringecke und so fiel es mir plötzlich nicht mehr ganz so schwer hinzunehmen, dass sich zwei Kinder griechischer Gottheiten und ein Ziegenhalbmensch unserer kleinen Reisegesellschaft angeschlossen hatten und die uns in eine Art Ferienlager für Nachwuchshelden bringen wollten. Eigentlich wäre ich jetzt viel lieber gemütlich in New York aus dem Flugzeug gestiegen und hätte mich in ein normales Hotel chauffieren lassen, aber man konnte wohl nicht alles haben.

Ich hatte doch geahnt, dass dieser Gewinn seinen Haken haben würde. Aber zumindest würde uns wohl in nächster Zeit nicht langweilig werden.

Ich fragte mich nur, wie ich das Ganze meiner Mutter erklären sollte, denn die musste ich irgendwann auf jeden Fall anrufen, nicht, dass sie einen Nervenzusammenbruch bekam wenn ihr mitgeteilt wurde, dass ihre Tochter nach einem Flugzeugabsturz verschwunden war.
 

‚Auuu!’ Ein markerschütternder Schmerzensschrei klang in meinen Ohren.

Bevor ich wusste was passiert war, stürzte ich zum dritten Mal an diesem Tag auf einem Pferderücken gen Erdboden.

‚Ich werde sterben!’, jammerte Kid, während wir wie ein nasser Sack um uns selbst trudelnd nach unten rasten.

Ich war zwar ebenso von entsetzlicher Panik erfasst, dennoch schaffte ich es irgendwie auf dem Pferd zu bleiben. Meine Erfahrung im Runterfallen von bockenden Pferden zahlte sich nun aus, denn ich wusste zumindest halbwegs was ich auf keinen Fall machen durfte. Ich presste meine Schenkel so fest es ging an seine bebenden Flanken, krallte meine Finger in eisernem Griff in die struppige Mähne und legte mich möglichst flach an, um dem Wind keine Angriffsfläche zu bieten.

Und ich fing an zu beten, denn dieses Mal sah es nicht so aus, als ob der freche Gaul nur Spaß machte. Ich war immer Atheistin gewesen, doch da man mir gerade gesagt hatte, dass es zumindest die griechischen Götter gab, trat ich mal eben dem griechischen Polytheismus bei. Keine Ahnung wessen Kind ich angeblich war, aber wer auch immer sollte gefälligst mal seine göttlichen Fühler ausstrecken und mir irgendwie helfen, wenn er schon nie Unterhalt bezahlt hatte!

Aber leider schien mein göttlicher Elternteil gerade in einer ganz wichtigen Besprechung zu sein, denn die Bäume kamen immer näher und schließlich so nah, dass ich die Äste direkt mit meinem Gesicht und meinem restlichen Körper betrachten konnte. Unter großem Krachen durchbrachen wir den sonst so friedlichen Wald. Kurz vor dem Boden, konnte ich mich dann doch nicht mehr halten und schlug einige Meter entfernt von dem weißen Pferdekörper auf dem Waldboden auf, was mein Glück war, denn sonst wäre ich wohl unter Kids Masse begraben wurden. Aber auch so jagte unbeschreiblicher Schmerz durch meinen Leib. Ich bekam noch mit, dass etwas Anderes in der Nähe aufschlug, dann betäubte die Qual meine Sinne und schickte mich eine Runde schlafen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yinhu
2010-07-24T23:06:20+00:00 25.07.2010 01:06
Ein großes lob, aus meiner sicht: ich finde es ist sehr gut geschrieben.
(und nicht nur dieses Kapitel)
Mit sehr viel witz und humor. Auch die be- und umschreibungen zu einzelnen wesen ^-^ und situationen sind gelungen.

Es ist sehr schön etwas zu lesen wo einem das lächeln aus dem gesicht nicht mehr weichen möchte.


Liebe Grüße,
Yinhu


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