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Ehre und Stärke IV: Thors Hammer

Gundam Wing goes ancient Rome
von

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Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte.
 

Kapitel XXVIII
 

‚Na das konnte ja heiter werden‘, dachte Treize bei sich als er in die grimmigen Gesichter der Germanen blickte, die sie auf ihrer kleinen Expedition auf der Suche nach dem Tallgeese begleiteten. Glücklicherweise hatte auch er seine Getreuen bei sich und er erinnerte sich selbst daran, dass er Trowa und den anderen unbedingt die Order geben sollte, dass sie ihre Zelte nahe an dem von ihm und Zechs errichten sollten. Sicher war sicher. Diesen Germanen traute er noch immer alles zu, auch wenn sie sich mit einem Meuchelmord den Zorn Zechs‘ zuziehen würden.

Sie waren heute früh beim ersten vorsichtigen Tageslicht, dass es gewagt hatte, das Schneegestöber zu erhellen, aufgebrochen. Es sprach für die stetige Einsatzbereitschaft der Germanen, dass ihnen dennoch so viele gefolgt waren. Eigentlich hatten sie dies durch den plötzlichen und frühen Abmarsch verhinder wollen.
 

Um also seine eigene Position und Ansehen bei den Germanen zu verbessern, war es unerlässlich, dass er den Tallgeese fand. Dummerweise hatte Relena verkündet, dass er es sei, der dieses mysteriöse Etwas auffinden würde. Treize hoffte für sie, dass es sich bei ihrem Geplapper wirklich um eine Vision gehandelt hatte. Sonst würde er den reizenden Hals der jungen Germanin - und Zechs‘ Schwester - nur allzu gerne eigenhändig umdrehen. Zum Glück ahnte Zechs nichts von seinen düsteren Gedanken. Der ritt indes weit, weit hinter Treize im Tross und machte sich mit Duo einen Spaß ihren Falken in die Luft steigen zu lassen.
 

Relena war es auch gewesen, die ihnen die ungefähre Richtung vorgegeben hatte, wo sie nach dem Tallgeese zu suchen hatten. Jetzt musste sich Treize bereits auf die angeblichen Visionen einer jugendlichen Göre verlassen. Herrlich! Er war der alleinige Herr über sein Schicksal. Er traf die Entscheidungen, nicht etwa Relena!
 

Doch einen Trumpf hatte auch er im Ärmel und er konnte nicht mit Gewissheit sagen, ob Relena dies wusste: Die beiden Medaillons und der Wegweiser-Dolch. Treize war sich ziemlich sicher, dass seine Verbindung zu den Medaillons sich gefestigt hatte. Er hoffte, dass sein Vater und seinen alten Lehrer. Die schon längst bei den Ahnen weilten, nicht diese Mutmaßungen mitanhörten. Er konnte es sich ja selbst nicht erklären, wie er zu zwei Metallscheiben eine ‚Verbindung‘ aufbauen sollten. Jedoch war es unbestreitbar, dass in ihnen merkwürdige Kräfte ruhten. Er selbst hatte dies am eigenen Leib erfahren.
 

Und so war es für ihn auch eine Beruhigung, als er die eine Hand von den Zügeln seines Pferdes nahm und stattdessen in seine Tasche steckte. Ja, das Metall war angenehm warm, was es nicht sein durfte bei diesen Außentemperaturen und dem ganzen Schnee, durch den die Pferde stapften. Die Scheiben waren sogar wärmer als noch heute Morgen, befand er. Sie waren ganz sicher auf dem richtigen Weg.

Ja, das war gut. Diese Zuversicht musste er sich erhalten.
 

Womöglich ruhten in Zechs‘ Kopf auch noch Erinnerungen an diesen versteckten Ort. Erinnerungen, die der Germane unbewusst verdrängt hatte, als damals seine Eltern ermordet worden waren. Je mehr sie über den Ort des Tallgeeses wussten, desto besser, das war unbestreitbar. Doch bis jetzt hatte Zechs sich hierzu noch nicht geäußert. Schon gar nicht, wenn ein Dutzend germanische Augen auf sie gerichtet, aber auch nicht, wenn sie unter sich waren.
 

Sie waren bereits den halben Tag unterwegs, als Treize es nicht mehr auf seinem Pferd hielt. Er fühlte, sie waren dem Bestimmungsort ganz nahe. Doch vorsichtig wie er war, ließ er ihren Trupp weiter reiten. Er würde später mit Zechs alleine zurückkehren, denn er hatte etwas entdeckt.

Unauffällig ließ Treize seinen Blick über die Bäume und Felsen streifen. Die Felsen waren das einzige auffällige Landschaftsmerkmal hier. Es war fast ein Kreis, den die Steinblöcke bildeten. Natürlich nicht sofort sichtbar, doch wenn man genau darauf achtete, konnte man es zwischen den Bäumen und Gebüschen ausmachen. Aber das war doch zu leicht, sollte dies wirklich der Ort sein, an dem der Tallgeese aufbewahrt wurde? So eine Felsformation würde doch jeden halbwegs interessierten Menschen zu Untersuchungen verleiten.
 

Treize hatte bereits von ähnlichen Steinkreisen in Britannia gehört. Befreundete Offiziere hatten davon berichtet. In Germanien waren sie ihm noch nie untergekommen. Die Germanen selbst schenken den Steinen scheinbar keine Beachtung.
 

Bei der Mittagsrast folgte Treize seinem Partner, als dieser sich etwas abseits vom Lager erleichtern wollte.

Zechs deutete den Annäherungsversuch allerdings völlig falsch und lachte verhalten, als er Treize plötzlich in einem schneebedeckten Busch entdeckte.

„Oh, in dieser Kälte wartest du auf mich? Ich muss dir wohl das Näschen wärmen!“, flötete Zechs.
 

Treize war in der Tat bereits kalt geworden. Der Boden entzog einem förmlich jedes letzte bisschen Körperwärme. Zum Glück hatte er wenigstens nicht lange ausharren müssen.
 

„Oder willst du mich wärmen?“, begann Zechs nun zu schnurren. Nun war es an Treize zurückzudenken, wann sie beide denn das letzte Mal ihr Lager geteilt hatten. Hatte es Zechs dermaßen nötig, dass ihm derartige Sätze über die Lippen kamen. Normalerweise war der Germane doch eher reserviert, gerade was seine Ausdrucksweise gegenüber der körperlichen Liebe anging.
 

„Nein, da muss ich dich enttäuschen“, Treize kämpfte sich in die Höhe und wandte sich um. Nein, ihm war niemand gefolgt. Mittlerweile hatte er sich auch genügend Wissen und auch Erfahrung angeeignet, wie man sich Wald möglichst still und leise verhielt und insbesondere, wie man Störenfriede ausmachen konnte. Und ein gelehriger und guter Schüler war er schon immer gewesen. Als er sicher war, dass sie unbeobachtet und nicht belauscht werden konnten. Zog er eines der Medaillons aus seiner Tasche. Zechs zeigte sich interessiert, doch widmete den goldenen Scheiben kaum einen zweiten Blick. Obwohl ihm Treize doch noch vor wenigen Tagen davon berichtet hatte. Doch etwas schien Zechs‘ Aufmerksamkeit abgelenkt zu haben. Auch Zechs dachte fieberhaft nach, doch nicht an den Tallgeese oder die Konsequenz, die der Fund für das germanische Volk haben könnte.
 

Also musste er Zechs‘ Aufmerksamkeit dezent auf die hier vorliegende Aufgabe lenken. Er drückte Zechs die Scheibe in die Hand und der sprang einen gehörigen Satz nach hinten weg: „Aua! Diese Dinger sind ja siedend heiß.“
 

„Sehr genau beobachtet“, feixte Treize und ließ das Medaillon an der ledernen Kordel kreisen. Eine Schneeflocke landete auf dem Metall, nur um sich gleich in Wasser zu verwandeln. Man könnte damit glatt Wasser zum Kochen bringen.

„Und weißt du, was ich daraus schließe?“
 

Zechs starrte ihn verdrießlich an. „Dass der Tallgeese hier irgendwo in der Nähe vergraben sein muss.“
 

„Richtig. Je eher wir ihn finden, desto früher kann ich wieder zurück ins Lager. Ich traue manchen Leuten hier nicht.“
 

„Mhm“, brummte sein Gegenüber nun. Zechs schien auf einmal gar nicht mehr so enthusiastisch zu sein, den legendären Tallgeese zu finden. Treize hatte auch einen Verdacht, woran das liegen konnte. Hier draußen wog die Last der Verantwortung bei weitem nicht so groß. Hier wurde nicht jede seiner Aktionen mit Argusaugen beobachtet. Hier gab es auch keine Familien, die ihn sehnsuchtsvoll im Vorübergehen anblickten und sich erhofften, dass er ihnen zu einer besseren Zukunft verhalf, die Römer eigenhändig aus Germanien vertrieb und die Stämme der Germanen vereinte.

Treize hatte ähnliches in Bezug auf seine Person in Rom öfters erlebt und wusste, dass diese Erwartungen einen regelrecht lähmen konnten. Nichtsdestotrotz mussten sie Ergebnisse vorweisen, sonst konnte diese erwartungsfrohe Stimmung auch ganz schnell zu ihren Ungunsten kippen.
 

„Kannst du dich an irgendetwas erinnern? Kommt dir hier etwas bekannt vor?“
 

„Selbst wenn es dies würde, es ist alles verschneit“, Zechs drehte sich einmal im Kreis und ließ den Blick über die Landschaft schweifen.
 

„Gutes Argument“, stimmte ihm Treize. „Mir ist ein Steinkreis aufgefallen. In dieser Richtung“, er deutete nach Osten.
 

Zechs runzelte die Stirn: „Wirklich?“
 

„Ja. Vielleicht warst du abgelenkt, du hast mit Duo und Horus gespielt.“
 

Darauf erwiderte Zechs nichts.
 

„Eine halbe Stunde Fußmarsch, mehr ist es nicht. Komm, sehen wir es uns an. Die Germanen werden uns nicht sobald vermissen und sich auch nicht trauen zu fragen, wo wir abgeblieben sind“, versuchte Treize ein wenig Leichtmut zu verbreiten und zwinkerte.

Er ging sogar noch einen Schritt weiter und ergriff schwungvoll Zechs‘ Hand. „Auf, auf, frohen Mutes voran, mein Freund!“
 

„Du bist wirklich gut gelaunt“, bemerkte Zechs als sie wohl die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. Die Spur, die die zahlreichen Pferde ihres Trupps hinterlassen hatten, war gut sichtbar und würde es zumindest noch bis zum Abend sein. Treize hatte sogar eine kleine Fackel unter seinem Mantel verborgen mitgebracht für den Fall, dass sie in die Dunkelheit geraten würden... und ein Seil, für alle Fälle.
 

„Ich bin nicht gut gelaunt. Ich bin nur froh, dass wir einen Schritt weiterkommen. Allerdings weiß ich auch nicht genau, wie es dann weitergeht. Vor allem, wie es im Frühjahr weitergehen soll.“
 

„Quinze will die römischen Garnisonen überfallen und sie zurücktreiben.“
 

„Das halte ich noch für zu früh. Bei allem Respekt für dein Volk, aber die Germanen sind noch nicht dafür bereit. Es gehört mehr dazu als eine schiere Masse von leidenschaftlichen Kriegern, um gegen die Römer zu bestehen. Das weißt du“, schärfte Treize ihm ein, wenn es auch nicht fein von ihm war, Zechs damit an die Niederlage der Germanen zu erinnern, die ihn ja schließlich auch in die Hände der Römer gespielt hatte.
 

„Man könnte dir da eine gewisse Neutralität absprechen“, brummelte Zechs.
 

Treize seufzte. Wenn er heute ‚gute Laune‘ hatte, was hatte dann bitteschön Zechs? Zogen da Gewitterwolken über sein Gemüt. „Zumal ich glaube, dass wir diese Frage wirklich nicht debattieren müssen. Oder besser gesagt, es wird uns abgenommen werden, solch eine Entscheidung zu treffen.“
 

„Wie meinst du das?“
 

„Ich glaube, Marcus wird im Frühjahr Legionen nach Germanien entsenden.“
 

„Was?“, Zechs stolperte glatt über einen Stein am Wegesrand bei dieser Offenbarung. „Augenblick, du glaubst das? Oder weißt du etwa mehr als ich?“
 

Nun blieb auch Treize stehen und presste die Lippen aufeinander. Eigentlich hatte er ja vollstes Vertrauen zu Zechs. Er sollte es ihm sagen. Allerdings gefiel ihm nicht, wie manche Kreise versuchten Zechs für sich einzunehmen. Er wusste nicht, welche Absichten Relena verfolgte. Oder auch besagter Quinze, der Treize nun einmal gar nicht geheuer war.
 

„Es gibt immer Händler, die zwischen den Fronten verkehren“, erklärte Treize ausweichend und ging mit bedacht weiter. Irgendwo hier war doch der Steinkreis gewesen. Erkannte er schon etwas wieder, ein Baum oder ein Felsen?
 

„Du hast Spione in Rom?“, wollte Zechs ungläubig wissen.
 

„Nun ja, ‚Spione‘ wäre zu viel gesagt. Ich habe eine verschlüsselte Nachricht erhalten.“
 

„Die Quelle?“
 

„Nun, wer ist denn noch in Rom und uns getreu?“ Mehr wollte er nicht sagen, sollte Zechs seine eigenen Schlüsse ziehen.
 

„Die ehrenwerte Une, aber natürlich...“
 

„Aber natürlich“, wiederholte Treize und stampfte weiter durch den Schnee. Bei den Göttern, es tat ihm im tiefsten Innersten weh, dass er nicht offen und ehrlich zu Zechs sein konnte. Allerdings war Treize seit Jahren geübt in Intrigen und geheimen Absprachen, wenn ihn sein Bauchgefühl warnte, dann hatte er diese Intuition auch ernst zu nehmen. Sein Leben und das seiner Gefährten mochte davon abhängen.
 

„Müssten wir nicht bald einmal da sein?“, fragte Zechs äußerst kritisch nach, zu genau jenem Zeitpunkt, an welchem auch Treize an sich zu zweifeln begann, ob er sich die Steinformation nicht doch nur eingebildet hatte.

Aber nein, noch bevor er dies vor Zechs eingestand, streckte er den Arm und deutet – zugegebenermaßen mit ein wenig Stolz – auf die Felsen, die urplötzlich keinen Steinwurf von ihnen entfernt aus dem Waldboden ragten.
 

„Ah“, machte Zechs und blieb stehen, besah sich den Steinkreis aus der Ferne und pfiff dann leise durch die Zähne. Es klang nach einer Überraschung im besten Sinne.
 

„Was ist?“
 

„Ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache.“
 

Und wenn Treize seinem eigenen Bauchgefühl stets traute, dann maß er Zechs‘ eine mindestens ebenso große Bedeutung bei.

Bedächtig näherten sie sich dem Steinkreis, doch auf diese Vorsichtsmaßnahme hätten sie getrost auch verzichten können. Es war hier so ruhig und friedlich wie es in einem verschneiten Wald nur sein konnte. Sogar zwei Eichhörnchen haschten sich, sprangen die Bäume hinauf und wieder hinab. Die Spuren eines Fuchses waren am Wegesrand zu sehen. Nirgends etwas verdächtiges zu sehen.
 

„Die Medaillons?“, fragte Zechs nach.
 

Treize wagte gar nicht erst in seine Tasche zu greifen. Die Hitze der Metallplatten war deutlich auf der Haut zu spüren, obwohl mindestens drei Lagen Stoff dazwischen waren. Er nickte: „Wir sind auf der richtigen Spur... es muss so sein.“

Womöglich war da auf Treizes Seite ein wenig zu viel Wunschdenken vorhanden, doch eigentlich war er sich schon ziemlich sicher.
 

Sie standen am Rande des äußeren Felsen. Die Medaillons würden ihnen wohl nicht weiterhelfen, unmöglich herauszufinden, ob sie noch heißer wurden, oder sich abkühlten. Trotzdem beharrte Zechs darauf, Treize möge sie doch hervorholen.

Vorsichtig stülpte Treize seine Tasche nach außen, er war darauf bedacht auch nur die Ränder des Stoffes anzufassen. Und selbst dies ließ seine Fingerspitzen vor Hitze schmerzen. Eines der Medaillons fiel zu Boden und ohne ihr Zutun, oder zumindest kam es Treize so vor, rutschte es zwei Ellen nach links.

Er runzelte die Stirn. Hatte er es sich eingebildet? Doch Zechs blickte ebenfalls zweifelnd auf den Boden.

„Achtung“, warnte ihn Treize, doch Zechs hatte schon begriffen, dass das Metall äußerst heiß war, sogar der Schnee schmolz in dessen unmittelbaren Umgebung. Daher griff Zechs auch nur nach dem Lederband, auf welchem die Plakette aufgefädelt war. Er hielt es vor sich in die Luft und Treize traute kaum seinen Augen: Wie von einem Magneten angezogen, zog es die Metallplatte links.

Nun holte Treize doch das Gegenstück aus seiner Tasche hervor. Er bekam das Band zu fassen und auch hier... Nein! Es deutete nach rechts! Also genau in die Gegenrichtung zu Zechs Medaillon.
 

Zechs murmelte daraufhin einen äußerst derben Fluch auf Germanisch und Treize schloss sich ihm allzu gerne an. Er würde es nicht offen zugeben, doch es hatte sich auf seinen Unterarmen eine Gänsehaut gebildet. Selbst er, der doch stets an logische Erklärungen glaubte, ließ sich hier von dieser ‚Magie‘ verzaubern und Angst einjagen.
 

Doch Zechs folgte der Richtung, die ihm scheinbar vorgegeben wurde. Er bedeutete Treize, es ihm gleichzutun.

Zögerlich setzte er sich in Bewegung und als er glaubte, dass das Medaillons nun nicht mehr weiter in eine Richtung drängte, sah er sich hinter einem der kleineren, nahezu unscheinbaren Felsen stehen. Zechs stand ihm genau gegenüber, an einem der größten Felsen. Es schienen die genauen Gegensätze zu sein... Aber ja, das machte sogar Sinn. Die Medaillons zeigten ja auch niemand anderes als die ägyptischen Götter Seth und Horus. Schon diese Götter standen sich in ihren Motiven und Handlungen in der Mythologie gegenüber. Sie mussten auf der richtigen Spur sein, dies war doch kein Zufall! Diese Anlage war von Menschenhand geplant und ersonnen.
 

Er hoffte bloß, dass mit ihren jeweiligen Positionen keinerlei Nachteile verbunden waren. Nicht, dass eine Stelle in eine Falle führte, die andere zum Tallgeese. Bei diesem Gedanken wurde es Treize regelrecht flau in der Magengegend. Relena hatte doch behauptet, dass er den Tallgeese erwecken würde. Wenn er dieser Prophezeiung nun glauben schenkte, dann war er wohl in Sicherheit, aber was war mit Zechs.

Einem plötzlichen Impuls heraus, wollte er Zechs eine Warnung zurufen, dass er doch vorsichtig sein solle und...
 

Doch dann zog es ihm den Boden unter den Füßen weg... buchstäblich. Er glaubte, Zechs überraschten Schrei zu hören, doch er konnte sich auch nur getäuscht haben. Es ging abwärts, aber nicht lange, es mochte nur für die Dauer eines halben Herzschlag gewesen sein. Doch der Aufprall raubte ihm den Atem und ließ ihn vor Schmerzen brüllen. Denn noch ein Geräusch glaubte er gehört zu haben: Nämlich das von knirschenden Knochen!
 

Sofort versuchte er sich aufzurappeln, immerhin konnte er sich aufrichten. Mit seinem Oberkörper schien alles in Ordnung zu sein.

Seine Aufmerksamkeit wurde von seinem Körper und den unmittelbaren Schmerzen abgelenkt, als er die Augen aufschlug und den Dreck und Staub weggeblinzelt hatte. Sie befanden sich in einer Höhle. Oder besser, er befand sich in einer Höhle. Er wusste nicht, wo Zechs war, wäre der andere auch hinabgestürzt, dann müsste er doch da drüber irgendwo zu sehen sein. Doch kein Lichtstrahl der Außenwelt fiel in der angegebenen Richtung zu Boden. Nur sein unmittelbarer Platz wurde vom fahlen Oberflächenlicht beleuchtet.

Und ja, da hörte er Zechs nach ihm schreien. Was ihn mittelbar an seine Schmerzen erinnerte. Er sah an sich hinab und ja, er hatte es bereits gefürchtet. Er war auf seinem rechten Bein gelandet und hatte es sich wohl gebrochen. Eine zögerliche Bewegung förderte nur noch weitere Schmerzen zu Tage und ließ ihn keuchen, stöhnen und fluchen wie eine Frau, die sich in den Wehen befand.

Das Bein blutete auch, doch Treize hoffte, dass es von einer oberflächlichen Verletzung herrührte und es kein offener Bruch war. Solche Brüche heilten nur schwer, waren äußerst schmerzhaft und ohne fähigen Arzt oft auch ein Todesurteil, weil die Verletzungen sich nicht schlossen, eiterten und Fieber die Folge war.

Solche Fälle hatte er leider schon zu oft auf den Schlachtfeldern gesehen.

Er brachte es momentan jedoch nicht über sich, die Tunica und sein Gewand zu raffen, um sich den genauen Zustand seines Beinen anzusehen. Die Schmerzen reichten ihm vollkommen aus.
 

„Treize! Treize?“
 

‚Zechs!‘ Also befand er sich doch noch oben.
 

„Vorsicht! Pass auf!“, brüllte er so gut es ging zurück. Bei der süßen Venus, sogar das Brüllen sandte glühende Schmerzen in sein Bein. „Ich bin eingestürzt!“
 

„Bist du verletzt?“ Den bangen Tonfall zu vernehmen, setzte Treize fast noch einmal genauso stark zu, wie die Schmerzen in seinem Bein.
 

„Ja, mein Bein ist gebrochen.“
 

Einmal mehr hörte er Zechs fluchen.

Als Treize realisierte, dass er noch immer die Fackel und das Seil bei sich trug, stimmte er in den Fluch mit ein. Was nützten ihnen Seil und Fackel hier unten?
 

„Hast du immer noch ein gutes Gefühl bei der Sache?“ Er sollte Zechs‘ Bauchgefühl vielleicht in Zukunft nicht mehr so blind trauen. Treize stellte fest, dass er gar nicht so laut brüllen musste. Die Höhle verstärkte seine Stimme, ein ähnlicher Effekt wie in den alten Amphitheatern der Griechen.
 

Zechs verbot sich jegliche Antwort auf diese Frage. „Was siehst du da unten?“
 

Zunächst wollte ihm Treize entgegnen, dass ihm dies gerade ziemlich einerlei wäre. Doch dann besann er sich und sah sich vorsichtig um, so sehr er dies eben konnte.
 

„Ich sehe nicht viel. Ich glaube, diese Höhle führt in einen Gang, der von mir aus nach links abzweigt. Die Luft ist überraschend frisch. Es muss eine Zufuhr geben.“ Wäre dieses Höhlensystem nämlich von der Außenwelt gänzlich abgeschnitten, dann müsste es ziemlich modrig riechen.

Treize konzentrierte sich, versuchte für einige wenige Augenblicke seinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Ja, er glaubte sogar einen Luftzug zu spüren. Ähnlich einem Kamin zog die Luft nun nach oben durch das Loch, das er mit seinem Absturz geschaffen hatte.
 

„Aber es gibt keine Tiere da unten? Wölfe oder Bären?“
 

Dies hoffte Treize nun inständig nicht!
 

Zechs hatte sich an den Rand der Einsturzstelle hervorgetastet und streckte den Kopf zu ihm hinunter. Sofort wurde es in der Höhle dunkler.
 

„Nein, ich denke nicht“, stöhnte Treize. Die Schmerzen nahmen wieder zu. Vermutlich, weil die erste Welle der Aufregung so langsam abebbte und ihn ausgelaugt zurückließ.
 

„Hältst du eine Stunde durch?“
 

„Ich muss wohl, oder?“ Natürlich musste Zechs zurück zum Lager. Er musste Männer und Ausrüstung holen, damit sie Treize bergen konnten... und diese Höhle näher erforschen. Bei diesem Gedanken tastete er unter sich nach dem Medaillon. Hatte er es während des Falls losgelassen? Er glaubte nicht. Ah, da war... „Autsch!“
 

„Was?“, kam es alarmiert von oben.
 

„Das Medaillons ist noch immer siedend heiß.“
 

„Ah... Also?“
 

„Ja, geh zurück ins Lager. Verlauf dich bitte nicht.“ Würde Zechs den Weg nicht zurückfinden, dann wäre Treize hier unten wohl verschollen und würde nie wieder Tageslicht erblicken.
 

„Gut... Versuch wach zu bleiben, hörst du?“
 

„Ich habe mir nur ein Bein gebrochen. Die Schmerzen halten mich wach.“ Sie waren zwar stark, aber nicht so stark, dass sie ihn in eine Ohnmacht befördern würden. Zumindest hoffte das Treize..
 

„Treize...“
 

„Geh schon, Zechs. Ich will hier nicht über Nacht bleiben.“
 

„Ich liebe dich!“
 

Treize schloss die Augen. Rollte ihm da eine Träne über die Wangen? Auch wenn es niemand sah, er wischte sie schnell weg und legte so viel Ruhe und Zuversicht in seine Stimme, wie er nur aufbringen konnte.
 

„Ich liebe dich, Zechs. Hol mich hier wieder raus.“



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