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Blood Painted

von

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1. Victim: Drugs

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Introduction To Addiction

Die Leiche war noch frisch und sah fast noch aus wie ein Mensch, ein blasser Mensch mit fahler, eingefallener Haut und leeren Augen, die ins Nichts starrten, aber immer noch ein Mensch. Der junge Mann, nicht älter als fünfundzwanzig, hatte einen gezielten, tiefen Schnitt quer über den Hals. Das Blut, das aus der Wunde gelaufen war, klebte an seiner Haut, bis hoch zum Kinn und runter bis zum Kragen seines Pullovers. Außer dieser offensichtlichen Verletzung hatte er noch etliche Schürfwunden, Prellungen, Quetschungen und gut die Hälfte der Knochen in seinem Körper dürfte gebrochen sein.

Das Verwunderliche an der Situation waren aber nicht die entsetzlichen Verstümmelungen des Toten, sondern die anderen Spuren am Tatort, die keinerlei Kampfhandlung erkennen ließen, nichts deutete darauf hin, dass der Mann sich gewehrt haben könnte, als man ihn so zugerichtet hatte.

Ich kniete mich neben den Toten und schloss mit zwei Fingern seine Lieder. „Gute Reise, mein Freund...“, sagte ich leise mit belegter Stimme, dann erhob ich mich und sah mich um.

Ich befand mich in einer Seitengasse, die Wände der Häuser, die ich mit ausgestreckten Armen beide hätte berühren können, waren glatt und fensterlos. Keiner hatte den Mord gesehen. Um mich herum wuselten mehrere Shinobi, die den Tatort untersuchten, Spuren sicherten oder die Zivilisten vom Ort des Geschehens weg scheuchten, damit sie keine Beweise zerstörten.

Das Problem war bloß, dass wir noch keinerlei Beweise oder Spuren gefunden hatten.

„Naruto.“, sagte eine ruhige Stimme hinter mir und ich sah auf. Ein Mann mittleren Alters kam auf mich zu, die Schritte lässig, die Hände gegen die Kälte in die Hosentaschen geschoben. Sein Gesicht war halb von einem Tuch verdeckt, aber an seinen Augen konnte ich erkennen, dass es ihm schlecht ging. Er hatte den Toten gekannt.

„Mein Beileid, Kakashi-Sensei.“, erwiderte ich aufrichtig und berührte ihn flüchtig am Oberarm.

Er nickte nur, sah an mir vorbei zu der Leiche, die gerade mit einem weißen Tuch verdeckt wurde. „Weiß man inzwischen schon näheres?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Es gibt keine Spuren, die auf den Täter hinweisen, niemand war in der Nähe oder hat Schreie gehört. Misai-san“ – So hieß der Ermordete – „War am Abend wohl noch mit Freunden was trinken und auf dem Heimweg, als es passierte.“

„Er war ein guter Shinobi.“ Das war kein Trauerbekenntnis meines früheren Lehrmeisters, sondern vielmehr eine Analyse des Täters.

Ich nickte. „Es gibt keine Spuren, die auf ein Gerangel hinweisen oder darauf, dass er sich in irgendeiner Weise gewehrt haben könnte.“

Kakashi sah mich lange an, bevor er kaum merklich den Kopf senkte: Ich spürte seine Anspannung so klar, als könnte ich sie in der Luft greifen. Eine gute Menschenkenntnis hatte ich schon immer gehabt. „Ist dir klar, was du da sagst...?“

Langsam nickend bestätigte ich. „Es muss einer von uns gewesen sein. Ein Shinobi aus Konoha – Oder aus Suna – Hat Misai Shitai getötet.“

„Entweder das und er hat dem Täter vertraut, oder er war in einem Genjutsu gefangen, noch ehe er sich verteidigen konnte. Allerdings glaube ich das weniger, immerhin war er ein erfahrener Jo-Nin... Hast du schon mit Tsunade darüber gesprochen?“, fragte Kakashi, während wir zur Seite traten, um den Medic-Nin Platz zu machen, die den Leichnam abtransportierten. Ich sah ihnen nachdenklich hinterher. Seltsam, dass dieser Mann gestern noch so lebendig gewesen sein, mit seinen Freunden gescherzt und seine Frau geküsst haben sollte, und jetzt wie ein Ding weggeschafft wurde...

„Naruto?“ Der andere Mann hatte wohl bemerkt, dass ihm meine Aufmerksamkeit entglitten war, denn er sah mich fragend an.

Blinzelnd wandte ich mich ihm wieder zu und schüttelte den Kopf, wie um ihn wieder frei zu bekommen. „Entschuldige bitte, ich war abgelenkt... Nein, ich möchte erst noch mehr Informationen sammeln.“

„Wo sind Sakura und Sai?“

„Zeugen suchen. Sieht allerdings schlecht aus“, antwortete ich seufzend und rieb mir über die Augen, ehe ich zu dem schmalen Streifen Himmel emporblickte, den man zwischen den eng stehenden Häusern erkennen konnte. Als wir gekommen waren, war er noch goldrot gefärbt gewesen, inzwischen zeigte er das blasse stahlgrau eines klaren Wintertages. Es war schon Ende Oktober, stellte ich fest und runzelte die Stirn. Wie schnell die Zeit verging.

Ich war froh, dass Tsunade mir eine Mission in Konoha zugeteilt hatte, aber es war schlau von ihr gewesen, denn ich wäre nicht gegangen, wenn sie mich weggeschickt hätte. Der Grund dafür lag im Sicherheitsabteil des Krankenhauses von Konoha und erholte sich von einer langen Reise und einem schwierigen Kampf – Und von dem Verlust seines letzten Verwandten.

Diese Prozedur dauerte lange und war anstrengend, aber nötig, wie die Hokage nicht müde wurde zu sagen. Ich musste ihm Zeit geben. Aber wie viel Zeit brauchte es, bis jemand frei sein durfte und wie viele Stunden müsste der Zeiger der Uhr noch in Sekunden zerschneiden, bis ich ihn wieder als meinen Freund und nicht als einen Gefangenen behandeln durfte?

„Glaubst du nicht, es könnte eine Eifersuchtstat sein oder von ein Dieb hat ihn überfallen?“

„Er hatte noch sein Geld, also können wir letzteres ausschließen“, antwortete ich Kakashi, der mich beäugte als wüsste er genau, dass ich nicht so recht bei der Sache war. „Was das andere betrifft... Nun, wir sind in den Ermittlungen begriffen.“

Mein ehemaliger Lehrer lächelte. „Ich bin kein Zivilist, Naruto.“

Grinsend zuckte ich die Schultern, warf einen flüchtigen Blick auf die Leute von der Spurensicherung und zog Kakashi dann am Arm aus der Gasse. „Schon klar, ich halte dich auf dem Laufenden. Aber jetzt gehen wir erst mal frühstücken, ich hab einen Bärenhunger.“

„Und ich zahle, oder wie darf ich das verstehen?“

Ich streckte ihm spielerisch die Zunge raus. „Du hast es erraten, Sensei!“

„Na gut, ausnahmsweise – Aber nur, weil ich sowieso mit dir reden wollte.“

„Was gibt es denn?“, fragte ich zu ihm aufsehend, doch er schüttelte den Kopf und führte mich in ein kleines Café, in welchem wir uns in einer hinteren Ecke bequem machten und uns Frühstück bestellten.

Während des Essens hielten wir uns an belanglosen Smalltalk, doch ich spürte die Dringlichkeit dessen, worüber der Sensei sprechen wollte deutlich und schob schließlich, nach der dritten Tasse Kaffee, mein Geschirr beiseite, um ihn ernst zu mustern.

„Worüber wolltest du mit mir reden, Kakashi?“, wollte ich erneut wissen.

Er schob ebenfalls seinen Teller weg und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hast du ihn besucht?“

Die Augen zu Schlitzen verengt musterte ich Kakashi, dann sah ich zur Seite, beobachtete die Leute, die vor dem Fenster vorbei schlenderten, die Krägen gegen den kalten Oktober wind hochgestellt. „Gestern.“, gab ich kühl zurück.

„Du weißt, dass Tsunade das nicht für gut hält.“, gab er zu bedenken, doch ich schnaubte nur abfällig.

„Und seit wann tue ich, was andere denken, das wäre das beste für mich? Ich will ihn sehen, und ich werde nicht akzeptieren, dass jemand mich von ihm trennt, Kakashi.“ In meiner Stimme schwang Endgültigkeit mit; Ich würde jeden vernichten, der sich mir in den Weg stellte.

„Seit wann siehst du nicht mehr, wer deine Freunde sind? Ich will mich nicht zwischen euch stellen sondern dir nur zur Vorsicht raten. Du bist fast daran kaputt gegangen, als er das letzte Mal verschwand – Wirst du das noch einmal aushalten?“

„Ich lasse es nicht zu, dass er geht!“, schnaubte ich laut genug, um das halbe Café auf mich aufmerksam zu machen, aber das war mir egal. „Er wird bleiben, ob er will oder nicht. Ich bin nicht mehr so schwach wie damals.“

„Er auch nicht.“

Kakashis Gelassenheit beruhigte mich etwas und ich gab meine abwehrende Haltung auf. Natürlich wusste ich, was er meinte und mir war auch bewusst, dass er recht hatte, aber trotzdem würde ich es mir nicht so leicht machen.

„Ich werde Sasuke vor sich selbst beschützen.“

Lange sahen wir uns in die Augen, dann zückte mein Gegenüber den Geldbeutel und holte ein paar Scheine hervor. „Bist du dir auch sicher, dass er das überhaupt möchte, Naruto?“ fragte er sich erhebend. „Überleg dir einfach gut, was du bereit bist, zu opfern. Es wird ein langer, harter Weg, bis alles auch nur annähernd so ist wie früher. Wobei... Sasuke hat vieles durchgemacht und ich denke, nein, ich bin mir sicher, dass das sein Wesen grundlegend verändert hat. Er ist nicht mehr der Junge von früher. Wie auch immer. Wir sehen uns“, verabschiedete Kakashi sich schließlich.

Er winkte mir zu, als er draußen am Fenster vorbei ging und ich hob automatisch die Hand, bevor ich sie dazu nutzte, mir erschöpft über die brennenden Augen zu reiben.

Langsam mussten sie es doch müde werden, alle immer wieder dasselbe zu sagen: Er hat sich verändert, er ist nicht mehr derselbe, du kannst die Zeit nicht mehr zurück drehen... Blablabla! Als würde dieses nutzlose Gewäsch mich interessieren. Als würde es etwas bedeuten. Er war hier, das war alles, was zählte, und ich würde ihn nicht mehr gehen lassen, koste es, was es wolle!

Verstimmt erhob ich mir ebenfalls und nickte auf das Geld, das Kakashi auf dem Tisch zurückgelassen hatte, als eine um ihren Lohn besorgte Kellnerin sich mir vorsichtig näherte. Sie lächelte zaghaft und normalerweise hätte ich diese Freundlichkeit sicherlich erwidert, doch heute war mir nicht danach und ich zerrte mit Gewalt an der Tür, bis mir auffiel, dass sie nach außen auf ging. Heute war wohl einfach nicht mein Tag.

Ich ging nach Hause, um ein oder zwei Stunden Schlaf nachzuholen, kam aber auch in meinem Bett nicht so recht zur Ruhe, denn meine Gedanken wanderten rastlos von einer Sorge zur nächsten, bis ich eine Schlaftablette einwarf und endlich in einer traumlosen Ruhe versinken konnte.
 

Als ich die Augen aufschlug brauchte ich eine Weile, bis ich feststellte, was mich geweckt hatte; Es war die Türklingel.

Stöhnend quälte ich mich aus meinem Bett, streckte mich, wobei meine Gelenke knackten, und ging, um zu sehen, wer es war. Sakura Haruno, die ich inzwischen um fast einen Kopf überragte, blitzte mich von unten herauf wütend an.

„Warum schläfst du auch am helllichten Tag?“, beschwerte sie sich und schob sich in meine Wohnung. Ich ließ sie gewähren und folgte ihr, denn sie hatte einen Korb mit Essen dabei – Belegte Brote, vermutlich von ihrer Mutter, zumindest hoffte ich das, denn meine Teamkameradin war absolut unfähig, was jedwede Art von Kochen betraf.

„Schlaf in letzter Zeit nicht gut“, gab ich zurück, während ich in die kleine Küche ging, um Kaffe auf zu setzen, Tassen aus dem Schrank zu holen und Zucker sowie Milch bereit zu stellen.

„Ich dachte, Tsunade-sama hätte dir Medikamente gegeben?“, fragte das Mädchen, jetzt mit Sorge in der Stimme, das seine Mitbringsel auf den Tisch legte und ihre Tasche auf den Boden stellte.

„Hat sie.“ Ich brachte das Tablett mit den Tassen und den anderen Dingen zu ihr ins Wohn-, Schrägstrich Schlafzimmer, sah sie schulterzuckend an, sodass sie meine Augenringe bemerkte. „Aber ich hasse Medizin.“

Sakura seufzte. „Du bist ein sturer Idiot... Aber gerade hast du doch geschlafen – Deine Haare sind noch chaotischer als sonst.“

„Ich hab die Tabletten genommen.“ Weil ich nach drei Tagen ohne Schlaf keine andere Möglichkeit gehabt hatte, da ich nicht gedachte, irgendwann in Ohnmacht zu fallen, wenn alle es bemerkten. „Und jetzt genug von meinen Schlafgewohnheiten“, grinste ich, den Kaffee aus der Küche holend und ihn ihr einschenkend. “Was habt ihr über den Mord in Erfahrung gebracht?“

„Die Jungs von der Spurensicherung sagen, es muss zwischen eins und zwei passiert sein – Genauere Daten bekommen wir morgen, sie sind dran.“ erklärte meine Partnerin, die mir ein Brot hin schob; Käse und Gurken, ihre Mutter war echt die Beste. „Sai und ich haben uns etwas umgehört, aber niemand war zur Tatzeit in der Nähe.“

„Ist auch ein verdammtes Dreckloch“, nörgelte ich, den Mund voller Käsebrot. Ich spülte es mit Kaffee runter und runzelte die Stirn. „Aber was ist mit den Leuten, die in den Häusern wohnen?“

Sakura zuckte, die Kaffeetasse in der Hand, die Schultern. „Keiner von denen will etwas gehört haben, aber die meisten sehen aus, als hätten sie auch einige Leichen im Keller. Es gibt Gegenden in Konoha, da würde ich nachts nicht alleine hin wollen.“

„Als würde dir jemand was tun können!“ lachte ich und kassierte dafür einen Tritt gegen das Schienbein.

„Wie auch immer...“ überging die Haruno meinen Einwand pikiert. „Wir konnten nichts herausfinden.“

„Wo ist eigentlich Sai?“, fiel mir gerade so die Abwesenheit unseres dritten Teammitgliedes auf. Nicht, dass ich so scharf darauf wäre, ihn hier zu haben – Ihn, und seinen Penis-Fetisch – Aber ich erwartete Kompetenz von meinem Team.

Wir arbeiteten öfter als Dreier-Gruppe zusammen, einfach, weil Tsunade wusste, dass wir gut aufeinander eingespielt waren und uns ergänzten. Die Leitung dieser Missionen übertrug sie dabei abwechselnd einem von uns, je nachdem, wen sie für auf dem geforderten Gebiet am meisten begabt hielt. Diese Arbeitsaufteilung war ganz in Ordnung so, denke ich, obwohl wir uns nach wie vor alle regelmäßig in die Haare gerieten.

„Er hört sich noch etwas um, dann geht er nach Hause – Heute erreichen wir sowieso nichts mehr, was meinst du?“

Ich sah aus dem Fenster, vor welchem bereits tiefe Dunkelheit herrschte, wie immer zu dieser Jahreszeit. Der leicht bewölkte Nachthimmel, an dem vereinzelt Sterne zu sehen waren, erinnerte mich an Sasuke, ich weiß nicht wieso, er war für mich schon immer ein Nachtmensch gewesen, und ich spürte ein Ziehen in der Brust, das in Richtung Krankenhaus wies.

„Vermutlich nicht, nein.“ bestätigte ich Sakura, um mich abzulenken und sah sie direkt an. „Hatte Misai-san irgendwelche Feinde oder Konkurrenten?“

Mit dem langen, manikürten Nagel ihres Zeigefingers klopfte sie auf das Holz meines Tisches. Wehe sie bohrt mir damit ein Loch hinein, dachte ich mit einem schlecht unterdrückten Gähnen. „Nun, sicher, er war ein Shinobi und hatte dadurch in Anführungsstrichen viele Feinde. Allerdings könnte man einen als seinen Erzfeind bezeichnen: Masato Kiruga, ein gefährlicher Mann, der hohe Staatsangestellte entführte und zum Teil auch ermordete. Ihn hat Misai vor drei Jahren ins Gefängnis gebracht und vor ein paar Tagen ist er ausgebrochen. Natürlich hat die Hokage schon Suchtrupps ausgeschickt, aber ich denke, es würde nicht schaden, wenn wir uns den Leuten in eigenem Interesse anschließen würden. Was meinst du?“

Ich nickte. „Klingt nach einem Hinweis. Ich werde Tsunade um den Auftrag bitten, wenn ich morgen zu ihr gehe und ihr die ersten Berichte abliefere. Hast du schon Unterlagen für mich?“

Wir erledigten den Bürokratiekram, dann erhob Sakura sich und ich brachte sie noch zur Tür, wo ich ihr den Korb ihrer Mutter in die Hand drückte.

Besorgt sah sie zu mir auf. „Leg dich hin, ja? Du siehst abgespannt aus.“

„Mir geht´s...“

„Ich mein´s ernst“, unterbrach sie mich so scharf, dass ich nur besänftigend die Hände heben und ihr schwören konnte, ins Bett zu gehen, sonst hätte ich um mein Leben fürchten müssen. Als ich unten im Flur die Tür zuschlagen hörte, ein Zeichen dafür, dass sie gegangen war, wollte ich meine auch schon zu ziehen, als ich meinte, etwas wie ein keuchendes Atmen die Treppe hoch zum Speicher zu hören. Ich zögerte, schloss dann aber hinter mir ab und stieg hinauf. Vielleicht war es meine alte Nachbarin, die aus irgendeinem Grund nachts hinaus gemusst und sich dann verirrt hatte.

Ich stieg die Treppe hoch und meine sämtlichen Nackenhaare stellten sich auf; Die Gefahr, die hier oben wartete, war fast greifbar. Mir flüchtig über die Lippen leckend schlich ich mich weiter voran, bis ich zu der Holztür kam, die in den Speicher führte. Sie war nur angelehnt, dahinter war ein leichter Lufthauch zu spüren.

„Misses Takahashi?“

Keine Antwort.

„Misses Ling, ich bin´s Naruto. Ist alles ok?“ fragte ich unbeirrt weiter, ehe ich eintrat. Hier oben war es staubig, düster und in jeder noch so kleinen Ecke des engen Raumes stand Gerümpel. Im Sommer sollte ich wohl mal aufräumen.

Ein Knarren war zu hören, ich stolperte vor Schreck über ein altes Schaukelpferd, rappelte mich aber sofort wieder hoch und stürmte um die Ecke – Wo ich das Fenster offen stehen sah.

Mein rasender Herzschlag beruhigte sich nur sehr langsam und es dauerte lange, bis ich fähig war, die Fensterläden zuzuziehen. Der Wind hatte sie aufgestoßen und der Luftzug hatte das keuchende Geräusch erzeugt, ganz einfach.

Ich lachte, weil ich mich erschreckt hatte wie ein kleines Mädchen, konnte aber selbst die Nervosität in meiner Stimme hören; Immerhin lief irgendwo in Konoha ein Verrückter herum, der jemanden umgebracht hatte, und ich war mit der Aufklärung des Falles betraut.

Betont gemächlich zog ich mich aus dem Speicher in mein Zimmer zurück, schloss die Tür von innen zwei Mal ab und warf gleich drei Tabletten auf ein Mal ein, damit ich auch sicher einschlief. Ich hatte mich noch gar nicht ganz ausgezogen, als mein Sichtfeld schon verschwamm und ich in mein Bett torkelte.

Morgen hätte ich viel zu tun, dachte ich, und fing schon an, mir eine Liste zu erstellen, als mir jeder Gedanke davon flog und ich erneut in einen tiefen, künstlichen Schlaf sank.

Headache-Tablets

Ich wachte mit bohrenden Kopfschmerzen auf. Sie waren so schlimm, dass ich überlegte, einfach die Decke über meinen Kopf zu ziehen und weiter zu schlafen, doch dann erinnerte ich mich an all die Dinge, die ich heute tun musste und quälte mich aus dem Bett. Widerwillig nahm ich eine Aspirin, ehe ich mich unter die Dusche stellte, und als ich mir ein Brot schmierte, das ich auf dem Weg zur Hokage hinunter schlang, konnte ich sogar fast wieder etwas sehen.

Ich bekam immer Kopfschmerzen, wenn ich zu wenig trank, schlief und zu viel arbeitete, aber das waren Faktoren, die in meinem Leben, wie es sich momentan gestaltete, einfach nicht auszumerzen waren, also musste ich wohl oder übel mit dieser Unpässlichkeit leben. Meistens ließ ich es mir auch nicht anmerken, aber wenn ich, so wie heute Morgen, derart schlimme Migräne hatte, dass ich am liebsten gekotzt hätte, rang ich mich dazu durch, ein Mittel dagegen zu nehmen – Das dann ein oder zwei Stunden half.

Ich klopfte an der Bürotür der Hokage, wartete aber nicht auf eine Antwort und trat einfach so ein. „Hab die Berichte, Baa-chan.“ eröffnete ich Tsunade, der ich die Papiere auf den Tisch knallte.

„Was fällt dir eigentlich ein, hier so hereinzuplatzen und dann auch noch so unverschämt zu reden?!“, brauste sie auf, obwohl sie das eigentlich ja schon gewöhnt sein müsste. Den Locher, den sie nach mir warf, pflückte ich aus der Luft wie nichts und warf ihn ihr lässig wieder zurück.

„Tschuldigen Sie.“, gab ich zurück, die Hände in den Hosentaschen vergraben.

Sie funkelte mich noch einen Moment an, überflog dann aber den recht ordentlichen, ausführlichen Bericht und sah wieder zu mir auf, jetzt eher besorgt als wütend. „Keine Hinweise.“, stellte sie fest.

„Nein. Aber Sakura hat den Verdacht, das ein Verbrecher, den er hinter Gitter gebracht hat, Mato Kishira oder so, etwas damit zu tun hat.“

„Masato Kiruga.“ korrigierte meine Vorgesetzte mich nachdenklich. Sie zog einen anderen Stapel Unterlagen aus ihrem Schrank und schlug ihn auf. „Ich habe bereits einige Leute geschickt, um ihn zu suchen. Aber ich nehme an, das ihr das selbst in die Hand nehmen wollt, nicht wahr?“

„Wäre nicht schlecht zur Klärung des Falls.“, bestätigte ich nickend. „Ich weiß nicht, ob Sie uns alle schicken wollen, aber wir könnten den Leuten sicher helfen, diesen Miro...“

„Masato...“

„Wie auch immer, wir könnten sicher helfen, ihn aufzutreiben.“

Tsunade legte den Kopf schief und musterte mich eine ganze Weile, als dächte sie intensiv über etwas nach, dann zog sie aber nur gelassen einige Formulare hervor und stellte uns unsere Mission aus. „Also gut, ihr könnt gehen – Heute noch, wenn ihr wollt. Nicht nur, dass uns das vielleicht im Bezug auf Misais Tod weiter bringt, es ist auch wichtig, Masato in Gewahrsam zu nehmen, da er sehr gefährlich ist, nach wie vor. Es wird allerdings besser sein, wenn ihr euch der bisherigen Truppe nicht anschließt und separat sucht, so wird ein größeres Gebiet abgedeckt. Solltet ihr ihn tatsächlich ausfindig machen, setzt ihn außer Gefecht und bringt ihn sicher hierher, die Befragung wird im Gefängnis durchgeführt, wo ihr verhältnismäßig sicher seid.“

Bei dem Gedanken ans Gefängnis wurde mir schlecht und die Kopfschmerzen kehrten so unvermittelt zurück, dass ich aufstöhnte und mir an den Kopf fasste.

Besorgt lehnte meine Vorgesetzte sich vor. „Was ist los?“

„Nichts... Nur etwas Migräne...“, gab ich gepresst zur Antwort, drückte meine kühlen Finger gegen die pochenden Schläfen.

Seufzend erhob Tsunade sich, kam zu mir, schob meine Hände beiseite und legte ihre eigenen stattdessen an meinen Kopf. Ich protestierte schwach, doch als ich die Kraft von ihrer Haut auf meine übergehen spürte und fühlte, wie sie den Schmerz verringerte, ließ ich es geschehen, schloss sogar erleichtert meine Augen, bis sie mich wieder losließ.

„Danke.“, sagte ich erschöpft.

Sie nickte nur und kniff die Augen etwas zusammen. „Du bist überarbeitet.“

„Nein, ich...“

„Du bist hypersensibel auf deine Umwelt, übermüdet und laut den Aussagen deiner Freunde neigst du zu Depressionen“, fuhr sie erbarmungslos fort, woraufhin ich, mir auf die Lippe beißend, den Kopf wegdrehte. Diese Kameradenschweine...! „Ich denke, noch eine Belastung mehr ist nicht gut für dich.“

„Tsunade...“

„Du wirst Sasuke für´s erste nicht mehr sehen.“

„Aber...“

„Das ist mein letztes Wort, Naruto“, betonte sie streng, doch ich stieß nur ein leises Knurren hervor.

„Du kannst mir nicht verbieten, zu ihm zu gehen, es sei denn, du sperrst mich ein, und das wirst du nicht tun. Er braucht mich, Tsunade, und das weißt du auch.“

„Er braucht vor allem einen Psychiater“, schoss sie scharf zurück. Wir stierten uns eine ganze Weile durchdringend an, ehe ich das Gesicht abwandte.

„Die nächsten Tage bin ich sowieso nicht da, danach... Werden wir sehen.“

„Du wirst nicht auf mich hören, nicht wahr?“ Sie wirkte betrübt, aber ich konnte nicht anders und nickte, was sie zum seufzen brachte – Obwohl sie meine Antwort wohl schon erahnt hatte. Dass sie trotzdem versucht hatte, mich von meiner Entscheidung abzubringen, zeugte davon, dass sie sich wirklich um mich sorgte, was ich ihr hoch anrechnete, doch es hielt mich nicht davon ab, bei meiner Meinung zu bleiben. „Also gut... Sein Gesundheitszustand hat sich etwas stabilisiert – Endlich.“

Endlich traf es gut, Sasuke lag nämlich bereits seit über einem Monat im Krankenhaus. Erst seit zwei Wochen durfte ich ihn besuchen, was ich fast jeden Tag getan hatte. Am Anfang hatte er sich geweigert, mit mir zu sprechen, doch das hatte mir nichts ausgemacht, ich hatte ihm alles Mögliche erzählt, angefangen bei den Kleinigkeiten wie den Aufs und Abs der Beziehungen zwischen den Shinobi, über mein Leben, bis hin zu dem Zeitpunkt, als ich es über mich brachte, ihm, aber auch mir selbst, Vorwürfe zu machen für das, was passiert war und ihm zu sagen, wie es mir damit gegangen war und wie ich jetzt mit allem umging, wie ich unsere Freundschaft sah, was ich erwartete und was ich bereit war, dafür zu tun.

Irgendwann hatte er angefangen, mir einsilbige Antworten zu geben, nur, um mir zu sagen, ich solle still sein, doch mittlerweile ging er auf mich ein – Obwohl er selbst jetzt nicht halb so viel redete wie ich – Und sprach mit mir, fast wie früher. Nur die Zeit, die er nicht in Konoha verbracht hatte, darüber schwieg er eisig. Ich war aber glücklich genug, dass er sich mir überhaupt so weit öffnete, denn wenn ich den Krankenschwestern, die sich um ihn kümmerten, glauben konnte, unterhielt er sich sonst mit niemandem. Wahrscheinlich sah er keinen großen Sinn in dem Gewäsch der anderen, was ein noch viel größeres Lob als seine bloße Aufmerksamkeit war.

„Ich denke, in ein oder zwei Wochen werde ich ihn aus dem Krankenhaus entlassen, unter der Bedingung, dass er einer permanenten Überwachung zustimmt, zu seinem eigenem Schutz, sowie zu dem Konohas. Du wirst diese Aufgabe übernehmen wollen, aber wenn ich mir deinen momentanen Gesundheitszustand ansehe, bin ich mir nicht sicher, ob ich dir diese Bürde auch noch aufladen kann.“

„Sasuke ist keine Bürde“, gab ich wütend zurück und funkelte sie an. „Und mir geht es gut.“

„Sicher, du hast nur Schlafprobleme, neigst zu Depressionen und arbeitest zu viel, sonst geht es dir prima.“ Der Spott in ihrer Stimme war beißend und ich zuckte unter der Wahrheit in ihren Worten zurück. Man konnte Tsunade vieles vorwerfen, aber sie hatte ihre Schäfchen immer im Blick.

„Tsunade...“

Sie ließ mich gar nicht ausreden: „Schon gut, schon gut. Ich weiß, dass ich dich so oder so nicht davon abhalten kann zu versuchen, auf ihn aufzupassen.“

„Nicht nur versuchen“, brüstete ich mich, was sie zum schmunzeln brachte.

„Wie du meinst... Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Glück mit ihm. Ich werde dich für diese Aufgabe einteilen, sobald du wieder hier bist – Sofern sein Zustand sich bis dahin gebessert hat, ansonsten werde ich ihn weiter im Krankenhaus behalten. Und bevor du jetzt protestierst: Du weißt, dass es zu seinem eigenen Besten ist. Wenn es so weit ist, wirst du dich um ihn kümmern. Das heißt, du wirst rund um die Uhr für ihn da sein, seinen Gesundheitszustand überwachen, ihn in Konoha herumführen, ihn mit Menschen zusammenbringen, wenn du denkst, er ist bereit dafür. Außerdem ist es deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass er genug isst und trinkt und sich danach nicht übergibt – Damit hat er nämlich nach wie vor Probleme.“

Wütend biss ich mir auf die Unterlippe. „Dieser Teme... Immer noch so schlimm?“

Sie nickte. „Er hat gestern wieder versucht, sich umzubringen.“

Ich erstarrte auf meinem Stuhl, dann sprang ich auf und wäre fast über den Tisch auf sie zugehechtet, um sie am Kragen zu packen; nur ihr warnender Blick hielt mich auf meiner Seite. „Wie das...?“

Es war nicht das erste Mal, das Sasuke seinem Leben ein Ende hatte setzten wollen, wie ihre Wortwahl bereits andeutete. Kurz nachdem er angekommen war hatte er einen Teller seines Abendessens, den die Krankenschwester, die für ihn zuständig war, dort stehen gelassen hatte, zerdeppert und sich mit den Scherben die Pulsadern aufgeschnitten; Seitdem bekam er seine Mahlzeiten nur noch auf Papptellern und –Bechern und unter Aufsicht. Danach hatte er Tabletten gesammelt und sie alle auf einmal geschluckt und nur dadurch, dass ich ihn zufällig gefunden hatte, (Das war mein erster Besuch bei ihm gewesen) als er schon im Delirium war, hatte man rechtzeitig seinen Magen auspumpen können. Er hatte versucht, aus dem Fenster zu springen, als sein Zimmer gelüftet wurde und sich mit seinem Bettuch fast erhängt, sich beim Baden beinahe ertränkt und das Essen verweigert, bis man ihn künstlich ernährt hatte, seine Kreativität hatte keine Grenzen gekannt – Bis ich angefangen hatte, ihn zu besuchen.

In den letzten beiden Wochen hatte er keinen Selbstmordversuch mehr begangen und ich hatte gedacht, ich hätte ihn davon abgebracht, aber das war wohl ein zu arroganter Gedanke gewesen, den er mit seinem Dickschädel unbedingt widerlegen musste, obwohl er, wenn ich ihn fragte, wieso er versucht hatte, sich umzubringen, nur monoton behauptete, es täte ihm leid – Obwohl ich genau wusste, dass das nicht stimmte – Und erklärte, was ihn dazu bewegt hätte; Ein schlechter Traum etwa oder eine unfreundliche Schwester. Seine Stimmungen waren instabil, auch während ich bei ihm war, war es schon öfter vorgekommen, dass er mich ganz plötzlich weggeschickt hatte, obwohl wir uns Sekunden davor noch unterhalten hatten.

Ich verstand ihn nicht, versuchte aber, mir das nicht anmerken zu lassen und Mitgefühl und Geduld aufzubringen.

„Er hat Streit mit einem Shinobi angefangen, der ihm auf dem Gang begegnet ist und sich dann kaum gegen ihn gewehrt, immer nur so sehr, um den anderen weiter zu reizen. In seinem körperlichen Zustand kann er aber keine weiteren Verletzungen verkraften und das weiß er auch.“

Ich zog die Brauen hoch. Das klang nicht nach Sasuke, das war feige und wäre gegen seinen Stolz gegangen, der immer noch so stark war wie früher, obwohl er sich selbst aufgegeben hatte, wie es schien. „So?“

Tsunade, die die Skepsis in meiner Stimme hörte, machte eine unbestimmte Geste mit der Hand. „Ich verstehe es auch nicht; in letzter Zeit schien es ihm ganz gut zu gehen – Und plötzlich so etwas.“

„Hat er geredet?“, fragte ich, sie schüttelte den Kopf.

„Mich sieht er noch nicht mal an, egal, was ich sage, und wenn ich fremde Psychiater schicke schweigt er die genauso beharrlich an...“

Ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie etwas nicht aussprach, was mich ungeduldig schnauben ließ; wenn es etwas gab, womit ich Sasukes Zustand verbessern konnte, sollte sie damit rausrücken, ich würde alles tun, das müsste sie doch wissen. „Tsunade...“, knurrte ich eindringlich.

„Lass mich überlegen“, verlangte sie mit abwehrend erhobener Hand und geschlossenen Augen. Vor Aufregung wäre ich am liebsten von einem Fuß auf den anderen gesprungen, doch sie ließ sich von meiner Hibbelei nicht beirren und überlegte geschlagene fünf Minuten, ehe sie mich wieder ansah. „Ich habe eine Idee.“ sagte sie dann schlicht.

„Ach ne?“, gab ich sarkastisch zurück und wich dem Stift aus, den sie nach mir warf. Er fiel klappernd hinter mir auf den Boden.

„Sei nicht so frech, sonst bleibst du hier und schreibst Berichte!“ fauchte sie, was ich nur mit einem Grinsen quittierte. „Ich werde dir ein Mini- Walky-Talky geben und dir dadurch Fragen an ihn übermitteln, die du ihm dann stellst und für dich Antworten auf seine Aussagen geben. Es ist mir zwar immer noch nicht recht, dass du ständig bei ihm bist, aber da du dich nicht davon abhalten lässt und der Einzige bist, mit dem er redet, bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als das auszunutzen.“

„Ich... Soll ihn ausspionieren?“

„Du sollst ein Therapiegespräch mit ihm führen“, korrigierte sie mich lächelnd, woraufhin ich eine Braue hochzog.

„Nein, Sie werden es durch meinen Mund führen.“

Tsunade zuckte mit den Schultern. „So könnte man es auch nennen, aber das ist Erbsenzählerei; was wichtig ist, ist das Ergebnis, das sagst du doch selbst immer. Und er muss mit jemandem sprechen.“

Ich schwieg eine Weile und sah auf meine Hände. In gewisser Weise war das, was sie von mir verlangte, Verrat, aber sie hatte recht, er musste seine Erlebnisse verarbeiten und konnte das alleine offensichtlich nicht. Da ich selbst nicht die Erfahrung und das nötige Feingefühl hatte, ihm zu helfen, war es wohl das Beste, es jemand anderen tun zu lassen – Aber dabei stellte er sich ja quer. Mir fiel keine andere Lösung für das Problem ein, sodass ich schließlich langsam nickte und sie ansah.

„Also gut, ich werde es tun – Für ihn.“

Sie lächelte gerissen, als hätte sie meine Antwort schon vor mir gekannt. „Natürlich wirst du das – Heute noch, morgen werden du, Sai und Sakura euch nämlich auf den Weg machen, sofern die Suchtruppe Masato noch nicht gefunden hat bis dahin.“ Sie drückte den Knopf einer Gegensprechanlage, woraufhin sich die Stimme einer jungen Frau meldete.

„Hokage-sama?“

„Wir brauchen zwei Walky-Talky“, sagte Tsunade knapp und löste die Verbindung, bevor die andere hatte antworten können. Keine fünf Minuten später klopfte es an der Tür und ein Junge, vielleicht fünfzehn Jahre, öffnete sie. Ich lächelte ihn an, doch er ging nur zu seiner Vorgesetzten, gab ihr, was sie gewünscht hatte und verschwand mit einer kleinen Verbeugung wieder.

Ich seufzte. „Die werden auch immer braver.“

„Kann ja nicht jeder Jahrgang so unmöglich sein wie deiner“, konterte die Hokage. Ich zuckte grinsend die Schultern und nahm das Gerät, das sie mir hinhielt.

„Nein... Schade, was?“ Ich steckte mir das Walky-Talky so unter das Stirnband, dass man es nicht sah und überprüfte mit der Älteren die Lautstärke, wobei sie mir einmal absichtlich ins Ohr brüllte, dann war alles vorbereitet und ich verließ das Hokage-Anwesen, um mich zum nahegelegenen Krankenhaus zu begeben.

Die Krankenschwester, die am Empfang saß, lächelte mich an, als ich zu ihr trat und öffnete schon das entsprechende Dokument am Computer, mit dem sie meine Anwesenheit vermerkte. „Guten Morgen, Naruto-kun", begrüßte sie mich freundlich. „Ich nehme an, du willst zu Sasuke-kun?“

Ich nickte und erwiderte ihr Lächeln. „Sonst ist, glaube ich, kein hochgefährlicher Freund von mir im Krankenhaus.“

Sie lachte und gab mir einen Zettel zum unterschreiben, dann nickte sie den Gang runter. „Du weißt ja, wo du hin musst... Ach, Naruto-kun.“ Als ich noch mal stehen blieb und sie fragend ansah, spielte sie mit ihrem Rock, ehe sie zu mir aufsah. „Du bist mit dem Mordfall betraut, oder? Habt ihr schon jemanden unter Verdacht? Es... Es war ja wirklich eine schreckliche Tat.“

Unbehaglich biss ich mir auf die Lippe und musterte sie. Es war nicht gut, dass sie davon wusste, obwohl sie in dem Sinne keine richtige Zivilistin war, vielleicht hatte sie auch nur von einem bekannten Medic-Nin davon gehört, aber trotzdem sollte über diesen Fall strenges Stillschweigen bewahrt werden, solange wir noch nichts Genaueres wussten, um eine Panik zu verhindern.

„Tsunade hat bereits einen Trupp nach dem Verdächtigen ausgeschickt; er befindet sich im Moment auf der Flucht“ sagte ich, mit Absicht so, als stünde schon fest, dass der Betreffende den Mord begangen hatte.

Meine Worte schienen sie zu erleichtern, denn sie nickte wieder mit einem Lächeln. „Das ist gut... Es ist so schrecklich... Vorgestern war er noch hier...“

Ich horchte auf. „War er das?“

Sie nickte erneut. „Ja, er hat einen Bekannten besucht... Dabei hat er auch Sasuke-kun gesehen, wenn es dich interessiert.“

„Sicher doch. Haben... Haben sie sich geschlagen?“

„Was? Gott bewahre, nein! Misai war sehr ruhig und verständnisvoll. Er fand es zwar nicht gut, dass Tsunade ihn wieder ins Dorf gelassen hat, aber er hat Sasuke nichts getan. Du redest von der Prügelei, oder? Das war einer der älteren Jo-Nin, aber ich weiß nicht, wie er heißt.“

„Oh... Ich verstehe“, sagte ich und konnte nicht verhindern, enttäuscht zu klingen; natürlich wusste ich, dass diese Gedanken falsch waren, aber es gelüstete mich nach Rache an demjenigen, der ihm wehgetan hatte.

„Vielleicht weiß Sasuke-kun es ja selbst, du kannst ihn fragen“, erklärte sie lächelnd, offenbar ahnte sie nichts von meinen bösen, verdorbenen Gedanken. Ich nickte und machte mich auf den Weg den Flur runter.

An jedem Ende des Ganges im obersten Stockwerk, in dem die Verbrecher untergebracht waren, stand ein Mann Wache und ich nickte demjenigen, an dem ich vorbei kam, höflich zu, während er mich nach meiner Besucher-Erlaubnis fragte, obwohl er mich eigentlich schon kannte, und mich dann durchließ. Vor Zimmer zweihundertdreiundvierzig blieb ich stehen und hob die Hand, zögerte aber einen Moment, bevor ich den Schlüssel, den der Wachmann mir gegeben hatte, ins Schloss schob und ihn herumdrehte.

Drinnen war es düster; die Vorhänge vor den vergitterten Fenstern waren zugezogen und das Licht aus. Die Luft roch schal, nach Krankheit und Verletzungen. Mir wurde schlecht und ich hatte Angst vor dem, was ich sehen würde, doch trotzdem knipste ich die Lampe an, bevor ich hinter mir wieder abschloss.

„Sasuke?“, fragte ich ruhig, während ich langsam den kleinen Flur runter ging. Als ich um die Ecke kam, brauchte ich etwas, um mich zu überwinden, zu seinem Bett zu sehen, doch als ich es schließlich tat war der Anblick gar nicht so schlimm. Die Schwestern hatten anscheinend die schlimmsten Blessuren bereits verschlossen und er hatte nur noch ein paar blaue Flecken und Kratzer im Gesicht, außerdem war sein Handgelenk verbunden, aber auf eine Art, die mir zeigte, dass es höchstens geprellt war. Ich seufzte erleichtert auf; so einen Anblick wie den, den er abgegeben hatte, als er zurück gekommen war, hätte ich nicht noch ein Mal ertragen.

Sein ganzer Körper war verletzt gewesen, sein Kopf bandagiert und Blut hatte ihm im Gesicht und an der Kleidung geklebt. Er hatte mehrere gebrochene Knochen gehabt, außerdem eine Gehirnerschütterung und innere Verletzungen – Von seinem mentalen Zustand brauche ich gar nicht reden, der hatte sich nur spärlich gebessert. Ich frage mich bis heute, wie er zurück gekommen war, aber insgeheim verdächtigte ich seine Mitreisenden, ihn hierher gebracht zu haben, weil er Ballast für sie war und sie vielleicht auch gewusst hatten, dass er ohne eine Behandlung, wie er sie nur hier bekommen konnte, sterben würde.

„Das ist mein Zimmer, wen anderes erwartest du, hier zu treffen?“, antwortete seine raue Stimme in einem sarkastischen Tonfall, der mich das Gesicht verziehen ließ.

„Hätte ja sein können, dass du in Behandlung bist, nach dem Mist, den du gestern abgezogen hast.“, gab ich ungnädig zurück, während ich zum Fenster ging, um die Vorhänge aufzuziehen.

„Lass die zu, es ist sowieso schon so hell...“

„Bist du ein Höhlenmensch? Etwas Sonne wird dir gut tun.“ Ich zog den Stoff zurück und die warme Oktobersonne flutete den spärlich eingerichteten Raum. Tatsächlich fauchte Sasuke, als würde ihm das Licht Schmerzen bereiten, was mich zum Lachen brachte. „Jetzt weiß ich, was du bist: Ein Vampir!“

Er drehte sich vom Fenster weg und schwieg. Ich nutzte die Gelegenheit, um das Head-Set anzuschalten und mich zu ihm zu setzten.

„Naruto, ich hoffe, du hörst mich.“ hörte ich Tsunades Stimme in meinem Ohr und wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen, konnte mich aber gerade noch zusammenreißen und Sasuke, der mir abgewandt dalag, bemerkte gar nichts. „Sprich ihn einfach auf das an, was passiert ist.“

„Hatte ich sowieso vor...“ murrte ich leise, woraufhin der Uchiha sich stirnrunzelnd umdrehte.

„Hm?“

„A-Ach nichts!“, sagte ich schnell und fuhr mir durch die Haare. „Wegen der Sache gestern...“

„Ich will nicht darüber reden“, gab er kalt zurück und drehte sich wieder weg.

„Ich aber.“ Kurz herrschte Schweigen, weil er sich weigerte, mir zu antworten, dann sprach ich weiter: „Wieso, Sasuke?“

Keine Reaktion.

„Sasuke.“

Nichts.

„Bitte.“

Die Antwort, die er gab, war so leise, dass ich sie zuerst nicht verstand und mich weiter vorlehnen musste, um ihn zu hören. „Ich hab´s verdient...“

Ich runzelte die Stirn. „Hä? Was hast du verdient?“

„Zu sterben", flüsterte er plötzlich, setzte sich auf und starrte mich aus seinen zerstörten, leeren, schwarzen Augen an, die mir jedes Mal einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließen. Es war, als sähe er durch mich hindurch, obwohl er sich mir so direkt zuwandte, ich spürte, dass er sich zwingen musste, mich in all seinem Leid wahrzunehmen.

Langsam schüttelte ich den Kopf. „Nein. Nein, hast du nicht. Du hast Fehler gemacht, ja, aber...“

„Ich hab ihn umgebracht...“, stammelte er leise, er meinte wohl Itachi. „Und es hat Spaß gemacht, viel zu viel Spaß...“

Ich fühlte mich vollkommen überfordert, zum Glück half Tsunade mir aus und ich konnte ihre Worte einfach wiederholen: „Du bereust es jetzt, das ist schon genug, denn es zeigt, dass du dich geändert hast, Sasuke. Wenn du es nicht mehr tust, heißt das, du bist auf einem sehr guten Weg.“

Er sah auf, musterte mich und für den Bruchteil einer Sekunde flackerte etwas Rotes in seinen Augen auf, als hätte er die Sharingan aktiviert, aber das konnte nicht sein, soviel Chakra konnte er in seinem Zustand gar nicht konzentrieren. „Naruto...“ sagte er ganz leise, beugte sich zu mir und streckte die Hand nach mir aus.

Zögernd kam ich der Aufforderung nach und lehnte mich ebenfalls zu ihm, bis unsere Gesichter kaum mehr dreißig Zentimeter voneinander entfernt waren. Sasuke kam noch näher, so nahe, dass unsere Lippen sich fast berührten und ich seinen Atem spüren konnte, was mir ziemlich seltsam vorkam, doch ich hielt still, auch, als ich seine Hand an meiner Wange fühlte, die zu meinem Hals und von dort zu meinen Haaren glitt. Er strich durch die Strähnen, zog leicht daran, wie um sich zu überzeugen, dass sie wirklich echt waren, dann glitten seine Finger weiter – Und fanden das Kabel des Head-Sets.

Schlagartig zog ich mich zurück und fasste mir unwillkürlich an das Walki-Talki, aus dem Tsunades Stimme mich des Öfteren fragte, was passiert wäre. Ich ignorierte sie, konnte nur Sasuke anstarren, der wohl erahnt hatte, dass so eine geistreiche, durchdachte Antwort nicht von mir kommen konnte.

Er sah mich kalt an, ich weiß nicht, wie ich seinen Blick beschreiben soll oder was er aussagte, vielleicht Enttäuschung, vielleicht bestätigte Erwartungen, aber ich wusste, dass er sich betrogen fühlen musste und vorerst nicht mit mir reden würde. „Geh“, verlangte er und verengte die Augen zu Schlitzen, als ich nicht sofort reagierte. „Verschwinde. Sofort.“

Langsam erhob ich mich, ohne den Blick von ihm zu lösen. Ich wollte ihm nur helfen, und das wusste er auch, da war ich mir sicher, aber er wollte keine Hilfe und betrachtete es deshalb als Verrat. Aber würde ich ihn nicht noch viel mehr Verraten, wenn ich es nicht tat?

„Ich bin ab morgen auf einer Mission“, erklärte ich, schon auf dem Weg zur Tür. „Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme.“

Er antwortete nicht.

„Bitte... Sei noch da, wenn ich zurück komme.“ Ich sprach leise, aber er musste es gehört haben, trotzdem reagierte er nicht und sah mich nicht mal mehr an, was mir mehr weh tat als jede Verwünschung, die er mir hätte hinterher brüllen konnte. Er benahm sich wie tot, weil er wusste, dass es mich schmerzte und ich hasste ihn für diese Berechnung und mich selbst für meine Berechenbarkeit, aber ich konnte nicht aus meiner Haut heraus, was ihn betraf.

„Aaah, dann verreckt doch, du störrischer Idiot!“ fauchte ich, ehe ich die Zimmertür aufriss und mit Wucht hinter mir wieder zuschmiss und sie schnell absperrte.

„Naruto...“, sagte Tsunade in das Walky-Talky, doch ich zerrte mir das Gerät aus dem Ohr und stolperte weiter. Weit kam ich allerdings nicht, dann war mir zu schwindelig, um mich zu bewegen. Die Kopfschmerzen waren zurück, noch schlimmer als heute Morgen und mir war schlecht. Ich hätte mich gerne übergeben, das hätte sicher geholfen, aber ich konnte nicht und so lehnte ich nur, kraftlos und zitternd, an der Wand, bis ich schnelle Schritte hörte und jemand meinen Namen rief.

Ich hob den Kopf, konnte aber nichts erkennen, wegen der Migräne war mein Sichtfeld fast komplett weiß. Die Stimme erkannte ich trotzdem.

„Hinata...“, sagte ich schwach und zwang mich zu einem Lächeln. Sie sollte mich nicht so sehen...

„Naruto-kun!“ Sofort schob sie sich meinen Arm um die Schulter und stützte mich, um mich zu einer Bank zu führen, die am Ende des Ganges stand. „Warte hier, ich hole dir ein Glas Wasser oder...“

„Nicht!“, unterbrach ich sie, als sie gehen wollte, und zog sie auf meinen Schoß. „Bleib bei mir, Takara...“, bat ich sie leise und legte die Stirn an ihren Hals. Zuerst war ihr Körper angespannt, doch dann ergab meine Freundin sich in die Berührung und streichelte mir sanft durchs Haar, massierte mir die verkrampften Schultern und küsste ab und zu schüchtern meine heiße Stirn, bis der Anfall sich etwas gelegt hatte und ich sie ansehen konnte.

„Danke“, sagte ich erschöpft, doch sie lächelte nur und schüttelte den Kopf. „Was machst du hier?“

„I-Ich... Ich bin als Wächterin hier eingeteilt und Shina..." - Das war die Empfangsschwester - "Sagte mir, dass du da bist, deshalb dachte ich...“ Sie verstummte errötend und ich gab ihr einen Kuss.

„Du dachtest, du kommst mich besuchen? Du bist süß“, meinte ich, woraufhin Hinata noch viel röter wurde, doch da runzelte ich schon besorgt die Stirn. „Aber ich finde es nicht gut, wenn du hier arbeitest, die Leute sind gefährlich. Was, wenn dir etwas passiert?“

„Ich bin im Moment eben nicht für eine Mission eingeteilt“, erwiderte sie sanft, mit leicht hochgezogener Braue. „Und es könnte jedem, der hier Wache schiebt, etwas passieren.“

„Bei dir macht es mir aber eben am meisten aus“, erwiderte ich, ihr noch einen Kuss aufdrückend. Wir waren seit fast einem halben Jahr zusammen und ich war sehr glücklich mit ihr, obwohl mich ihr Liebesgeständnis doch sehr überrascht hatte. Danach waren wir ein paar Mal ausgegangen und hatten beschlossen, es miteinander zu versuchen – Und bisher hatte es wirklich gut geklappt, obwohl sie nach wie vor recht schüchtern war. Aber ich fand es süß, wenn sie wegen Kleinigkeiten rot wurde und genoss ihre ungeteilte Zuneigung.

Warum ich Sasuke noch nichts von ihr erzählt hatte, konnte ich mir selbst nicht erklären, vielleicht, weil es mir komisch vor kam, ihm von meinem Glück vorzuschwärmen während er im Krankenhaus eingesperrt war und Suizidgedanken hatte.

Das Mädchen senkte den Kopf, doch ich konnte sehen, dass sie lächelte, und das genügte mir als Reaktion. Ich erhob mich, stellte sie auf die Füße und strich ihr ein paar Strähnen hinters Ohr, wobei ich sie warm anlächelte. „Schon gut, ich weiß, dass du deinen Job gut machst. Aber pass auf dich auf, versprich mir das.“

Sie nickte brav, zögerte dann und gab mir einen schnellen Kuss. „Natürlich, Naruto-kun... I-Ich... Darf ich... Also...“

„Willst du bei mir übernachten?“, half ich nach, woraufhin sie hastig nickte. „Das würde mich freuen. Ich koche auch...“

„Musst du nicht, ich bringe etwas von zu Hause mit“, erwiderte sie schnell, was uns beide zum schmunzeln brachte, weil wir wussten, wieso sie das sagte; ich konnte absolut nicht kochen.

„Auch gut. Wann kommst du vorbei?“

Wir verabredeten uns für den Nachmittag und ich leistete ihr eine Weile Gesellschaft, bevor ich sie alleine ließ, da sie ja immerhin bei der Arbeit war. Ich war froh, dass sie die Nacht bei mir verbringen würde, denn wenn sie da war, konnte ich besser schlafen. Als ich ihr noch einen letzten Kuss gab, war mir, als hörte ich ein leises Knurren und eine sich schließende Tür, doch als ich den Flur runter sah, war da nichts und ich ging, um mich mit Sakura und Sai zu treffen.

Die beiden warteten bei Sakura zu Hause, wo es Mittagessen gab und wir besprachen, was sie über den Mord herausgefunden hatten; Nämlich nichts. Unsere einzige Hoffnung war unsere Mission morgen und die Aussicht darauf, den Täter zu schnappen und ihm ein Geständnis zu entlocken.

Ich starrte auf den Tisch und dachte an Hinata und die Schwerverbrecher, die sie gerade bewachte und mir wurde schlecht, als mir in den Sinn kam, wie die Leiche ausgesehen hatte, die wir gestern gefunden hatten. So, wie der Tote entstellt gewesen war, war es leicht, sich noch ein paar lange, seidige blaue Haare an ihm vorzustellen...

Plötzlich ohne Appetit schob ich meinen Teller beiseite, lächelte aber die anderen beiden an, als sie mich besorgt musterten. Wir würden ihn schon finden, diesen Verrückten.

Therapy-Patient

„Wie lange glaubt ihr, werden wir unterwegs sein?“

Sakura, die gerade ihre Handschuhe überzog, sah zu mir auf, ließ die Finger spielen und zuckte die Schultern. „Schwer zu sagen, kommt drauf an, wie wir vorgehen.“

Ich pustete mir einige blonde Strähnen aus den Augen und sah in den grauen Oktoberhimmel. Das strahlende Blau von gestern war verschwunden, immer mehr Wolken zogen sich zusammen und es sah aus, als würde es heute noch regnen. „Vielleicht sollten wir auch erst morgen los...?“

„Wieso? Hast du nicht genug Sex bekommen?“ erkundigte Sai sich ganz freundlich, woraufhin ich ihm an die Gurgel gegangen wäre, hätte Hinata, die mich begleitet hatte, mich nicht aufgehalten, obwohl sie knallrot geworden war. Ich legte ihr den Arm um die Schultern und stützte das Kinn auf ihren Kopf; sie passte perfekt an meine Schulter, als wäre sie dafür geschaffen worden und der Duft ihres Haares beruhigte mich.

„Mehr als du bestimmt.“ gab ich schneidend zurück. Eigentlich hatte Sai noch etwas sagen wollen, doch aus Rücksicht auf das Feingefühl meiner Freundin, das sowieso schon belastet worden war, mischte Sakura sich ein und verbat ihm das Wort.

„Er hat aber Recht, Naruto: Wieso noch warten? Je mehr Zeit wir uns lassen, desto weiter weg ist Masato. Ganz davon abgesehen, dass Tsunade uns den Auftrag gegeben hat, heute loszureisen, also werden wir uns heute auf den Weg machen – Punkt.“

Sie sah mich streng an und ich erwiderte den Blick verstimmt, sagte aber nichts mehr; Sie hatte ja recht, natürlich, aber ich wollte nicht gehen. Ich hatte nicht mehr mit Sasuke gesprochen, seit ich ihn gestern alleine gelassen hatte, und es gefiel mir nicht, ihn nach einem Streit zurück zu lassen. Was, wenn er sich wieder etwas anzutun versuchte? Ich hätte mich noch nicht mal bei ihm entschuldigt, wenn...

Nein. Nein, ich weigerte mich, den Gedanken zu Ende zu bringen. Man würde schon auf ihn aufpassen.

„Also gut.“ Sanft strich ich Hinata eine Strähne aus den Augen und behielt die Hand auf ihrer Wange, während ich sie ansah. „Pass auf dich auf, Takara“, sagte ich zu ihr und gab ihr einen Kuss, den sie zurückhaltend erwiderte.

„Du auch auf dich...“ bat sie mich leise, doch ich grinste nur.

„Mir passiert sowieso nichts!“ behauptete ich, von meinen eigenen Worten mehr als überzeugt. Und selbst wenn ich verletzt werden sollte, bei mir heilten Wunden schneller als bei jedem anderen; mit ein bisschen Glück würde sie es noch nicht mal bemerken, wenn ich wieder zurück war. Sie hatte tatsächlich bei mir übernachtet – Ihren Eltern hatte sie erzählt, sie würde bei einer Freundin schlafen, denn ihre Familie wusste nichts von uns. Es war natürlich nicht gerade angenehm, verleumdet zu werden, aber ich verstand Hinatas Standpunkt und akzeptierte ihn. Es hätte sowieso keinen Sinn, sich deshalb mit ihr zu streiten, außerdem glaubte ich eher nicht, dass die Hyuuga mich als Schwiegersohn im Spee akzeptieren würden und ich wollte ihr nicht wegen so etwas Umstände bereiten.

„... I-Ich... Ich liebe dich...“ nuschelte sie schüchtern, den Blick auf meine Brust gerichtet und ich lächelte erfreut, drückte ihr einen Kuss auf.

„Ich dich auch. Wir beeilen uns, ja? Wenn ich wieder da bin, gehen wir Essen, ich lade dich ein, ok...?“

„Jetzt hör schon auf zu flirten!“ kommandierte Sakura, die mich am Arm von meiner Freundin, die ich noch einmal kurz küsste, wegzog. „Wir müssen los.“

Hinata winkte uns und blieb so lange stehen, bis sie außer Sicht war, dann kehrte sie wohl ins Dorf zurück. Ich biss mir leicht auf die Unterlippe. Wir befanden uns zwar auf der Suche nach dem Mörder, aber was, wenn der Mann, den wir verfolgten, gar nicht getan hatte, was man ihm vorwarf und ich Hinata alleine in einem Dorf zurückließ, in dem ein Killer umging?

Kopfschüttelnd verdrängte ich den Gedanken. Wer sollte es denn sonst gewesen sein? Der Tote hatte keine Feinde gehabt, war bei Kollegen ebenso beliebt wie bei den zivilen Dorfbewohnern. Wenn Shinobi aus einem anderen Dorf anwesend gewesen wären, hätte Tsunade sicher davon erfahren, diese Möglichkeit schloss sich also auch aus. Und konnte es wirklich ein Zufall sein, dass dieser Masato kurz vor dem Tod des Jo-Nin ausbrach, der ihn hinter Gitter gebracht hatte? Ich glaube nicht.

Ich spürte einen Blick auf mich gerichtet und sah zu Sakura, die mich beobachtete. „Hm...?“

„Du machst dir Sorgen um sie, oder?“

Unschlüssig mit den Schultern zuckend blickte ich wieder geradeaus. „Es geht. Sie kann auf sich selbst aufpassen... Außerdem lassen Shino und Kiba sie nicht aus den Augen.“ Zumindest, wenn sie wussten, was gut für sie war, denn ich würde sie persönlich ermorden, sollte Hinata in der Zeit, in der ich nicht da war, etwas zustoßen, das hatte ich ihren Teammitgliedern mehr als deutlich zu verstehen gegeben.

„Das heißt, du glaubst nicht wirklich daran, dass Masato der Täter ist“, schlussfolgerte die Kunoichi. Ich zuckte die Schultern.

„Glaubst du es denn?“

Sie schwieg einen Moment. „Die Tat... War sehr brutal. Es sah aus, als habe der Mörder Spaß an dem gehabt, was er tat, als hätte er sich Zeit dafür genommen, um es zu genießen. Es könnte Rachemord gewesen sein.“

„Könnte“, bestätigte ich trocken. „Aber wir wissen noch nichts genaues und sollten uns nicht auf etwas festlegen. Erstmal werden wir den Verdächtigen fangen und befragen, vielleicht löst sich der Fall dann ja bereits und wir können nach Hause. Wenn nicht... Haben wir für die Zeit, die wir mit der Phantomjagd verbracht haben, das ganze Dorf einem psychopatischem Killer überlassen.“

„Jetzt hör auf damit!“ schnauzte Sakura mich an; Man sah genau, dass sie Angst hatte, denn ihre Nasenflügel bebten und sie hatte die Schultern angezogen. „Das bist doch nicht du, der da redet. Was ist los mit dir?“

Auch Sai, der bisher so getan hatte, als würde er uns nicht hören, drehte sich jetzt nach uns um und sah mich prüfend an. Ich schüttelte lachend den Kopf. „Was meint ihr? Jetzt schaut nicht so ernst, mir geht´s gut.“

„Nein“, sagte der andere junge Mann schlicht. „Seit einiger Zeit bist du nicht mehr du selbst.“

„Ist doch klar. Leute, es wurde ein Shinobi brutal ermordet, ich mache mir nur Sorgen.“

„Schon davor, Naruto.“

Ich wusste, worauf sie hinaus wollten, hatte aber keine Lust auf diese Diskussion, nicht schon wieder, gab also nur ein wütendes Schnauben von mir und beschleunigte meine Schritte, bis ich ein ganzes Stück vor den beiden ging. Natürlich hörte ich, dass sie redeten und ich wusste, dass sie von mir sprachen und sehr wahrscheinlich von Sasuke, aber ich hatte keine Lust, mich mit ihnen zu streiten, vor allem, da sie sich wohl gegen mich verschwören würden, also ließ ich sie einfach machen.

Das Problem war, dass sie ja Recht hatten.

Ich bemerkte selbst, dass ich fast ständig gereizt war und die einzige, die mich etwas auf den Boden holen konnte, Hinata war. Ich wusste, dass ich mich grüblerisch und abweisend benahm. Natürlich wusste ich auch, woran das lag, obwohl es mir nicht gefiel: Ich passte mich Sasukes Stimmung zusehends an. Machte mich wieder abhängig von ihm. Und ich hasste mich selbst dafür. Es war ja ok, mir Sorgen um ihn zu machen und nichts hätte mich davon abhalten können, für ihn da zu sein, aber ich hatte mich eigentlich nie wieder so nach ihm richten wollen. Inzwischen war ich erwachsen genug, um mein eigenes Vorbild zu sein und nicht mehr ihm nachzueifern. Ganz davon abgesehen, dass ein selbstzerstörerischer, depressiver Massenmörder wohl nicht unbedingt das Idol war, dem man nacheifern sollte, wenn man wie ich gedachte, Hokage zu werden.

Wenn ich das also wusste, wieso konnte ich dann nicht anders und tat es trotzdem? Ich wusste es nicht, konnte mich aber auch nicht dagegen wehren; er ergriff mit seinem Wesen Besitz von mir, bis nichts mehr von meinem Selbst übrig blieb, außer der Teil meines Herzens, den ich Hinata geschenkt hatte.
 

Wir sprachen nicht viel, während wir unsere Erkundungen einzogen und die gedrückte Stimmung wirkte sich nicht gerade positiv auf unsere Arbeit aus, sodass wir nach knapp einer Woche immer noch keine genauere Spur verfolgten. Diese Erfolglosigkeit machte uns allerdings immer noch gereizter, sodass wir uns in einem Teufelskreis aus Effizienzlosigkeit und Wut immer weiter im Kreis drehten, bis es eines Abends eskalierte.

In bedrückendem Schweigen saßen wir am Tisch des Hotels, in dem wir untergekommen waren. Sakura zeichnete die Dörfer ein, in denen wir bereits Informationen gesucht hatten und notierte die Menschen, mit denen wir gesprochen hatten und was wir herausgefunden hatten – Was nicht viel war – Während Sai und ich wahlweise die wenigen Leute im Speisesaal beobachteten oder aus dem Fenster blickten. Draußen herrschte ein Sturm, der Blätter und Dreck gegen die Fensterscheibe drückte wie Ertrinkende, die um Hilfe flehten, und riss sie dann wieder mit sich fort. Die Szene hatte etwas Melancholisches, das mir auf die Nerven ging. Warum fanden wir nichts, verdammt noch mal? Und von den anderen Suchtrupps hatten wir auch keinerlei Informationen erhalten, wo sich der Flüchtling befinden könnte! Ich wollte nach Hause und meine neue Aufgabe in Angriff nehmen und ich vermisste Hinata, aber ich konnte absolut nichts an der Situation ändern, weil wir in diesem verdammten Kaff festsaßen. Vielleicht störte mich das am meisten: Unsere Bewegungslosigkeit. Wir kamen nicht vor und auch nicht zurück in den Ermittlungen, die sich immer mehr in die Länge zogen – Und vielleicht bereits Menschenleben gekostet hatten. Was, wenn Masato in der Zwischenzeit wieder getötet hatte? Wir hätten es nicht mal mitbekommen.

„Naruto, könntest du BITTE aufhören, zu versuchen, mit den Nägeln den Tisch zu durchbohren? Das Geräusch macht mich nervös“, verlangte Sakura gereizt, die ihren Stift beiseite gelegt hatte um mich anzusehen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich mit den Fingern auf dem Holz getrommelt hatte, hörte aber damit auf.

„Könntest du mir dann BITTE sagen, was ich sonst machen soll? Hier rum sitzen bringt jedenfalls nichts!“, giftete ich zurück, woraufhin sie die Augen zu Schlitzen verengte.

„Ach, und das ist meine Schuld? Das hier ist deine Mission, falls du es vergessen hast. Sag du uns doch, was wir tun sollen, oh großartiger Teamleiter.“

„Sakura…,“ sagte Sai leise, doch ich beachtete ihn gar nicht.

„Hast du vielleicht schon mal was von Eigeninitiative gehört?“

„Im Gegensatz zu dir arbeite ich gerade, falls dir das entgangen ist, Naruto. Du spuckst ja wie immer nur große Töne.“

Ich starrte sie an und war so kurz davor, endgültig die Beherrschung zu verlieren, was sie scheinbar bemerkte, denn sie wich instinktiv etwas vor mir zurück, doch da stand ich auf und verließ den Saal, wobei ich mit voller Wucht die Tür hinter mir ins Schloss warf.

Ich beschloss, dass ich frische Luft brauchte, Sturm hin oder her, und verließ das Gasthaus. Draußen zerrte das Wetter an mir, als wolle es mich entführen, und ich wäre nur zu bereit gewesen, ihm zu folgen, wenn das bedeutet hätte, auch nur für ein paar Stunden alles vergessen zu können. Bis der Platzregen einsetzte stiefelte ich ziellos durch den kleinen Ort, dann rannte ich zurück zu unserer Unterkunft, wo ich klatschnass von der Wirtin empfangen wurde, einer freundlichen, schlanken Frau mit rotbraunen Locken, die mir ein Handtuch und eine heiße Schokolade reichte und mich vor den Kamin in ihrer Stube schob. Dankbar lächelte ich sie an und trank einen Schluck von dem extrem süßen Getränk, das ich nur in den Händen behielt, um diese wieder etwas wärmer zu bekommen.

Ihr Mann war bereits zu Bett gegangen, doch sie kümmerte sich noch um den Abwasch und um einige Wäschestücke, die sie in einem Sessel neben mir stopfte.

„Sie haben viel Stress, nicht wahr?“, fragte sie nach einer Weile sanft.

Eigentlich wollte ich nicht darüber reden, schon gar nicht mit einer Fremden, also seufzte ich nur und lächelte sie an. „Auch nicht mehr als Sie.“

„Oh, ich bin froh um die Arbeit. Besser als keine Gäste, nicht wahr?“

„Sicher...“ Ich schloss die Augen und überlegte, wann ich das letzte Mal keine Arbeit gehabt hatte. Das musste so vor zwei, drei Jahren gewesen sein, aber damals hatte ich das noch nicht zu schätzen gewusst. Außerdem hatte ich zu diesem Zeitpunkt versucht, Sasuke um jeden Preis zurück zu bekommen – Beziehungsweise dafür trainiert, ihn besiegen zu können.

„Darf ich Sie fragen, wie alt Sie sind?“, wollte die Dame plötzlich wissen.

Mit einem geöffneten Auge linste ich zu ihr. „Neunzehn, seit ein paar Wochen. Wieso?“

„Oh weh...“ Sie zog besorgt die Stirn kraus und legte ihre Arbeit auf den Schoß, um mich zu mustern. „Nun... Sie sehen nicht aus wie ein Teenager. In Ihrem Gesicht... Ich glaube, Sie haben schon zu viel gesehen.“

Wie kam sie nur darauf? Ich hatte getötet und gesehen, wie Menschen starben. Ich hatte aus nächster Nähe mitbekommen, wie die Menschen, die ich liebte, verletzt wurden, war verraten worden, man hatte mehr als einmal versucht, mich umzubringen... Muss ich weiter machen?

„Das ist wohl ein Jobrisiko“, grinste ich, unbekümmert die Schultern zuckend. Zivilisten konnten unsere Arbeit wohl nicht wirklich verstehen, und das war gut so, denke ich.

„Aber... Sie sind doch noch ein Kind. Ich meine, als sie anfingen, wie alt waren sie da? Vierzehn?“

„Dreizehn.“

„Das ist doch sowieso viel zu jung für so etwas!“

„Kinder bekommen keine schwierigen Aufgaben. Wir mussten Katzen jagen und Briefe überbringen oder so, das war eigentlich ganz lustig.“

„Ja, aber es war nur eine Vorbereitung auf den Krieg. Finden Sie das nicht schlimm?“

Ich überlegte. In gewisser Weise hatte sie natürlich recht, vor allem aus ihrem Standpunkt als Mutter aus – So, wie sie redete, ging ich einfach mal davon aus, dass sie Mutter war – Aber so waren eben die Traditionen. Davon abgesehen, dass man eine Ausbildung, wie ein Shinobi sie erhielt, nicht erst wie andere Tätigkeiten erst mit sechzehn, siebzehn oder gar achtzehn beginnen konnte, dann fehlte es einem in der wichtigen Zeit, nämlich zwischen vielleicht fünfundzwanzig und vierzig, an Erfahrung.

Doch als ich sie ansah wusste ich, dass ihr dieses Argument egal war und jedes andere auch und irgendwo wusste ich, dass Kinder in diesem Alter noch nicht eine solche Entscheidung treffen konnten, da sie das ganze wohl für ein Spiel hielten, und Eltern sie nicht in diese Tätigkeit zwingen sollten.

„Ich... Weiß nicht so genau“, gab ich lahm zurück und trank meinen Kakao leer. „Danke, ich... Gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht."

„Gute Nacht.“

Ihr Blick verfolgte mich den ganzen Weg aus dem Zimmer und als ich die Tür schloss und noch einen kleinen Blick auf sie warf sah ich, dass ihr Tränen die Wangen runter liefen.
 

Am nächsten Tag entschuldigte ich mich bei Sakura, doch sie lächelte nur und sagte, sie würde es verstehen. Danach verlief die Mission deutlich entspannter und wir unterhielten uns sogar wieder miteinander.

„Was der wohl vorhat?“, fragte das Mädchen gegen Mittag, als wir uns auf dem Weg ins nächste Dorf befanden. Ein einzelner Mann war auf der Straße unterwegs, nur mit einem Rucksack im Gepäck. Ich musterte ihn, doch er hätte alleine von der Statur her nicht zu unserer Zielperson gepasst und dass er ein Wandlungsjutsu nutzte hielt ich für ausgeschlossen.

„Vielleicht besucht er Verwandte“, schlug ich vor. „Oder er wandert gerne.“

„Aber die Berge sind in die andere Richtung. Und wenn er zu seiner Familie unterwegs wäre, wäre es doch viel bequemer, sich eine Kutsche zu mieten, nicht?“

„Ist doch egal“, nörgelte ich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und wandte gelangweilt den Kopf ab.

„Ich finde das interessant“, warf Sai ein, dem sowohl Sakura als auch ich einen fragenden Blick zuwarfen. Er erklärte: „Vorhin sind wir an einer ganzen Gruppe Reisender vorbeigekommen und ihr habt euch nicht darüber unterhalten, was die vorhaben könnten, aber bei einem einzelnen Mann kommt es euch seltsam vor. Das finde ich sehr interessant.“

Wir sahen uns an. „Na ja, in so einer Gegend ist es halt normaler, mit mehreren Leuten zu reisen, findest du nicht?“

Der junge Mann lächelte. „Ich weiß nicht.“

„Man könnte von Banditen angegriffen werden oder sich verletzen und niemand würde es bemerken. In einer Gruppe ist man sicherer. Das ist... Moment“, unterbrach die Haruno sich, deren Augen plötzlich glänzten. Sie sah uns aufgeregt an. „Das ist es!“

„Hä?“, machte ich verwirrt, da ich gar nichts verstand. „Was ist es?“

„Na die Lösung! Der Grund, aus dem wir ihn noch nicht gefunden haben! Jetzt überleg doch mal! Wir suchen die ganze Zeit nach einem einzelnen Mann – Dabei hat er sich einer Gruppe angeschlossen!“

„Nein!“

„Doch!“ Sie war ganz aus dem Häuschen und gab Sai sogar einen Kuss auf die Wange. „Du bist brillant!“

„Moment mal“, unterbrach ich ihren Freudenrausch, ein wenig eifersüchtig auf mein anderes Teammitglied. „Wie kommst du denn plötzlich darauf?“

„Jetzt überleg doch mal, Naruto, eine Gruppe ist die perfekte Tarnung. Niemand stellt beispielsweise in einer Handelskarawane Fragen, wieso jemand mit ihnen reist; er holt eben neue Waren aus dem Ort, in den er unterwegs ist. Shinobi, die unterwegs sind und die Leute kontrollieren halten sie für ungefährlich und begleiten sie womöglich noch und weil Masato so lange im Gefängnis war, wird ihn sicher keiner erkennen. Ich bin mir ganz sicher, er ist mit anderen Leuten unterwegs.“

So, wie sie das darstellte, klang es mehr als logisch und ich war bereit, auf den Vorschlag einzugehen; das wäre immerhin mal ein Hinweis, mit dem wir arbeiten konnten, also beschlossen wir, von jetzt an Handelsgruppen zu kontrollieren.

Die Arbeit stellte sich als mühselig heraus, denn wir mussten erst mal ein Handelsregister anfordern und die Beamten in dem Ort, in dem wir anfragten, waren stur und wir brauchten eine Weile, bis wir die benötigten Dokumente in Händen hielten. Danach mussten wir jede Reisegruppe, die in Frage kam, erst einmal suchen und überprüfen, ob der Gesuchte unter den Leuten war, was natürlich nicht bei den ersten Karawanen, die wir abklapperten, der Fall war. Am zweiten Tag, nachdem wir mit dieser Art der Suche angefangen hatten, hatten wir aber endlich Glück und Sakura entdeckte Masato unter den Reisenden einer Handelsgruppe in Richtung Suna.

Wie auf den Bildern, die wir von Tsunade bekommen hatten, zu sehen war, war er ein großer, breitschultriger Mann mit langem, zu einem Zopf zurückgebundenen Haar und einem Bart. Er trug unauffällige Kleidung und unterhielt sich in der Zeit, in der wir ihn observierten, freundlich mit seinen Mitreisenden. Ab und zu sah er die Bäume neben der Straße prüfend an, als könne er spüren, sie verfolgt wurden, doch er unternahm keinen Versuch zu fliehen, sodass wir einen anderen Plan machen mussten. Wir schlugen unser Lager unweit dem der Händler auf, von wo aus wir sie unauffällig im Auge behalten konnten.

Sakura sah mich an. „Wie wollen wir ihn fangen? Wir müssen vorsichtig sein, damit er den Zivilisten nichts antut.“

Ich nickte. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht und ich glaube, wir müssen ihn vor allem von den Leuten wegbekommen. Am besten wäre es natürlich, wenn sie gar nichts von allem mitbekommen würden, aber das wird schwer zu erreichen sein.“

„Glaub ich auch... Vielleicht sollten wir uns ihnen anschließen und auf eine günstige Gelegenheit warten, um ihn abzupassen?“

„Denkst du nicht, er würde zu flüchten versuchen?“, fragte Sai, doch sie schüttelte den Kopf.

„Nein, er will ja unauffällig sein. Ich denke wirklich, wir sollten uns der Gruppe anschließen.“

Gut.“ Ich rappelte mich auf die Beine, nahm meinen Rucksack, sah die beiden auffordernd an. „Worauf wartet ihr?“

„wir können doch nicht einfach so da hingehen, du Dummkopf!“ brauste Sakura auf, doch ich legte nur den Kopf leicht schief.

„Wieso nicht? Wir sind halt auch Reisende und schließen ihnen uns an – Zu ihrer und unserer Sicherheit.“

„Das...“ Sie stockte, dachte offenbar darüber nach und blinzelte erstaunt. „Das ist gar nicht so dumm!“ gestand sie schließlich verblüfft.

„Haha…“, nörgelte ich, doch dann machten wir uns tatsächlich auf den Weg zu der anderen Gruppe, die sich geschlossen nach uns umdrehte und uns misstrauisch musterte, als wir aus dem Gebüsch traten. Ich lächelte. „Hallo! Wir sind Shinobi, die hier für die Sicherheit sorgen.“ erklärte ich freundlich. „Ist bei Ihnen alles in Ordnung? Tut uns leid, wenn wir Sie erschrocken haben.“

Jetzt wich das Misstrauen aus den Gesichtern der meisten Händler, da sie unsere Stirnbänder sahen und ein Mann erhob sich, um mir die Hand zu schütteln. „Abend. Nein, es ist nichts passiert, aber gut zu wissen, dass hier Wachen unterwegs sind.“

„Ist doch klar. Ich heiße Sakura, das sind Sai und Naruto“, stellte das Mädchen uns vor. „Wir wollen jetzt auch ein Lager aufschlagen. Wäre es Ihnen recht, wenn wir gleich bei Ihnen bleiben?“

Da niemand sich beschwerte, wurde es so beschlossen und wir gesellten uns zu den Händlern, die uns allesamt freundlich empfingen und uns ebenfalls ihre Namen nannten. Masato gab eine falsche Identität an, wie zu erwarten gewesen war, doch er benahm sich nicht auffällig, obwohl ich bei ihm öfter spürte, dass er einen von uns beobachtete, als bei den anderen. Die Gruppe war froh, als wir uns anboten, die Wache zu übernehmen, denn das hieß, dass sie alle ausgeschlafen weiterreisen konnten.

Wir unterhielten uns, als es still um uns war, trotzdem nur über unverfängliche Themen, denn man konnte nie wissen, wer nur so tat, als schliefe er.
 

Der nächste Tag verlief ruhig; wir warteten auf eine Gelegenheit, Masato festzunehmen, ohne unsere Mitreisenden zu gefährden, doch der Flüchtling hielt sich stets in der Nähe einer oder mehrerer Händler auf, sodass wir nicht wirklich an ihn rankamen.

„Glaubst du, er hat was gemerkt?“

Sakura, die den Mann genau wie ich fest im Blick behielt, zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht, aber glaubst du nicht, er hätte dann schon versucht abzuhauen? Ich glaube, wir müssen einfach nur noch etwas warten.“ Doch während wir reisten bot sich keine Gelegenheit, sodass wir am Abend mit der Karawane erneut unser Lager aufschlugen.

Es war noch hell, obwohl die Sonne bereits im Untergehen begriffen war, als die Händler anfingen, ihr Abendessen zuzubereiten. Ich sah ihnen nachdenklich zu und hatte den Einfall, dass man den Mörder doch mit Schlafpulver bewusstlos machen könnte, mit dem ich mich an Sakura wenden wollte, doch sie war nicht unter den Leuten am Lagerfeuer und als ich die anderen fragte, wo sie sei, sagten sie, sie haben sie nicht gesehen, seit wir rasteten.

Sehr zu meiner Besorgnis war auch unser Verdächtiger nicht auffindbar.

„Sollen wir sie suchen?“, fragte eine der Frauen besorgt, doch ich schüttelte mit einem aufgesetzten, unbekümmerten Lächeln den Kopf.

„Ach was, bleiben Sie am besten alle hier. Sai und ich machen uns auf die Suche, wir finden die beiden bestimmt gleich.“ Ich hoffte, sie wären so schlau, dicht beieinander zu bleiben, denn ich konnte unmöglich Sai hierlassen, um auf sie aufzupassen, wenn es darum ging, eventuell zu kämpfen; ich brauchte ihn. Wir durchforsteten gemeinsam die nähere Umgebung und riefen sowohl den Namen unseres Teammitgliedes als auch den des vermeintlichen Mörders, bekamen jedoch keine Reaktion und jetzt verlor der Tag endgültig den Kampf gegen die Nacht, die bereits zwischen den Bäumen lauerte.

„Verdammt!“, fauchte ich und schlug mit der Faust gegen einen Baumstamm, dann rannte ich los, ohne auf Sai zu achten, der mir etwas hinterher rief, das ich nicht verstand. Mir schlugen Äste ins Gesicht, doch ich kümmerte mich nicht darum. Ich musste sie finden, konnte es nicht zulassen, dass ihr etwas passierte, solange ich die Verantwortung für sie hatte. Inzwischen war ich mir auch ganz sicher, dass er sie hatte, es war nur noch die Frage, ob sie noch lebte oder nicht. Wenn er ihr etwas angetan hatte wäre es mir egal, was Tsunade über Befragungen oder ähnliches gesagt hatte, dann würde ich ihn auf der Stelle töten.

„Wo ist sie, Arschloch?!“, brüllte ich in die nächtliche Stille und bekam ein tiefes Lachen als Antwort.

„Glaubst du wirklich, du hast das Recht, wütend zu sein, kleiner Mann?“, fragte Masatos Stimme von überall und nirgends. „Du warst nicht jahrelang eingesperrt!“

„Komm her und kämpfe, du Feigling“, verlangte ich, inzwischen sprang ich auf einen Baum und sah mich von dort aus um, konnte aber nichts erkennen. Verdammter Mist. Ich spürte, wie die Wut mir den Atem nahm und wie etwas Böses die Kontrolle über mich übernehmen wollte, doch ich kämpfte die Kraft des Kyuubi hinunter. Nein.

„Kannst du sie nicht spüren? Na gut, dann helfe ich dir eben.“ Kaum, dass er das gesagt hatte, war ein Krachen zu hören und ein blasser Körper krachte aus den Wipfeln eines Baumes ganz in der Nähe. Ich wollte Sakura fangen, doch sie wurde von Seilen etwa zwei Meter über dem Boden in der Luft gehalten. Der Mistkerl hatte sie ausgezogen, sodass sie nur noch Unterwäsche und ihre Stiefel trug und ich wusste, dass er das nur getan hatte, um mich zu reizen, was auch bestens funktionierte. Blut lief ihr die Schläfe runter; Er hatte sie wohl bewusstlos geschlagen, denn sie hing völlig bewegungslos dort. Mit einem Satz war ich auf dem Ast über ihr und wollte das Seil zerschneiden, kam aber nicht dazu, denn ich schnitt mir an Klingen, die er geschickt genau dort platziert hatte, die Handflächen auf. Fluchend und fauchend kämpfte ich mit der Schwerkraft, da ich nicht damit gerechnet hatte, mich nicht halten zu können, kippte aber trotzdem vornüber und fiel geradewegs in einen Busch.

Ich hörte Schritte, während ich mit dem Gestrüpp kämpfte, und ein abfälliges Schnauben. „Sie hätten ruhig jemand fähigeren nach mir schicken können, das ist ja schon fast beleidigend; Ein Stümper, ein kleines Mädchen und... Wo ist der andere eigentlich? Zu feige, um hier aufzutauchen? Und jetzt komm schon da raus, du langweilst mich.“ Eine Hand griff in mein Gefängnis und zerrte mich am Kragen zu sich, sodass ich jetzt direkt in die dunkelbraunen, berechnenden Augen des Mörders blickte. Ich wand mich in seiner Hand wie eine Katze und trat schließlich nach ihm, was ihn dazu bewegte, mich mit voller Wucht gegen den nächsten Baum zu schleudern. Sakura baumelte leicht an ihrem Ast, als der Aufprall das Seil erschütterte.

Ich spuckte etwas Blut aus und fragte mich selbst, wo Sai blieb; den Lärm müsste er doch hören. Doch dann rappelte ich mich auf und beschloss, dass es mir egal war. Mit dem würde ich auch noch selbst fertig werden.

Masato lächelte, als er die Entschlossenheit in meinen Augen sah. „Wie niedlich... Jetzt willst du Rache für deine Freundin, nicht? Na, dann komm, kleiner Mann.“

Und schon war ich mit einem wütenden Brüllen über ihm. Erstaunlich geschickt wich er aus und setzte zu einem Gegenschlag aus, den ich jedoch parierte und mit doppelter Heftigkeit zurückgab. Er wich zurück und ich nutzte die Zeit, um den Chakraball des Rasengan in meiner Hand zu formen, was ihn kurz innehalten ließ, als er es sah, dann jedoch lächelte er nur, formte seinerseits einige Fingerzeichen und schlug, ähnlich wie Sakura manchmal, mit der Faust auf den Boden. Im Gegensatz zu ihr bebte davon jedoch nicht die Erde, sondern es hoben sich, wie durch eine unsichtbare Verbindung, unzählige Klingen genau um mich herum aus dem Boden und sperrten mich zwischen sich ein. Eine davon bohrte sich in meine Hand, sodass mein Jutsu sich auflöste. Natürlich versuchte ich sofort, mich zu befreien, aber sobald ich mich bewegte, schnitten mir die Schwerter die Kleider und Haut auf, sodass ich lieber erst mal stillhielt um zu überlegen.

„Ich will dich nicht töten, kleiner Mann.“ sagte Masato inzwischen, der sich mir langsam näherte. Er musterte mich nachdenklich, doch ich sah, wie so etwas wie Gier in seinen Augen aufblitzte, als er das Blut an der Klinge in meiner Hand hinunterlaufen sah. Er leckte sich über die Lippen, streckte die Hand nach einem der Schwerter aus und zog es mühelos aus der Erde, ohne darauf zu achten, dass er auch sich selbst dabei verletzte. „Aber es würde sicherlich Spaß machen...“

„Genauso, wie es Spaß gemacht hat, Misai-san zu töten?“

Ich gebe es nicht gerne zu, aber die Überraschung auf seinem Gesicht wirkte echt. „Shitai ist tot?“

„Das müsstest du doch am besten wissen, Mörder!“, schleuderte ich ihm entgegen und versuchte jetzt doch wieder, mich zu befreien.

„Das ist zwecklos…“, murmelte er sinnierend, während er mit dem Schwert spielte, dann sah er mich offen an. „Vielleicht wirst du sterben, weil jemand glaubt, ich hätte ihn getötet, aber das war ein Fehler. Zu schade, dass du den Dummkopf nicht mehr wirst berichtigen können, nicht wahr?“ Er lächelte, während er die Klinge hob und mein Herz setzte aus, als wüsste es, dass es jetzt gleich nicht mehr schlagen würde...

Doch da hielt er plötzlich inne und starrte mich erstaunt an. „Was zur...?“ Verzweifelt wehrte er sich, doch die tiefschwarzen Schlangen, die sich um seinen ganzen Körper wanden und ihm jede Bewegungsfreiheit nahmen, ließen nicht mehr locker.

„Sai!“, rief ich erleichtert, als ich die Kunst erkannte und sah, dass der andere Shinobi auf dem Ast, an dem Sakura hing, saß und sich an ihrem Seil zu schaffen machte.

Er lächelte. „Ich dachte, du könntest Hilfe gebrauchen.“

„Wie kommst du nur auf diesen Gedanken?“ gab ich sarkastisch zurück. „Bist nur etwas früh dran.“

„Nächstes Mal gebe ich mir mehr Mühe mit dem Timing“, versprach er, dann sprang er auf den Boden, um Sakura, die jetzt befreit war, aufzufangen, ehe sie einen unsanften Aufprall erlitt. „Was soll ich jetzt mit ihm machen?“

Masato wehrte sich nach wie vor, doch immer mehr gemalte Tiere wanden die schlanken Körper um ihn.

„Lös die Kunst.“ befahl ich dem Gefangenen, der nur abfällig schnaubte und die Tiere von sich schleuderte, um seine Arme frei zu bekommen. Dann formte er erneut die Fingerzeichen, dieses Mal, um sowohl sich zu befreien als auch Sai einzuschließen, doch dieser war schneller, wich mit einem Sprung den Messern aus, die aus dem Boden schossen und schickte dem Flüchtenden einen großen Hund hinterher, welcher ihm von hinten ins Kreuz sprang und ihn so niederstreckte.

„Mein Teamführer sagte, du sollst die Kunst lösen“, wiederholte er gelassen und der Mann tat zähneknirschend, wie ihm geheißen, sodass ich wieder frei war. Allerdings hatte sich eines der Schwerter in meinen Unterschenkel gebohrt, sodass ich jetzt ohne Stützte zu Boden ging.

„Shit“, fluchte ich laut, machte aber eine abwehrende Geste mit der Hand, als Sai zu mir kommen und mir helfen wollte. „Geht schon, kümmere dich erst um ihn. Ist Sakura in Ordnung?“

„Wie es aussieht, ist sie nur bewusstlos“, antwortete der andere, während er mit einigen gekonnten Griffen Masato fesselte und ihm die Hände auf den Rücken band, ohne die er seine Kunst wohl kaum würde ausführen können. „Sie wacht sicher bald auf.“

„Gut.“ Ich rappelte mich hoch und humpelte mühsam auf die Beiden zu. Der Gefangene erwiderte meinen Blick so überheblich, dass ich mich nicht mehr im Griff hatte und ihm ins Gesicht schlug, was sich erstaunlich gut anfühlte. Ich keuchte heftig, starrte erst meine Hand, dann wieder Masato an und hob schon erneut die Faust, als Sai mir sanft, aber bestimmt an den Arm fasste und leicht den Kopf schüttelte. „Ich... Entschuldige.“ sagte ich und wich etwas zurück.

Was war das gerade gewesen? Hatte ich wirklich Spaß daran gehabt, jemand wehrlosem weh zu tun? Das war doch nicht wirklich ich... Was war nur los mit mir zur Zeit...?

„Bringen wir ihn zurück zu den Händlern?“

Ich war meinem Teamkameraden dankbar dafür, dass er keine weiteren Fragen stellte oder mir Vorwürfe macht und schüttelte den Kopf. „Nein, wir wollten sie ja sowieso da heraushalten. Am besten ziehen wir uns jetzt einfach zurück.“

„Was machen wir mit Sakura?“

„Ich trage sie.“

„Ist sie dir nicht zu schwer.“

Ich gab ein leises Knurren von mir, das ihn zum verstummen brachte. „Das heilt schon.“

Natürlich war mir Sakuras Gewicht eigentlich viel zu viel im Moment, aber ich wäre lieber gestorben, als das zuzugeben und so hievte ich sie mühsam auf meine Schultern und machte mich mit Sai, der die Wache über den Gefangenen übernahm, auf den Rückweg nach Konoha, wo dessen Befragung, an der ich hundertprozentig teilnehmen würde, stattfinden sollte.
 

~ ♥ ~
 

Hallo! :D

Ja, ich melde mich auch mal...

Uhm, ich hoffe, ihr hattes Spaß mit dem Kapitel und die Zeitsprünge waren nicht zu wust; Die drei waren fast zwei Wochen unterwegs, falls das nicht so ganz klar wurde.

Ach ja, und schaut doch mal in die Beschreibung, wenn ihr zeichnet und Lust hättet, das Coverbild für diese FF zu zeichnen, da läuft nämlich ein Wettbewerb und wir suchen noch Teilnehmer! :D
 

Bis nächstes Mal!

Eure SaSi

Morphine

Eigentlich hatte ich sie nicht sehen wollen, bis die Verletzungen an meiner Hand und dem Bein verheilt waren. Eigentlich hatte ich uns den Streit und ihr die Sorge ersparen wollen.

Aber eigentlich passierte nie etwas so, wie ich es geplant hatte, weshalb es kein großes Wunder war, dass ich jetzt auf meinem Bett saß und Hinata, die neben mir Platz genommen hatte, mit aufeinander gepressten Lippen die alten Verbände von meinem Bein zerrte und scharf die Luft einsog, als sie den Schorf über dem tiefen Schnitt erblickte. Natürlich wusste sie, dass Verletzungen bei mir deutlich schneller heilten als bei jedem anderen und daher konnte sie sich denken, wie schlimm es wirklich gewesen war und natürlich gefiel es ihr nicht, dass ich mich aus reiner Unvernunft und in einer überstürzten Aktion in eine derartige Gefahr gebracht hatte; Sakura, diese miese Verräterin, hatte ihr alles erzählt, was passiert war, obwohl ich sowohl sie als auch Sai gebeten hatte, es nicht zu tun. Aber Pinky war der Meinung, meine Freundin habe ein Recht auf die Wahrheit und war direkt zu ihr gerannt. Herzlichen Dank auch, pseudo beste Freundin...

"Hinata…", fing ich nicht zum ersten Mal an, doch in dem Moment klatschte sie mit so einer Inbrunst Salbe auf den Schnitt an meinem Bein, dass ich nur ein schmerzhaftes Zischen hervor brachte.

"Ich bin gleich fertig", meinte sie schnippisch. Mir brach der kalte Angstschweiß aus, als sie die Mullbinde aus ihrem Erste-Hilfe-Kasten zog; damit konnte man jemandem noch besser weh tun als mit der Salbe. In dem Moment erinnerte sie mich enorm an Sakura und ich verfluchte die Tatsache, dass die beiden Mädchen sich, seit ich mit Hinata zusammen war, so gut miteinander angefreundet hatten. Nicht nur, dass sie über mich redeten, nein, die herrische Art der Haruno färbte auch noch auf meine sonst so sanfte, liebevolle Freundin ab und das passte mir gar nicht!

"Jetzt hör mir doch mal... Au! Hinata, echt mal, lass das!", fauchte ich wütend, als sie an dem Verband riss. Ich funkelte sie verärgert an, doch als ich sah, dass ihre Augen in Tränen schwammen, verrauchte meine Wut so schnell wie sie gekommen war und ich nahm sie in den Arm. Sie schniefte mir in die Jacke und krallte sich an mich, wobei sie etwas wimmerte, das ich nicht richtig verstand. "Ist ja gut, es ist doch nichts schlimmeres passiert. Das Bein ist doch nicht ab, hm?", antwortete ich auf Verdacht.

Sie gab ein Geräusch von sich, das nicht so ganz wusste, ob es ein Lachen oder ein Schluchzer sein wollte, löste sich aber von mir, wischte sich über die Augen und sah mich traurig an. "A-Aber dir hätte etwas pa-passieren können! Du ha-hast doch versprochen..."

"Takara", unterbrach ich sie, sanft aber streng. "Unser Beruf ist gefährlich, das weißt du. Ich musste Sakura helfen, oder?"

"N-Natürlich, aber... Oh, ich mache mir do-doch nur Sorgen! U-Und du hättest mi-mich ruhig besuchen können..."

Ich lächelte leicht; Sie war eifersüchtig auf Sakura, weil sie insgeheim noch immer glaubte, ich würde eigentlich für diese schwärmen, aber zugegeben hätte sie es nie, weil sie derartige Gefühle egoistisch fand. Zwar brauchte sie sich keine Sorgen machen und es hatte auch nichts mit irgendwelchen amourösen Gefühlen für meine Teamkameradin zu tun, dass ich diese gerettet hatte, aber irgendwie... Ja, genoss ich die Eifersucht meiner Freundin schon ein Stück weit. Es war eine enorme Bestätigung, dass ich ihr so viel bedeutete.

"Hinata?"

"J-ja...?"

Schüchtern hob sie den Blick und ich küsste sie. "Ich liebe dich", grinste ich sie an. Sie ließ es zu, dass ich den Kuss verlängerte und drückte sich leicht an mich, als ich ihr die Hände unter die Jacke schob. Sah aus, als würde ich noch ein Begrüßungsgeschenk bekommen...
 

Wir waren spät in der letzten Nacht angekommen, sodass es einiges an Aufruhr gab, bis unser Gefangener in einer Zelle saß und zumindest über die Nacht verstaut gewesen war. Man hatte uns gefragt, wo wir gewesen waren, ob wir den Mann angemeldet hatten, dessen Person überprüft, unsere Personalien aufgenommen, Tsunade befragt, eine passende Unterkunft gesucht, den Gefangenen durchsucht, beantragt, ihn wieder freizulassen...

Nach dem ganzen Hickhack war ich gegen zwei Uhr endlich tot müde in mein Bett gefallen und hatte tatsächlich den Rest der Nacht durchgeschlafen, bis mich eine Botin der Hokage geweckt hatte, die mir verkündete, die Befragung würde am nächsten Morgen stattfinden. Ich war erleichtert, einen Tag frei zu haben und hatte einiges in meiner Wohnung erledigt; Leidlich für Ordnung gesorgt, Wäsche gewaschen und eigekauft etwa, als plötzlich Hinata vor der Tür gestanden und ziemlich beleidigt gewirkt hatte, obwohl sie sogar mit einem Verbandskasten aufgetaucht war und darauf bestanden hatte, nach meinen Verletzungen zu sehen. Wir hatten einen kleinen Streit, der in der vorigen Szene geendet war; Zum Glück konnte sie mir absolut nicht böse sein.

Sie hatte den Rest des Tages bei mir verbracht, allerdings nicht bei mir übernachtet, sodass ich jetzt alleine auf dem Weg zum Gefängnis war, vor dem Sakura und Sai warteten. Inzwischen hatte ich eingesehen, dass Sakura Recht gehabt hatte, weshalb ich sie nur etwas kühl begrüßte, aber keinen Streit anfing.

"Hast du mit Hinata geredet?", fragte das Mädchen. Ich nickte nur, trat dann aber an den beiden vorbei zur Anmeldung, schob dem Mann hinter der Glasfront meinen Ausweis hin und wartete, bis der mir mit einem gelangweilten Nicken zu verstehen gab, dass ich eintreten durfte. Meine Teamkollegen folgten mir und die kleine Tür aus Stahl öffnete sich für uns. Der Hof des Gefängnisses war kahl, mit Beton gepflastert und ein eisiger Wind zerrte an unseren Haaren, doch wir sahen uns nicht weiter um - Obwohl wir uns alle der Wachen auf den Mauern, die uns misstrauisch beobachteten, sehr bewusst waren - Und gingen direkt auf das zweite Tor zu, an dem wir noch mal kontrolliert wurden, dieses Mal auch nach Waffen und anderen gefährlichen Gegenständen. Dann waren wir endlich in dem Gebäude, begleitet von einem Wächter, der schweigend voraus lief und uns diverse schwere Stahlgitter aufsperrte, an denen wir vorbei kamen.

Der Raum, in dem das Verhör stattfinden sollte, befand sich im dritten Stock. Vor der Tür standen zwei Posten, im Raum selbst, den man von außen absperren würde, sobald wir drinnen waren, hatten sich noch mal drei Shinobi postiert, außerdem waren natürlich auch noch Tsunade und der Verdächtige anwesend.

Obwohl man Masato Kiruga besser eingepackt hatte als so manches Weihnachtsgeschenk, trug er denselben überheblichen Gesichtsausdruck zur Schau, mit den ich ihn schon bei unserer ersten Begegnung kennengelernt hatte. Ist es nicht wunderbar, wie manche Leute es schaffen, dass man sie kaum sieht und sie schon Bekanntschaft mit seiner Faust schließen lassen will?

"Ah, da seid ihr ja", begrüßte Tsunade uns, während wir uns auf drei Stühlen etwas hinter ihr niederließen. "Dann sind wir vollständig. Das Aufnahmegerät." wies sie knapp einen der bereitstehenden Ninja an, der sofort auf den Knopf einer schwarzen Maschine drückte, die ratternd zum Leben erwachte und mit einer roten Kontrollleuchte, die mich an ein böses Auge erinnerte, finster in den Raum stierte.

"Verhör von Masato Kiruga zum Mordfall Misai Shitai sowie zu seinem Ausbruch aus Konohas Gefängnis." fing die Hokage mit lauter, klarer Stimme an, wobei sie ihr Gegenüber kühl mit ihren braunen Augen fixierte. "Möchten Sie eine Aussage machen?"

"Sicher, dazu habe ich schon was zu sagen. Ich möchte anmerken, dass ich mich höchst geschmeichelt fühle, von der allseits beliebten Prinzessin höchst persönlich vernommen zu werden. Hat man als Hokage heutzutage nichts besseres z...?"

Noch bevor er hatte aussprechen oder sich ein anderer hatte bewegen können, war Sakura um den Tisch, packte den Mann am Kragen und schüttelte ihn heftig. "Wie kannst du es wagen, du dreckiger...?!"

"Sakura." Tsunades Stimme klang gelassen und überlegen, sie schien nicht verärgert wegen des Verhaltens ihrer ehemaligen Schülerin zu sein. "Setzt dich wieder... Danke. Nun gut, wieder zu Ihnen: Ich möchte eine detaillierte Aussage, Masato, sowohl über den Ausbruch als auch über den Mord. Haben Sie das verstanden?"

"Laut und deutlich, Hokage."

Tsunade zog erwartungsvoll eine Braue hoch, doch es kam nichts weiter, sodass sie nachfragte: "Und?"

"Und ich habe beschlossen, keine Aussage machen zu wollen."

"Sie haben eigentlich keine Wahl, Masato: Sagen Sie aus oder ich sperre sie so lange ein bis nicht mal mehr ein Haufen Knochen von ihnen übrig ist."

Der Verbrecher lächelte schwach, aber überheblich. "Oh, das werden Sie doch so oder so tun. Ganz davon abgesehen, dass ich Ihnen bezüglich des Mordes nichts sagen kann, da ich ihn nicht begangen habe. Allerdings werden Sie mir das wohl kaum glauben, womit wir meine erste Vermutung bestätigen würden. Also kann ich genauso gut nichts sagen. Das verstehen Sie sicher, Tsunade, sogar als Frau."

Ich war nicht so zimperlich wie Sakura; der Mistkerl hatte meine Faust im Gesicht, bevor irgendwer reagieren konnte, und ich musste sagen, das rot ihm gar nicht schlecht stand, zumindest, wenn es ihm in Form von Blut aus der Nase tropfte. Ein Monster in meiner Brust, das nichts mit dem Fuchsgeist zu tun hatte, schnurrte behaglich auf und verlangte nach mehr, doch ich riss mich zusammen und zog mich wieder zurück, wobei ich den Gefangenen jedoch drohend anstarrte.

"Sie sehen, Sie sollten Ihre Wortwahl etwas sorgfältiger bedenken", gab Tsunade gelassen zu bedenken, die sich eine Notiz auf einen Block vor sich auf den Tisch machte. Dann sah sie auf, jetzt mit eindeutig vor Zorn flackernden Augen. "Allerdings muss ich Ihnen Recht geben: Ich werde Sie auch so einsperren, und zwar alleine schon aus dem Grund, weil sie ein narzisstisches Arschloch sind und weil es unglaublich Spaß machen wird, es zu tun. Aber vielleicht bringen Sie mich dazu, Ihr Strafmaß etwas kulanter zu bemessen, wenn Sie sich als kooperativ erweisen und mir berichten, was am Abend des siebenundzwanzigsten Oktobers passiert ist."

Kurz schien Kiruga zu überlegen, ob es ihm das wert war, doch dann öffnete er den Mund, um ihr zu antworten: "Wie schon gesagt: An Ihrem Mord war ich nicht beteiligt. Ich habe, nachdem ich geflohen war, Konoha direkt verlassen und mich in den Wäldern versteckt. Am Tag danach hab ich mich bei den Handelsleuten versteckt, bei dem Ihre Welpen da mich aufgegriffen haben... Wollten Sie mich übrigens beleidigen, indem sie mir ein paar Kinder nachschicken?"

"Beruhige dich, Naruto.", ermahnte Tsunade mich scharf, ohne mich jedoch eines Blickes zu würdigen, als ich ein Knurren hören ließ. Verstimmt ließ ich mich zurück in meinen Stuhl fallen, sagte aber nichts mehr. "Seien Sie versichert, Masato, diese ´Kinder` sind eine meiner besten Truppen und der Aufgabe, sie zu stellen, mehr als würdig. Immerhin sitzen Sie hier, nicht wahr?"

Der unbeeindruckte Blick glitt über uns drei, blieb aber unbeeindruckt, bis er an Sai hängen blieb. "Bis auf den da sind es ziemliche Stümper, das spricht nicht für die Qualität Ihres Heeres, Tsunade. Aber gut, zurück zu wichtigeren Dingen: Zu mir und meinem, im übrigen ziemlich brillanten, Ausbruch. Der Junge, den Sie zur Bewachung meines Traktes eingeteilt haben, war so gütig, nicht zu überwachen, ob ich die Drogen, die das Chakra der Insassen hier unterdrückt, auch nehme. Es dauerte ein paar Tage, bis ich meine Kräfte voll zurück hatte, aber ich nutzte die Zeit, um mir einen Plan zurecht zu legen und darüber nachzudenken, was ich tun würde, wenn ich hier raus war." Es entstand eine kleine Pause, in der er sich in diese wohl glückselige Zeit zurückversetzte, in der er daran geglaubt hatte, in Freiheit zu gelangen, dann blinzelte er und sah wieder Tsunade an. "Ehrlich gesagt dachte ich tatsächlich an Rache an Shitai. Aber dann habe ich überlegt, dass ich sehr wahrscheinlich gefangen genommen würde, wenn ich länger als nötig bleiben würde, weshalb ich mich aus dem Dorf schlich... Hätte ich gewusst, dass es heute so einfach ist, einen Jo-Nin umzubringen, hätte ich es mir anders überlegt."

"Davon bin ich überzeugt. Aber zurück zu ihrer Flucht."

"Ah, natürlich, Verzeihung, ich schweife ab. Ich beschloss also, Konoha sofort zu verlassen. An dem Abend des Fünfundzwanzigsten war es so weit; Ich überwältigte die Kunoichi, die Wachdienst hatte, sperrte sie in meiner Zelle ein, nachdem ich ihr sämtliche Karten und Schlüssel abgenommen hatte und machte mich auf den Weg nach draußen. Es waren nur noch wenige Wachen im Haus, trotzdem begegnete ich einem, mit dem ich leider kämpfen musste, weil er sich mir in den Weg stellte... Wie geht es dem Guten eigentlich? War recht zäh, zugegeben."

"Er liegt immer noch im Krankenhaus; sie hätten ihn fast umgebracht" Tsunades Stimme war wie aus Eis, doch etwas daran schien Masato zu amüsieren, so, wie er lächelte.

"Wünschen Sie ihm gute Besserung", bat er fröhlich, bevor er, inzwischen recht stolz auf sein Werk, weiter erzählte: "Der Rest des Weges gestaltete Sich erfreulich einfach; ich hatte ein paar Wachen ein Mal über das Raiton-Schutzjutsu gehört und bin den Elektroschocks ausgewichen, als ich über die Mauer geflüchtet bin. Im Dorf habe ich ein paar Klamotten gestohlen und mich davon gemacht... Das war´s auch schon. Wie Sie sehen, kommt in der Geschichte kein einziger Todesfall vor."

Er lächelte nachsichtig, als wären wir einem peinlichen Missgeschickt aufgelegen, verschränkte die Finger vor dem Bauch und sah uns der Reihe nach an, bis die Hokage das entstandene Schweigen unterbrach: "Haben Sie Beweise?"

"Sie können in dem Kleiderladen an der dritten Straßenecke fragen; dort wurde in der Nacht eine schwarze Hose und ein Hemd entwendet, außerdem Lederschuhe, Größe dreiundvierzig, sowie Unterwäsche und Socken. Außerdem können Sie mit dem Wirt im nächsten Dorf sprechen; ich kam dort gegen neun an."

"Sie könnten ihn bestochen haben, um so auszusagen."

"Sicher, mit dem Geld, das ich im Gefängnis gespart habe", spottete der Gefangene.

"Kleider haben Sie auch gestohlen, wieso sollten Sie vor Geld Halt machen?"

"Fragen Sie die Kleine von dem Laden; Geld war nicht weg."

Tsunade wollte widersprechen, doch jetzt mischte sich Sakura mit vorsichtiger Stimme ein: "Hokage-sama... Ich denke nicht, dass er lügt. Er kommt mir vor wie jemand, der auf den Tod seines Widersachers stolz wäre und sich damit brüsten würde..."

"Sieh einer an, dumm ist die Kleine nicht, wenn auch nicht wirklich nützlich. Sie hat Recht, Tsunade, und das wissen Sie. Ich habe Ihnen gesagt, was ich kann, mit Ihrem Mordfall kann ich Ihnen leider nicht weiter helfen... Aber sagen Sie mir bescheid, wenn Sie den Schuldigen gefunden haben: Ich möchte ihm gerne die Hand schütteln."

Ich warf der Hokage einen Seitenblick zu; Sie sah aus, als stände sie kurz davor, die Fassung zu verlieren und ihm auch noch eine runter zu hauen ( Was er, wie ich sie kannte, wohl nicht überlebt hätte. ), atmete aber tief durch und erhob sich ruckartig. "Die Vernehmung ist beendet. Ihr offizieller Gerichtstermin wird Ihnen mitgeteilt, bis dahin sind Sie in einer Zelle in Sicherheitsverwahrung untergebracht. Sie bekommen einen Anwalt... Aber glauben Sie nicht, dass das etwas an ihrer Strafe ändern wird."

Mit diesen Worten erhob sie sich, rauschte zur Tür, hämmerte mit der Faust dagegen und verließ mit wehendem Mantel die Zelle. Unter dem unverhohlen amüsierten Blick Masatos verließen Sakura, Sai, die beiden anderen Ninja und ich den Raum.

"Der ist völlig plemplem.", sagte einer der anderen kopfschüttelnd.

"Er war ja auch ewig eingesperrt, was erwartest du?"

"Ich glaube, der war schon vorher so", gab ich zu bedenken, woraufhin sie beide grinsend nickten, sich verabschiedeten und den Gang in die andere Richtung hinunter liefen. Wir folgten der Hokage, die ohne anzuhalten durch das Gefängnis schritt; Shinobi schlossen hastig die Türen auf, wenn sie herannahte und verneigten sich vor ihr - Und vielleicht vor der Aura des puren Zornes, die sie umgab.

Sobald wir auf dem Hof waren, wirbelte sie herum und fixierte uns. "Ihr drei..." fauchte sie bedrohlich leise. "Solltet mir besser schnellstmöglich Ergebnisse liefern. Ich gedenke nicht, mich noch ein Mal sinnlos mit einem arroganten Bastard wie diesem zu unterhalten, weil ihr euren Job nicht richtig macht!" Wir sahen sie alle drei perplex an, dann warfen wir uns gegenseitig erschrockene Blicke zu, doch Tsunade interessierte das absolut nicht: "Schaut nicht so! Ihr wisst nicht, unter was für einem Druck ich stehe, oder? In meiner eigenen Stadt wird ein verdammter Shinobi getötet und wir haben seit verdammten zwei Wochen noch keinen Hinweis, wer der Mörder ist! Es ist nur eine Sache des Zufalls, dass er nicht schon wieder zugeschlagen hat - Denn das war keine normale Tat, kein Raubüberfall oder kein Betrunkener. Die Zeichen sind offensichtlich, auch, wenn ich etwas anderes gehofft hatte: Derjenige, der Miasai getötet hat, hat es offenbar mit Genuss getan und wir können nur darauf warten, dass er es wieder tut. Die Ältesten wissen das auch und sie fragen, was ich dagegen zu tun gedenke. Bisher konnte ich sie noch hinhalten, aber jetzt werden sie sich mit Sicherheit auf mich stürzen - Und ich gedenke nicht, die Verantwortung für EUER Versagen zu übernehmen!"

"Meisterin Hokage..." wagte Sakura vorsichtig einzuwerfen, doch sie wurde mit einer unwirschen Handbewegung abgewürgt.

"Stimmt, du und Sai, ihr habt wenig Schuld daran. Naruto, das ist deine Aufgabe und ich erwarte von dir, dass du dich darum kümmerst. Ich denke, du wirst davon absehen, Sasuke zu betreuen, bis..."

"Nein.", knurrte ich, gepresst, weil ich Mühe hatte, meine Vorgesetzte nicht anzuschreien. "Ich bekomme das hin, Baa-chan. Wir finden den Mörder, versprochen."

"Das ist kein Spiel, Naruto, es sind Menschen in Gefahr. Wir brauchen deine volle Konzentration."

Das wusste ich. Ich hatte von Anfang an gewusst, dass wir mit Masato dem Falschen nachjagten und dass ich die Leute in Konoha der Willkür eines Verrückten überließ, aber wir hatten es zumindest versuchen müssen. Mir war bewusst, dass ich bei Versagen in dieser Mission jeden gefährdete, der mir etwas bedeutete: Hinata, Sakura, Sasuke, Kakashi, Sai und all die anderen. Aber das würde nicht passieren, ich würde denjenigen, der Misai Shitai getötet hatte, finden und ihn seiner gerechten Strafe zuführen, bevor er auch nur noch einem Menschen das Leben nehmen konnte und ich würde es mit derselben Freude tun, mit der der Wahnsinnige den Shinobi ermordet hatte.

"Du hast mein Wort, Tsunade.", sagte ich, ihr ernst in die Augen blickend. "Ich finde ihn."

Noch einen Moment hielt die Frau, die gerade so alt aussah wie noch nie, meinem Blick stand, dann nickte sie knapp, drehte auf dem Absatz um und stapfte mit klackernden Absätzen durch den matschigen Gefängnisvorhof in Richtung Ausgang.

"Das hoffe ich sehr für dich, Naruto."
 

~ ♥ ~
 

So, jetzt haben wir es auch! :D

Ihr habt es ja geahnt, der ´arme` Masato war es gar nicht... Bloß wer dann? ;P

Ich hoffe, ihr hattet Spaß und bleibt dran!

Danke noch mal an die Teilnehmer des Wettbewerbes!
 

lG SaSi

2. Victim: Timebomb

Sie stellten jetzt Wachtposten auf. Der Henker beobachtete zwei von ihnen, die über die Straße davon spazierten und sich mit gedämpften Stimmen unterhielten. Er sog die Luft durch die Nase ein, als ob er ihre Angst wittern könnte; Sie wollten sicher lieber bei ihren Frauen zu Hause sein und sich unter einer warmen Decke verstecken...Aber sie waren hier und sie wussten, dass er da war, irgendwo, verborgen in den Schatten, die sie umgaben.

Diese beiden hatten Glück, sie waren nicht heute dem Tod geweiht. Er suchte nach einem einzelnen Mann, den er sich schon vor einer Weile ausgewählt hatte, obwohl er den Impuls, ihn zu jagen, bisher unterdrückt hatte. Heute hatte seine weniger kulante Seite dann die Führung übernommen, ihn hinaus geführt in die Nacht und auf diese Straße, von der er einfach spürte, dass sein Opfer vorbei kommen würde. Er saß auf einem Dach, neben dem Gaubenfenster eines Kindes, das er eine Weile lang beim Schlafen beobachtet hätte. Er hätte auch das kleine Mädchen töten können... Aber sie war unschuldig. Sie bräuchte noch ein paar Jahre, bevor sie es verdient haben würde zu sterben. Nein, die Kleine leistete ihm nur stille Gesellschaft auf seiner eigenen einsamen Wache, während er im eisigen Wind, der an seinen Haaren zerrte, auf den Richtigen wartete.

In Gedanken malte er es sich schon genau aus, er wusste, wann er welchen Handgriff tun würde und er hatte geplant, was er mit der Leiche tun würde. Ein leises Lächeln hatte sich auf seine Lippen geschlichen und er war so versunken in dem Hochgefühl, das ihn erfüllte, dass er ihre Anwesenheit erst spürte, als die Frau ihn ansprach.

„Wer ist da?“ fragte sie mit fester Stimme, doch er hörte die Unsicherheit, die so gut unter dem barschen Tonfall verborgen war.

Das Rot in seinen Augen flammte auf, genauso wie sein Hass – Und die Sehnsucht. Aber sie war es nicht, sie sollte heute nicht sterben...

„He, du da, antworte gefälligst!“

Aber sie bettelte ja förmlich darum. Das Lächeln kehrte zurück in das Gesicht des Henkers, als dieser sich, unglaublich langsam und in einer ungelenken, schlaksigen Bewegung, die nichts mit der Anmut, die er an den Tag legte, wenn er tötete, gemein hat. Es sah aus, als wäre er eine Leiche und ein kranker Puppenspieler würde ihn an unsichtbaren Fäden auf die Beine ziehen, als er sich umdrehte. Mit einem entsetzten Keuchen stolperte die Frau ein paar Schritte über das Dach zurück. Fast besorgt warf der Henker einen Blick zur Seite, durch das Fenster zu dem kleinen Mädchen, doch sie schien nichts von dem Lärm über ihr mitbekommen zu haben und schlief selig weiter.

„W-Was machst du hier?“ Ihre Stimme war jetzt hoch, kein Versuch mehr, die Panik zu unterdrücken. Sie wusste, dass sie einem Mörder gegenüberstand, der sie auch noch belustigt anlächelte.

„Ich bin hier, um dich zu holen.“ log er.

Das Rot seiner Augen flammte noch mal auf, doch die Frau wehrte sich, da er sie nicht so überrumpelt hatte wie er es sonst tat. Sie schrie und wand sich wie unter Qualen, fasste sich an den Kopf und versuchte, den fremden Geist aus ihren Gedanken zu bringen, der ihren Widerstand zu unterdrücken gedachte. Sie hob sogar die Hand, biss sich in den Finger, formte einige Fingerzeichen, woraufhin eine große, getigerte Katze vor ihr erschien, die die Nackenhaare aufstellte und den Henker anfauchte. Dieser beachtete das Tier kaum, auch, als es sich auf ihn stürzte; Er pflückte es aus der Luft wie eine reife Frucht und schleuderte es gegen den Kamin, an dem es bewusstlos hängen blieb.

„Ruki...?“ fiepte die Frau, die immer noch blind über das Dach wankte. „Ruki!“ Doch ihr vertrauter Geist war jetzt auch gefangen in dem Alptraum, den der Henker in ihren Kopf gepflanzt hatte und sie konnte nichts tun, als ängstlich zu fauchen und zu wimmern.

Sie waren zu laut... Der Henker warf einen Blick zurück über seine Schulter, doch die Straße unter dem Dach war leer, sodass er unbehelligt auf sein Opfer zutreten konnte. Eine lose Dachschindel fiel ihm ins Auge, er hob sie auf und wog sie abschätzig in der Hand. Der raue Stein unter seinen Fingern war kalt von dem Schnee, der auf sie herabrieselte, doch gleich würde er warm sein vom Tod der Frau.

Mit hoch erhobenen Armen machte er einen letzten Schritt auf sein Opfer zu, das inzwischen weinte und immer wieder einen Männernamen wimmerte, flüsterte „Finde Frieden...“ und ließ die Schindel auf den Kopf der Kunoichi niederfahren. Sie war sofort tot, sank zu seinen Füßen zusammen wie eine tote, blasse Puppe, das rote Haar hing ihr wie Feuer um den Kopf und es war schwer, es in der Dunkelheit von dem Blut, das durch den Schnee sickerte, zu unterscheiden. Die Katze am Kamin war verschwunden.

Angewidert betrachtete der Henker sein Werk, doch gleichzeitig durchströmte ihn eine enorme Befriedigung, ein Gewicht auf seinen Lungen, das den ganzen letzten Monat stetig zugenommen hatte, war verschwunden und es war, als würde das Biest in ihm zufrieden seinen Rücken streicheln.

Braver Mensch. Gehorche deinen Instinkten...

Mit der Fußspitze drehte der Henker das Gesicht der Frau nach oben. Sie war nicht schön; Ein kantiges, maskulines Gesicht mit verhärmten Falten in den Mundwinkeln und Narben am Hals. Ein Teil ihres Ohres fehlte. Und obwohl sie so hässlich war, glaubte sie es sich erlauben zu können, so einen Verrat begehen zu können. Sie würde jetzt noch leben, wäre sie einfach weiter gezogen, aber sie hatte die Heldin spielen müssen, hatte das Gemeinwohl über ihr Leben gestellt. Da sieht man es wieder, dachte er abfällig, was Edelmut den Menschen einbringt. Nicht, dass ihr Leben mehr bedeutet hätte als der Dreck zu seinen Füßen.

Ihr hässliches Gesicht dämpfte seine Zufriedenheit. Sie war es nicht, die ihm ihr Leben hatte geben sollen, es war der Mann, und irgendetwas in ihm bewegte den Henker dazu, sich umzudrehen und hoffnungsvoll die Straße nach seinem eigentlichen Opfer abzusuchen. Natürlich war er nicht gerade da um die Ecke spaziert. Aber die Nacht war noch jung, der Winter und seine ewige Dunkelheit waren ein Segen, und er konnte unten keine Spuren außer der der beiden Wachen erkennen, die angedeutet hätten, dass er schon vorbei war. Die Wartezeit konnte er sich ja mit der Hässlichen vertreiben.

Neugierig geworden kniete er sich über die Tote, strich ihr durch das erstaunlich weiche Haar, über die kalte Haut und zog ihre Lieder nach oben. Diese neugierigen, neugierigen Augen hatten sie verraten und in den Tot geführt, sie hatten ihn gesehen. Ohne recht darüber nachgedacht zu haben, grub der Henker die Finger in die Augenhöhle; Der glitschige Apfel gab nach, sodass er für einen Moment das Innenleben des Kopfes dieser törichten Frau spüren konnte. Dann zog er aber an und riss das ganze Auge heraus, gefolgt von dem zweiten verräterischen Organ. Sie fühlten sich seltsam gut an in seiner Hand, noch warm vom Körper ihrer einstigen Herrin, und eines davon schien ihn vorwurfsvoll anzustarren, so vorwurfsvoll, dass ihm schlecht davon wurde.

„Ihr seid schuld...“ flüsterte er in die Nacht.

Sein Gespräch wurde unterbrochen, als Schritte im Schnee auf der Straße knirschten. Ah, der eigentliche Protagonist dieses Abends war auf der Bühne erschienen. Das Monster schnurrte behaglich auf, als der Henker sich zum Dachfirst schlich und ihn einen Moment beobachtete, ehe er seinen Namen rief, ganz leise, um das Mädchen nicht zu wecken.

Als das Opfer aufblickte, fixierten ihn die roten Augen und hielten ihn, wo er war, ganz alleine auf einem Hinterhof mitten in der Nacht, wo ihn niemand schreien hören würde außer der hässlichen toten Frau auf dem Dach...

Keine zehn Minuten später lag der zweite Tote vor ihm, blutete den unschuldigen Schnee voll und sah so wunderbar friedlich aus, dass der Henker sich für einen Moment zu ihm setzten wollte. Die Augäpfel, die er zuvor ein paar Meter weiter geworfen hatten, waren die einzigen Zeugen davon, wie der Henker den Mann packte und ihn zu der Hauswand zerrte, hinter der irgendwo das Mädchen friedlich schlummerte. Einige Blutflecke waren auf das unauffällige, dreckige weiß des Hausputzes gespritzt, die der Henker eine Weile fasziniert beobachtete, bevor er mit einem Satz auf das Dach sprang, wo die Hässliche schon auf ihn wartete. Geleitet von dem Monster hob er sie hoch und sprang mit ihr wieder hinunter, legte sie in einer äußerst ansprechenden Pose neben das Opfer. Er tauchte die Hand in das Blut am Hals des Mannes, betrachtete die Spiegelung der flackernden Straßenlaterne und hob den Arm, um eine Botschaft auf die Wand hinter den beiden zu schreiben.

Dann drehte er sich um und verschwand in der Nacht, deren Dunkelheit und Schnee seine Spuren verschluckte wie ein verlässlicher Freund.

Fuze

„Was...?“

Ich starrte den Jungen, der mir die Nachricht überbracht hatte, so schockiert an, dass er zurück wich. „I-Ich... Man hat zwei Tote gefunden, in der Nähe des Stadtrandes. Der, ähm, Sensei hat gesagt, ich soll dich holen, keine Ahnung wieso.“

Ich wusste, wieso, und mir wurde schlecht von der Vorstellung, während ich dem Kleinen durch die Straßen folgte. Wir hatten Patrouillen laufen lassen und die Bürger gewarnt, das Haus nicht zu verlassen nach Einbruch der Dunkelheit – Und trotzdem hatte ich versagt. Daran, dass es derselbe Mörder war, bestand spätestens dann kein Zweifel mehr, als ich den Tatort sah.

Die Wände der Häuser im abgesperrten Bereich waren mit Blut bespritzt, es erinnerte mich entfernt an einen Strudel und ich hatte das Gefühl, zu ertrinken in all dem Rot, mir war schrecklich schwindelig und in meinem Kopf hämmerte der Schmerz fast unerträglich...

„Naruto?“ Ich sah auf, etwa in die Richtung, aus der die Stimme kam, und erkannte, trotz der weißen Flecken, die vor meinen Augen tanzten, Shikamaru, der mich mit gerunzelter Stirn und mit in den Taschen vergrabenen Händen musterte, während er näher kam.

Ich zwang mich zu einem Grinsen. „Sieht übel aus, huh?“

„Du hast die Leichen noch nicht gesehen, echt unappetitlich... Ach, und der Gute hat sich auf Wandmalerei spezialisiert. Richtig hübsch.“

Mit einem schwachen Lachen, bei dem ich etwas Sorge hatte, ich könnte mich übergeben, folgte ich dem anderen etwas tiefer in die Gasse, auf den Platz zwischen drei Häusern. Hier war noch mehr Blut, der ganze Schnee war purpurn und an der gegenüberliegenden Seite lehnten zwei Menschen, eine Frau und ein Mann. Zuerst war ich irritiert von dem Gesicht der Frau, doch dann erstarrte ich, als ich erkannte, was mit ihr passiert war.

„Oh Gott...“

„Jaah... Wir haben die Augen da drüben gefunden, sind schon unterwegs ins Labor. Keine Ahnung, was er damit wollte, sie hatte kein Kekkei Genkai. Vielleicht ist ihm das zu spät aufgefallen.“

„Kann sein...“ stimmte ich angewidert zu. Ich fand die Vorstellung ekelhaft, sich das Auge von jemand anderem zu transplantieren, dann auch noch selbst, aber so lief das eben...

Wir traten näher zu den Leichen, die ich jetzt genauer betrachtete. Dem Mann war die Kehle durchgeschnitten worden, so wie schon bei dem letzten Toten, außerdem hatte er dieselben Quetschungen und Schnittwunden. Die Frau dagegen kam mir seltsam vor, nicht, weil sie tot war, sondern erstens, weil er ihre Augen genommen hatte und zweitens, weil der Kehlschnitt fehlte, den ich für das Markenzeichen des Killers gehalten hatte. Wieso nicht bei ihr? Ich kniete mich vor sie hin, ohne sie zu berühren und da sah ich das Blut an ihrem Hals.

Shikamaru, der neben mich getreten war, sagte: „Sie wurde mit einer Schindel erschlagen – Haben sie oben auf dem Dach gefunden. Natürlich keine DNA des Täters oder so.“ erstickte er meine Frage schon im Keim und ich seufzte. Vielleicht war das gar kein Lebewesen sondern ein böser Geist, der gekommen war, um mich heimzusuchen und mir das Versagen in die Schuhe zu schieben...

Zwei Tote... Natürlich hatten wir noch kein Profil des Täters – Nicht als der Serienkiller, der er war oder werden würde – Aber ich hätte erneut nur mit einem Mann gerechnet. So warf er alles, was ich mir bisher zusammengereimt hatte, über den Haufen und stellte dutzende neue Fragen. Alleine schon, dass er die Leichen nebeneinander gesetzt hatte, die Hände der Frau hilfesuchend an den Mann geklammert, war ein Rätsel für sich. Was wollte er damit ausdrücken? Die Dominanz des männlichen Geschlechts? Die Hilflosigkeit der Kunnoichi persönlich? Ihr Verhältnis zu dem Shinobi? Oder etwas ganz anderes, das ich nicht verstand?

Keine Ahnung, wie lange ich sie angestarrt hatte, als ein spitzer Schrei hinter mir mich aus meinen Gedanken riss. Sakura war zusammen mit Sai herangetreten, außerdem waren zwei ältere Männer von der Gerichtsmedizin dabei. Die junge Frau hielt sich die Hände vor den Mund, blieb aber in einigen Metern Entfernung im blutigen Schnee stehen und starrte über etwas über den Köpfen der Leichen. Verwirrt drehte ich mich um – Und erkannte erst jetzt, dass die Blutschlieren, denen ich keine große Beachtung geschenkt und die ich wegen des Migräneanfalles, der inzwischen etwas nachgelassen hatte, gar nicht hatte entziffern können, Wörter waren.

„´Für die Sünden von Dummheit und Verrat...`“ las ich leise vor. „Was zur...?“

„Er begründet seine Tat.“ kam es von Shikamaru, den wir alle erstaunt anschauen. Einen Moment fragte ich mich, was er überhaupt hier sollte – Doch dann wurde mir klar, dass Tsunade ihn uns als Profiler geschickt hatte. „Das tun sie immer, um sich vor sich selbst zu rechtfertigen. Ich schätze, er widert sich selbst an, aber irgendwann kann er es nicht mehr unterdrücken... Was denn? Habt ihr noch nie das Handbuch gelesen?“ unterbrach der Nara sich, als wir ihn irritiert anstarrten.

Ich zuckte die Schultern, doch Sai und Sakura nickten knapp. „Jaa, aber das ist schon ziemlich lange her.“ gestand die Haruno.

„Bei mir auch, und ich erinnere mich ziemlich gut an alles...“

„Hat halt nicht jeder ein fotografisches Gedächtnis. Jetzt hör auf anzugeben und sag uns lieber, was da noch so alles stand.“ verlangte ich, während wir den Spurensicherungsleuten Platz machten, die den Ort untersuchten.

„Na ja...“ Shikamaru zündete sich eine Zigarette an, den Blick nachdenklich auf die Toten gerichtet. „Die Sache mit der Rechtfertigung... Ich schätze, es ist wie eine Sucht; Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem du nicht mehr du selbst bist und ein anderer, dunklerer Teil von dir die Führung übernimmt... Es dauert etwas – In diesem Fall fast einen Monat - Aber irgendwann verliert er die Kontrolle.“

„Moment – Wieso reden wir eigentlich dauernd von einem Mann? Es könnte doch auch eine Frau sein.“ warf Sakura ein, was einen der Spurensicherungsleute auf den Plan rief, der gewichtig ein Plastiktütchen mit etwas, das aussah wie eine verschrumpelte Litschi, sich aber bei näherer Betrachtung als ein Augapfel herausstellte. Mir wurde wieder schlecht...

„Nein, es war ein Mann, denke ich; Die Spuren sprechen zwar nicht von besonders großem Körpergewicht – Genau genommen müsste der Typ dürr wie ein Gerippe sein - Aber die Fußabdrücke sind denke ich zu groß für eine Frau. Außerdem war der Mord an dem Mann ein reiner Kraftakt, den eine Frau kaum zustande gebracht hätte.“

„Mh... Können Sie irgendwas mit den Fußabdrücken anfangen?“ erkundigte ich mich, als ich sah, wie der Kollege des Mannes einen Gipsabdruck nahm. Der Kerl zuckte die Schultern.

„Wir könnten sie mit Menschen aus der Verbrecherkartei vergleichen, wie bei einem Fingerabdruck. Ob das aber etwas bringt ist fraglich, immerhin hatte der Betreffende Stiefel an... Größe vierundvierzieg, denke ich.“

„Zudem...“ Shikamaru bequemte sich dazu, seine Kippe aus dem Mund zu nehmen. „Töten Frauen meistens aus Eifersucht oder Rache.“

Der Spurensicherungsfutzi nickte gewichtig. „Das stimmt wohl.“

Ich nickte seufzend. „Also gut, ein Mann.“ Das schränkte die Zahl unserer Verdächtigen jetzt nicht gerade ein, aber um niemanden zu demotivieren sprach ich diese Bedenken nicht aus. Wir drückten uns noch eine Weile am Tatort herum, sprachen mit den Shinobi, die sich hierher verirrten und verscheuchten Zivilisten, doch bald wurde klar, dass wir nicht helfen konnte und wir verdrückten uns wieder.

„Noch zwei von uns...“ flüsterte Sakura leise, als wir ein Stückchen schweigend gegangen waren.

Shikamaru nickte und sogar aus Sais Gesicht war für den Moment das Lächeln verschwunden, doch ich wusste nicht, wo das Problem lag. „Ja, und? Wäre es etwa weniger schlimm, wenn Zivilsten getötet worden wären?“

Shikamaru warf mir einen entnervten Blick zu. „Manchmal bist du echt so blöd, wie du aussiehst. Denk doch mal scharf nach, Naruto. Was sagt es uns, wenn ein Mann drei Shinobi innerhalb von nicht mal zwei Monaten tötet?“

Wahrscheinlich konnte man die Rädchen in meinem Hirn regelrecht rattern hören, während ich überlegte- Und dann machte es endlich klick. „Das Opferprofil – Er... Er jagt Ninja!“

Sakura seufzte kopfschüttelnd, während die beiden anderen jungen Männer sich Blicke zuwarfen, aber nicht weiter darauf eingingen. Ich meckerte noch etwas, weil sie nichts zu meiner Entdeckung sagten, doch dann unterbrach Sai mich.

„Was sollen wir jetzt tun?“

„Ich denke, wir müssen den Autopsiebericht abwarten, ob sie irgendwelche DNA-Spuren finden, Fingerabdrücke oder ähnliches; Vielleicht sind sie heute Abend schon fertig, wir treffen uns um sechs an der Leichenhalle. Bis dahin wirst du, Sakura, dich um die Angehörigen kümmern; Ich glaube, sie wurden noch nicht unterrichtet. Sai, du suchst nach Zeugen – Sprich mit dem Mädchen, das dort oben in dem Speicherzimmer wohnt... Aber um Himmels Willen, sei behutsam, sie ist erst sechs und zwei Morde haben vor ihrem Fenster stattgefunden!“ ermahnte ich in weiser Voraussicht. „Shikamaru... Du, ähm, tust, was du so zu tun hast.“

„Über das, was der Täter getan hat, nachdenken, ihn analysieren und ein Profil von ihm erstellen, meinst du?“

„Genau das.“

Mit einem letzten Nicken waren Sai und Shikamaru wieder verschwunden, doch Sakura blieb, wo sie war, den Blick fest auf mich gerichtet. „Und was wirst du tun?“

Unbehaglich drehte ich den Kopf zur Seite, leckte mir über die trockenen Lippen. „Ich... War vorhin sowieso auf dem Weg zu Tsunade; Jetzt kann ich ihr gleich auch noch davon berichten.“

Das Mädchen verengte die Augen zu Schlitzen. „Und was wolltest du bei der Meisterin?“

Es entstand ein kurzes Schweigen. „Ich hole ihn bald ab.“

„Naruto...!“ protestierte sie, doch ich wischte es mit einem Lächeln beiseite.

„Es ist alles in Ordnung, ich kann das. Die Formalitäten sind schon geklärt – Ich habe die Vormundschaft für i... Für Sasuke, so lange, bis Tsunade ihn wieder für Mündig erklärt. Meine Aufgabe ist, für ihn zu kochen, mit ihm zu sprechen und ihn davon abzuhalten, sich umzubringen... Und das habe ich schon gemacht, seit er hier ist, oder?“

„Es ist etwas anderes, ihn den ganzen Tag bei dir zu haben... Vor allem, wenn du dich eigentlich mit dem Fall beschäftigen solltest.“ setzte sie zischend hinzu.

Das war unfair – Aber die Wahrheit, egal, ob sie mir schmeckte oder nicht. Es machte mich emotional sowieso schon fertig, dass trotz der Maßnahmen, die ich eingeleitet hatte, noch zwei Tote gefunden worden waren, obwohl ich das im Moment nicht so zeigte, aber die Worte, klar und deutlich auf den Punkt gebracht, machten mir das ganze Ausmaß meines Scheiterns noch mal bewusst.

„I-Ich...“ stammelte ich, ein paar Schritte zurück stolpernd. Sie sah wohl die aufflackernde Panik in meinen Augen, denn ihre Brauen zogen sich besorgt zusammen, doch da hatte ich schon ein falsches Lächeln aufgesetzt und schüttelte den Kopf. „Ich komm damit zurecht, Sakura-chan. Jetzt muss ich wirklich los, sonst wird Baa-chan sauer. Bis dann!“

„Naruto!“ rief sie, doch ich bog schon um die nächste Ecke und tat, als hätte ich sie nicht gehört.

Eine Euphorie, die ich schon lange nicht mehr empfunden hatte, ergriff von mir Besitz; Endlich konnte ich wirklich etwas TUN, um Sasuke zu helfen, nicht mehr nur dumm reden, und da war es mir ganz egal, was Sakura sagte. Ich würde das schon hinbekommen, sowohl meinen Fall, als auch mein ´Pflegekind`.

Wie vorauszusehen gewesen war, war Tsunade nicht sehr erfreut, dass ich zu spät war – Und die Nachrichten, die ich überbrachte, trugen nicht wirklich zu ihrer guten Laune bei.

„Ich dachte, du hättest für Nachtstreifen gesorgt, Naruto? Für Luftüberwachung durch Falken? Ich dachte, DU HÄTTEST DEINEN VERDAMMTEN JOB GEMACHT!“ keifte sie so laut, dass das Schweinchen auf den Armen ihrer Assistentin ängstlich quiekte.

Ich warf Shizune einen besorgten Blick zu, die kaum merklich die Schultern hob. „Das habe ich auch, aber...“

„Aber es hat nicht gereicht, das merke ich auch!“ Sie seufzte, rieb sich über die Augen und wedelte ungeduldig mit der Hand. „Also gut, es lässt sich nicht mehr ändern... Wisst ihr schon, wer die Toten sind?“

Ich verzog das Gesicht. „Die Namen hab ich vergessen, Sakura-chan weiß sie bestimmt, ich leg dir den Bericht bald vor. Ein Mann, knapp vierzig vielleicht und eine Frau, um die fünfundzwanzig. Sie werden gerade autopsiert.“

„Leg mir die Berichte erst vor, wenn ihr etwas Handfestes habt, das ich weiterleiten kann... Und sorg dafür, dass die Öffentlichkeit so wenig wie möglich davon mitbekommt; Sie sind sowieso schon in Panik wegen der Streifengänge, wenn sie bemerken, dass es nichts gebracht hat, könnten große Unruhen entstehen.“ erklärte die Hokage und ich deutete eine respektvolle Verbeugung an, woraufhin Tsunade sich an Shizune wandte. „Sorg du dafür, dass die Wachen verstärkt werden; Jeder verfügbare Mann und jede Frau haben sich zum Dienst zu melden. Außerdem wirst du mit den Leuten reden, die die Ein- und Ausreise kontrollieren, ich möchte stärkere Sicherheitsmaßnahmen. Das Konzept liegt mir bis morgen Nachmittag vor. Habt ihr verstanden?“

„Hai, Meisterin Hokage.“ sagten wir wie aus einem Mund.

„Nun... Kommen wir zum eigentlichen Grund deines Besuchs, Naruto.“ Automatisch stellte ich mich kerzengerade hin, die Schultern angezogen, den Blick wachsam auf die Frau gerichtet, die einen dicken Ordner auf den Tisch gezogen hatte und darin blätterte. Als sie ihn aufschlug sah ich zwei große Bilder von Sasuke; Auf einem lächelte sein dreizehnjähriges Gesicht dem Betrachter entgegen, auf dem anderen starrten die toten Augen des neunzehnjährigen Sasukes ins Nichts. Letzteres war das Gesicht, das ich gewöhnt war und es schmerzte mich, den Kontrast so deutlich vor Augen geführt zu bekommen. Doch Tsunade blätterte weiter; Hie und da sah man weitere Fotos, der Rest der Akte bestand aus Berichten, Dokumenten der Stadtarchive, handgeschriebenen Notizen, Briefen, Mitschrieben von Verhören, einer Stammbaumauflistung und einem Psychologenbericht. Das Blatt, das sie aufschlug, war ein Verzeichnis der Krankenakte, die sie eingehend studierte, bevor sie zu mir aufblickte. „In den letzten beiden Wochen, in denen du nicht hier warst, ging es Sasuke verhältnismäßig gut; Er hat freiwillig gegessen und seine Schwester meinte, er würde auf Fragen reagieren. Deshalb denke ich, dass wir es riskieren können, ihn aus dem Krankenhaus zu entlassen und ihn in deine Verantwortung zu überstellen... Es sei denn natürlich, du möchtest doch erst deinen jetzigen Fall beenden.“

„Nein.“

Sie seufzte, strich ein Eselsohr in dem Papier vor sich glatt und schlug eine neue Seite auf. „Also gut... Da deine Wohnung für zwei Menschen zu klein ist, wirst du umziehen, wie wir bereits besprochen haben; Der Mietaufschlag wird vom Dorf bezahlt, genauso wie die Sicherheitsvorkehrungen der neuen Wohnung.“

„Sicherheitsvorkehrungen?“ fragte ich misstrauisch. Ich wollte nicht, dass er von einem geschlossenen Krankenhaus in eine Gefängniswohnung verlegt wurde, vor allem, wenn er sich diese mit mir teilen sollte.

„Ja, Naruto, und über die werde ich auch nicht diskutieren. Er ist nach wie vor gefährlich – Nicht nur für sich selbst. Wir werden ihn eine Zeit lang streng überwachen müssen. In eurer Wohnung wird es eine Alarmanlage geben, die nicht nur von außen funktioniert, sie wird dafür sorgen, dass er nicht ohne dein Wissen gehen kann. Es wird im Flurbereich eine Kamera geben, außerdem werden in der Nähe des Hauses verstärkt Wachen patrouillieren. Du wirst ihn zu keiner Zeit alleine lassen, auch, wenn das heißt, du musst ihn mit zur Arbeit nehmen; Teilweise kann ich dir aber sicherlich einen Shinobi zur Seite stellen, der für ein paar Stunden auf ihn achtet.“

Ich starrte verstimmt auf den Boden. Er war doch kein schwererziehbares Kind, das eine Dauerbeaufsichtigung brauchte! Andererseits... Im Geiste sah ich wieder das Blut in seinem Gesicht und in seinen Haaren, wie es einen heftigen Kontrast zu der noch blasseren Haut unter sich bildete... Nein, das konnte ich nicht zulassen. Solange er sich selbst gefährdete, würde er überwacht werden müssen, also nickte ich langsam, um meine Zustimmung zu signalisieren.

„Gut. Ich denke, du kannst jetzt zu ihm gehen und ihm sagen, dass er Anfang nächster Woche entlassen wird; Davor kannst du ihn mit aus dem Krankenhaus nehmen und dir beim Umzug helfen lassen, immerhin sollte er sich langsam wieder daran gewöhnen, aus seinem Zimmer raus zu können. Sag der Empfangsschwester bescheid, dass sie dir einen Ernährungsplan für ihn geben soll.“

„Ja, Hokage... War das alles?“ erkundigte ich mich, da es mir schon in den Fingern juckte, endlich ins Krankenhaus zu kommen.

„Ich denke schon... Du wirst mir jede Woche Berichte abliefern, wie er sich entwickelt und mit mir die kommenden Tage besprechen; Er braucht immerhin Sport, um wieder zu Kräften zu kommen, aber auch Ruhe – Und vor allem weiterhin medizinische Versorgung.“ Tsunade überlegte kurz, ob ihr noch etwas einfiel, lächelte mir dann aber zu, weil sie bemerkte, wie ungeduldig ich geworden war, und machte eine lässige Handbewegung. „Na gut, jetzt kannst du gehen.“

Ich verbeugte mich noch mal, dann verließ ich das Büro, das Anwesen und rannte über die Straßen in Richtung Hospital. Gerade so, als würde mich jemand erwarten, den es interessierte, ob ich da war oder nicht, den es vielleicht sogar freute... Sasuke würde vermutlich nicht mit mir reden wollen, wahrscheinlich war er immer noch beleidigt, weil ich versucht hatte, ihm ein Therapiegespräch mit Tsunade aufzuzwingen. Aber dieser Gedanke tat meiner guten Laune gerade keinen Abbruch, sodass ich höchst erfreut an den Schalter trat um mit Shina, der Empfangsschwester, zu reden. Sie hatte von der Hokage persönlich ein paar Anweisungen bekommen, die sie mir jetzt ausdruckte; Sie bezogen sich auf die Dosierung von Sasukes Medikamenten, auf seine Ernährung, auf seine Schlafenszeiten, auf seine Krankengymnastik, zu der ich ihn jeden zweiten Tag bringen musste, außerdem gab sie mir einen Kalender, in dem ich Fortschritte und Veränderungen notieren konnte.

Derart beladen machte ich mich auf den Weg in das fünfte Stockwerk, in dem sein Zimmer sich befand, klopfte aus Höflichkeit an und sperrte auf. Erstaunt stellte ich fest, dass es hell war in dem Raum und dachte schon, dass seine Krankenschwester hier sein musste – Aber es war Sakura, die am Bett unseres ehemaligen Teamkameraden saß und seine Hand hielt, was er mit ausdrucksloser Miene gestattete. Sichtbar errötend ließ das Mädchen ihn los und wich etwas zurück. Was erwartete sie denn? Ich hatte es doch schon längst bemerkt... Und musste gestehen, dass der Anblick mir nicht gefiel. Natürlich nur, weil ich wusste, dass es sie nur verletzen würde, wenn sie sich unerfüllbare Hoffnungen machte. Kühl den Blick zwischen den beiden hin und her wandern lassend trat ich auf sie zu, legte meine Akten auf das Nachtkästchen neben Sasukes Bett und setzte mich auf einen Stuhl auf der Sakura gegenüberliegenden Seite, von wo aus ich sie mit leicht zusammengekniffenen Augen beobachtete.

„Wolltest du nicht arbeiten?“, fragte ich leicht gereizt.

„Ist das nicht dein Fall?“, gab sie prompt und in genauso eisigem Tonfall zurück. Eins zu Null für sie.

„Ich hab eben auch noch andere Angelegenheiten, um die ich mich kümmern muss.“ Ich gab mir Mühe, gelassen zu klingen, aber es gelang mir nicht wirklich.

Sakura schnaubte abfällig. „Angelegenheiten, um die zu übernehmen du dich gerissen hast.“

Wir lieferten uns ein Blickduell, bis ich mich schließlich abwandte; Ich hatte keine Chance gegen sie, geistig gesehen, das war mir durchaus bewusst, und ich hätte ihr niemals körperlich weh getan, obwohl ich ihr auf dieser Ebene bei weitem überlegen war.

Sasuke hatte uns schweigend beobachtet und sah mich jetzt an. Zwar zeigte er keine Regung, die irgendein Interesse angedeutet hätte, aber ich erklärte ihm trotzdem, wieso ich hier war. „... Und Ende der Woche können wir dann zusammen ziehen. Eine WG, ist doch cool, oder?“ Ich lächelte glücklich. „Du kannst mir beim Packen und umziehen helfen, hat Tsunade gesagt, am besten fangen wir morgen gleich an, wenn ich die vorgesehene Wohnung mal inspiziert habe.“

Er sagte nichts darauf.

„Du wirst auch weiterhin oft hierher kommen müssen, wegen Untersuchungen und Gymnastik und so, aber zumindest kannst du schon mal wo anders schlafen, das ist doch etwas.“

Wieder nichts.

Ich biss mir auf die Unterlippe, dann versuchte ich es noch mal: „Ich koch auch jeden Tag für dich.“

Jetzt regte sich doch endlich etwas in seinem Gesicht, wenn auch kaum merklich. „Willst du mich doch umbringen...?“, fragte er mit rauer Stimme, was mich zum grinsen brachte, obwohl ich wusste, dass er es ernst meinte.

„Nee, sorry, da musst du dir wen anders suchen. Außerdem koch ich bedeutend besser als Sakura-chan.“

„Hey!“, protestierte die Haruno, und für eine Weile, in der wir uns zankten, während Sasuke gelangweilt zusah, war es so wie früher, als wir noch Kinder waren, als noch kein Verräter unter uns war, als ich noch nicht für drei Tote verantwortlich gewesen war und als ich noch lächeln konnte, ohne darüber nachdenken zu müssen.
 

Es war noch nicht sechs, als Sakura und ich vor dem Krankenhaus ankamen und die breite Treppe hinunter in den Keller stiegen, aber vor der dicken Stahltür, die zur Leichenhalle führte, standen trotzdem schon Shikamaru, der sich mit einem etwas zerzaust wirkenden Mädchen mit dicker Brille unterhielt, und Sai dort. Sie blickten auf und betraten mit uns Neuankömmlingen das Sanatorium, in dem es eiskalt war und nach Chemikalien stank. Die junge Frau führte uns zielstrebig durch enge Gänge mit grauen Schubladen, wobei ich wohl nicht der Einzige war, dem ein kalter Schauer den Rücken runter lief, als ich mir bewusst machte, dass in jeder dieser Kisten ein Toter liegen musste. Wie viele Menschen hier ums Leben kamen...

In einem Hinterzimmer fanden wir ein Team aus drei Menschen, zwei Frauen und einem älteren Mann, die sich um eine Leiche geschart hatten und jetzt scheinbar äußerst interessiert deren Finger betrachteten. Als sie unsere Anwesenheit bemerkten, drehten sie sich nicht um, aber der Mann sagte zu unserer Begleitung: „Ayame, schreib bitte auf, dass die Frau eine Bisswunde am Finger hat.“

Hastig tat Ayame wie ihr geheißen, während wir uns zögernd den Toten näherten. Sie sahen friedlich aus, wie sie da lagen – Mal abgesehen von der klaffenden Wunde am Hals des Mannes und den einfallenden Liedern über den leeren Augenhöhlen der Frau.

Man hatte beide gewaschen, was darauf deuten ließ, dass sie bereits nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren gesucht hatten, offenbar ergebnislos, und sie mit dünnen, gräulichen Decken verhüllt.

„Und, Meister, haben Sie schon etwas herausgefunden?“ fragte ich geradeheraus. Der Alte erschrak fürchterlich, hatte wohl nicht mit noch mehr Menschen in seinem Laboratorium gerechnet, und starrte misstrauisch zwischen Sai, Sakura, Shikamaru und mir hin und her, bevor er antwortete.

„Den Mann hat natürlich der Kehlschnitt getötet, aber davor wurde er schon halb tot geprügelt, genau wie der letzte Tote; Mehrere Knochen sind gerochen, Schürf- und Schnittwunden am ganzen Körper. Er hätte nicht überlebt, selbst, wenn man ihn nicht wie ein Schwein geschlachtet hätte... Die Frau starb an einem Schädelbasisbruch – Den Ziegel, mit dem es offenbar passierte, haben die Spurensicherungsleute schon gebracht, er lag auf dem Dach, hatte aber keine Fingerabdrücke vorzuweisen. Sie hatte Kratzspuren im Gesicht, aber die stammen von ihren eigenen Nägeln, offensichtlich hat ihr etwas so große Angst gemacht, dass sie sich durch die Schmerzen zurück ins Bewusstsein rufen wollte.“

„Ins Bewusstsein rufen?“ fragte ich interessiert. „Heißt das, sie war ohnmächtig, als sie getötet wurde?“

„Nun, ich denke, sie war zumindest nicht ganz bei sich und vor Angst auf jeden Fall in einer Art Raserei. Sie hat Verletzungen, die auf unkontrollierte Bewegungen hinweisen; Einige Haarbüschel hat sie sich ausgerissen, außerdem sind ihre Knie aufgeschlagen, wohl, als sie hingefallen ist.“

Ich war beeindruckt davon, wie schnell sie das alles herausgefunden hatten – Und etwas beunruhigt von der Art, mit der sie die Frau in den Fordergrund stellten und den Mann als verhältnismäßig uninteressant abstempelten. Andererseits; Die Kunoichi passte nicht so recht in das Täterprofil, Shinobi-Jäger hin oder her. Irgendwie war sie schon interessanter, das musste ich zugeben, sogar als Laie. Mein Blick wanderte über das Gesicht der Frau und den Halsansatz, den man unter der Decke erkennen konnte. Sie war offenbar zu ihren Lebzeiten eine große Kämpferin gewesen, wenn man die Verletzungen betrachtete, die nur dieser kleine Teil ihres Körpers offenbarte.

„Wie heißen die beiden eigentlich?“ erkundigte ich mich.

„Die Frau heißt Tsubaki Kumura.“ sagte Sakura, die sich um diese Angelegenheiten gekümmert hatte. Ihr Gesichtsausdruck wurde etwas schmerzlich und sie zögerte, bevor sie weiter sprach. „D-Der Mann... Ist Reno Yuhi.“

Die anderen sahen sich traurig und betreten an, während ich krampfhaft überlegte, wieso mir dieser Name so bekannt vorkam. Als es mir einfiel sog ich scharf die Luft ein. „So hieß doch Sensei Kurenai mit Nachnamen, oder?“

Sakura warf mir einen bösen Blick zu. „Jaa, bevor sie geheiratet hat. Reno war ihr Cousin... Sie war am Boden zerstört.“

Ich wusste nur zu deutlich, wie es war, wenn jemand starb, den man liebte... Und für diesen Schmerz sollte ich verantwortlich sein? Es war leichter, Gedanken an die Angehörigen der Toten, die ich nicht kannte, weg zu schieben, aber auf ein Mal sah ich mich in der Verantwortung, jemandem gegenüber zu treten den ich mochte und dem mein Versagen eine Menschen geraubt hatte. Ich schluckte hart, aber der Kloß in meinem Hals verschwand nicht.

„Aber noch mal zurück zu Fräulein Kumura...!“ brachte sich der Autopsieleiter zurück in Erinnerung. „Als ihr hereingekommen seid, haben wir gerade eine sehr interessante Entdeckung gemacht und wir würden gerne eure Meinung als Shinobi dazu hören.“

Neugierig scharten wir uns um die Leiche – Wir waren Tote zu sehr gewöhnt, um uns groß vor einer von ihnen zu ekeln. Außerdem, was sollte sie uns schon tun? Sie lag friedlich da und würde die Augen nie wieder öffnen, es gab keinen Grund, sich vor Tsubaki Kumura zu fürchten.

Der Alte, der sich inzwischen als Herr Ringa vorgestellt hatte, nahm erneut die schmale, mit einer dicken Hornhaut überzogene Haut der Leiche, drehte sie so, dass die Handfläche nach oben zeigte und hielt sie uns hin, als müsste uns ein wichtiges Detail sofort ins Auge springen. „Und?“ fragte er gespannt.

Sogar Shikamaru runzelte verwirrt die Stirn, sodass ich glaubte, es mir ohne blöd da zu stehen erlauben zu können, mal eine dezente Randbemerkung zu machen. „Also, wenn Sie mich fragen ist das eine Hand.“

Meine Freunde grinsten, aber die vier Angestellten der Leichenhalle verzogen entnervt die Gesichter. „Na, sehen Sie das etwa nicht? Ich dachte, sie sind vom Fach!“

Wir besahen uns die Hand noch mal genauer. Sie war blass und eine leicht fahle Farbe machte sich unter der Haut bemerkbar. Ihre Nägel waren abgekaut, sie hatte eine kleine Verletzung am linken Daumen und jetzt fiel mir eine Tätowierung auf; Ein paar kleine Sterne waren in ihren rechten Zeigefinger gestochen. Es gab mehrere kleine Narben, nicht verwunderlich bei unserem Beruf, sie könnten aber auch von Unfällen mit Messern im Haushalt herrühren. Kein Ring schmückte ihren Finger, also war sie wohl nicht verheiratet. Mehr wollte mir aber beim besten Willen nicht auffallen und ich linste aus dem Augenwinkel zu den anderen, von denen offenbar wie zu erwarten nur Shikamaru eine grobe Vorstellung hatte, was Herr Ringa von uns wollen konnte.

„Kann es sein... Diese Verletzung, ist das eine Bisswunde?“

Sichtlich erfreut lächelte der Autopsieleiter. „Ja, ich denke. Und... Nun, wir haben es noch nicht überprüft, aber es könnte durchaus sein, dass die Zahnabdrücke von Miss Kumura selbst stammen.“

„Nun, das ist nicht weiter verwunderlich; Es gibt viele Techniken, bei denen ein Blutzoll nötig ist.“

„Schon.“ Shikamaru griff in seine Hosentasche, ließ die Zigarettenschachtel aber wieder zurücksinken als er den vernichtenden Blick einer der Assistentinnen bemerkte. „Aber der Spurensicherungstyp meinte doch, sie haben Spuren von einem Tier auf dem Dach gefunden, oder? Könnte doch sein, dass sie einen vertrauten Geist beschworen hat.“

Offenbar begeistert davon, dass seine Theorie sich zu bestätigen schien, sah Herr Ringa zwischen uns hin und her, aber Sakura machte seine Hoffnungen mit einer gerunzelten Stirn zunichte. Ich war auch nicht überzeugt; Wie Sai schon bemerkt hatte, gab es mehrere Jutsu, für die man Blut brauchte – Und die meisten Ninja bissen sich um da ran zu kommen eben in den Finger. Ganz davon abgesehen...

„Wie alt ist die Verletzung denn? Könnte ja auch schon ein paar Tage alt sein.“

Doch der Alte schüttelte bestimmt den Kopf. „Nein, nein, nein, bestimmt nicht! Dem Verheilungsgrad nach zu schließen, zusammen genommen mit der einsetzenden Verwesung, der Leichenstarre und der Kälte... Nein, nein, ich denke, sie hat sich gestern Abend gebissen – Um Mitternacht, würde ich schätzen, aber wie gesagt, genauer haben wir es uns noch nicht angesehen.“ Seine Helferinnen nickten bestätigend.

„Oh... Jaa, schon gut.“ gab ich unwillig zurück. Mir gefiel es hier nicht; Der ständige Umgang mit den Toten hatte diese Leute seltsam gemacht, außerdem war es kalt und die Neonlampen warfen ein ungesund wirkendes Licht auf alles. Die Kopfschmerzen, die ziemlich schwach gewesen waren, seit ich zu Sasuke aufgebrochen war, wurden durch den Chemikaliengestank wieder hervorgerufen und eigentlich wollte ich am liebsten so schnell wie möglich weg.

„Aber woher willst du wissen, ob sie einen vertrauten Geist beschworen hat? Ich meine, die Spuren auf dem Dach waren die von einer Katze, haben sie gesagt, die könnte da auch so herumgestreunt sein.“ wandte Sakura ein.

„Jaaa, klar, eine Katze kommt ganz sicher rein zufällig an einen Ort, wo viele Menschen sind und nähert sich denen dann auch.“ Shikamaru schüttelte den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Ganz davon abgesehen; Habt ihr euch die Abdrücke angesehen? Das war mindestens ein Puma. Und Berglöwen verirren sich eher selten aus Zufall in die Stadt.“

„Vielleicht hat ihn das Blut angelockt...“

„Naruto, mal im Ernst: Das sind super scheue Tiere, Shikamaru hat recht.“ widersprach mir das Mädchen und ich verzog das Gesicht. Ja, ja, widersprecht mir nur alle, schon klar.

„Wissen wir denn, was sie für einen vertrauten Geist hatte?“ erkundigte sich Sai, der neugierig durch die Halle wanderte, hier und da eine Schublade öffnete und den Insassen inspizierte. Gerade starrte er gebannt in das Gesicht eines jungen Mädchens, vielleicht sechzehn Jahre alt. Sie hatte ein zartes, zerbrechlich wirkendes Gesicht, das in seiner Totenblässe dem einer Puppe nicht unähnlich war. Ich war froh, als eine der Assistentinnen ihm die Schublade vor der Nase zuknallte und ihn mit einem strengen Blick davon abhielt, sich weiter umzusehen.

„Na ja, ich tippe wie gesagt auf eine Kleinkatze, einen Puma, eine Wildkatze oder so etwas in der Art. Aber es gibt ein Register, in dem das alles vermerkt ist, ihr könnt das morgen einsehen.“

„Ähm... W-Warum wäre es denn so hilfreich, wenn sie einen Geist beschworen hätte...?“ erkundigte sich jetzt schüchtern das Mädchen mit der Brille, dass Shikamaru anstarrte als wäre er eine Lichtgestalt und offensichtlich versuchte, sich hinter seinem Klemmbrett zu verstecken, was ihr nicht so wirklich gelang.

Er zuckte die Schultern und warf ihr jetzt einen Blick zu, der sich eindeutig über die Anstrengung, ihr das jetzt erklären zu müssen, beschwerte. „Ninja-Haustiere können sprechen und ich gehe stark davon aus, dass Tsubakis Geist, sofern sie ihn beschworen hat, den Mörder gesehen hat.“

„Aber... Wenn es wirklich ein Geist ist... Wenn es Fräulein Kumuras Geist ist... Ist der dann nicht mit ihrem Tod verschwunden?“

„Nein.“ Shikamaru klang ungeduldig, aber nicht unbedingt unfreundlich. „Ein vertrauter Geist ist ein Wesen, das sich durch einen Blutsvertrag an den jeweiligen Shinobi gebunden hat, er hat nichts mit der Seele des Betreffenden zu tun. Folglich existiert das Tier weiter, wenn es auch schwer werden dürfte, es ohne seinen Vertragspartner ausfindig zu machen. Außerdem schätze ich, dass Tsubakis vertrauter Geist – Wie immer angenommen, er wurde beschworen – Ein Trauma davon getragen hat, immerhin hat er seinen Partner sterben sehen und wurde wahrscheinlich selbst misshandelt.“

„I-Ich verstehe.“ nickte Ayame, und obwohl ich mir nicht sicher war, ob sie es wirklich begriffen hatte, wurde sie von Shikamaru dafür mit einem Lächeln belohnt.

Da wir jetzt die Informationen hatten, die wir brauchten – Sowie einen ausführlichen Bericht, den ich den Dokumenten für Tsunade beilegen würde – Machten wir uns wieder auf den Weg nach oben. Nicht nur ich atmete erleichtert auf, als wir auf den Vorhof des Leichenhauses traten und uns die kalte Dezemberluft um die Gesichter strich. Wie konnte man um alles in der Welt nur freiwillig so einen Beruf lernen? Wir lästerten etwas über das Autopsieteam, während wir durch die Straßen gingen, doch als Sakura auf Ayames seltsame Brille zu sprechen kam grinste ich anzüglich und knuffte Shikamaru in den Arm.

„Naa, dir hat sie ja wohl ganz gut gefallen! So, wie du mit ihr geflirtet hast solltest du das lieber nicht deiner Freundin erzählen.“ feixte ich, was ihm nur ein kühles Schnauben entlockte.

„Tja, wenigstens kann ich flirten. Hast echt Glück, dass es Hinata nicht aufgefallen ist, dass du in so was ne Niete bist.“ gab er gelangweilt zurück und so sehr ich auch meckerte, er würdigte mich keines Blickes mehr.

Natürlich sollte ich eigentlich keine gute Laune haben oder Scherze mit meinen Freunden machen, aber ich war erleichtert, dass wir jetzt zumindest einen Punkt hatten, an dem wir mit unserer Suche ansetzten konnten, mal von dem nicht sehr aussichtsreichen Herumfragen nach Zeugen abgesehen. Wenn diese Katze wirklich am Ort des Geschehens war, wäre sie ein Kronzeuge... Blieb nur zu hoffen, dass das Glück uns hold blieb und wir sie auch wirklich aufgreifen konnten.
 

~ ♥ ~
 

Hey. :D

Jetzt wäre die Frage nach der Identität der Toten auch geklärt. xD Und ein weiterer Hinweis für unsere fleißigen Ermittler, mal sehen, was sie damit anfangen können. ;P

Ach ja, in den nächsten Kapitel hoffe ich, etwas näher auf Sasuke eingehen zu können, bisher war der ja eher nur am Rande wichtig... o__Ô Na ja... Wie sich das halt so ergibt. xD

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen. :D
 

lG SaSi

Ball Bearing

Wahrscheinlich ging ich dem armen Jungen gewaltig auf die Nerven, so, wie ich ihn die ganze Zeit anstarrte, aber es fiel mir schwer, den Blick für mehr als ein paar Sekunden von Sasuke abzuwenden; Es war so seltsam, ungewohnt und vertraut zugleich, machte mich glücklich und beängstigte mich zur selben Zeit, ihn, unverletzt und ohne Fesseln, neben mir herlaufen zu sehen und ich musste ihn einfach ansehen, um mich davon zu überzeugen, dass ich es mir nicht einbildete.

Mein bester Freund lief wirklich durch Konoha, er war jetzt kein Kind mehr, genauso wenig wie ich, und hatte viel erlebt, aber wir waren beide am Leben und hier... Zusammen mit Sakura und Sai, die darauf bestanden hatten, uns beim Packen zu helfen.

Das Mädchen schien die Stimmung von uns Jungs nicht zu bemerken, denn sie plapperte, seit wir vor wenigen Minuten das Krankenhaus verlassen hatten, munter vor sich hin. Mir war aber nicht entgangen, dass Sai Sasuke ebenfalls beobachtete und es gefiel mir nicht besonders. Bisher hatte er zwar noch keine Bemerkungen gemacht – Was vielleicht an meiner und Sakuras recht eindringlicher Bitte diesbezüglich lag – Aber ich konnte genau die Kritik in seinen beherrschten Augen sehen und ich wollte nicht, dass er dem Uchiha ein schlechtes Gewissen einredete, es stand ihm nämlich nicht zu, darüber zu urteilen.

Sowieso war es ein recht seltsames Bild, das wir abgaben; Da war wie gesagt zum einen Sai, der Größte unserer Gruppe, der rechts neben Sakura her lief. Er war von Natur aus größer als Sasuke, aber seine selbstsichere, lässige Haltung verlieh ihm im Gegensatz zu meinem etwas gebeugt und schlurfend laufenden besten Freund fast schon eine unverschämt große Wirkung. Zudem wirkte er gesund und kräftig, das genaue Gegenteil zu dem von der langen Krankheit ausgemergelten Körper Sasukes. Neben Sai das Mädchen, die Kleinste von uns, wir überragten sie alle um einen Kopf. Sie war zierlich aber trainiert und ihr federnder Schritt spiegelte deutlich ihre gute Laune wieder; Sie freute sich so sehr wie ich, den alten Teamkameraden wieder um sich zu haben.

Und dann war da noch er, er, der einmal so schön gewesen war, dass es in den Augen weh getan hatte und dessen Gesicht jetzt über die Maßen gealtert war. Sasukes Haut war nicht mehr nur blass, sie war fahl und leicht grünlich vom schlechten Licht und dem langen Krankenhausaufenthalt. Er war dünn, weil er so beharrlich das Essen verweigert hatte, seine Haltung drückte perfekt seinen gebrochenen Geist aus und er schlurfte, nichts mehr war von der Anmut, der Bestimmtheit und der Leichtigkeit, mit der er sich früher bewegt hatte, zu sehen. Sein Gesichtsausdruck war nicht mehr verschlossen wie früher, weil es nichts mehr hinter seinen schwarzen Augen gab, dass er hätte verbergen müssen. Er war leer, die alte Umgebung, in der er sich gerade umsah, berührte ihn nicht...

Aber ich war fest entschlossen, mir meinen besten Freund zurück zu holen, egal, wo dieses Ding, das seinen Körper übernommen hatte, ihn eingesperrt haben mochte.

Meine Wohnung war noch chaotischer als sonst, da ich die halbe letzte Nacht, als ich nicht schlafen konnte, damit zugebracht hatte, mit dem Packen anzufangen. Irgendwie war ich aber, sobald ich alles aus den Schränken gezerrt und auf dem Boden, dem Tisch und auf dem Bett verteilt hatte, doch eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als ich mich schon auf den Weg zum Krankenhaus hatte machen müssen, so dass jetzt alles herum lag.

Sakura schnaubte. „Das sieht dir ja mal wieder ähnlich! Schämst du dich gar nicht, Freunden die dir helfen wollen so eine Unordnung vorzusetzen?“

„A-aber ich hab doch angefangen aufzuräumen!“ klagte ich, vor ihrer Kopfnuss zurück weichend und dabei über einen Haufen Handtücher stolpernd.

„Das sehe ich.“ seufzte das Mädchen, während sie sich ein dunkelrotes Band um die Haare knotete, damit ihr der Pony nicht ins Gesicht fiel. Sie sah, unbestreitbar, sogar in ihrer Arbeitskleidung, bestehend aus alten, knallengen Jeans und einem zu weiten Shirt, hübsch aus – Und natürlich übernahm sie prompt die Zügel bei der Aufräumaktion. Sai wurde damit beauftragt, mein Geschirr in alte Zeitungen zu wickeln und es in einen mit Handtüchern ausgestopften Karton zu packen, meine Aufgabe war es, das Badezimmer aufzuräumen, wobei Sasuke mir schweigsame Gesellschaft leistete. Sakura machte sich währenddessen mit einem riesigen Korb auf den Weg zu einem Waschsalon, um meine alten Klamotten säubern zu lassen.

„Und wehe, ihr schlagt euch die Köpfe ein, während ich weg bin!“ ermahnte sie uns, bevor sie die Tür hinter sich zuzog. Sai und ich warfen uns grinsend Blicke zu, während Sasuke scheinbar die Komik der Situation entging und er, bewaffnet mit einem Umzugskarton, durch die Küche ins Bad schlurfte. Ich folgte ihm und die nächste halbe Stunde räumten wir, begleitet von den sanften Klängen der Lieblings-Metallband eines anderen Mieters, friedlich auf... Ok, unsere Definition von friedlich bestand darin, uns mit Blumenerde Kriegsbemalung ins Gesicht zu klatschen und mit Luftgitarren durch die Wohnung zu springen – Ich geb´s ja zu, das war meine glorreiche Idee, aber Sai machte nur zu gerne mit! Jedenfalls war die Wohnung, als Sakura schließlich wieder kam, kaum ordentlicher als vor ihrem Weggehen, was uns eine ordentliche Predigt einbrachte, von der sie auch Sasuke nicht ausschloss, obwohl der nichts gemacht hatte außer aus dem Fenster zu starren.

Unter der Fachfraulichen Leitung der Kunnoichi ging es aber schließlich gut voran mit unserem Umzug, am Abend erkannte ich meine Wohnung kaum wieder, so ordentlich war sie. Es standen mehrere Kisten mit Aufschriften wie ´Wäsche`, ´Geschirr`, ´Bücher` (Das war ein recht kleiner Karton.) und ´Arbeit` herum, als draußen die Sonne unterging. Am nächsten Tag würden wir die Möbel abmontieren und groß reine machen, dann wären wir auch schon fertig. Kein Wunder, in so einer Junggesellenbude gab es nicht viel zum einräumen. Ich warf Sasuke zu, der gerade auf dem abgezogenen Bett saß und eine Teetasse von Sakura entgegen nahm, die ihn freundlich anlächelte. In der neuen Wohnung war schon ein Zimmer für ihn eingerichtet, recht sporadisch mit einem kleinen Schrank, einem Tisch und einem Bett, aber immerhin. Sein Fenster bestand aus Panzerglas und war genauso gut gesichert wie eine Zelle im Gefängnis, was mich ziemlich beunruhigte, doch ich sah ein, dass es nötig war. So sehr ich ihn auch liebte, aber man musste das Dorf vor ihm beschützen, wenn er sich doch mal in den Kopf setzen sollte, Konoha zu verlassen; Ich war mir nämlich sicher, dass er dabei nicht zurück schrecken würde, über Leichen zu gehen.

„Bringen wir die ganzen Sachen heute noch rüber?“ erkundigte Sakura sich, als sie sich neben Sasuke niedergelassen hatte. Sai lehnte an einem leer geräumten Schrank, ich hatte es mir am Esstisch bequem gemacht und zuckte jetzt die Schultern.

„Wenn ihr nichts dagegen habt... Wir können dann auch gleich Essen gehen, ich hab einen Riesenhunger!“

„Dein Magen hat anscheinend ja auch etwa die Größe eines Elefantenbullen.“ gab Sai zu bedenken und ganz plötzlich steckte ein Kunai zwei Zentimeter neben seinem Ohr in meinem Schrank.

„Reiß dich mal zusammen!“ meckerte ich mit blitzenden Augen, doch sein gelassenes Lächeln geriet nicht mal eine Sekunde lang ins Wanken. Schade eigentlich dass er wusste, dass Sakura mich umbringen würde, wenn ich jetzt eine Schlägerei anfinge.

„Jungs, bitte! Ihr werdet es wohl die eine Nacht aushalten, in einer Wohnung zu schlafen, oder?“ seufzte das Mädchen, während sie sich erhob und sich eine Kiste schnappte, bei deren bloßen Anblick sich eine andere Frau das Kreuz gebrochen hätte. „Wir gehen Ramen essen, ja? Naruto lädt uns ein, wo wir ihm schon so nett geholfen haben.“

Mit dieser Lösung waren alle halbwegs zufrieden, sodass wir uns gemeinsam auf den Weg machten; Sasuke hatte ich nur einen kleinen Karton gegeben, den er jetzt mit stoischer Miene und schweigend durch die Straßen trug. Es war bereits dunkel, eine der ekligsten Seiten des Winters, aber die Straße, in der unsere Wohnung lag, war hell erleuchtet und auf dem Weg dort hin begegneten uns drei Patrouillen, die uns misstrauisch beäugten, dann aber weiter winkten. Das Haus war gepflegt, aber die Treppe recht steil und wegen unseres Gepäcks schwer zu bezwingen, etwas anderes blieb uns allerdings nicht übrig, da es keinen Aufzug gab. Im dritten Stock gab es nur die eine Wohnung, deren Tür ich jetzt, leicht außer Atem wie ich war, aufsperrte. Die anderen folgten mir in den noch leeren Flur; Ich würde mir im Laufe der Zeit noch ein paar Möbel dazu kaufen müssen. Als ich mich umdrehte, um etwas zu sagen, blieben mir die Worte im Halse stecken, sobald ich Sasuke sah. Er keuchte, als hätte er gerade an einem Triathlon teilgenommen, er war bleich wie ein Gespenst und seine Haut glänzte vor Schweiß. Ich stürzte zu ihm und spürte, dass er zitterte, während ich ihn ins Wohnzimmer und dort zu einer Eckbank zog, auf die er sich kraftlos fallen ließ.

„Was hat er denn?“ fragte ich besorgt, noch immer sein Bein umklammernd, während Sakura Sasukes Puls fühlte und ihm etwas zu trinken gab, in das sie ein weißes Pulver gemischt hat.

„Wir haben vergessen, ihm seine Medizin zu geben. Außerdem war der Marsch hierher gerade glaube ich zu viel für ihn. Wir sollten ihn etwas ausruhen lassen, dann muss er zurück ins Krankenhaus.“

„Willst du dich hinlegen? Dein Bett ist ja schon hier.“ bot ich an, doch der geschwächte junge Mann starrte durch mich hindurch. Sein Atem kam pfeifend und schwerfällig und machte mir Angst, doch Sakura schien nicht allzu beunruhigt, jetzt, wo er das Pulver bekommen und noch drei weitere Tabletten geschluckt hatte, also konnte es nicht zu gravierend sein. Oder...?

„Ist schon gut.“ Das Mädchen berührte zärtlich meine Wange und lächelte mich an. „Ich bleib bei ihm, räumt ihr schon mal die Kisten aus... Du kannst ja was zu Essen hierher bestellen, oder?“

Zögerlich nickend erhob ich mich und ging, um Pizza zu bestellen; Das stand zwar nicht auf Sasukes Speiseplan, aber hey, etwas mehr Fett könnte dem dürren Hund nicht schaden, oder? Eine Weile noch warf ich immer wieder besorgte Blicke ins Wohnzimmer, doch Sakura unterhielt sich ganz ruhig mit Sasuke, der mit leiser Stimme antwortete und es kam mir nicht vor, als würde er im nächsten Moment von der Stange kippen, also beruhigte ich mich nach und nach wieder.

Es geht ihm gut.

Er wird nicht sterben, wenn du ihn fünf Minuten nicht ansiehst.

Es fiel mir schwer, das zu glauben, was ich mir da einzureden versuchte und die scheinbare Normalität, mit der ich dem Pizzaboten öffnete, ihn bezahlte und mit den Schachteln zurück zu den anderen ging, hatte etwas Unglaubliches an sich. Wie konnte es nur sein, dass wir hier sitzen und zu Abend essen konnten wie normale Teenager während da draußen Menschen starben, obwohl wir etwas dagegen tun könnten? Wie konnte einer von uns, der ein Mal stärker gewesen war als Sakura und ich zusammen jetzt so schwach sein, dass ihn der Transport eines kleinen Kartons voller Dosenbohnen und –Mais überforderte? Und wie konnte mir Sai vertrauter sein als mein bester Freund?

Ohne besonderen Appetit starrte ich auf mein Pizzastück und blickte erst auf, als ich bemerkte, dass sich die Hände in meinem Sichtfeld auch nicht bewegten. Sasuke beobachtete mich und ich zwang mich zu einem Lächeln.

„Was ist, hast du keinen Hunger?“ fragte ich gut gelaunt.

„Nein.“

„Oh... Was möchtest du denn dann essen?“ gab ich betroffen zurück. Ich hätte ihn fragen müssen, wie dumm von mir...

„Eigentlich gar nichts – Aber mir bleibt wohl nichts anderes übrig. Nur... Starr doch bitte dein Essen nicht an als würdest du es am liebsten weg schmeißen, das macht es nicht unbedingt einfacher.“

„... Weißt du, dass das grade so ziemlich der längste Satz war, den du gesagt hast, seit du hier bist?“ gab ich zurück und dieses Mal war mein Grinsen echt.

Er stutze, seufzte dann aber nur und aß brav seine Pizza weiter. Plötzlich wieder gut gelaunt machte ich mich über mein Essen her, wohl die skeptischen Blicke bemerken, die Sai und Sakura austauschten. Sollten sie nur gucken, ich würde das hinbekommen! Ich würde Sasuke besser wieder hinbekommen, als er vorher gewesen war, ganz bestimmt...

Sofern er nicht gedachte, sich umzubringen, noch ehe ich die Möglichkeit dazu hatte, ihm zu helfen.
 

„Hast du was gefunden, Sakura-chan?“

Das Mädchen, beladen mit einem ganzen Arm voller Bücher, auf denen groß der Buchstabe ´K` zu lesen war, zuckte die Schultern. „Die waren ganz oben links im Regal für ´L`, frag mich nicht, wie die da hinkommen.“

„Also, mich kannst du gerne fragen, Schnecke; Das liegt an dem schier unglaublichen Ordnungssinn deiner Kollegen.“

Der kühle Blick, den Sakura dem Sprecher zuwarf, schien diesem gar nicht aufzufallen. Er war vielleicht Anfang zwanzig, trug graue Hosen und ein Hemd mit brauner Weste darüber, hatte offensichtlich zu viel Gel in die blonden Haare bekommen und schien sehr von sich überzeugt; Alles in allem kein sehr durchschnittlicher Bibliothekar, aber er war ja auch noch in der Ausbildung. Sein Name war Seishiro Hajashi und seine Chefin, eine biedere, ältliche Dame ganz in grau, die ihrem Berufsstand mehr ins Klischee half, hatte ihn uns zur Verfügung gestellt. Jetzt half uns Seishiro dabei, die Akten mit dem Buchstaben ´K` nach Fräulein Tsubaki Kumura zu durchsuchen, was gar nicht so einfach war, da das Registeramt, in dem die Daten über sämtliche Shinobi eingetragen waren, ein riesiges Gebäude füllte und ohne sichtbare Ordnung einfach alles enthielt, angefangen bei den Geburtsdaten, Namen, Adressen, absolvierte Missionen – Plus wann und mit wem sie stattgefunden hatten, ob sie erfolgreich gewesen waren, der Auftraggeber mit Notizen zu diesem, eventuelle Kämpfe und Personen, mit denen umgegangen wurde – Familiärer Status, Kekkei Genkai bis hin zu sämtlichen Angaben zum Ausbildungsgrad. Es war ein riesiges Chaos, das noch nicht mal alphabetisch sortiert war, sodass wir, das heißt, Shikamaru, Sakura, Sai, ich und eben dieser Seishiro, schon seit Stunden damit zugange waren, alles zu durchsuchen. Beziehungsweise war der Junge viel mehr seit Stunden damit beschäftigt, an Sakura herum zu graben, was mir allmählich auf die Nerven ging. Kapierte der endlich mal, dass sie kein Interesse hatte oder musste ihm das wirklich jemand so deutlich sagen?!

„Und es wäre dein Job, dem unglaublichen Ordnungssinn entgegen zu wirken, nicht wahr?“ fragte die Kunnoichi spitz, die gerade ihre Lektüre vor sich auf den Tisch knallte und anfing, sie durchzublättern. „Warum habt ihr eigentlich keine Computer? Das wäre doch viel übersichtlicher.“

Seishiro zuckte die Schultern. „Die Hokage hat das schon lange bewilligt, aber die Chefin steht auf Tradition und so. Neumodischer Kram ist nix für sie, verstehste?“ Der Bibliothekar lehnte lässig auf ihrem Tisch und grinste sie an – Genau so lange, bis ich zufällig vorbei kam und ihn anrempelte, als ich auf dem engen Gang an ihm vorbei ging.

„Alter!“ meckerte er, nahm aber meine Hand, mit der ich ihn wieder auf die Beine zog. „Was soll der Scheiß?“

„Sorry, Alter.“ äffte ich ihn spöttisch nach, bevor ich ihn dicht zu mir zog und ihm direkt in die Augen sah. „Aber ich mag´s nicht wenn man meine Freundin angafft.“

„Woah, tut mir leid, das wusst ich nich, Mann!“ entschuldigte er sich hastig und wich etwas zurück, um sich seinen Büchern zu widmen.

Ich lächelte und setzte mich neben Sakura, die mir ziemlich fest auf den Fuß trat, mich dabei aber ziemlich amüsiert ansah. „Deine Freundin, ja? Da ist mir wohl was entgangen.“ zischte sie leise.

„Besser als dir weiter von dem auf die Brüste starren zu lassen, oder?“ grinste ich zurück und sie gab seufzend auf. Eine Weile schwiegen wir, aber dann wurde es mir zu langweilig und ich blätterte die Seiten um, ohne sie wirklich zu lesen. Meine Gedanken schweiften ab, erst zu Hinata, die gerade auf einer Mission mit Kiba und Shino war, von der sie wohl morgen oder übermorgen zurück kommen würde, dann zu Sasuke, den ich gestern alleine zurück ins Krankenhaus gebracht hatte.

Er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass es ihm egal war, wo in Konoha er eingesperrt war, im Krankenhaus oder bei mir und auf meinen Einwand, ich würde ihn nicht einsperren, hatte er nur geschnaubt.

„Das zu entscheiden steht nicht in deiner Macht.“ hatte er gesagt und dann geschwiegen.

Leider hatte ich ihm nicht widersprechen können, denn ich musste in diesem Fall auf Tsunade hören, sonst würde sie ihn mir wegnehmen und womöglich einsperren, wenn sie ihn nicht gleich exekutieren würde, was vielen Dorfbewohnern das Liebste gewesen wäre. Aber zumindest wäre er nicht mehr in einem einzelnen, düsteren Zimmer eingesperrt wie die letzten zwei Monate und mit mir zusammen könnte er auch mal raus. Sakura hatte sich, wie vorauszusehen gewesen war, auch angeboten, ab und zu auf ihn aufzupassen, wir würden das also schon hinbekommen, hoffte ich...

„Ich glaube, ich hab was.“

Sais Stimme riss mich aus meiner Dösigkeit und ich setzte mich blinzelnd auf. Sakura hatte bemerkt, dass ich eingeschlafen war, und warf mir einen finsteren Blick zu, eilte dann aber nur an mir vorbei zu den beiden anderen Jungen, um einen Blick über die Schulter unseres Teamkollegen zu werden. Verschlafen tapste ich ihr hinterher, aber es dauerte etwas, bis ich in dem ernst dreinblickenden Gesicht auf dem Foto die Tote aus dem Autopsielabor erkannte. Sie sah jünger aus, vielleicht so alt wie wir jetzt waren, trotzdem lag in ihren grünen Augen ein verschlossener, distanzierter Ausdruck, soweit man das erkennen konnte. Eine typische Schönheitskönigin war sie nicht, aber sie strahlte ein Selbstbewusstsein aus, das manche durchaus anziehend finden mochten. Über ihrem Kopf stand groß der Name ´Tsubaki Kumura`, die nächsten Seiten machten genaue Angaben über ihren Lebenslauf und dann kamen wir zu ihren berufsspezifischen Angaben. Wir überblätterten die Seite auf der es stand ein paar Mal, aber dann fand Seishiro tatsächlich die kleine Zeile in der ´Vertrauter Geist` stand.

„Vertrauter Geist: Name: Ruki. Rasse: Silberluchs. Geschlecht: Weiblich.“ las Sakura vor.

„Also doch kein Puma.“ grinste ich Shikamaru an, der nur die Schultern zuckte.

„Nein, aber trotzdem eine scheue Kleinkatze... Und wie wollt ihr die Dame jetzt finden?“

Ratlos sahen wir uns an. Einen Luchs in den Bergen zu suchen wäre ungefähr wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Sie konnte überall sein. So viel Zeit hatten wir nicht zur Verfügung – Aber es fiel mir schwer, unsere einzige Spur einfach so aufzugeben.

„Es gibt auch Verzeichnisse für die Jagdgebiete der Raubtiere.“ warf unser kleines Helferlein mit einem schnellen Blick auf Sakura ein, doch damit entlockte er keinem von uns ein begeistertes Gesicht. Noch mehr Suchen? Nein, danke, darauf konnten wir verzichten! Ganz davon abgesehen, dass ich eigentlich noch meine Wohnung zu Ende ausräumen musste und die letzten Formalitäten mit dem Krankenhaus abklären wollte.

„Ah... Also ich hab heut noch was Besseres zu tun.“ meinte Shikamaru, der sich erhoben hatte. „Habt ihr wenigstens dafür ne Ordnung?“

Der Junge zuckte die Schultern. „Da häng ich nicht so oft rum, aber die Abteilung an sich ist wesentlich kleiner. Kommt mal mit.“ Er schnappte sich das Buch, steckte einen Finger in die aufgeschlagene Seite und lief uns voraus durch die Reihen von Tischen, an denen vereinzelt Menschen saßen, die uns neugierige Blicke zuwarfen, als wir vorbei kamen. Wir schlugen uns in das Dickicht aus Bücherregalen, die über vier Meter hoch zur Decke wuchsen, bogen scheinbar völlig planlos mal hier, mal dort ab – Mir kam es so vor, als wären wir schon mehrmals im Kreis gelaufen – Aber schließlich blieb der Büchereihelfer in einem Abteil mit niedrigeren Fächern. Hier schien es auch ein System zu geben, zumindest standen auf den Brettern Wörter wie ´Frösche`, ´Hunde`, ´Vögel`, ´Katzen` und vieles mehr. Zielstrebig führte uns Seishiro weiter, bis wir vor einem Regal standen, das in der Abteilung ´Katzen` stand, das aber noch mal expliziter mit ´Raubkatzen` betitelt war.

„Na super!“ sagte ich begeistert und griff mir das erste Buch. „Das nenn ich doch mal eine Ordnung!“

„Du brauchst ja wohl gar nicht von Ordnung zu reden, Chaosninja!“ warf Sakura ein, woraufhin der Bibliothekar in brüllendes Gelächter ausbrach. Wir anderen warfen uns irritierte Blicke zu, die er jedoch ignorierte, während er, noch immer lachend, dem Mädchen auf die Schulter klopfte und sie für den Witz lobte. „Ähm... Danke.“ erwiderte sie und machte einen Schritt zur Seite, um sich ein Buch aus einem der höheren Borde zu schnappen.

Seufzend machten auch Shikamaru und Sai sich wieder an die Arbeit, die dieses Mal aber bedeutend kürzer dauerte, da wir genau wussten, wo und nach was wir Ausschau hielten. So dauerte es nicht lange, bis Sakura eine Liste vor sich auf dem Tisch liegen hatte, auf der Jagdreviere von Luchs-Damen vermerkt waren. Einige konnten ausgeschlossen werden, da sie keinen Blutsvertrag geschlossen hatten, andere hatten nicht den richtigen Namen und schließlich hatten wir zwei Rukis eingekreist, die in Frage kamen.

„Und jetzt? Woher sollen wir wissen, welcher der richtige vertraute Geist ist?“

„Na ja, ich schätze, wir werden hingehen und fragen müssen.“ antwortete mir Shikamaru weise, der die Fotos der beiden Katzen interessiert betrachtete. „Oder du hast eine andere Idee, wie wir an Informationen über den Mörder kommen, das wäre mir nämlich lieber als ein Wanderausflug in entlegene Berggegenden mitten im Winter.“

„So viel hat es doch noch gar nicht geschneit.“

„In den Bergen schon... Das dürfte ziemlich gefährlich werden.“ warf Sakura stirnrunzelnd ein. „Was ist, wenn wir sie trotzdem nicht finden? Dann haben wir schon wieder unsere Zeit verschwendet.“

„Ja – Aber was sollen wir sonst tun? Dieser Mistkerl hinterlässt keinerlei Spuren, weder Zeugen noch DNA. Wir haben keinen Verdächtigen, kein Motiv – Und keine Anhaltspunkte, abgesehen von dieser Ruki.“ brachte ich die Lage auf den Punkt, was recht deprimiertes Schweigen nach sich zog. Ich wusste, dass die Wahrheit nicht besonders angenehm war, aber wem wollten wir etwas vor machen? Wir tappten, nach drei Morden, immer noch im Dunkeln.

„Irgendwie... Hast du´s nicht wirklich drauf?“ unterbrach jemand die unbehagliche Stille, die mein Schweigen nach sich zog.

Zuerst war ich zu verdutzt, um zu reagieren, doch dann brauchte es Sai und Shikamaru, um mich davon abzuhalten, diesem Bürohengst an die Gurgel zu springen, der ja wohl wirklich keine Ahnung hatte was überhaupt los war! „Duuuu...!“ fauchte ich, während ich versuchte, mit einer Hand Sais Arm von meiner Taille weg zu bekommen und mich gleichzeitig mit dem Fuß an Shikamarus Bauch abstemmte, um diesen Seishiro besser anspringen zu können.

„Naruto, jetzt beruhige dich doch mal!“ mischte sich Sakura wütend ein, deren zornfunkelnder Blick einzig dem Bibliothekar galt. „Du tust dein Bestes – Das tun wir alle – Und das weiß jeder.“

Ich war überrascht von den netten Worten meiner Teamkollegin, die sich ihre Liste schnappte, noch einen kühlen Blick an Seishiro abschoss, der recht perplex wirkte, und dann hoch erhobenen Hauptes davon stolzierte. Die beiden anderen ließen mich vorsichtig los und nachdem ich diesem Idioten noch mal den Mittelfinger gezeigt hatte folgten wir dem Mädchen aus der Registeranstalt.

„Warum sind eigentlich alle, mit denen wir in diesem Fall zu tun haben, Idioten?“ fragte ich verstimmt, als wir endlich draußen waren. Aber meine Wut war nichts im Gegensatz zu Sakuras, die vor lauter Zorn die Faust gegen einen Baum donnerte, der in der Mitte zersplitterte und nach hinten weg kippte. Ein paar Krähen, die im Geäst gehockt hatten, stoben mit empörtem Kreischen auf und eine Mutter in der Nähe zog hastig ihre Kinder weiter.

„Vermutlich, weil die ganzen normalen Leute mit uns befreundet sind.“ antwortete Sakura, die im Gegensatz zu ihrem Ausbruch von eben ganz gelassen klang, sich den Handschuh anständig über die Hand zog, ein paar Strähnen aus der Stirn wischte und uns dann musterte. „Also... Morgen ein kleiner Wanderausflug in die Berge, ja?“

„Ähm... J-Ja...“ stimmte ich etwas verunsichert zu, ich wollte nichts Falsches sagen, nicht, dass ich endete wie der arme Baum... „Ich würde sagen, wir treffen uns um sieben am Dorfausgang.“

„Super. Also, Jungs, ich bin dann weg!“ Sie lächelte uns noch zu, ehe sie die Straße runter eilte.

Wir sahen ihr alle irritiert nach. „Manchmal ist sie echt gruselig...“ murmelte Shikamaru merklich beunruhigt und sowohl Sai als auch ich nickten hastig.
 

„Wieso komisch? Sie mochte es noch nie, wenn man Leute beleidigt, die sie mag.“

Ich verzog das Gesicht. „Sie mochte es noch nie, wenn man DICH beleidigt.“

„Das hat dich nie davon abgehalten.“

Sasuke reichte mir eine Verstrebung, die ich nachdenklich anstarrte, bevor ich versuchte, sie in das richtige Loch in der Kommode zu schieben, was gar nicht so einfach war, denn da gab es leider verdammt viele Löcher und mir kam es vor, als gäbe es mindestens noch mal so viele Verstrebungen. Eine Weile sah mir der Uchiha schweigend zu und genoss offensichtlich mein Leiden, dann seufzte er und deutete auf eine Stelle, die wohl mal der Rand einer Schublade werden sollte.

„Ich denke, da kommt das hin... Es wäre bei weitem leichter, wenn du die Bedienungsanleitung benutzen würdest.“ riet er mir, doch ich konnte ihm nur, wie schon gefühlte hundert Mal zuvor, darauf hinweisen, dass ich die nicht mehr besaß. Oder sie zumindest nicht fand, was ja auf dasselbe hinauslief.

„Wie lange werdet ihr weg sein?“

Erstaunt ließ ich die Hände mit den zwei verschieden großen Brettern sinken und sah zu ihm auf. Das war das erste Mal, dass er von sich aus Interesse an mir zeigte und ich lächelte strahlend, als ich antwortete. „Wenn alles gut läuft nicht mehr als zwei Tage – Worauf ich ehrlich gesagt hoffe, länger möchte ich bei der sau Kälte nicht in den Bergen rum hängen.“

„Und ihr glaubt wirklich, dass ihr diese Katze findet?“ Er beobachtete mich wachsam, während ich die Schultern zuckte und mich wieder meiner Arbeit zuwandte.

„Ich denke schon, so eine große Auswahl an gebundenen Luchsen gibt es nicht. Shikamaru und ich werden ein Team bilden und Sakura und Sai das andere, also dürfte alles schnell gehen. Bis dahin bleibst du noch im Krankenhaus, aber die Wohnung wird von Freunden fertig eingeräumt, also können wir einziehen, wenn ich wieder da bin.“ Genau genommen würden das Hinata, Shino und Kiba übernehmen, die Guten.

„Warum freust du dich eigentlich so darauf, mit mir zusammen zu ziehen?“

Ich hielt einen Moment in meiner Arbeit inne, dann lachte ich. „Was ist das für eine Frage, Sasuke? Ich habe dich gerne um mich, auch, wenn du manchmal ziemlich nervst, deshalb natürlich.“

„Ich bin nur eine Bürde...“

So schnell wie ich in diesem Moment war glaube ich noch nie ein Mensch auf den Beinen. Ich packte ihn am Kragen und zog ihn dicht zu mir. „Sasuke Uchiha, sag so einen Mist NIE wieder, hörst du? Du bist mir keine Last, ich helfe dir gerne, weil du mein Freund bist, und Sakura-chan sieht das genauso.“

Kurz starrten wir uns nur in die Augen, dann machte er sich mit einem Ruck von mir los und drehte sich weg. „Wie du meinst...“

Ohne noch etwas zu sagen wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu. Es war wirklich beeindruckend, wie Sasuke es schaffte, mich gleichzeitig so nieder zu schmettern und auf die Palme zu bringen. Es war, als brütete er in der Zeit, in der er überhaupt nichts sagte, wie er mich am besten verletzen konnte und schoss dann seine Waffe ab, wenn der richtige Moment gekommen war, unterstrich das noch mit dem harten Kontrast zwischen Selbstsicherheit und purer Ignoranz. Er war schon immer gut darin gewesen...

Und vielleicht sollte es mir inzwischen egal sein, aber in solchen Moment hätte ich ihn am liebsten gefragt, wie tief er in sich selbst versunken war, um so etwas tun zu müssen, nur, um dann wieder in seine Reglosigkeit zu verfallen.

Pyrophonic

Während der Umzug noch nicht abgeschlossen war wohnte ich bei Sai, was erstaunlich gut und ohne größere Verluste von statten ging. Trotzdem war ich mehr als froh, als ich mich mit ihm zusammen zum Stadttor aufmachte, wo wir Sakura und Shikamaru treffen sollten. Nicht, dass ich so erpicht darauf gewesen wäre, auf diese Mission zu gehen, aber ich ließ eine komplett eingerichtete neue Wohnung und eine gekündigte Alte zurück, was bedeutete, ich würde bei meiner Rückkehr endlich mit Sasuke zusammen ziehen.

Ich hatte mich früh am Morgen bei ihm verabschiedet, aber er war in seltsamer Stimmung gewesen und hatte kaum auf mich reagiert. Seine Augen waren zwischen mir und dem Fenster hin und her gehuscht, dann wieder zu seinen Händen und zurück zu mir, was ihm einen leicht wahnsinnigen, gehetzten Gesichtsausdruck verliehen hatte, der mich ziemlich schockiert hatte.

Mit einem schlechten Gewissen hatte ich nach einer Schwester gerufen und war gegangen.

Ob ich mich nicht vielleicht doch übernahm mit der Aufgabe? Sasuke hatte nach wie vor manchmal Rückfälle wie diesen, aber wenn wir zusammen wohnten konnte ich nicht mitten in der Nacht jemanden rufen, der besser damit umzugehen wusste, ich musste dann alleine damit fertig werden.

„Weißt du...“ Sais Stimme riss mich aus meinen Überlegungen und ich bemerkte, dass er mich die ganze Zeit über nachdenklich gemustert hatte. „Ich verstehe immer noch nicht den Sinn hinter deiner Freundschaft mit Sasuke. Er gibt dir nichts von deiner Fürsorge zurück und trotzdem beschäftigt er dich mehr als der Tod dieser drei Menschen. Ist das nicht falsch?“

Ich sah zu ihm auf und fragte mich, ob er nicht recht hatte, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich kannte diese Menschen nicht, deshalb habe ich keine Bindung zu ihnen. Es tut mir für ihre Familien leid, dass sie sterben mussten und es widert mich an, dass dieser Mann, der das getan hat, es offensichtlich auch noch für richtig, für sein Vorrecht hält, aber... Es ist mir wichtiger, dass Sasuke überlebt.“ schloss ich leise.

Sakura und Shikamaru kamen kurz nach uns am Haupttor an und wir machten uns gemeinsam auf den Weg, trennten uns aber kaum eine Stunde später schon wieder, denn Shikamaru und ich würden das Territorium auf dem Nordberg untersuchen, die anderen beiden im Südosten, wo es zumindest etwas wärmer sein sollte. (Das hatten wir im Übrigen beim Stöckchenziehen ausgelost und ich war mir sicher, dass Sakura geschummelt hatte.)

„Wir treffen uns in spätestens sieben Tagen wieder hier an diesem Gasthaus.“ sagte ich und deutete auf das recht windige Gebäude an der Weggabelung, aus dessen schmutzigen Fenstern uns ein kleines Kind mit großen Augen anglotzte. „Wenn ein Team vorher Ruki findet schicken sie den anderen eine Nachricht.“

„Seit vorsichtig damit, wie ihr mir ihr umgeht, sie könnte unter Schock stehen und sehr scheu reagieren.“ ermahnte Sakura, wobei sie mich eindringlich fixierte.

„Ich werde schon nicht schreiend auf sie zuspringen!“ meckerte ich.

„Zuzutrauen wäre es dir. Aber keine Sorge, ich passe schon auf ihn auf.“ versprach Shikamaru, der sich schon umgedreht hatte und nur lässig die Hand hob. „Macht`s gut.“

Beleidigt verabschiedete ich mich von den anderen und dackelte dem Nara hinterher, der schweigend voraus lief. Ich hatte schon ewig nicht mehr mit ihm zusammen gearbeitet – Und jetzt wusste ich das zu schätzen, denn die meiste Zeit sagte er nichts und wenn er doch den Mund auf machte ließ er sarkastische Kommentare ab oder jammerte, wie anstrengend das doch alles wäre. Als wir gegen Mittag an der Talstation des Berges ankamen war ich richtig resigniert, sodass ich Shikamaru das Reden überließ während ich mich über das Essen hermachte, dass die junge Beamtin uns vorsetzte.

„Ich würde euch davon abraten, da hoch zu steigen.“ sagte sie, ihre Kakaotasse besorgt in den Händen drehend. Sie hatte stachelig hochgegeltes, grünes Haar und trug einen dicken roten Wollpulli, sowie weiße Overknee-Strümpfe in dicken Wanderstiefeln. Alles in allem vermittelte sie ein nicht unsympathisches Weihnachtsfeeling, das mich daran erinnerte, dass wir schon den siebten hatten und ich noch keinerlei Zeit gehabt hatte, irgendjemandem auch nur den Ansatz eines Geschenkes zu besorgen. Schande über mein Haupt.

„Schneesturm.“ brummelte ihr ältlicher, hartgesotten wirkender Kollege mit dem stahlgrauen Dreitagebart, der in einer Ecke saß und düster aus dem Fenster starrte als habe er zu viele alte, abgedroschene Westernfilme gesehen.

„Uns wird aber nichts anderes übrig bleiben; Die Stürme klingen erst gegen März wieder ab.“ bemerkte Shikamaru, der alles andere als erfreut aussah. Zugegeben, ich könnte mir auch Dinge vorstellen, die mehr Weihnachtsgefühle hervorgerufen hätten.

„Hm... Könnt ihr dann bitte in der Gipfelstation vorbei schauen? Wegen dem vielen Schnee können wir keine Funknachrichten übertragen, wir haben schon seit fast zwei Wochen nichts mehr von ihnen gehört. Und sie können euch sicher auch nähere Auskünfte über das Revier von diesem Luchs, den ihr sucht, geben.“

Wir stimmten zu und machten uns dann bald auf den Weg, da es nicht mehr sehr lange Tageslicht geben würde. Tatsächlich waren wir kaum drei Stunden gelaufen, als die Dämmerung einsetzte und wir unser Zelt aufstellen mussten.

„Glaubst du, Sai und Sakura geht es auch so?“ fragte ich, als wir halbwegs geschützt in unserer sporadischen Unterkunft saßen und der Wind an den Wänden zerrte.

Shikamaru spielte, offensichtlich leicht nervös, was wohl an den Entzugserscheinungen lag, mit seiner Zigarettenschachtel. „Nein, auf dem Berg, auf dem sie sind, sind die Stürme nicht so stark wie hier, sie dürften relativ sicher sein.“

„Ich hoffe es.“ sagte ich besorgt, während ich meinen Schlafsack auspackte und mich hinein kuschelte.

„Und wenn sie frieren können sie sich ja gegenseitig wärmen.“ grinste Shikamaru und ich lachte, worauf ein kurzes Schweigen folgte. „Glaubst du, zwischen den beiden läuft was?“

Ich behielt die Augen geschlossen und dachte darüber nach. Eine Zeit lang hatte ich den Verdacht gehabt, die zwei hätten was miteinander, aber das war schon Jahre her. Wenn ich dagegen überlegte, wie Sakura sich Sasuke gegenüber verhielt... Nicht, dass es gesund für sie war, aber ihre Aufmerksamkeit kam mir nicht kameradschaftlich oder freundschaftlich vor. Wahrscheinlich fiel es ihr schwerer als mir, sich einzugestehen, dass er nicht mehr derselbe war und es nie mehr sein würde. Ich glaube, sie wollte nicht sehen, dass er ihre Fürsorge mit Gleichgültigkeit hinnahm und sah sich durch die Akzeptanz lieber bestätigt.

Außerdem wollte sie wohl einfach nicht mehr alleine sein.

„Glaub nicht.“ antwortete ich schließlich schulterzuckend ohne den anderen anzusehen.

„Was ist mit Hinata und dir? Glücklich?“

Ich lächelte. „Warst du schon immer so neugierig?“

„Nein. Also?“

„Ja, ich bin glücklich.“

Das war ich wirklich, mein Privatleben hätte kaum besser laufen können; Ich hatte eine süße Freundin die mich vergötterte, mein bester Freund und ich würden in eine WG ziehen, ich kam gut mit allen Freunden zurecht... Aber arbeitstechnisch betrachtet sah das anders aus, wenn man es so sah, dass ich was mit einer Kollegin hatte, was viele nicht gut fanden, und noch dazu mit meinen beiden Aufgaben überfordert war.

„Was hat Sasuke dazu gesagt, dass ihr zusammen zieht?“

Mein Lächeln wurde schmaler; Aha, jetzt rückte er endlich mit dem Thema heraus, auf das er schon die ganze Zeit hinaus gewollt hatte. Manchmal hasste ich es, wie klug er war. „ER meint, es sei ihm egal, wo er lebt, aber ich glaube, es tut ihm gut, bei mir zu sein.“

„Viele sind nicht glücklich damit, dass man ihn frei lässt. Und noch mehr finden die Idee nicht gut, dass du dich um ihn kümmerst, wo du so einen wichtigen Fall hast.“

„Ich mache was ich kann, ok?“ fauchte ich bissig.

„Ich bin es nicht, der das sagt – Obwohl der Fall komplizierter wird mit jedem Mord, den wir nicht verhindern. Ich will dir nur raten, deine Prioritäten zu setzten. Ich weiß, dass die letzten Jahre für dich Sasuke gewidmet waren, aber jetzt ist er zurück, du hast, was du wolltest. Glaubst du nicht, du solltest dich etwas zurückziehen?“

Eine Weile sah ich ihn stumm an, dann fragte ich leise: „Willst du sagen, ich sei besessen von ihm?“

Shikamaru zuckte die Schultern. „Überleg selbst mal; Warst du heute, bevor du los bist, bei Sasuke oder bei deiner Freundin, um dich zu verabschieden?“

Ich stutzte kurz. „Das... Sie ist erst spät heim gekommen und... Und ihre Familie weiß nichts von uns!“ platzte ich dann wütend heraus. Ich mochte es nicht, wie er mein Verhalten analysierte, vor allem, weil seine Unterstellung völliger Unsinn war.

„Nun...“ seufzte der Nara, sichtlich gelangweilt, während auch er in seinen Schlafsack stieg. „Ich sage dir nur, wie du auf andere wirkst... Gute Nacht.“

Ich sagte nichts und weigerte mich, über seine lächerlichen Vorwürfe weiter nachzudenken. Ich machte nichts falsch, Punkt! Aber...

War das, was ich tat, so richtig es auch sein mochte, auch genug?
 

In der Nacht hatte ich so schlecht geschlafen, dass es schon fast eine Auszeichnung verdient hätte. Ständig grübelte ich, trotz anders lautender Vorsätze, über das nach, was Shikamaru gesagt hatte, konnte aber nicht entscheiden, ob er Recht hatte oder nicht, da die Entscheidung, vor meiner Abreise Sasuke zu sehen, einem reinen Bauchgefühl entsprungen war. Und wenn mich diese Gedanken losließen und ich doch mal einschlief, verfolgten mich schreckliche Träume von gesichtslosen Männern, die im Sturm um das Zelt schlichen und eine Spur aus Blut, das aus zwei stumpfen, grünen Augen tropfte, hinter sich her zogen, die Hände erhoben als hielten sie eine Jagdtrophäe.

Als ich aus einer dieser Heimsuchungen aufwachte war mir so schlecht, dass ich aus dem Zelt in den Schnee stolperte und mich übergab.

„Alles ok?“ Shikamaru sah mich besorgt an, als ich am ganzen Körper zitternd zurück ins Zelt gekrochen kam. Draußen war es noch dunkel, sodass er wohl nicht gesehen hatte, was ich gemacht hatte und da ich das Erbrochene in den Schnee gegraben hatte, um keine wilden Tiere anzulocken, würde das hoffentlich auch mein kleines Geheimnis bleiben. Ich fragte mich nicht selten, ob allen anderen unser Beruf manchmal so zusetzte wie mir oder ob ich ein Schwächling war und alles zu nah an mich ran ließ. Hinata hatte zwar gemeint, ihr würde es auch so gehen, aber sie war erstens ein Mädchen, zweitens sowieso recht zart und drittens konnte es auch sein, dass sie mich nur nicht beleidigen wollte.

„Geht schon“. entgegnete ich müde und trank einen Schluck Wasser, um den bitteren Geschmack aus dem Mund zu bekommen. „Machen wir uns fertig?“ Stöhnend, als verlange ich den Märtyrertod von ihm, schälte er sich aus seinem Schlafsack und wir fingen an, unser sporadisches Lager abzubauen, nachdem wir gefrühstückt hatten. Nach ein paar Stunden Wanderschaft wusste ich, wie ein Fischstäbchen sich in der Gefriertruhe fühlen musste, so kalt war mir, wir waren beide müde und gereizt – Und wussten offen gestanden nicht mehr wirklich, wo wir waren.

„Diese Scheiß Karte! Hier sind nirgends blaue und rote Steine als Wegmarkierung, wie soll man da die bescheuerte Bergstation finden?“ schimpfte ich, als wir laut dem Führer schon seit fast einer Stunde da sein sollten.

Shikamaru hatte sich eine Zigarette angezündet und sah sich in dem dichten Schneegestöber um, als können seine Augen das allumfassende Weiß durchdringen. „Ich schätze, sie wurden eingeschneit.“

„Tooooll, MC Einstein, darauf bin ich auch selbst gekommen. Und was machen wir jetzt?“

„Wir könnten schon mal unser Lager aufschlagen und warten, bis der Sturm abgeflaut ist.“

„Aber du sagtest doch, die würden bis März nicht aufhören.“

Er grinste. „Ganz recht. Und bis dahin habt ihr vielleicht einen anderen Deppen, der eure kleinen Wanderausflüge mit euch macht.“

„Bis dahin haben wir vor allem eines und das sind hochgerechnet noch sechs Tote mehr!“ brauste ich auf, doch er kratzte sich nur am Kinn und zuckte die Schultern.

„Dann würde ich vorschlagen, dass wir weiter suchen. Gib mir mal die Karte.“

Ich tat, was er sagte, und linste über seine Schulter. „Wir müssten etwa da sein.“ meinte er.

„Sicher? Ich würde eher hier sagen, von da ausgehend, wo wir gestern auf der Station waren.“

„Wir dürften aber trotz des Kompasses etwas von der Route abgekommen sein wegen de Schnees und dem Wind. Außerdem sind wir gestern dank deiner bahnbrechenden Koordinationskünste eine halbe Stunde in die falsche Richtung gelaufen.“

„Oh, schon gut, schon gut, wir sind da, wo du sagst. Das heißt, die Station dürfte etwa zwei Meilen südöstlich von hier sein.“

Tatsächlich sollte sich herausstellen, dass er in etwa recht gehabt hatte mit seinem Standpunkt, denn einige Zeit später fanden wir uns vor einem zweistöckigen Haus mitten auf dem Hand wieder, das von Masten und einer Wand, die wohl Lawinen abhalten sollte, umstanden war. Ich fragte mich, wie die Leute, die hier so eigenbrötlerisch lebten wohl sein mochten, doch wir wurden freundlich von zwei älteren Frauen begrüßt, die uns in ihrem Wohnzimmer einen Tee brachten und uns bereitwillig über das, was sie von den hier lebenden Luchsen wussten, berichteten.

„Tatsächlich gibt es ein Revier ganz in der Nähe und ich glaube, es handelt sich um ein Weibchen; Im Frühling gibt es fast jedes Jahr Spuren von Jungtieren. Allerdings ist es in letzter Zeit gefährlich, da hoch zu gehen, denn ein gefährliches Raubtier treibt sich dort herum. Wir wissen nicht, ob es die Lüchsin vertrieben oder getötet hat, aber es lebt scheinbar in der Höhle, in der sie früher untergekommen ist; Man kann nicht mal mehr gefahrlos in die Nähe, und... Ihr habt gesagt, sie heißt Ruki? Nun, sie war immer sehr freundlich und zutraulich, wir konnten gut Studien über sie führen.“

Shikamaru und ich warfen uns vielsagende Blicke zu; Klang ganz nach einem verängstigten Tier. „Und wie lang ist das schon so?“ erkundigte ich mich.

„Oh, erst ganz kurz.“ meinte die zweite Frau, während sie uns Kekse vorsetzte. „Etwas mehr als eine Woche, oder?“

Bingo, wir hatten unser Zielobjekt gefunden.

Die Damen liehen uns eine abgerichtete Schneeeule, mit der wir eine Nachricht an Sakura und Sai schicken konnten, dann machten wir uns auf den Weg, obwohl es schon dunkel wurde. Wir durften keine Zeit verlieren, denn vielleicht hingen Menschenleben davon ab, dass wir Ruki fanden. Dick eingepackt in Jacken und Schals und bewaffnet mit Taschenlampen stapften wir durch den kniehohen Schnee und waren fast froh, dass es hier so bitterkalt war, denn dadurch schneite es wenigstens nicht. Die Stationswächterinnen hatten uns beschrieben, wie wir zu der Höhle gelangen konnte und dieses Mal fanden wir tatsächlich direkt, was wir suchten; Der Eingang sah etwas aus wie ein großes Tiermaul und als wir uns näherten wurde der Gestank nach Krankheit und Blut immer erdrückender.

„Glaubst du, sie ist noch am Leben?“ fragte ich besorgt, doch Shikamaru zuckte nur die Schultern und ging voran in die Dunkelheit. Mir war sofort bewusst, dass wir beobachtet wurden, aber die Katze zeigte sich nicht sondern schlich um uns herum, bis ich schließlich genug hatte und abrupt stehen blieb. „Komm raus und zeig dich. Wir müssen mit dir reden, Ruki.“

„Verschwindet...“ sagte eine raue Stimme, die sich an den Wänden brach und es unmöglich machte zu lokalisieren, woher sie kam.

„Bitte! Es geht um Menschenleben!“

„Die Menschen sind nichts wert... Sie haben meine Partnerin getötet... Ihr werdet euch früher oder später sowieso alle gegenseitig umbringen, wieso sollte ich euch helfen, das Unvermeidliche heraus zu zögern?“

„Tsubaki hätte...“

Mit einem Fauchen stürzte sich ein Schatten aus der Dunkelheit auf mich und ich konnte gerade noch ausweichen, sodass der Luchs an mir vorbei sprang und auf dem Boden landete. Es war ein schönes Tief mit heller Grundfarbe und einem ungewöhnlichen, silbergrauen Muster das eher an Streifen als an Flecken erinnerte. Die Pinsel auf ihren Ohren waren schwarz, genauso wie ihre Schwanzspitze, und ihre Augen funkelten gelb aus dem erhabenen Gesicht, während sie knurrend das Nackenfell aufstellte.

„Wag es nicht, dich aufzuführen als hättest du sie gekannt!“ fauchte der Luchs.

Shikamaru berührte mich an der Schulter, sodass ich das Kunai, das ich reflexartig gezogen hatte, wieder weg steckte und meine Angriffshaltung aufgab. „Du hast Recht, wir kannten sie nicht.“ stimmte er dem erbosten Tier zu. „Aber trotzdem wissen wir, dass sie eine großartige Kunnoichi war – Und als solche das Leben anderer über ihr eigenes gestellt hätte. Sie hat sich geopfert, weil sie den Mörder schnappen wollte, also solltest du ihr Opfer nicht nutzlos machen, indem du uns Informationen vorenthältst. Sag uns, was an dem Abend passiert ist, Ruki, bitte.“

Die Katze hatte das Nackenfell angelegt und zog jetzt sowohl Schwanz als auch Ohren an, der aggressive Glanz war aus ihren Augen gewichen und sie zog sich etwas in den Schatten zurück. „Blut...“ hauchte sie leise. „Blut und Schmerz für Verrat und Dummheit...“ Ihr Brustkorb hob und senkte sich beunruhigend schnell und ihr Schwanz zuckte nervös herum, doch noch ehe einer von uns beiden sich auch nur bewegen konnte war die Angst aus ihrem Verhalten gewichen und hatte wieder rasender Wut Platz gemacht, die sich darin entlud, dass Ruki sich auf uns stürzte. Wir reagierten fast zeitgleich, ich, indem ich zwei Kagebunshin auf den Luchs losließ, die sich auf sie stürzten und sie zu Boden drückten, Shikamaru, indem er sie mit Kagemane an Ort und Stelle fesselte.

Er seufzte entnervt: „So können wir sie nicht befragen, sie braucht erst mal einen Therapeuten, um sich ohne Ausraster an das Geschehene erinnern zu können.“

„Jaa... Also nehmen wir sie mit nach Konoha?“

„Was anderes bleibt uns wohl kaum übrig, auch, wenn es ziemlich lästig ist, sie transportieren zu müssen bei dem Gefauche...“

„Sakura hat mir Beruhigungstabletten mitgeben. Glaubst du, ich kann ihr eine geben, ohne, dass sie mir die Hand abbeißt?“

„Probier´s.“ Ich warf Shikamaru einen warnenden Blick zu, nicht, dass er es noch für lustig hielt, seine Kunst zu lösen während ich gerade die Hand im sprichwörtlichen Maul des Löwen hatte, bevor ich mich hinkniete und meine Tasche nach der kleinen Dose mit den Medikamenten durchkramte. Als ich sie gefunden hatte stopfte ich sie, das Knurren des Luchses ignorierend, in das Maul des Tieres und schon bald wurden ihre Protestlaute leiser bis sie schließlich einschlief. „Soweit, so gut... Aber du kannst sie tragen.“ bestimmte Shikamaru, der sich bereits ans Gehen machte.
 

Schließlich hatten wir uns mit dem Tragen doch abgewechselt, trotzdem brauchten wir für den Weg vom Berg runter bedeutend länger als hinauf und als wir endlich in Konoha ankamen waren die Beruhigungsmittel zur Neige gegangen, sodass wir mit einem vor Angst und Schmerz fast tollwütigen Luchs ringen mussten, während wir in die Stadt einliefen. Die Wachen am Tor fanden das sehr lustig und feuerten Ruki noch an, aber schließlich hatten wir es geschafft, sie einzufangen und in die Tierklinik zu bringen, wo sie uns von den Schwestern fast entrissen wurde, da sie anscheinend völlig dehydriert und unterernährt war.

„Haben wir sie eigentlich gefüttert während wir unterwegs waren?“ fragte Shikamaru, als wir ziemlich bedröppelt in der Eingangshalle zurückblieben.

„Ich glaube, da haben wir eine Kleinigkeit vergessen.“ gestand ich und war ganz froh, dass gerade kein Pfleger da war, denn die hätten uns für dieses Versäumnis wahrscheinlich den Hals umgedreht.

Eine Stunde später waren auch Sakura und Sai eingetroffen, die uns von ihrer recht ereignislosen, durch unsere Nachricht verfrüht abgebrochenen Mission erzählten und dann ihrerseits unsere doch spannendere Geschichte hörten ( Wobei Shikamaru und ich einstimmig weg ließen, dass wir die Zeugin fast umgebracht hätten, indem wir ihr nichts zu Fressen gaben...).

„Also war sie bei dem Mord auf jeden Fall anwesend.“ sagte Sakura, als wir fertig waren, und wir nickten. „Glaubt ihr, sie kann schon aussagen?“

„Sie ist total abgedreht, als ich sie danach gefragt habe, hat irgendwas von Blut und Verrat gefaselt. Aber ich glaube, wenn man sie hier etwas aufpäppelt, dürfte das schon wieder werden.“

Langsam nickte Sakura und blickte auf ihre Hände. „Hoffentlich dauert das nicht zu lange...“

Kurze Zeit später hatte man uns benachrichtig, dass es Ruki verhältnismäßig gut ginge und sie wieder bei Bewusstsein sei, aber natürlich noch nicht vernehmungsfähig. Wir dankten der Schwester und verließen das Krankenhaus mit dem Versprechen, die Luchsdame bald zu besuchen, dann machten wir uns auf den Heimweg, da zumindest Shikamaru und ich uns auf ein heißes Bad und eine lange Nacht freuten.

„Wirst du Sasuke-kun noch heute holen?“ fragte Sakura, als wir uns von den anderen beiden getrennt hatten, doch ich schüttelte den Kopf.

„Nein, das mache ich wahrscheinlich morgen... Willst du dabei sein?“ Zuerst schien sie überrascht, doch dann erwiderte sie mein Lächeln strahlend, umarmte mich sogar und machte sich auf den Heimweg. Ich seufzte leise; Sie war doch eine Ärztin – Sollte sie da nicht wissen, was gut für sie war?
 

Am nächsten Tag holten wir gemeinsam Sasuke ab, was kein großer Akt war, da er außer ein paar Kleidern, die ihm das Krankenhaus zur Verfügung gestellt hatte, nichts besaß; Sein Katana war unter Verschluss in Tsunades Anwesen.

In der neuen Wohnung versuchten Sakura und ich uns daran, ein Mittagessen zu kochen, was aber so grandios in die Hose ging, dass Sasuke schließlich eingriff und sich selbst darum kümmerte, was erstaunlich gute Ergebnisse zu Tage förderte, ich hatte gar nicht gewusst, dass er so gut kochen konnte. Wir waren begeistert, doch ihm fehlte wie immer die Leidenschaft und er nahm unsere Komplimente nur schulterzuckend hin. Wir verbrachten auch den Rest des Tages zusammen und irgendwann am Nachmittag besuchte Kakashi uns. Ich genoss es, den ganzen lärmenden Haufen um mich zu haben, denn das hier war meine Familie, so schräg sie auch sein mochte.

„Und, ist es bisher so schlimm mit mir zusammen zu wohnen?“ fragte ich grinsend, als Sakura und Kakashi gegangen waren und ich gerade den Esstisch abräumte.

„Habt ihr diese Katze wirklich gefunden?“

Ich drehte mich nach ihm um, die Stirn in leichte Falten gelegt, weil er nicht auf meine Frage geantwortet hatte – Und weil es mich etwas wunderte, wieso ihn das interessierte. „Ja, sie ist im Moment im Krankenhaus. Morgen oder übermorgen werden wir wohl mal nach ihr sehen, aber befragen können wir sie vermutlich noch nicht.“

„War sie verletzt?“

„Körperlich? Nein. Aber wie gesagt, scheinbar hat sie geistig ziemlich gelitten. Ich wüsste echt gerne, was dieser Mistkerl mit ihr gemacht hat, dass sie so traumatisiert... Aber na ja, bald wissen wir es hoffentlich und können ihn dann schnappen.“

„Was ist, wenn er bis dahin noch jemanden tötet?“

Ich biss mir auf die Unterlippe, versuchte aber, das Lächeln beizubehalten. „Ich denke nicht, dass er das wird; Die letzten Morde waren etwa einen Monat auseinander. „

„Ihr habt doch noch gar kein anständiges Täterprofil von ihm.“

„Neeein...“ gab ich gedehnt zu und sah ihn dann forschend an. „Aber sag mal... Möchtest du vielleicht mitkommen, wenn wir Ruki besuchen? Ich meine, du scheinst dich für den Fall zu interessieren und wenn du später wieder als Shinobi arbeiten sollst tut dir der Kontakt mit dem Fall vielleicht ganz gut.“

Nach kurzer Überlegung nickte er langsam. „Ja, ich denke, es wäre gut, wenn ich diesen Luchs sehen würde.“
 

Es war bitterkalt, obwohl keine einzige Wolke am Himmel stand, und die ganze Trauergemeinde hatte sich in dicke Kleider gehüllt. Ich stand in der letzten Reihe, verhielt mich unauffällig und beobachtete, wie der Sarg in das Loch gehoben wurde, wie die Leute Erde darauf schmissen und sich in Stille von dem Toten verabschiedeten. Es waren einige Leute gekommen, Familie, Freunde aber auch Kollegen, und ich fiel nicht weiter auf zwischen ihnen.

Als Kurenai mit ihrem kleinen Sohn an das Grad ihres Cousins trat musste ich das Gesicht abwenden. Deine Schuld, sagte eine leise, aber höhnische Stimme in meinem Kopf, und sie hatte Recht. Ich musste diesen Mann, der wahllos Menschen tötete, aufhalten... Bloß wie?

Ich versank so sehr in Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, wie die meisten Zaungäste sich zurückzogen bis schließlich nur noch die direkten Angehörigen und ich zurückgeblieben waren. Als die mich bemerkten verfinsterten sich die Blicke vieler der Männer und Kurenais Gesichtsausdruck wurde schmerzlich, einzig ihr Sohn lächelte und wollte auf mich zukommen, doch einer seiner Onkel hielt ihn zurück.

„Was willst du hier?“ fragte er unfreundlich.

„Ich wollte nur eurem Verwandten die letzte Ehre erweisen... Es tut mir schrecklich leid, was passiert ist...“

„Auf dein Mitgefühl können wir verzichten! Wen du deine Arbeit getan hättest, hätten wir diese Beerdigung gar nicht halten müssen. Weißt du eigentlich, dass er bald heiraten wollte?!“

„Bitte...“ sagte Kurenai leise, doch der Mann hatte sich in Rage geredet und konnte nur mit Mühe von zwei anderen zurückgehalten werden; Ich vermutete, dass das der Vater des Toten sein musste.

„Ich... Es tut mir wirklich leid...“ sagte ich leise und zog mich lieber schnell zurück.

So nutzlos wie in diesem Moment war ich mir noch nie im Leben vorgekommen.

Radioactive

„Kommst du eigentlich mit Sasuke-kun zurecht...?“

Die zurückhaltende Frage meiner Freundin überraschte mich, denn bisher hatte sie Sasukes Anwesenheit beharrlich beschwiegen, obwohl ich nicht so recht verstand wieso. Jetzt, auf dem Weg zum Haus ihrer Familie, schien es ihr wohl der richtige Moment, darüber zu sprechen, denn sie sah mich ehrlich interessiert, wenn auch scheinbar etwas besorgt, an.

„Bisher ist alles echt super!“ sagte ich begeistert, indem ich mich auf die zwei Tage bezog, die wir bisher schon zusammen verbracht hatten. Er hatte gegessen, geschlafen, mit mir ferngesehen, sich mit Sakura und mir unterhalten, alles ganz ohne Ausraster oder offensichtliche Depressionen, was mich sehr erleichterte und hoffen ließ, dass ihm der Umzug tatsächlich so gut tat, dass seine suizidlastigen Gedanken sich im Sand verliefen, aber für derartige Annahmen war es wohl noch zu früh. „Morgen wollen wir zusammen ins Krankenhaus, den Luchs besuchen. Möchtest du mit? Er würde sich sicher freuen.“

„Glaubst du wirklich?“ fragte sie skeptisch und ich stockte. Als sie jedoch mein unglückliches Gesicht sah drückte sie sanft meine Hand und lächelte. „I-Ich meine nur, dass er sich erst langsam an Gesellschaft gewöhnen sollte, o-oder...? Sakura-san, Sai und du werden fü-für´s erste doch schon mehr als genug Stress für ihn bedeuten, oder?“

„Hm... Hast du auch irgendwie recht.“ grinste ich und gab ihr einen letzten Kuss, bevor wir bei dem Anwesen der Hyuuga-Familie angekommen waren. „Dann ein anderes Mal.“

Aus dem Schatten zwischen zwei gegenüberliegenden Häusern trat eine Gestalt, die mich etwas beunruhigte, ehe ich in ihr meinen ´Schwager im Spe` erkannte, dem ich es erlaubte, sich mir und Hinata zu nähern. „Da seid ihr ja.“ begrüßte uns Neji in seiner natürlichen, etwas kühlen Art und sah missbilligend auf unsere miteinander verschränkten Hände. „Es wird Zeit, ins Bett zu gehen.“

„Wie war dein Date?“ erkundigte ich mich grinsend, was den anderen jungen Mann einen Moment in Verlegenheit brachte, bevor er sich wieder fing und gemessen nickte.

Die beiden hatten ein Abkommen darüber, dass niemand Hiashi von der Beziehung des jeweils anderen erzählte, da der Hausherr wohl nicht mit den Partnern der beiden Erben zufrieden gewesen wäre; Zum einen eben mit mir, dessen Familie zwar Ansehen gehabt hätte, diese aber früh verloren hatte und als früherer Taugenichts und Jinchuriki eindeutig keine Partie für seine Tochter war. Und zum anderen Tenten, die wohl eine begabte Kunoichi war, deren Stammbaum aber nicht geeignet erscheinen mochte. Es kam mir recht schade vor, dass das Clanoberhaupt die Ehre über das Glück seiner Kinder stellte – Und nicht nur, weil er dadurch meine eigene Beziehung beeinträchtigte – Aber ich verstand Hinata und Neji, die keinen Streit mit ihrem Vormund wollten. Außerdem hatten wir ja eine ziemlich gute Lösung für das Problem gefunden, die darin bestand, Hiashi zu erzählen, Cousin und Cousine würden miteinander ausgehen, während sie sich eigentlich mit ihrem jeweiligen Partner trafen. Wenn sie auswärtig übernachteten, behaupteten sie, bei gleichgeschlechtlichen Freunden zu schlafen oder arbeiten zu müssen. Natürlich setzte die Lügerei vor allem meiner so aufrichtigen und lieben Freundin zu, aber eine andere Möglichkeit gab es nicht.

Ich gab ihr noch einen gute Nacht Kuss, hob dann zum Gruß die Hand in Richtung ihres Fettern und machte mich auf den Heimweg, etwas schneller als sonst, immerhin hatte ich jetzt jemanden, der in der nächtlichen Wohnung auf mich wartete, ein Gefühl, das mir besser gefiel als ich erwartet hatte.

Wie erwartet war bereits alles dunkel, als ich zu Hause ankam, trotzdem sperrte ich die Tür sorgfältig hinter mir ab, bevor ich ins Bad ging um mich fertig zu machen. Ich sah den jungen Mann, der mir, mit einer Zahnbürste im Mund, aus dem Spiegel entgegenstarrte. Seine Haare waren zerzaust wie immer, die Haut wegen der Jahreszeit etwas blasser als sonst – Und er hatte tiefe, ungewohnte Ringe unter den Augen. Ich betastete die dunklen Stellen, bevor ich den Kopf schüttelte und, noch immer mit Zähneputzen beschäftigt, in die Küche ging, um mir eine Wasserflasche für die Nacht zu holen.

Schon auf dem Weg dorthin war mir das leise Wimmern aufgefallen, aber ich hatte es für eine Einbildung oder vielleicht den Wind gehalten, aber als ich es auf dem Rückweg wieder hörte wurde ich stutzig. Verwirrt brachte ich die Zahnbürste zurück, dann begab ich mich auf die Suche nach dem Ursprung des Geräusches – Um schließlich vor Sasukes Zimmertür stehen zu bleiben.

Es widersprach allem, woran ich glaubte, einzusehen, dass das Wimmern tatsächlich von da drinnen kommen sollte, denn in meinem Weltbild war vieles möglich, aber nicht, dass Sasuke weinte. Dementsprechend zögerlich hob ich die Hand an die Türklinke und sprach auch nur leise.

„Sasuke?“

Als Antwort drang nur ein leises Schluchzen zu mir heraus. Unwillig fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare, sah den Flur runter, als würde jemand aus dem Wohnzimmer spazieren, der mir diese unangenehme Aufgabe abnehmen würde, dann drückte ich die Klinke herunter und schob vorsichtig die Tür auf. Es war stockdunkel in dem Raum, nur der schmale Lichtstreifen aus dem Flur fiel herein und erhellte die Stelle des Bettes, an der wohl seine Schulter liegen musste. Sie zitterte leicht, aber das Wimmern hatte aufgehört. Ob ich es mir doch nur eingebildet hatte?

„Was willst du?“ fragte Sasuke mit leicht rauer Stimme. Nein, ich hatte es mir nicht eingebildet.

„Ich dachte nur, ich hätte etwas gehört...?“ stellte ich vorsichtig fest.

„Hast du dir eingebildet.“

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich erleichtert war, dass er nicht darüber reden wollte; Ich hätte einfach nicht gewusst, wie ich diesen Fremden hätte trösten sollen. Würde es sich um Sasuke handeln, meinen Teme-Sasuke, hätte ich ihn etwas aufgezogen und alles wäre wieder gut, aber der Mann, der sich jetzt in seinem Bett aufsetzte und dessen schwarze Augen in der Dunkelheit nur durch ihr leichtes Glänzen auszumachen waren, würde sich davon wohl kaum beruhigen lassen. Immerhin war er kein Kind mehr.

„Ach so... Aber weißt du... Ich meine, wenn...“

„Ich weiß.“

„Oh... Dann... Gute Nacht.“

Ich zog mich langsam zurück, ohne den Blick abzuwenden, doch er hatte sich bereits wieder umgedreht und gab vor, mich nicht mehr wahrzunehmen. In meinem Zimmer lag ich lange wach, starrte an die dunkle Decke und grübelte über die Situation nach.

Ich hätte gerne mit Hinata darüber geredet, aber stattdessen schlugen sich die chaotischen letzten Tage in einem wirren Traum nieder, in dem ein lachender Luchs Sasuke den Mund zuhielt. Plötzlich zog ein Schneesturm herauf und ich folgte einer vermummten Gestalt, von der ich wusste, dass sie Shikamaru war, bis sie zu mir herumwirbelte, mich am Hals packte und schrie, man habe ihn umgebracht, wieso ich es nicht verhindert hätte?

„Wer hat dich getötet?“ brüllte ich gegen den Schneesturm, der inzwischen nicht mehr rauschte wie wind, sondern metallisch knatterte. Shikamaru antwortete, seine Augen waren blutige, klaffende Höhlen, doch wegen des Lärms verstand ich nichts, sooft ich ihn auch anwies, mir zu sagen, wer es war...

Und dann wachte ich, schweißgebadet und mit heftig klopfendem Herzen, auf.

Es dauerte etwas, bis ich mich soweit konzentrieren konnte um festzustellen, dass das Knattern des Sturms noch immer anhielt. Verwirrt schlüpfte ich aus dem Bett, zupfte das Shirt, das sich im Schlaf fest um mich gewickelt hatte, zu Recht und ging vorsichtig durch die Wohnung. Der Lärm kam aus der Küche, doch ich entspannte mich erst, als ich Sasuke an der Kaffeemaschine werkeln sah. Er war bereits angezogen, neue schwarze Jeans und ein dunkelblaues Hemd, beides von Sakura ausgesucht und von mir bezahlt, und offenbar auch schon geduscht. Es war etwas seltsam, den Geruch meines Shampoos an jemand anderem außer Hinata zu riechen, aber ich wertete es als gutes Zeichen, dass er nicht nur selbstständig aufgestanden war, sondern auch noch Frühstück gemacht hatte.

„Willst du da noch lange stehen und glotzen?“ fragte er, was mich etwas zusammenzucken ließ.

„Morgen.“ begrüßte ich ihn dennoch unbekümmert und nahm die Tasse, die er mir hinhielt, dankend an. Das heiße Getränk dämpfte etwas meine Beunruhigung wegen des Alptraums und ich musterte über den Rand der Tasse hinweg meinen Mitbewohner. Er sah nicht aus, als habe er besser geschlafen als ich. Tsunade hatte schon in Befürchtung gestellt, er würde ohne Schlafmittel nach wie vor extrem unter Alpträumen leiden und sie hatte gemeint, ich solle ihm Baldriantropfen geben, da er noch mehr chemische Medizin ihm auf die Dauer wohl kaum gut tun würde.

„Gut schlafen?“

„Sehe ich so aus?“ grinste ich und setzte mich an den Tisch, sobald ich mir ein Brot geschmiert hatte.

Sasukes Frühstück bestand aus dem Kaffee und einer geviertelten Tomate, die er schweigend aß. Eigentlich war ich nicht zufrieden mit der mangelhaften Nahrungsaufnahme meines Schützlings, aber zumindest aß er freiwillig, ich hatte nämlich keine Lust, ihn auch noch zu füttern.

„Diese Morde...“ fing er nach einer Weile langsam an und musterte mich dabei so intensiv wie lange nicht. „Belasten dich sehr.“

Dass er dieses Thema aus heiterem Himmel anschnitt überraschte mich, der Fall schien ihn wirklich zu interessieren und obwohl er keine direkte Frage gestellt hatte, antwortete ich einfach: „Na ja, es ist immerhin mein Auftrag, den Kerl zu fassen. Außerdem...“ Ich rieb mir müde über die Augen, schüttelte den Kopf. „Du hast sie nicht gesehen – Die Toten, meine ich. Ich will nicht daran denken, aber ich sehe sie immer, wenn ich schlafe...“

„Ich habe sie gesehen...“

Geschockt sah ich zu ihm. „Was? Red keinen Unsinn, du warst im Krankenhaus, als das pas...“

„Nicht diese Toten, aber genug davon. Sie sehen alle gleich aus, wenn sie aufhören zu atmen... Und sie werden dich nie mehr alleine lassen.“

„Na, danke auch, sehr aufmunternd.“ nörgelte ich, doch Sasuke hatte das Interesse an dem Gespräch verloren und sah mich nicht mehr an. Auch, als er noch etwas sagte, war ich mir nicht sicher, ob er die Worte tatsächlich an mich richtete.

„Sie kommen immer wieder, bis du dir ihren Tot verzeihst – Oder bis du so kaputt bist, dass du sie nicht mehr sehen kannst... Aber er wird immer da sein...“ Jetzt sah Sasuke wieder auf, als wolle er, dass ich seinem Geplapper folgen konnte. „Itachi ist ein Teil von mir, ich werde ihn immer sehen, sobald ich in den Spiegel sehe oder die Augen schließe...“

Kurz starrte ich Sasuke perplex an, dann erhob ich mich seufzend und ging zu einem absperrbarem Schrank über der Spüle, den ich mit einem Schlüssel öffnete. „Zeit für deine Medizin.“

Es war wohl doch zu viel von ihm verlangt, sich ehrlich für mich zu interessieren – Aber das war schon ok, er war sich schon immer selbst am wichtigsten gewesen. Seine Medikamente nahm er erstaunlich brav, dann herrschte eine Weile Stille, in der er mich abwesend anstarrte, was ich ignorierte.

„Hast du eigentlich vor, dich auch mal anzuziehen?“ erkundigte er sich schließlich, als ich aufgegessen hatte und er aufstand, um das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.

Es war schon seltsam genug, so ein Gerät von der Stadt gezahlt zu bekommen, aber einen Missing-Nin so etwas Banales wie aufräumen tun zu sehen, grenzte schon fast ans Groteske, deshalb lenkte das Bild mich etwas von der Beantwortung der Frage ab. „Was...? Oh...“ Ich sah an mir runter, zuckte die Schultern. „Wieso? Ist doch auch meine Wohnung. Wenn´s dich stört musst du ja nicht hinsehen.“

„... Dummkopf...“ murmelte Sasuke, doch ich stand nur grinsend auf.

„Schon gut, ich will ja keine Anzeige wegen sexueller Belästigung von Schutzbefohlenen. Ich geh kurz duschen, dann gehen wir Sakura-chan abholen und ins Krankenhaus.“

„Naruto?“

Ich drehte mich, schon halb aus der Küche, noch mal nach ihm um. „Ja?“

„Wo warst du gestern Abend?“

Ich erstarrte.

Nicht nur, dass er bemerkt hatte, dass ich gegangen war, obwohl ich ihn nicht hätte alleine lassen sollen, es schien ihn auch noch zu kümmern. Es war seltsam, ihn manchmal interessiert und dann im nächsten Moment wieder völlig abwesend zu erleben. Und in diesem Fall wäre es mir lieber gewesen, er hätte sich blind und taub gestellt – Denn von meiner Beziehung hatte ich ihm noch immer nichts erzählt.

„Ich... Musst auf Streife gehen, wegen des Mörders.“

„Ach so.“

Natürlich wusste er, dass ich log, aber offensichtlich zog Sasuke es vor, mir dieses kleine Geheimnis zu lassen.

Ich war froh, ein paar Minuten alleine unter der Dusche verbringen zu können, andererseits machte mich aber auch Sasukes unberechenbare Stimmung mehr als nervös. Was, wenn er seine Ruhe bezüglich der von mir erzählen Unwahrheit nur vorgetäuscht hatte? Ich konnte ihn so schlecht einschätzen, dass mich Horrorvisionen von Küchenmessern und Pulsadern überfielen und das warme Wasser sich auf meiner Haut plötzlich zäh und klebrig anfühlte. Sogar der Limonenduft des Shampoos hatte einen metallisch-salzigen Geruch, der mir übel werden ließ. Mit nervös schlagendem Herz stolperte ich aus der Dusche und stützte mich schwer atmend auf dem Waschbecken ab.

Die dampfige Luft im Bad schien versucht, mich zu ersticken – Oder besser den fremden jungen Mann, der mir aus dem Spiegel entgegenstarrte. Die dunklen Augenringe, der gehetzte Blick, die angespannten Schultern... All das war nicht ich.

Dieser Mann war Sasukes Werk, aber ich musste mich entspannen, was ihn betraf. Er war auf dem Weg der Besserung, es würde eben noch etwas dauern. Und er konnte nicht wieder das Dorf verlassen, dazu wurde er zu gut überwacht...

Aber vielleicht wäre es besser, er ginge?

Meine eigenen Gedanken widerten mich an, aber es war doch so, dass ich, seit er in der Stadt war, ständig schlecht schlief, wodurch ich krankheitsanfälliger war. Ich hatte kaum noch Zeit für meine Freundin – Und brachte es noch nicht mal fertig, ihm davon zu erzählen, dass es sie überhaupt in meinem Leben gab. Erbärmlich...

„Naruto?“

Sasukes Stimme ließ mich ertappt zusammenfahren. Wie lange hatte ich da gestanden? „Ich komme gleich!“
 

Das Haus von Sakuras Eltern lag in einem hübschen Viertel am Rand der Stadt. Im Vorgarten wuchsen im Sommer Ringelblumen und Kamille, jetzt stapelte sich links und rechts eines kleinen Wegchens je ein großer Schneehaufen, auf denen Jemand liebevoll kleine Schlitten und Weihnachtsmänner dekoriert hatte. Über den Weg in der Mitte näherten Sasuke und ich uns knirschend der Tür. Die Klingel war im ganzen Haus zu hören und kurz darauf wurde uns die Tür von einer kleinen Frau mittleren Alters geöffnet, die strahlend lächelte, als sie uns sah.

„Naruto, mein Lieber! Du warst schon so lange nicht mehr hier. Und wen hast du da mitgebracht?“ fragte Mrs. Haruno neugierig und kniff die Augen zusammen, während sie zu Sasuke hinaufstarrte, als suche sie etwas Vertrautes in den ausdruckslosen Zügen.

„Das ist Sasuke Uchiha, Mrs. Haruno, ein früherer Teamkollege von Sakura und mir.“

Die grünen Augen, die denen ihrer Tochter so ähnelten, weiteten sich etwas. „Sasuke-kun...? Tatsächlich! Was...?“

„Äh, eigentlich sind wir hier, um Sakura abzuholen, Mam. Ist sie da?“ unterbrach ich die Frage, wobei ich mich schützend etwas vor Sasuke stellte. Er war noch nicht so weit, sich mit der Neugierde der Dorfbewohner auseinander zu setzen.

„Oh, wie unhöflich von mir, kommt doch rein. Sakura kommt sicher gleich, sie war gerade duschen.“

Aus ´gleich` wurde dann doch eine halbe Stunde und während ich verzweifelt damit beschäftigt war, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, musterte unsere Gastgeberin immer wieder Sasuke, den das aber nicht zu stören schien. Er blickte abwesend in seine Tasse voller kaltem Kamillentee und war mal wieder in seiner eigenen, düsteren Welt versunken, aus der er erst erwachte, als Sakura ihn zur Begrüßung an der Schulter berührte.

„Du hast deiner Mom nicht erzählt, dass er wieder im Dorf ist, oder?“ fragte ich wenig später, als wir auf der Straße waren.

Sakura zuckte die Schultern. „Ich wusste nicht, wie sie reagieren würde – So viel Begeisterung hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet.“

Das stimmte wohl, Sakuras Mutter war eine der wenigen, die so positiv auf Sasuke reagierten. Selbst viele der Shinobi aus unserem Jahrgang, darunter Neji und Kiba, sahen ihn nach wie vor als Verräter und wollten ihn am liebsten tot sehen, was ich aber nie zugelassen hätte.

„Na ja, egal... Habt ihr noch etwas über den Täter rausgefunden?“ wechselte ich das Thema, aber leider schüttelte meine Partnerin den Kopf.

„Inzwischen patrouillieren alle verfügbaren Einheiten, aber seit dem Mord vor drei Wochen ist alles ruhig geblieben. Sai hat ja mit dem Mädchen aus dem Dachzimmer geredet, aber sie hat – Zum Glück! – Nichts mitbekommen.“

„Was war mit den Kratzspuren und den ausgerissenen Haaren bei der Frau?“

„Hat sich rausgestellt, dass sie das selbst war und inzwischen sind sie sich sicher, dass sie nicht vergewaltigt wurde. Der Kerl hat sie nur angefasst, als er die Augen entfernte. Gestern habe ich mit denen aus dem Tierkrankenhaus gesprochen. Sie meinten, Ruki wäre noch recht schwach und sie könnten die Antidepressiva noch nicht absetzen, deshalb waren sie auch nicht begeistert von der Vorstellung, wir würden sie besuchen.“

„Toll – Dürfen wir uns jetzt auch noch mit denen streiten?“

Sakura zuckte die Schultern. „Die Frau, mit der ich telefoniert habe, hat ja gesagt, aber man weiß ja nie, wie sie die Meinung ändern. Ich schätze, wir fragen lieber noch mal ganz lieb.“

„Auf gar keinen Fall.“ war die Antwort auf unser ´ganz lieb Fragen`. Sie kam von einer streng aussehenden Oberschwester mit breitem Kreuz und ordentlichem Dutt, die Sakura scheinbar kannte und die jetzt vor allem Sasuke missbilligend betrachtete.

„Wir wollen auch gar nicht lange bleiben, einfach nur nach ihr sehen...“

„Ich sagte nein, Sakura. Du weißt selbst, dass Patienten nach einem Trauma absolute Ruhe brauchen und das gilt auch für Tiere. Der da...“ Sie nickte in Richtung Sasukes. „Sollte eigentlich auch noch im Bett liegen.“

„Es ist das erste Mal seit einer Woche, dass er raus kommt...!“ begehrte ich auf, doch die Schwester winkte nur ab, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Der Junge ist mir egal, das ist Tsunades Problem, ich habe genug Patienten. Und ich lasse nicht zu, dass ihr die Heilung einer von ihnen gefährdet, indem ihr sie mit Fragen löchert.“

„Aber wir wollen sie doch noch gar nicht befragen! Wir wollen nur sehen, wie es Ruki geht und sie etwas kennenlernen. Ich denke, es würde ihr gut tun, wieder etwas Vertrauen zu Menschen zu fassen, denn so, wie Naruto das erzählt hat, hat sie im Moment die Tendenz zu einem Menschenfresser. Und ein Monster in den Bergen können wir im Moment wirklich nicht gebrauchen, wir haben nämlich schon eines in der Stadt.“

Die Schwester presste die Lippen fest aufeinander, drehte sich dann um und stakste davon. „Also gut, kommt mit. Aber nicht mehr als eine halbe Stunde!“

Sakura lächelte triumphierend, ich klopfte ihr anerkennend auf die Schulter, dann schob ich Sasuke weiter, der die Bilder früherer Patienten betrachtet hatte, und gemeinsam folgten wir der Schwester. Die Flure sahen aus wie in einem Menschenkrankenhaus, aber das Zimmer, in das wir gebracht wurden, hatte anstatt des Bettes ein Körbchen in einer Ecke stehen. Die darin liegende Katze schlief scheinbar – Oder sie tat zumindest so, denn ihr Ohr zuckte verdächtig, als die Pflegerin mit einem „Eine halbe Stunde!“ die Tür von außen hinter sich zuzog.

„Ruki?“ sagte ich leise, was die Luchsdame dazu bewegte, ein Auge zu öffnen.

„Der kleine Weltverbesserer...“ war alles, was sie von sich gab, bevor sie das Lied wieder zuklappte.

„Jaa... Wie geht es dir?“

Ich bekam keine Antwort und fühlte mich dadurch unangenehm an einen gewissen anderen Patienten erinnert, dem ich einen Seitenblick zuwarf. Sasuke beobachtete die Katze, ohne dabei jedoch etwas wie Faszination oder Neugierde zu zeigen. Er sah sie einfach nur an.

„Hm... Das sind Sakura und Sasuke, zwei Freunde von mir. Sie wollten dich kennenlernen.“

„Ich glaube nicht, denselben Wunsch geäußert zu haben, also sammle deine Freunde am besten wieder ein und lass mich alleine, Mensch.“

Ich zögerte, ging dann aber langsam zu ihr, wobei ich Sakuras Hand, die mich zurückhalten wollte, ignorierte. Ich kniete mich vor den Luchs, berührte sie sanft am Kopf zwischen den Ohren und fing an, sie zu kraulen. „Du bist aber nicht alleine. Und ich werde nicht zulassen, dass du dich jetzt hier verkriechst und einsam stirbst wie ein alter Hund.“ sagte ich so leise, dass nur Ruki es hören konnte.

Sie reagierte mit einem Fauchen und stieß grob meine Hand weg. „Ich bin kein Hund – Und ich lasse mir von dir nicht sagen, was ich zu tun habe, Mensch.“

Ich lächelte sanft. „Natürlich nicht.“ Wenn doch Sasuke nur auch so leicht aus der Reserve zu locken wäre... „Übrigens heiße ich Naruto, nicht Mensch.“

„Glaub nicht, ich wüsste nicht, was du vorhast.“ knurrte die Katze, die mich dadurch aber nur noch breiter grinsen ließ.

„Aber es funktioniert trotzdem.“

„Äh... Hallo, Ruki.“ Sakura kam näher, ein freundliches Lächeln auf den Lippen und die Arme hinter dem Rücken, wurde aber durch ein zischendes Geräusch auf Abstand gehalten.

„Bleib weg, Weib.“

Das Mädchen erstarrte, ballte die Hände zu Fäusten, blieb jedoch wo sie war. „Schon gut. Ich wollte dir nur sagen, dass wir dich, sobald es dir besser geht, in dein Revier zurückbringen werden.“

"Glaubst du, das wird dann noch frei sein, du dummes Kind? Ihr habt mir nicht nur meine Partnerin, sondern auch meine Heimat genommen. Warum lasst ihr mich jetzt nicht einfach sterben? Er stinkt geradezu nach Tot, er hat viele ermordet. Lasst es ihn tun, es wird ihn nicht belasten.“

„Ich töte nie wieder.“

Die ersten Worte, die der Uchiha heute Morgen sprach, ließen uns alle zusammenzucken. Noch immer fixierte er den Luchs mit leeren Augen, doch jetzt erwiderte sie seinen Blick. Ganz langsam legte sie die Ohren an und fletschte die Zähne – Und Sasuke zeigte ein beängstigend kaltes Lächeln.

„Aber du hast sowieso schon entschieden, zu sterben, nicht wahr?“

„Sasuke-kun, was redest du da?“ Sakura fasste ihn bestürzt am Arm, zog an ihm, doch er nahm sie scheinbar nicht mal mehr wahr.

„Sag ihnen doch vorher noch, wer es war, dann haben wir unsere Ruhe. Dann lassen sie dich auch sterben... Er ist ein guter Lügner, weißt du? Er verspricht dir, dich nie aufzugeben, aber in Wahrheit will er dich nur loswerden. Wenn er weiß, was er braucht, siehst du ihn nie wieder.“

Ich wich langsam von Sasuke zurück. Was zur Hölle tat er da? Er meinte das doch nicht ernst! Aber vor allem: Woher wusste er, dass seine Gegenwart mich zunehmend beunruhigte? Vor ihm hatte ich das doch verborgen...

Die Situation wurde unterbrochen, als die Tür sich öffnete und die Oberschwester hereinkam. Misstrauisch beobachtete sie die versteinerten Gesichter der Gäste. „Die Zeit ist um. Raus hier.“

Sakura und ich folgten ihr, blieben aber vor der noch offenen Tür stehen. „Wann können wir sie wieder besuchen?“ fragte ich. Richtig konzentriert war ich aber nicht, mir schwirrten Sasukes Worte im Kopf herum. Ich wollte ihn doch nicht loswerden.

„Frühestens in vier, fünf Tagen, am Besten aber erst in einer Woche. Ich frage lieber gar nicht, was ihr gesagt habt, so, wie die Patientin ausgesehen hat... Und du kommst jetzt auch endlich da raus, Junge!“ fauchte sie und Sasuke schlurfte heran, sodass sie die Tür absperren konnte.
 

Eine Weile später bei mir zu Hause war Sasuke ins Bett gegangen, der Ausflug hatte ihn erschöpft. Sakura fing die Bierflasche, die ich ihr zuwarf, und lehnte sich an meine Anrichte. Ich nahm mir zwei Flaschen, die Erste kippte ich auf Ex, die andere öffnete ich, nahm aber nur einen Schluck, ehe ich sie auf den Tisch stellte, an den ich mich setzte, und mir den Nacken massierte.

„Ich glaube langsam echt, Sasuke will mich verarschen.“

„Naruto...“

„Im Ernst: Ich reiß mir den Arsch für ihn auf und dann darf ich mir DAS anhören?!“ platzte ich laut heraus und knallte mit der Faust heftig auf den Tisch. Die Flasche kippte um, der Inhalt verteilte sich auf der Platte, doch als ich fluchend aufstehen wollte, um ein Tuch zu holen, war Sakura schon zur Stelle und wischte die Sauerei für mich auf. Dabei kam sie mir so nah, dass ich ihren Duft wahrnehmen konnte und ihre Hüfte an meinem Arm spürte. Ich bekam eine leichte, angenehme Gänsehaut an der Stelle, die sie berührte, lehnte mich etwas näher zu dem angenehmen Geruch, der von ihr ausging.

„Hör auf, dir das so zu Herzen zu nehmen.“ beschwor sie mich, noch immer wischend. Ich starrte ihre zierlichen, schlanken Hände an – Und wollte plötzlich, dass sie mich anfasste. Ich wollte ihre Nägel in meinem Rücken und ihre Finger an meinem Penis, der schon zu prickeln angefangen hatte. Es war lange her, dass ich so für sie empfunden hatte und dieser Umstand verwirrte mich. Sie war eine schöne Frau und ich hatte sie immer für mich gewollt – Wo war all das Verlangen von damals nur hin? „Er weiß nicht, was er redet. Du kümmerst dich besser um ihn, als irgendjemand sonst es könnte. Das weiß ich.“

Sie hatte sich zu mir umgedreht und lächelte, hörte aber damit auf und sah mich erstaunt an, als ich die Hand auf ihre Hüfte legte. „Bist du einsam, Sakura...?“ fragte ich mit rauer Stimme, das eigentliche Thema ignorierend. Meine Fingerspitzen glitten wie von selbst unter den Saum ihres Shirts, wo sie die weiche Haut ertasteten, die Lust auf mehr machte.

„Was...? A-Ach Quatsch, Naruto!“ sagte sie lachend, doch offensichtlich nervös durch meine plötzlichen Berührungen, gegen die sie sich jedoch nicht wehrte. „Du meinst, weil ich keinen Freund habe? Nein. Ich habe dafür Sai und Kakashi und Ino... Und dich.“ schloss sie sanft und legte die Hand auf meine Wange.

„Ach ja, du hast mich?“ Bevor sie reagieren konnte, lag sie auf dem frisch gewischten Tisch, meine Hüften zwischen ihren Beinen und ihre Hände waren von meiner auf der Platte fixiert. „Obwohl du mich nie wolltest... Du wolltest immer IHN – Selbst jetzt schmachtest du diesen kaputten Gefühlskrüppel an. Du willst mich? Kannst du haben.“

„Na...! Ungh...“

Ich unterbrach ihre Antwort mit einem wütenden Kuss. Meine freie Hand lag auf ihrer Brust, die sich seltsam anfühlte, aber ich hatte vergessen, dass ich einfach nur etwas anderes gewöhnt war. Ich war gerade so sauer und gleichzeitig so erregt, dass ich mich nicht mal wunderte, wie bereitwillig Sakura die Lippen für meine Zunge öffnete, wie gierig sie auf die Küsse, Bisse und das Lecken einging und wie heftig sie die Finger in meine Haare krallte. Inzwischen hatte ich ihre Hände losgelassen und war dabei, ihr das Höschen runter zu zerren – Mit den anderen Kleidern befasste ich mich gar nicht erst – Als ein seltsames Geräusch die zuvor aus Stöhnen und Keuchen bestehende Geräuschkulisse aufwertete.

Ich konnte und wollte es im Moment aber nicht zuordnen, doch Sakura, die sich fast schon mit Gewalt aus dem Kuss riss, den ich ihr aufdrängte, keuchte etwas von „Tür... Aufmachen... Sasuke-kun...!“ was mir ein Mindestmaß an Blut zurück in die benötigten Bereiche meines Hirns beförderte. Ich musste die Tür aufmachen, sonst würde Sasuke wach, würde nachsehen, warum wir nicht auf das Klingeln reagieren und uns bei dem sehen, was wir hier taten. Das wäre nicht gut, wenn ich auch nicht mehr so genau wusste, wieso.

„Ich... Ja...“ stammelte ich, fuhr mir durch das zerwühlte Haar und ließ von dem Mädchen ab, um aufmachen zu gehen.

Und da stand der Grund, wieso ich vergessen hatte, wie sehr ich Sakura genau so auf meinem Tisch wollte, wieso ihr Busen sich zwar gut, aber ungewohnt angefühlt hatte, wieso es einen totalen Ausraster meinerseits brauchte, um zu sehen, dass die Haruno genau diese Härte bei Männern anziehend fand:

Hinata.

Sie lächelte, schlang die Arme um meinen Hals und küsste mich. Der Biergeschmack auf Sakuras Lippen fehlte, aber die süße Weichheit der Lippen meiner Freundin brachte mich etwas auf den Boden. Verdammter heiliger Scheißdreck...

„Naruto-kun... Willst du mich nicht reinbitten?“ kicherte Hinata, die sich noch immer an mich klammerte.

Ich lächelte halb, hob sie im Brautstil hoch und brachte sie in die Küche, wo eine inzwischen wieder völlig bekleidete Sakura auf uns wartete.

„Oh, du bist nicht alleine...“

„I-Ich wollte sowieso gerade gehen... Ich... Äh... Bis dann!“ haspelte Sakura zerstreut und drängte sich an mir vorbei. Mir lief es heiß den Rücken runter, als sie mich dabei versehentlich flüchtig am Arm berührte.

„H-Habe ich sie vertrieben?“ fragte Hinata betrübt.

Ich trug sie in Richtung meines Schlafzimmers, wobei ich aber noch einen kurzen Blick zur Tür warf, die gerade in die Angeln gefallen war. „Ich glaube, sie wollte uns nur etwas Zweisamkeit gönnen...“ log ich, bevor ich die Tür hinter uns schloss.
 

Das halbe Fitnesscenter stand inzwischen um den ziemlich malträtierten Boxsack, auf den ich mit aller Macht einschlug, so schnell und hart, dass man die fliegenden Fäuste und Füße nur schemenhaft erkennen konnte. Ich machte das schon fast eine halbe Stunde und war völlig verschwitzt, aber die Kraft ging mir immer noch nicht aus, der Zorn gab mir immer neue Energie.

Und das, obwohl ich vor Erschöpfung kollabieren wollte.

Ich wollte ins Krankenhaus gebracht werden.

Ich wollte von Sakura behandelt werden.

Und dann wollte ich sie so hart durchvögeln, dass SIE vor Erschöpfung kollabierte.

Und genau hier lag das Problem, denn das durfte ich natürlich nicht. Aber bei Gott, so geil wie gestern für Sakura war ich für meine Freundin noch nie gewesen. Und ich verstand nicht, was diese Lust so unvorhergesehen ausgelöst hatte – Die pure Wut etwa?

Plötzlich überkam es mich, ich schlug noch etwas fester zu und durchbohrte damit die Lederhülle des Sandsacks. Ein paar der Shinobi, die hier trainierten, lachten oder klatschten, aber der Betreiber des Studios war alles andere als angetan und verlangte eine Rückzahlung, die ich ihm so bald wie möglich versprach. Als er sich davon machte, ging ich von dem kleinen Podest runter, auf dem ich trainiert hatte und trat zu Sasuke, der auf einer Bank gesessen und zugesehen hatte.

„Hattest du dich nicht gestern Abend schon abreagiert?“ fragte er ruhig.

Vor Schreck hätte ich ihm fast das Wasser, das ich gerade trank, ins Gesicht gespuckt. Waren wir so laut...? „W-Was?“

Seufzend erhob er sich, sodass er mir direkt in die Augen sehen konnte. „With the Lights out, it´s less dangerous, hm? Aber keine Angst, mir sind deine lächerlichen Bettgeschichten egal. Gehen wir dann?“

„Was genau ist eigentlich dein Problem, Sasuke? Du warst doch nicht so, bevor ich dich aus dem Krankenhaus geholt habe. Möchtest du lieber bei jemand anderem wohnen? Das musst du nur sagen, aber hör verdammt noch mal auf, mich so scheiße anzumachen, darauf hab ich nämlich keinen Bock mehr.“ fuhr ich ihn wütend an. Wahrscheinlich hätte ich ihn noch darauf hinweisen sollen, dass das keine ´Bettgeschichte` war, sondern meine Freundin, aber wie immer blieb mir dieser Satz im Halse stecken. Erbärmlich und feige.

Er legte den Kopf schief, musterte mich gelangweilt. „Und was willst du dagegen tun? Dich mit mir schlagen? Du würdest mich umbringen. Nicht, dass es mich stören würde, aber so masochistisch, dir selbst durch meinen Verlust wehzutun, bist du nicht. Übrigens will der da mit dir reden.“

Ich sah verdattert auf und bemerkte erst jetzt Sai, der etwas abseits stand und uns beobachtete. Als er merkte, dass ich zu ihm sah, kam er näher, die Stirn in ungewöhnlich ernste Falten gelegt.

„Was gibt es denn?“ fragte ich entnervt. Ich wollte mich jetzt nicht auch noch mit dem rumärgern!

„Naruto... Ruki ist tot.“
 

~ ♥ ~
 

Hallo, Leute! :D

In dem Kapitel ist recht viel passiert... Nun ja. :D

Viel will ich dennoch nicht sagen.
 

Der Satz von Sasuke, ´With the Lights out, it´s less dangerous`, ist ein Zitat aus ´Smells like Teenspirit` von Nirvana, nur, dass ihr den Zusammenhang versteht. xD°
 

Ansonsten hoffe ich, ihr hattet Spaß und wir sehen uns im nächsten Kapitel. :3
 

lG SaSi

3. Victim: Deadly Sins

Es war leicht gewesen, das Fenster des Kindes zu öffnen, fast schon zu einfach.

Jetzt stand er vor ihrem verschwenderisch großen Bett, in dem ihr kleiner Körper noch hilfloser und zerbrechlicher wirkte, als er es tatsächlich war.

Langsam zog er die rosane Decke weg, um sie genauer betrachten zu können. Er nahm jede Einzelheit seines Opfers in sich auf. Alles, von ihrem zerzausten, blonden Lockenschopf, bis hin zu den pummeligen Beinchen. So jung, so süß, so... Verführerisch unschuldig.

Der Henker leckte sich über die Lippen, als er sich an den Rand ihres Bettes setzte und ihre Wange berührte, um sie zu wecken. Verschlafen blinzelte das Mädchen und sah ihn einen Moment an, bevor sie etwas flüsterte:

„Bist du ein Engel...?“

Ihr leises Stimmchen ließ ihn für einen Moment erstarrten. Engel...? Der Henker lachte kalt auf. Er packte das Kind an den Haaren und zerrte sie aus dem Bett. „Nein, meine Kleine, ich bin kein Engel. Ich bin ein Gott – Und jetzt hole ich dich heim.“

Sie schrie auf, als sie gegen die Wand krachte, gegen die er sie geschleudert hatte. Der Henker lächelte. Am Ende waren sie doch alle gleich.

Es gab ein knirschendes Geräusch, als er noch einmal auf die Kleine einschlug, die ihn flehend ansah, ehe sie bewusstlos vornüber kippte. Ihr Henker fing sie auf und hob sie hoch. Draußen im Treppenhaus waren Schritte zu hören. Er warf noch einen letzten Blick auf das demolierte Kinderzimmer, dann sprang er mit dem ohnmächtigen Kind auf das nächste Dach.
 

Die lange, blonde Locke glitt flüssig durch seine Finger und fiel in das rundliche Gesicht des Kindes, dem sie gehörte.

Das kleine Mädchen war hübsch, im Tot noch viel hübscher als vor ein paar Stunden, als ihre grünen Augen den Henker noch voller Neugierde betrachtet hatten. Sie wäre eine schöne Frau geworden.

Doch jetzt klaffte eine große, blutige Wunde an ihrem Hals und sie würde nichts anderes mehr werden als die Asche, aus der sie geformt war.

Der Henker ließ die Leiche des kleinen jungen, den er gerade geholt hatte, auf den Haufen von Körpern fallen, den er schon angesammelt hatte, und betrachtete sein Werk. Dreizehn Kinder. Ob die Eltern die Nachricht verstanden?

Er war ihr Unglück, ihre fleischgewordene Sünde, die ihnen die größten Schätze nahm, die sie hatten, ob es das Leben oder die Kinder waren. So, wie sie ihm alles genommen hatten. Und doch, obwohl er allmächtig war...

Sein Blick wanderte wieder zu dem blonden Mädchen, das er in dieser Nacht zuerst getötet hatte.

„Bist du ein Engel?“ hatte sie ganz ohne Furcht gesagt. So unschuldig. Sie war das Mädchen, das friedlich geschlummert hatte, während vor ihrem Fenster zwei Morde geschahen. Wie konnte sie noch an den Himmel glauben?

Die Bestie in ihm knurrte ungeduldig, wollte zerreißen, was sie nicht verstand und verbrennen, was nicht in ihr Weltbild passte. Der Henker zog aus einem Busch in der Nähe des Platzes, auf dem er sich befand, einen Benzinkanister. Er schraubte ihn auf, während er sich dem Stapel von Körpern näherte. Das Mädchen war leicht, die machte nicht mal viel Lärm, als ihre Leiche auf die anderen klatschte. Der Gestank nach Öl vermischte sich mit dem von Blut, ein Duft, der ihn berauschte und fast tanzen ließ, während er den Zündstoff über seine Opfer goss.

Vielleicht wuchsen sie ja doch noch, wenn er sie in Flüssigkeit ertränkte?

Durch die Fenster der verlassenen Lagerhalle, auf deren Vorplatz er sich befand, heulte der kalte Dezemberwind und griff in das Haar des Henkers. Gierig badete der Wind in der kleinen Flamme des Feuerzeuges, mit dem er schon eine ganze Weile spielte. Jetzt aber steckte er es weg und kniete sich zu der kleinen Prinzessin, deren verkrustetes Blut vom Benzin wieder aufgeweicht war. Fast schon zärtlich steckte er die behandschuhten Finger in die Wunde und stieg auf ein paar Paletten, die man bei den Aufräumarbeiten wohl hier vergessen hatte. Dann fing er an zu malen.

Das Blut der Kinder reichte, um ein richtiges Bild entstehen zu lassen und er stolze Künstler hoffte, der Schnee würde es nicht verwischen, bevor jemand es gebührend bewundern konnte. Die geschriebene Nachricht dagegen hielt er klein.

Sein Blick schweifte erneut über die Kinder. Er erinnerte sich mit einer angenehm prickelnden Gänsehaut an jeden Schrei, den sie ausgestoßen hatten, an jede Träne. An jedes gewimmerte ´Mama...!` für das er das Opfer noch mehr hatte leiden lassen, weil er es nicht verstand. Woher kam dieses blinde Vertrauen darauf, dass diese Frau helfen würde?

Aber das hatte er den Kleinen vor ihrem Tot noch ausgetrieben. Sie waren alle ganz alleine gestorben, wie jeder andere auch, niemand hatte ihre Hand gehalten oder ihre Tränen weggewischt, bevor sie zum letzten Mal die Augen schlossen...

Alles, was sie noch gespürt hatten, war köstliche, alles umfassende Angst. Sie hatten in diesen Momenten ganz ihm, dem Henker, gehört.

Er spielte wieder mit dem Feuerzeug, dann schleuderte er es auf den Scheiterhaufen. Dieser entzündete sich in einer blauen Stichflamme, die den herabrieselnden Schnee verbrannte. Kurz darauf mischte sich unter den Geruch nach Blut und Benzin noch der von verbranntem Fleisch.

Superbia ( Pride )

Der Raum war genauso kühl wie bei unserem letzten Besuch und es roch ebenso chemisch wie damals. Der einzige sichtbare Unterschied war die Leiche, die heute auf der Bahre lag.

Rukis Fell war etwas stumpfer, als ich es in Erinnerung hatte, was aber durchaus auch an den veränderten Lichtverhältnissen liegen mochte. Ihre Ohren lagen flach am Kopf an, die Augen hatte man geschlossen, wie man es auch bei einem Mensch getan hätte.

Ich bedauerte ihren Tod, denn ich glaube, sie hatte unter all der Trauer einen guten Charakter gehabt, aber vorangig war ihr Verlust ein enormer Rückschlag für unsere Ermittlungen. Zumindest blieb uns bei der Luchsdame die Suche nach einem Motiv erspart.

"Es ist schade um sie", meinte Herr Ringa gerade, der Autopsieleiter, der uns zuletzt schon geholfen hatte. Er streichelte Ruki durch das seidige Fell an der Flanke. "Sie ist ein schönes Tier."

"Man könnte sich ja eine Weste aus ihrem Fell machen - Zur Erinnerung daran, dass sie uns fast bei der Aufklärung des Falles geholfen hätte, wenn sie nicht verrückt geworden wäre", schlug Sai vor und ich warf ihm einen finsteren Blick zu, der ihm jedoch nur ein seichtes Lächeln entlockte. Idiot.

"Wie auch immer. Haben Sie etwas über die Todesursache herausgefunden?", überging ich den Vorschlag meines Kollegen. Heute waren wir nur zu zweit gekommen, denn Sakura kümmerte sich um Sasuke und Shikamaru war anderweitig eingeteilt, was seine kleine Bewunderin von letztens sichtlich enttäuscht hatte.

"Sicher, sicher, natürlich." bestätigte der Alte rasch, der jetzt offenbar etwas im Nackenfell der Katze suchte. Nach einer Weile offenbarte er und einen Nadelgroßen, geröteten Einstich, um den herum sich ein purpurn verfärbter Vorhof gebildet hatte. "Unsere Patientin wurde ganz offensichtlich vergiftet, meine Herren."

"Gift", widerholte ich tonlos.

Das sponante Verlangen, etwas zertrümmern zu wollen, war fast übermächtig, aber ich kämpfte es nieder, indem ich mir die Nägel in die Handflächen grub. Es reichte diesem Scheißkerl von einem psychopathischen Sadisten nicht, Menschen zu ermorden und ihre Leichen entwürdigt im Dreck liegen zu lassen, nein, das wäre ja viel zu human. Jetzt zeigte er uns auch noch ganz lässig, während er praktischer Weise eine Kronzeugin aus dem Weg schaffte, dass er nicht an Chema und Verhaltensmuster gebunden war wie andere Serienmörder. Sein Tick war das Töten an sich, mit dem er nicht aufhören konnte, keine männlichen Shinobi mittleren Alters, wie wir zuerst angenommen hatten.

"Scheiße...", zischte ich, wobei ich mir einige Strähnen, die mich plötzlich furchtbar nervten, wie sie mir ins Gesicht hingen, aus der Stirn wischte. "Wissen wir bereits, um was für ein Gift es sich handelt?"

Herr Ringa schüttelte den Kopf. "Normalerweise dauert die Analyse des Blutes mehrere Wochen, aber da es sich hier um einen Notfall handelt, bekommen wir die Ergebnisse vermutlich bereits Anfang nächster Woche."

Anfang nächster Woche. Das waren noch fünf Tage. Fünf Tage, in denen der Wahnsinnige weiter durch Konoha laufen und wahllos Menschen töten konnte. "Können Sie das nicht beschleunigen?", fragte ich ungeduldig, woraufhin sich der Blick meines Gegenübers schlagartig verdüsterte.

"Das könnten die Kollegen mit Sicherheit, junger Man, wenn Sie ihnen Motive und somit Hinweise auf mögliche Giftarten liefern würden. Ansonsten sind fünf Tage das absolute Zeitminimum."

Wütend starrte ich den Alten an, der mimr jedoch nur trotzig entgegen blickte, dann biss ich mir auf die Innenseite der Wange und wandte den Blick ab. "Wir gehen, Sai."

Mein Partner lächelte dem Autopsieleiter freundlich zu, dann folgte er mir aus dem kühlen, düsteren Raum. Vor dem Gebäude trat ich gegen einen Stein und sah zu, wie er gegen einen Baum kullerte. Es hatte nie ausgesehen, als würde dieser Fall leicht zu entschlüsseln sein, aber langsam nahm das ganze unwirkliche Züge an. Sogar mein Selbstvertrauen, den Mann zu schnappen, bevor noch mehr sterben müssten, begann zu bröckeln, obwohl mein Ehrgeiz nach wie vor ungebrochen war.

"Und jetzt?"

Ich warf Sai einen Seitenblick zu, schob die Hände in die Hosentaschen und ging weiter. "Ins Krankenhaus. Könnte immerhin sein, dass Ruki an einer falschen Medikamentendosis gestorben ist."

"Was ist mit Sasuke?"

"Oh, ich denke, Sakura wird nichts dagegen haben, das noch ein paar Stunden zu übernehmen", seufzte ich träge.

Kennt ihr das, wenn man unglaubliche Lust auf eine Zigarette hat, obwohl man noch nie in seinem Leben geraucht hat? So ging es mir, während ich neben Sai durch das Dorf lief. Fast schon spürte ich Entzugserscheinungen - und die schlugen sich nicht gerade positiv auf meine Laune nieder. Dementsprechend gerezit reagierte ich, als die freundliche Empfangsdame im Krankenhaus versuchte, uns abzuwimmeln.

"Hören Sie, Miss, ich habe weder Lust noch Zeit für diesen Mist, also bewegen Sie sich besser schnell und besorgen mir eine Dienstliste und eine für die Medikation. Außerdem möchte ich einen Vorgesetzten sprechen, am besten den Oberarzt hier, denn ansonsten besorge ich mir einen Durchsuchungsbefehl und dann können Sie sich darauf gefasst machen, dass wir jeden vertuschten Kunstfehler, jedes missbrauchte Medikament und jeden Cent hinterzogener Steuern finden. Haben wir uns?"

Nicht nur die Dame, auch Sai sah mich perplex an, doch meine Drohung zeigte die gewünschte Wirkung, denn die Sekretärin piepste "E-Einen Moment." und schnappte sich den Telefonhörer. Zufrieden lehnte ich mich an den Thresen und sah mich im Eingangsbereich um, durch den vereinzelt den vereinzelt Schwestern oder die Herrchen der Patienten spazierten.

"Hmm... Glaubst du wirklich, Tsunade hätte auch nur einen Shinobi von seiner Aufgabe abgezogen, um das Krankenhaus zu untersuchen? Immerhin braucht sie alle Kräfte, um die Stadt zu überwachen.", fragte Sai, offenbar belustigt.

Ich grinste, ohne ihn anzusehen, zuckte lässig die Schultern. "Nein, glaube ich nicht.", gestand ich, den Blick auf eine Frau gerichtet, die sichtlich mit ihrer panischen Katze kämpfte, bis diese ihr aus den Armen sprang und den Flur entlang flüchtete. "Warte kurz.", sagte ich und setzte dem Ausreißer nach, der den verzweifelten Rufen seines Frauchens keine Beachtung schenkte. Es dauerte ein paar Minuten und kostete mich einige Kratzer, doch dann hatte ich das Tier und trug es, sehr zum offensichtlichen Missfallen der Katze, zu der Frau, welche mir den Flüchtling fast schon aus den Armen riss.

"Mach lieber deine Arbeit anständig, Junge!" zischte sie mir entgegen und stapfte samt der kläglich maunzenden Katze davon. Ich kratzte mich irritiert am Kopf; Woher zur Hölle wusste eine Zivilistin, dass ich mit dem Fall betraut war? Oder hatte sie allgemein gemeint, ich sollte nicht in einem Krankenhaus herumgammeln sondern klischeehaft-ninjamäßig jemandem den Arsch aufreißen? Da konnte sie mir glauben, das wäre mir hundertmal lieber gewesen als mein momentaner Job!

"Hab Ihnen gerne geholfen!", rief ich ihr sarkastisch nach, dann drehte ich mich nach Sai um, dem inzwischen eine blonde Frau gegenüberstand, die sich bei näherem Hinsehen als recht hübsch herausstellte. Ihrem Kittel und dem Klemmbrett nach zu schließen handelte es sich um eine Ärztin.

"Wie ich schon sagte, wir können unsere Schichtdienste nicht herausgeben.", erklärte sie gerade, drehte sich aber zu mir, als sie meine Anwesenheit bemerkte. "Ah, der Chef höchst persönlich."

Ich nickte knapp, ihr sarkastisches Lächeln übergehend, und sah mich um. "So in der Art... Und wo ist Ihr Chef? Ich denke, das klären wir doch am besten mit dem Verantwortlichen."

Sai zog die Brauen hoch und die Ärztin lächelte kühl. "Sie stehen vor der Verantwortlichen; Ich bin die Oberärztin der Station, Professor Doktor Eisling."

Prompt wurde ich rot. "Ähm..."

"Oh, schon gut, passiert öfter. Die Leute erwarten nicht, dass eine hübsche Frau intelligent sein kann. Aber um darüber zu diskutieren sind Sie nicht hier. Es tut mir leid, aber..."

"Jaa, ich habe gehört, was Sie eben sagten, Doktor Eisling", unterbrach ich ihr in meinen Ohren selbstgefälliges Gerede. "Und wieso können Sie uns diese ermittlungstechnisch wichtigen Daten nicht geben?"

Die Ärztin legte, noch immer lächelnd, den Kopf ein wenig schief und musterte mich interessiert. "Weil unsere Dienstpläne Sache des Krankenhauses sind, genau wie die Dosierung der Medikamente. Ich denke, Sie sollten in diesem Fall dem Sachverstand meines Teams vertrauen. Wäre das dann alles?"

Das falsche Lächeln der Frau ging mir mindestens genauso auf die Nerven wie ihr freundlich ausgesprochener Rauswurf, aber für den Moment hatte ich keine andere Möglichkeit, als knapp zu nicken und mich mit Sai auf den Weg zu machen.

"Um was wetten wir, dass die Dreck am Stecken hat?", knurrte ich, als wir aus dem Krankenhaus draußen waren.

"Möglich. Aber denkst du wirklich, sie hat was mit unserem Fall zu tun?"

"Wieso nicht?", murrte ich, einfach, weil mir diese Oberärztin zuwider war.

"Na ja, zum einen handelt es sich offensichtlich um eine Frau...", wandte Sai ein, doch ich schnaubte nur.

"Vielleicht hat der Killer ja eine Komplizin? Oder sie ist eine Art kranker Fan?"

Der andere lächelte matt. "Es ist wirklich interessant, wie du dir unsympathische Menschen in eine Schublade steckst. Aber gut, es ist möglich, dass du Recht hast. Trotzdem glaube ich nicht, dass die Frau Doktorin eine verrückte Killerin ist; Sie will einfach nur ihren Arbeitsplatz und ihre Angestellten schützen."

Ich gab ein unwilliges Brummen von mir, obwohl Sai natürlich Recht hatte. Sie hatte uns weggeschickt, um Zeit herauszuschlagen, aber nicht, um Beweise des mutmaßlichen Mordes an unserer Zeugin zu vertuschen, sondern um dieverse Interene Ungereimtheiten zu klären, was vielleicht auch mein Fehler war, immerhin hatte ich ihr mit einer Durchsuchung ihrer Akten gedroht. Daran, dass keiner von uns Zeit hatte, sich mit Banalitäten wie die Bürokratie eines Krankenhauses zu kümmern, hatte sie wohl nicht gedacht, aber das machte die Reaktion nur authentischer.

"Trotzdem werden wir eine Herausgabe der Daten erwirken - ich gehe nachher sowieso noch zu Tsunade."

"Soll ich mitkommen?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nein", wehrte ich lächelnd ab. "Sie regt sich sowieso nur auf, das musst du dir nicht auch noch antun."

"Hm... Du weißt, dass Sakura und ich hinter dir stehen? Der Fall liegt nicht nur in deiner Verantwortung."

"Jaa... Wie auch immer. Bringst du bitte, während ich unterwegs bin, alle Daten, die du noch zu Hause hast, zu Sakura-chan? Ich hol sie später mit Sasuke ab, dann kommen wir zu dir" erklärte ich, in dem Versuch, meine Gereiztheit zu übergehn. Sai musterte mich zwar nachdenklich, nickte aber nur und machte sich auf den Weg, wofür ich sehr dankbar war, da mir im Moment die Kraft für einen Streit gefehlt hätte, der bestimmt gefolgt wäre, hätte er noch mehr mitfühlende Worte rausgehauen. Letztendlich war es nämlich doch alleine meine Verantwortung.

Bei Tsunade wurde mir gesagt, sie wäre gerade in einer Besprechung, es könne noch dauern, doch ich wartete, anstatt später noch mal zu kommen. Nachher hätte ich meinen Schützling nämlich, um den ich mich kümmern musste - Und den ich nicht mehr in den Fall einbinden wollte, das tat ihm nicht gut, wie ich festgestellt hatte. Außerdem konnte ich auf spitze Bemerkungen seinerseits, die sich auf mein Sexleben bezogen, vor meiner Chefin gut verzichten. Also machte ich es mir auf dem Sessel vor dem Büro der Hokage so bequem wie möglich und schaffte es tatsächlich einzuschlafen, bis das Klackern von Absätzen und wütende Stimmen mich weckten.

"... Die eigentlich, wer sie sind?! Wir geben schon nur noch die nötigsten Missionen raus, um die Bürger zu schützen! Ich kann doch nicht riechen, dass dieser Kerl in Häuser einbricht!"

"Tsunade-sama, regen Sie sich nicht auf..."

"Ich REGE mich aber auf, Shizune! KINDER, Herrgott..." Letzeres klang fast wie ein Schluchzen und ich hätte mich am Liebsten unsichtbar gemacht, als die Hokage und ihre Assistentin sich näherten, entschloss mich dann aber doch, lieber aufzustehen und eine Verbeugung anzudeuten.

"DU!" fauchte Tsunade. "Ich hoffe, du bist hier, um mir zu erzählen, dass ihr den Mörder gefangen und den Eltern zum Fraß vorgeworfen habt!"

"Ich... Eltern? Was?", stammelte ich verwirrt, was meine Vorgesetzte nur noch wütender machte. Sie riss die Tür ihres Arbeitszimmers auf und stapfte hinein, dicht gefolgt von Shizune und mir. Dann knallte sie mir etwas, dass verdächtig nach einer Zeitung aussah, gegen die Brust.

"DAS?!", explodierte die Hokage, während ich überrumpelt das Tagesblatt entknitterte und versuchte, die Schlagzeile zu verstehen, unter der das Bild eines abgebrannten Leuchtfeuers zu sehen war, wie es den Anschein hatte. Doch dann schlossen sich die Buchstaben zusammen und ergaben einen grauenhaften Sinn.

"Auf dem Scheiterhaufen der Unschuld - Kinder grausam verbrannt.", stand dort in fetten, aufreißerischen Großbuchstaben.

"Aber... Oh mein Gott..." Mir wurde ganz flau und schwindelig, obwohl ich nicht verstand, wieso Tsunade deshalb so sauer auf mich war. Es sei denn... "Du glaubst, das war... Er?"

"JA WER DENN BITTE SONST?! SO VIELE LEUTE LAUFEN NICHT DURCH DIE STADT UND MALEN MIT BLUT AN IRGENDWELCHE WÄNDE!", brüllte meine Vorgesetzte mich an und rieb sich die Schläfen, wie um sich zu beruhigen. "Sag mir bitte nicht, du hast noch nichts davon gehört, Naruto." Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie hob abwehrend die Hand. "Nein, wirklich: Sag es einfach nicht, sonst schmeiß ich dich aus dem Fenster..."

Während sie sprach, überflog ich den ziemlich aufreißerischen Artikel.
 

"Der Tot geht weiter um - Und macht noch nicht mal vor der Jugend Halt.

In der Nacht vom vierzehnten auf den fünfzehnten Dezember machte ein Paar auf einem romantischen, nächtlichen Spaziergang eine schreckliche Entdeckung: Die zu einem Scheiterhaufen aufgebahrten Leichen von dreizehn Kindern, deren Identität noch nicht geklärt ist. Laut den Beamten am Tatort dürfen noch keine genaueren Informationen ausgegeben werden, aber vieles lässt einen Zusammenhang mit den Morden dreier Shinobi vor je zwei und einem Monat schließen - Verbrechen, die inzwischen als die ´Michelangelo-Morde` bekannt sind.

Indiz hierfür sind unter anderem die namensgebenden Schriftzüge an den Wänden der Fabrik, die als schauriger Schauplatz des Schreckens diente: ´Il Morte des Innocenti` verkünden die blutigen Buchstaben, neben dem Bild eines Mädchens.

Laut Aussagen der Beamten vor Ort ist ein gewisser Naruto Uzumaki mit den Fällen betraut, doch er ist zur Stunde nicht aufzufinden. Womöglich geht er seinen eigenen kleinkriminellen Hobbys nach, wie etwa Graffiti auf dem Hokage-Denkmal oder der Fürsorge für einen als gefährlich eingestuften Schwerverbrecher, der..."
 

Weiter konnte ich nicht lesen; ich war blind vor Wut.

"Ich werde die miese Ratte, die diesen Dreck verzapft hat, eigenhändig töten...", knurrte ich und funkelte die beiden Frauen herausfordernd an, wie um sie dazu zu bringen, mir zu sagen, dass solche Rachegelüste falsch waren. Es ging mir nicht darum, wie der Autor mich darstellte, sondern darum, welch welch widerwärte Art er sich an dem Tod der Kinder labte und das Leid der angehörigen in den Schmutz zog.

Mir schwindelte furchtbar; Kinder...

"Nein, das wirst du nicht. Im Gegenteil, du wirst ihm ein ausführliches Interview geben für die Gegendarstellung, die er auf mein Geheiß hin schreiben wird. Du wirst jeden winzigen Fakt so darstellen, als wäret ihr verdammt noch mal kurz vor der Ergreifung des Täters. Was ich leider nach wie vor stark bezweifle."

Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Nein, sind wir nicht. Genau genommen... Ist unsere einzige Zeugin vorgestern Nacht ums Leben gekommen."

"Dieser vertraute Geist?", stöhnte Tsunade entnervt. "Wie das denn?"

"Man hat sie vergiftet - was für ein Gift wird gerade untersucht. Sai und ich waren zuerst bei der Autopsie und dann im Krankenhaus, deshalb haben wir noch keine Nachrichten oder so bekommen. Und vermutlich hat der Junge, der uns zum Tatort bringen sollte, uns nicht gefunden... Wir haben uns übrigens mit der Oberärztin gestritten."

"Oberärztin... Ah, ich erinnere mich. Engländerin, ziemlich herrisch, wenn ich mich recht entsinne. Was war mit ihr?"

"Sie weigert sich, Dienstpläne und Medikamentenlisten rauszugeben, sogar, als ich ihr mit einer Razia gedroht habe."

"Ich konnte dieses Weib nie leiden", erklärte Tsunade ungnädig, die in ihren unordentlichen Dokumentenstapeln wühlte, vermutlich auf der Suche nach einem Durchsuchungsbefehl. "Aber schick Sai und Sakura, sie sollen sich zu Ermittlungszwecken mitnehmen, wen sie wollen. Außerdem möchte ich ein Täterprofil, um die Fahndung zu erleichtern - Dabei kann dir wieder Shikamaru helfen, wenn er von seinem Auftrag zurück ist. Mach mir außerdem eine genaue Liste der Opfer und stell die Tatorte in ein Verhältnis, vielleicht ergibt sich ja ein Muster. Denk daran, ich werde die Ergebnisse dem Ältestenrat vorstellen."

"Ich... Ja. Tsunade?", wagte ich vorsichtig zu fragen und redete erst weiter, als sie von dem Dokument aufsah, das sie ausfüllte. "Was soll ich mit Sasuke machen, während ich unterwegs bin?"

Die Hokage setzte sich gerade hin, schob die Finger ineinander und bedachte mich mit einem der Blicke, die es einen bereuen ließen, überhaupt etwas gesagt zu haben. "Das ist dein Problem, Naruto. Ich kann dir im Moment keinen Babysitter für ihn zur Verfügung stellen, wir brauchen alle Sicherheitskräfte, die wir haben. Wenn du nicht mit ihm zurecht kommst, bleibt nur die Möglichkeit, ihn einzusperren, bis du Zeit hast."

Horrorvisionen von grobschlächtigen Häftlingen ließen mich hastig den Kopf schütteln; Sasuke war eindeutig immer noch zu hübsch für das Gefängnis - Und im Moment zu zerbrechlich. Ich bezweifelte zwar nicht, dass er sich selbst verteidigen KÖNNTE, aber er würde es nicht tun, alleine schon, um sein Versprechen, er würde nicht mehr töten, wahr zu machen.

"Nein. Ich komme zurecht" behauptete ich und deutete erneut eine Verbeugung an. "Danke, Hokage-sama."
 

Ich war erleichtert, Sai noch bei Sakura zu Hause anzutreffen, denn ich wäre ungern alleine mit dem Mädchen gewesen - Sasukes schweigsame Anwesenheit zählte dabei nicht wirklich. Sie hielt es wie ich und vermied es, mir direkt in die Augen zu sehen. Vielleicht fänden andere, wir sollten darüber reden, was passiert war, aber so, wie ich die Sache sah, gab es nichts zu besprechen: Wir hatten es getan, weil wir Lust darauf gehabt hatten, da gab es keine tieferen Beweggründe. Es war falsch und ich bereute es und aus. Allerdings fiel es mir im Moment schwer, damit so nüchtern umzugehen wie ich es sollte, denn obwohl es falsch war, wollte ich sie immer noch. Noch ein Grund, sie nicht zu genau zu betrachten, denn ich wollte sie nicht anstarren wie ein hungriger Wolf auf der Jagd.

Die einzig positive Nachricht war, dass zumindest auch meine Teamkollegen noch nicht vorab von dem Vorfall gewusst hatten. Sie reagierten genauso schockiert wie ich und nahmen in schweigender Ergriffenheit meine Anweisungen entgegen, als ich ihnen die Aufträge von Tsunade übermittelte.

Ich beobachtete die drei genau:

Sakuras Gesicht war leicht grünlich und sie sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Die Hand hatte sie verkrampft um Sasukes Ärmel geschlossen. Dieser erwiderte meinen Blick und bei näherem Hinsehen meinte ich sogar, etwas wie Bedauern in seinen sonst versteinerten Zügen zu erkennen, was aber genausogut Wunschdenken sein mochte. Sai war beherrscht wie meistens, doch auch seine Aufmerksamkeit ruhte eher auf den anderen beiden.

"Naruto, alleine brauchst du ewig für das alles, lass uns wenigstens...", fing das Mädchen an.

"Nein, Sakura-chan.", unterbrach ich sie und sah sie zum ersten Mal heute offen an. "Du hast es schon mehrmals gesagt: Das hier ist mein Auftrag, ich habe euch schon zu viel Verantwortung übertragen. Das... Ich..." Die Stimme brach mir weg und ich rieb mir ungeduldig über die brennenden Augen. Heulen half doch jetzt auch nicht weiter, verdammte Scheiße! Ein Rascheln war zu hören und in Erwartung, Sakura wolle mich trösten, wollte ich die Hand auf meiner Schulter wegschieben - Ihr Mitleid hatte das letzte Mal keine guten Folgen gehabt - doch es waren nicht ihre Finger, die mich da berührten. Überrascht sah ich auf in Sasukes Gesicht, der mich kühl musterte, obwohl er offensichtlich versuchte, mich mit einem Schulterdruck aufzumuntern. Komischer Kerl.

"Sie will, dass du genau das machst, was du gerade tust."

"Was...?", fragte ich. Seine Hand, die immernnoch auf meiner Schulter lag, irritierte mich. Nicht, dass er besonders klammerte, es war das schlichte Vorhandensein dieser Berührung, das mir unwirklich vorkam.

"Tsunade; Ich schätze, sie möchte, dass du dich isolierst, weil sie weiß, dass du alleine nicht mit der Aufgabe fertig wirst.", erklärte Sasuke sich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sakura sich mit einem verdatterten Gesichtsausdruck wieder hinsetzte und ich glaubte nicht, dass Sasukes Behauptung sie so schockierte sondern ebenfalls sein Handeln.

"Wie kommst du darauf?", erkundigte ich mich, als ich die Sprache wiederfand, aber der Uchiha hatte sein Sprachpensum für heute wohl aufgebraucht, sodass er lediglich die Schultern zuckte und sich zu dem Mädchen setzte.

"So abwegig ist der Gedankengang gar nicht", warf Sai ein. "In dem Fall ermittelt spätestens seit dem Doppelmord eine Sondereinheit, allerdings wurde das aus Geheimhaltungsgründen bisher nicht offiziel bekannt gemacht. Jetzt möchte Tsunade die Leute beruhigen, was mit einem Spezialteam leichter sein dürfte als mit einer Gruppe, die seit drei Monaten keine Ergebnisse geliefert hat. Die Berichte, die du abgeben wirst, wird sie wahrscheinlich der neuen Einheit geben, um den Eindruck zu vermitteln, sie haben schon gute Ansätze."

Mein Mund fühlte sich ziemlich trocken an und als ich auf meine Hände blickte, merkte ich, dass ich die Nägel in die Tischplatte gegraben hatte. Mit einiger Mühe löste ich sie aus dem Holz und ließ nachdenklich die Finger darüber gleiten, wie um die halbmondförmigen Kerben wieder zu glätten. "Wieso?", knurrte ich leise.

"Nun, zum einen eben, um die Leute zu beruhigen, denke ich.", mischte sich jetzt auch Sakura ein, die Sai einen vorsichtigen Blick zuwarf, ehe sie mich ansah. Ich schluckte hart und unterdrückte den Impuls, es ihr unter dem Tisch mit den Füßen besorgen zu wollen. Jedes Mal, wenn ich sauer wurde, wurde ich so unendlich scharf auf sie, dass es kaum noch zu ertragen war. "Aber vielleicht auf für dich. Ich meine, du hast im Moment mehr Stress als jeder andere - Und zu neigst dazu, dir all das mehr zu Herzen zu nehmen als nötig."

"Mehr als nötig?", fauchte ich heftig. "Dreizehn tote Kinder, das ist mehr als nötig!"

Das Mädchen zuckte zusammen, senkte den Blick und überließ es wieder Sai, zu sprechen. "Das meinte Sakura nicht und das weißt du. Aber es ist doch so, dass du dir persönlich die Schuld an allem gibst, oder? Aber es ist nicht deine Schuld. Die Verantwortung für all die Toten hat dieser Psychophat. Und er wird für das büßen, was er getan hat. Nur... Solltest du dich auf andere Aufgaben konzentrieren, zu deinem eigenen..."

"Ich WILL aber nicht ´zu meinem eigenen Wohl` zu Hause sitzen und Babysitter für Sasuke spielen, während da draußen Menschen sterben!"

"Das ist aber kein Wunschkonzert!", fauchte Sakura zurück und schlug heftig auf den Tisch, wohl von meinem Ärger angestachelt. "Es geht um Menschenleben... Es geht um Sasuke-kuns Leben!"

Ich warf ihr einen vernichtenden Blick zu. "Glaubst du, das weiß ich nicht? Deswegen ist es mir ja so wichtig, mein bestes in dieser Sache zu geben." Ich stand auf und griff nach meiner Jacke, die über der Stuhllehne hing. "Bringt mir die Dokumente so schnell wie möglich. Danach schließt ihr euch den Fahndern an, sobald das Krankenhaus durchsucht wurde", verlangte ich mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete, ehe ich mich umdrehte und ging. Es war mir egal, was er tat, aber zu meiner Überraschung erhob auch Sasuke sich und folgte mir schweigend aus dem Haus.

"Sie wird dir den Fall trotzdem wegnehmen", sagte er, als wir auf der Straße waren.

Ich seufzte tief. "Ja, ich weiß."
 

~ Pride goes before a Fall ~
 

Hallo meine Lieben und danke für eure Geduld! :D

Hier ist also der Rest des Kapitels... Ich sags euch, das war ein Kampf...

Erst hab ich meine Notizen zu dem Kapitel verloren und musste den Anfang noch mal schreiben.

Dann hatte ich keine Inspiration, letzteres zu tun.

Dann hatte ich kein Internet auf meinem alten PC.

Als ich einen neuen PC bekam, stellte ich fest, dass ich darauf kein Word habe.

Also musste ich alles direkt in das Kapitel-Dokument schreiben.

Als ich das vorgestern endlich tun wollte, hab ich es erst geschafft, das Kapitel LEER, also ohne ein Wort darin, loszuschicken - Der Freischalter muss mich für bescheuert gehalten haben... - Und dann habe ich DREI MAL das, was ich schon geschrieben hatte, gelöscht...

UFF!!

Aber: Here we go again! xD

Und ich danke euch für die bisher schon eingegangenen Kommentare, ihr seid so lieb und ich freue mich wie ein Schnitzel über eure Spekulationen! :D

Uhm... Es ist wohl sehr ´delight` geraten, aber freut euch über den winzigen Hauch Shônen-ai am Schluss; Im nächsten Kapitel gibts noch eine Prise davon. Alles zwar sehr langsam, aber nun gut.

Wie hat euch eigentlich der ´Konoha-BILD` Artikel gefallen? Ich fand vor allem die Headline sehr schön und von ´schauriger Schauplatz des Schreckens` bin ich fast schon begeistert. xDDDD
 

Ich kann euch gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, hier fertig zu sein... Und ich bin sogar recht stolz auf das Kapitel. :D

Na ja... Auf Auf, ihr Ermittler, zum nächsten Kapitel. ^^
 

lG SaSi

Acedia ( Sloth )

Die folgenden Tage verschwammen in einem Nebel aus Arbeit zu einem einzigen Sumpfloch aus Dokumenten und Berichten und Analysen und Vermutungen und Fotos, die sich sowieso schon in meinen Kopf gebrannt hatten. Ich sortierte Befragungen, machte Stichpunkte, suchte Verbindungen und Parallelen zwischen den Morden, um den Täter zu verstehen. Shikamaru hätte mir sicher helfen können, aber ich hatte nicht die Kraft, ihn hierher zu bitten. In dieser Zeit sah ich nicht mal Hinata, weil ich vermutete, dass selbst ihre Anwesenheit mich hätte explodieren lassen. Der einzige Mensch, den ich um mich ertrug, war Sasuke, aber der saß sowieso hauptsächlich in seinem Zimmer und wenn er doch mal bei mir war, war er so leise, dass ich ihn meist schon nach wenigen Minuten hatte.

Er hatte aufgehört, spitze Bemerkungen über mich zu machen, was ihn zwar offenbar der Stimme gänzlich beraubt hatte - Er sprach selten mehr als zehn Wörter am Tag - Aber das war mir lieber, weil ich nicht wusste, wie ich reagiert hätte, wenn er weitergemacht hätte wie bisher. Unglücklicher Weise hatte ich mir seinen Essstil angewöhnt, was wirklich eine hundertachtzig Grad Wendung meines Verhaltens war, da ich sonst während der Büroarbeit immer gedankenverloren tonnenweise Süßkram in mich gestopft hatte. Jetzt bestand mein Vorrat an Lebensmitteln aus drei Packungen Fertig-Ramen, einer halben Schachtel muffiger Cornflakes und ein paar Scheiben Brot aus der letzten Woche.

Darüber, dass ich mich nicht an Sasukes Ernährungsplan hielt, erwähnte ich in seinem zweiten Statusbericht, den ich zusammen mit den anderen Dokumenten bald abgeben würde, lieber nichts. Außerdem nahm er weder ab noch zu, was ich einfach mal als positiv wertete; Sobald ich wieder Zeit hatte, würde ich mich um sein Essverhalten kümmern.

Im Moment brütete ich über den Aufnahmen des Verhörs des sogenannten Pärchens, das die Leichen der Kinder gefunden hatte.

Es war offensichtlich, dass die ´Dame` gar keine solche war, so, wie sie Kaugummi kaute und mich abschätzig musterte aus ihrem müden, eingefallenen Gesicht. Ich bin mir nicht sicher, ob sie überhaupt wirklich mitbekommen hatte, was passiert war oder ob sie sich ihr Mitleid weggesoffen hatte, jedenfalls schien sie der Tod dieser Menschen kaum zu kümmern.

"Was haben Sie getan, bevor Sie die Leichen gefunden haben?", hatte ich wissen wollen, nachdem ich die Personalien aufgenommen hatte. Das Aufnahmegerät, von dem ich gerade die Aussage abhörte und abschrieb, hatte zwischen uns auf dem Tisch gelegen und leise gesurrt. Man hörte ein Knallen - Das Platzen einer Kaugummiblase. Sie hatte die Brauen hochgezogen, die Schultern gezuckt, aber nicht geantwortet. Ich hörte mich selbst tief seufzen: "Hatten Sie Sex?"

"Berufsgeheimnis." Eine weitere Blase beendete lautstark aufbegehrend ihr kurzes Dasein.

"Hören Sie, Sie sind eine Verdächtige für einen Massenmord, also geben Sie sich lieber etwas mehr Mühe mit Ihrem Alibi. Hier geht es nicht um Ihre Arbeit... Miss."

Nachdenklich runzelte sie die Stirn, dann hatte sie erneut die Achseln gehoben. "Nö, wir haben nicht gefickt. Er wollte in das Lagerhaus. Hat gemeint, draußen in der Kälte kriegt er keinen hoch." Der nächste Knall klang in meinen Ohren genauso abfällig wie die Stimme der Zeugin.

"Aha... Beschreiben Sie bitte, wie Sie die Toten gefunden haben.", verlangte ich betont nüchtern.

"Na ja, wir waren halt so am rummachen, als mein Kunde meinte, er wolle wohin, wo´s etwas geschützt ist. Wir waren zuerst zwischen den Bäumen, weißte, die Fabrik steht ja in nem Wald... Logisch, war ja auch mal nen Sägewerk." Sie sah mich fragend an und ich bestätigte mit einem Nicken, bedeutete ihr dann aber mit einer Handbewegung, weiter zu sprechen, wodurch auf der Aufnahme eine kleine Pause entstanden war. "Jaa... Zuerst haben wir die Kleinen halt wegen den Bäumen nich gesehen, aber als wir um die Ecke kamen... E-Es hat ekelhaft gestunken und wir dachten erst, da feiern nen paar Teenies oder jemand verbrennt illegal seinen Müll oder so, aber dann ham wir die kleinen Körperteile gesehen und halt die Polizei gerufen." endete sie leicht atemlos.

"Haben Sie am Tatort irgenjemanden gesehen? Einen Mann vielleicht?"

Beim Schütteln ihres Kopfes zerplatzte die erstaunlich große Kaugummiblase, die sie zuvor produziert hatte. "Wir warn allein."

"Danke, Miss. Bitte halten Sie sich für weitere Rückfragen unsererseits bereit." Ich erhob mich, das Kratzen der Stuhlbeine auf dem Lenoleumboden war zu hören, dann Schritte und schließlich die sich öffnende Tür, doch die Frau zögerte und ich erinnerte mich noch genau an die erste Emotion, die ihre Augen zeigten: Angst.

"Ihr findet den Spinner, oder?"

"Natürlich.", hatte ich gelächelt und sie aus dem Verhörsaal bugsiert. "Das ist mein Job."
 

Mit dem Mann war es nicht so einfach gewesen, denn er hatte Schock und Panik nicht mit Drogen unterdrückt. Er hatte so lange, bis man ihn mit einer Packung Beruhigungsmitteln nach Hause geschickt hatte, geheult. Am nächsten Tag hatte er sich genug eingekriegt, um mir etwa dasselbe wie die Frau zu erzählen. Sie hatten die Toten gegen vier Uhr Morgens gefunden, da waren diese durchschnittlich schon etwa drei Stunden tot, wie ich aus der Pathologie wusste. Wir hatten die Knochen noch nicht ihren Familien zugeordnet, aber Gentests mit den Familien, die in besagter Nacht Kinder verloren hatten, würden Aufklärung bringen.
 

Ich starrte die Pinnwand in meinem Büro an, an denen die Fotos von sechzehn grausam ermordeten Menschen hingen. Das tat ich schon eine Weile, während die Aufzeichnung des Verhörs mit dem Mann weiter lief.

Ich war einfach nicht fähig, weiter an meinem Bericht zu arbeiten, es kam mir schon zu anstrengend vor, auch nur zu atmen.

Sechzehn Tote.

Sechzehn Menschen mit Müttern, Vätern, Tanten, Onkeln, Geschwistern, Großeltern, Freunden, Kollegen, Kindern, die jetzt alle trauerten. Die Schuld für all das Leid schien mich zu erdrücken. Ich lag mit dem Gesicht auf die Tischplatte gepresst da, rührte mich keinen Millimeter, während der Freier aus dem Aufnahmegerät schniefend den großen Kohlehaufen beschrieb, den er in der Nacht gefunden hatte.

Ich hätte auch gerne geweint, aber diese Erleichterung hätte ich nicht verdient.

Wie lange ich reglos dagelegen hatte wusste ich nicht - Die Aufnahme hatte jedenfalls schon lange geendet - Doch irgendwann erhob ich mich mühsam. Ich durfte jetzt nicht zusammenbrechen. Ich hatte Verantwortung, nicht nur für den Fall und für Sasuke, sondern auch für Sakura. Wenn ich jetzt nämlich aufgäbe, würde mein Schützling zu ihr ziehen - Und ich wollte nicht, dass auch noch sie an ihm zerbrach.

Sasuke saß im Wohnzimmer und las, als ich in den spartanisch möblierten Raum trat. Dabei kniff er die Augen fest zusammen und legte die Stirn in konzentrierte Falten, die sich erst glätteten, als er aufblickte und mich erkannte.

"Bist du fertig?", wollte er wissen.

"Hat Sakura-chan dir das gegeben?" Ich deutete auf das Buch in seiner Hand. Über meine Arbeit wollte ich gerade nicht sprechen und wahrscheinlich würde ich es später auch nicht wollen.

Er musterte mich, ging aber ohne weitere Nachfragen auf meinen Themawechsel ein: "Ja. Ich habe noch nie so einen Mist gelesen."

"Mh...? Worum geht es denn?", fragte ich und machte die Cola auf, die ich zuvor aus dem sonst fast leeren Kühlschrank geholt hatte. Ich musste wohl mal wieder einkaufen.

"Glitzernde Vampire.", war die mehr als knappe Inhaltsangabe des Buches, das jetzt zugeklappt und auf den Tisch gelegt wurde. Ich schmunzelte; Sakura war schon immer hoffnungslos romantisch gewesen, aber das?

"Verstehe... Sorry, ich hab nicht so viele Bücher."

"Das erklärt vieles."

Überrascht zog ich eine Braue hoch; War das so etwas wie ein Witz? "Und was, zum Beispiel?"

"Nun, etwa deine mangelnde Motivation, die Berichte zu schreiben und die einseitige und unkreative Grammatik."

"Glaubst du, die Mordberichte würden sich mit ein paar glitzernden Vampiren besser lesen?" Der Galgenhumor war nicht zu überhören und ich fragte mich, wann ich unter die Zyniker gegangen war.

"Vielleicht ist es in deinem Fall nicht essentiell, aber ein ausgefeiltes Sprachbild zeugt auf jeden Fall von Kompetenz und würde deiner geistigen Verarmung vorbeugen."

Kurz starrte ich ihn verdattert an, dann lachte ich, zum ersten Mal seit Wochen ehrlich. "Vielleicht bist du auch ein essentieller Klugscheißer."

"Du weißt nicht mal, was das Wort bedeutet. Der Satz, so, wie du ihn gerade gesagt hast, würde heißen, dass ich ein lebenswichtiger Klugscheißer bin.", erklärte Sasuke nüchtern, doch ich lächelte nur herausfordernd.

"Und was, wenn ich weiß, was das Wort heißt?"

Sasuke musterte mich, lehnte sich auf der Couch etwas vor. "Ausnahmen bestätigen die Regel."

"Aha? Und ist das noch eine Ausnahme, dass du Frauenromane ließt, oder doch eher schon die Regel?"

"Da du genau zwei Bücher dein eigen nennst und ich alleine nicht hier raus darf, blieb mir nichts anderes übrig." Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber in der betont emotionslosen Stimme meines Mitbewohners schwankte schon ein Hauch von Missmut mit, was mich zum Grinsen brachte.

"Pfff... Ich wette, eigentlich bist du ein riesen Fan.", behauptete ich rotzfrech und besah mir den Einband des Wälzers, ehe ich mir damit Luft zufächelte und wieder mein Gegenüber anblickte. "Aber ich muss sowieso einkaufen: Wenn du willst, können wir in einer Buchhandlung Halt machen."

"Du willst echt raus?"

"Von wollen kann nicht die Rede sein. Aber ich muss, wir haben nämlich nichts mehr zu Essen."

Daraufhin nickte er nur und wandte sich seinem Buch zu. Ich beobachtete ihn einen Moment irritiert und wollte dann aufstehen, bemerkte aber, dass mir die psychische Kraft dazu fehlte. Es erschien mir unendlich mühsam, jetzt aufzustehen, mich anzuziehen und das Haus zu verlassen - Vor allem für etwas Banales wie Essen, wo ich doch seit Tagen kein echtes Hungergefühl mehr hatte. Es dauerte ewig, bis ich meine Cola ausgetrunken hatte und auch danach saß ich eine Weile einfach so herum, ohne irgendetwas zu tun. Ich konnte einfach nicht mehr, drei Monate Dauerstress forderten ihren Tribut.

Ich hörte, wie Sasuke eine Seite nach der anderen umblätterte und fragte mich träge, wieso er trotz seiner schlechten Augen so schnell lesen konnte. Tsunade hatte schon ziemlich am Anfang seines Aufenthalts, als seine körperlichen Wunden verheilt waren, seine schwindende Sehkraft diagnostiziert und ihm eine Brille verordnet, doch die lag unberührt in einer Ecke. Er weigerte sich, sie zu tragen und ich ließ ihn damit in Ruhe, denn immerhin war Eitelkeit eine Regung seines alten Charakters.

Genauso, wie er sich weigerte, die Sehhilfe zu tragen, weigerte ich mich gearde, am aktiven Leben teilzunehmen, wie mir in dem Moment bewusst wurde.

Seufzend kämpfte ich mich auf die Beine, auch Sasuke erhob sich, ohne ein Kommentar, als hätten wir unseren Aufbruch vor ein paar Sekunden erst beschlossen. Wir schwiegen, weil es nichts zu der Situation zu sagen gab, verstanden uns ohne Worte; Wir waren alle beide fertig mit der Welt, er nur schon viel länger als ich, und die Aussicht darauf, mich in ein paar Monaten auch noch wie ein wertloses Stück Scheiße zu fühlen, machte mir Angst.

In der Stadt war viel los, weil in drei Tagen Weihnachten sein würde, was ich zwischen den Berichten völlig vergessen hatte. Es wäre mein erstes Weihnachten mit Freundin. Aber wir hatten nichts ausgemacht und ich wusste nicht, ob sie mich überhaupt sehen wollte, immerhin hatten wir uns während der letzten fünf Tage kein einziges Mal gesehen und davor auch eher mäßig Kontakt gehabt. Dass es bei uns nicht so gut lief war mir klar, aber ich wollte Hinata eben, genau wie Sakura, vor Sasukes selbstzerstörerischem Einfluss beschützen. Außerdem fand ich nach wie vor, er wäre noch nicht bereit für Streitgespräche und das würde unweigerlich passieren, wenn ich Hinata als meine Freundin vorstellte. Nicht, weil sie seine Anwesenheit missbilligte - Sie war für alles, was mich glücklich machte - Sondern viel mehr, weil ich bissige Bemerkungen vonseiten meines Schützlings erwartete und diese bezüglich meines Mädchens keinesfalls dulden würde.

Die Buchhandlung, die wir besuchten, war rammel voll und eigentlich hatte Sasuke keine Ahnung, was für eine Art Buch er lesen wollte, sodass wir durch den ganzen Laden stromerten. Am Ende warteten wir mit einem riesigen Stapel Bücher, der mich ein Vermögen kostete, eine halbe Stunde lang an der Kasse, aber irgendwie ging es mir, als ich mit einer dicken Tüte voller Krimmis, Fantasy-Romanen, Thrillern und Sachbüchern neben Sasuke durch die Straßen lief, wieder besser. Es war mir egal, ob das an der begahlichen Annonymität der Weihnachtskonsumenten lag, an dem einfach guten Gefühl, Geld auszugeben oder an dem warmen Gebäck und dem Glühwein, die ich uns am Rand eines Weihnachtsmarktes kaufte, Hauptsache, die Reglosigkeit verschwand aus meinen Gliedern.

Wir kauften viel zu viel ein und kochten Mengen, die unter anderen Umständen eine Kleinstadt hätten ernähren können, aber auch das war in Ordnung, ich hatte nämlich Riesenhunger nach einer Woche Zwangsdiät. Selbst Sasuke aß erstaunlich viel, als wir es uns mit Töpfen, Pfannen und Schüsseln auf der Couch bequem gemacht hatten. Nein, dachte ich und lehnte mich gemütlich zurück, um den Fernseher einzuschalten, heute mache ich die Berichte nicht mehr fertig. Alles, was mir jetzt noch zu meinem Glück gefehlt hätte, wäre Hinata, aber auch darum würde ich mich am nächsten Tag kümmern, wenn ich Sasuke bei Sakura abgegeben hatte - Mit der ich eigentlich wohl auch noch ein Gespräch führen sollte. Und dann würde ich auch Sasuke von meiner Freundin erzählen und...
 

Ich wachte mitten in der Nacht plötzlich auf und wusste nicht, wo ich war. Dann erinnerte ich mich an unser Abendessen vor dem Fernseher, der mich mit einem lauten Geräusch wohl geweckt hatte; Ich lag immer noch im Wohnzimmer. Die Bilder, die über den Schirm flackerten, tauchten das Zimmer in ungleichmäßiges Licht, doch es reichte, um zu erkennen, dass sich noch eine Person im Zimmer befand - Und sie sah mich an.

Das Glitzern, welches das unnatürliche Flimmern des Fernsehers in Sasukes Augen warf, jagte mir eine Gänsehaut den Rücken runter. Irritiert von der abwehrenden Reaktion meines Körpers setzte ich mich auf und fuhr mir verschlafen durch die zerstrubbelte Mähne. "Voll eingepennt... War wohl zu viel der Völlerei.", lächelte ich und tastete nach dem Lichtschalter.

"Das ist eine Todsünde."

"Häh?", machte ich, im selben Moment, in dem ich das Licht anknipste.

"Vergiss es.", knurrte Sasuke, vom Licht geblendet, und erhob sich. Sein Shirt war hochgerutscht und bevor er es runterschieben konnte, erhaschte ich einen Blick auf seinen bloßen Bauch, der zwar nicht mehr ganz so ausgemergelt wie vor ein paar Wochen, aber noch immer dürr genug war.

Als er meinen Blick bemerkte, wurde sein Gesichtsausdruck kalt. "Ich gehe ins Bett."

"Möchtest du ein bisschen trainieren?", fragte ich plötzlich, als er schon fast aus dem Raum war. "Also... Morgen, meine ich."

Mein Schützling wirkte erstaunt, nickte dann aber langsam, ehe er sich endgültig zurückzog. Ich brachte ein halbes Lächeln zustande, dann erhob und streckte ich mich ausgiebig. Mal sehen, ob wir nicht doch den alten Uchiha aus ihm herauskitzeln konnten!
 

Nur wenige Stunden später war ich bereits wieder wach, denn ich hatte einiges vor.

Im Moment war ich mit der Fertigstellung des Berichtes beschäftigt, den ich anschließend Tsunade und den ANBU aushändigen würde, die jetzt für den Fall verantwortlich waren. Während ich danach unterwegs sein würde, um zuerst zu tun, was auch immer die Hokage mir auftragen mochte und dann meine Freundin zu besuchen, würden sich meine beiden besten Freunde gemeinsam die Zeit vertrieben. Am späten Nachmittag würden Sasuke und ich dann das geplante Training absoliveren, wozu ich mir noch ein paar Tipps von meiner Chefin erhoffte, immerhin wollte ich nicht, dass mein Schützling kollabierte.

Der Tag Pause gestern hatte mir gut getan; Ich fühlte mich zwar bisweilen noch immer unkonzentriert, aber zumindest schaffte ich es, meinen Bericht zu verfassen, ohne stundenlange Pausen, in denen ich mich nicht einen Millimeter bewegte. Ich heftete alles ordentlich ab, dann betrachtete ich den dicken Ordner, in dem nichts stand außer Spekulationen. Seufzend machte ich mich auf den Weg zu Tsunade, wobei ich die übervollen Wege mied, die ich am letzten Tag mit Sasuke genommen hatte; Sakura hatte ihn bereits abgeholt. Trotz der Vorsichtsmaßnahme wurde ich vor dem Hokage-Anwesen von einer Menschenmenge empfangen, welche die Tür blockierte und nur mit Mühe von einer Reihe von Wächtern zurückgehalten werden konnte.

Verwirrt versuchte ich, mich durch das Gedränge zu quetschen, bis das Unvermeidliche geschah und ich jemanden anrempelte. Unter Entschuldigungen wollte ich mich weiter schieben, doch der Mann packte mich am Unterarm.

Ich hätte mich wohl losmachen können, ließ es aber erst mal und blickte ihn fragend an. "Kann ich Ihnen...?" fing ich an, konnte aber nicht zu Ende fragen.

"Du bist doch dieser Uzumaki, oder?" Die Leute in der Nähe wandten sich mir zu und langsam setzte statt der lauten Protestrufe unruhiges Gemurmel ein, das mich weit mehr beunruhigte als die Schreie. Der Mann vor mir schupste mich an der Schulter ein Stück zurück. "Traust dich ja ganz schön was, hier aufzutauchen."

Betont sanft machte ich mich von ihm los und lächelte. "Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen."

"Schieb dir deine Höflichkeiten sonst wo hin! Das beschützt meine Kinder auch nicht besser!", keifte der Demonstrant, sodass ich zumindest wusste, was der Aufruhr hier sollte. Schlechtes Gewissen brannte mir in der Kehle wie starker Schnaps.

"Wir tun wirklich unser Bestes, Sir, aber..."

"Euer Bestes sind sechzehn Tote?!" blaffte mich ein anderer Mann an. Inzwischen war ich der Mittelpunkt des Protestes und fühlte mich in dieser Rolle denkbar unwohl. Jemand rempelte mich von hinten an, verbarg sich dann aber in der inzwischen wieder rasenden Menge. Viele Beschimpfungen waren zu hören und ich spürte, dass die Stimmung gleich kippen und es zu einer Schlägerei kommen würde, als sich drei der Torwachen zu mir schoben, um den Mob etwas zurück zu drängen.

"Alles klar?" fragte einer der Männer, den ich vom Sehen kannte. Ich nickte, angespannt wegen der noch gegenwärtigen Gefahr durch die Menge, welche sich etwas zurückgezogen hatte, jetzt, wo wir zu viert waren; Sie hatten einen natürlichen Respekt, der nicht zuletzt auf Angst basierte, wenn es um Shinobi ging. "Komm, wir bringen dich rein."

Gemeinsam kämpften wir uns einen Weg zur Tür, von der die anderen Shinobi die Zivilisten nur mühsam zurückhalten konnten. Ich sah eine Frau weinend zusammenbrechend und wollte ihr helfen, doch der Mann, mit dem ich gerade ein paar Worte gewechselt hatte, fasste mich an der Schulter, schüttelte den Kopf; Es sei zu gefährlich, ich solle lieber verschwinden, nachher wäre es auch besser, ich würde das Gebäude durch den Hinterausgang verlassen. Wiederwillig fügte ich mich und schlüpfte in das Anwesen. Von draußen waren noch gedämpft die Stimmen der Demonstranten zu hören, doch als ich die erste Treppe erklommen hatte, war es ganz still auf den leeren Fluren. Ich begegnete keinem einzigen Kollegen auf dem Weg in das Büro der Hokage und auch davor standen keine Wachen. Es gefiel mir nicht, dass Tsunade auf diese Sicherheitsmaßnahme verzichtete, aber es war wohl die richtige Entscheidung, immerhin wurden die Männer und Frauen ihrer Leibgarde für die Überwachung der Zivilisten gebraucht - Und sie hatte ja noch Shizune.

Die junge Assistentin war nicht die einzigste, die ich außer meiner Chefin noch im Büro Letzterer antraf. Drei ANBU standen vor dem Schreibtisch, eine Frau mit Wolfsmaske und dunkelgrünem Haar, eine zweite mit Adlermaske und hellbrauner Kurzhaarfrisur und ein als Tiger maskierter Mann mit schwarzem Zopf.

Ich gab mir keine Mühe, überrascht zu wirken oder meine Verärgerung zu verbergen.

"Naruto.", begrüßte mich Tsunade, die meinen wütenden Blick gelassen erwiderte. "Wir haben schon auf dich gewartet."
 

~ ♥ ~
 

Hey meine Lieben! :D

Da es letztes Mal so lange gedauert hab, dachte ich mir, ich beeile mich dieses Mal ein wenig und ´schenke` euch noch was zum Abschluss des Jahres. ^^

Ich wünsche euch schöne Weihnachten ( heute ist ja noch ein Weihnachtsfeiertag... <.<° ) Und einen guten Rutsch! :D
 

lG SaSi

Ira ( Anger )

~ Don´t hate the Player but the Game ~
 

"Ich nehme mal an, dass ich die da..." Ich nickte in Richtung der drei Kollegen, welche ich keines weiteren Blickes mehr würdigte. "Gar nicht erst raus bitten muss, weil die Berichte sowieso für sie sind." endete ich und knallte den Ordner auf Tsunades Schreibtisch.

"Richtig geraten. Naruto, das sind Usagi Yumiko, Kaoro Takabayashi und Hayato Umi, die von jetzt an die Mordfälle übernehmen. Wir sind dir sehr dankbar für deine Arbeit und vertrauen weiterhin auf deine Unterstützung, sind aber dennoch der Meinung, dass du dich jetzt besser um deine Aufsichtspflicht kümmerst und die Hauptarbeit den dreien überlässt."

"Ist klar. Ich darf die ganze Scheißarbeit machen und werde vor der Öffentlichkeit als Versager dargestellt, damit die hier so tun können als wären sie die großen Helden. Ich wurde gerade vor der Tür angepöbelt und hab eigentlich keinen Bock auf den Mist, Hokage-sama." Die eigentlich respektvolle Anrede klang bei mir herablassend.

"Jetzt beruhige dich mal." wandte die Grünhaarige, Usagi, ein, doch ich hatte keine Lust, ihr zuzuhören.

"Vergiss es, ich bin raus. Die Berichte haben Sie ja." fauchte ich und wollte aus dem Büro, doch da stand ein schmächtiger Mann in der Tür, den ich nicht hatte hereinkommen hören. Ich knurrte ihn an, damit er Platz machte, und er wich tatsächlich etwas zurück. Offensichtlich hatte er Angst vor mir, was mir in dem Moment enorme Befriedigung verschaffte, obwohl der andere fast einen Kopf kleiner als ich und schmaler gebaut war, von fehlenden Armmuskeln ganz zu schweigen.

Bevor ich jedoch verschwinden konnte pfiff die Chefin mich zurück: "Ein bisschen wirst du schon noch bleiben müssen, Naruto. Du hast den Zeitungsbericht von letztens gelesen und ich sagte dir ja bereits, dass du dich um die Gegendarstellung kümmern wirst. Nun, das ist der Autor."

"Seishiro Misami, sehr erfreut." lächelte der Stumpen von einem Schriftsteller, zog aber bei meinem Gesichtsausdruck, in dem nichts als tiefe Verachtung lag, schnell die Hand zurück.

"Können das nicht die drei machen? Ist doch jetzt ihr Job." gab ich mit patzig verschränkten Armen zurück.

"Sie werden ihren Teil dazu sagen, genauso wie ich, also stell dich nicht so an. Sie können anfangen, Misami."

Der Genannte, wieder lächelnd, stellte ein Aufnahmegerät auf den Tisch, machte es sich auf der Tischkante bequem, was sogar den ANBU zu missfallen schien, doch das bemerkte der Reporter anscheinend nicht. "Nun, Naruto. Ich darf Sie doch Naruto nennen? Gut." fuhr er fort, ohne auf meine Antwort zu warten. "Erzählen Sie von Ihren Ermittlungen... Bitte."

Ich schluckte meine Abneigung gegen den Mann herunter und fasste möglichst nüchtern alles zusammen, was ich bisher unternommen hatte, um den Mörder zu fassen und die Bevölkerung zu schützen. Dabei ließ ich aus, dass ich verletzt worden war, doch Seishiro fragte mich direkt. Tsunade hatte ihm wohl davon erzählt und ich warf ihr einen finsteren Blick zu, weil es mir wiederstrebte, mich als tragischen Helden darzustellen, trotzdem berichtete ich auch davon artig. Nach einer gefühlten Ewigkeit war ich fertig und die ANBU wurden befragt, danach Tsunade und schließlich schaltete der Kerl sein Gerät endlich aus.

"Nun, daraus sollte sich etwas machen lassen." lächelte der Reporter und stand auf. "Danke für die Auskünfte, meine Lieben."

"Sie sollen nichts ´daraus machen`, Misami, sondern einfach die Wahrheit schreiben." wies Tsunade ihn scharf zurecht, dann entließ sie den Zeitungsangestellten und mich, um noch einige Anweisungen an die neue Truppe zu geben. Ich war immer noch gereizt und brauchte dringend Bewegung, um mich abzureagieren, aber Misami plauderte fröhlich vor sich hin während wir durch die Flure liefen.

"Wissen Sie, Sie nehmen das alles viel zu Ernst. Die Bürger sehen das alles gar nicht so krass und auf das, was in der Zeitung steht, gibt doch eh niemand was. Die Aufregung legt sich schon und dann..."

Plötzlich riss mir der Geduldsfaden, ich packte den Dummschwätzer am Kragen und drückte ihn heftig gegen die Wand. "Und dann ist alles wieder gut? Leben die sechzehn Menschen dann wieder, ha?! Haben die Eltern ihre Kinder dann zurück?!" fauchte ich. "Sie wiedern mich an mit ihrem belanglosen Gewäsch, vor allem aber, weil sie damit auch noch Macht haben. Es gibt nämlich mehr als genug Menschen, die etwas auf Ihren Plunder geben - Den Mörder eingeschlossen. Für den dürfte Ihr Artikel geradezu eine Lobeshymne sein, die sein krankes Ego krault. Aber das ist Ihnen scheißegal, solange Sie damit Geld verdienen, oder?" Ich spuckte ihm ins Gesicht, ließ ihn los und wandte mich ab. "Sie hätten es verdient, mal so richtig verprügelt zu werden... Aber das werde ich nicht tun, sonst hätten Sie nur wieder was für Ihr Schundblatt."

"So leicht ist das alles nicht, Uzumaki." rief er mir nach. "Ich muss auch eine Familie ernähren."

Doch ich hörte ihm schon nicht mehr zu.
 

Hinata saß in ihrem Zimmer und kämmte sich, als ich bei ihr ankam. Sie zuckte erschrocken zusammen wegen des Klopfens an ihrer Fensterscheibe, öffnete aber und ließ mich rein. Meinen Kuss erwiderte sie nur zögernd, dann wich sie auch direkt von mir zurück als habe sie sich verbrannt, eine Reaktion, die weh tat, aber verständlich war.

"Was willst du?" fragte sie leise, den Blick abgewandt.

"Hinata, es tut mir leid, wie es in der letzten Zeit gelaufen ist." flüsterte ich und nahm vorsichtig ihre Hand, woraufhin sie zu mir aufsah. Sie sah so abgespannt aus wie ich mich fühlte und zum ersten Mal realisierte ich, dass diese Fälle uns alle betrafen - Durch zusätzliche Wachschichten, Stadtinterne Sondermissionen, Hausdruchsuchungen, Leibgarden - Und ich vermutlich der Einzige war, der daraus so ein Drama machte. Das war mir peinlich und ich bekam ein schlechtes Gewissen. "Können wir draußen reden?"

"Fräulein Hyuuga? Ist alles in Ordnung? Ich höre Stimmen aus Ihrem Zimmer." fragte eine Stimme draußen, wohl die einer Bediensteten.

"Sch-Schon in Ordnung, d-dass ist das Radio." log meine Freundin errötend, ehe sie sich mir zuwandte. "Geh jetzt bitte..."

"Wir treffen uns in zwei Stunden an der Straßenecke, in Ordnung?" sagte ich drängend und sie lächelte zum ersten Mal heute ihr kleines, schüchternes Lächeln. Ich war wie immer hin und weg und nickte nur, ehe ich sie nochmal küsste. "Ich liebe dich..." raunte ich ihr zu.

"Ist wirklich alles in Ordnung, Fräulein?"

"Aber ja, ich komme gleich." versicherte Hinata laut, mir flüsterte sie eindringilich "Ich liebe dich auch... Und jetzt geh." zu, ehe sie sich von mir löste. Gehorsam sprang ich aus dem Fenster und winkte ihr von der Straße aus zu, als sie die Läden wieder zuzog. Sie war mir nie schöner vorgekommen als in diesem Moment, als der Wind ihr das lange Haar um den schlanken Hals wehte und sie mir zulächelte, ehe sie sich hastig abwandte.
 

Sakura starrte mich über den Tisch hinweg an, das Schweigen stur aufrecht erhaltend, das uns seit mehreren Minuten trennte. Es war das erste Mal, das wir alleine waren, seit unserem Ausrutscher und wir fühlten uns beide äußerst unwohl. Fast schon wünschte ich mir, Sasuke wäre nicht im Krankenhaus, wo sein Gesundheitszustand durchgecheckt wurde. Aber er wäre uns wohl kaum eine Hilfe gewesen und das, was wir zu besprechen hatten, war sowohl dringend als auch privat - Und besonders viel Zeit hatte ich auch nicht, immerhin würde ich in knapp eineinhalb Stunden meine Freundin sehen und hoffentlich meine Beziehung kitten.

"Hör zu..." fing ich schließlich unbeholfen an. "Das mit Letztens..."

"Hast du mit Hinata darüber geredet?" unterbrach die Haruno mich. Ihre grün lackierten, langen Nägel trommelten auf der Tischplatte und ich fragte mich, nicht ohne Schuldbewusstsein, wie sie sich anfühlen würden, wenn sie sich in meinen Rücken krallen würden.

"I-Ich... Nein." stammelte ich, verwirrt und reumütig. Die Krankenhauscafeteria, in der wir saßen, und die an sich ein kühler Ort war, kam mir plötzlich überhitzt und stickig vor und alle Anwesenden schienen mich anzustarren. "Ich wusste nicht, was du darüber denkst."

"Es ist besser, wenn du ihr nichts davon erzählst. Was passiert ist... War ein dummes Versehen und ein Fehler. Der Stress, der Alkohol... Das hatte nichts zu bedeuten... Es hatte doch nichts zu bedeuten, oder?" suchte sie nochmal Bestätigung und sah mir dabei so fest in die Augen, wie nur sie es konnte. Ich konnte in ihrem Blick lesen, dass sie wollte, dass es kein dummer Fehler war und dass es ihr unter all der Stärke, die sie demonstrierte, sehr weh tat, das zu sagen. Aber ich konnte nicht für sie lügen, dieses eine Mal nicht, nicht, wenn das bedeutet hätte, den wichtigsten Menschen in meinem Leben zu verletzen.

"Nein, das hatte es nicht." flüsterte ich traurig. Drei Jahre zuvor wäre ich gestorben für so eine Reaktion von ihr und jetzt wies ich dieses wunderschöne, starke, liebevolle Mädchen einfach so ab? Irgendetwas musste falsch sein mit mir. "Ich liebe dich - So, wie man seine erste Liebe immer lieben wird. So, wie man eine Schwester liebt... Na ja, eine absolut heiße Schwester." grinste ich und jetzt lachte Sakura. Ich genoss es, diese Art Aufmerksamkeit von ihr zu bekommen anstatt eine Ohrfeige für das Kompliment.

"Du siehst inzwischen auch ziemlich gut aus." gestand das Mädchen leise, was mich gleichermaßen zum Grinsen und zum Erröten brachte, doch Sakura seufzte und sah in ihren wassrigen Cafeteria-Kaffee. "Was wohl gewesen wäre, wenn ich das früher - Vor Hinata - Bemerkt hätte...?"

"So war´s halt aber nicht." gab ich scheinbar gelassen, kalt, zurück. "Für dich gab´s immer nur einen... Und das ist noch immer so." Das war ein heikles Thema, aber ich hatte es schon länger ansprechen wollen und jetzt schien mir nicht der schlechteste Monent, zumal ich das dünne Eis unseres Flirts verlassen wollte.

Sakura seufzte, nahm einen Schluck Kaffee und sah aus dem schmutzigen Fenster in den Krankenhausvorgarten, über welchen vereinzelt Menschen spazierten. "Das ist lange her... Und er nimmt mich noch weniger als damals."

"Er nimmt im Moment niemanden wirklich war." versuchte ich sie zu trösten. "Sasuke muss gerade erst mal mit sich selbst klar kommen und das kann eben dauern. Danach ist er vielleicht irgendwann wieder fähig, sich für andere zu interessieren... Na ja, soweit er dazu jemals im Stande war."

"Für dich interessiert er sich aber." wandte die Kunnoichi leise ein und nickte auf meinen verdutzten Blick hin bestätigend. "Er fragt immer, wo du bist und wie lange es dauert, wenn du ihm das nicht gesagt hast und auch so redet er wenn überhaupt nur über dich. Ich schätze, er hat dich völlig als Bezugsperson akzeptiert."

Sakuras unglückliches Lächeln schmerzte mich, vor allem, weil ich diese ersten Regungen von Zuneigung gar nicht verdient hatte, so oft, wie ich ihn zu Harunos abschob. Andererseits freute mich die Nachricht auch wahnsinnig und jetzt würde ich ja wieder mehr Zeit haben, dem Stellenwert in Sasukes Leben gerecht zu werden.

"Na ja, so war das auch gedacht. Aber ich frage mich, ob er mich noch als Freund sieht oder eher als Haushälter."

"Netter Versuch, aber er hat auch erzählt, dass er aufräumt und kocht." schmunzelte Sakura, die sich erhob, weil eine Arzthelferin uns gerufen hatte. Man erzählte uns, dass Sasukes Werte stabil seien, welche Medikamente er nicht mehr brauchte und das er immer noch Untergewicht hatte, also alles in allem nichts neues. Ich fühlte mich etwas wie ein Vater beim Kinderarzt, so, wie Sakura neben mir stand und man uns über unseren Schützling unterrichtete, was ein seltsames Bild war, immerhin war Sasuke ein erwachsener Mann und noch dazu einige Zentimeter größer als ich. Man schien recht zufrieden mit meiner Fürsorge und entließ uns wenig später mit der Erlaubnis, leichte Sportübungen auszuprobieren.

"Waren alle nett?" fragte ich im Voyer etwas zerstreut, weil ich mich beeilen musste, um pünktlich zu sein.

Als Antwort bekam ich ein knappes Nicken und ein "Bist du jetzt noch unterwegs?" als Sasuke meine ständigen Blicke auf die Uhr bemerkte.

Ich sah ihn schuldbewusst an. "Tut mir leid... Ist es ok, wenn du noch ein paar Stunden bei Sakura-chan bleibst? Unser Training steht aber!"

Kurz meinte ich, etwas wie Zorn in seinem Blick flackern zu sehen, doch gleich darauf waren seine Augen so emotionslos wie sonst und ich war mir nicht sicher, ob ich es mir nur eingebildet hatte. "Es wird früh dunkel, also beeil dich." erwiderte Sasuke kühl, ehe er sich abwandte und in Richtung von Sakuras Haus davonstapfte. Die Haruno und ich sahen uns verwirrt an, dann zuckte das Mädchen die Schultern und folgte dem Uchiha. Normalerweise hätte ich ihn wegen dieser beleidigten Reaktion zur Rede gestellt, aber das musste jetzt eben warten.

Hinata kam gerade aus der Straße vor dem Anwesen ihrer Familie als ich angerannt kam. Sie trug hohe, schwarze Stiefel, mit denen sie mir etwa zur Nase reichte, ein blaues Kleid, das ich ihr geschenkt hatte - Auf Sakuras Anweisung hin -

Und einen beigen Mantel mit Pelzkragen - Sie sah umwerfend aus.

Das sagte ich ihr auch, nachdem wir uns geküsst hatten und sie lächelte schüchtern. "Ich hatte keine Zeit, mich umzuziehen, aber lass uns essen gehen, ok? Ich bin am Verhungern." erklärte ich und sie stimmte zu, davor noch mal kurz bei mir vorbei zu schauen, damit ich mich angemessen kleiden konnte. Während des Weges herrschte die Art Schweigen, die einem wichtigen Gespräch voran geht und die einem mit der Zeit sehr unangenehm wird. Ich fühlte mich ihr fremd und das machte mir Angst, wo doch ihre Hand so vertraut in meiner lag. Fast bereute ich es ein wenig, überhaupt gekommen zu sein, ein Gedanke, für den ich mich verabscheute.

Ich liebte sie doch.

Ich liebte dieses Mädchen, das mir da gegenüber saß von ganzem Herzen und ich würde dafür kämpfen, sie nicht zu verlieren, doch als ich ihr das sagte, wurde sie nur rot und nahm verschüchtert einen Schluck Wasser. Während des ganzen Essens versuchte ich, mich zu entschuldigen für die Zeit, in der wir uns nicht gesehen hatten, und ihr zu erklären, wieso ich nicht hatte bei ihr sein können, aber dafür bekam ich nur ab und zu ein ´Ich versteh dich ja...`. Irgendwas Grundlegendes musste falsch sein mit mir, denn mir reichte das einfach nicht. Im letzten knappen Jahr hatte ich den Alleinunterhalter für Hinata gespielt und ich hatte es gerne getan, aber das sie sich nicht beschwerte, wenn die Show nicht lief, beunruhigte mich. War ihr unsere Beziehung so gleichgültig? Hatte sie womöglich sogar einen anderen?

Aber ich wollte mich nicht mit ihr darüber streiten, dass sie sich nicht gerne stritt, das wäre albern, also brachte ich sie heim und versprach, mir mehr Mühe zu geben und küsste sie und war froh, alleine zu sein, als sie die Tür hinter sich zuzog.
 

Sakura bemerkte natürlich sofort, dass etwas nicht stimme, aber ich blockte ihre Hilfsversuche ab; Für heute hatte ich genug Beziehungsgespräche. Sasuke und ich gingen zu mir, um uns umzuziehen, dann ließ ich ihn noch in unserer Wohnung ein paar Dehnübungen machen, die dafür, dass er seit dem Herbst gar nichts mehr gemacht hatte, ganz gut klappten.

"Ok, das sieht gut aus." lobte ich auf dem Weg die Treppe runter. "Bis zum Trainingsplatz joggen wir. Sag einfach, wenn du eine Pause brauchst."

Ich schlug einen ungezwungenen Laufschritt an, trotzdem brauchte Sasuke auf den zwei, drei Kilometern zum Trainingsplatz zwei Mal eine Unterbrechung, wobei er sich nicht beklagte, dass ich diese für weitere Dehnübungen veranschlagte. Überhaupt war er ein erstaunlich geduldiger Schüler, der anstandslos alle Übungen durchführte, die ich ihm auftrug, seien es Maßnahmen zum Muskulaturaufbau, zur Konditionsverbesserung oder für den Gleichgewichtssinn. Man merkte ihm zwar an, dass er aus der Übung war, aber genauso zeigte er einen leise brennenden Ehrgeiz, der ihn immer weiter durchhalten ließ. Als die Dunkelheit uns zum Aufhören zwang war ich lange nicht so erschöpft wie nach einem für mich üblichen Training aber dafür mehr als beeindruckt und erstaunt von Sasuke. Ich hatte mit stoischer Gleichgültigkeit gerechnet und eine Demonstration seiner riesigen Willensstärke bekommen.

"Das war super." erklärte ich meinem besten Freund stolz und klopfte ihm auf die Schulter. "Wenn du so weiter machst, hast du bald dein altes Level wieder."

"Was würde mir das bringen?"

"Ach, stimmt, du willst ja nicht mehr kämpfen." sagte ich leichthin und ging zu meiner Tasche, um mir die Wasserflasche darauf zu suchen. "Na ja, den Mädels gefallen ein paar Muskel auch besser als so ein Klappergestell." Mit diesem äußerst qualifizierten Kommentar erntete ich nur ein Schnauben, aber Sasuke war auch abgelenkt, was mir erst auffiel, als ich mich wieder aufrichtete. Sein Blick wanderte unstet zwischen den Schatten der Bäume hin und her, die immer tiefer wurden, je tiefer die Sonne über den Horizont sank. Er erinnerte mich etwas an ein Raubtier, das einen anderen Jäger in seinem Revier witterte. "Sasuke? Lass uns gehen, ja?!" fragte ich beunruhigt und schulterte den Rucksack. Er nickte und wandte sich ab, doch die Anspannung wich nicht aus seinen Augen und er ging nicht auf meine Konversationsversuche ein, bis ich schließlich aufgab. Inzwischen war die Sonne fast ganz hinter den Bäumen verschwunden, auch der Weg zurück ins Dorf lag in den Schatten und ich konnte Sasukes Unruhe nachvollziehen, noch mehr, als uns fünf Männer mit Bierflaschen in den Händen entgegen kamen.

Alamiert schob ich Sasuke auf die Seite von mir, die möchlichst weit von der Gruppe weg war und wollte sie umrunden, doch einer von ihnen wurde auf uns aufmerksam. Grinsend stellte er sich mir in den Weg, stieß mit der Flasche gegen meine Brust. "Wohin denn so schnell, Herr Shinobi? Bist dir zu fein, uns Normalsterbliche zu grüßen, was?"

"Lass mich einfach durch." seufzte ich leicht gereizt. In meiner Brust rührte sich ein Biest, dass ihn alleine dafür, dass er sich so nahe an Sasuke heranwagte, bewustlos prügeln wollte. Er hatte nichts bei ihm zu suchen und war ihm so schon viel zu nahe. Es fühlte sich ein bisschen an, als wäre ich mit Hinata unterwegs und ein anderer Mann sprach sie an.

Der Junge warf seinen Freunden einen Blick zu, lachte auf und schupste mich an der Schulter etwas zurück, sodass ich gegen Sasuke rempelte. "Und was, wenn nicht?"

Jetzt reichte es mir; Mit einem Knurren stieß ich ihn gegen die Brust - Eigentlich nicht mal fest, aber er würde die Rippe noch ein paar Tage spüren - Schnappte mir seinen Arm, den ich ihm ohne Probleme hätte auskugeln können, und drehte ihn mit Schwung auf den Rücken, sodass er sich nicht ohne Schmerzen rühren konnte. "Fass mich nicht noch mal an... Und jetzt haut ab, bevor ich richtig sauer werde."

Einer seiner Kumpel fing ihn auf, als ich den Aufwiegler von mir stieß, doch ein anderer hatte offensichtlich noch nicht genug; Er hatte sich Sasuke genähert und schnitt ihm Grimassen, auf die der Uchiha jedoch nicht reagierte. "Schaut mal, der Verräter spielt Londoner-Palastwache." kicherte der Fremde, doch ehe er meinen Schützling anfassen konnte packte ich ihn am Arm und riss ihn mit Kraft druch einen Schulterwurf möglichst weit von Sasuke weg.

Beschützend streckte ich einen Arm vor den Uchiha und zischte: "Das ist Sperrzone."

Die Jungen schienen entsetzt von meiner Reaktion, aber bei meinem besten Freund hatte ich eine extrem kurze Zündschnur; Es juckte mir in den Fingern, dem Kerl das ´Verräter` aus dem Leib zu prügeln. Stattdessen schob ich Sasuke, der auch auf meinen kleinen Ausbruch kaum reagierte, weiter in Richtung des Dorfes, nur weg von diesen Kerlen, in Sicherheit.

"Seht euch mal die Schwuchelt an; Wie er seine Freundin verteidigt. Richtig süß." höhnte einer der Männer, doch ich versuchte, ihnen keine Beachtung zu schenken. Weit kam ich aber nicht, da wurde ich an der Schulter gepackt, gedreht und mit einem Faustschlag in den Magen in die Knie gezwungen.

Der Angreifer schien von seinem Treffer selbst am meisten erstaunt, wie er da mit erhobener Hand über mir stand. Ich hatte Schlimmeres erlebt, aber der Schlag war unvorbereitet gekommen und raubte mir für ein paar Augenblicke den Atem. Zögerliches Gelächter war zu hören, dann trat das Arschloch rasch noch mal zu, diesmal in mein Gesicht, sodass ich mich mit einer Hand abstützen musste, die andere lag noch über meinem Bauch.

"Und sowas erbärmliches wie du will jemanden beschützen?"

Ich gab etwas von mir, das eigentlich ein Knurren sein sollte, in Ermangelung von genug Luft aber eher wie ein Wimmern klang, was nicht sehr zur Rettung meiner Würde beitrug. Diese verdammten Bastarde... Aber, wiedersprach eine schnorrende, sarkastische Stimme in meinem Kopf, Haben sie nicht recht? Ich kann mich nicht mal gegen ein paar Zivilisten wehren, wie sollte ich da auf jemanden aufpassen? Sasuke, Hinata, Sakura...

Ein weiter Tritt in meinen Magen ließ mich aufstöhnen, doch inzwischen hatte ich den Gedanken an Wiederstand aufgegeben.

Sie hatten doch Recht. Ich war nutzlos. Ich war schuld an all den Toten. Ich hatte die brennenden Schmerzen verdient, die sie mir mit ihren Tritten und Schlägen beibrachten. Fast schon hieß ich die Pein willkommen; Meine einzige Sorge, während ich wie ein Wurm auf dem Boden lag, galt Sasuke und seiner Unversehrtheit, aber er stand da und erwiederte meinen Blick mit Augen voller berechtigter Abscheu über meine Schwäche, ohne einen Finger zu rühren, um mir zu helfen. Wahrscheinlich ließen die Männer ihn deshalb in Ruhe, also konnte ich mich beruhigt in mein Martyrium fügen.

Alles an mir tat weh, spannte sich an, um das nächste Schmerzintervall zu empfangen, doch irgendwann kam nichts mehr. Die Pein hatte alles um mich herum in leuchtendes Rot getaucht, wie pulsierendes Blut, das keinen Platz mehr für andere Bilder ließ - Ich sah weder Bäume noch Steine oder auch nur die Schuhe der Männer vor mir. Waren Adern in meinen Augen geplatzt?

"Lassen wir den, der ist fertig." sagte eine Stimme aus dem Rot.

"Jaa... Jetzt redest du nicht mehr so groß, hm? Und du..." Ich hörte ein schlabberndes Geräusch, als man Sasuke ins Gesicht spuckte. "Du bist das Letzte. Ein wiederlicher, feiger Verräter, der sich nicht mal für seinen letzten Fürsprecher einsetzen kann. Scher dich aus dem Dorf!"

Lachen war zu hören und in mir kochte die Wut hoch, die sogar den Schmerz niederbrannte. Mein Kopf war klar genug, um sich vorzustellen, wie sich die brechende Wirbelsäule dieses Arschlochs unter meinen Fingern anfühlen würde, aber mein Körper war zu malträtiert, um die gewünschte Aktion auszuführen. Ich konnte nicht mehr tun, als die Finger in die kalte Erde zu krallen, in die sich mein Gesicht drückte und die in meinem Mund und meiner Nase war.

"Das hättest du nicht tun sollen." erklärte Sasuke sachlich, als die Männer verschwunden waren. Dann zog er mich am Arm auf die Beine, was einen so heißen Schmerz durch meinen Körper jage, dass ich das Bewusstsein verlor.
 

"Eine angebrochene Rippe, zwei sind geprellt. Quetschungen, Schürfwunden und Kratzer am ganzen Körper. Eine Platzwunde an der rechten Augenbraue, und eine leichte Gehirnerschütterung." war Sakuras gnadenlose Bestandsaufnahme, als ich ein paar Stunden später im Krankenhaus aufwachte. Ich fühlte mich wie Apfelmus in einer Achterbahn, versuchte aber, mich tapfer zu geben, denn neben meiner reizend gereizten Krankenschwester waren auch Sai, Hinata und Sasuke anwesend. Die Kombination aus den beiden Letzteren machte mich nervös, aber Sakura unterband resolut jedliches unbehagliches Winden, indem sie mich darauf hinwies, dass sie mich festbinden würde, wenn ich nicht freiwillig stillläge.

"Weißt du, wie die Kerle aussehen, die das gemacht haben?" fragte sie, während sie mein Auge nicht gerade sanft mit einer Paste bestrich, die die Schwellung zurückgehen lassen würde; Die Verletzungen waren jetzt schon nicht mehr ganz so schlimm wie vorhin, ich konnte mich zumindest bewegen ohne das Bewusstsein zu verlieren, und in vier, fünf Tagen wäre sogar die Rippe wieder in Ordnung. Ich war den anderen dankbar dafür, dass sie nicht viele Fragen stellten.

"Ja, aber ich möchte sie nicht anzeigen."

"Er hat Recht." half überraschender Weise Sai mir aus, als die Mädchen protestieren wollten. "Narutos Verletzungen heilen in ein paar Tagen und im Moment ist jeder Mann, der abgezogen wird, um ein paar Hulligans zu suchen, ein Rückschlag im Michelangelo-Fall."

"Nennst du das jetzt auch schon so? Dieser Irre ist kein verdammter Künstler, das müsstest DU doch gerade wissen!" knurrte ich wütend, doch er zuckte nur die Schultern; So hieße der Fall eben in den Akten.

"A-Aber wir können nicht einfach Leute randallieren lassen." mischte sich jetzt auch Hinata ein, die meinen Wiederspruch mit einem entschuldigenden Lächeln abtat. "Was, wenn sie das wieder tun?"

"Das werden sie nicht. Sie hatten Angst vor Naruto und werden sich erst mal bedeckt halten."

Wie üblich sahen alle Sasuke erst mal völlig irritert an, als er sich am Gespräch beteiligte, dann funkelte meine Freundin ihn böse an, wobei sie im Gegensatz zu üblich ganz und gar nicht ungefährlich wirkte, obwohl sie mehr als einen Kopf kleiner war als der Uchiha. "Ach, und wieso bist du dir da so sicher? Warum hast du ihm eigentlich nicht geholfen, wenn diese Leute doch solche Angst hatten, ha?"

"Hinata..."

Weder sie noch er beachtete mich und ihre Blicke waren wie aufeinandertreffende Eisklötze; So wütend hatte ich meine Freundin glaube ich noch nie erlebt, außer das eine Mal, als Neji versucht hatte, ihr unsere Beziehung auszureden.

"Das hätte er nicht gewollt."

"Was für eine beschissene Ausrede!" platzte Hinata heraus - Sie fluchte nie, wohlgemerkt. "Er ist dein Freund - Dein verdammter einziger Freund! Und du hättest ihn verrecken lassen, WEIL ER ES SO WOLLTE?!"

"Vielleicht kenne ich Naruto einfach besser als du."

Ok... Jetzt hatte er die Sache mit Neji überboten. Und das Schlimme war, dass ich noch nicht mal eingreifen, ihm widersprechen konnte, denn er hatte Recht; Ich hätte nicht gewollt, dass er sich einmischte. Es war meine Schwäche, für die mich diese Männer bestraft hatten, meine Unfähigkeit.

"Wie kannst du es wagen...?" knurrte das Mädchen und machte einen Schritt auf Sasuke zu, als wolle sie ihn am Kragen packen und durchschütteln.

"Das reicht jetzt, Takara." sagte ich sanft.

Natürlich meinte ich Hinata, aber ansehen tat ich Sasuke, schuldbewusst, wie ein kleiner Junge, der sein Spielzeug nicht geteilt hatte, aber sein Blick verriet nicht, ob er den Kosenamen überhaupt bemerkt hatte. Dann sah ich zu meiner Freundin, deren Gesichtsausdruck liebevoller, wärmer wurde, als sie meinem Blick begegnete. Mütterlich.

"Was passiert ist, ist passiert und lässt sich mit streiten nicht ändern. Und es ist nicht Sasukes Schuld."

Ihr Blick wurde traurig, sie senkte ihn, dann lächelte sie ein grausam verletztes Lächeln, das mir einen Stich versetzte. "Du hast Recht, Naruto-kun, es tut mir leid... I-Ich werde jetzt besser gehen."

Sie berührte noch flüchtig meine Hand, dann verließ sie überstürzt den Raum. Ich wäre ihr nach, aber als ich versuchte, mich aufzurichten, tat mir jeder Knochen im Leib unsäglich weh und so musste ich mich auf Sakura verlassen, die versprach, alles zu klären, ehe sie meiner Freundin folgte.

"Ihr seid alle ziemlich seltsam." stellte Sai nachdenklich fest.

Und mit einem Blick auf Sasuke, der aus dem Fenster auf den Krankenhausvorhof sah, wo Hinata und Sakura liefen, musste ich ihm Recht geben.
 

Wie erwartet dauerte es nicht lange, bis es mir gut genug ging, um aus dem Krankenhaus entlassen zu werden, doch Weihnachten verbrachte ich trotzdem dort. Hinata besuchte mich zwar, aber es herrschte seltsame Stimmung und ich hatte ein schlechtes Gewissen, als sie mir ein Fotoalbum mit Bildern von uns und unseren Freunden schenkte und ich ihr nichts geben konnte. Sie sagte, sie würde jetzt auf eine Mission gehen und wüsste nicht, wie lange es dauern würde - Auch über Neujahr wäre sie nicht da. Ich wusste nicht, was ich außer ´Viel Glück.` zu ihr sagen sollte und so ging sie nach zwei unbehaglichen Stunden wieder.

Als Sakura und Sasuke mich besuchten, war ich ein wenig eifersüchtig, ohne genau definieren zu können, wieso. Vielleicht, weil meine beste Freundin so glücklich wirkte neben ihrem ewigen Schwarm, der sich zu einem Spaziergang durch die verschneiten Wälder hatte breitschlagen lassen. Ich wünschte mir für sie, dass sie glücklich war, und vielleicht hätte es Sasuke auch gut getan, eine Freundin zu haben, aber es war schwer, das Glück anderer zu akzeptieren, wenn man selbst gerade Beziehungsprobleme hatte.

Sakura schenkte mir einen selbstgestrickten Schal, sie bekam von mir neue Trainingshandschuhe, die allerdings noch zu Hause waren, genauso wie das Buch über Schlangenzucht, das ich für Sasuke ausgesucht hatte.

Als die beiden gegangen waren lag ich lange wach und dachte über alles nach. Ich machte Sasuke keine Vorwürfe, aber ich fragte mich, was er getan hätte, wenn ich wirklich gestorben wäre - Ob er das Dorf verlassen hätte? Außerdem blieb die Frage, wie er mich ganz alleine ins Krankenhaus geschafft hatte, so viel Kraft hätte ich ihm nämlich eigentlich noch nicht zugetraut.

Wenige Tage später, am Silvestervorabend, sprach ich ihn darauf an, doch er wollte nicht darüber reden, kümmerte sich lieber um das Essen, dass er für uns vorbereitete. Wir feierten alleine, denn ich wollte Sasuke nicht auf die Party schleifen, die Ino über Shikamarus Kopf hinweg bei den Naras organisiert hatte. Ich war mir ziemlich sicher, dass zumindest Temari auch da sein würde, immerhin wollte sie wohl mit ihrem Freund feiern - Und aufpassen, das er betrunken keine Dummheiten mit anderen Mädchen anstellte. Ich seufzte leise; Ob Hinata sich wegen sowas auch Sorgen machte? Berechtigt wäre es ja, denn obwohl wir uns ausgesprochen hatten und jetzt wieder einigermaßen normal miteinander umgingen, dachte ich noch immer oft an Sakura, daran, wie sie sich unter mir angefühlt hatte und wie es sich in ihr gefühlt hätte und wie heiser sie gestöhnt hätte, wenn ich...

Schluss.

Es konnte doch nicht so weiter gehen, dachte ich, als ich mir unter der Dusche einen runterholte und dabei an das falsche Mädchen dachte. Ich wollte nicht einer von diesen Kerlen sein. Und trotzdem war es die Vorstellung von Sakura, die mit gespreizten Beinen vor mir kniete, von der ich schließlich kam.

"Hast du eigentlich gute Vorsätze für das neue Jahr?" fragte ich, als ich wenig später neben Sasuke am Fenster saß und in die Nacht blickte, die bald von grünen und roten und blauen Feuerwerkskörpern erhellt werden sollte.

"Was meinst du?"

"Na ja... Dinge, die du dir für das nächste Jahr vorgenommen hast. Verbesserungswünsche."

Er schnaubte abfällig. "Viel schlechter kann es kaum noch werden."

Ich musterte ihn kurz, dann stocherte ich, leicht lächelnd, mit den Essstäbchen in meinem Reis. "So schlecht fand ich das letzte Jahr gar nicht... Immerhin bist du zurück."

"War ja klar, dass du das so empfindest."

"Also? Hast du gute Vorsätze?"

"Vielleicht einen..." sagte er und sah mich mit seinem durchdringenden Blick an als wäre es sein Vorsatz, mich mit seinen Augen zu durchlöchern.
 

Es war der siebte Januar und Hinata war noch immer nicht zurück. Sonst hatte sie mir immer Briefe geschrieben, wenn sie länger weg war, aber bisher war noch nichts gekommen und ich war besorgt.

Außerdem war die Anspannung im ganzen Dorf zu spüren, denn bald wären die letzten Morde einen Monat her und bisher hatte ´Michelangelo`, wie ich ihn zu meiner Schande inzwischen auch nannte, immer nach dieser Zeitspanne zugeschlagen. Die Leute wurden zusehends nervöser und gereizter, sodass die Wachtruppen in den Straßen immer wieder Streitereien schlichten mussten. Manche Menschen gingen auch einfach gar nicht mehr auf die Straße.

Ich hatte versucht, mich von dem Fall zu distanzieren, aber immer wieder kamen Leute zu mir und gaben mir irgendwelche Hinweise, die ich dann weiterleitete, immerhin war das nicht mehr mein Fall, so schwer mir das auch fiel. Zumindest kam meine weniger große Auslastung Sasuke zu Gute, der zusehends kräftiger wurde und mehr Ausdauer im Training bewies. Trotz dieser Fortschritte war er wieder öfter schlecht gelaunt und unausgelastet und ich spürte Unruhe und Zorn bei ihm, ohne mir eine Erklärung dafür geben zu können. Sai meinte, er habe wohl einfach seine Tage, was ich eher weniger lustig fand.

Gerade war ich mit den beiden auf dem Rückweg vom Trainingsplatz, als hastige Schritte zu hören waren und uns zwei wohlbekannte Männer entgegen kamen; Sie gehörten zu der Truppe, die mir vor zwei Wochen aufgelauert hatten. Automatisch stellte ich mich etwas vor Sasuke, doch dieses Mal pöbelten sie uns nicht an sondern packten mich ganz im Gegenteil mit flehendem Blick an den Schultern.

"Uzumaki, da bist du ja!" keuchte einer von ihnen.

Ich machte mich rüde los und schupste ihn von mir. "Was wollt ihr? Verschwindet einfach." Dieses Mal würden sie nicht so einfaches Spiel mit mir haben, dazu war ich fest entschlossen.

Aber sie griffen uns nicht an sondern schüttelten resolut die Köpfe. "Nein, nein. Es geht um den Michelangelo-Mörder. Wir... Wir glauben, wir haben ihn gesehen, vor einem Kindergarten. Er hat die Kinder beobachtet und sogar ein paar angesprochen, haben die Kleinen erzählt."

Mein Kiefer spannte sich an, ich ballte die Hände zu Fäusten, wandte aber ungnädig den Blick ab. "Das ist nicht mehr mein..."

"BITTE, Uzumaki!" unterbrach mich einer von ihnen in flehendem Tonfall. "Meine kleine Schwester ist in diesem Kindergarten. Wenn ihr etwas zustößt... Du musst etwas tun!"

"Ah ja, muss ich das?" Ich erlaubte mir ein höhnisches Lächeln und ging weiter. "Ich glaube nicht, dass ich das tue." Stimmte ja wohl, immerhin war das nicht länger mein Fall.

"Wir... Du kannst doch nicht Kinder für unser Fehlverhalten verantwortlich machen! Was, wenn er noch mehr umbringt?!"

Sai warf mir einen neugierigen Blick zu; Er wusste natürlich nicht, wem wir da gegenüberstanden. Über die Schulter warf ich meinen beiden Peinigern einen Blick zu. Natürlich war es nicht mehr meine Aufgabe, mich um so etwas zu kümmern... Aber die ANBU hatten genug zu tun mit anderen Hinweisen. Und wenn sich herausstellte, dass das nur ein Irrer war, der Kinder beobachtete, hätten sie ihre Zeit verschwendet - Nicht, dass man nichts gegen so einen Kerl tun musste, bevor er den Kleinen etwas antat. Eigentlich wäre es doch nur eine Hilfe, wenn ich diese Sache übernähme und Sai konnte mir dabei helfen.

"Also gut." wandte ich ein. "Zeigt uns diese Tagesstätte."

Gula ( Egomania )

Besonders verdächtig sah der Kindergarten eigentlich nicht aus.

Er befand sich im Erdgeschoss eines Mutter-Kind-Heims, dessen Fassade relativ gepflegt war. Petunien-Hecken versperrten die Sicht auf den Spielplatz und die mit bunten Tieren beklebten Fenster. Um in das Gebäude zu kommen musste man am Esszimmer vorbeigehen, wobei man von jedem Fenster des Heims aus gesehen werden konnte.

Ich stand zwischen Sai und den Männern, die uns geholt hatten und musterte die Umgebung. "Wo genau soll dieser Mann denn gewesen sein?"

"Meine Schwester und ihre Freundinnen sagten, sie hätten ihn öfter gesehen, immer hier in der Nähe. Wir haben ihnen allen eingeschärft, besonders aufmerksam zu sein und uns zu sagen, wenn ihnen etwas auffällt."

Ich nickte langsam, dann kletterte ich auf den Zaun und blickte über die Hecke auf den Spielplatz. Natürlich hatten alle Angst, aber deshalb konnte man nicht jede öffentliche Einrichtung schließen. Vor allem, wenn sie so gepflegt war wie diese; Die Seiten des Hofs, die nicht an das Haus oder die Büsche grenzten waren zwar eingezäunt, aber ein erwachsener, kräftiger Mann wie der, den wir suchten, hätte keine Probleme damit, dort einzudringen. "Die Kindergärtnerinnen sind benachrichtigt?"

"Sie sagten, ihnen wäre nichts aufgefallen, aber sie haben auch dreißig Flöhe zu hüten." zuckte der besorgte Bruder die Schultern.

"Verstehe." Ich sprang von meinem Aussichtspunkt und klopfte mir Schnee von der Hose. "Ich frag die Kleinen morgen einfach selbst. Wir werden sehen, ob eine Überwachung nötig ist."

Ein kleines Zögern, dann - Sehr wiederwillig - Ein leises "Danke..."

"Hn." Ich warf Sai einen Blick zu, dann gingen wir gemeinsam die Straße entlang. Es dürfte offensichtlich sein, sogar für diesen Neandertaler, dass ich das nicht ihm zuliebe tat sondern wegen der Kinder. Obwohl ich eigentlich nicht glaubte, dass hier ´Michelangelo` am Werke war. Dafür hatte sich wer auch immer zu offensichtlich gezeigt. Warum sollte er sich vier Monate lang meisterhaft verstecken, wenn er sich dann von ein paar Kleinkindern erwischen ließ?

"Was meinst du? Sollen wir das Tsunade melden?"

Sai runzelte die Stirn. "Verpflichtet wären wir dazu - Das hier ist nicht mehr unser Fall und wir können einen Haufen Ärger bekommen. Andererseits würden wir die Ältesten wahrscheinlich alles hermetisch abriegeln lassen, wenn sie davon Wind bekämen. Und das wiederum würde nicht nur Panik auslösen, sondern könnte auch Michelangelo in die Karten spielen, wenn für die Bewachung hier Leute abgezogen werden, die sonst in der Stadt unterwegs wären."

"Völlig ohne Grund, wenn du mich fragst."

"Nun, völlig würde ich nicht sagen", widersprach er und sah mich lächelnd an. Wir waren auf dem Weg zu Sakura, von wo aus ich Sasuke abholen musste. "Irgendjemand streift um diesen Kindergarten, was an sich schon verdächtig ist. Oder glaubst du, die Mädchen haben sich das nur ausgedacht?"

"Eigentlich nicht", seufzte ich und sah in den stahlgrauen Winterhimmel. "Fragen wir Sakura-chan, was sie denkt und entscheiden dann."
 

"Wir müssen es der Meisterin sagen", war Sakuras Meinung, die sie mit ernstem Gesicht kundtat. "Allein schon der Verdacht ist Gefahr genug. Oder wollt ihr verantwortlich sein, wenn noch mehr Kindern etwas passiert?"

"Natürlich nicht, deswegen habe ich ja auch gesagt, dass wir das ganze überwachen sollen", erklärte ich. Mein Blick wanderte misstrauisch zwischen ihr und Sasuke hin und her, die eindeutig näher als sonst beieinander saßen. Er ignorierte mich gelassen, indem er aus dem Fenster blickte und sie war zwar leicht rot im Gesicht, blieb aber, wo sie war. "Ich glaube nicht, dass das der Mörder ist, aber du hast Recht, wir müssen es im Auge behalten. Wenn wir weitere Anhaltspunkte haben, die auf den Verrückten hinweisen, können wir immer noch Bericht erstatten, aber bis dahin sollten wir die ANBU nicht mit unnützem Zeug ablenken."

Sie blickte mich fest an. "Das ist Befehlsverweigerung, und das weißt du so gut wie ich."

Ich sah zur Seite. "Bisher hat er sich noch nicht zwei Mal denselben Typ Opfer ausgesucht. Wieso sollte er jetzt anfangen?"

"Vielleicht, weil er einen effektiven Typ gefunden hat." schlug Sakura vor. "Shinobi sterben eben, das ist Berufsrisiko. Aber das Kinder getötet werden sorgt für Unruhe und eine Art Schockstarre in der Bevölkerung. Ich glaube, das ist durchaus etwas, auf das er inzwischen Wert legt; diese Wandmalereien an der Fabrik waren meiner Meinung nach reine Effekthascherei. Er möchte bemerkt werden."

"Ja, aber dann ist es doch umso wichtiger, dass wir das geheim halten."

"Naruto, ich verstehe, dass du sauer auf Tsunade-sama bist, ehrlich. Aber das hier..."

"Ist ernst. Ich WEIß, Sakura-chan. Ich sage das alles auch nicht aus Trotz, sondern weil es meiner Meinung nach die beste Möglichkeit ist. Egal, wie ´effektiv` das war, er wird nicht noch mal Kinder töten. Alleine schon, um seine Kreativität zu demonstrieren", schloss ich mit einem Argument, dass mir während des Redens spontan eingefallen war.

Sai und Sakura warfen sich Blicke zu, dann seufzte die Kunnoichi. "Also gut, wir helfen dir. Aber wenn wir irgendwelche noch so winzigen Hinweise darauf finden, dass es Michelangelo sein könnte, melden wir das den Zuständigen."

"Natürlich."
 

"Also... Was ist da zwischen Sakura-chan und dir?"

Inzwischen war es spät Nachts und es hatte wieder angefangen zu schneien, sodass die stark beleuchteten Straßen in drückende Stille gehüllt waren. Ich nahm zwei Kollegen wahr, die uns beobachteten, zog es aber vor, sie nicht zu beachten, solang sie nicht zu nahe kamen. Sasukes ausdruckslosen Blick erwiderte ich mit einem Grinsen, das sich falsch anfühlte in meinem Gesicht.

"Ich weiß nicht, was du meinst." verkündete er in der gelangweilten Tonlage, die deutlich machte, dass er die Wahrheit sagte - Und es ihn nicht wirklich interessierte, mehr darüber zu erfahren. Aus irgendeinem Grund beruhigte mich seine Gleichgültigkeit ungemein.

Unschlüssig trat ich gegen eine Schneewehe, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. "Na ja, sonst erlaubst du niemandem, so nah bei dir zu sein wie ihr heute. Und ihr verbringt viel Zeit zusammen, da dachte ich..."

"Das tute ich, weil ich nicht alleine sein darf und du zu tun hast. Und wenn es dir nicht passt, dass sie mir nahe kommt, sorg dafür, dass sie es nicht tut. Mich interessiert es nämlich nicht."

"Hat es ja noch nie", seufzte ich und er schnaubte zustimmend, obwohl das kein Lob war. "Und sonst irgendein Mädchen...?"

"Was wird das hier, Naruto? Willst du mich verkuppeln?"

"Nein!", blockte ich ab, eine Spur zu schnell, eine Spur zu heftig. Ich kratzte mich am Kopf, wusste selbst nicht, wieso mich der Anblick der beiden vorhin so aufgewühlt hatte. "Nur... Sakura-chan mag dich immer noch."

"Aha."

Scheinbar war er nicht bereit, weiter auf das Thema einzugehen, aber ich war auch nicht bereit, so einfach kleinbei zu geben. "Es würde dir bestimmt gut tun, dich ein bisschen zu öffnen und sie..."

"Und was ist das mit dir und Hinata?"

So überrumpelt wie von einem Schlag ins Gesicht glotzte ich ihn an. Er hatte nichts zu dem kleinen Streit im Krankenhaus gesagt und ich hatte schon gedacht, er hätte es wirklich nicht mitbekommen... Aber so dumm war er eben nicht, das hätte mir klar sein müssen. Nur wäre es mir lieber gewesen, ihm das unter anderen Umständen zu eröffnen, die ihm nicht derart die Karten in die Hand spielten, mich in die Defensive drängten. "Ich... Wir sind zusammen. Wieso?", gab ich zurück und versuchte, seinen kühlen Ton zu imitieren; es misslang kläglich und klang wie die platte Rechtfertigung, die es war.

"Und wann hattest du vor, mir das zu sagen?"

"Ich hätte nicht gedacht, dass es dich kümmert."

"Aha."

Das klang in meinen Ohren, als hätte er das selbst nicht gewusst. Schweigen breitete sich zwischen uns aus, das anhielt, bis ich die Tür aufsperrte, ihn reinließ und das Sicherheitssystem für die Nacht einschaltete. Sasuke hängte den Mantel auf und lehnte sich an den Schrank, die Arme verschränkt, den Blick auf mein Gesicht fixiert. Ich versuchte, ihm standzuhalten und bildete mir ein, seine Mundwinkel würden amüsiert zucken, als er den Trotz in meiner Miene las, aber schließlich musste ich aufgeben und mich abwenden; schwarze Augen sind stärker als blaue.

Unbehaglich schob ich mich an ihm vorbei in die Küche. Nur, um etwas zu tun zu haben - um ihn nicht ansehen zu müssen - setzte ich Wasser für Reis auf und fing an, Gemüse zu schnippeln. "Wann hast du es bemerkt?"

"Es war nicht zu übersehen."

Das beantwortete zwar nicht meine Frage, aber im Moment war eindeutig ich in der Position, mich zu rechtfertigen, nicht er. Die Augen weiterhin fest auf unser Abendessen gerichtet fing ich an zu erzählen: "Das ganze hat vor fast einem Jahr angefangen. Ich weiß immer noch nicht, was sie so plötzlich so selbstbewusst gemacht hat, aber sie hat mir gestanden, dass sie eigentlich schon seit der Akademie in mich verliebt ist. Ich hab mit Sakura-chan darüber geredet und sie hat mich praktisch dazu gedrängt, mit Hinata auszugehen.... Ich glaube, sie war froh, meine Aufmerksamkeit los zu sein..." Nachdenklich sah ich die Gemüsewürfel an, die Sasuke sicher gleichmäßiger hinbekommen hätte. Ich entschloss mich, ihm lieber nichts von dem Intermezzo zwischen Sakura und mir zu erzählen, nur für den Fall, dass er doch Interesse an ihr hatte und einfach zu stolz war, das zuzugeben. "Jedenfalls hatten wir ein paar Dates und mehr Spaß, als offenbar sogar sie erwartet hat." Ich lächelte bei dem Gedanken an diese ersten Treffen; das Herzklopfen, die peinliche Frisur, die ich mir extra zugelegt hatte, das erste Mal Händchenhalten... Es war eine schöne Zeit. "Als wir zusammen kamen, war ich ziemlich stolz, endlich eine Freundin zu haben, aber richtig verliebt habe ich mich erst etwas später... Sie ist ein wundervolles Mädchen."

Eine Weile war das Bruzeln in der Pfanne das einzige Geräusch und ich dachte schon, sein Interesse wäre abgeflaut, jetzt, wo er mich von Sakura und ihm abgelenkt hatte, doch da sagte er: "Wieso hast du es mir nicht erzählt?"

Ich schloss die Augen. Die Frage wunderte mich und es wäre mir lieber, er hätte diesem Thema genauso gelangweilt gegenübergestanden wie allem anderen, denn ich kannte die Antwort nicht, konnte mir die innere Unruhe nicht erklären, die mich bei dem Gedanken überkam, dass er wusste, dass ich vergeben war... Dass mein Leben nicht völlig auf ihn fokussiert war... Obwohl das eine Lüge war. Alles, woran ich dachte, bis er wieder bei mir war, waren er und seine Rückkehr und so sehr ich Hinata auch liebte, sie hatte ihn nie von diesem Podest verdrängen können, auf das ich ihn gesetzt hatte.

Rasch schob ich diesen Gedanken beiseite, wollte mich nicht weiter damit befassen.

"Ich wusste nicht, wie du reagieren würdest", antwortete ich schließlich ausweichend.

Sasuke trat näher, um das Essen an meiner Statt zu würzen; seit ich anstatt Salz mal Zucker verwendet hatte vertraute er mir in dieser Angelegenheit nicht mehr. Auf seine Anweisung hin hatte ich auch einen Schrank voller exotischer Gewürze angeschafft, die er erstaunlich gut zu nutzen wusste, genauso wie die drei, vier Kräuter, die in kleinen Töpfen an der Wand neben dem Fenster wuchsen.

"Was hast du gedacht, dass ich tun würde? Sie umbringen?", fragte er leichthin und wandte sich schnaubend ab, als er meinen beunruhigten Gesichtsausdruck bemerkte. "Ich sagte dir doch schon, dass ich nicht mehr töte. Es sei denn, sie stellt sich als Bedrohung heraus."

"Sie ist zwar stark geworden, aber dich würde sie gewiss niemals bedrohen."

"Ich habe nicht ihre kämpferischen Fähigkeiten gemeint", erwiderte er, doch so sehr ich ihn auch drängte, mehr wollte er dazu nicht sagen.
 

"Das sind Naruto, Sai, Sakura und Sasuke. Sie sind Shinobi und haben ein paar Fragen an euch." erklärte die Kindergärtnerinnen ihren Schützlingen und diese begrüßten uns aufgeregt. So viel Bewunderung war ich gar nicht gewöhnt und ich kratzte mich verlegen grinsend am Kopf, als ein paar Kinder zu mir kamen und mir Fragen stellten. Natürlich hingen die meisten Mädchen an Sasuke, der stillschweigend jede Puppe und jede Zeichnung begutachtete, die ihm präsentiert wurde. Der Anblick hatte irgendwie etwas; Überraschender Weise standen Kinder Sasuke. Dieser Umstand fiel auch Sakura auf, die ihn mit leicht geröteten Wangen und sehnsüchtigem Blick musterte, wobei mich ein Mal mehr diese irrationale Eifersucht überfiel. War nicht noch vor ein paar Tagen ICH ihr Objekt der Begierde gewesen...?

Meine gute Laune war etwas gedämpft, als ich mich mit der Schwester des Rowdys der uns informiert hatte unterhielt. Sie sah zwar zugegebener Maßen niedlicher aus als ihr Bruder, musterte mich aber mindestens genauso skeptisch wie dieser.

"Also, Kleine…", fing ich an, doch sie unterbrach mich sofort.

"Miu."

"Hä?", machte ich verwirrt, ehe ich verstand, dass das ihr Name war und nickte. "Ok, Miu, ich..."

"Besonders höflich bist du aber nicht, oder? Normalerweise gibt man sich die Hand."

Ich lächelte gezwungen, als ich tat, was sie wollte. Wer dachte sie eigentlich, das ich war, das ich auf einem Ministuhl zwischen Plüschtieren und Legosteinen eingepfercht fast auf dem Boden hockte und mir von einer Fünfjährigen Benimmregeln beibringen ließ? "Ich heiße Naruto."

"Das sagte Miss Teya schon."

"Wie auch immer", beendete ich diesen lächerlichen kleinen Machtkampf. Das musste bei der wohl in der Familie liegen. "Ich habe ein paar Fragen an dich. Es geht darum, dass du deinem Bruder erzählt hast, dass ein fremder Mann öfter hier ist. Kannst du mir dazu etwas sagen?"

Der stolze, trotzige Ausdruck, der so gar nicht in ihr rundliches Kindergesicht passen wollte, verschwand langsam und machte Angst Platz. Die Lippen fest aufeinander gepresst schüttelte sie den Kopf.

Seufzend warf ich einen Blick zu Sakura, die mehr damit beschäftigt schien, Sasuke anzuschmachten, auf dessen Schoß ein kleiner Junge schlief, als damit, mit ihrer Zeugin zu reden. Sai machte seine Sache besser, obwohl er immer wieder kleine, gezeichnete Tiere über den Tisch laufen ließ, was die Kinder ablenkte. Wahrscheinlich hatte er über den Umgang mit Kindern in irgendeinem Buch gelesen und beruhigte sie jetzt mit Absicht auf diese Weise.

Ich wandte mich Miu zu. "Hast du gehört, was mit den Kindern passiert ist, die verschwunden sind?"

"N-Nichts genaues", sagte sie und musterte mich fragend, wenn auch weiterhin skeptisch.

ich wollte sie nicht verängstigen, aber sie musste mit mir reden. Dringen. "Man hat ihnen sehr, sehr weh getan. Dein Bruder hat meine Kollegen und mich gerufen, weil er Angst hat, dass dir und deinen Freunden auch etwas passieren könnte. Du musst mir also sagen, was du gesehen hast, damit wir euch beschützen können, verstehst du das?"

Sie erwiderte meinen eindringlichen Blick, die kleinen Hände seriös auf dem Tisch gefaltet. Gerade wollte ich weiter auf sie einreden als sie doch den Mund aufmachte: "Der Mann ist älter als du und nicht besonders groß. Er hat schwarzes Haar und ist nicht gerade hübsch."

"Du kannst ihn aber ganz schön genau beschreiben…", erwiderte ich, bemüht, nicht zu zeigen, wie alarmiert ich deshalb war. Doch ein Pädophiler, der hier seine Opfer suchte?

Miu nickte. "Er war in letzter Zeit ziemlich oft da und hat mit einigen von uns geredet. Er sagte, wir sollen es nicht unseren Familien oder den Kindergärtnerinnen sagen."

"Was wollte er von euch? Hat..." Ich stockte, weil ich nicht wusste, wie ich die Frage formulieren sollte, und so entschied ich mich für die direkte Variante: "Hat er dich angefasst?"

"Nein, nur gefragt", nickte sie und ich war erleichtert. Noch mehr Verrückte konnte das Dorf nicht ertragen. Allerdings mussten wir trotzdem vorsichtig sein, denn was nicht war konnte ja noch werden und das galt es zu verhindern.

"Was wollte der Mann denn wissen? Und wann hat er angefangen, hier aufzutauchen?"

Miu überlegte eine Weile. "Das hat angefangen, als die anderen verschwunden sind. Er hat nach ihnen gefragt - ob wir befreundet wären, welchen Familien sie angehörten, so etwas. Er hat aufgeschrieben, was wir sagten."

Vielleicht ein verrückter Fan? Oder jemand, der auf eigene Faust ermittelte und sich der Gefahr nicht bewusst war, in die er sich begab? "Aus welchen Familien stammten die Kinder denn? Weißt du das?"

Bereitwillig zählte sie die Namen auf und ich schrieb alle auf, obwohl wir das schon wussten. Ich hatte aus jeder Familie Kollegen, was vermuten ließ, dass die Morde doch etwas mit den Shinobi zu tun hatten. Aber warum Kinder?

"Hat er eine bestimmte Zeit, zu der er kommt?"

"Meist Nachmittags, wenn wir draußen spielen und die Kindergärtnerinnen Kaffee trinken. Und meist da hinten, wo der Hügel ist."

Ich sah aus dem Fenster zu der Stelle, die sie meinte, aber der genaue Ort war hinter besagtem Hügel nicht zu sehen - Also perfekt geeignet für geheime Befragungen. "Du hast mir sehr weiter geholfen, Miu. Danke."

Nachdem wir mit allen Kindern geredet hatten, die ziemlich ähnliche Geschichten erzählten, befragten wir die Bewohner des Heims, doch die hatten nichts mitbekommen, immerhin befand der Spielplatz sich auf der Seite des Hauses, zu denen die wenigsten Fenster wiesen. Als wir mit allen gesprochen hatten, war es später Nachmittag und die Kinder wurden von ihren Müttern abgeholt. Die Stirn an den Zaun gelehnt, die Finger in den Draht verankert, beobachtete ich die Knirpse, die mit ihren Eltern nach Hause gingen, von genau der Stelle aus, an welcher der Unbekannte wohl gewartet hatte. Das Schweigen lastete schwer zwischen Sakura, Sai, Sasuke und mir, denn eine Entscheidung stand aus, die die Sicherheit dieser Unschuldigen betraf, und diese war gewiss nicht leichtfertig zu treffen.

Schließlich wandte ich mich nach meinem Team - Meinen Freunden - Um. "Ich denke nicht, dass es Michelangelo ist, aber irgendjemand stromert hier herum und stellt Fragen zu den Morden. Wir sollten herausfinden, wer das ist und wieso er es tut. Vielleicht kann derjenige uns ja sogar weiterhelfen."

"Wenn wir weiter ermitteln müssen wir der Hokage etwas sagen", beharrte Sakura, doch ich hielt das immer noch nicht für eine gute Idee.

"Ich verstehe, was du meinst, Sakura-chan, aber im Moment hat Tsunade nicht die volle Macht im Rat. Wegen der Morde nimmt der Einfluss des Ältestenrats zu und die würden wohl alles tun, um schnelle Erfolge ihres ANBU-Teams zu präsentieren - auch einen Kindergarten hermetisch abriegeln. Glaubst du, das würde etwas nützen?"

Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe, hin und hergerissen zwischen der Loyalität ihrer Meisterin gegenüber und dem Wunsch, das Richtige zu tun. "Aber was machen wir, wenn wir den Typ gefasst haben? Tsunade-sama wird sauer sein, weil..."

"Was will sie denn machen? Uns bestrafen, weil wir einen möglichen Trittbrettfahrer oder einen Pädophilen unschädlich gemacht haben?"

"Was meint ihr denn dazu?", wandte Sakura sich an den Rest der Gruppe, um sich etwas Zeit zum Nachdenken zu verschaffen.

"An sich mag das, was Naruto sagt, schon stimmen, nur glaube ich nicht, dass der Kerl sich zeigt, wenn wir uns hier herumtreiben", erklärte Sai, woraufhin ich schwieg. Er hatte Recht; jeder würde uns als Shinobi erkennen, immerhin waren wir so ziemlich die Gruppe, über die sich in unserem Jahrgang am meisten die Mäuler zerrissen wurden. Und wirklich verstecken konnte man sich hier auch nirgends, außer in dem Fitnessstudio auf der anderen Straßenseite und wenn jemand von uns dort aus dem Fenster spränge, um den Unbekannten zu fassen, würde dieser das sicher bemerken und flüchten.

"Und wenn..." Sakura zögerte, noch immer nicht überzeugt von meinem Plan. "Wenn wir uns selbst in Kinder verwandeln?"

Einen Moment starrte ich sie an, dann grinste ich breit. "Sakura-chan, du bist ein Genie! Ich könnte dich küssen!

"Lass mal." nuschelte sie abweisend, doch zumindest schien sie jetzt einen Entschluss gefasst zu haben, denn sie sah uns mit diesem ehrgeizigen Glänzen in den Augen an, das so typisch für sie war. "Also gut. Die Kindergärtnerin lässt sicher mit sich reden und wenn wir uns unauffällig verhalten spricht uns der Verdächtige vielleicht an - Zumindest aber würden wir bemerken, wenn eines der Kinder länger weg ist."

"Zumindest Naruto wird kein Problem haben, sich wie ein Kind zu benehmen", merkte Sasuke kühl an, doch mehr als ein "Hey!", brachte ich zu meinem Protest nicht heraus, ehe Sai etwas anmerkte.

"Ein letztes Problem haben wir noch", meinte er und nickte zu dem Uchiha. "Was machen wir so lange mit ihm?"
 

"Du bist!"

"Hey, warte!"

Leicht lächelnd sah ich den Kindern zu, die sich lachend über den Spielplatz jagten. So sollte jede Kindheit verlaufen...

"Du siehst nicht unbedingt kindlich aus." bemerkte ich zu Sasuke gewandt, der neben mir mit verschränkten Armen an einem Baum lehnte. Wir hatten hin und her überlegt, aber uns war keine andere Möglichkeit eingefallen, als ihn mitzunehmen. Natürlich hatte ihm das gar nicht gepasst, aber schließlich hatte er sich doch in den mürrischen Jungen verwandelt, dem ich jetzt gegenüberstand. Kleidung hatten wir uns aus dem Fundus des Kindergartens geliehen, sodass ich eine Latzhose trug, die der Uchiha aus unerfindlichen Gründen nicht gewollt hatte. Die war total cool!

"Das hatte ich auch nicht vor." brummte er kühl.

"Eigentlich sahst du nicht mal als Kind kindlich aus." erinnerte ich mich munter und suchte die vertrauten markanten Züge in dem weichen, rundlichen Kindergesicht. "Du hattest diesen zynischen, bitteren Ausdruck schon immer."

"Woran das wohl lag?"

Ich war seinen Sarkasmus schon gewöhnt und ging nicht darauf ein. Es war zwar nicht so schlimm, wie es schon mal gewesen war, aber er war wieder dazu übergegangen, böse Sprüche zu machen. Diesmal ließ ich mich aber nicht derart davon aufputschen, was womöglich daran lag, dass ich, seit ich nicht mehr so sehr in den Morden hing, wesentlich ausgeglichener war.

"Warum jammerst du dann, wenn du jetzt einen Tag von der verpassten Zeit zurückhaben kannst? Spiel lieber fangen mit mir!", grinste ich und lief vor ihm weg, doch natürlich kam er mir nicht nach. Ich überließ es Sakura, sich um ihn zu kümmern, während ich mit den Kindern spielte, was wirklich Spaß machte.

Natürlich behandelten sie uns jetzt wie Gleichaltrige - wir hatten ihnen nichts von unserem Plan erzählt, um diesen nicht zu gefährden. Aber das änderte nichts daran, dass ich mir diese ausgelassene Fröhlichkeit für eigene Kinder wünschte. Für eine eigene Familie. Diese Spielereien wären ein schöner Ausgleich gegen meinen Alltag und ich stellte es mir schön vor, von etwas fröhlicherem als einem kühlen ´Hm.` begrüßt zu werden, an das ich mich von Sasuke schon so sehr gewöhnt hatte. Ja, ich wusste, dass es nicht immer nur Lachen und Spielen gab sondern auch anstrengende Zeiten - Aber die Zeit, die so sein würde, würde genügen.

Ich lief dem Ball nach, den ein Mädchen zu weit geworfen hatte und wollte ihn gerade aufheben, als ich ein paar schmuddeliger Schuhe erblickte. "Hey, Kleiner", sagte der Fremde, der hinter dem Zaun direkt mir gegenüber stand. Ich blickte auf, konnte sein Gesicht aber nicht erkennen, weil er den Schal darum gewickelt hatte. Offenbar hatte er seit seinem letzten Besuch, bei dem er sich Miu unverhüllt gezeigt hatte, gelernt - Denn das hier war eindeutig der Mann, von dem sie gesprochen hatte. "Dich habe ich hier noch nie gesehen. Bist du neu?"

Den Ball an die Brust gedrückt schüttelte ich den Kopf und wich etwas zurück, allerdings nicht aus Angst - der Typ war tatsächlich um einiges kleiner als mein erwachsenes Ich - sondern, damit die anderen es bemerkten.

"Ah, du brachst nicht schüchtern sein. Ich hab nur ein paar Fragen", erklärte er. Ich runzelte die Stirn; Irgendwie kam mir die Stimme bekannt vor, aber ich konnte sie nicht zuordnen. Er sah die Geste wohl als Ausdruck von Skepsis, denn er hob abwehrend die Hände. "Schon ok, wenn du nicht magst. Du kannst mir ein paar von den anderen schicken, mit denen bin ich befreundet. Tust du das?"

"Was wollen Sie denn wissen?", fragte ich um Zeit zu gewinnen. Sasuke hatte mich bemerkt; Ich spürte seinen Blick wie Eiswasser meinen Nacken runterlaufen.

"Sehr schön! Du hast doch gehört, was mit den Kindern passiert ist?" Ich nickte langsam, jetzt wirklich skeptisch. "Waren darunter Verwandte von dir? Geschwister vielleicht?"

Mir wurde speiübel. Was war das für ein Mann, der traumatisierte Kinder so etwas fragte, wo sie gerade Freunde verloren hatten? Das selbst alles nicht verstanden? "Nein... Warum wollen Sie das wissen?"

"Ah, ich bin nur neugierig... Gestern waren doch Leute hier, nicht? Weißt du ihre Namen?" fuhr er unbeirrt fort. Ich zuckte leicht zusammen, denn das ganze war geheim gewesen. Niemand außer uns vieren hatte etwas von unserem Besuch gewusst - Oder zumindest hatten wir das gedacht.

Bevor ich antworten konnte, wurden wir vom Knirschen des Schnees unter Kinderschuhen unterbrochen. Mit verschränkten Armen standen meine Freunde rechts und links neben mir, die Blicke streng auf den Fremden gerichtet. "Ist er das?", wollte Sakura wissen und ich nickte.

"Moment... Was?", stotterte der Verdächtige. Er sah zwischen den anderen und mir hin und her, dann musterte er mich noch mal genauer und weitete seine Augen, als ob er mich erkennen würde. "Du…!", japste er erschrocken.

"Sie brauchen nicht schüchtern sein. Wir haben nur ein paar Fragen", feixte ich in seinen Worten.

Wie zu erwarten gewesen war, drehte er sich um und ergriff die Flucht. Ohne es abgesprochen zu haben setzten wir ihm alle nach. Sakura sprang den hohen Drahtzaun entlang, Sai war verschwunden, um ihm den Weg abzuschneiden und Sasuke hielt sich an mich, als ich stolpernd den vereisten Weg entlang hinter dem Flüchtenden her rannte. Es hätte dem Typ eigentlich klar sein müssen, dass er nicht entkommen konnte, vor allem, weil er wesentlich unsicherer auf den Beinen war als wir, aber er versuchte hartnäckig, hackenschlagend im Gewirr der Gassen zu entkommen. Als er versuchte, eine Wand hochzuklettern, schnappte ich nach seinem Schal, der sich gelöst hätte, hätte Sasuke nicht das andere Ende genommen. Gemeinsam holten wir das möchtegern Äffchen von der Mauer. Ich warf dem Uchiha einen Blick zu, als seine Augen aufblitzten und er einen Moment zu spät losließ. Nicht mal drei Sekunden nach mir, aber lange genug, um dem Fremden ein Röcheln zu entlocken.

Dieser wehrte sich wehement gegen mein Gewicht auf seiner Brust, schlug mir sogar so hart ins Gesicht, das mein geliehener, kleiner Körper einen halben Meter zurückgeschleudert wurde. "Naruto!" rief Sakura von irgendwo über uns, aber ihre Sorge war unbegründet, denn der Verdächtige wurde bereits an den Haaren von mir weggezogen.

Fluchend rieb ich mir den schmerzenden Kopf, während ich mich mühsam aufrichtete. Der Schlag hatte das Jutsu gelöst, sodass ich jetzt in gewohnter Form auf dem Hintern im Schnee saß und zu Sasuke aufblickte, der das Arschloch im Würgegriff hielt und ihm so leise etwas zuflüsterte, dass ich es nicht verstand. Die Worte zeigten Wirkung; Der Mann erbleichte und hielt bereits still, als Sakura, ebenfalls in ausgewachsenem Körper, neben dem Uchiha landete.

Sie wandte sich mir zu. "Aller ok?" fragte sie besorgt, als sie mich auf die Beine gezogen hatte, und inspizierte dabei die Schürfungen in meinem Gesicht. Ich nickte nur, denn bis auf die schmerzende Wange fehlte mir nichts. Einen Moment sahen wir uns an, dann wandte das Mädchen sich peinlich berührt ab, als Sai zu uns kam. Ich räusperte mich verlegen, trat dann aber eher verärgert auf unseren Verdächtigen zu. Er versuchte erneut, sich zu befreien, aber Sasukes Griff um seinen Hals war eisern und entlockte ihm erneut ein Röcheln.

"So, du kleine Ratte schlägst also Kinder, hm?", fragte ich zornig, bevor ich ihm den Schal aus dem Gesicht zog - und erstarrte.

Denn das war Seishiro Misami, der Reporter, dem ich den wenig schmeichelhaften Zeitungsartikel bezüglich der Michelangelo-Fälle verdankte.
 

~ ♥ ~
 

Hallo, meine Lieben.
 

Nach längerer Pause hier das neue Kapitel - Ich hoffe, es hat euch gefallen.

Genauso hoffe ich, dass es jetzt etwas schneller vorangehen wird, denn jetzt beginnt der... Nun, ich nenne es mal ´Interessante` Teil ( Obwohl ich natürlich hoffe, bisher fandet ihr es auch interessant... ) bezüglich Sasuke und Naruto. :3

Ein bisschen Geduld noch!
 

lG SaSi

4. Victim: Art

Ihm gefiel der Name, den sie ihm gegeben hatten; Michelangelo.

Wie ein ängstliches Flüstern rann er von Mund zu Mund und verbreitete die Nachricht, dass die Stadt einen neuen Herren hatte. Die alten Meister konnten zu Grabe getragen werden, denn die lächerlichen Maßnahmen, die sie gegen ihn getroffen hatten, waren fast eine Beleidigung. Hätte er es gelassen, das Monster in seiner Brust hätte diese schwächlichen Wachen und alle, die sie schützten, schon längst zerfleischt, verbrannt, zermalmt... Eine Gänsehaut lief ihm bei dem Gedanken den Rücken runter; NIEMAND war ihm gewachsen. Er war der Herrscher über diese Stadt, die seiner eigentlich nicht mal würdig war.

Wonach es ihm auch verlangte, er konnte es einfach nehmen, denn wer sollte ihn schon aufhalten? Sein kleiner Jäger sicherlich nicht, war der doch genauso blind wie alle anderen.

Und obwohl er alles haben konnte, war er heute doch nicht mit einem bestimmten Ziel losgezogen. Die Unruhe, die das Monster in ihm verursachte, wenn es nicht gefüttert wurde, war in den letzten Wochen so sehr in anderen Beschäftigungen untergegangen, dass er sie gar nicht bemerkt hatte bis zum heutigen Abend.

Heute, als das Brüllen der Bestie zum ersten Mal nicht aus purer Mordlust erklungen war.

Heute, als er das erste Mal nicht nur um des Tötens Willen töten wollte.

Heute, als sein Jäger nicht völlig auf ihn fixiert gewesen war und ihm damit die Grundlage seiner Selbstbeherrschung unter den Füßen weggezogen hatte.

Er war verwirrt von dem Gefühl, etwas anderes als die Macht zu begehren, die ihm das Töten bescherte, aber es war da, juckte, lästig, wie ein Mückenstich. Und es würde sich nur betäuben lassen von dem Rausch von Blut auf seiner Haut.

Ziel- und orientierungslos lief er durch die leeren Straßen, verborgen vor den Augen der Wachen, die genauso gut hätten blind sein können, einem Instinkt folgend, der ihn immer weiter trieb. Ein Instinkt, den er nicht immer gehabt hatte. Früher, in einem anderen Leben, hatte er es gehasst; Den Geruch von Blut, das Geräusch von schmerzerfüllten Schreien, das Gefühl brechender Knochen unter ach so dünner Haut, die entsetzten Blicke, den bitteren Geschmack auf der Zunge...

Aber er hatte sich daran gewöhnt, hatte nicht anders gekonnt, als sich in das zu ergeben, was das Monster ihm diktierte, denn es hatte völlig die Kontrolle über ihn. Es lauerte hinter jedem seiner Gedanken, und obwohl er es meistens ignorierte, so war es doch immer da. Und inzwischen wollte er es auch gar nicht mehr anders.

Jetzt sagte ihm die Bestie, wo er hinlaufen musste. Sie witterte das Leid von Menschen wie ein Wolf seine Beute. Ohne es zu planen beschleunigte er seine Schritte.

Hier jagte jemand in seinem Revier und das passte seinem Dämon gar nicht.

Sein Weg führte ihn zum Fluss, auf dessen halb gefrorener Oberfläche Müll träge in Richtung Meer trieb. Die Lichter der Laternen von der anderen Straßenseite glitzerten auf dem Eis und warfen trübes Licht herüber. Vor dieser Kulisse standen drei Männer, von denen einer nach Angst stank und wimmernd um sein Leben bettelte.

Michelangelo blieb stehen, beobachtete die Fremden eine Weile, sah zu, wie der Feigling durch einen nicht besonders gekonnten Messerstich getötet wurde. Sein Körper klammerte sich noch lang genug an das Leben, um den Henker näher treten zu sehen, doch dann röchelte er ein letztes Mal angestrengt und war tot.

"Schaff ihn ins Wasser zu dem anderen Dreck." befahl der Kleinere der beiden, welcher den tödlichen Stich ausgeführt hatte. Noch hatte keiner von ihnen Michelangelo bemerkt. Der Kleine wischte das Messer ab und wandte sich ab, um eine Zigarette anzuzünden, geriet aber ins Stocken, als er den Henker sah. Einen Moment sahen sie sich an, dann seufzte der andere, gerade so, als hätte jemand das letzte Stück Kuchen vor seiner Nase weggeschnappt. "Wir haben Besuch." verkündete er seinem Kumpanen, ohne den Blick abzuwenden. Und völlig ohne Angst in der Stimme.

Der Henker lächelte; Nur, weil er eine Waffe hatte, dachte er, er würde heute Nacht nicht sterben... "Dummkopf."

"Was hast du gesagt, du kleiner Pisser?!" fauchte der Anführer und fuchtelte mit dem Messer in Michelangelos Richtung, doch das beeindruckte diesen nicht im geringsten. Er beachtete den aufgebrachten Mann nicht mal. Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf und in die Augen hängendem Haar beobachtete er, wie der Helfer die Leiche mit einem letzten Tritt ins Eiswasser beförderte, wo sie knackend und gluckernd in den Fluten versank. Scheinbar irritierte sein fehlender Fluchtinstinkt den Anführer, denn er wich etwas zurück, ohne das Messer wegzustecken.

"Der ist bekloppt... Töte ihn."

Der Helfer gab ein widerwilliges Grunzen von sich, ehe er tat, wie ihm befohlen. Auf ihn hatte die Waffe durchaus Wirkung. Michelangelo beugte leicht die Knie, während er seinen Gegner musterte. Er war groß und kräftig. Das könnte lustig sein.

Leider war er nicht so geschickt wie er bullig war, sodass Michelangelo sich leicht unter den grabschenden Händen des Mannes hindurch ducken konnte. Enttäuscht seufzend stieß er die Handballen nach oben, trieb sie so fest gegen das Kinn des anderen, dass dessen Kopf nach hinten gerissen wurde. Ein befriedigtes Knurren rollte über seine Lippen, als das Genick mit einem Knacken nachgab und der massige Körper zu seinen Füßen zusammensank. Wo er hingehörte.

Er hob den Blick und begegnete dem des Anführers, welcher ihn fassungslos anglotzte. Michelangelo lächelte erneut. Gelassen bückte er sich nach dem Toten, zog den schweren Körper an den Haaren mit Leichtigkeit auf Hüfthöhe zu sich heran, sodass die leeren Augen seines Kammeraden den Anführer vorwurfsvoll anglotzen konnten.

"Ich denke, ich sollte ihn zu dem anderen Dreck werfen." sinnierte er nachdenklich. "Was meinst du?"

"D-Du hast sie doch nicht mehr alle!" stieß der Anführer - Der Feigling - Hervor, bevor er davonrannte.

Damit hatte er schon gerechnet. Obwohl es ihm widerstrebte, seine Tat zu vertuschen, schmiss der Henker sein Opfer der anderen Leiche nach in den Fluss. Das hier war nicht die heutige Mahlzeit des Monsters. Auch der Feigling würde es nicht sein, obwohl er diesem jetzt mit fast gemächlichen Schritten nachsetzte.

Heute jagte er den Anführer dieses Schakal-Rudels, das sich in seinem Gebiet eingenistet hatte.
 

Das Viertel, in das ihn der Feigling unwissentlich führte, war wohlhabender als erwartet. Andererseits warfen die schmutzigsten Geschäfte auch den größten Profit ab; Man sehe nur die Führungsriege dieses Rattennests von einem Dorf an.

Michelangelo folgte dem anderen in eine Gasse neben einem grell beleuchteten Bordell, wo er sah, wie der Mann mit jemandem sprach, bevor er in dem Gebäude verschwand. Ohne Eile folgte er und wurde von einem grimmigen Gesicht begrüßt, als er an die Tür klopfte. "Was willst du, Kleiner? Das hier ist kein Kinderspielplatz." wies der Fremde ihn unfreundlich ab und wollte den Eingang schließen. Michelangelo legte sanft die Hand auf den Stahl der Tür und hielt diese gegen den Druck des Pförtners offen. "Was zur...? Verpiss dich, Mann, sonst werd ich sauer!"

"Lass mich rein. Dann muss ich dich nicht töten." erklärte der Henker sachlich, obwohl alles in ihm das Genick dieses Mannes brechen wollte, der ihn als Kind titulierte. "Ich suche den Mann, der gerade hier rein ist."

Der Türsteher, der bei der Erwähnung seines Ablebens nur verächtlich geschnaubt hatte, gab den Machtkampf um das Auf- oder zu der Tür auf, behielt jedoch den Arm ausgestreckt, sodass Michelangelo nicht eintreten konnte. "Du kennst den?"

"Ich sagte, dass ich ihn suche, nichts anderes." seufzte er, doch jetzt war er des Diskutierens überdrüssig. Er musste nicht betteln, wenn er etwas wollte.

Eine Minute später stieg er über die Leiche, deren Blut an seinen behandschuhten Händen ihn nicht kümmerte. Durch einen dunklen Flur lief er dem Gestank des Feiglings nach, eine Treppe hoch und weiter in den zweiten Stock, der eher nach der edlen Wohngegend aussah, durch die er zuvor gewandert war. Zumindest mehr als die versifften Gänge der unteren Etagen, die offensichtlich nicht für Gäste gedacht waren. Eine Tür zu seiner rechten öffnete sich und er stand vor einem großen, schönen Mädchen in einem kurzen Bademantel, welches ihn abgeklärt musterte, als wäre sie es gewöhnt, halbnackt vor fremden Männern zu stehen.

"Bist du ein Gast vom Chef?" fragte sie und verdrehte die Augen als er nicht antwortete. "Dass ihr alle immer so auf super mysteriös machen müsst... Na komm, ich bring dich zu ihm."

Ohne etwas zu erwidern folgte er ihr, beobachtete ihr langes, blondes Haar, das auf ihrem Rücken hin und her schwang wie das Pendel eines Hypnotiseurs. Sie führte ihn zu einer zweiflügligen Tür am Ende des Flures und bedeutete ihm zu warten, wobei ihre blaugrauen Augen suchend über sein Gesicht wanderten. Das Monster gurrte, als er von sich aus die Hand nach ihr ausstreckte, um ihr Gold-Haar zu berühren, um diese verführerisch blauen Augen an sich zu nehmen, doch bevor er sie erreichen konnte verschwand die Blonde hinter der Tür.

Nur gucken, nicht anfassen.

Allerdings sah er nicht ein, wieso er warten sollte, weshalb er die Tür aufzog und eine erschrockene Gesellschaft vorfand, die ihn anstarrte. Der Feigling stotterte "D-Das ist er, Chef! Die kleine Schlampe hat den Bekloppten reingelassen!", der Anführer musterte den Eindringling gelassen, während er seine Waffe zog und das Mädchen versuchte dem Schlag auszuweichen, den der Feigling ihr für ihren Fehler verpassen wollte.

Die Lippen kräuselten sich dem Henker spöttisch, als er in den Lauf der Pistole des Schakals blickte. Sie waren alle ein so lächerlich naiver Haufen...

Michelangelos Blick wanderte von der Frau, die wimmernd neben einer Ledercouch kniete, zu dem Feigling. Er hatte sie geschlagen. Niemand außer ihm, ihrem Richter, ihrem Henker, durfte das. Das Mädchen und ihre Angst waren sein Eigentum und er teilte nicht. Niemals.

"So, so, du hast also einen meiner besten Männer getötet... Mit bloßen Händen." resümierte der Anführer des ganzen, nachdem er Michelangelo ausgiebig gemustert hatte, dann drehte er sich nach seinem Helfer um. "Willst du mich eigentlich verarschen?! Das ist ein verdammtes Kind, Mann! Warum habt ihr ihn nicht einfach umgelegt? Dafür bezahle ich euch immerhin."

"Wenn ich´s dir doch sage; Der hat eine Macke! Erschieß ihn!" Wütend wegen der Maßregelung trat der Feigling nach dem Mädchen.

"Fass sie nicht an."

Michelangelos Stimme war tonlos, aber der kleine Mann hielt mitten in dem Tritt, den er der Blonden gerade geben wollte, inne und diese blickte ängstlich zu ihm herüber. Der Chef dagegen brach in lautes Gelächter aus. "Du bist mir einer - Verteidigst die Ladys, huh? Klingt mir nicht nach einem Killer."

"Chef, der hat sie nicht alle... Und die kleine Schlampe steht doch drauf."

"Halt die verdammte Fresse und erzähl jemand anderem deinen Scheiß. Der Junge macht doch nichts. Und es kotzt mich schon ewig an, wie du mit meinen Mädels umgehst. Nur, weil du sie nicht ficken darfst, heißt das nicht, dass du sie schlagen kannst." Der Anführer ignorierte das Zähneknirschen des anderen, als er zu der Blonden ging und sie auf die Beine zog, um sich mitsamt ihr Michelangelo zuzuwenden. "Na, Kleiner, schon mal ne Fotze gesehen?" Mit diesen Worten riss er dem Mädchen den Bademantel von ihrem ohne Frage schönen Körper. "Ich bin ja nicht so - Du kannst sie haben. Was sagst du dazu? Wir könnten..."

Michelangelo sah dem Chef emotionslos in die Augen. "Lass sie los." verlangte er, ohne das Toben des Monsters in seiner Brust auf seinem Gesicht zu zeigen.

"Jetzt reicht´s aber, Junge." blaffte der Ältere und fasste der Blonden grob zwischen die Beine. Sie verkrampfte sich, gab aber keinen Ton von sich. "Sie gehört mir, also kann ich mit ihr machen, was ich will."

Im Bruchteil einer Sekunde war er bei dem Mann, trat ihn aus einer kräftigen Drehung so fest ins Gesicht, dass er einige Meter weggeschleudert wurde. Knurrend duckte er sich vor dem Mädchen; Verteidigte seine Beute.

Der Feigling wollte sich an ihm vorbeischleichen und als Michelangelo nach ihm griff zerschnitt er sich dabei die dünnen Handschuhe, doch das war nicht weiter wichtig; Blut hatte er keines verloren. Brutal entwand er dem anderen die Klinge und rammte sie ihm in den Hals, aus dem eine Fontäne roter Flüssigkeit auf den Henker sprudelte. Fast gierig öffnete er den Mund, kostete vom Leben des anderen, ehe dieser in sich zusammensank und mit einem jämmerlichen Grunzen verblutete.

Blutüberströmt, das Messer noch immer in der Hand, wandte er sich um. Der Anführer rappelte sich gerade stöhnend auf, eine Hand auf den schlappen Arm gedrückt, den Blick entsetzt zwischen Michelangelo und seinem toten Helfer hin und her wandernd. Der Henker indess hatte im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt; Er ließ die Zunge über die Klinge gleiten, dann stürzte er sich auf seinen zweiten Gegner, der kurz darauf tot zu seinen Füßen lag.

Schwer atmend schluckte er die Galle runter. Ein Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit. Es war das Mädchen, das versuchte, aus dem Raum zu kriechen und aufkreischte, als sie seinen Blick bemerkte.

"B-Bitte, tu mir ni-nichts...!" wimmerte sie, noch immer in ihrer sinnlosen Flucht begriffen. Die Tränen machten sie noch attraktiver, indem sie schwarze Make-Up Streifen und rote Flecken auf ihre Wangen zeichneten. Langsam kam er ihr nach, um nicht seinem überschäumenden Verlangen zu erliegen. "Ich tu alles! Bitte, oh, bitte, tu mir nicht weh...!" Sie gab ihre Flucht auf, als er vor ihr stand, sah mit großen, geröteten Augen zu ihm auf. "A-Alles...!" wiederholte sie und griff nach seiner Hose, obwohl es sie offensichtlich anwiderte, den blutgetränkten Stoff zu berühren.

Er sah zu, wie sie sie öffnete. Fragte sich, ob er das wollte - Oh, sein Körper machte deutlich, wie sehr er es wollte! Aber als sie die Lippen um ihn schloss wurde ihm bewusst, dass das nicht ging. Er musste sie töten - Ihm war klar, dass er diesem Drang niemals widerstehen könnte, selbst, wenn er es gewollt hätte. Noch dazu hatte sie gesehen, was er getan hatte. Also strich er ihr fast zärtlich durch das weiche Haar, bis sie ihn ansah. Er wollte die Angst in ihrem Blick sehen, wenn er sie tötete, während sie seinen Schwanz im Mund hatte.

Langsam hob er die Hand mit dem Messer, doch noch ehe sie auch nur schreien konnte stieß er kräftig zu, in ihren ach so schlanken Hals. Als sie nach hinten kippte, trieb er die Klinge noch mal in sie. Und noch mal. Und noch mal, bis nichts mehr übrig war von ihrem Körper oder ihrem Gesicht oder ihrem Haar, dass er schön finden konnte.

Keuchend kniete er über der zerschundenen Leiche, von der nur noch der Bauchbereich unversehrt war. Auf diesen ritzte er das Wort ´Hure`.

Der Chef bekam die Aufschrift ´Mörder`, der letzte im Bunde ´Feigling`.

Michelangelo sah sich um. Er hatte mehr getötet, als er gewollt hatte, aber wie erwartet betäubte der Rausch alle seine vorherigen Bedürfnisse befriedigend endgültig.
 

~ ♥ ~
 

Hallo Leute! :D
 

Danke und Willkommen an die fünf neuen Abonnenten, ich freu mich. ♥

Ein, zwei Kommentare wären zwar auch lieb gewesen, aber oh well, whatever! xD
 

Das Kapitel ist ungeplant lang geworden - Und ´Michelangelo` gibt sich ungewohnt gesprächig. :D

Er scheint ja eine Neigung zu Blondinen zu haben; Erst das kleine Mädel und jetzt die Prostituierte... Aber einen besonders guten ´Retter in der Not` gibt er irgendwie trotzdem nicht ab. xD°
 

Das nächste Kapitel wird jetzt wieder etwas auf sich warten lassen, aber ich versuche, es so bald wie möglich hochzuladen. Also: Stay tuned. :D
 

lG SaSi

Masterpiece

Tsunade war alles andere als angetan; sie schrie und schimpfte und tobte schon seit einer halben Stunde und einige Bürogegenstände und -Möbel hatten bereits ihr Leben gelassen. Ich zumindest war froh, dass dieser Zorn sich ausnahmsweise nicht gegen mich richtete und man sah ihnen deutlich an, dass es meinen Teamkollegen ähnlich ging. Sakura stand rechts neben dem Reporter, Sai und ich links. Sasuke hatte man des Raumes verwiesen; Zumindest seine Beteiligung an der Sache würde später noch Ärger geben, obwohl letztendlich er es gewesen war, der Misami geschnappt hatte. Ich machte mir Sorgen um ihn, denn ich vertraute den Wachen nicht, die auf ihn aufpassen sollten. Andererseits hätten sie es sicher nicht gewagt, ihn anzurühren, wusste doch jeder, wie ich reagierte, wenn es um ihn ging.

"Sie wissen gar nicht…", verkündete Tsunade und nahm kopfschüttelnd einen Schluck Sake. "In was für eine Scheiße Sie uns alle geritten haben. Die Leute laufen fast Amok, ist Ihnen das klar? Schnüffeln in einem verdammten Kindergarten herum, nachdem sämtliche Eltern der Stadt in Alarmbereitschaft sind... Wenn Sie Pech gehabt hätten, hätten Sie umgebracht werden können, machen Sie sich das bewusst!"

"So weit ist es ja nicht gekommen. Und die Leute wären auch ohne meine Berichte..."

"Ich denke, dass Sie sie aber geschrieben und damit die Situation beeinflusst haben. Ganz zu schweigen von den Kindern, die Sie zu Tode geängstigt haben!" Sie holte Luft, rieb sich über die Schläfe. "Ich würde Sie gerne einsperren - Sie wissen gar nicht, wie gerne - Aber dafür gibt es keinen Tatbestand." Unwillig grummelnd rieb ich mir den schmerzenden Kiefer; Ich sah das anders, aber leider hatte die Hokage natürlich Recht. Für Journalismus wurden noch keine Strafen verhängt. "Also werden Sie noch einen Bericht über all das schreiben - Einen, in dem Sie all den Müll zurücknehmen und sich bei den Familien entschuldigen und die Tatsachen auf den Tisch legen. Danach will ich KEIN WORT mehr über den Fall von Ihnen in die Finger bekommen. Schreiben Sie von mir aus über den Häkelkurs Ihrer Oma, das ist mir scheißegal. Haben Sie das verstanden, Misami?" Tsunades Blick hätte Blut in Eis verwandeln können und brachte den Reporter dazu, schwer zu schlucken, aber den Mund zu halten und zu nicken. Einen Moment starrte die Hokage ihn noch an, dann machte sie eine wegwischende Handbewegung. "Gut, dann gehen Sie mir jetzt aus den Augen."

Wir warteten, bis der Mann gegangen war, auf Anweisungen unserer Vorgesetzten, die jedoch nicht kamen. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, die Finger vor dem Gesicht gefaltet, musterte sie uns einen nach dem anderen. Sakura wurde nervös, wich dem Blick ihrer Meisterin aus. Sai lächelte unbeteiligt. Und ich konnte einfach nicht den Mund halten, als sie mich ansah: "Baa-chan, wir haben doch nichts falsch gemacht! Der Typ war gefährlich und..."

"Was hätte er denn deiner Meinung nach tun sollen? Die Kinder mit Druckerschwärze anmalen?", platzte die Alte heraus und funkelte mich erbost an. "Noch dazu habt ihr gegen meine AUSDRÜCKLICHE Anweisung mit vollem Bewusstsein verstoßen und euch in die Ermittlungen des Michelangelo Falls eingemischt, der euch nichts mehr angeht. Wenn den Kindern oder euch etwas passiert wäre..." Sie schüttelte den Kopf. "Noch dazu mit Sasuke. Mein Gott, seit ihr von allen guten Geistern verlassen? Der Junge ist weit entfernt davon, arbeitsfähig zu sein! Und habt ihr nicht gelesen, was man über ihn... Über dich, Naruto, und ihn geschrieben hat? Weißt du, was für ein Licht das auf dich wirft - Und somit auch auf mich? - Wenn ein Mann, der als psychisch labiler Ex Missing-Nin bekannt ist, in einem Fall arbeitet, bei dem es um Kinder und einen verdammten Serienkiller geht?"

"Dein Ansehen, ja?", fragte ich leicht herablassend.

"Ja, MEIN Ansehen. Das ist wichtig für das Dorf", fauchte die Hokage mich an und ließ die Faust so fest auf den Tisch knallen, dass dieser ein erbärmliches Knarzen von sich gab. "Mit solchen Aktionen untergräbst du meine Autorität und gefährdest Menschenleben... Oh ja, ich weiß, dass das deine Schnapsidee war, Naruto Uzumaki!"

Unbehaglich sah ich zur Seite. Ich hatte weder vorgehabt, respektlos ihr gegenüber zu sein, noch, jemanden in Gefahr zu bringen, aber mir war klar, dass das hier meine Schuld war und das daran auch Sakuras beschwichtigende Worte, auf welche Tsunade nicht mal reagierte, nichts ändern konnten. Eine Weile kehrte wieder Schweigen ein, in welchem die San-nin in ihren Dokumenten kramte. Ich warf Sai und Sakura fragende Blicke zu, doch die beiden zuckten nur die Schultern, während unsere Vorgesetzte eines der Papiere ausfüllte. Ich schluckte; War das meine Suspendierung...?

Schließlich schob sie es mir hin. "Ich nehme an, ihr habt niemandem sonst von der Aktion erzählt?" Einvernehmliches Nicken als Antwort. Sie seufzte erleichtert. "Sorgt dafür, dass das unter uns bleibt - Sagt das auch Sasuke. Das hier..." Mit einem langen Fingernagel tippte sie auf das Dokument. "Ist der Auftrag für die Observation. Liefert mir baldest möglich die Berichte ab. Falls doch jemand danach fragt, sagt, ihr musstet alles geheim halten, um bei dem Verdächtigen kein Misstrauen zu wecken."

Sakura nahm den Auftragszettel an sich. Er war auf ein Datum vor unserer Soloaktion ausgeschrieben und eine Lüge, die wir bereitwillig als die Wahrheit unterzeichneten. Unter der jetzt wahren Lüge befand sich ein weiterer Zettel, welcher einen auf den heutigen Tag datierten Auftrag ankündigte.

"Ich möchte kein Wort mehr über diesen Vorfall hören, verstanden?" Wir nickten erneut. "Gut. Das ist eure neue Aufgabe. Im Rotlichtviertel wurden drei, vielleicht mehr, Morde begangen. Geht hin und versucht rauszufinden, ob es sich um einen Bandenkrieg oder ähnliches handelt und beendet ihn, wenn es so sein sollte. Die Leute werden äußerst ungern mit euch reden, aber lasst euch davon nicht abhalten. Jemand, der im Moment durch das Sicherheitsnetz schlüpfen kann, ist gefährlich."

Immerhin waren in der ganzen Stadt mehr Shinobi stationiert als auf einem Schlachtfeld.

"Oder er gehört zu dem Millieu." warf Sakura ein. "Und dann haben wir kaum eine Chance, etwas rauszufinden. Die halten sich gegenseitig den Rücken frei."

"Genau das festzustellen ist eure Aufgabe. Also kümmert euch darum und lasst die Finger von anderen Fällen. Habt ihr das verstanden?" betonte Tsunade.

"Ja, Hokage-sama!" salutierten wir pflichtbewusst im Chor.

Gemeinsam verließen wir das Büro und blieben vor dem Untersuchungszimmer, in dem Sasuke bewacht wurde, stehen. "Sakura-chan, passt du auf ihn auf...?"

Ihr Gesicht wurde düster. "Vergiss es - das ist mein Auftrag", knurrte sie und wedelte mit dem Papier, auf dem tatsächlich ihr Name als Teamleiter eingetragen war, in meine Richtung. "Pass doch ausnahmsweise selbst auf ihn auf, darauf warst du vor ein paar Monaten doch noch so scharf."

"Sakura-chan..." Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, schließlich hatte sie Recht, aber es war dennoch unfair. Sie merkte wohl selbst, dass sie zu weit gegangen war. Zurücknehmen tat sie ihre Worte deshalb aber nicht. Ich fuhr mir durch das Haar, nickte langsam und setzte ein bemüht unbekümmertes Grinsen auf. "In Ordnung... Ich... Wir sehen uns dann später bei mir, ok?"

Ich sah ihnen nach, als sie gingen, schüttelte dann den Kopf, um diese komische Szene aus dort raus zu bekommen. Sakura war einfach angespannt, wie wir alle, das war alles. Das ungute Gefühl wegen ihrer kalten Behandlung blieb, trotzdem gab ich mir Mühe, unbeschwert zu lächeln, als ich den Raum betrat.

"Abholservice!", trällerte ich einem unbeeindruckten Publikum, bestehend aus zwei Wachen und einem Uchiha, entgegen. Letzterer erhob sich, um den Platz an meiner Seite einzunehmen. Während er ging, untersuchte ich ihn mit den Augen nach Verletzungen, aber alles schien an seinem Platz zu sein, sodass ich mich entspannte und ein ehrliches Grinsen zeigte. "Waren alle brav?"

Vielleicht verstand er meinen Scherz, der sich gegen diese alberne Überwachung richtete, mit Absicht falsch, oder er kapierte es ehrlich nicht, jedenfalls nickte einer der Kollegen höchst würdevoll und ernst. "Alles ruhig."

"Äh... Danke... Schätze ich?", antwortete ich, mir das Lachen verkneifend, und verabschiedete mich. Auf dem Flur brach es dann doch aus mir raus und ich schüttelte amüsiert den Kopf. "Wann die wohl endlich einsehen, dass du einer von uns bist?"

Ich lachte noch immer, obwohl Sasuke mir keine Antwort gab, mich nur ansah mit diesem Blick, den ich von allen anderen hasste. Mit dem ´Es ist nichts mehr, wie es mal war`-Blick, wie ich ihn insgeheim schon nannte. Dieser Blick legte sich um meinen Hals wie ein Strick und ich musste einfach weiter lachen, sonst wäre ich vermutlich an dem Ausdruck in Sasukes Augen erstickt.

Wiederwillig schüttelte ich den Kopf. "Nicht du auch noch... Hör auf", verlangte ich, die Stimme mehr verärgerter Befehlston als Bitte. "Du hast uns geholfen - Den Typ letztendlich sogar alleine gefasst. Du gehörst zu uns. Akzeptiert das doch alle endlich mal!"

"Vielleicht solltest DU endlich das Gegenteil akzeptieren", seufzte er, der Diskussion offensichtlich überdrüssig noch bevor sie begonnen hatte.

"Das hier..." Ich machte eine Geste, die die ganze Umgebung einschloss. "Ist dein zu Hause, Sasuke, ob du es willst oder nicht. Hier sind die Leute, die dich lieben und deine familiären Wurzeln. Hier hast du deine Kindheit verbracht und hier wirst du verdammt noch mal alt werden, dafür sorge ich, darauf kannst du Gift nehmen, oh ja!"

Ich funkelte ihn herausfordernd an, doch er erwiderte meinen Blick nur kurz, bevor er erschöpft seufzte. "Ich weiß wirklich nicht, was du dir von diesen Reden noch erhoffst." Ich war auf jede gemeine, mit Sicherheit unter die Gürtellinie zielende Aussage, die dem folgen mochte, gefasst. Aber es kam keine. Mitten auf der Straße stand er einfach nur da und sah mich an, als suche er in meinen Augen tatsächlich die Antwort auf diese Frage, bis er schließlich mit dem Kopf schüttelte. "Ich bin schon zurück, Naruto. Du musst nicht mehr darum kämpfen."

Mit diesen Worten setzte er sich wieder in Bewegung und ich konnte ihm nur verdattert nachgaffen.

Auf solch eine Ehrlichkeit war ich nicht gefasst gewesen und sie machte mich verlegen, weil sie etwas ansprach, das ich nicht sehen wollte. War ich wirklich so versessen darauf, ihn bei mir zu haben, dass ich gar nicht bemerkte, dass ich das schon tat? Er wohnte immerhin seit November bei mir und wie oft hatte ich seither einen Tag nur mit ihm verbracht? Das ließ sich heute, Anfang Februar, an einer Hand abzählen.

"Es ist... Schwierig, das nach all der Zeit, nach allem, was war, einfach so hinzunehmen. Wir haben nie wirklich über alles geredet.", erklärte ich nervös, als ich zu ihm aufgeschlossen hatte.

Das Schweigen, das uns die letzten Monate so gut beraten hatte, brandete auf, als wir weitergingen. Das war kein Thema, welches man auf offener Straße klärte, aber offensichtlich wollte Sasuke es überhaupt nicht klären, egal wo, denn sobald wir in der Wohnung waren zog er sich in sein Zimmer zurück. Enttäuscht und sauer blieb ich vor seiner Tür stehen. Seit er hier war, hatte ich ihm immer alles gegeben, was er wollte; Zeit, Ruhe, Einsamkeit, gelegentlich Aufmerksamkeit, Schutz vor den Dorfbewohnern...

Und vor allem - auch, wenn das nicht auf seiner Wunschliste stand - Liebe.

Ich liebte ihn genug, um seine Launen zu akzeptieren und mich ihnen anzupassen, nur, damit ich neben ihm überhaupt existieren konnte. Es war eine einseitige Symbiose, die wir da eingegangen waren, als wäre ich der Wirt und er eine schmarotzerische Pflanze, die sich auf mir eingenistet hatte. Aber das machte mir nichts. Ich war bereit, all seinen Hass für ihn mitzutragen. Sicher hatte ich nicht alles richtig gemacht, bei weitem nicht, aber ich hatte alles aus den besten Motiven getan und er hatte kein Recht dazu, mich derart abzuweisen. Ich hatte ihm mein Vertrauen und meine Freundschaft geschenkt und alles, was ich dafür bisher bekommen hatte, war ein großer, stinkender Haufen nichts.

Aber damit war jetzt Schluss.

Ich öffnete die Tür ohne zu klopfen und er sah mit einem Blick von seinem Buch auf, der mehr als deutlich ´Na endlich`, ausdrückte. Ruhig klappte er das Werk zu, setzte die Brille ab - Sie stand ihm verboten gut - Und richtete sich auf. Von seiner abwartenden Art verwirrt, vergaß ich alles, was ich hatte sagen wollen. Meine Wut war verpufft und ploppte wie Poppcorn immer neue, kaum zu greifende Gedanken aus dem Nichts. Nervös leckte ich mir über die Lippen, als unsere Blicke sich trafen und er sich abwandte, wie so oft in letzter Zeit. Das kam ja wirklich nur selten vor, aber mir fehlten gerade ernsthaft die Worte.

Langsam ging ich zu ihm, setzte mich auf seine Bettkante. Seinen Blick spürte ich noch auf mir, aber ich sah auf meine Füße. "Glaubst du wirklich, du gehörst nicht mehr hierher?", stellte ich die erste Frage, die ich herausbrachte.

Sasuke lehnte sich zurück gegen die Wand, die Hände über dem Bauch gefaltet. Sein Sweatshirt war an den Ärmeln etwas hochgerutscht, sodass ich die Narben an seinen Unteramen sehen konnte. Er hatte zu viel Blut gesehen... Aber das hatten wir alle. "Ich weiß nicht, was ich hier noch soll", sagte er schließlich. "Aber ich wüsste auch nicht, was ich sonst wo sollte."

"Du sollst leben, Sasuke." Ich wandte mich ihm zu, sah ihn ernst an. "Das ist alles."

Er lächelte humorlos. "Das ist sehr viel verlangt, wenn das ganze Dorf dich tot sehen will."

"Ich nicht." Das war offensichtlich, aber manchmal musste man das Offensichtliche einfach trotzdem in Worte kleiden, so albern man sich dabei auch vorkommen mochte. Ich lehnte mich zu ihm, fasste ihm in die Haare, die Stirn an seine gedrückt, die Augen geschlossen. "Ich will, dass du lebst, Teme. Wenn du´s nicht für dich selbst tun kannst, dann tu es für mich. Für mich, und für Sakura-chan und für Kakashi-Sensei."

"Das ist nicht viel."

"Wenn du die Verantwortung für sie trägst, sind drei Menschen eine Menge." Ohne es wirklich zu bemerken hatte ich angefangen, mit den Fingern durch Sasukes Haare zu kämmen. Er hatte ziemlich dickes aber dennoch angenehm seidiges Haar, das sich verdammt gut anfühlte. Sein Atem, der gegen meine Lippen schlug, roch irgendwie würzig, als hätte er eben erst Kaugummi gekaut oder die Zähne geputzt. Und unter diesen Lippen...

"Naruto."

Ich stockte, sah ihn an und merkte, das meine Fingerspitzen an seiner Halsschlagader lagen, wie um den etwas zu schnellen Puls zu fühlen. "Äh…", machte ich verwirrt und verlegen. Hastig rückte ich von ihm ab. "Sorry."

"Mhm…", brummte der Uchiha als Antwort. Er musterte mich eingehend, aber mir war das einfach peinlich und es kam mir ziemlich unpassend vor, ihm ungefragt so nahe gekommen zu sein. Obwohl... Es sich gut angefühlt hatte.

"Sorry", wiederholte ich und musste mich wegen der trockenen Kehle räuspern. Wir schwiegen eine Weile beide, in unseren jeweiligen Gedanken versunken, bis überraschender Weise Sasuke das Wort ergriff.

"Warum bist du diesmal bei mir geblieben?"

"Ich wollte Zeit mit dir verbringen." Es war überraschend, wie wahr sich diese Lüge anfühlte. Ja, ich war gerne in seiner Nähe, so wortkarg und übellaunig er sich auch gab. Das war schon immer so gewesen.

Er musterte mich, als wüsste er, dass das nicht der ursprüngliche Grund war, aber konnte die Unwahrheit nicht in meinem Gesicht lesen, weil sie von der neuen Aufrichtigkeit verschluckt wurde wie ein Fisch eine Fliege fraß. Ob ihm die Worte deshalb besser gefielen konnte ich nicht sagen, weil er statt einer Antwort sein Buch wieder zur Hand nahm. Eine stumme Aufforderung zu gehen, die ich ignorierte, indem ich neben ihn rutschte und Rücken sowie Kopf gegen die Wand lehnte.

"Was ließt du?"

"Ein Buch", antwortete er und ich musste trotz des abweisenden Tons lachen.

"Ist es ein Porno oder warum willst du´s nicht sagen?"

Mit hochgezogenen Brauen sah er mich an. "Erstens wüsstest du es, wenn ich solche Lektüre besäße - Du zahlst sie immerhin. Und zum zweiten muss ich mich korrigieren; Ich lese gar nichts, wenn du mich weiter ablenkst."

"Das ist der Plan!", grinste ich zufrieden. "Ich brauche Aufmerksamkeit!"

"Geh zu deiner Freundin." Sasuke sah wieder auf die Seiten, der Humor war aus seiner Stimme gewichen.

Ich gab ein wiederwilliges Grunzen von mir. "Bist du echt noch sauer deswegen?" Er sagte nichts, aber das war Antwort genug. "Jetzt hör doch auf! Die letzten Monate über hättest du mich nur angeschwiegen, wenn ich es dir gesagt hätte, das wissen wir beide." So schmerzhaft diese Tatsache war... Und obwohl ich mich freute, ihn weniger nahe an diesem katatonischen Zustand zu erleben, den er bisher gehabt hatte, verstand ich nicht, wieso ich mich rechtfertigen musste. Oder warum ich es tat, schließlich drängte er mich ja nicht dazu. "Wie hätte ich es dir sagen sollen?"

"Das wäre egal gewesen." Er klang nicht gekränkt, aber sobald er mir in die Augen sah wusste ich, dass er es war. "Hauptsache, du hättest es getan."

"Es tut mir ja auch leid... Aber du kennst Hinata. Ihr wäre das sicher peinlich gewesen und..."

"Schieb es nicht auf sie." Sasukes Stimme war leise, aber schneidend kalt. "Das war deine eigene Entscheidung."

Das schlechte Gewissen grub äußerst schmerzhaft seinen spitzen Schnabel in meine Brust. Ich leckte mir über die Lippen und drehte das Gesicht weg, als könnte ich in einer anderen Ecke von Sasukes ordentlichem Zimmer die Wahrheit nicht hocken sehen mit ihrem fetten, boshaften Grinsen. Das hatte ich schon die letzten Monate über versucht und bis heute hatte es auch ganz gut geklappt, aber jetzt musste Sasuke daherkommen und mein Gesicht mit Gewalt in diese unliebsame Richtung drehen in der der Grund für meine Ablehnung zu finden war, wieso ich die beiden so kategorisch voneinander getrennt hatte.
 

Die Wahrheit ist, dass ich die beiden nicht zusammen sehen will.

Nicht etwa, weil ich glaube, sie würden sich weiter streiten wie damals im Krankenhaus, sondern weil ich sie, Hinata...

Die Wahrheit, Naruto.

Weil ich Sasuke mit niemandem außer mir sehen will.

Ich will nicht, dass er die Leute aus unserem Jahrgang wieder trifft, also behaupte ich, er wäre noch nicht so weit.

Ich will nicht, dass er mit Hinata redet, also tue ich, als würde es sie nicht geben.

Ich will nicht, dass er mit Sakura zusammenkommt, also falle ich in meiner Küche fast über sie her, damit sie ihn vergisst.

Alles, damit er nur mich sieht, nur mit mir spricht, nur mich hört, riecht, schmeckt, fühlt, atmet... So, wie ich in all der Zeit, die er weg gewesen war, nur noch ihn wahrgenommen habe. Völlig überdimensional wie einen Schatten vor dem Feuer.

Und warum, Naruto?

Weil...

Nein.
 

Nein, das war genug Wahrheit für einen Tag, mehr als genug. Ich keuchte und zitterte, als hätte ich all das schnell und heftig herausgestoßen und sicher, ob ich es wirklich nur gedacht hatte, war ich mir nicht. Ein Blick auf Sasuke überzeugte mich, denn er sah mich immer noch an, als wolle er die Antwort aus meinen Augen ablesen. Rasch wandte ich den Blick ab; in meinem Gesicht konnte man wirklich viel zu leicht lesen.

Es klingelte an der Tür und ich stand mechanisch auf um sie zu öffnen, weil man das eben so machte, nicht, weil ich unbedingt Wer-auch-immer-an-der-Tür-war sehen wollte. Es waren Sakura und Sai. Zumindest erstere sah mir sofort an, dass etwas nicht stimmte, aber sie beließ es bei einem besorgten Blick.

"Was habt ihr rausgefunden?" fragte ich etwas später, als sie in der Küche verstaut und mit Getränken versorgt waren.

"Dass ich froh bin, mit diesem Milieu nichts zu tun zu haben." Sakura rümpfte die Nase und wies Sai an, mir Fotos zu zeigen. Tja, Sakura, du wolltest ja unbedingt da hin. Anstatt die Bilder zu betrachten, sah ich zur Küchentür, aber Sasuke blieb in seinem Zimmer, also konzentrierte ich mich doch auf den Fall.

Er gehört nicht zum Team, Dummkopf.

"Die Verbrechen geschahen im zweiten Stock eines Bordells." erklärte die Haruno. Auf dem Bild, das sie mir zuschob, war ein Flur zu sehen, der vorrangig in opulenten Gold- und Rottönen gestaltet war. Am Ende gab es eine offenstehende, zweiflüglige Tür. Die folgende Fotografie zeigte vermutlich das Zimmer hinter dieser Tür - Oder zumindest das, was davon übrig war. Der dicke Hochflorteppich war blutbesudelt, genauso wie große Teile der Wände. Auf dem Boden lagen blutige Fleischhaufen, die sich auf den nächsten Abbildungen als grässlich entstellte Menschen entpuppten. "Ich denke, wir können von Mord ausgehen." schlussfolgerte Sakura sachlich.

Meine Finger glitten über eine der Polaroidaufnahmen, auf der der Rumpf eines Frauenkörpers zu sehen war. Zumindest vermutete ich anhand von schmalen Schultern und schlanker Taille, dass das mal eine Frau gewesen war, einen Busen hatte sie nämlich keinen mehr. Stattdessen klafften auf ihrer Brust zwei fleischfarbene Löcher. Auf ihrem Bauch stand in eckigen Buchstaben "Hure".

"Ein wütender Freier?", schlug ich vor und schob das Bild von mir. Wie konnte man jemandem - Vor allem einer Frau - So etwas antun?

"Vielleicht. Aber dann muss er wirklich ziemlich sauer gewesen oder wahlweise unter Drogen gestanden haben. Es wurden nämlich auch noch der Besitzer des Etablissements, ein Hausangestellter und der Türsteher tot aufgefunden." Meine Partnerin schob mir Bilder der jeweiligen Männer zu. Zwei von ihnen waren ähnlich heftig zugerichtet wie die Frau und hatten Wörter auf die Brust geschnitzt, der letzte hatte den Kopf in einem ungesunden Winkel auf Asphaltboden liegen. Ich musterte die Fotos der ersten beiden. "Genau wie bei dem Mädchen wurden die Geschlechtsteile entfernt." kommentierte Sakura das Offensichtliche.

"Hat er sie mitgenommen?" Das taten Killer manchmal - Vor allem die von der Sorte, die weiter morden würden.

"Nein. Der Penis des einen lag direkt neben der zugehörigen Leiche, der des anderen lag in der Nähe der Wand. Wie es aussieht, hat der Täter ihn dorthin geschmissen." Sie zeigte mir ein Bild von einer blutigen Spur auf Tapete, an deren Ende etwas lag, das nicht mehr so sehr an ein männliches Fortpflanzungsorgan erinnerte. "Die Schamlippen der Frau haben wir nicht gefunden, aber wir untersuchen die Gewebereste, die überall im Zimmer liegen."

Als sie stockte, sprach Sai weiter, ein gruseliges Lächeln auf den Lippen: "Die Kollegen meinten, der Täter könnte sie gegessen haben."

"Ist ja widerlich", kommentierte ich mit angewidert verzogenem Gesicht. "Habt ihr schon einen Verdacht?"

"So etwas ähnliches wie du haben wir auch schon in Erwägung gezogen. Aber wie Tsunade-sama vorhergesagt hat, wollte keiner mit uns sprechen. Vermutlich hatten alle vier Toten Dreck am Stecken."

"Was?", fragte ich, als sie den Mund noch mal öffnete, aber nichts mehr sagte.

"Nichts... Nur... Ach, es ist dumm."

"Sag es ihm ruhig. Bevor wir es nicht hundertprozentig ausschließen können, ist alles möglich", forderte Sai sie auf. Offenbar hatten die beiden den Verdacht der Kunnoichi bereits debattiert.

Sie seufzte. "Jaa... Aber ich will nicht rüberkommen, als wäre ich besessen von dem Fall oder würde überall Michelangelo sehen..."

Ich horchte auf. "Was meinst du?"

"Na ja... Die Brutalität, mit der die Taten begangen wurden..." Ihr pink lackierter Nagel tippte auf ein Foto, das die Toten alle drei in einer Perspektive auffing, sodass eine Spur von Blut und Fleischfetzen zu sehen war. "Außerdem hat er eine Nachricht verfasst." Jetzt deutete sie auf die Bilder, auf denen ´Hure`, ´Mörder` und ´Feigling` in blutigen Buchstaben in dünne Haut geritzt waren. "Und... Na ja, die letzten Morde sind über einen Monat her."

"Könnte er nicht einfach aufgehört haben…?", fragte ich hoffnungsvoll, doch Sakura runzelte skeptisch die Stirn.

"Serienkiller können nicht aufhören - Es ist wie eine Sucht. Selbst mit professioneller Hilfe..." Sie schüttelte den Kopf. "Es könnte höchstens sein, dass er sich ein anderes ´Jagdrevier` gesucht hat, aber eigentlich glaube ich das nicht."

"Wieso sollte er auch?" warf Sai ein, der interessiert die Fotos betrachtete. "Hier hat er nichts zu befürchten, immerhin tappt das ANBU-Team genauso im Dunkeln wie wir. Sie verhaften zwar laufend Leute, müssen die aber alle wieder frei lassen wegen fehlender Beweise."

"Hm... ´Verdächtiger Verhaftet` klingt halt besser als ´Keine neuen Ergebnisse`", seufzte Sakure und lächelte, als Sasuke die Küche betrat. "Hallo, Sasuke-kun. War alles gut bei den anderen?"

Er sah sie an, wandte sich dann aber ab ohne zu antworten und setzte sich neben mich. Wenn das mit den beiden jedes Mal so gelaufen war, verstand ich, warum sie nicht mehr auf ihn aufpassen wollte. "Diese Idioten halten ihn noch immer für gefährlich", erklärte ich leicht verärgert.

"Ist er das denn nicht? Noch hat Sasuke-kun nicht das Gegenteil bewiesen."

"Sai…", zischte Sakura warnend.

Der Schwarzhaarige erwiderte meinen Blick mit dem üblichen Lächeln, bis das eisige Schweigen zwischen uns gebrochen wurde: "Vielleicht bin ich tatsächlich gefährlich. Zumindest für einen Schlappschwanz wie dich."

Sakura und ich starrten Sasuke erstaunt an. Bisher hatten wir ihn so gut es ging von Konfrontationen ferngehalten, aber sicher nicht, weil wir mit beleidigenden Antworten von ihm gerechnet hatten. Die beiden Dunkelhaarigen musterten sich eine Weile stumm, als würden sie das Potential des jeweils anderen ausloten. Schließlich wechselte ich das Thema und kam auf das ursprüngliche Problem zurück.

"Also: Was machen wir jetzt wegen der Toten?"

"Naruto…", sagte Sakura vorsichtig. "Ich denke, wir sollten Sasuke-kun diesmal da raushalten..."

"Er ermittelt ja nicht mit, Sakura-chan, aber er wohnt nunmal hier und ich werde ihm nicht verbieten, in unserer Küche zu sitzen", erklärte ich. Sasuke sah sowieso nicht aus, als würde es ihn kümmern, wenn ich ihn bitten würde zu gehen. "Wenn du willst, dass er im Gefängnis untergebracht wird, kannst du es ihm ja sagen."

Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe und sah zur Seite. "... Also gut... Ich denke, diesmal müssen wir von unserem Verdacht erzählen - Wir können den ANBU ja anbieten, diesen Ermittlungszweig zu übernehmen."

"Glaubst du, diese arroganten Affen wollen das überhaupt?" fragte ich ungnädig. Sicher, der Trupp konnte nichts für Tsunades Entscheidung, uns von dem Fall abzuziehen, trotzdem waren sie mir schon aus Prinzip unsympathisch.

Sakura seufzte, ignorierte mich ansonsten aber, um nachdenklich Sasuke zu mustern. "Also gut. Sai und ich werden uns morgen noch ein bisschen umhören und die Zeugenaussagen der Kollegen aufnehmen. Vielleicht können wir ein wenig Druck aufbauen, wie du es bei der Tierklinik gemacht hast."

"Du gefällst mir, wenn du fies wirst, Sakura-chan." grinste ich böse, wofür sie mir eine Kopfnuss verpasste.

"Das hat nichts mit ´fies` zu tun, sondern damit, dass ich den Fall lösen will, Idiot."

"Wenn du so weiter machst, hast du bald noch eine Leiche an der Backe." jammerte ich und rieb mir den schmerzenden Hinterkopf.

Sie schnaubte nur. "Von wegen. Du hältst viel mehr aus. Also hör auf zu meckern und hör zu... Gut. Ich schätze, dir wird nichts anderes übrig bleiben, als Sasuke-kun mitzunehmen. Aber die ANBU wissen ja, dass du auf ihn aufpasst, also dürfte das kein Problem sein. Erzähl ihnen von unseren Befürchtungen und biete Hilfe an. Wenn sie wirklich nicht hören wollen, ermitteln wir auf eigene Faust weiter, immerhin hat die Meisterin uns diese Morde zum Auftrag gemacht."

"Warum muss ich das machen?", schmollte ich und flickte einen Brotkrumen, der vom Frühstück zurückgeblieben war, gegen Sasukes Brust. Er knurrte und trat unter dem Tisch nach meinem Schienbein. "Aua! Du Bastard!"

"Hör auf, Saskue-kun zu beleidigen, Idiot", wies Sakura mich völlig unverdient zurecht.

"Jaaa, Mama." Ich verzog das Gesicht. "Der hat mich getreten!"

"Nenn mich nicht so." Zusätzlich zu dem Tritt kassierte ich noch eine Kopfnuss von Sakura. "Und du wirst tun, was ich sage. Das ist meine Mission und ich gedenke, sie erfolgreich abzuschließen."

Ich erwiderte ihren jetzt ernsten, strengen Blick trotzig, nickte dann aber. "Das werden wir."
 

Wie zu erwarten gewesen war, hatte das ANBU Team nicht wirklich Zeit für mich, aber als ich sagte, es ginge um ihren Fall, schaufelten sie etwas Zeit für mich frei - "Fünf Minuten!", wie sie nicht müde wurden zu betonen. In dem Büro, welches ihnen extra für Ermittlungszwecke zur Verfügung gestellt worden war, herrschte fast noch größeres Chaos als in meinem Arbeitszimmer, als ich noch an dem Fall gearbeitet hatte. Überall stapelten sich Akten und Berichte, Bücher lagen aufgeschlagen herum, Statistiken quollen aus Schubladen, mehrere Karten waren übereinander an die Wand gepinnt und mit unschönen Fotos der Tatorte versehen und das alles war nur die Spitze des Eisberges. Unter dem Papierkram entdeckte ich auch die eine oder andere Aufzeichnung aus meiner Feder oder der meiner Teamkollegen.

"Also, Uzumaki-san, was hältst du für so wichtig?" erkundigte sich die Frau mit den grünen Haaren, Usagi. Ihr Blick war, genau wie die ihrer Kameraden, skeptisch auf Sasuke gerichtet, welcher ihn mit verschränkten Armen gelassen erwiderte. Irgendwie wünschte ich mir fast, sie würden ihn beleidigen. Ich hätte gerne seine Reaktion gesehen.

"Mein Team hat einen Auftrag bekommen, der sich womöglich mit eurem überschneidet. In einem Bordell wurden vier Menschen getötet auf eine Art, die an den Serienkiller erinnert." Auf ihre fragenden Blicke hin schob ich ihnen die Fotos zu, die Sakura und Sai gemacht hatten und erklärte, was die Haruno beobachtet hatte. Sie beugten sich alle drei darüber, aber natürlich konnte ich ihre Reaktionen nicht von ihren Gesichtern ablesen.

"Nun... Nur, weil die Morden in einem Zeitraum stattfanden, der in das Täterprofil passt, ist das kein ausreichender Grund für solche Verdächtigungen." erklärte Usagi betont gelassen. Sie hielt das hier offensichtlich für Zeitverschwendung.

"Wie schon gesagt, es gibt noch andere Begründungen. Meine Teamleiterin schlägt vor, dass wir die Ermittlungen in diese Richtung weiterführen, wenn ihr keine Zeit habt, und uns absprechen, wenn es Neuigkeiten gibt."

"Soweit ich das verstanden habe, sind die Morde sowieso euer Auftrag", stellte die andere Frau, Kaoro, mit milder Stimme, wie zu einem Kind, fest. "Wie heißt deine Teamleiterin?"

Ich gab mir alle Mühe, ruhig zu bleiben. "Haruno Sakura."

Sie notierte sich den Namen. "Ist das nicht eine von Meisterin Hokages Schülerinnen?" Ich nickte. "Ah. Danke. Wie du schon sagtest, haben wir keine Zeit, jedem Hinweis nachzugehen. Hier tauchen täglich zehn angebliche Zeugen auf, deren Aussagen wir überprüfen müssen. Also wird es das Beste sein, ihr sucht mehr Beweise und kommt dann wieder. In diesem Milieu ist Mord nichts ungewöhnliches und ich denke, es ist übereifrig, wegen dieser Zweifelhaften Beweise gleich den Teufel an die Wand zu malen. Behaltet es im Auge und informiert uns."

Wir erhoben uns alle fünf. Kaoro sprach zwar all das freundlich aus, trotzdem war ich verärgert, dass sie mich nicht ernst nahm - Das tat keiner von ihnen. Ich ließ den Blick von einen zum anderen wandern und hasste diese Masken noch mehr als sowieso schon, weil sie es unmöglich machten, in den Gesichtern der Träger zu lesen. Das war zwar auch ihr Zweck, aber hinter ihnen konnte man meiner Meinung nach zu leicht Lügen und Verrat am eigenen Land verbergen.

"Also gut, ich werde das Haruno-san so ausrichten. Aber eins noch." Sie hielten auf dem Weg zur Tür, durch die sie uns geleiten wollten, inne und sahen mich an. "Ihr mögt vielleicht glauben, ich sei dumm. Das ist mir völlig egal. Aber denkt nicht, dass trifft auch auf Sakura-chan zu. Sie ist verdammt clever, vermutlich wesentlich mehr als ihr alle drei zusammen. Und wenn sie meint, Michelangelo könnte in diese Fälle involviert sein tätet ihr besser daran, das in Erwägung zu ziehen. Wenn sich nämlich herausstellt, dass sie Recht hatte, werde ich sicher nicht die Klappe halten und euch unsere Ermittlungserfolge zur Verfügung stellen... Schönen Tag."

Mit diesen Worten zog ich die Tür auf, schob Sasuke hindurch und knallte sie zurück ins Schloss.

"Es ist echt beeindruckend, wie schnell du dir Feinde machen kannst", stellte der Uchiha fest, als wir den Flur des Gebäudes zum Ausgang nahmen.

Ich schnaubte. "Ich mache mir keine Feinde, das war nur die Wahrheit. Wenn sie die nicht verkraften, machen sie den falschen Job."

"Mag sein. Aber es wird ihnen nicht gefallen, das von dir zu hören, immerhin bist du ranglich unter ihnen", erklärte er und blinzelte in die Sonne. In den letzten Tagen hatte der Himmel aufgerissen und die Wärme begann bereits, den Schnee zu matschigen Haufen zu schmelzen.

"Ich bin inzwischen Chunin, ok?", schmollte ich. "Und als zukünftiger Hokage hab ich ja wohl ein Recht auf eine Meinung! Außerdem hab ich mir noch nie den Mund verbieten lassen, wieso sollte ich jetzt damit anfangen?"

"Manchmal wäre das aber besser", seufzte Sasuke.

"Es wäre besser, wenn du in Gegenwart anderer auch mal gesprächiger wärest", murrte ich.

Er runzelte die Stirn. "Ich denke nicht, dass diese Leute Wert auf meine Meinung gelegt hätten."

"Na und?", fragte ich so laut, dass ein Mann sich nach mir umdrehte. Ich lächelte ihn an und winkte ab. "Ich hätte Wert darauf gelegt. Außerdem kann es dir doch egal sein, was diese Snobs denken." Er antwortete nicht und erst das machte mir bewusst, dass er seine Gedanken mehr offenbart hatte als sonst. Grinsend verschränkte ich die Arme hinterm Kopf. "Hehe, vor zwei Monaten hättest du noch nich so mit mir geredet."

"Dazu hätte es auch keinen Grund gegeben, denn damals hast du dieses Gespräch mit den ANBU auch noch nicht geführt gehabt", erwiderte er und verdrehte die Augen.

"Du bist sooo ein Klugscheißer... Aber wo wir vorhin von Rängen gesprochen haben... Möchtest du nicht auch mal die Prüfung machen? Ich meine, es muss dich doch fuchsen, dass du jetzt mein Untergebener bist, sozusagen." Ich feixte, wofür er mir einen eisigen Blick der Marke ´Schweig, oder ich bring dich um` zuwarf.

"Es würde mir nichts bringen."

"Aber du machst im Training schon voll die Fortschritte. Noch ein bisschen, dann könntest du leicht..."

"Nein, Naruto." unterbrach er mich sachlich und fing meinen Blick mit seinem auf. "Ich werde nicht mehr kämpfen. Akzeptier das endlich."

Ich leckte mir über die Lippen, kratzte mich unschlüssig am Kopf und musterte nachdenklich sein jetzt wieder abgewandtes Gesicht. Sein Profil wirkte voller als noch vor ein paar Wochen, er hatte eindeutig zugenommen und sah jetzt wieder gesünder aus. Auch die Muskeln kehrten langsam aber sicher in seinen Körper zurück, was ihm verdammt gut stand. Die Mädchen sahen ihm schon wieder verdächtig oft nach, dafür, dass sie ihn Ende des Jahres noch als Verräter beschimpft hatten, aber das interessierte ihn natürlich nicht. "Ok... Und was willst du dann machen?"

"Ich weiß es nicht, Naruto." seufzte er. Zumindest sagte er nicht, dass er sterben wollte, damit war ich schon mehr als zufrieden, also grinste ich.

"Ok, wir finden einen neuen Job für dich!" rief ich begeistert, die Faust ambitioniert in die Luft gereckt. Gerade kamen wir an Ichiraku´s vorbei und fast schon automatisch schloss sie die gerade noch leere Hand um Sasukes Schulter. "Gehen wir essen - Ich bin am Verhungern!"

"Wann bist du das nicht?" erwiderte er, ohne sich jedoch zu wehren, als ich ihn in den Stand manövrierte.

"Hier schmeckt es aber auch am besten... Hallo, Meister!", begrüßte ich den alten Verkäufer glücklich lächelnd, während wir uns setzten.

"Naruto, du warst schon lange nicht mehr hier", sagte er und warf meiner Begleitung einen fragenden Blick zu. "Das letzte mal mit Hinata-san."

Ich wurde etwas rot, sah aus dem Augenwinkel zu Sasuke, der mich scheinbar interessiert beobachtete. "Ä-äh... Die ist auf einer Mission..."

"Mhm... Nun, freut mich jedenfalls, dich zu sehen. Das übliche, ja?"

"Zwei Mal!", rief ich und deutete die Zahl mit den Fingern an, was aussah wie das Victory-Zeichen, was mich zum lachen brachte. Erfreut zeigte ich es meiner Begleitung. "Schau mal, Sasuke. Peace."

Er schloss die Augen, holte tief Luft und rieb sich die Schläfe, ging aber nicht darauf ein. "Denkst du wirklich, ich kann auch nur die Hälfte von dem Essen, was du normalerweise verdrückst?"

Mein Blick glitt skeptisch über seine dünne Gestalt. "Hm... Wenn du es nicht schaffst, umso besser für mich. Dann krieg ich es." Ein Augenverdrehen musste mir als Antwort genügen, dann musterte er die Schüssel, die ich ihm hingeschoben hatte, eher skeptisch. "Guten Appetit!" sagte ich gut gelaunt, einige Nudeln bereits ihm Mund. Ich stöhnte glücklich auf; Schon viel zu lange war ich nicht mehr hier gewesen! "Ah, das ist echt das beste! ♥ Obwohl du ziemlich gut kochst, Sasuke. Hätte ich früher gar nicht gedacht."

"Ich habe alleine gewohnt und keinen Wert darauf gelegt, ständig essen zu gehen. Hätte ich es mir nicht beigebracht, wäre ich verhungert", erklärte er, während er die Stäbchen brach und ein paar Nudeln aus dem Topf fischte.

Ich runzelte die Stirn. "Das wäre nicht so gut gewesen."

"Nein", antwortete er nach kurzem Schweigen. Sasuke schnaubte und ich meinte, ein Schmunzeln in seinem Gesicht zu sehen. "Das wäre es nicht."

Einen Moment sah ich ihn nur an, dann breitete sich ein breites, überglückliches Lächeln auf meinen Lippen aus, nur, weil er sagte, dass er froh war, zu leben.

"Also mich hätte es gefreut, wenn du mit Naruto gekommen wärest. So oft, wie er hier war, hätte ich den Umsatz meines Lebens gemacht." scherzte der Standbesitzer und lächelte Sasuke freundlich an, der etwas verwirrt davon zu sein schien; Er wandte den Blick rasch ab.

Ich lachte, sowohl über den Witz als auch über die Reaktion meines Freundes. "Nein, tut mir leid. Der Teme ist wirklich nicht so viel. Schau dir an, wie dünn er ist!" Zum Beweis bohrte ich den Finger in Sasukes Rippen, jedoch wurde ich überrascht, indem ich über den nach wie vor deutlich wahrnehmbaren Knochen mindestens genauso deutliche Muskelstränge ertasten konnte.

Er sah mich an, als ich die Hand verwundert auf seiner Seite ruhen ließ. "Macht´s Spaß?"

Hastig zog ich die Hand zurück, die Wangen gerötet. "N-Nein, Ich wollte Nur... ich hab nicht...!"

Schnaubend wandte er sich seiner Suppe zu, die er trotz meines Protests und der Beteuerungen mit einem vielsagenden Schmunzeln etwa zur Hälfte leerte, bevor er sie mir zuschob. "Da. Iss und halt die Klappe."

"Bastard." schmollte ich mit aufgeplusterten Backen. Die Ramen aß ich natürlich trotzdem. Als ich fertig war, bezahlte ich und verabschiedete mich von dem Verkäuferteam. Gemeinsam verließen wir den Stand und schlenderten in Richtung von Sakuras Haus, aber Sai und sie waren noch unterwegs, wie Mrs Haruno uns erklärte. Sie wollte uns einladen, aber ich winkte rasch ab. Ich hatte gerade erst wieder entdeckt, wie viel Spaß es machen konnte, Zeit mit Sasuke zu verbringen und das wollte ich genießen. Ich bat Sakuras Mutter, meine Teamkollegen zu mir zu schicken, wenn sie kämen und verabschiedete mich.

"Denkst du, dass die beiden etwas rausgefunden haben?"

Mit gefurchter Stirn zuckte ich die Schultern. "Vielleicht. Aber wenn es stimmt, was Usagi sagte, werden werden die Mafiosi ihre Angelegenheiten selbst klären wollen. Und dann ist die Frage, ob wir sie das nicht lieber tun lassen sollten. Gegen den ganzen Haufen haben wir zu viert kaum eine Chance."

"Zu viert", wiederholte er. Wir sahen uns lange an, bevor er den Kopf schüttelte und sich abwandte. "Du hast nicht vor, auf Sakura zu hören."

"Wieso sollte ich? Du hast Misami gefasst und mich beschützt. In meinen Augen gehörst du zum Team." In meinen Augen war er immer ein Teil der Gruppe gewesen. Ich sah ihn an und spürte, dass er das wusste, also musste ich es nicht aussprechen. "Außerdem ermittelst du ja nicht offiziell... Und Sakura-chan hat selbst gesagt, ich soll dich mit zu den ANBU nehmen."

Inzwischen waren wir zu Hause und Sasuke folgte mir in die Küche, also war er an dem Gespräch interessiert. Das freute mich. "Sie hat das gesagt, weil sie mich nicht ins Gefängnis stecken wollte." stellte er nüchtern fest.

Mit einem unwilligen Grummeln schob ich diese Wahrheit weit weg von mir. In letzter Zeit hatte ich schon genug unangenehme Wahrheiten akzeptiert, da konnte ich es mir leisten, eine zu ignorieren. Ich ging zum Kühlschrank und holte eine Bierflasche raus, sah dann zu Sasuke und wedelte mit einer zweiten in seine Richtung. "Trinkst du eines mit?"

Er warf einen langen Blick aus dem Fenster, dann nickte er langsam und fing erstaunlich geschickt das Getränk, als ich es ihm zuwarf. "Woher hast du das Zeug?" fragte er, als wir ins Wohnzimmer gingen und auf der Couch Platz nahmen. Er saß ordentlich da, als wäre er hier nur zu Besuch; Die Beine auf dem Boden, die Hand locker auf der Armlehne und das Bier, das ich ihm inzwischen geöffnet hatte, vorsichtig haltend, damit nichts auf die Garnitur tropfte. Ich dagegen lümmelte mich entspannt hin, Beine und Gesicht ihm zugedreht und den Arm auf der Rückenlehne. "Du bist noch nicht volljährig."

"Echt? Scheiße, das hab ich vergessen. Komm, ich bring´s zurück." antwortete ich und streckte auffordernd die Hand nach seiner Flasche aus. Er verengte die Augen zu Schlitzen. Offenbar fand er das nicht lustig, doch ich lachte unbeschwert. "Reg dich ab. Ich hab halt auch ältere Freunde, ok?"

"Müssen ja gute Freunde sein, wenn sie dir dabei helfen, illegal an Alkohol zu kommen."

"Jaa, nur die besten." Ich lachte, etwas angespannt, weil mir die Richtung des Gesprächs nicht gefiel. Er hatte doch nicht etwa auch die Sache mit Sakura damals mitbekommen...? "Immerhin gehörst du dazu", setzte ich noch hinterher und stieß die Flasche gegen seine.

Erneut hielt unser Blickkontakt so lange, bis er sich abwandte. Das Schweigen zwischen uns war nicht unangenehm, obwohl es etwas dauerte, bis meine Nervosität sich gelegt hatte. Ich streckte die Beine aus und legte sie über seine Oberschenkel, was ihm einen unwilligen Blick entlockte.

"Ich bin nicht dein Schemel."

"Aber du sitzt im Weg. Es ist unbequem, die Beine so lang angezogen zu halten", quengelte ich und ließ die Zehen wackeln.

Sasuke verdrehte die Augen. "Wenn du dich normal hinsetzten würdest, würde sich das Problem gar nicht ergeben."

Jetzt war es an mir, die Augen zu rollen. "Nich jeder sitzt da, als hätte er einen Stock im Arsch, wenn er zu Hause ist, Teme. Entspann dich mal." Mir kam eine Idee und ich stellte das Bier weg, bevor ich mich aufrichtete. Bestimmt drehte ich Sasukes Rücken zu mir. Er spannte sich fast augenblicklich noch mehr an, sobald ich ihn berührte, aber als ich anfing, seinen steifen Nacken zu massieren, ließ er nach und nach die Schultern sinken, was mich zum Lächeln brachte. "Hehe... Das tut gut, huh?"

Er antwortete nichts, aber die Muskeln, die ich schon zuvor erstaunt bemerkt hatte, lösten sich unter meinen Fingern recht schnell. Ich ließ die Hände über seine Oberarme gleiten, rieb ihm den Rücken und klopfte diesen schließlich abschließend, was er mit einem missmutigen Grunzen beantwortete. Ich lachte, konnte dem Impuls dann nicht widerstehen und lehnte den Kopf an seinen Nacken, die Augen hatte ich geschlossen.

"Ich hab das vermisst…", sagte ich leise.

"Hm?"

"Zeit mit dir alleine zu verbringen... Dein Freund zu sein", erklärte ich langsam, ohne die Distanz zwischen uns zu vergrößern. Es überraschte mich etwas, dass er nicht von mir zurückwich, andererseits erlaubte er ja auch Sakura, ihm nahe zu sein, wieso hätte er es bei mir nicht tun sollen? "Ich... Ich hab dich wirklich vermisst, Sasuke."

Ich schluckte hart, spürte aber trotzdem heiße Tränen, die sich stumm ihren Weg über meine Wangen suchte. Seit er wieder hier war, hatte ich nicht ein einziges Mal geweint, aber jetzt ließ ich Freude und Erleichterung freien Lauf. Besitzergreifend schlang ich die Arme um ihn und war mir sicher, dass er verstand, was ich damit sagen wollte:

Ich würde ihn nicht mehr gehen lassen.
 

~ ♥ ~
 

Hallo Leute! :D
 

Hat jetzt doch etwas länger gedauert, als erwartet, aber dafür hat sich das Warten gelohnt, oder? :D Sowas wie ein Date, Wuhu. xD

Es hat Spaß gemacht, Naruto mal wieder etwas mehr wie ihn selbst zu schreiben und weniger wie ein emotionales Wrack. Und Sasuke etwas lebhafter zu machen, war auch schön. ^^
 

Nun, ich hoffe, ihr hattet Spaß. ^^
 

lG SaSi

Tragedy and Poetry

Inzwischen hielt Sasuke das leichte Training, das ich für den Anfang ausgesucht hatte, ohne Probleme durch, also steigerte ich die Einheit ein bisschen, um ihn zu fordern. Er klagte nicht über den Muskelkater, aber ich sah ihn ihm an seinem steifen Gang an und konnte nicht anders als mich darüber zu amüsieren. Da ich mittlerweile auch wieder dafür sorgte, dass er richtig aß - Wozu er beitrug, indem er sich nicht mehr gegen seine Mahlzeiten wehrte - Fielen seine Untersuchungsergebnisse beim nächsten Gesundheitscheck um ein Vielfaches besser aus als das letzte Mal. Bis auf die Antidepresiva, von denen er nach wie vor noch sehr starke nehmen musste, brauchte er keine Medizin mehr. Körperlich kam er also wieder in Form, emotional war er eine große Baustelle.

"Leider können Sie in dieser Hinsicht kaum etwas für ihn tun." erklärte mir die Ärztin, welche die Tests durchgeführt hatte, mitleidvoll. "Er weigert sich nach wie vor, mit einem Psychologen zu sprechen und Reden ist wohl so ziemlich das einzige, wozu wir ihn nicht zwingen können."

"Sie zwingen ihn zu etwas?"

Unter meinem funkensprühenden Blick hob sie beschwichtigend die Hände. "Nein. Die physischen Test führt er freiwillig durch und die Medizin nimmt er wie es aussieht auch regelmäßig." Ich nickte - Darauf achtete ich penibel. "Es würde ihm guttun, zu reden... Es ist notwendig. Aber solange er nicht mitmacht, sind uns die Hände gebunden."

Unwillig biss ich mir auf die Lippe. Ich wusste, dass er mit anderen Menschen kaum redete und normalerweise war ich der Meinung, dass das seine Sache war. Aber dass er so störrisch war, sich nicht mal helfen zu lassen... Ich dachte an all die Gräuel, die er bei Orochimaru erfahren haben musste und deren Ausmaß wir wohl nicht mal erahnen konnten. Das alles fraß seit Monaten, nein, seit Jahren, an seiner Seele und er verbarg es hinter der Mauer in seinen Augen. Manchmal blitzte der Hass darin auf - Hass auf seinen alten Meister, Hass auf sich selbst, Hass auf seine Familie, die ihn verlassen hatte, Hass auf seinen Bruder, Hass auf die ganze Menschheit. Auch mich hasste er, weil ich ihn einfach nicht sterben und das alles vergessen lassen konnte. Aber so leicht würde ich es ihm nicht machen. Er hatte mich durch die Hölle geschickt und genau da war er jetzt auch. Nur, dass ich die ganze Zeit an seiner Seite sein würde, bis er fähig sein würde, der Welt und sich selbst zu verzeihen, so wie ich es schon lange getan hatte. Ich würde bei ihm bleiben bis er sich wieder erlauben würde, ein Mensch zu sein.

Schritte näherten sich und ich lächelte fast automatisch als ich aufsah, denn es war Sasuke, das wusste ich schon, bevor ich ihn sah. Wie immer suchte mein Blick sein Gesicht nach Verletzungen ab. Heute reagierte er zum ersten Mal darauf und das, indem er die Augen verdrehte. Trotzdem grinste ich zufrieden, denn er sah gut aus, verdammt gut sogar. Die Schwester schrieb uns den nächsten Termin auf und ich verabschiedete mich freundlich. Sogar Sasuke registrierte die Dame durch ein Kopfnicken, also musste sie ihm sympathisch sein.

"Du musst nicht jedes Mal auf mich warten." meinte Sasuke, als wir auf der Straße waren. Ich war jedes Mal aufs neue überrascht, wenn er von sich aus das Gespräch eröffnete. "Die Untersuchung dauert jedes Mal ewig."

"Macht nichts." Ich grinste, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, gut gelaunt, weil er sich Gedanken um mich machte. "Im Moment hab ich keine andere Aufgabe; Ich bin für dich verantwortlich. Außerdem sind Sakura-chan und Sai irgendwo unterwegs, die hätte ich doch nie gefunden. Da konnte ich genauso gut warten."

"Du hättest die Zeit nutzen können, um die Wohnung aufzuräumen." schlug er vor und ich schmollte.

"Ordnungsfanatiker."

Sasuke zuckte die Schultern, dann schwieg er. Ich lachte nur, immerhin war das die Wahrheit. Der einzige Raum in unserer Wohnung, in dem er nicht für Ordnung sorgte, war mein Zimmer und das merkte man auch; Auf dem Boden lagen getragene Kleider, Einwickelpapier von Essen, leere Flaschen und vieles andere. Sakura schimpfte mich regelmäßig aus, weil ich ihn putzen ließ, aber diese Dynamik hatte sich ganz natürlich so ergeben, weil mir im Gegensatz zu Sasuke etwas Staub nichts ausmachte. Noch dazu übernahm ich jede Rechnung unseres Haushaltes, da konnte er sich ruhig nützlich machen. Ich zwang ihn ja nicht dazu.

Etwas erregte meine Aufmerksamkeit und ich blieb stehen, was mir ein widerwilliges Grummeln von Sasuke einbrachte. "Was ist? Komm endlich."

"Warte kurz." Ich warf ihm ein Grinsen zu, ohne ihn wirklich anzusehen, und ging auf den Zeitungsstand zu. Einige der Schlagzeilen handelten von Michelangelo, wenn auch lang nicht so viele wie jedes Mal kurz nach den Morden. Aber eine Headline zog meine Augen wie ein Magnet an. Es war die Zeitung, für die Misami schrieb und oben, über der Zeitung, die den Rest des Artikels verdeckte, war in fetten Buchstaben das Wort "Michelangelo" zu lesen. Tsunade hatte ihm gesagt, er solle noch einen Artikel schreiben und ich war gespannt, was er daraus gemacht hatte, also zog ich das Tagesblatt aus dem Ständer. Kurz war ich abgelenkt, weil Sasuke dicht neben mich trat, dann flogen meine Augen über den Rest der Schlagzeile, den ich erst jetzt lesen konnte.

"Michelangelo - Freund oder Feind?" las Sasukes Stimme nahe an meinem Ohr leise vor. Sein Atem hinterließ eine feine Gänsehaut auf meinem Nacken.

"Ist der jetzt völlig Banane?" fauchte ich entrüstet, aber mein Freund gab keine Antwort, weil er mit Lesen beschäftigt war. Das tat ich jetzt auch und mit jedem weiteren Wort wuchs meine Wut.
 

"Nachdem er sich eine Weile ruhig verhalten hat, erhielt die Polizei jetzt offenbar unbestätigte Informationen, nach welchen der als "Michelangelo" berüchtigte Straftäter wieder zugeschlagen hat. Dieses Mal stammen seine Opfer aus dem umstrittenen Hime-Bezirk. Ihre Identitäten sind den Ermittlern bis heute unbekannt, aber ein Bandenkrieg, der zur Tötung geführt hat, lässt sich in diesen Bevölkerungskreisen nicht ausschließen.

Nun stellt sich die Frage, ob die zuvor zu Tode Gekommenen so unbescholten waren. Die Antwort lautet offensichtlich Nein. Den Recherchen unserer Redaktion zufolge..."
 

Im Anschluss an diese Einleitung zählte der Bericht diverse ´Vergehen` meiner Kollegen auf, welche ausschließlich auf Missionen begangen worden waren, also um das Dorf zu beschützen. Mein Kiefer war so angespannt, dass die Zähne knirschten und ich war kurz davor, die Zeitung in meinen Händen zu zerfetzen. Wie konnte er es wagen...?

"Und was ist mit den Kindern?" Sasuke hatte wohl schneller gelesen als ich. Er bewegte sich hinter mir und erst da bemerkte ich, dass ich mich an ihn gelehnt hatte. Schnell stellte ich mich gerade hin.

"Der ist doch übergeschnappt!" platzte ich, wild mit der Zeitung gestikulierend, heraus. "Wenn Tsunade das erfährt..."

"Kann sie absolut nichts tun." unterbrach Sasuke mich sachlich. "Sie hat ihm verboten, Hetzkampagnen gegen den Mörder zu schreiben, oder? Das hier ist keine. Ganz im Gegenteil könnte das die Leute sogar so was wie Sympathie empfinden lassen."

"Das ist doch verrückt! Er hat so viele Leute umgebracht. Das kann sie Misami doch nicht durchgehen lassen!"

"Er hat aber nicht gegen ihre Vorschriften verstoßen." Sasuke sah mich nachdenklich an.

"Aber...!" Ich presste die Lippen fest aufeinander, als mir klar wurde, dass ich nicht wusste, wie ich den Satz beenden sollte. "Scheiße." grollte ich schließlich wütend.

"Hey, das hier ist keine Bücherei, Jungs. Kauft die Zeitung oder legt sie wieder hin... Und stellt euch wo anders hin, ihr blockiert den Eingang zu meinem Laden." endete ein mürrisch wirkender Zeitungsverkäufer mit verschränkten Armen. Ich schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln, das seine Wirkung grandios verfehlte, also zog ich meinen Geldbeutel aus der Hosentasche, um den Mann zu bezahlen. Er grunzte zufrieden, als er zurück in seinen Laden schlurfte und wir verdrückten uns in Richtung von Sakuras Haus, um unseren Teamkollegen von dem Artikel zu erzählen.

Sakura war genauso entsetzt wie ich, gab Sasuke aber Recht, was Tsunades Möglichkeit, einzugreifen, betraf. Berichten würden wir ihr natürlich trotzdem davon. Es war schwierig, Sakuras Mutter lange genug aus der Küche zu bekommen, um über unseren eigentlichen Fall zu sprechen; Ständig wuselte sie mit Getränken oder Essen um uns herum oder musste etwas aufräumen oder hatte eine Frage. Ihr fielen unendlich viele Gründe ein, in die Kochstube zurückzukehren. Da sie als Zivilisten - Und von ihrer Tochter ausgewiesenes Klatschmaul - Jedoch nichts von unseren Ermittlungen erfahren sollte, mussten wir uns jedes Mal unterbrechen, wenn sie das tat. Schließlich gab sie den Versuch auf, ihre Neugierde zu befriedigen, und ging einkaufen.

Sakura stieß erschöpft die Luft aus, während sie ihre Schläfen massierte. "Tut mir leid."

"Macht nichts." Lachend klopfte ich ihr auf die Schulter. "Nächstes Mal machen wir das wieder bei uns."

Sie nickte. "In solchen Momenten möchte ich wirklich ausziehen."

"Warum tust du es nicht?"

"Meine Eltern wollen, dass ich zumindest warte, bis ich volljährig bin und eigentlich verstehe ich mich ja auch gut mit ihnen. Nur für die Arbeit ist es schlecht."

"Männerbesuch bekommst du ja keinen." lächelte Sai, wofür sie ihm fast den Hals umdrehte.

"Äh, wollen wir mal über den Fall reden?" schlug ich mit beschwichtigend erhobenen Händen vor. "Sonst kommt deine Mom zurück, ehe wir was gemacht haben."

Sie nickten beide, die eine verärgert, der andere amüsiert. Dann erzählten sie von der Befragung der Mitangestellten, deren Aussagen sie von einer Ecke des Dorfes zur nächsten gejagt hatten. Gebracht hatte ihnen das mehrere Verdächtige, aber keine wirklichen Ergebnisse. Zumindest wussten sie jetzt, dass noch ein weiterer Mann vermisst wurde, von welchem jedoch jede Spur fehlte. Vielleicht war das ein Verdächtiger.

"Morgen bekommen wir noch ein paar Zeugenaussagen - Und vermutlich genauso viele neue Verdächtige. Ich glaube, die schieben sich einfach gegenseitig die Schuld zu." seufzte Sakura, als sie mir Notizen reichte, welche ich zu Berichten zusammenfassen sollte. Ansonsten war es auch weiterhin meine Aufgabe, Sasuke zu betreuen. "Wir prüfen ein paar Alibis. Du... Ihr könntet in die Pathologie, um die Totenbefunde zu holen und wenn ihr ein paar Leute für die Suche nach dem Vermissten aktivieren könntet, wäre das super." Ich grinste, aber Sakura behielt den Blick stur von mir abgewandt. Ihr fiel es genauso schwer, Sasuke nicht als Teil unseres Team zu sehen wie mir. Davon abgesehen war das Gefängnis als alternativen Aufenthaltsort für ihn wohl eine wirksame Drohung; Sie hatte vermutlich ähnliche Horrorvorstellungen davon, was die Häftlinge mit unserem Freund anstellen könnten, wie ich.

Wir waren bereits im Gehen begriffen, als Sakura mich beiseite nahm. "Was hat die Untersuchung ergeben?" wollte sie ernst wissen.

Ich legte beruhigend die Hand auf ihren Arm und lächelte. "Es geht ihm besser. Er wird schon wieder, Sakura-chan. Mach dir keine Sorgen."

Kurz flackerte ehrliche Besorgnis in ihrem Blick auf und sie lehnte sich instinktiv in meine Hand, ließ sich stützen. Genauso schnell, wie er gekommen war, war der Ausdruck jedoch auch wieder verschwunden und ihre Augen wurden streng wie eh und je, straften jede Schwäche lügen. "Pass auf ihn auf."

Noch bevor ich antworten konnte, kam Sasuke aus dem Flur und sah mich fragend an. "Kommst du?"

"Klar, ich bin schon da." Grinsend schlang ich den Arm um seine Schultern, wofür ich mich etwas strecken musste. Er ließ es mit leicht gerunzelter Stirn zu. "Du bist bei mir in den besten Händen, nich?"

Sasuke schien verwirrt und Sakura, die das offenbar nur für meine Ohren bestimmt hatte, wurde verlegen. Zusammen mit Sai und Sasuke flüchtete ich vor der Kopfnuss, die sie mir geben wollte. Sai musste in dieselbe Richtung wie wir, also gingen wir noch ein Stück zusammen.

"Wirst du heute noch mit der Arbeit anfangen?" erkundigte er sich und mir fiel sofort auf, dass er nicht wie Sakura von ´Ihr` sprach. Er sah Sasuke als mein Anhängsel, dass er duldete, um unsere Gefühle nicht zu verletzen, aber nicht als gleichberechtigten Partner. Ich konnte es ihm sogar nachempfinden.

"Vielleicht fange ich noch mit den Berichten an." Ich runzelte die Stirn, schob die Unterlippe etwas vor und wusste, dass ich es nicht tun würde, also grinste ich. "Nee, doch nicht. Feierabend ist heilig. Wir müssen es genießen, wenn wir so was schon mal haben."

Sai erwiderte mein Lächeln, aber es fiel mir noch immer schwer zu unterscheiden, ob das bei ihm echt war oder er nur höflich sein wollte. "Ich versteh... Aber ehrlich gesagt wundert es mich, dass du nicht bei Sakura-san bleibst, Sasuke-kun."

Verwirrt legte ich den Kopf schief. "Wieso sollte er?" Die Frage kam abwehrender rüber als geplant. Eigentlich wollte ich meine Gefühle nicht so offen zeigen, aber sie purzelten mir einfach so über die Lippen.

Interessiert sah Sai zwischen Sasuke und mir hin und her, bis sein Blick an mir hängen blieb. "Nun, ich dachte, du würdest den Abend mit Hinata-san verbringen."

"Sie ist zurück?!" rief ich, im ersten Moment hocherfreut, dann langsam immer enttäuschter. "Wie lange schon?" setzte ich noch dazu, das Lächeln war wieder aus meinem Gesicht verschwunden. Sie musste schon länger hier sein, wenn sogar Sai davon wusste, aber ich hatte keine Ahnung gehabt.

"Ich weiß nicht. Ich hab sie heute nur mit Kiba-kun und Shino-kun gesehen." erklärte mein Teamkamerad und lächelte freundlich.

Unruhig kämmte ich mit der Hand durch mein Haar. Sonst war ich immer der erste, zu dem Hinata kam, wenn sie zurückkehrte, meistens besuchte sie mich sogar, bevor sie daheim gewesen war...

Mein Blick fiel auf Sasuke, doch gerade, als ich den Mund öffnete, um zu fragen, ob er doch bei Sakura bleiben könnte, schüttelte er mit dem Kopf. "Ich will nicht."

Seine Absage hatte auf mich nicht die Wirkung, die sie hätte haben sollen. Statt sauer zu werden, durchströmte mich eine so tiefe, heiße Freude, dass das Glück, welches ich wegen Hinatas Rückkehr empfunden hatte, verblasste wie ihre violetten Augen vor seinen schwarzen verblassten.

Er zog mich Sakura vor. Sonst sagte er nie, dass er irgendetwas wollte, aber den Wunsch, bei mir zu sein, sprach er aus und machte es damit weniger wichtig, meine Freundin nach ihrer Mission zu fragen. Das konnte ich auch morgen tun. Jetzt war es wichtig, ihm seinen Wunsch zu erfüllen.

"Ok." Es fiel mir schwer, zu sprechen, so sehr raste mein Herz, aber dass ich fast an den Worten erstickte machte meine Prioritäten nicht weniger eindeutig: Zuerst er und dann der Rest der Welt. Meine Freundin eingeschlossen. Ich schluckte, um mein Herz aus meinem Hals, wo es sich häuslich niedergelassen hatte, zurück in meine Brust zu bekommen, und klopfte Sasuke grinsend auf die Schulter. "Gehen wir heim."

Sai hatte das Schauspiel neugierig beobachtet und nickte jetzt ohne einen Kommentar, als er sich verabschiedete. Sasuke sah ihm nach und gab ein Schnauben von sich, das deutlich machte, wie wenig er von dem anderen hielt.

Amüsiert legte ich den Arm um seine Schulter, um ihn in Richtung unserer Wohnung zu dirigieren. "Waaas? Bist du eifersüchtig?"

Er erwiderte meinen Blick, seufzte aber nur und wandte sich ab. "Es ist egal, was ich sage, du glaubst sowieso, was du dir da ausgedacht hast, also spare ich mir den Atem."

"Wenn du einfach ´Ja.` gesagt hättest, hättest du noch mehr Atem gespart." lachte ich und drückte ihn sanft an mich, was er mit einem abwehrenden Grummeln beantwortete. "Ich versteh dich echt - Am Anfang mochte ich ihn auch nicht. Aber eigentlich ist Sai ein anständiger Kerl."

"Er... Kann mich genauso wenig leiden wie der Rest des Dorfes." Das war eine schlichte, emotionslose Feststellung. Es kümmerte ihn nicht, ob sie ihn mochten.

"Meinst du?" Mit gerunzelter Stirn dachte ich darüber nach. "Wahrscheinlich nicht. Aber wenn, liegt das wohl kaum an dir; So wenig, wie du redest, wenn die anderen dabei sind, kann er dich gar nicht einschätzen. Vielleicht ist er genauso eifersüchtig auf dich, wie du auf ihn."

"Ich..." setzte er an, brach dann aber mit einem resignierten Schnauben ab.

Ich grinste. "Ich meine, jetzt bist du hier und willst deinen Platz zurück..."

"Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass ich kein Shinobi mehr bin?" Sasukes Stimme klang gereizt und seine Augen glühten, was mich überraschte. Zorn war eine heftige Gefühlsregung, die er seit seiner Rückkehr nicht gezeigt hatte. "Ich sitze nur bei euch, weil ihr, wie du bereits ein Mal erwähnt hast, in meiner Küche diskutiert."

"Ich meinte auch nicht deinen Platz im Team, sondern den hier drinnen." Ich klopfte mir auf die Brust über dem Herzen und lachte über seinen verwunderten Gesichtsausdruck. "Aber dein Platz ist ein ganz anderer als Sais."

"Ah ja?" Er schien peinlich berührt, hatte den Blick abgewandt, aber das hielt mich nicht davon ab, weiter zu sprechen.

"Natürlich! Sai ist ein Freund... Ein richtig guter inzwischen. Du bist..."

Ich sah in seine milde interessierten Augen und wusste nicht, wie ich fortfahren sollte, ohne mich zu blamieren. Er war mein bester Freund, klar, aber daneben war er noch so viel mehr. Er war mein Anreiz, immer etwas mehr von mir selbst zu verlangen. Er war mein Grund, immer weiter an mir zu arbeiten, erst, um ihn zurück zu holen, dann, um ihn am Sterben zu hindern und jetzt, um ihn zum Leben zu bringen. Ich vertraute ihm, ohne dafür einen Grund zu verlangen, ich stützte ihn und wenn es nötig wäre würde ich ihn noch ans Ende der Welt tragen. Wenn es um ihn ging, fühlte ich mich wieder wie ein Kind, dessen Herz liebt, ohne zu hinterfragen, dessen Verstand glaubt, ohne zu zweifeln und dessen Hände Finger zum Halten suchen ohne befürchten, es würde keine geben. Er machte mich stark, indem er mir einen Grund zu kämpfen gab und schwach, indem er mir die Luft zum Atmen nahm. Ich kannte kein Wort, dass beschrieben hätte, was er für mich darstellte.

"Ja?" erkundigte er sich, da ich eine Weile geschwiegen hatte. "Was bin ich?"

"Du bist... Du. Sasuke Uchiha, der Bastard. Es gibt niemand anderen, der jemals deinen Platz einnehmen könnte." Einen Moment lächelte ich warm, dann wurde das Lächeln zu einem Grinsen und ich deutete mit der Hand eine Stelle über meinem Kopf an. "Niemand sonst könnte je so ein großes Ego mit sich rumtragen ohne einen Buckel zu bekommen."

Ich lachte und er verdrehte die Augen, sagte aber nichts dazu. Tatsächlich schien er während des restlichen Heimwegs nachdenklich und in der Wohnung zog er sich mit einem gemurmelten "Nacht..." sehr schnell in sein Zimmer zurück. Ich war etwas verwirrt, weil wir die letzten Tage eigentlich immer mit einem Feierabendbier beendet hatten und ich diese Tradition genoss. Aber das war immer noch Sasuke und der war eben lieber alleine. Seufzend ließ ich es dabei bewenden und legte mich in die Badewanne.

Er hatte sich schon so sehr geöffnet in den letzten Monaten, dass es mich schon verwirrte, wenn er die Einsamkeit suchte. Warum konnte er nicht einfach mit den Ärzten sprechen? Ewig konnte er auch keine Stimmungsaufheller nehmen. Wie seine Laune wohl wäre, wenn er sie absetzen würde? Ich erschauderte; Vielleicht wollte ich das gar nicht wissen. Hoffentlich kam er irgendwann von selbst zu sich und akzeptierte Hilfe. Obwohl er noch nie gerne Unterstützung angenommen hatte und ich diese Selbstständigkeit an ihm bewunderte, war es jetzt eben einfach nötig, so sehr er sich auch sträubte.

Er war so hundertprozentig anders als Hinata, die jede Hilfe brauchte, die man ihr anbot. Sie war viel stärker geworden seit ich sie kannte und noch viel mehr, seit wir zusammen waren. Ich war stolz auf sie und darauf, dass ich ihr bei dieser positiven Veränderung geholfen hatte. Ich dachte daran, dass sie sich heute nicht bei mir gemeldet hatte und wurde traurig. Wenn sie jetzt die Person war, die sie sein wollte... Vielleicht brauchte sie mich dann nicht mehr?

"Unsinn!" motzte ich mich selbst an und pustete grimmig ein paar Seifenblasen weg. "Es ist Hinata! Sie liebt mich."

Dessen war ich mir so sicher, dass ich wegen meiner vorigen Zweifel ein schlechtes Gewissen bekam. Wegen meiner Zweifel und wegen der Sache mich Sakura und weil ich kaum Zeit mit ihr verbracht hatte seit Sasuke hier war und weil ich ihr Vorwürfe machte, wenn sie nach einer Mission erstmal ausspannen wollte. Vielleicht waren Kiba und sie ja gerade erst wieder ins Dorf gekommen, als Sai sie gesehen hatte. In letzter Zeit war ich ihr ein wirklich mieser Freund gewesen und dabei hatte ich noch nicht mal oft an sie gedacht. Seit es Sasuke augenscheinlich etwas besser ging, hatte ich mich fast nur noch auf ihn konzentriert, da war einfach kein Platz mehr für meine Freundin gewesen neben der Arbeit.

Ich kam mir schlecht vor. Sie hatte etwas besseres verdient... Ok, ab jetzt würde ich mich mehr bemühen, sie glücklich zu machen. Gleich morgen, wenn wir alle mit der Arbeit fertig wären, würde ich Sakura bitten, sich um Sasuke zu kümmern. Sie würde es verstehen, immerhin war sie froh über meine Beziehung... Glaubte ich zumindest. In letzter Zeit verstand ich meine beste Freundin nicht mehr so recht. Aber zurück zu Hinata. Über Blumen würde sie sich bestimmt freuen und dann konnten wir vielleicht Schlittschuhlaufen gehen oder...

Der Schrei unterbrach meine Gedanken so abrupt, dass ich zuerst gar nicht wusste, was ich gehört hatte. Als ich es realisierte, sprang ich aus der Wanne und stürmte aus dem Bad, ohne die Pfützen zu beachten, die ich dabei hinterließ. Ich kannte diese angstgetränkte Färbung seiner Stimme nicht, deshalb hatte ich sie zuerst nicht erkannt, aber sobald ich realisierte, dass das Sasuke war, war ich in höchster Alarmbereitschaft. Ich war so angespannt, dass ich nicht mal überlegte, was der Grund für den Angstlaut sein könnte - Ein Einbrecher? - Sondern direkt die Tür seines Zimmers aufriss und mich alarmiert umsah. Aber da war nichts.

Nichts, außer dem zitternden, wimmernden Knäul in Sasukes Bett, auf welches ich mich jetzt langsam zubewegte. "Sasuke...?"

Kurz herrschte Stille, die so heftig von einem weiteren Schrei durchbrochen wurde, dass ich zurück stolperte. Dann hatte ich etwas schweres, Feuchtes auf mir, das durchdringend roch und jemand schupste mich zur Seite. Endlich hatte ich mich von der Decke, als die ich das stinkende Ding jetzt erkannt hatte, befreit und ließ sie fallen. Das war Urin... Er hatte ins Bett gemacht. Schockiert drehte ich mich um. Ich hörte, dass er an der Haustür war, an ihr kratzte und zerrte wie ein wildes, panisches Tier, aber es fiel mir schwer, zu ihm zu gehen,w eil ich schlichtweg überfordert war. Er machte mir Angst.

Nach einer halben Ewigkeit, in der Sasukes Toben zu einem mitleiderregenden Wimmern geworden war, schaffte ich es, zu ihm zu gehen. Er sah kaum noch wie ein Mensch aus, wie er da zitternd an der Tür kniete und kraftlos versuchte, sich seinen Weg durch das Metall zu schaben. Die Kratzer, die er dabei auf dem Lack hinterließ, würden mir erst in den nächsten Tagen auffallen und sie würden mich beunruhigen, weil sie von der rohen Kraft sprachen, die er bei seinem Fluchtversuch verwendet hatte.

In diesem Moment waren sie egal, genauso wie der Gestank, der von ihm ausging oder dass ich seine angstverzerrten Züge kaum erkannte. Er brauchte mich, das war alles, was zähle, also ging ich neben ihm in die Knie, um ihn in meine Arme zu ziehen. Obwohl er am ganzen Körper zitterte, fühlte er sich steif wie ein Brett an. Sasuke versuchte krampfhaft, sich durch kratzen und beißen von mir zu befreien, aber ich war stärker als er und behielt ihn an mich gepresst in einer zwanghaften Umarmung.

"Sch... Ist ja gut." flüsterte ich zärtlich und streichelte seinen verkrampften Rücken. "Es war ein böser Traum. Dir kann nichts passieren. Ich bin jetzt da. Ich würde nie zulassen, dass dir etwas passiert... Versuch, tief durchzuatmen... Genau so. Soll ich das Licht anmachen? Ok, kein Problem. Schau, nur wir sind hier. Alles ist gut." Meine Stimme und das eingeschaltete Licht beruhigten ihn sehr langsam, sodass er zumindest aufhörte zu zittern. Ich behielt ihn weiter in meinen Armen und redete beruhigend auf ihn ein wie bei einem Kind und genau wie ein solches lehnte er sich nach einer Weile schutzsuchend gegen meine Brust. Vielleicht wollte er auch nur nicht, dass ich die Tränen sah, die auf meine nackte Brust tropften. Als auch diese versiegt waren, schob ich ihn ein Stück von mir, doch er behielt die Augen abgewandt. Ich lächelte aufmunternd. "Geht´s wieder? Ok, dann komm."

Völlig apathisch ließ er sich von mir auf die Beine hieven. Wenn ich ihn nicht gestützt hätte, wäre er wieder hingefallen und ich bezweifelte, dass er den Weg ins Badezimmer schaffen würde. "Nicht erschrecken." warnte ich ihn vor, ehe ich ihn auf meine Arme hob. Instinktiv versuchte er, von mir wegzukommen, aber ich hatte keine Probleme damit, ihn zu halten und nach kurzer Zeit gab er auch auf. Ich trug ihn ins Bad und testete etwas umständlich mit den Fingern die Wassertemperatur. Es war bereits kalt, also ließ ich es ablaufen. Während es gluckernd im Abfluss verschwand war ich damit beschäftigt, meinen Schützling zu entkleiden und beruhigend auf ihn einzureden. Er ließ alles widerstandslos mit sich geschehen, beäugte mich aber ununterbrochen. Schließlich war er nackt und ich dirigierte ihn in die Wanne, wo ich ihn lieber hinsetzen ließ.

"Wasch dich. Ich bin gleich zurück, ok? Keine Angst."

Sasukes Hand schloss sich so schnell und hart um mein Handgelenkt, dass ich den rasenden Puls unter seiner Haut spüren konnte. Seine Augen waren weit aufgerissen als er flehentlich "Nein." flüsterte.

Ich erkannte ihn kaum wieder, versuchte aber, mir meine Verunsicherung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Einer von uns musste stark sein und und er konnte das im Moment offensichtlich nicht. Eigentlich hatte ich, während er badete, das schmutzige Bettzeug entfernen wollen, aber so setzte ich mich zu ihm in die Wanne - Nackt war ich ja noch - Und wusch ihn vorsichtig. Er hatte nicht viele Narben, immerhin war er ein ausgezeichneter Kämpfer, aber die, die er hatte, stachen auf der blassen, sonst makellosen Haut richtig hervor. Nur langsam verschwand der ungesunde Grauton aus seinem Gesicht und sein Körper wurde wieder lockerer unter dem warmen Wasser und meinen Händen.

Ich wusste, dass Sasuke nach wie vor schlecht träumte. Oft hörte ich ihn nachts weinen, aber wie in der ersten Nacht, in der ich ihn dabei überrascht hatte, wollte er nicht darüber reden und meine Fragen wurden immer seltener. Wenn er mir etwas sagen wollte, würde er das am ehesten aus freiem Willen tun, so hatte ich gedacht. Aber bisher war es auch noch nie so schlimm gewesen wie heute und jetzt würde er mir Rede und Antwort stehen.

Er schaffte es, leicht gestützt von mir, das Bad zu verlassen und sich Shorts und ein T-Shirt über zu ziehen. Dabei vermied er es geflissentlich, das Bett oder mich anzusehen. Ich öffnete das Fenster, ließ ansonsten aber erst mal alles wie es war. Aufräumen konnte ich auch morgen. Sasuke folgte mir in mein Zimmer, blieb aber wie angewurzelt stehen und warf mit einen fragenden Blick zu.

"Na los. Du schläfst in meinem Bett." erklärte ich, als er noch immer verwirrt schien. Er machte einen Schritt zurück, doch ich fasste ihn am Handgelenk. "Keine Wiederrede. Ich schlaf auch auf der Couch." fügte ich noch hinzu als mir aufging, dass er wohl kaum mit mir das Bett teilen wollte; Bei dem Gedanken wurde mein Gesicht heiß.

"Nein."

Sasukes Stimme klang immer noch kratzig, brachte mich aber trotzdem zum Lächeln. Es machte mich glücklich, wenn er sagte, was er wollte - Vor allem, wenn dieser Wunsch beinhaltete, mich in seiner Nähe zu haben. Kurz drückte ich seine Hand, dann ließ ich ihn los, um ihm eine Wasserflasche in diese zu drücken. Er wehrte sich nicht, als ich ihn auf mein Bett bugsierte, blieb aber steif wie ein Brett sitzen. Zumindest trank er.

"Ok, ich bleibe. Ich... Ich dachte nur, das wäre dir vielleicht unangenehm oder so." lachte ich verlegen, bevor ich mich zum Schlafen anzog. So nackt wurde es doch recht kalt. Als ich fertig war, saß Sasuke noch immer angespannt auf der Bettkante. Ich stöhnte genervt, ging zu ihm und drückte ihn auf die Matratze. Das Bett war nur für eine Person ausgelegt und schon recht beengt, wenn Hinata mit mir darin schlief. Ein zweiter Mann war eindeutig zu viel, sodass ich seitlich zur Wand lag, das Gesicht zu Sasuke gedreht. Er war von mir abgewandt, aber seine Schulter berührte meine Brust. Kein Zittern und ruhiger Atem, diagnostizierte ich, das war gut.

"Was hast du geträumt?" Bevor ich das fragte, waren wir eine Weile still gewesen, aber ich war mir sicher, dass er noch nicht schlief.

"Ich will nicht darüber reden."

"Das ist mir schon klar, aber ich will es hören." Als Antwort schnaubte er wiederwillig und bewegte seine Schulter von mir weg. Aus Sorge, er würde aufstehen wollen, schlang ich einen Arm um ihn, aber er machte keine Anstalten zu gehen. "Ich nehme es dir übel, dass du mich dazu zwingst, das zu sagen, Teme, aber... Dir ist bewusst, dass ich dich in die Klapse schicken kann, oder? Du bist von mir abhängig und ich erwarte, dass du mir entgegen kommst, wenn du willst, dass ich dich so decke wie bisher. Oder willst du mit Medikamenten vollgestopft werden bis die Welt rosarot ist und du nicht mehr mitbekommst, was du überhaupt sagst? Ist das ein einem Uchiha würdiger Zustand?" setzte ich hinzu, um seinen Stolz anzustacheln, von dem ich wusste, dass er irgendwo da drinnen noch war.

"Das würdest du nicht tun." antwortete er kühl, aber nicht so teilnahmslos wie er offenbar gerne gewesen wäre. Es war ihm nicht egal, ob er in eine Nervenklinik kam oder bei mir blieb und das machte mir Hoffnung.

"Ich würde es nicht wollen." stimmte ich zu. "Aber wenn es das Beste für dich ist, werde ich es tun. Etwas anderes als dein Bestes habe ich nie gewollt, Sasuke..."

Ich drückte ihn leicht an mich und zu meiner Verwunderung lehnte er sich wieder gegen meine Brust. Bisher hatte er meine Berührungen zugelassen ohne zu reagieren, deshalb freute ich mich über diese schutzsuchende Geste. Eine Weile waren wir still, aber bald wurde ich ungeduldig. "Ich mein es ernst. Wenn..."

"Halt die Klappe... Das ist... Nicht so einfach, also halt die Klappe."

"Oh... Ok."

Er holte tief Luft und ich konnte förmlich spüren, wie er die Augen über meine Rastlosigkeit verdrehte. Unter normalen Umständen hätte ich ihn dafür geboxt, aber jetzt ließ ich ihm seine Zeit. Es dauerte, bis er die richtigen Worte gefunden hatte und auch dann kamen sie nur schleppend, aber nach und nach war ich mir auch gar nicht mehr so sicher, ob ich es wirklich hören wollte.

"Es geht um meine Familie. Sie... Ich bin auf dem Friedhof bei ihren Gräbern. Es ist kalt. Ich höre Schreie aus dem Grab vor mir und fange an, die Erde wegzuschaufeln. Es... Es schreit meinen Namen und ich grabe schneller, bis ich auf... Ei-Ein Gesicht... Meine Tante... Es... Es ist halb verwest..." Er verstummte und ich drängte nicht, dass er weiter sprach, aber er brauchte wohl nur eine kurze Pause, denn dann kamen weiter die stockenden Erklärungen. "Sie redet mit mir... Stammelt meinen Namen und dass ich meine Mutter unglücklich mache. I-Ich grabe einfach weiter... Sie widert mich an aber ich grabe sie weiter aus. Um mich rum höre ich knackende Geräusche, aber ich achte nicht darauf, weil meine Tante weiter redet und ich immer mehr gefrorene Erde wegschaffe. Als sie frei ist, ziehe ich sie raus und sie nimmt mich in den Arm. Sie drückt mich fest... Und fester... Und ich glaube, ersticken zu müssen, also wehre ich mich gegen sie. Sie kreischt und um uns rum sind sie. Sie... Mutter und Vater und meine anderen Verwandten... Sie kriechen auf uns zu und versuchen, mich in das Grab zu schieben. Sie schreien mich an, ich sei ein Verräter und ich solle an ihrer Stelle tot sein, weil ich ihren besten Sohn... Weil... Itachi... Itachi..."

Er wiederholte den Namen seines Bruders immer wieder, jedes Mal mehr ein klägliches Wimmern, und ich nahm ihn fest in den Arm, weil es nichts anderes gab, was ich tun konnte. Er war ein Opfer von Dingen, die er nicht kontrollieren konnte, obwohl er seine Entscheidungen aus freiem Willen getroffen hatte, es gab keinen Grund, wieso er sich selbst Vorwürfe machen müsste. Aber es war nur logisch, dass er das so sah. Ob er schon Albträume gehabt hatte, bevor er zu Orochimaru gegangen war? Auf den Missionen war es mir nie aufgefallen, also hatte er sie wenn mehr unter Kontrolle gehabt als jetzt.

So oder so, ich würde ihn zu Tsunade bringen und ihn wenn nötig dazu zwingen, sich therapieren zu lassen, denn so konnte das nicht weitergehen. Ich wollte nicht, dass er wieder in seine Suizidgedanken verfiel, wenn er sich nachts so etwas einredete.

"Eigentlich haben sie Recht..."

"Nein." Ich sagte das so laut, dass er zusammenzuckte, aber damit sollte er gar nicht erst anfangen. "Nein, Sasuke. Du hast getan, was du tun musstest. Du hast sie gerächt - Sie können stolz auf dich sein. Du bist... Du bist ein guter Mensch. Du bist dein Leben wert. Wirf es nicht einfach weg. Du hast dein Lebensziel nicht erreicht, du wirst hier noch gebraucht. Ich brauche dich." Als ich es aussprach, wurde es mir noch klarer und ich wiederholte es: "Ich brauche dich. Ich... Ich bin ein Idiot, Sasuke, das sagst du doch selbst immer. Und wenn du mich alleine lässt, krieg ich mein Leben nicht auf die Reihe. Du musst bei mir bleiben, sonst bin ich... Zu absolut nichts zu gebrauchen. I-Ich... Sasuke." Jetzt war ich es, der einen Namen wie ein Wimmern aussprach. Er drehte sich steif nach mir um und ich drückte das Gesicht in seine Halsbeuge, die Arme weiterhin fest um ihn geschlungen. So erbärmlich war ich mir wohl noch nie vorgekommen, aber es war schon ok, denn ihm ging es nicht besser. Wir waren gemeinsam erbärmlich und das machte es erstaunlicher Weise einfacher.
 

Wir mussten irgendwann eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war mein Gesicht in einen Wust dunkler Haare vergraben und ich fühlte mich völlig verspannt von der verdrehten Haltung, in der ich die Nacht verbracht hatte. Sasuke hatte die Augen geöffnet und starrte an die Decke. Er schien es nicht zu merken, dass seine Haare in meinem Mund klebten und ich sie mit der Zunge daraus zu entfernen versuchte, was nicht so recht gelingen wollte.

"Vorhin hat es an der Tür geklingelt." war sein Guten-Morgen Gruß.

"Äh...?" machte ich verwirrt, dann richtete ich mich auf und sah auf die Uhr. Es war schon fast Mittag. "Scheiße! Warum hast du mich nicht geweckt?!"

Er antwortete nicht und mir kam der absurde Gedanke, dass er es genossen haben könnte, mit mir in einem Bett zu liegen. Ich wurde leicht rot. So ein Unsinn! Das war nun wirklich kein Genuss, ich wusste, dass ich schnarchte wie eine Motorsäge. Und Sasuke hatte so einen leichten Schlaf.

Wir beschlossen ohne es abzuklären, dass wir nicht über die letzte Nacht reden wollten. Während er Frühstück machte, räumte ich sein Zimmer auf und seufzte, als ich daran dachte, was eine neue Matratze kosten würde. Vielleicht hatte ja einer meiner Freunde eine übrig. Hyuugas bestimmt...

Hinata.

Ich biss mir auf die Lippe. Heute würde ich bestimmt keine Zeit haben, zu ihr zu gehen. Sasuke brauchte mich auf Vollzeit und ich musste es irgendwie hinbekommen, ihn zu Tsunade zu losten, außerdem musste ich einiges an Arbeit erledigen. Eigentlich hatte mein Tag heute zu wenige Stunden und dann auch noch sie. Erschöpft rieb ich mir den Nacken, als ich in die Küche kam, wo ich vom Geruch von frischem Kaffee begrüßt wurde. Mein Mitbewohner sah von der Zeitung auf, die er gerade las, als ich mich neben ihn setzte, öffnete kurz den Mund, schloss ihn dann aber wieder.

Neugierig musterte ich ihn. "Was?"

"Nichts. Iss jetzt, du hast viel zu tun, nicht?"

"Jaa..." Seufzte ich mürrisch, ehe ich wieder grinste. "Und meine erste Aufgabe ist es, herauszufinden, wieso du mich so anstarrst! Also?"

Sasuke verdrehte die Augen. "Du hast einen Pickel, wenn du es genau wissen willst. Da." Sein Finger tippte gegen mein Kinn und ich fasste automatisch an die Stelle, konnte aber nichts ertasten.

"Ehh? Stimmt doch gar nicht!"

Schnaubend schob er sich ein Stück Ei in den Mund. "Jetzt, wo du mit deinen Dreckfingern die Stelle angefasst hast, kommt bestimmt bald einer."

"Wa...? Ooooh, du Teme!" grollte ich und schimpfte während des ganzen Essens auf ihn ein, was ihn jedoch nur zu gelegentlichen Sticheleien und amüsiertem Schnauben veranlasste. Ich war froh, ihn so normal zu erleben, damit konnte ich umgehen. Aber es würde ihn nicht vor seinem Psychatergespräch bewahren. "Pfff, du bist so ein Teme. Ich geh jetzt duschen, dann machen wir uns auf den Weg."

"Naruto." sagte er, als ich schon halb aus der Tür war. Ich blieb stehen und sah ihn fragend an. Sein Blick war auf seine Hände gerichtet, als er kaum hörbar "Danke." murmelte.
 

Gemeinsam erledigten wir, was Sakura und aufgetragen hatten und machten uns dann auf den Weg zu Tsunade, augenscheinlich, um ihr von dem Zeitungsbericht zu erzählen - Den sie sicher schon selbst entdeckt hatte - Aber eigentlich natürlich, um Sasuke zu ihr zu schaffen. Ich fragte mich, ob er meinen ´Plan` durchschaut hatte, immerhin war er nicht dumm. Aber er kam ganz ruhig mit mir, ohne sich zu beklagen.

Die Hokage hatte den Artikel wirklich schon gelesen und sie tobte vor Wut. "Schaff ihn mir her." knurrte sie mit blitzenden Augen.

"Soll ich mich darum kümmern?" bot ich an, denn ich hätte dem guten Misami zu gerne ein paar aufs Maul gegeben, aber sie schüttelte den Kopf.

"Nein, du hast genug Ärger. Ich kümmere mich selbst darum. Dieser..." Kopfschüttelnd betrachtete sie den Artikel, bevor sie seufzte und mich ansah. "Wie auch immer... Habt ihr schon Fortschritte gemacht bezüglich eures neuen Falles?"

"Wir sind auf der Suche nach einem Vermissten, der der Täter sein könnte. Ich habe ein paar Leute losgeschickt, die nach ihm fahnden. Ansonsten sind wir noch bei der Spurensuche."

"In Ordnung. Dann mach dich weiter an die Arbeit." Ihr Blick fiel auf Sasuke und ich stellte mich automatisch etwas vor ihn, wie, um ihn zu beschützen.

"Ah, da gibt es noch etwas, was ich fragen wollte, Baa-chan..." Sowohl mein Freund als auch meine Chefin sahen mich skeptisch an, doch ich wich den Blicken der beiden aus. "Nun... Sasuke hat noch immer Albträume..."

"Naruto..." knurrte dieser, aber ich erzählte dass sie mit Regelmäßigkeit vorkamen und mich beunruhigten. Was er mir vom Inhalt der Träume erzählt hatte, behielt ich für mich. Das war nicht meine Sache, es weiter zu erzählen und ich hatte nicht vor, sein Vertrauen noch weiter zu strapazieren.

Auch Tsunade schien beunruhigt. "Ist das so, Uchiha?" fragte sie, doch Sasuke weigerte sich, zu antworten. Sie seufzte. "Also gut... Ich werde mich selbst darum kümmern, aber nicht jetzt. Bring ihn mir übermorgen Nachmittag vorbei."

"Danke, Baa-chan." Ich lächelte sie strahlend an, verneigte mich artig und verließ mit Sasuke ihr Büro. Dieser entzog mir die Schulter, auf welche ich schon fast automatisch meine Hand gelegt hatte, und funkelte mich wütend an.

"Musste das sein? Es geht mir gut, ok?"

"Nein, geht es dir nicht." knurrte ich zurück. "Ich werde das nicht unter den Teppich kehren. Denk dran, Sasuke; Ich mache Ernst. Rede mit ihr und lass dir helfen, oder ich erzähle ihr alles."

Wir lieferten uns ein Blickduell, das eigentlich Zuschauer gebraucht hätte, so episch war es. Ich spürte regelrecht die Funken sprühen. Unter normalen Umständen waren seine Augen viel stärker als meine, das Eis darin war viel zu kalt, um von meinem Feuer geschmolzen zu werden. Aber dieses Mal hatte ich nicht vor, aufzugeben, und schließlich wandte er sich schnaubend ab und ging weiter, ohne etwas zu sagen.

Trotzdem wusste ich, dass ich diese Schlacht gewonnen hatte.

Wie es mit dem sicherlich folgenden Krieg aussah, da war ich mir noch nicht so sicher.

Like the Main Attraction beyond the Backdoor

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Mona Lisa´s Smile

Ich denke, dass es durchaus verständlich ist, dass ich am Morgen nach diesem ´Zwischenfall` lieber fluchtartig die Wohnung verlassen hätte, als mit Sasuke zu frühstücken. Dem machte die Tatsache, dass er nicht alleine sein durfte, jedoch einen Strich durch die Rechnung. Und das wiederum war der Grund aus dem ich seit einer Ewigkeit wach in meinem Bett lag, anstatt aufzustehen und mir eine Tasse von dem Kaffee zu holen, den Sasuke gekocht hatte.

Sasuke. Mein bester Freund und Rivale. Mein Sorgenkind und Mitbewohner.

Und der Typ, dem ich gestern Abend einen runtergeholt hatte, bevor ich auf seiner Brust gekommen war.

Ich versuchte, die Sache nüchtern zu sehen. Wir waren beide angetrunken gewesen - Ich sollte dringend die Finger von Alkohol lassen - Und er war offenbar bereit, das als eine Art Freundschaftsdienst zu behandeln, eine einmalige Sache. Das Problem war nur, dass ich schon von der Erinnerung an sein erregtes Gesicht und sein leises Stöhnen wieder einen Ständer hatte und ich wäre wirklich liebendgerne ins Bad gegangen, um diesen unter einer eiskalten Dusche loszuwerden, aber die Gefahr, von Sasuke gesehen zu werden, war einfach zu groß. Wie hätte ich ihm diese körperliche Reaktion auch erklären sollen? Wahrscheinlich hätte er es ziemlich widerlich gefunden. Außerdem hätte ich, wenn ich das Zimmer verlassen hätte, mit ihm reden müssen und ich wusste beim besten Willen nicht, was ich sagen sollte.

Es war feige und albern, aber schließlich erfährt man nicht jeden Tag, dass sein bester Freund... Also... Na ja, dass er schwul ist eben. Ich meine, ich habe nichts gegen Homosexuelle, aber ich hatte es nie auch nur in Betracht gezogen, dass er so gepolt sein könnte. Obwohl er eigentlich auch nicht wirkte, als wäre er an irgendwelchen Kerlen interessiert. Bei dem Gedanken stellten sich meine Nackenhaare auf; Sollte er je einen Freund haben und den hierher bringen... Ugh. Ich würde dafür sorgen, dass das nicht passierte.

An mir war er aber, trotz der letzten Nacht, sicher auch nicht interessiert. Alles, was er in den letzten Monaten getan hatte, war, zu schweigen oder mich zu beleidigen. Ok, letzteres hatte vor allem in letzter Zeit auf einer freundschaftlichen, liebevollen Basis stattgefunden, die ich durchaus genossen hatte, aber das hieß ja noch nichts. Ein arroganter Affe wie Sasuke Uchiha würde sich niemals in mich... Nein, absolut ausgeschlossen, davor würde Tonton fliegen lernen.

Und es würde nichts ändern. Ich mochte Frauen. So attraktiv Sasuke auch sein mochte, das... Ging nicht.

Zumal ich niemals mit jemandem darüber sprechen konnte. Zum ersten würde Sasuke das sicher nicht wollen und zum zweiten konnte ich niemandem erklären, woher ich plötzlich zu wissen glaubte, dass mein bester Freund im anderen Team spielte. Nicht mal Sakura, meiner besten Freundin, oder Hinata, meiner engsten Vertrauten, konnte ich davon erzählen, das wäre der Gipfel der Peinlichkeit, wenn ich ihnen sagen würde, dass ich einen anderen Kerl... Uh, ich wollte nicht mal daran denken. Außerdem wären beide sowieso sauer, wenn ich ihnen das mitteilte. Sakura, weil ich ihren Angebeteten begrabbelt hatte - Obwohl das gar nicht so gemeint gewesen war! - Und Hinata, weil ich IRGENDWEN außer ihr angegrabbelt hatte. An meine Freundin wollte ich eigentlich gar nicht denken. Ich meine, das ganze war nicht geplant gewesen, es war irgendwie aus dem Ruder gelaufen. Ich hatte Sasuke helfen wollen und irgendwie war das aus dem Ruder gelaufen, wie genau wusste ich eigentlich selbst nicht mehr.

Trotzdem, betrogen hatte ich sie nicht, es war ja mit einem Mann und ich stand auf Frauen. Auf Brüste und schlanke Beine und knackige Hintern und lange, seidige Haare, am besten in kobaltblau. So einfach war das. Dass ich gekommen war, lag nicht an Sasuke - Genauso wenig wie meine Erektion jetzt gerade. Ich hatte einfach ewig keinen Sex gehabt. Das hatte sich aufgestaut. Genau. So war es.

All diese Selbstbeteuerungen würden mich aber nicht davor bewahren, jetzt aufzustehen, weil ich mit Sakura verabredet war und die mir den Kopf abreißen würde, wenn ich zu spät käme. Ich seufzte schwer, als ich mich in eine sitzende Position hievte. Mein Körper fühlte sich an, als hätte ich die ganze Nacht nicht geschlafen und das kam wohl auch so ungefähr hin. Es war sowieso schon spät gewesen, als Sasuke sich zurückgezogen hatte und dennoch war ich wach gelegen, um mir zu erklären, wie es dazu hatte kommen können, bis ich schließlich die fadenscheinige Begründung sexueller Frustration gefunden hatte.

Ich fuhr ertappt zusammen, als es an der Tür klopfte und stammelte heiser "Ja...?", obwohl ich darauf verzichten konnte, Sasuke in meinem Zimmer zu haben, wenn ich eine Latte hatte wegen ihm - Schon wieder. Ich zog die Beine an und sah zu ihm auf, aber er hatte nur sehen wollen, ob ich wach war und ob ich nicht krank war. Natürlich merkte er, dass ich mich komisch verhielt, aber er war schlau genug zu wissen, was mein Problem war, ohne danach zu fragen und ich dankte ihm geistig auf Knien für seine Fähigkeit zu absoluter Diskretion. Schließlich ließ er mich mit einer Erinnerung daran, dass Sakura bald kommen würde, alleine. Mühsam brachte ich mich dazu aufzustehen und duschen zu gehen und da klingelte es auch schon an der Tür. Ich hatte erfolgreich vermieden, noch weiter alleine mit Sasuke zu sein.

"Was ist los?", fragte Sakura später, als Sasuke bei Tsunade war. "Habt ihr euch gestritten?"

Ich lachte humorlos; Nein, wir hatten uns zu gut verstanden. "Nein, ich bin nur müde. Mach dir keine Sorgen."

Sie wusste, dass ich log - Das ist der Mist mit diesen besten Freunden, sie kennen einen einfach zu gut. Aber sie ließ mich damit in Ruhe, weil sie ahnte, dass es nichts bringen würde, mich zu bedrängen.

Nachdem unsere Ermittlungen gestern so grandios gefloppt waren, hatten wir beschlossen, uns mehr an Miss Tao zu halten. Zu ebendieser waren wir gerade auch auf dem Weg; Wir wollten mit ein paar Leuten aus ihrer Umgebung sprechen, Alibis und Motive checken. Uns einen Plan überlegen, wie wir weiter vorgehen sollten.

Ich persönlich wollte dabei vor allem eins, und zwar, den letzten Abend schnellstmöglich vergessen.
 

Während der nächsten Tage versuchte ich, so viel Zeit wie möglich außer Haus zu verbringen, was unsere Ermittlungen auch erforderten. Sasuke besuchte weiterhin Tsunade oder inzwischen teilweise auch andere Therapeuten, aber mittlerweile durfte er mit Erlaubnis der Hokage auch ein paar Stunden alleine zu Hause bleiben. Er sagte zwar nichts dazu, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er wusste, dass ich ihm ganz bewusst aus dem Weg ging. Ich lag gefühlsmäßig in einer Zwickmühle, weil ich mir zum einen natürlich nach wie vor große Sorgen machte, wenn mein Schützling sich selbst überlassen war, andererseits wollte ich aber auch Abstand zwischen uns bringen.

Die einzige Ablenkung waren unsere Ermittlungen, die inzwischen einige kleine Verbrechen der Männer um Sawa Taos Leuten aufgedeckt hatten, sie aber nicht weiter in den Zusammenhang mit den Morden bringen konnten. Sakura vermutete noch immer Michelangelo hinter den Taten, aber auch das konnten wir nicht nachweisen, weil keiner der Toten ein Shinobi gewesen war und außer den Schlitzereien auf den Bäuchen der Toten auch keine Nachricht oder ein sonstiges ´Kunstwerk` hinterlassen worden war. Das passte nicht in das Täterprofil, nach dem sie suchten, also konnten wir die ANBU auch nicht einschalten. Zudem wollte keiner von uns Panik verursachen, wo die Bevölkerung sich gerade vorsichtig optimistisch stimmte, dass es keine weiteren Toten mehr geben würde.

Als wir nach einer Woche immer noch keine Ergebnisse hatten, beschloss unser Team, die Sache aggressiver anzugehen. Wir wussten, wo Sawa wohnte und wann sie sich in der großen Penthauswohnung aufhielt, was vorrangig tagsüber der Fall war. Dementsprechend wartete ich, bis sie ihr Heim eines Abends verließ und huschte in den Hausflur, noch bevor die Tür zufallen konnte. Das war einfacher als gedacht. Der Eingangsbereich und die Treppe waren luxuriös, aber es ich hatte keine Zeit, dies zu bewundern. Lautlos und von den Überwachungskameras ungesehen machte ich mich auf den Weg in das oberste Stockwerk. Sawas Tür war ziemlich leicht zu erkennen; Es war die einzigst schwarze im ganzen Haus und davor stand eine hüfthohe Statue im griechischen Stil. Ich war ganz froh, dass die barbusige Frau keinen Kopf mehr hatte - Sie hätte mich sicher vorwurfsvoll angestarrt, wie ich neben ihr kniete und das Schloss aufbrach, das sie bewachte.

"Ok, Baby.", flüsterte ich dem Türschloss zu und klemmte die Zunge zwischen die Lippen, während ich an der Verriegelung nästelte. Natürlich hätte ich die Tür auch einfach aufbrechen können, aber das wäre nicht ganz so heimlich, wie Sakura sich das vorgestellt hatte. Es dauerte etwas, aber dann schnappte der Riegel zurück und ich konnte eintreten. Ich war vorsichtig, rechnete mit einer Alarmanlage, welche es jedoch nicht zu geben schien. Die Wohnung war ganz dem Geschmack der Besitzerin folgend griechisch eingerichtet, mit Säulen, Statuen und alldem, aber lange nicht so opulent wie das Büro der Dame. Ich sah mich im Flur um, aber dort hing leider nicht neben dem Einkaufszettel eine Liste mit den Namen der Ermordeten. Schade aber auch. Das zur Küche hin offene Wohnzimmer war durch die verspiegelte Fensterfront von den Lichtern der nächtlichen Straße erleuchtet, konnte aber von außen nicht eingesehen werden. Alles in allem ließe es sich hier schon aushalten. Als ich am Couchtisch vorbei ging, entdeckte ich doch Bilder eines der Ermordeten, allerdings zeigten sie jüngere Versionen von Akira und Sawa in freundschaftlichen Posen. Damals war die Frau noch schöner gewesen, ganz im Gegensatz zu dem korpulenten Mann an ihrer Seite. Einmal mehr fiel mir auf, dass Sasuke der einzige Mann war, den ich schön nannte, aber der Gedanke hatte gerade keinen Platz, also schob ich ihn rasch beiseite.

Ich wusste selbst nicht so genau, was ich suchte, als ich Sawas privates Büro betrat. Eine Auftragsbestätigung für die Morde würde sie hier wohl kaum aufbewahren. Trotzdem durchsuchte ich ihre Unterlagen und stieß auf einige steuerlich interessante Dinge, auf Zahlentabellen, denen ich nichts entnehmen konnte und auf jede Menge Inventarlisten. Also völlig unverfänglich und somit nutzlos.

Leise fluchend verließ ich den Raum und blieb einen Moment vor ihrem Schlafzimmer stehen. Das war ihr privatester Rückzugsort, ihr Allerheiligstes, sozusagen... Aber ich drang ja nicht aus persönlichen Gründen ein, also öffnete ich die Tür. Das Zimmer beherbergte nur ein Bett aus schwarzem Holz, über dessen Kopfende ein Katana hing und zwei Reihen ebenfalls schwarzer, deckenhoher Schränke.

"Denkst du, es ist höflich, ohne ihr Einverständnis in das Zimmer einer Dame einzudringen, junger Mann?"

Noch bevor ich einen Gedanken fassen konnte, fuhr ich herum und stoppte das Kunai in meiner Hand nur Millimeter vor Sawa Taos Schwanenhals. Sie hatte die Arme unter der Brust verschränkt und sah mich wütend, aber nicht erschrocken an, als bemerkte sie die Waffe an ihrer Kehle kaum. Ich erwiderte ihren Blick abwägend und behielt die Hand erhoben. Ich war in ihre Wohnung eingebrochen ohne Durchsuchungsbefehl, was natürlich eine Straftat war. Beweisen konnte sie mir das allerdings niemals und Tsunade würde mich decken.

Ich kam zu dem Schluss, dass es nicht nötig war, sie zu verletzen oder zu bedrohen, also ließ ich die Waffe sinken. "Ich schätze nicht, Ma´am."

Sawas Mundwinkel zuckte amüsiert. "Nun, es sei dir verziehen. Du hättest hier sowieso nicht gefunden, was du suchst, Schätzchen. Üblicherweise bewahre ich meine Mordaufträge nicht in meinen Dessous auf." Ihre Stimme war sarkastisch, aber ein bisschen Wahrheit schwang wohl auch in den Worten mit.

"Das habe ich auch nicht erwartet.", dementierte ich.

Sie zog eine rasiermesser-schmal gezupfte Augenbraue in die Höhe, sagte aber nichts dazu, sondern dirigierte mich in ihr Wohnzimmer. "Trink ein Glas Wein mit mir."

"Tut mir leid, ich bin im Dienst.", grinste ich, was meine nicht ganz freiwillige Gastgeberin nicht so lustig fand wie ich. Ich räusperte mich. "Wie haben Sie überhaupt bemerkt, dass ich hier bin? Es gibt keine Alarmanlage."

"Gut vorbereitet - Das gefällt mir." Mit einem lobenden Blick und einem Rotweinpokal ausgerüstet, den sie gerade aus der Küche geholt hatte, ließ die Dame sich auf der weißen Ledercouch nieder und bedeutete mir, es ihr gleichzutun. Ich wählte ein Plätzchen möglichst weit weg von ihr, was sie zu amüsieren schien. "Aber ich habe schon lange festgestellt, dass man derartiges Technik-Spielzeug viel zu leicht manipulieren kann. Ich bevorzuge andere Methoden."

"Wachen kann man bestechen oder töten."

Sawa gab ein glockenhelles Lachen von sich. "Oh, da fürchte ich mich nicht. Meine Männer sind hundertprozentig loyal und können auf sich aufpassen. Außerdem wärest du nicht so grob gewesen, den Wachmann zu töten, wenn du ihn bemerkt hättest, oder?

Sehr wahrscheinlich nicht, aber ich würde einen Teufel tun und ihr das sagen. "Warum haben Ihre Leute mich nicht selbst aufgehalten?"

"Wenn du versucht hättest, wieder zu gehen, hätten sie das getan.", erklärte sie und stellte ihr Glas weg. "Aber ich nehme an, du bist nicht hier, um über mein Sicherheitssystem zu sprechen."

"Nicht wirklich.", seufzte ich. Sakura würde sauer sein, dass ich das hier nicht geheim hatte halten können.

"Und hast du etwas gefunden?"

"Nein." Aber das musste sie wissen, immerhin wäre ich nicht mehr hier, hätte ich Beweise gefunden.

"Natürlich hast du das nicht. Weil es nichts zu finden gibt. Habt ihr eure Zeit wirklich weiter mit mir verschwendet? Wie dumm." Sawa überschlug ihre perfekten Beine und verschränkte die Arme vor der flachen Brust. "Ich habe euch bereits gesagt, dass ich nichts damit zu tun habe. Trotzdem habe ich meine Leute darauf angesetzt und wie es aussieht, war ich erfolgreicher als ihr."

"Warum haben Sie das getan, wenn sie nichts damit zu tun haben?"

"Ihr schnüffelt in meinen Angelegenheiten und das möchte ich beenden. Außerdem habe ich bereits erklärt, dass die Ergreifung des Mörders in meinem Interesse liegt, um den Frieden in unseren Reihen zu bewahren. Noch da zu war Akira mein Freund und niemand legt sich mit mir an und kommt ungestraft davon." Die Miradenchefin strich sich das Haar aus den Augen und blitzte mich herausfordernd an, doch ich nickte nur. Es war gut vorstellbar, dass sie so etwas nicht auf sich sitzen ließ. "Möchtest du hören, was ich herausgefunden habe oder misstraust du mir lieber weiter?"

"Ich habe keinen Grund, Ihnen zu vertrauen."

"Ah, nicht?", entgegnete sie spitz mit einem Lächeln. "Du bist in meine Privaträume eingedrungen und lebst noch. Ist das kein Zeichen meines guten Willens?"

Ich wusste nicht so recht, ob mich Sawas Selbstbewusstsein beeindruckte oder mir auf die Nerven ging. Jedenfalls sah ich im Moment keine Gefahr darin, mir anzuhören, was sie zu sagen hatte, denn, egal, wie stolz sie sich gab, ihre Lakaien hätten keine Chance gegen mich. "Was haben Sie also herausgefunden?"

"Kluger Junge... Nun, ich nehme an, dass ihr bereits wisst, dass die vier Toten in Akiras Haus nicht die einzigen sind, die in dieser Nacht von uns gingen?"

"Ein Mann mittleren Alters wird vermisst. Er ist im Moment unser Hauptverdächtiger." Neben Ihnen natürlich, fügte ich in Gedanken hinzu, aber das wusste sie sicher selbst.

Sawa stand auf, um ihr Weinglas in die Küche zu bringen. "Von dieser Idee könnt ihr ablassen. Er ist tot.", erklärte sie, noch auf dem Weg. "Meine Männer haben ihn im Fluss gefunden. Sein Genick ist gebrochen, genau wie bei dem Türsteher."

"Also kann man davon ausgehen, dass es derselbe Täter war."

"Das vermute ich. Zumal der Tote, der in Akiras Zimmer gefunden wurde, in der Nacht mit der Wasserleiche unterwegs war."

Ich vertraute Sawa nach wie vor nicht, aber wenn ihre Informationen stimmten, war das durchaus interessant. "Hatten die... Angestellten vielleicht einen Streit mit jemandem?"

"Ich vermute. Dein Mörder hat die Burschen bei ihrem Auftrag gesehen und irgendetwas daran hat ihn gestört. Ich kenne ihn natürlich nicht, aber ich denke, das war eine Kriegserklärung. Wie ich bereits sagte ist Konkurrenz in unseren Kreisen gefährlich, aber davor scheint der Täter keine Angst zu haben. Entweder, er ist verdammt überheblich, oder er hat keine Ahnung, wie das Spiel läuft. Jedenfalls hat er damit, dass er Akira tötete, Besitzansprüche deutlich gemacht."

Ich sah der Frau zu, die an ihre Fensterfront getreten war und bewunderte im Stillen ihr enormes Rückgrad. Sie war wirklich wie Tsunade; Bereit, alles zu opfern für ihre Schutzbefohlenen und natürlich nach wie vor eine absolute Top-Frau. "Sie haben nicht vor, ihm das durchgehen zu lassen."

"Gott, nein.", lachte Sawa und schüttelte den Kopf. "Deshalb schlage ich eine zeitweilige Partnerschaft vor, mein Lieber. DIe Leute aus dem Viertel werden dir oder dem Mädchen nichts sagen. Mir schon. Ich kann euch helfen, ihn zu finden, wenn ihr dafür sorgt, dass er aus meiner Reichweite verschwindet."

Irgendetwas sagte mir, dass ich zwar mit Tsunade und Sakura über darüber sprechen sollte, dieses Angebot aber nur für mich bestimmt war. Sawa sah mich als Kopf dieser Fahndung und das schmeichelte mir mehr, als es sollte. Ich war eben auch nur ein Mann und für derartiges mehr als empfänglich. Allerdings würde ich mich nicht blenden lassen und meinen Kolleginnen davon erzählen sobald ich konnte.

"Was hast du über den Täter herausgefunden?", gab ich ihr meine stumme Einverständnis für die Zusammenarbeit.

Ihr Katzenlächeln blitzte auf; Offenbar gefiel ihr die Antwort. "Ich habe mit einigen Anwohnern sprechen lassen. Euer Vermisster wurde auf dem Hinterhof einer Lagerhalle in den Fluss geworfen. Dort waren verschiedene Männer anwesend; Zuerst drei, dann kurzzeitig zwei und dann wieder drei. Das bedeutet, außer den fünf Toten aus Akiras Reihen und dem Täter war noch jemand dort. Ich denke aber, dass dieser letzte Verschwundene, den wir übrigens auch im Wasser gefunden haben, der Grund war, wieso Akiras Jungs überhaupt dort waren. Er hatte eine aufgeschlitzte Kehle."

"Der Mörder hat auch ein Messer gehabt.", warf ich ein.

"Schon, aber wir können nicht sagen, ob es dasselbe war oder nicht. Und selbst wenn, wissen wir nicht, wer der Anwesenden jetzt wen umgebracht hat. Das müsst ihr schon herausfinden. Ich kann euch nur sagen, wo das erste Verbrechen stattgefunden hat."

"Mhm... Und wie sah der letzte Anwesende - Unser potentieller Mörder - Dann aus?"

"Nun, hier kommen wir zum interessanten Teil bei der Sache.", sagte Sawa und gesellte sich wieder zu mir auf die Couch. Sie unterschlug die Beine und genoss die Aufmerksamkeit, die ich diesen schenkte. Zwanghaft richtete ich den Blick wieder auf ihr Gesicht? Was war nur los mit mir, dass mich zur Zeit nur auf solche Körperlichkeiten konzentrieren konnte? Ich brauchte dringend eine Frau... Nein, nein, nein, nicht ´eine` - Ich brauchte MEINE Frau. Hinata, die einzige, auf die sich mein sexuelles Interesse beschränken sollte.

Meine Unaufmerksamkeit fiel meinem Gegenüber auch schon auf und sie schmunzelte, als sie sich näher zu mir lehnte und ihr Parfüm damit in meine Richtung verteilte. Ich versuchte, ihr zu entkommen, indem ich tiefer in die Polster rutschte. "Äh... Warum war das interessant?", versuchte ich mit rauer Stimme den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen und ´Persephone` so von ihren Annäherungsversuchen abzulenken.

Mit leicht säuerlicher Miene lehnte die Frau sich zurück und brachte so den dringend nötigen Abstand zwischen uns. "Meine Informanten wissen zwar genau, dass sie den Mann gesehen haben, sie können sich aber nicht an sein Gesicht erinnern - Kein einziger von ihnen. Sie sagen, es ist, als würde eine Art Nebel vor seinem Gesicht hängen."

"Na ja, sie waren bei Nacht an einem Fluss. Da ist Nebel nichts ungewöhnliches."

"Oh, das ist es ja gerade; Sie sagen, es war eine sternenklare Nacht."

Ich runzelte die Stirn und sah aus dem Fenster. Es konnte genauso gut sein, dass diese ominösen "Informanten" unter Drogen standen oder nichts gesehen hatten und sich rauszureden versuchten oder dass sie Sawa mit Absicht nichts sagten, um dem Mörder kein Motiv zu geben, auch sie zu töten. Aber wenn es so war, wie meine neue Freundin sagte, klang das verdächtig nach einem Genjutsu. Mir wollte nicht einfallen, wieso ein Kollege diese Menschen hätte töten sollen. Persönliche Motive vielleicht, wie Rache zum Beispiel? Oder infolge einer Mission? Allerdings war uns kein derartiger Auftrag bekannt und Tsunade hätte uns gar nicht erst mit der Suche betraut, wenn sie für alles verantwortlich wäre. Dazu gab es im Dorf wirklich viel zu viel zu tun.

Das waren schwierige Gedankengänge und ich verließ Sawa, um die Sachlage mit meinem Team zu beratschlagen. Sakura war wenig erfreut darüber, dass man mich erwischt hatte, aber ich konnte es jetzt ja nicht mehr ändern und wenn wir es geschickt anstellten, könnte die Lady uns durchaus nützlich sein. Das sah schließlich auch unsere Gruppenleiterin ein und wir konzentrierten uns auf naheliegendere Probleme.

"Wir dürfen uns trotz allem nicht zu sehr auf Sawas Wort verlassen. Sie ist nach wie vor verdächtig und wir müssen auch weiterhin ein Auge auf sie und ihre Leute haben. Wenn allerdings wirklich ein Kollege in den Fall involviert sein sollte, müssen wir sehr diskret vorgehen. Fälschlich einen Kollegen zu verdächtigen, wäre fatal. Im Moment ist zwar im Michelangelo-Fall alles ruhig, aber die Bevölkerung braucht das Vertrauen in uns... Obwohl wir wohl alle hoffen, die Mordserie wäre endlich vorbei.", erklärte Sakura Sai und mir. Sasuke war schon im Bett, wofür ich dankbar war, weil ich mich in seiner Nähe seit dem... Nun, seit dem ´Vorfall` sehr befangen fühlte. "Wir sprechen auf jeden Fall mit der Meisterin über den Verdacht und befragen sie über eventuelle Aufträge. Außerdem müssen wir herausfinden, ob Kollegen persönliche Gründe haben, Sarashis Tod zu wollen; Verwandte, die durch ihn an Drogen gekommen sind, Prostitution, Entführungen... All sowas eben. Deine neue Freundin dürfen wir dabei nicht aus den Augen verlieren. Wir werden sie weiterhin beschatten; So können wir auch sichergehen, dass die Informationen, die sie uns zukommen lässt, der Wahrheit entsprechen."

"Ich trau ihr auch nicht wirklich.", gab ich meiner Freundin Recht. "Es könnte genauso gut in ihrem Interesse liegen, uns auf eine falsche Fährte zu locken."

"Was hast du vor, wenn wir tatsächlich einen Kollegen als Täter entlarven, Sakura?", erkundigte sich jetzt Sai.

"Wie gesagt, wir müssen äußerst diskret sein. Am besten, wenn wir das ganz intern behandeln. Naruto, du sprichst morgen mit der Meisterin und erzählst ihr von dem Verdacht. Wir kümmern uns um alles weitere."

Wir besprachen noch einige Details, dann machten die beiden sich auf den Weg. An der Tür hielt ich Sakura noch mal auf, als Sai schon gegangen war. "Also... Es ist so... Hm...", stammelte ich. Die Worte, die ich nicht sagen konnte, machten es denen, die ich sagen musste, schwer, über meine Lippen zu kommen. Sie hingen geradezu an meiner Zunge und ich verfluchte sie im Stummen als verdammte Verräter. Wir saßen hier doch alle im selben Boot! Verdammte Worte. Verdammter Alkohol. Verdammter Sasuke, der das alles scheinbar so teilnahmslos hinnehmen konnte!

"Spuck´s schon aus.", unterbrach Sakura meine inneren Selbstgespräche mit einem freundlichen Lächeln und für einen Moment war ich versucht, ihr alles zu erzählen. Mir war bewusst, dass ich darüber sprechen musste, um meine Gedanken zu sortieren, aber ich konnte nicht. Scheiße, ich konnte ihr doch nicht sagen, dass ich Sasuke, IHREN geliebten Sasuke-kun, begrabbelt hatte und jetzt verwirrt darüber war, wie sehr mich dass erregt hatte. Ich konnte ihr das nicht sagen, weil ich noch versuchte, mir einzureden, dass meine Lust nur am Sexentzug vor diesem Intermezzo lag und wenn ich es ausspräche, wäre es die Wahrheit und ich könnte es nie mehr ungeschehen machen.

"Ich... Könntest du in den nächsten Tagen mal Sasuke zu dir nehmen? Zwischen Hinata und mir läuft es momentan nicht so toll und ich wollte mal wieder mehr Zeit mit ihr verbringen."

Ich hatte wegen der beiden Mädchen ein schlechtes Gewissen. Bei Sakura, weil ich sie belog, bei Hinata, weil ich sie dafür benutzte, um mich vor einem dringend nötigen Gespräch mit Sasuke zu drücken. Sicher, unsere Beziehung brauchte eindeutig mehr Nähe, aber darum ging es jetzt nicht. Es ging um Sasuke - Wie immer. Ich hatte gedacht, meine Obsession ihm bezüglich würde enden, wenn er wieder in Konoha wäre, aber stattdessen fraß mich jetzt die Angst, ihn noch mal zu verlieren, innerlich auf und ließ mich kaum etwas außer ihm wahrnehmen. Der Gedanke beunruhigte mich. Wann hatte ich angefangen, mich so völlig auf ihn zu fixieren, dass alle anderen nur noch halb so wichtig waren, sobald ich auch nur an ihn dachte? Rasch konzentrierte ich mich wieder auf mein momentanes Gespräch.

Ich war zwar ein mieser Lügner, aber diesmal glaubte Sakura mir mit einem mitfühlenden Lächeln. "Klar, ist doch kein Problem. Ich hab mir schon gedacht, dass ihr euch in letzter Zeit zu selten gesehen habt, du und Hinata. Es ist wirklich stressig, hm?"

"Jaa...", antwortete ich gedehnt, den Blick auf einen Punkt neben ihrem linken Ohr gerichtet. "Weil es Sasuke ja auch nicht so gut geht..."

"Ich verstehe schon. Aber jetzt sieht er langsam wieder echt gut aus und du kannst wieder mehr Zeit mit Hinata verbringen."

Sie sagte das in den besten Absichten, machte mir damit aber ein fast unerträglich schlechtes Gewissen, weil ich wusste, dass es nicht so sein würde. "Das... Wäre schön.", antwortete ich träge. Meine Konzentration ging gerade flöten;

Sasuke war aus seinem Zimmer gekommen und ich spürte seine Nähe wie einen Magnet.

"Glaubst du, er wird bald alleine sein können?"

"Nein." Meine Reaktion kam heftiger als gedacht und Sakura weitete überrascht die Augen. "I-Ich meine... So lange er wegen... Solange er zu Baa-chan gehen muss, wohl nicht."

Sie schien versucht, erneut nach dem Grund der Besuche zu fragen, ließ es dann aber doch. "Da hast du wohl Recht... Aber langsam wird das mühsam, nicht? Ich meine, du liebst es, Hinata und alle um dich zu haben in deiner Freizeit, aber weil Sasuke-kun alleine sein will, stellst du deine Bedürfnisse zurück. Das ist wirklich rücksichtsvoll von dir. Ich bin sicher, er ist sehr dankbar, obwohl er es nicht zeigen kann. Du bist ein guter Freund, Naruto."

Jedes von Sakuras Worten war wie ein Schlag in die Magengrube. So etwas Nettes hatte sie schon lange nicht mehr zu mir gesagt und dann war ich das Lob nicht mal wert. Sasuke war es egal, ob er in der Wohnung war oder unter Leuten. Nur ich sperrte uns hier ein. Das war alleine meine Schuld und ich konnte nichts daran ändern, weil ich ihn verdammt noch mal für mich alleine wollte.

Ich schluckte hart und bemühte mich um ein Lächeln. "Für ihn immer... Und für dich auch."

Ungewohnt zärtlich legte meine Freundin die Hand auf meine Wange. "Wie wäre es, wenn du Hinata nach einem Date gleich für Samstag fragst? Je eher man etwas tut, desto besser, wenn es um so was geht."

"Ich muss sie noch fragen, ob sie frei hat, aber das mache ich morgen. Du bist die Beste, Sakura-chan. Danke."

"Schon ok.", lächelte sie und verabschiedete sich mit einem sehnsüchtigen Blick in Richtung von Sasukes Zimmer. Ich fragte mich, ob sie auch wusste, dass er hinter der Ecke lehnte und zuhörte. Jedenfalls ging sie, ohne etwas dazu zu sagen.

Ich ließ mir Zeit damit, das Schloss für den nächsten Tag einzustellen. Die letzte Woche über hatte ich es vermieden, alleine mit Sasuke zu sein. Ich hatte so lange Gäste in der Wohnung behalten, bis er zu Bett ging und war dann leise in mein Zimmer gehuscht. Ich hatte ihn zu Aufträgen mitgenommen und war auch so viel mit ihm draußen gewesen. Mein Umgang mit ihm war angespannt gewesen und die angenehm kumpelhaften Gespräche, die wir noch vor ein paar Tagen hatten führen konnten, waren abgestorben wie eine tote Wurzel. Ich vermisste es, so unbefangen mit ihm umgehen zu können, aber ich schaffte es nicht, mich in seiner Gegenwart zu entspannen. Statt der Freundschaft gab es jetzt eine unausgesprochene Spannung zwischen uns, deren Natur ich nicht benennen wollte, weil mein Unterbewusstsein genau wusste, dass sie rein sexuell war. In seiner Umgebung zu sein, lud mich praktisch statisch auf und jetzt, wo kein Mensch in der Nähe war, auf den ich diese Elektrizität hätte ableiten können, rieselte sie bereits in meinen Schritt, bevor ich ihn auch nur angesehen hatte und ich wusste, dass er es wusste, weshalb ich mich so entblößt fühlte wie ein Reh im Scheinwerferlicht.

Schließlich hatte ich unglaublich lang an dem Schloss herumgefummelt und kam nicht mehr umhin, mich umzudrehen und wie bereits vermutet, beobachtete Sasuke mich, ein gewisses Amüsement in den Augen. Ich war nervös, zwang mich aber, wie schon bei Sakura eben, zu einem Lächeln. "H-Hi... Konntest du nicht mehr schlafen? Entschuldige, wenn wir zu laut waren, ich..."

"Ich war wach.", unterbrach er mein Geplapper, indem er näher kam. "Ende der Woche bist du also bei Hinata."

"Du... Du hast uns zugehört?"

"Ja." Warum überraschte mich seine unverfrorene Ehrlichkeit überhaupt noch?

Seufzend kämmte ich mir durch die Haare und hob schwach die Mundwinkel. "Ja... Ich werde mich mit ihr treffen."

Sasuke erwiderte mein klägliches Lächeln nicht, als er vor mir stand, also ließ ich es verblassen. "Und ich soll zu Sakura."

Offensichtlich passte ihm das nicht und ich bekam ein schlechtes Gewissen. Es war ja nicht so, dass ich ihn loswerden wollte. Im Moment war es einfach für alle Beteiligten das Beste so, denn ich war verwirrt. So verwirrt, dass mein ganzer Körper sich danach sehnte, die geringe Distanz zwischen uns zu überbrücken, den Arm nach ihm auszustrecken, ihn zu mir zu ziehen und ihn zu küssen. Stattdessen leckte ich mir über die trockenen Lippen und schluckte. "E-Es ist ja nur der eine Tag...", rechtfertigte ich mich, den Blick abgewandt.

"Nur der eine Tag, hm?", wiederholte Sasuke und trat jetzt von sich aus näher, sodass uns keine zwanzig Zentimeter mehr trennten. "Und was soll ich ihr an diesem einen Tag erzählen, warum du mich loswerden möchtest? Gibt es einen bestimmten Grund?"

Er kannte ihn. Verdammt, der Grund saß in meinen Augen, die ihn aufzufressen drohten, er hämmerte gegen meine Kehle, die brannte vor Verlangen seine Zunge zu spüren, er pulsierte in meinem Ständer, den ich kaum noch ignorieren konnte und er tobte in meinem Bauch, der sich krampfhaft zusammenzog und entspannte vor lauter Aufregung. Wir kannten den Grund beide, ich musste ihn nicht aussprechen, also antwortete ich auf seine andere Aussage: "Ich will dich nicht loswerden..."

"Doch, das willst du und wir wissen beide, wieso." Seine Hand berührte den Stoff meines Pullovers über meinem rebellierendem Oberkörper, so zart, dass ich es kaum auf der Haut spüren konnte. Ich konnte den Blick nicht von seinen Lippen lösen, als sie das Unglaubliche aussprachen: "Ob Sakura das auch gerne wissen wollen würde...?"

Er erpresste mich.

Ich konnte es nicht begreifen. Die Tatsache entzog sich meinem Verständnis und ich versuchte, ein anderes Motiv für sein Verhalten zu finden, aber das gab es nicht und mir wurde kalt, als ich es einsah. Wie immer wusste er, wie ich reagieren würde - Dass ich Sakura beschützen wollen würde vor der widerlichen Wahrheit - Und er nutzte es schamlos aus. Als er die Resignation in meinem Blick sah, huschte ein Lächeln voller Genugtuung über diese Lippen, die ich immer noch anstarrte. Er grub die Finger in meine Kleidung, um mich näher an sich zu bringen.

"Wieso...?", fragte ich rau, ohne mich gegen seine Nähe zu wehren.

"Weil ich dich will.", hauchte Sasuke gegen meinen Hals und ließ die Zähne über die dünne Haut schaben. Ich wusste, dass es falsch war und dass ich es bereuen würde. Dass ich ihn dafür hassen sollte, so etwas mit mir zu tun. Aber die Nähe seines Körpers machte es mir unmöglich, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Ich wollte das tun, was er verlangte, obwohl ich mich dafür schämte. Wütend über meine Schwäche, aber unfähig, sie zu bekämpfen, pinnte ich Sasuke mit einem Knurren gegen die Wand und quetschte unsanft das Knie zwischen seine Beine. Er lächelte nicht mehr, schien aber auch nicht sauer über meine grobe Behandlung, im Gegenteil, er zog mich noch enger, sodass unsere Lippen sich fast berührten. Ich konnte kaum Luft holen, als sein heißer Atem beim Sprechen über meinen Mund strich; "Ich will dich und das ist deine Schuld, Naruto... Ich weiß, dass ich dich einfach so haben könnte... So oft ich will... Aber es wird leichter für dich, wenn du dir einreden kannst, ich würde dich zwingen, hm...?"

Ich wollte widersprechen, konnte aber nicht, weil ich seine Worte bereits bestätigte, indem ich ihn mit einem wütenden, hungrigen Knurren küsste. Das so viel Arroganz in so wenigen Worten überhaupt Platz hatte.
 

Der Mann war ein kleiner Fisch, das war uns allen bewusst. Aber wir brauchten ein Erfolgserlebnis und wir hatten seine Geschäfte beobachtet, als wir das Kasino observiert hatten.

Wir hatten ihn uns schon früh am Abend auf die Fersen geheftet. Sakura war irgendwo auf der Galerie des Clubs und Sai ein Stück vor mir in der Menschenmenge, die sich zuckend zur Musik bewegte. Ich selbst stand an der Bar. Es war schwer, in diesem Licht ein Gesicht auszumachen, aber ich hatte unseren Mann fest im Blick. Mit einem Drink in der Hand stand er ein wenig abseits an der Wand und sah mal hierhin, mal dorthin, ohne bewusst jemanden anzusehen, zumindest solange, bis ihn jemand ansprach.

Ich richtete mich ein Stück auf. Genau auf so einen Moment hatten wir gewartet. Der Neue sagte etwas, unser Mann sah sich kurz um, nickte dann und machte mit der Hand eine fordernde Geste, welche der Käufer mit einigen Geldscheinen beantwortete.

Auch Sai und Sakura hatten es bemerkt und sich den beiden jeweils von vorne und rechts genähert, sodass sie eingekreist waren. Wir zeigten uns erst, als das Tütchen den Besitzer wechselte. "Wir müssten Sie beide bitten, mit uns zu kommen.", erklärte Sakura kühl, aber höflich und löste damit kurzes Entsetzen auf den Gesichtern der beiden Männer aus. Der Dealer wandte sich ab und wollte laufen, knallte dabei aber voll gegen meine Brust und sah in mein lächelndes Gesicht, als er ein Stück aufblickte.

"Ich glaube, die Lady möchte, dass du noch etwas bleibst."

Zur Sicherheit nahm ich den einen und Sai den anderen am Arm, als wir sie möglichst unauffällig nach draußen geleiteten. Erst dort fingen sie an, ihre Lage zu begreifen und sich zu wehren. "Was wollt ihr eigentlich?! Wir haben doch gar nichts gemacht!"

"Wir nehmen Sie in Sicherheitsverwahrung wegen Besitz und Verkauf illegaler Substanzen sowie dem Kauf ebendieser und dem Verdacht auf ihre Nutzung."

Sakura überließ es uns Männern, für die einstweilige Verwahrung der Übeltäter zu sorgen, während wir sie ins Gefängnis brachten. Als das erledigt war, fühlte ich mich befreiter als seit Wochen, weil wir tatsächlich etwas erreicht hatten. Natürlich nicht das, was wir eigentlich geplant hatten, aber immerhin etwas. Meine stillschweigende Abmachung mit Sawa hatte ich zwar nicht eingehalten, aber ja nur für einen guten Zweck. Und jetzt würden wir uns mit neuem Elan unserer eigentlichen Aufgabe widmen können.
 

Langsam wurden die blassen Finger in meiner Hand kühl, also schob ich sie in die Tasche meiner Jacke. Hinata drückte dankbar meine Hand und ich grinste, ohne ihrem Blick direkt zu begegnen. Das konnte ich nicht. Sie würde die Wahrheit in meinen Augen sitzen sehen wie ein gieriges Ungeheuer, das unsere Beziehung auffraß.

Ihre Wangen waren unter der hellen Bommelmütze gerötet - Vermutlich sowohl von der Kälte als auch von dem Körperkontakt. Sie trug einen lilanen Schal, der lang genug war, um ihn auch noch um meinen Hals zu schlingen, wenn wir uns dicht zueinander lehnten - Was wir auch taten, denn ich hatte mein eigenes Halstuch vergessen hatte.

"N-Naruto-kun...?" Hinata brach wieder ab, bis ich auffordernd und bekräftigend ihre Hand drückte. "W-Wir... Also... Wir sind ja jetzt schon lange zu... Hm... Z-Zusammen..."

"Fast ein Jahr.", bestätigte ich lächelnd, dann fiel mir etwas auf und ich weitete entsetzt die Augen. "Es ist nicht unser Jahrestag, oder?! Tut mir leid, Takara, solche Tage kann ich mir nicht merken!"

Meine Freundin kicherte leise und schüttelte den Kopf. "Nein, das war doch schon. Wir waren essen, weißt du nicht mehr...?"

"Aaah, ja!", rief ich erleichtert aus. Wir waren essen und ich hatte ihr Blumen geschenkt und ihr gesagt, wie hübsch sie aussah und dass ich sie liebte, so, wie sich das eben für einen guten Freund gehörte. Damals, als ich noch nicht angefangen hatte, unsere Beziehung zu ruinieren. "Stimmt. Das war schön."

Mit einem Nicken ließ sie das Gespräch erstmal im Sande verlaufen, als wir unser Ziel, die Eislaufhalle, erreichten. Ich zahlte für uns und wir liehen uns Schlittschuhe aus. Um sie anzulegen, brauchte ich Hinatas Hilfe und wie sie da so zwischen meinen Beinen kniete, musste ich an die letzte Nacht mit Sasuke denken. Ich erschrak über meine heftige Erregung bei diesem Gedanken, weil ich nicht von dem Anblick des Mädchens hart wurde. Hinata wurde rot, als sie meinen Zustand bemerkte und versuchte, meinem Blick zu begegnen, aber ich wich aus. Zum Glück war sie zu schüchtern, mir ihre ´Hilfe` bei meinem Problem anzubieten ( Obwohl sie es sicher getan hätte, hätte ich sie darum gebeten.), denn das hatte ich eindeutig nicht verdient.

Die kalte Luft in der Halle half, dass ich nicht allzu lange so rumlaufen musste, sodass wir uns auf Hinatas Versuche, mir das Schlittschuhlaufen beizubringen, konzentrieren konnten. Sie glitt elegant über das Eis, als hätte sie nie etwas anderes getan und versuchte, nicht über mein Stolpern und Strampeln zu kichern, wofür ich sehr dankbar war. Trotzdem gab ich nach einer Weile auf und sah lieber zu, wie Hinata Pirouetten drehte und mir dabei noch schüchtern zulächelte.

Sie war so süß... Ich hatte sie überhaupt nicht verdient. Wie konnte sie jemanden, der sie so hinterging, nur so bedingungslos lieben? Inzwischen konnte ich nämlich nichtmal mehr selbst leugnen, dass ich sie betrog. Ich wollte das nicht - Natürlich nicht, ich liebte sie und wollte ihr nicht wehtun. Aber genauso wenig konnte ich mich gegen Sasukes Anziehungskraft wehren.

Ich konnte nicht direkt sagen, dass er mich verführte, weil er nichts tun musste, außer mir etwas näher zu kommen als üblich, um meine Selbstbeherrschung in Rauch aufgehen zu lassen. Es war ich alleine, mein Körper, der so heftig auf dieses bisschen Nähe reagierte. Nie war er der Erste, der mich anfasste. Seine bloße Anwesenheit wirkte wie ein Magnet auf mich, die Blicke, die er mir zuwarf, die Selbstverständlichkeit, mit der er inzwischen halbnackt durch die Wohnung lief, die befehlsgewohnte Stimme, mit der er meinen Namen sagte... Und ich war mir ziemlich sicher, dass er sich seiner Wirkung nur zu deutlich bewusst war.

Aber ich würde nicht mehr sein Spielzeug sein. Schön für ihn, dass er seinen Sexualtrieb entdeckte, aber erkunden konnte er ihn doch bitte an jemand anderem! So ziemlich jeder hier im Dorf dürfte doch erpicht darauf sein. Jeder - Außer mir und das würde ich ihm auch sagen.

"Nein.", wisperte ich leise und stellte mir dabei seine schwarzen Augen vor. "N-Nein." Seine leicht geöffneten Lippen und seine Zunge, die diese befeuchtete... Und das war´s mit mir. Ich brachte dieses kleine Wort, diese vier Buchstaben, nicht mehr raus. Und das, obwohl ich nur an ihn dachte. Ich seufzte tief.

Das konnte ja lustig werden.

Ich spürte einen Blick auf mir und fokussierte meine Augen, sodass ich Hinata sehen konnte. Meine erste Reaktion war ein schuldbewusstes Lächeln, doch dann sah ich, dass sie nicht gerade glücklich wirkte und suchte nach dem Grund dafür. Dieser entpuppte sich als brünetter junger Mann, welcher mit charmantem Lächeln auf meine sichtlich nervöse Freundin einredete und als ich erkannte, dass er sie anbaggerte, war ich in Sekundenbruchteilen auf den Beinen. Ohne darüber nachzudenken sprang ich über die Balustrade vor der Eisbahn - Und landete prompt auf allen Vieren, als ich auf dem glatten Grund ausrutschte.

"Naruto-kun...!", rief Hinata besorgt und eilte leichtfüßig auf mich zu. Sie half mir auf die Beine und ließ es zu, dass ich mich etwas auf sie stützte, um nicht noch mal zu fallen. Mein Blick lag auf ihrem kleinen Verehrer, der ihr gefolgt war und mich jetzt musterte. "Geht es dir gut...?", erkundigte meine Freundin sich, während sie mich nach Verletzungen untersuchte.

"Ja, Süße, alles klar... Wer ist das?", wollte ich, böser als üblich, wissen. Es kam nicht sehr oft vor, dass Hinata von anderen angegraben wurde, weil sie so unauffällig war, dass die meisten sie gar nicht erst bemerkten. Wenn es dann doch geschah, machte ich meine Ansprüche normaler Weise mit Umarmungen und Küssen deutlich. Nicht so heute. Gerade hätte ich diesem Typ am liebsten eine reingehauen und zwar nur, weil er sich Hinata auf zwei Meter näherte.

"Ich habe nur Hinata-sans Eislaufkünste bewundert.", erklärte der Fremde. Vielleicht war er höflich, aber mir kam er gerade nur blasiert und überheblich vor. "Keine Panik."

"Ich glaube, dich habe ich nicht gefragt." Wer erlaubte ihm überhaupt, meine Freundin beim Vornamen zu nennen?

"N-Naruto-kun...", sagte diese, verunsichert von meiner Aggressivität.

Ich war selbst verwirrt. Was sollte das? Es war ja nicht so, dass sie denselben Scheiß abzog wie ich... Aber genau da lag das Problem; Ich hatte Angst, dass sie es tun könnte. Im Moment bedeutete ich ihr alles, dessen war ich mir hundertprozentig sicher, aber ich war mir bis vor ein paar Tagen auch hundertprozentig sicher gewesen, dasselbe für sie zu empfinden. Und jetzt fühlte ich mich unwiderstehlich zu meinem Mitbewohner hingezogen. Ich hatte Angst, dass sie denselben Magnetismus, den Sasuke auf mich ausübte, für jemand anderen empfinden könnte und ich sie so verlieren würde. Sie war schüchtern, aber gegen diese Anziehungskraft könnte nicht mal sie sich wehren.

Und ich wusste ja nicht, dass ich der Mensch war, auf den sie so reagierte, weil sie ihr Verlangen so mühsam verbarg.

"Sie ist meine Freundin und ich bin der einzige, der ihre ´Künste` genießen darf, klar? Also schieb ab.", knurrte ich und der Mann tat mit einem Kopfschütteln, wie ihm geheißen, was auch besser für ihn war. Ich hätte Lust gehabt, mich zu prügeln.

"Ähm... Ist... Ist a-alles ok...?"

"Jaaa, klar... Was für ein Idiot, huh?", lachte ich aufgesetzt und in dem Wissen, dass ich mich wie der Idiot aufgeführt hatte. "Gehen wir lieber."

"Ich... Glaube auch, dass das besser wäre.", antwortete meine Freundin und führte mich von der Eisfläche. Wir gaben die Schlittschuhe zurück, zogen uns um und verließen die Anlage. Diesmal legte Hinata den Schal nicht um meinen Hals.

"Willst du noch einen Kaffee trinken oder...?" Den Rest des Satzes kannte ich selbst nicht. Vielleicht ´Oder hast du genug von mir?` oder ´Oder soll ich dich heim bringen?`. Sie stimmte mit einem Lächeln der Fortsetzung unseres Dates zu und hob etwas die Hand, was bedeutete, dass ich sie halten sollte. Auch nach einem Jahr war sie zu schüchtern, dass zu sagen. Am Anfang hatte ich die kleine Geste immer übersehen, aber jetzt schloss ich folgsam die Finger um ihre.

"Eigentlich krass, dass noch niemand aus deiner Familie uns gesehen hat.", meinte ich spontan und war verwundert, als das Gesicht meiner Freund daraufhin flammend rot anlief. "Uns... Hat doch niemand gesehen?"

Mir war es egal, aber ich wollte nicht, dass Hinata meinetwegen Ärger zu Hause hatte, wo sie eh so schlecht mit ihrem Vater auskam. Seit sie etwas selbstbewusster war, hatte das Verhältnis sich zwar ein wenig gebessert, aber wirklich gut war es nach wie vor nicht und würde es wohl auch nie sein. Unseren Kindern würde ich mal ein besserer Vater sein... Sofern es soweit kam.

"N-Nein.", sagte Hinata und schien damit meinen Gedanken zu beantworten, weshalb ich sie entsetzt ansah.

"Was? Wieso bekommen wir keine Kinder?"

Sie lief tiefrot an und senkte den Blick. "N-Naruto-kun... Da-Darüber haben wir n-noch nie geredet... Wie kommst du darauf...?"

Als mir aufging, worüber wir eigentlich geredet hatten, war ich es, der errötete. "Äääh... Sorry, ich war in Gedanken. Uns hat also keiner gesehen? Das ist gut... Schätze ich. Hehe." Verlegen grinsend öffnete ich ihr die Tür und folgte ihr in ein Café, wo ich uns einen Platz aussuchte.

"Ist alles o-ok, Naruto-kun...?", fragte sie vorsichtig. Sie zog ihre Jacke aus, unter der sie ein schwarzes Strickkleid und Stiefel trug. Sie sah hübsch aus und ich schob den Vergleich zu jemand anderem, der gerne schwarz trug, weit von mir weg.

"Was meinst du?", lächelte ich und nahm ihre Hände.

"Du benimmst dich... U-Ungewöhnlich.", benutzte sie nach kurzem Zögern ein Wort, von dem sie glaubte, es würde mich nicht beleidigen. Sie war so lieb und rücksichtsvoll... Womit hatte ich das verdient, wo der Grund für mein Verhalten schlicht und einfach Verrat war?

"Findest du?" Sie nickte wortlos und ich fuhr mir nervös mit den Fingern durchs Haar. Es wäre mir lieber, sie hätte das Thema fallen gelassen - Auch zu ihrem eigenen Schutz. "Tut mir leid... Im Moment ist alles... Ziemlich anstrengend.", erklärte ich ausweichend, um nicht direkt lügen zu müssen. Gott, wie weit war es schon mit mir gekommen, dass ich meiner Freundin solche Halbwahrheiten auftischte? Ich wollte sie nicht anlügen, aber die Wahrheit konnte ich ihr auch nicht sagen, selbst wenn sie mich von innen auffraß, wenn ich sie nicht rausließe. Damit musste ich jetzt leben. Ich würde Hinata niemals wehtun, dafür war sie mir zu wichtig.

Wichtig... Aber liebte ich sie auch immer noch so sehr, wie ich mir selbst weismachte?

Ich erschrak heftig über meinen eigenen Gedanken. Natürlich tat ich das! Sie war alles für mich... War alles gewesen, bis Sasuke wieder in mein Leben trat. Er hatte die Zeit, die ich für Hinata übrig hatte, praktisch verschlungen mit seiner gut versteckten Hilflosigkeit. Hatte meine Aufmerksamkeit aufgesogen wie ein schwarzes Loch... Meine Zeit, meine Aufmerksamkeit - Und meine Liebe.

Ich wünschte, ich wäre besser darin, mich selbst zu belügen, aber wenn ich schon andere nicht täuschen konnte, wie sollte ich dann mich selbst von falschen Tatsachen überzeugen?

Eine zierliche Hand, die sich auf meine legte, riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich aufblicken in die liebevollsten, verständnisvollsten Augen auf der Welt. "Du musst mir nicht sagen, was dich belastet, aber wenn es dir hilft, werde ich dir zuhören. I-Ich... Bin für dich da, Naruto-kun...", sagte Hinata leise und errötend, aber mit einem warmen Lächeln. "U-Und wenn nicht... Weiß i-ich, dass du alles schaffen kannst... I-Ich li-liebe... D-Dich..."

Sie sagte das selten von sich aus, weil es ihr peinlich war, aber wenn sie es tat, ging mir richtig das Herz auf. "Ich liebe dich auch.", erwiderte ich und meinte es in diesem Moment trotz meiner vorigen Zweifel ehrlich. Sie tat mir gut, beruhigte mich. Und sie liebte mich mit bedingungslosem Vertrauen. Was sonst hätte ich von irgendjemandem erwarten können?

"Hey, hast du schon gehört? Die wollen jetzt endlich die Medic-Nin Einheit aufstocken.", wechselte ich das Thema.

Hinata verstand sofort, dass ich nicht über mein Problem reden wollte - Oder es besser gesagt nicht konnte - Und ging darauf ein. "Das Gerücht geht doch jedes Jahr um..."

"Aber Sakura-chan hat gesagt, eine Kollegin wäre sich sicher, dass es diesmal stimmt."

"Wie geht es ihr eigentlich?"

"Der Kollegin?", grinste ich.

"Sakura-san...", antwortete Hinata mit einem nachsichtigen Lächeln wegen meines Witzes und für eine Weile war es so einfach mit ihr zu reden wie es das fast ein Jahr lang gewesen war. Bis Sasuke zurückgekehrt war.
 

"We-Wegen vorhin...", fing Hinata später an, als es bereits dunkel war und ich sie nach Hause brachte. Als ich sie fragend ansah, wurde sie expliziter: "Ich wo-wollte dich d-doch was fragen..."

Eine Weile überlegte ich, dann schnippte ich mit den Fingern, als es mir einfiel. "Stimmt! Tut mir leid, das hatte ich ganz vergessen... Was gibt es denn?"

"Na ja..." Inzwischen waren wir in der Straße, in der das Hyuuga-Anwesen lag. Hinata senkte den Kopf, sodass ihr Gesicht praktisch hinter der Wolle ihres Schals verschwand, nur ihre Augen blickten scheu zu mir auf. "I-Ich hab überlegt, ob wir... Hm... Me-Meinen Eltern... Also, nur, wenn du willst..."

Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, was sie von mir wollte und als ich es endlich kapierte, weitete ich die Augen. "Du willst es deinen Eltern erzählen? Das mit uns?"

Hinata nickte unsicher und schob die Nase noch tiefer in ihren Schal. Offenbar hatte sie sich meine Reaktion anders vorgestellt - Und offen gesagt hatte ich auch mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Ich wollte unsere Beziehung schon ewig offiziell machen, aber sie hatte immer nein gesagt, weil sie keinen Familienstreit wollte, also hatte ich das akzeptiert. Und ausgerechnet jetzt, wo ich so einen Mist verzapfte und mir so unsicher wegen unserer Beziehung war, wollte sie mir diesen Wunsch erfüllen. Sie war eindeutig zu gut für mich.

Mein Schweigen veranlasste sie dazu, mit ihren Wünschen zurückzurudern: "We-Wenn du nicht willst, m-muss es nicht sein. Naruto-kun. I-Ich dachte nur..."

"Es macht mich auch glücklich, Takara.", beantwortete ich den Teil ihres Satzes, den sie verschluckt hatte. "Ich war nur überrascht, das ist alles. Aber es macht mich wirklich, wirklich glücklich, dass du das möchtest. Sollen wir es ihnen gleich jetzt sagen?"

"N-N-N-Nein!", stammelte Hinata hastig und hielt mich am Arm fest, als ich scherzhaft dazu ansetzte, in ihr Haus zu spazieren. "Lass... Lass uns das nächste Woche machen. D-Du kommst zum Teetrinken vorbei und..."

"Und wir sagen es ihnen.", beendete ich ihren Satz mit einem liebevollen Lächeln. "Das ist schön. Ich freue mich."

Sie lächelte und ich war glücklich, dass ihre Unsicherheit für den Moment verschwunden war. Ich wünschte nur, meine würde auch enden.

Wir machten den Termin fest und besprachen, was wir ihren Eltern sagen sollten. Ich gab mein Bestes, sie vom guten Ausgang der ganzen Sache zu überzeugen. Ihre Eltern mochten streng sein, aber das Glück ihrer Tochter würde ihnen doch gewiss am wichtigsten sein. Außerdem würde Neji vielleicht ein gutes Wort bei dem Familienoberhaupt einlegen... Oder auch nicht.

Vielleicht eine Sekunde vor Hinata bemerkte ich, dass jemand sich uns näherte und sah in die betreffende Richtung. Die Schritte waren kurz darauf zu hören und sie waren hektisch. Trotzdem entspannte ich mich ein wenig, als ich die Person erkannte.

"Sakura-chan.", begrüßte ich meine Freundin, doch das Lächeln verschwand so schnell aus meinem Gesicht, wie es darauf erschienen war. Sie sah völlig aufgelöst aus, genau genommen so, als würde sie gleich zu weinen anfangen. Bestürzt legte ich die Hände auf ihre Schultern. "Was ist denn los?", wollte ich höchst alamiert wissen. Etwas stimmte nicht an der Situation, etwas ganz Gravierendes war falsch, dass ich nicht sofort erkannte. Als ich es endlich begriff, presste mir die Erkenntnis alle Luft aus dem Körper und riss mir praktisch den Boden unter den Füßen weg.

"Wo ist Sasuke...?"

Ich flüsterte, fast erstickt von der Wahrheit, die ich zunächst übersehen hatte. Inzwischen quollen die Tränen, die zuvor schon in ihren Augen geglänzt hatten, über Sakuras Gesicht und sie schüttelte hilflos den Kopf. So furchtbar hilflos, aber ich konnte kein Mitleid haben, sondern schüttelte sie heftig, während ich sie anbrüllte.

"Wo ist er?! Sakura, verdammt!"

In meinem Zorn und meiner fassungslosen Angst war nicht mal mehr Platz für ein Kosewort.

"I-Ich weiß es nicht...!", japste das Mädchen unter seiner laufenden Nase hervor. "E-Er war einfach verschwunden u-und..."

"Wie konntest du ihn einfach verlieren? Weißt du, wie viele Leute ihn tot sehen wollen?!", schrie ich völlig außer mir und rüttelte weiter an ihr, als würde Sasuke aus ihren Ärmeln purzeln, wenn ich das nur lang genug täte. "Du könntest ihn umgebracht haben, verdammte Scheiße! Du... Oh..."

Mir schwindelte plötzlich vor heftigem Entsetzen. Ich fasste mir an den Kopf und taumelte zurück. Warum schrie ich Sakura an, wenn das doch alles meine Schuld war...? Ich hatte mein Privatvergnügen und meine Angst vor einer Aussprache mit Sasuke über meine Pflicht, auf ihn aufzupassen, gestellt und jetzt war er weg.

Weg.

Einfach so, wie damals vor sechs Jahren.

"Nein..." Meine Atmung kam nur noch flach und ich starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Nichts. "Nein, er kann nicht... Ich hab doch..."

Eine warme Hand legte sich auf meine Wange und holte mich ein Stück weit aus meiner Panikattacke zurück. Hinata sah ernst, aber besorgt und gefasst zu mir auf. "Keine Angst. Wir finden ihn.", versprach sie mit so viel Zuversicht, dass ich ihr glaubte. Ich glaubte ihr alles, weil ich sie liebte, so sehr liebte, dass es wehtat und weil sie jetzt die Führung übernahm, wo ich zu viel Angst zum Denken hatte.

Wenn Sasuke nämlich abgehauen war, hatte er gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen und sein Schutzstatus war aufgehoben.

Und dann wären die ANBU-Wachen, die nach wie vor auf ihn angesetzt waren, auf seinen Fersen.

Und dann...

Ich konnte nicht weiter denken. Stattdessen trieb ich willenlos in den Anleitungen meiner Freundin dahin, die unseren Jahrgang zusammentrommelte, um Sasuke zu suchen. Dabei tat sie das nicht für ihn - Ich glaube, sie mochte ihn nichtmal besonders. Sie tat es für mich aus purer Liebe und dafür würde ich immer alles tun, was sie glücklich machte. Ich würde ihr ein Haus bauen und sie heiraten und Kinder mit ihr haben, wenn sie das wollte und für den Rest ihres Lebens jeden Wunsch von ihren Augen ablesen.

Nur eben nicht ihretwegen.

Sondern weil sie versuchte, mir Sasuke zurückzubringen.

Den Fehler in diesen Gedanken konnte ich im Moment aber nicht erkennen, weil ich Sasuke nur endlich finden und in Sicherheit wissen wollte und keine andere Überlegung Platz hatte in meinem Kopf.

"Wie ist das überhaupt passiert?", stellte wenig später Kiba eine der Fragen, die ich vorhin in meinem Schock nicht hatte stellen können. Im Moment waren alle zwölf Freunde versammelten und warteten auf Instruktionen. Ich war ihnen unendlich dankbar, weil ich wusste, dass viele nicht unbedingt scharf auf Sasuke waren.

"Ich weiß nicht...", wisperte Sakura, die immer noch kalkweiß im Gesicht war, sich aber in Inos Arm soweit beruhigt hatte, dass sie nicht mehr weinte. "Wir waren in der Stadt und als ich einer Frau half, ihre Einkäufe einzusammeln, die ihr runtergefallen waren, war er plötzlich weg. Ich hab den ganzen Platz nach ihm abgesucht, a-aber er war nirgends. Er ist einfach w-weg... Und dann bin ich Naruto suchen gegangen... Ich wusste nicht, was ich machen soll..."

"Also gut.", seufzte Shikamaru, der das ganze hier wohl eher gezwungener Maßen in die Hand nahm. "Wir sollten erstmal versuchen, ihn alleine aufzuspüren, bevor wir der Obrigkeit davon erzählen, sonst könnte Sasuke, gelinde gesagt, am Arsch sein. Bildet zweier Teams, dann suchen wir systematisch das Dorf ab... Und untersteht euch, euch zu trennen. Wir wollen nicht noch jemanden verlieren und falls Sasuke beschlossen hat, Konoha zu verlassen, ist zu befürchten, dass er kämpfen wird, wenn wir ihn aufhalten wollen."

Alle sahen Sakura und mich an, als wäre ein Familienmitglied von uns gestorben. Als stünde schon fest, dass er weggelaufen war und somit sein Leben verwirkt hatte, aber ich weigerte mich schlicht und ergreifend, das zu glauben. Ich ballte die Hand, die nicht Hinatas Finger umschloss, zur Faust. "Er ist in Konoha.", stellte ich eine unumstößliche Tatsache fest und ließ den Blick von einem zum anderen wandern. "Ich weiß nicht, was passiert ist oder warum er verschwunden ist, aber er ist nicht weggelaufen. Er hat doch gesagt, dass er bleiben will..." Ich wurde leiser, senkte den Blick und holte tief Luft. "Er hatte mit keinem von euch viel Kontakt, aber Sasuke hat gesagt, dass er hier leben will, also ist er ein Teil des Dorfes, oder? Ich verlange von keinem von euch, dass er ihm vertraut, aber ich bin jedem dankbar, der mir hilft, denn ich bin sicher, er ist in irgendwelche Schwierigkeiten gekommen und braucht uns."

Ich erwartete tatsächlich von niemandem, dass er mein Urvertrauen in Sasuke teilte und sich für ihn die Nacht um die Ohren schlug. Sie glaubten wohl auch wirklich nicht so an ihn, aber mit meiner kleinen Rede hatte ich, ohne es bewusst zu wollen, ihr Pflichtgefühl angesprochen. Jemand brauchte ihre Hilfe, also würden sie kommen - Egal, wer es war. Das machte sie zu guten Shinobi.

"Also gut, machen wir uns auf den Weg, damit wir mal irgendwann wieder heimkommen.", seufzte Shikamaru leicht genervt über die Verzögerung und alle machten sich auf den Weg, um den potentiell Hilfsbedürftigen zu suchen.

Ich wäre gerne bei Sakura geblieben, um auf sie aufzupassen, zog es dann aber doch vor, Hinata zu begleiten. Außerdem ging meine beste Freundin mit Sai, also würde ihr schon nichts passieren.

"Ich weiß gar nicht, womit ich das verdient habe.", sagte ich etwas später zu Hinata. "Ich meine, sie glauben alle, dass er wieder... Dass er gegangen ist. Und trotzdem helfen sie suchen."

"Du hast sie dazu gebracht. Du... D-Du bist ein guter Anführer, Naruto-kun..."

"Anführer? Aber Shikamaru und Neji..."

"Shikamaru-kun ist ein Stratege, aber er k-kann die Leute nicht so mi-mitreißen wie du..." Es kam nicht oft vor, dass Hinata mich unterbrach und es schien ihr unangenehm zu sein. "U-Und Neji-nii-san... Er ist sehr verantwortungsbewusst, sieht aber unter der Pflicht das Notwendige nicht. Sakura-san ist ebenfalls stark und s-sehr stolz, aber eben auch sensibel und zerbrechlich. Und die anderen sind fähige Kämpfer und gute Menschen, a-aber sie brauchen jemanden, der sie leitet... Sie... Wir brauchen dich, Na-Naruto-kun."

Ich starrte sie überrascht an und konnte sogar hinter den Haaren, die sie vor ihr Gesicht fallen ließ, erkennen, dass sie leuchtend rot geworden war. Wenn wir nicht so dringend Sasuke hätten finden müssen, wäre ich stehengeblieben und auf der Stelle über sie hergefallen für dieses Kompliment. Als Ersatz drückte ich zärtlich ihre Hand, weil ich wusste, wie schwer es ihr fiel, so ehrlich ihre Gedanken auszusprechen. "Danke, Takara. Es bedeutet mir viel, dass du so denkst. Aber weißt du... Hinter jedem Anführer steht eine starke Frau, die ihm in den Arsch tritt, wenn er es nötig hat - So wie du vorhin. Wenn du nicht alles in die Hand genommen hättest..." Ich schüttelte den Kopf, fassungslos über meine Unfähigkeit von vorhin. "Ich stand völlig neben mir."

"D-Das macht doch ni-nichts, Naruto-kun. Die Nachricht war wirklich ein Schock. Sakura-san war auch außer sich."

"Trotzdem danke, Süße." Noch ein Händedrücken und ein warmes Lächeln, dann straffte ich mein Stirnband und richtete den Blick geradeaus auf die dunkle Straße. "Ok, dann lass uns den Bastard mal suchen."
 

Auf den Straßen des nächtlichen Konoha war ziemlich viel los; Nachtschwärmer, Pärchen, Jugendliche, Leute, die spät aus der Arbeit kamen und solche, die nicht schlafen konnten, trieben sich herum. Alle, nur kein Uchiha.

Hinata und ich suchten in der Nähe der Stadtgrenzen und auf den Mauern, aber auch dort war nichts von Sasuke zu entdecken. Ein paar Kollegen bemerkten uns und fragten, was wir hier taten, als ihnen klar wurde, dass wir keinen romantischen Spaziergang machten.

"Sasuke ist..." Ich brach ab. Wenn ich sagte ´Verschwunden`, würden sie wie alle anderen glauben, er habe uns erneut verraten, aber ich war mir so sicher, so hundertprozentig davon überzeugt, dass dem nicht so war. Er war irgendwo hier in Konoha, nicht da draußen vor den Stadtmauern, wo die Bäume im spärlichen Mondschein kaum zu sehen waren und wo die Finsternis nach dem Dorf leckte wie ein bissiges Tier. "Irgendetwas ist passiert und jetzt ist Sasuke weg. Ein Suchtrupp ist bereits unterwegs."

Die Wachen waren, wie zu erwarten gewesen war, beunruhigt, versprachen aber, uns bei der Suche zu helfen, so gut es ging. Jetzt ließ es sich also nicht mehr vermeiden, dass Tsunade davon erfuhr und wenn Sasuke keinen wirklich triftigen Grund für sein Verschwinden hatte, hatten wir ein echtes Problem. Nicht, dass ich zulassen würde, dass irgendjemand ihm etwas antäte.

Wir hatten bereits die ganze Mauer umrundet und meine Schattendoppelgänger suchten die Nähe der Stadtgrenze ab, aber noch immer gab es keine Spur und langsam grub die Verzweiflung äußerst schmerzhafte Krallen in mein Herz.

Was war, wenn ihm alles hier doch zu viel geworden war? Was, wenn er doch gegangen war? Er hatte es schonmal geschafft, sich unserem Zugriff jahrelang zu entziehen und wenn sein Team ihn nicht völlig apathisch hierher gebracht hätte, hätte ich ihn vermutlich bis heute nicht wiedergesehen. Der Gedanke schnürte mir die Kehle zu, weil ich wusste, dass ich es nicht noch mal ertragen könnte, ihn zu verlieren. Nicht nach den letzten Monaten, in denen wir uns so viel näher gekommen waren, als wir das in der Vergangenheit je gewesen waren. So viel näher, als wir es überhaupt gedurft hätten. Nicht, nachdem ich mir sein Vertrauen so hart erkämpft hatte.

Mein Blick war leer, als Hinata und ich eine der langen Treppen von der Mauer hinabstiegen. Der Wind peitschte hier oben, aber ich spürte ihn und die langen Haare meiner Freundin kaum in meinem Gesicht. Nicht mal Hinatas aufmunternde Worte konnte ich hören, weil ich kämpfen musste, nicht zusammenzuklappen. Ich nickte träge, ohne auch nur ein Wort verstanden zu haben.

Müde hob ich den Blick, als ich eine Art Rauschen hörte, doch in der Dunkelheit konnte man nichts erkennen, bis der tintenschwarze Vogel direkt vor mir war. Automatisch hob ich den Arm und das Geschöpf grub die scharfen Krallen in meine Haut, um Halt zu finden. Es war nicht nur schwarz wie Tinte, es bestand auch aus der Flüssigkeit. Sai.

Begierig, ihren Auftrag zu erledigen, streckte die Zeichnung mir ihren Fuß entgegen und ich nahm den befestigten Zettel an mich. Sobald ich das Papier in der Hand hielt, löste das Tier sich auf. Das hieß, man erwartete keine Antwort. Hinata lehnte sich an mich, um ebenfalls die Nachricht lesen zu können und da sie die Schriftzeichen schneller entzifferte als ich, gab sie ein besorgtes Geräusch von sich und krallte die Finger in meine Jacke, noch bevor ich alles aufgenommen hatte.

"Wir haben einen Hinweis, wo er sein könnte. Kommt zu Lagerhaus drei am Fluss. Feinde."

Die Schrift war eindeutig Sakuras und sie hatte es eilig gehabt, also hatte ich es das jetzt auch. Die Stufen flogen unter meinen Füßen geradezu davon und ich hatte Hinata schon fast vergessen, als sie mich ansprach: "Wie willst du vorgehen?"

Ich spannte meine Schultern an. "Du gehst Heim. Es gibt Feinde und ich will nicht, dass dir etwas passiert. Wir haben das sicher bald geklärt.", fügte ich etwas versöhnlicher hinzu, allerdings war der Blick, den Hinata mir zuwarf, alles andere als versöhnlich.

"I-Ich kann auf mich aufpassen, Naruto-kun...", entgegnete sie leise. Es kam nicht oft vor, dass sie widersprach und wenn sie es tat, machte sie es mit einem feierlichen Ernst. "Ich... Ich will dich unterstützten."

Ein wenig angesäuert über die Verzögerung blieb ich stehen. Ich wusste schon, dass sie es gut meinte. Das tat sie immer. Aber gerade wollte ich nicht auf wie aufpassen müssen. Ich wollte dem unbändigen Zorn nachgeben, der unterschwellig an meiner Fassade aus Besorgnis und Bedachtheit kratzte. Ich wollte ausrasten und denjenigen wehtun, die versucht hatten, mir Sasuke wegzunehmen, aber das konnte ich nicht, wenn meine Freundin dabei war.

"Hinata... Takara.", setzte ich verzweifelt zu einer Erklärung an, die es nicht gab. Ich biss mir auf die Unterlippe und kämmte mit den Händen durch mein Haar. "Es ist nicht nötig, dass du dabei bist. Geh... Geh den anderen bescheid sagen, damit sie wissen wo wir sind. Bitte."

Sie senkte den Blick, der Trotz war plötzlich daraus verschwunden und Resignation gewichen. In letzter Zeit sah ich sie oft resignieren, wenn es um mich ging. "Das ist eine Sache von Team 7, hm...?"

Ja... Gott, ja! Sie hatte es eher verstanden als ich, aber genau das war es. Ich nickte, um ihre Vermutung zu bestätigen und sie schluckte hart daran.

"I-Ich dachte, wir wären auch ein Team.", sagte sie, offensichtlich enttäuscht. Es sah ihr nicht ähnlich, jemandem Vorwürfe zu machen, vor allem nicht mir, und sie bereute es sofort. "T-Tut mir leid...! Ich gehe de-den anderen bescheid sagen."

Und wer war sie. Ich wusste, dass ich ihr nachlaufen und sie beruhigen müsste, aber ich konnte nicht. Stattdessen war ich erleichtert, endlich zum Ort des Geschehens, in Sasukes Nähe, zu gelangen. Sakura und Sai warteten ungeduldig in einer Sackgasse und schienen erstaunt darüber, dass ich alleine war.

"Wo ist Hinata?", fragte Sakura.

"Den anderen bescheid sagen.", erklärte ich knapp und sah mich um, als würde hier irgendwo Sasuke herumstehen. Natürlich tat er das nicht. "Was ist der Plan?"

"Wir hätten sie gebrauchen können. Jetzt wissen wir nicht, mit wie vielen wir es zu tun haben."

"Ist doch egal." Ich würde sie alle krankenhausreif prügeln, ob es jetzt fünf oder fünfhundert waren.

Sakura warf mir einen nachdenklichen Blick zu, dann nickte sie mit einem Seufzen in Richtung eines Lagerhauses. In den hohen Fenstern war schwaches Licht zu sehen. "Da sind sie. Wir müssen erstmal abklären, wie viele es sind, bevor wir etwas tun, also beruhige dich für einen Moment, Naruto, ok?" Folgsam schloss ich die Augen und gab mein bestes, alles loszulassen, die Schultern zu entspannen, Atmung und Herzschlag zu beruhigen. Meine Versuche befriedigten Sakura offenbar, denn hinter meinen gesenkten Liedern hörte ich, wie sie sich Sai zuwandte. "Gut. Sai, schick ein Tier rein, um die Lage zu erkunden und zu sehen, ob... Um nach Sasuke-kun zu sehen."

Ich öffnete die Augen und starrte sie an, doch meine Freundin tat, als würde sie interessiert Sai beim Wirken seiner Kunst beobachten. Als eine Maus davon huschte, hatte sie keine Ausrede mehr und hob zögerlich den Blick zu mir. Ich leckte mir unruhig über die Lippen. "Du glaubst, er könnte...?"

Sakura sah zur Seite und statt ihrer antwortete Sai: "Aus welchem anderen Grund, als den ´Verräter` zu bestrafen, hätten sie Sasuke-kun sonst mitnehmen sollen?"

Meine gerade erst mühsam zurückerlangte Fassung verlor sich in einem roten Nebel aus Hass und Angst. "Wenn sie ihm auch nur ein Haar gekrümmt haben...", knurrte ich.

"Beruhige dich endlich.", zischte Sakura, aber hinter den Worten zitterte ihre Stimme in Panik. "Wir holen ihn gleich."

"Ich geh da jetzt sofort rein.", sagte ich und machte meine Drohung auch wahr, aber Sakura hielt mich am Arm.

"Wir wissen gar nicht, was los ist.", sagte sie und klammerte sich an mir fest. Nicht, weil sie glaubte, mich halten zu können, denn das konnte sie gewiss nicht. Sondern weil sie wusste, dass ich sie nicht mit in das Lagerhaus nehmen und sie somit in Gefahr bringen würde, wenn es sich vermeiden ließ. Während wir also um die Freiheit meines Armes rangelten, fuhr sie fort: "Warte kurz, bis Sai die Lage geklärt hat, dann machen wir einen Plan und dann..."

"Dann ist er vielleicht schon tot.", fauchte ich und riss mich endgültig los. Sakura starrte mich ungläubig an. Ihr Vertrauen in meinen unerschütterlichen Optimismus musste einen Riss bekommen haben und ich grub die Nägel in diesen Spalt ihres Weltbildes, um es noch weiter einzureißen. "Sie könnten ihn schon umgebracht haben und wegen dir stehen wir hier und tun rein gar nichts."

"Naruto...", wisperte sie und ihre Unterlippe begann zu beben.

"Sie haben ihn nicht umgebracht. Sasuke-kun lebt.", mischte Sai sich ein, bevor unser Streit eskalieren und ich Sakura noch weiter verletzen konnte. Ein Schaudern durchlief meinen Freund und eine irgendwie wehmütige Note schlich sich in sein notorisches Lächeln. "Er lebt, im Gegensatz zu meiner Maus... Sie haben uns entdeckt."

Kaum hatte er das gesagt, da trat auch schon eine Handvoll Männer aus dem Lagerhaus. Wenn das nur die Vorhut war, hatten wir ein Problem, aber darüber wollte ich mir jetzt keine Gedanken machen.

"Mist. Wir müssen uns beeilen, sonst bringen sie Sasuke vielleicht von hier weg oder..." Sie konnte es nicht nochmal aussprechen und darüber war ich auch ganz froh.

"Von wegen.", knurrte ich rebellisch und formte Fingerzeichen, die fünf Doppelgänger erscheinen ließen. Gemeinsam stürzten wir uns auf die Feinde, die nicht wirklich eine Chance hatten. Trotz meiner offensichtlichen Überlegenheit hielt ich mich nicht zurück, ganz im Gegenteil genoss ich es sogar, diesen Menschen wehzutun, was ganz untypisch für mich war.

Die meisten der Männer waren ohnmächtig, als ich mit ihnen fertig war, die anderen waren nicht fähig, wegzulaufen. Ohne sie groß zu beachten trat ich auf die Stahltür zu. Sakura rief nach mir, aber ich brauchte die beiden nicht, mit den Leuten in der Lagerhalle würde ich genauso fertig werden wie mit den fünf von eben. Ich riss die Tür auf, suchte mit den Augen die Umgebung nach Feinden ab... Und wurde enttäuscht. Das Lagerhaus war leer.

Leer, bis auf den Stuhl am anderen Ende der Halle, den ich nicht mal ansehen musste, um zu wissen, wer es war. "Sasuke!", rief ich besorgt und erfreut zugleich, während ich ohne jede Vorsicht zwischen den Stahlträgern, die hier gelagert wurden, auf ihn zustürzte. Er hob den Blick und erstarrte, als ich sein zerschundenes Gesicht sah. Ein heftiges Déja-vu von dem Tag, als ich ihn nach seiner Rückkehr zuerst gesehen hatte, überkam mich und presste alle Luft aus meinen Lungen. Sie hatten ihn geschlagen. Natürlich war er nicht so übel zugerichtet wie nach seinem Kampf mit Itachi, aber meine Panik verschlimmerte in meinen Augen jede Verletzung. "Sasuke...", hauchte ich bestürzt und trat die paar letzten Schritte auf ihn zu, um ihn loszubinden.

Hinter mir waren die sich nähernden Schritte von Sakura und Sai zu hören und ein erschrockenes Keuchen des Mädchens, als sie Sasuke sah. Sie kniete sich neben mich, streckte die Hand aus, berührte ihn dann aber doch nicht, als er die Augen warnend ein winziges Stück verengte. "Geht es dir gut, Sasuke-kun?"

Er nickte.

Sie stieß ein erleichtertes Seufzen aus, dann zog sie die Handschuhe von den Händen. "Gut. Jungs, geht und schaut, ob noch mehr von den Leuten hier sind." Mit einem drohenden Knurren grub ich die Finger in Sasukes Arm, woraufhin Sakura mich wütend anfunkelte. "Sei nicht albern. Ich versorge seine Wunden."

Ich wollte schon widersprechen, als Sasuke kaum merklich den Kopf schüttelte. "Schon gut.", sagte er, als würde er mich aus einer Anwesenheitspflicht entlassen. Seltsamerweise entspannte mich das tatsächlich weit genug, ihn mit Sakura alleine zu lassen. Der Rest des Lagerhauses war allerdings leer, zumindest so lange, bis unsere Freunde mit einigem Lärm auftauchten.

"Die haben wir auf dem Hof gefunden.", verkündete Kiba, der einen Typ am Kragen mit sich schliff. Die anderen wurden von Lee, Choji und Shino hereingebracht und Akamaru zur Aufsicht überlassen. "Wer hat die denn so zugerichtet?"

Ich spürte den strafenden Blick, den Sakura mir zuwarf, und straffte die Schultern. "Sie hatten Sasuke geschlagen.", rechtfertigte ich meine übertriebene Reaktion vor ihnen und mir selbst. Hinata suchte meinen Blick, aber ich vermied es, sie anzusehen.

"Ist er ok?", erkundigte sich Tenten besorgt und musterte Sasuke neben mir besorgt. Der Rest der Gruppe tat es ihr gleich und eine Welle der Erleichterung war zu spüren, als sie ihn unverletzt, aber stumm vorfanden. Sasuke maß die Anwesenden mit den Augen und sah schließlich mich eine Weile an. Ich erkannte die Verunsicherung in seinem Blick und lächelte aufmunternd; Ja, das haben sie für DICH getan, versuchte ich ihm mit meinem Gesichtsausdruck zu sagen. Er wirkte ungläubig, brachte kein Wort des Dankes über die Lippen. Ich seufzte. Typisch.

"Wer sind die denn überhaupt?" Bei Kibas Frage wandte sich die allgemeine Aufmerksamkeit den Ohnmächtigen zu. Jetzt im Licht betrachtet kamen mir ein paar von ihnen seltsam bekannt vor, aber ich kam nicht darauf, wo ich sie schonmal gesehen haben sollte.

"Sie gehören zu Sawa Tao.", erklärte Sasuke gelassen und erhob sich.

"Die Casionobesitzerin?", fragte Sakura so ungläubig, wie ich mich fühlte. "Wieso...?"

"Sie will, dass ihr euch aus ihren Angelegenheiten raushaltet.", fuhr Sasuke ungerührt fort. Er benahm sich, als wäre es ihm völlig gleichgültig, dass er soeben entführt und misshandelt worden war. Die Mauer aus Emotionslosigkeit, die in letzter Zeit ein paar Risse bekommen hatte, war zurück und er versteckte sich dahinter, weil er es nicht anders kannte. Ich wollte ihn so sehr umarmen und ihm sagen, dass meine Arme der einzige Schutzwall waren, die er noch brauchte. "Natürlich haben sie Sawas Namen nicht erwähnt, aber sie sagten, das hier sei ein Warnschuss. Wenn ihr euch nicht diskreter verhaltet, wird das schwerwiegendere Folgen haben. Sie sagten, wenn ihr eure Nase nicht aus fremden Angelegenheiten haltet, beißt sie euch womöglich irgendwann noch jemand ab."

Dabei sah Sasuke jetzt direkt mich an und ich wusste spontan, dass unsere kurze Zusammenarbeit mit Konohas Unterwelt soeben ein jähes Ende gefunden hatte.
 

~ ♥ ~
 

Heyho Leuts.
 

lol im letzten Kapitel frag ich noch, ob ich es wieder kürzer machen soll, und jetzt ist es das bisher längste Kapitel der ganzen Story geworden. Entschuldigung!

Ich hab ehrlichgesagt auch überlegt, das Kapitel zu splitten, mich dann aber dagegen entschieden, weil das ganze doch ein einheitliches Bild ergeben soll; Vier Mal Naruto, ein Mal Michelangelo. So bleibt das. o3o

Was den Inhalt angeht, habe ich auch lange hin und her überlegt. Ich wusste nicht, ob ich Sakura direkt nach dem Date auftauchen lassen sollte oder erst später und wie ich die ganze Entführungsgeschichte dann auflöse, ob ich es erst im nächsten Block auflöse... Nun, jetzt ist es so geworden. Ich hoffe, nicht zu unspektakulär. <__<

Das Date von Naruto und Hinata war schön zu schreiben, obwohl es für die beiden ja nicht so toll gelaufen ist. ^^

Ah, und eins noch; Die Jungs hatten noch keinen Sex. Es war wieder nur Petting, nicht, dass es da Missverständnisse gibt!

Die Notizen für das Michelangelo-Kapitel hab ich schon fertig. Hah, es hat Spaß gemacht, ihn zu schreiben. Freut euch auf Details seiner Psychomacke. :D
 

lG SaSi

5. Victim: Poker

Das Monster war hungrig.

Sein Knurren und Fauchen, das ihm wilde Gedankenfetzen durch den Kopf schleuderte, hielt ihn vom Schlafen ab und er konnte nicht aufhören, an den köstlich warmen Körper im Nebenzimmer zu denken. An diesen Körper, dessen Nähe alleine es vermochte, das Biest zum Schweigen zu bringen, sodass Michelangelo alleine war in seinem Körper. Alleine mit der Lust, die er bis vor kurzem noch nicht gekannt hatte. Es war fast wie der Blutrausch in den er beim Töten verfiel, nur, dass danach keine dumpfe Leere und keine Übelkeit folgten, sondern nur und ausschließlich wohlige, weiße Befreiung. Die Lust löste ihn von diesem Körper, ein Gefühl, dass er mehr als alles andere begehrte, denn er wollte raus aus dieser widerlichen, abscheulich kaputten Hülle.

Er schloss die Augen und öffnete den Mund zu einem stummen Schrei, den Körper gekrümmt unter Schmerzen von denen er wusste, dass es sie nur in seinem Kopf gab.
 

In der kühlen Nachtluft fiel es ihm leichter, zu atmen, und die Pein ließ nach. Alles war gut. Er konnte sein Leid bekämpfen wie immer - Durch das Blut anderer. Er brauchte kein Losgelöst sein, wenn er Angst schmecken konnte. Sein Monster hatte aufgehört zu brüllen. Ihm war aufgegangen, dass Angst Michelangelo nur lähmte. Jetzt schmeichelte es ihm, gurrte süße Worte.

Sieh die Dummköpfe an. Wie leicht du sie töten könntest. Alle auf einmal oder jeden einzeln. Du bist so schön, so viel schöner als alle.

"Alle außer ´ihm`."

´Ihm`?

"´Er`." Er sprach den Namen aus, ein sehnsüchtiges Hauchen in der Nacht.

Aber er ist nicht hier. Liegt mit jemand anderem im Bett und schenkt ihr die Selbstvergessenheit, die du willst, zischte das Biest verärgert.

Michelangelo knurrte kaum hörbar. "Das Mädchen."

Töte sie.

Michelangelo dachte an das Gesicht seines Jägers, wenn er das Mädchen ansah, und schüttelte den Kopf. "Sie gehört ihm. Ich stehle nicht."

Aber er ist dein, also ist sie es auch.

Er blieb abrupt stehen, das Gesicht wutverzerrt. "NEIN.", brüllte er und das Monster verstummte für eine Weile. Schwer atmend setzte er seinen Weg fort. Er musste es füttern, sonst würde es ihn selbst verschlingen anstatt die Shinobi-Dummköpfe.

Gold blitzte in der Nacht vor ihm auf. Wie eine Elster folgte er automatisch dem Glanz.

Es war ein Mann, älter als Michelangelo aber doch nicht alt, und er lief ganz natürlich durch Hintergassen und Wege. Er kannte sein Ziel und Michelangelo folgte ihm ungesehen in das Gebäude. Die Räume, die er betrat, waren verraucht, was seine Lunge zu einem protestierenden Husten veranlasste. Trotzdem trat er weiter ein und sah sich um. Es waren nur Männer da, aber den mit dem Goldhaar sah er nicht.

Ein paar der Anwesenden spielten Billard, aber die meisten unterhielten sich, tranken, tanzten, rauchten oder küssten sich. Vor einem der Paare, welches genau das tat, blieb er stehen und sah ihnen zu. Der Anblick, wie sich die Hand des einen um den Hintern des anderen schloss, hatte etwas Begehrenswertes. Er wollte ihn auch anfassen und streckte die Hand aus, als jemand ihm ins Handgelenk griff.

"Das würde ich lassen, Süßer. Die stehen nicht auf Dreier."

Michelangelo sah auf. Der Mann war alt, dick und nicht schön, aber in seinen Augen und seinem Lächeln lag eine Wärme, die sogar das Monster verstummen ließ. Sie starrten beide wortlos zu ihm auf und brachten es nichtmal über sich, ihr Handgelenk aus dem Griff des Fremden zu lösen.

Als keine Antwort kam, lächelte der Mann. "Ich bin Riko. Und du bist neu hier - An so eine Schönheit wie dich würde ich mich erinnern. Darf ich dich auf einen Drink einladen?"

Michelangelo nickte. Er mochte die Wirkung von Alkohol. Er machte taub für das Biest und mutig, wenn man jemandem nah sein wollte.

Bevor er es sich versah, saß er an der Bar und war umringt von Fremden, die ihn beunruhigten. Er nickte gelegentlich auf Fragen, beschränkte sich ansonsten aber aufs trinken und auf die Suche nach dem Mann mit den Goldhaaren. Er hatte solche Sehnsucht, dass es ihn schmerzte.

Sobald er das Glänzen sah, schob er die fremden Hände von seinem Körper und stand auf, ohne den Protest der Besitzer zu beachten. Er trat auf den blonden Fremden zu und dieser blickte ihn erstaunt an, wodurch er eisblaue Augen offenbarte. Kein warmes Azur, aber akzeptabel. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Goldjungen, als er die Zufriedenheit in Michelangelos Blick erkannte. "Hi."

Michelangelo nickte. Er war verunsichert, hatte das hier noch nie getan und überließ dem Monster bereitwillig die Zügel. Das hier war eine Jagd und das Raubtier in ihm wusste eher, was zu tun war.

Fass ihn an.

Folgsam streckte er die Hand aus, berührte den Arm des anderen. Dessen Lächeln wurde eine Spur breiter und Michelangelo war stolz, als der Goldjunge ihn im Gegenzug an der Hüfte berührte. Er mochte diese anziehende Wirkung, die er auf Menschen hatte. Das machte vieles leichter... Leider aber auch vieles so viel schwerer. "Ich heiße Itsuki. Und du?"

Michelangelo runzelte wegen des ungewöhnlichen Namens die Stirn und der andere erklärte, dass er aus einem anderen Land käme um hier zu studieren.

Er ließ sich noch mehr Alkohol kaufen und hörte dem anderen kaum zu, als dieser weiter von seinem Leben erzählte. Stattdessen hielt er mit feindseligen Blicken jeden ab, der sich ihnen näherte. Itsuki gehörte ihm und er teilte seine Beute nicht.

Nach einiger Zeit nahm Michelangelos anfängliche Zufriedenheit ab. Er wollte nicht mehr hier sitzen, sondern dass der Goldjunge ihn vergessen ließ. Seine Bestie gurrte wegen seiner Wolllust und er erschauderte.

"Wollen wir gehen?"

Es war das Monster, das fragte, aber Itsuki merkte den Unterschied nicht, weil Michelangelo selbst noch kein Wort gesagt hatte. Er sah nur die rot glühende Gier in den Augen seines schönen Gegenübers und hätte alles getan, um diesen Hunger zu stillen.

´Alles`- Das war es auch, was ihn diese eine Nacht kosten würde.
 

"Sag es." Das Monster lächelte mit Micheangelos Lippen. Fingernägel glitten über die zu blasse Haut und gruben sich dann plötzlich tief in das fremde Fleisch, das von der Penetration schon ganz rot war. "Sag es!"

"Ich will dich. Gott, bitte, lass... lass mich deinen Mund ficken, Süßer, bitte."

Nur allzu willig ließ der Goldjunge sich erniedrigen und winselte um Erlösung. Das Monster schnurrte und schloss Michelangelos Mund um den Penis des anderen Mannes und der Henker zog sich noch tiefer in den winzigen Teil seines Kopfes zurück, den er noch beherrschte. Gerade kam er sich nicht vor wie ein Richter, nicht wie der Herr der Stadt, sondern wie ein kleiner Junge, der sich nicht wehren konnte.

Wie damals, mit all den Leichen auf dem Fußboden.

Er würgte.

Nein... Nicht jetzt.

Das Monster hatte sowieso schon gewonnen. Er, Michelangelo, hatte versucht, sich vor seinem Einfluss zu schützen, indem er Körperkontakt zuließ, obwohl er diesen hasste. Er hatte gedacht, er könnte vergessen, so wie wenn er bei seinem Jäger war, aber der Fremde war nutzlos; Die Bestie hatte ihn fest im Griff und genoss ihre Übermacht. Itsuki hatte versagt und dafür würde er bestraft werden.

Wieder entrang sich ihm ein Würgen und eine sanfte Hand legte sich auf seinen Kopf. "Hey.", sagte eine besorgte Stimme und Michelangelo hob automatisch den Kopf. Das Monster hatte sich soweit zurückgezogen, dass Tränen sich ihren Weg bahnen konnten und seine Beute weitete erschrocken die Augen. Itsuki setzte sich auf, rutschte von ihm weg. Das war falsch... Ganz falsch. "Was ist? Du musst das nicht machen. Ich dachte..."

"Nein.", krächzte Michelangelo. Das erste Wort, dass er selbst, nicht das Ungeheuer in ihm, zu dem anderen sagte. Natürlich musste er das hier tun. Er hatte sich gegen die Bestie aufgelehnt und versagt. Und jetzt musste er zur Strafe mit der Übelkeit und der Scham leben, die der Körperkontakt mit dem Fremden bei ihm auslöste.

Das Monster grunzte bestätigend. Sag ihm, dass du es liebst.

"I-Ich liebe es, das zu tun.", log er folgsam.

Itsuki schien verunsichert und streckte die Hand aus, um ihn an der Wange zu berühren, aber Michelangelo duckte sich unter der zärtlichen Berührung weg, um die Erektion des anderen wieder in den Mund zu nehmen.

Es musste sein, daran war er immerhin selbst schuld. Das hier war seine Strafe und er würde sie ertragen.
 

Der ganze Körper war steif und rot, nur das Gesicht, auf dem unausprechlicher Schmerz zu lesen war, war nicht verbrannt. Michelangelo ließ die Flasche mit Säure fallen und hob den Blick. Sollte er die Wohnung anzünden?

Nein, dann sehen sie sein Gesicht nicht.

"Stimmt." Michelangelo betrachtete ein letztes Mal das Gesicht des Dinges, das noch vor kurzem gelebt und ihm wehgetan hatte. Es war nicht mal halb so schön wie das von ´ihm` und deshalb war der Blutrausch nicht so befriedigend wie sonst. Er konnte noch denken, was ungewöhnlich war. Und er dachte an zu Hause und daran, dass es lange her war, dass er einen Ort so hatte nennen können und an ´ihn`.

´Er` war schuld an dem Tod dieses Fremden, weil ´er` schlief, anstatt Michelangelo vergessen zu lassen und diese Schuld schrieb er jetzt an die Wände der leeren Wohnung, damit jeder sie sehen konnte.

Jack of Hearts

Der Traum war schrecklich.

Die Details verschwammen bereits, als ich die Augen aufschlug, aber das Grauen klebte noch an mir wie Schweiß. Ich starrte an die Decke und wünschte, Hinata würde neben mir liegen... Oder auch Sasuke. Ein warmer Körper würde gewiss helfen, mich zu beruhigen. Träge setzte ich mich auf. Meine Lust, den Tag zu beginnen, hielt sich in Grenzen - Mal wieder.

"Steh endlich auf." Sasukes Rücksicht auf meine Unbehaglichkeit hatte ein jähes Ende genommen; Er kam, wie jetzt gerade, in mein Zimmer, wenn es ihm passte und er sah kein Stück weit ein, mir den dringend nötigen körperlichen Abstand zuzugestehen. Mit verschränkten Armen lehnte er in der Tür und musterte mich. "Tsunade hat euch rufen lassen."

"Ugh!", machte ich mehr als unwillig. Mit ausgestreckten Armen ließ ich mich in die Kissen zurückfallen. "Ich verzichte! Mir hat der Ärger wegen dir letztens schon gereicht."

"Mir ist nichts passiert, also hör endlich auf, darüber zu reden." Ich hatte das Gefühl, dass er mich nicht beruhigen wollte, sondern nur genervt war von dem ganzen Thema.

Stirnrunzelnd drehte ich den Kopf zu ihm. "Du hättest tot sein können... Und sie haben dir wehgetan. Das nenne ich nicht ´nichts passiert`, Sasuke."

"Sieht man irgendetwas?"

Ich verengte die Augen zu Schlitzen und warf heftig ein Kissen nach Sasuke. "Keine Ahnung, was mit dir los ist, aber hör auf, das Arschloch raushängen zu lassen. Ich bin fast umgekommen vor Sorge."

"Ja, fast. Während diese Typen versucht haben, mich umzubringen."

Alle Kraft zum Widerstand wich aus mir. Warum tat er das nur immer wieder, wo er doch wusste, wie sehr er mich mit solchen Worten verletzte? "Du hast dich ja auch nicht gewehrt.", flüsterte ich frustriert und stand auf, wie er es zuvor verlangt hatte.

Der Hauch eines Lächelns legte sich auf Sasukes Lippen, als ich ihm gehorchte. Obwohl er ja schon gewohnt sein müsste, dass ich willenlos nach seiner Pfeife tanzte. Es war schon fast lächerlich, wie sehr es mich anmachte, von ihm gemustert zu werden und ich wollte seinen Ansprüchen genügen, wollte ihn befriedigen. Mein Körper reagierte wie ein wohlerzogener Hund und es widerte mich an, wie sehr ich Sasuke begehrte. Absolut alles von ihm sollte mir gehören.

"Du wehrst dich auch nicht.", antwortete er gelassen und kam näher.

Ich streckte die Hand aus, sodass sie auf seiner Brust lag und ihn auf Armeslänge von mir hielt. Die Berührung war so zaghaft, dass außer Frage stand, dass er sie überbrücken könnte, wenn er es wollte. "Soll ich mich wehren?", fragte ich, wütend über meine Schwäche und Lust und seine so perfekte Haut, die unter meinen Fingern zu glühen schien und sein Haar, das ihm auf diese unvergleichliche Art vor die Augen fiel, als er den Kopf zur Seite neigte. Ich wollte die Finger in die dicken Strähnen graben und daran ziehen, bis ihm Tränen in die Augen traten.

Er schien ernstlich über meine Frage nachzudenken, bevor er mit seinem Körper meine Hand beiseite schob, sodass wir und ganz nah waren. "Nein, sollst du nicht. Du bist sonst so rebellisch und aufwieglerisch... Da gefällt es mir, dass du... Einfach aufgibst, wenn es um mich geht."

Ich öffnete den Mund zu einem Protest, aber er erstickte die Worte mit seiner Zunge. Es war das erste Mal, dass er mich von sich aus küsste und, wie er gesagt hatte, gab ich auf. Das hier hatte nichts mit der zärtlichen Intimität zu tun, die ich beim Sex gewöhnt war, und ich liebte es, wie er jede Romantik mit feuriger Leidenschaft bis auf die Grundfesten niederbrannte. Was wir taten war falsch, also war es gut, dass es wehtat. Ich konzentrierte mich ganz auf meine Lust, die der einzige Grund hierfür war. Es war egal, dass es nicht richtig war, weil ich sowieso nicht aufhören konnte. Nur Sex mit ihm haben konnte ich nicht, obwohl er mit Sicherheit dazu bereit gewesen wäre; Sein Körper war so viel stärker als seine Seele.
 

Danach hätte ich mich am liebsten umgebracht, aber vielleicht würde Sasuke das ja ganz automatisch tun, wenn er so weiter machte. Ich sah auf seinen nackten Rücken in meinem Bett und ein kranker Anflug von Stolz überkam mich. Ich besorgte es Sasuke Uchiha und er genoss es. Verdammt, wie er es genoss...

Ich streckte die Hand nach ihm aus und zeichnete die Narben auf seiner Haut nach. Acht waren es und ein paar auf den Oberarmen. Sasukes Muskeln spannten sich unter den Berührungen an und ich schrieb es auf meine innere Black List, seine alten Wunden zu berühren. Diese Liste würde nötig sein, weil er schwierig war. Er ließ bei Gott nicht alles mit sich machen und ich musste noch herausfinden, wo die Grenzen lagen. Denn das hier würde weitergehen, ob es mir gefiel oder nicht, weil er mich in der Hand hatte. Nicht mit der Drohung, Sakura von allem zu erzählen, sondern mit seinem Körper, seinem Wesen, seiner Lust. Ich gehörte mir nicht mehr selbst und auch nicht Hinata, sondern ihm.

"Schläfst du?"

Er drehte den Kopf ein paar Millimeter zur Seite, sodass er mich ansehen konnte, und einige Strähnen fielen vor seine Augen. Ich strich sie beiseite.

"Weißt du... Ich hatte wirklich Angst um dich."

Er schloss das eine Auge, dass ich sehen konnte, wieder. Er wollte nicht über die Entführung sprechen, aber ich musste mir das von der Seele reden. Also legte ich die Hand flach auf sein Schulterblatt, um ihn am Aufstehen zu hindern, falls er das versuchen sollte. Im Moment blieb er ganz freiwillig liegen.

"Die anderen... Die anderen dachten genau wie Tsunade, du seist wieder gegangen."

Die Hokage war völlig ausgerastet, als wir ihr von dem Vorfall erzählt hatten und ich war mir sicher, dass er noch Folgen haben würde. Im Moment befragte sie die fünf Männer, die wir geschnappt hatten noch, aber die schwiegen eisern. Wie Sawa gesagt hatte; Ihre Leute waren hundertprozentig loyal. Aber das würde ihnen auch nichts nützen, wenn sie wegen Menschenraub und schwerer Körperverletzung hinter Gittern saßen. Vermutlich hatte Sawa nicht damit gerechnet, ihre Leute als so nutzlos zu erleben, aber ich glaubte eigentlich nicht, dass sie Sasuke ernsthaft hatte töten wollen. Das ganze war, wie er schon gesagt hatte als wir ihn fanden, ein Warnschuss. Und zumindest bei mir hatte er gewirkt, denn ich hatte nicht vor, Sasuke nochmal mit jemandem alleine zu lassen. Er war meine Aufgabe, das hatte ich jetzt begriffen.

Seufzend schloss ich für einen Moment die Augen. "Ich habe das nicht geglaubt, aber... Aber als wir dich nicht fanden... Ich verstehe nur nicht, wieso du dich nicht gewehrt hast. Diese Männer wären kein Problem für dich gewesen und du hättest nicht mal töten müssen, um dich zu befreien. Stattdessen saßt du einfach da und hast das mit dir machen lassen..."

Hast mir einen Grund gegeben, diese Menschen aus tiefstem Herzen zu hassen. Und ich wollte niemanden hassen.

"Ich verstehe nicht, wie dir das so gleichgültig sein kann. Du... Du hast doch gesagt, dass du leben willst, oder?" Verzweifelt krallte ich die Nägel in seinen Rücken, als könnte ich ihn dadurch davon abhalten, sich selbst zu töten. Er zog schmerzlich die Brauen zusammen und zischte leise.

"Es war nicht nötig."

"Was?" Verwirrt lockerte ich den Klammergriff um sein Schulterblatt etwas.

"Es war nicht nötig, zu kämpfen." Sein Auge öffnete sich und fokussierte mich. "Es war klar, dass du eher früher als später auftauchen würdest."

Sein blindes Vertrauen trieb mir die Röte in die Wangen, doch dann schüttelte ich den Kopf. "Na-Natürlich bin ich gekommen, aber deswegen hättest du dich nicht so zurichten lassen müssen. I-Ich hab mir solche Sorgen gemacht, Sasuke."

Er seufzte und spannte die Schultern an, um sich aufzurichten. In Erwartung, dass er das Gespräch beenden und gehen wollen würde, verstärkte ich den Druck meiner Hand, sodass er auf das Bett gepresst wurde.

Sasuke knurrte. "Ich will mich nur hinsetzen, Idiot."

"Oh." Ich ließ ihn los und tatsächlich blieb er in meinem Bett sitzen. Es war schwer, sich zu konzentrieren, wenn er nackt neben mir saß.

"Ich habe dir gesagt, dass ich bleiben werde."

"Jaaa, aber..."

"Aber was?", fragte er leise aber mit vor Zorn glühenden Augen. "Aber du glaubst mir nicht?"

"Nein! Doch... Ich weiß nicht... Sasuke, du... Du bedeutest mir so viel, dass ich nicht anders kann, als Angst zu haben.", gestand ich ehrlich und blickte ihm in die Augen, obwohl ich wusste, dass ich vor Scham knallrot war. "Ich will und kann dich nicht nochmal verlieren."

Sasuke ließ es zu, dass ich die Hand auf seine legte, schwieg dann aber eine Weile. "Du sagst mir ständig, ich soll dir vertrauen.", fing er schließlich leise an.

"Das kannst du auch! Ich stehe immer hinter dir und..."

"Dann fang doch erstmal DU an, MIR zu vertrauen.", unterbrach er mich kühl. "Ich sagte, ich würde bleiben, also tue ich das auch."

Schockiert wusste ich eine Weile nicht, was ich sagen sollte. Ich vertraute ihm doch! Meine Zweifel waren ganz natürlich - Denke ich. "Ich weiß nur nicht, wieso du so plötzlich blieben wollen solltest. Es hätte irgendetwas sein können, das dich von hier weg holt. Dein Team... Irgendwas."

"Ich habe kein Team mehr." Stimme und Gesicht von Sasuke waren teilnahmslos und ich glaubte, ihn zu verstehen. Indem sie ihn hierher gebracht hatten, hatten sie ihn in seinen Augen verraten und dadurch jede Zuneigung, die er eventuell mal für sie empfunden haben könnte, verloren. Ich seufzte tief. Warum gab es in seiner Welt bloß immer nur schwarz und weiß? Und warum hatte er sich in seinem Lebensstil so nachhaltig für die dunkle Seite entschieden?

"Du hast mich.", sagte ich und verflocht meine Finger mit seinen.

Händchenhalten... Hinatas Gesicht blitzte vor meinem inneren Auge auf und ich zuckte schmerzlich zusammen. Es tat körperlich weh, sie zu verlieren, als schnitte ich einen Teil von mir aus meiner Brust.

"Ja... Dich." Jetzt klang Sasuke amüsiert und er drückte kaum merklich meine Hand, ehe er sich entzog. "Wir gehen duschen.", beschloss er.

Über seinen herrischen Tonfall konnte ich nur lachen, obwohl das, was er verlangte, schon irgendwie peinlich war. Zusammen duschen hatte so etwas vertrautes, intimes, das gar nicht zu dem rohen Verlangen passte, dass er sonst an den Tag legte. Trotzdem folgte ich ihm ins Badezimmer und schon der Anblick seiner nackten Rückansicht machte daraus ein lohnenswertes Ereignis. Hmm, lecker.

"Gut, dass du kein Kontrollfreak bist.", spottete ich um meine Gedanken etwas abzulenken.

Er erwiderte mein Grinsen mit einem amüsierten Blick. "Doch, das bin ich. Zumindest, wenn es um dich geht."

"Pf! Du Bastard, niemand kontrolliert mich! Ich bin mein eigener Herr!", lachte ich und spritzte ihm mit der Duschbrause Wasser ins Gesicht.

"Ach... Du würdest also jetzt nicht auf die Knie gehen und mir einen blasen, wenn ich dir das sagen würde?", fragte er mit glühenden Augen, die mich zum Schlucken brachten. Ok - Vielleicht hatte er mich doch so ein ganz klein bisschen im Griff.

Wir schäkerten, während wir duschten und jetzt, so unter nackten Tatsachen, wurde mir klar, dass wir das schon eine ganze Weile taten. Miteinander flirten, meine ich. Ich hatte es für freundschaftliche Kabbelei gehalten, aber jetzt wurde mir klar, dass Sasuke mich auf seine eigene schräge Art angebaggert hatte. Und ich war völlig naiv darauf eingegangen... Fragte sich nur, wer von uns beiden der Unbedarfte war.

Gerade, als ich mich angezogen hatte, klingelte es an der Tür. "Warum seid ihr so früh? Ich hab noch nichts gegessen!", begrüßte ich Sakura und Sai.

"Wir sind schon zu spät. Du wirst nachher frühstücken müssen.", runzelte das Mädchen die Stirn. Ich wurde ein bisschen rot und sah zur Seite als ich daran dachte, was mich so lange aufgehalten hatte. Sakuras Gesicht hellte sich schlagartig auf, als meinen Mitbewohner erblickte. "Guten Morgen, Sasuke-kun."

"Morgen."

Ich warf ihm einen amüsierten Blick zu, denn dass er antwortete war ein Zeichen dafür, dass er gute Laune hatte. "Beeil dich mit anziehen, wir müssen los.", erklärte ich, während ich hastig meine Schuhe anzog.

Unwillig verschränkte Sasuke die Arme. "Ich bleibe."

"Nein.", knurrte ich leise. Wir funkelten uns eine weile an, aber schließlich gab er nach und machte sich aufbruchbereit. Vielleicht wäre es logischer gewesen, ihn zuhause zu lassen, denn an unserer Besprechung mit Tsunade würde er so oder so nicht teilnehmen dürfen. Er würde in einem separaten Raum gebracht, wo er inzwischen wenigstens alleine sitzen durfte, und musste warten. Aber es beruhigte mich, ihn im selben Gebäude zu wissen. Ich hatte nämlich nicht vor, ihn noch mal aus den Augen zu lassen und eine Szene wie vor zwei Tagen zu riskieren. Die hatte mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs geführt.

Tsunade war sehr ernst, als wir ihr Büro betraten. Vor ihrem Schreibtisch hatten sich die drei ANBU des Michelangelo-Teams versammelt und es war eigentlich schon klar, was passiert war. Nur was wir mit der Sache zu tun hatten war nicht ganz schlüssig, aber das würde sie uns sicher gleich erklären.

"Zum ersten; Ich habe die Sache mit Sasuke nicht vergessen und unter den gegebenen Umständen wäre es wohl besser, ihn ein paar Tage ins Krankenhaus zu stecken, um ihn rund um die Uhr beobachten zu können. Der Vorfall hat ihn verständlicher Weise aufgewühlt und unsere Gespräche um ein paar Wochen zurückgeworfen." Sakura und ich senkten beide gleichermaßen schuldbewusst den Blick. Sie, weil sie glaubte, ihn verloren u haben und ich, weil ich der wahre Schuldige an der Sache war. "Nun, es wäre besser für ihn, aber Sasuke weigert sich und letztendlich ist es seine Entscheidung. Allerdings sollte euch bewusst sein, dass seine Überwachung nach wie vor ein offizieller Auftrag von euch ist und ich euch diesen entziehe, wenn ihr die Aufgabe nicht bewältigen könnt. Habt ihr das verstanden?"

"Ja, Hokage."

"Gut. Wie dem auch sei, leider ist das nicht unser einziges Problem." Sie schloss die Augen, das Kinn auf ihre Finger gestützt. Die ANBU neben ihr strafften die Schultern und wir fragten uns, wen er diesmal getötet hatte. Alte? Kranke? Mütter? "´Michelangelo` hat erneut zugeschlagen. Wir sind uns sicher, dass es sich um denselben Täter handelt, obwohl der Tote ein Zivilist ist."

Ich warf dem ANBU-Team einen ärgerlichen Blick zu. Wir war das mit ´Nicht ins Täterprofil passen`? Dann konzentrierte ich mich auf naheliegendere Probleme: "Wie konnte das passieren? Die Wohngebiete werden streng überwacht."

"Das ist noch nicht geklärt und genau deshalb seid ihr hier. Naruto, du hast dir das Überwachungssystem ausgedacht..."

"Ich kann nichts dafür! Das ist..."

"Darauf will ich gar nicht hinaus. Herrgott, unterbrich mich gefälligst nicht.", fauchte Tsunade ungeduldig und rieb sich die Schläfe, an der eine Ader zu pulsieren begonnen hatte. "Warum ich dich... Euch gerufen habe ist eine schlichte Überprüfung der Wachdaten. Seht euch an, wer in der Nähe der Wohnung stationiert war und warum er oder sie nichts gemerkt hat. Und dann kümmert euch darum, dass die Wachen verstärkt werden. Ich fürchte, uns bleibt nichts anderes übrig, als eine Ausgangssperre zu verhängen, um die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten."

Betretenes Schweigen kehrte ein, bis einer der ANBU die Schultern straffte und das Wort ergriff. "Hokage-sama, ist das alles? Wir zeigen den Kollegen den Tatort und besprechen alles weitere."

"Ihr seid entlassen.", seufzte die Hokage mit einer flüchtigen Handbewegung, auf welche wir uns alle rasch verbeugten und den Raum verließen. Ich holte Sasuke und wir gingen alle gemeinsam aus dem Hokage-Anwesen.

"Soll ich Sasuke-kun nach Hause bringen? Du weißt besser als ich, was du geplant hast und..."

"Nein. Ich mach das schon - Geht ruhig vor.", unterbrach ich Sakuras Vorschlag abrupt. Sie wurde rot und funkelte mich kurz wütend an, wandte dann aber nur beschämt den Blick ab. Es war offensichtlich, dass sie ein mehr als schlechtes Gewissen hatte, weil Sasuke unter ihrer Aufsicht verloren gegangen war und ich wollte ihr das nicht unter die Nase reiben, aber ich machte mir zu große Sorgen um ihn, als das ich ihn auch nur noch ein mal aus den Augen gelassen hätte. Ich versprach, mich zu beeilen und machte mich mit meinem Schützling auf den Weg zu unserer Wohnung.

"Was ist passiert?"

Ich sah zu Boden, unschlüssig, wie viel ich ihm erzählen konnte. "Es ist wieder passiert... Der Serienkiller hat zugeschlagen. Ein Zivilist, diesmal."

"Warum musst du ermitteln?"

"Muss ich nicht." Seine bestenfalls als ´beherrscht` zu nennende Reaktion überraschte mich nicht, so hatte er schließlich schon auf die anderen Todesfälle reagiert. "Ich soll die Stadtwache verstärken und nach Sicherheitslücken im System suchen."

"Verstehe... Was ist mit dem letzten Fall?"

Ich seufzte. "Ich fürchte, das müssen wir vorerst hinten anstellen. Obwohl mich die Vorstellung, dass ein Kollege ein Mörder sein könnte, zugegebener Maßen beunruhigt. Aber wenn Michelangelo wieder aufgetaucht ist... Es... Fühlt sich schrecklich an, sie nicht beschützen zu können... Ich komme mir so... Nutzlos vor.", gestand ich leise und warf ihm einen kurzen Blick zu.

Er legte den Kopf auf diese Art zur Seite, die ihm so unverschämt gut stand. "Mehr als das, was du tust, kann niemand erwarten."

Ein schwaches Lächeln schlich sich auf meine Züge und ich boxte ihn in die Seite. "Hey... Versuchst du grade, mich aufzuheitern? Das sind ja ganz neue Töne!"

Tatsächlich hatte alleine sein kleiner, kläglicher Versuch geholfen sodass ich nicht mehr ganz so deprimiert war, als wir in der Wohnung ankamen. Womit ich jedoch nicht gerechnet hatte war, dass Sasuke mich gleich hinter der Tür mit einem hungrigen Kuss überfallen würde.

"Bleib.", sagte er und sah mich eindringlich an.

Ich verfluchte mich dafür, dass ich ihm so hörig war und ihm den Wunsch tatsächlich erfüllen wollte - Oder besser; Seinem Befehl nachkommen wollte. Aber ich schaffte es, mich von ihm zu lösen und ihn auf Armeslänge von mir zu halten. Zumindest ein vorläufiger kleiner Triumph in meinem Kampf gegen das Verlangen, das er bei mir auslöste. "Ich kann nicht. Das ist wichtig und... Und..." Seine Zunge glitt über seine Lippen und ließ mich vergessen, was ich sagen wollte, bis ich resolut den Kopf schüttelte. Ich funkelte ihn böse an. "Ich weiß genau, was du tust, also hör auf damit. Ich hab jetzt keine Zeit zu spielen."

"Oh, hast du eine Ahnung, was ich alles tun könnte...", hauchte er, diesmal sah er jedoch davon ab, mich anzufassen. Na also.

Ich räusperte mich, richtete notdürftig Haare und Jacke und öffnete die Tür. Als ich schon fast draußen war, knickte ich doch ein. "Später kannst du tun, wonach dir der Sinn steht.", grinste ich ihn an und zog schnell die Tür zu, bevor er mich dazu bringen konnte, endgültig meine Pflichten zu vergessen.

Sobald ich an der frischen Luft war, fragte ich mich, was zur Hölle gerade in mich gefahren war. Ich versuchte, von ihm loszukommen, verdammt, da konnte ich mich doch nicht mit ihm zum Rummachen verabreden! Ich war froh, es eilig zu haben, denn so hatte ich einen Grund, durch das Dorf zu rennen. Körperliche Anstrengung war eine gute Ablenkung und ich wäre gerne noch weiter gejoggt, als ich an dem schönen Wohnhaus ankam, in dem die Wohnung des Opfers sich befand. Nachdenklich sah ich mich um. Eigentlich hätten hier die ganze Nacht Wachen patrouillieren müssen, da war ich mir sicher. Die Wohnung war nicht gerade groß; Mit den drei ANBU, Sakura, Sai und mir wurde der Platz ziemlich knapp.

Wie die anderen Tatorte auch war dieser Raum völlig im Chaos versunken, allerdings ließ sich nicht sagen, wie viel davon am fehlenden Ordnungssinn des früheren Besitzers lag und wie viel der Eindringling verwüstet hatte.

"Die Spurensicherung war schon hier.", erklärte eine der ANBU, als sie sah, wie vorsichtig ich über die Gegenstände auf dem Boden trat. "Die Leiche wird auch momentan untersucht, aber die Todesursache ist klar; Er wurde am verätzt. Am ganzen Körper mit Ausnahme des Gesichts."

Ein Schauder überlief mich. Der Typ wurde nur immer widerlicher. Ohne zu antworten ließ ich den Blick wandern und las die Wandschmiererei, als ich sie entdeckte. "An die Muse des Todes... Was meint er denn damit?", fragte ich verwirrt. Sonst waren die Nachrichten immer sehr klar ausgerichtet gewesen, aber diese jetzt ließ mich unschlüssig zurück.

"Vielleicht war der Tote ein Geliebter, der sich jetzt gegen den Mörder gestellt hat; Früher war er seine Muse, die Inspiration zu den Taten und jetzt..." Sie verstummte.

"Lasst das mal unsere Sorge sein.", unterbrach die Anführerin der ANBU unsere Spekulationen. "Ich würde vorschlagen, ihr überprüft jetzt die Sicherheitsvorkehrungen und versucht herauszufinden, wie Michelangelo durch die Wachen kommen konnte."

"Vielleicht, weil er nicht für eine Bedrohung gehalten wurde?", schlug ich bissig vor.

Ihre Augen hinter der Maske verengten sich zu Schlitzen. "Ein einzelner Mann, der mitten in der Nacht durch die Gegend läuft, ist aber genau das, wonach wir fahnden."

"Und wenn er nicht alleine war?"

"Bisher hatte der Täter nie einen Komplizen. Außerdem sprechen die Spuren hier nur für die Anwesenheit von zwei Personen. Aber..." Sie stutzte, als wäre ihr eine Idee gekommen, und sah auf den Zettel, auf dem sie Notizen zur Tatortanalyse gemacht hatte.

"Was?", bohrte ich nach, weil nichts mehr kam.

Sie warf mir einen widerstrebenden Blick zu. "Weder an den Türen noch an den Fenstern gibt es Spuren eines gewaltsamen Eindringens. Unser Opfer muss ihn reingelassen haben."

Genau, wie ich gesagt hatte; Der Mörder wurde nicht als Gefahr wahrgenommen, bis es zu spät war. Wir diskutierten eine ganze Weile, sowohl über den Tatort als auch darüber, ob wir jetzt gehen oder bleiben sollten und kamen schließlich überein, dass wir dem Team helfen sollten, das soziale Umfeld des Toten zu überprüfen. Immerhin konnte es auch eine ´Normale` Tat gewesen sein und wir verrannten uns hier in Indizien.

"Sai, komm, wir gehen.", rief Sakura unserem Teammitglied etwas später zu. Er stand am Bett und betrachtete versunken etwas, sodass das Mädchen fragend die Stirn runzelte. "Was hast du da?"

"Ein Foto des Toten." Sai musterte mich unangenehm intensiv.

Mir stellten sich sämtliche Nackenhaare auf. "Was ist?", fuhr ich ihn an.

"Nichts." Seine Lippen kräuselten sich zu dem altbekannten, undurchschaubaren Lächeln, als sein Blick erneut eingehend über mich wanderte. "Er sieht dir nur ähnlich, dieser Itsuki."

Neugierig geworden traten Sakura und ich näher, um das Foto zu betrachten. Das blonde Haar des Mannes hing stumpf um sein fahles Gesicht und die blauen Augen starrten leer in die Kamera. Mir lief ein eisiger Schauder den Rücken runter.

"Ach komm.", schnaubte ich, gespielt unbeeindruckt. "Es gibt nicht nur zwei blonde Männer in Konoha."

"So viele gibt es aber auch nicht. Und wenn die Botschaft was mit dir zu tun hat... Immerhin weiß Michelangelo, dass das mal dein Fall war.", wandte Sakura besorgt ein.

"Das weiß das ganze Dorf." Ich hatte nicht vor, mich wegen Spekulationen verrückt zu machen. Bestimmt nahm ich Sai das Foto aus der Hand und legte es zurück auf das Bett, von wo er es aufgehoben hatte. "Lasst uns jetzt gehen."

Für eine Weile waren wir damit beschäftigt, mit der Familie des Opfers zu sprechen, aber dann lief die Zeit ab, die Sasuke alleine verbringen durfte und ich musste meinen Kollegen die Ermittlungen überlassen. Zuhause erfüllte ich nicht ganz freiwillig mein Versprechen gegenüber meinem Mitbewohner - Wirklich, ich wehrte mich geistig mit Händen und Füßen, aber mein Körper war ein elender Verräter, der eher diesem arroganten Bastard gehorchen wollte als mir. Dann widmete ich mich, geplagt von einem schlechten Gewissen, den Überprüfungen des Sicherheitssystems.
 

Ich stand vor einem Rätsel, denn es waren definitiv Kollegen in der Gegend um den Tatort eingeteilt gewesen. Man hätte sich praktisch nicht anschleichen können. Aber vielleicht war es, wie wir schon vermutet hatten und er hatte gar nicht erst versucht, sich zu verbergen. Dann wäre eine komplette Ausgangssperre wirklich die einzige Möglichkeit, für mehr Sicherheit zu sorgen, aber unser Mörder hatte schon Kinder aus ihren Schlafzimmern geholte, also waren Türschlösser wohl kein Problem.

Und die andere Frage blieb; Warum Itsuki?

Er war ein Zivilist, noch dazu nicht mal in Konoha geboren. Sein Studienfach war Biologie und er lebte in einem Viertel, in dem kaum Shinobi lebten. Er hatte nichts mit uns zu tun und trotzdem lag er jetzt tot in der Pathologie und dafür musste es einen Grund geben. Den Grund hatte uns dieses Arschloch sogar noch an die Zimmerwand geschrieben, aber ich verstand ihn nicht.

Plötzlich hielt ich es in meiner eigenen Wohnung nicht mehr aus. Ich stand auf und fand Sasuke im Wohnzimmer. Ausnahmsweise trug er die Lesebrille und er war so versunken in sein Buch, dass er mich erst bemerkte, als ich ihn ansprach: "Ich weiß gar nicht, was du hast."

Mit gerunzelter Stirn blickte er über den Rand seiner Sehhilfe hinweg zu mir auf. "Ich habe einen Mitbewohner, der unzusammenhängendes Zeug redet, falls dir das weiterhilft."

Einen Moment war ich verwirrt, aber dann ging mir auf, dass er wohl doch nicht meine Gedanken lesen konnte, obwohl er manchmal den Anschein erweckte. "Ja... Nein... Tschuldige. Ich bin grad etwas neben mir. Und ich meinte die Brille. Du trägst sie so ungern, dabei steht sie dir."

Er senkte den den Kopf, sodass ihm die Brille etwas tiefer auf die Nase rutschte, und sah mich unter halb gesenkten Liedern an. Verdammt, warum musste bei ihm alles so gut aussehen? "Bist du gekommen, um mir Stylingtips zu geben?", erkundigte er sich gelassen.

"Nein." Ich runzelte die Stirn, weil er mein Kompliment einfach so ignorierte. "Ich muss noch was erledigen und möchte, dass du mitkommst."

"Du meinst, du darfst mich nicht alleine lassen."

"Was ist denn heute los mit dir? Ich meine es, wie ich es sage; Ich will dich dabei haben. Gott, musst du immer alles so kompliziert machen?"

Ein befriedigter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht und er stand auf, ohne zu antworten. Ich musterte ihn halb verärgert, halb verwirrt. Suchte er etwa Bestätigung bei mir? wenn es so wäre, wäre es schmeichelhaft. Gemeinsam verließen wir die Wohnung.

"Was musst du erledigen?", wollte Sasuke wissen.

"Ich will nur etwas überprüfen." Ich lächelte ihn ausweichend an. Eigentlich dürfte er nicht dabei sein, aber ich musste meine Arbeit machen... Und meine aufgewühlten Nerven beruhigen. Zwar versuchte ich, mir einzureden,d ass die Ähnlichkeiten zwischen dem Opfer und mir reiner Zufall waren, aber es machte mich nervös. Nicht, weil ich Angst hatte, sondern weil ich nicht noch mehr schuldig am Tod dieser Menschen sein wollte, als ich es sowieso schon war. Wenn Michelangelo wirklich mich im Visier haben sollte, sollte er gefälligst mich angreifen und nicht irgendwelche Zivilisten. Ich konnte mich wenigstens wehren.

Das Pathologieteam kannte mich inzwischen schon, aber Sasuke musterten sie skeptisch. "Das ist Sasuke Uchiha. Beachtet ihn gar nicht und bringt mich bitte zu dem letzten Toten."

Sasuke warf mir einen Blick zu, in dem sich Belustigung und Verärgerung darüber, als nicht beachtenswert tituliert zu werden, und auch eine gewisse Befriedigung darüber, seine Ruhe zu haben, stritten. Ich grinste ihn an und folgte Herr Ringa zu seinem Untersuchungstisch, auf dem das neuste Opfer lag.

"In der Kürze der Zeit haben wir leider noch nicht viel rausgefunden.", entschuldigte der ältere Mann sich, woraufhin ich ihm ein Lächeln schenkte.

"Macht nichts. Ich war nur nicht am Tatort und wollte ihn sehen, bevor wir die Ermittlungen beginnen. Ihm die letzte Ehre erweisen und..." Ich zuckte die Schultern. ´Und mich davon überzeugen, dass er mir nicht ähnlich sieht.` konnte ich ja schlecht sagen.

Er nickte verständnisvoll und führte mich zum Untersuchungstisch. An den Anblick von Toten würde ich mich nie gewöhnen. Vielleicht sollte ich, aber ich konnte und wollte nicht. Der Mann, der vor mir lag, war noch sehr jung, vielleicht Mitte zwanzig, und sah nicht schlecht aus. Zumindest sein Gesicht, denn von seinem Hals abwärts war nicht viel mehr von ihm übrig als eine rote Masse.

"Wissen Sie schon, was für eine Säure es war?"

"Nein, aber so hoch konzentriert, wie das Mittel war, stellt sich die Frage, woher er es bezogen hat."

"Er war Chemiker.", antwortete ich geistesabwesend. Mein Blick war auf den Fremden vor mir gerichtet und je länger ich ihn betrachtete, desto größer schienen mir die Ähnlichkeiten zwischen uns zu werden. Wenigstens hatte der Mörder Itsuki keine Narben auf die Wangen geritzt, das wäre zu gruselig gewesen.

Bei dem Gedanken daran, dass das alles hier mir gegolten haben könnte, wurde mir speiübel. Ich wollte nicht schuld daran sein. Nicht am Tod dieses Mannes und auch nicht an dem der anderen sechzehn Menschen. Mein Blick wurde glasig. Hätte ich das alles verhindern können, wenn ich Michelangelo dazu gebracht hätte, sich mir zu stellen? Es waren natürlich nur Vermutungen, aber die Möglichkeit schnürte mir fast die Kehle ab.

"Gehen wir."

Verwirrt sah ich zu Sasuke auf, der mit verschränkten Armen hinter mir stand und das gerade verlangt hatte. "Was...?"

"Die Chemikalien bereiten mir Kopfschmerzen."

"Oh." Ich musterte ihn. Normalerweise grub sich eine Falte zwischen seine Augenbrauen, wenn er Migräne hatte, aber die fehlte jetzt. Obwohl ich nicht wusste, wieso er log, nickte ich mit einer gewissen Erleichterung. "Ja, ich bin fertig. Gehen wir."

Dieser Ausflug war eine beunruhigende Erfahrung und ich war froh, als ich mich bedankt und verabschiedet hatte und wieder auf die Straße kam. Ich holte tief Luft, wobei ich feststellte, dass es nach Frühling roch, was meine Nerven ein wenig beruhigte. Das waren alles nur Vermutungen... Und selbst wenn sie wahr sein sollten, hatte ich vor Itsukis Tod nichts von diesen verborgenen Motiven mir bezüglich gewusst.

Aber ich hätte den Wahnsinnigen fassen müssen, bevor all das hatte passieren können.

"Es ist nicht mehr dein Fall." Sasuke sah mich nachdenklich an mit seinem Blick, der meine Gedanken zu lesen schien. "Steiger dich nicht wieder so in die Sache rein."

Ich lächelte - Einfach, weil ich ihn ansah und mich der Anblick seines Gesichts zum Lächeln brachte, aber auch, weil er auf seine schroffe Art versuchte, mich zu beruhigen. "Ich weiß. Werd ich schon nicht... Hast du Lust, joggen zu gehen?"

Er schien nicht überzeugt von meiner Unbeschwertheit, kommentierte das aber nicht, sondern nickte nur. Ich holte erleichtert tief Luft. Sport war genau das, was ich jetzt brauchte, um mich abzulenken.
 

"Hey, Schwager im Spe. Alles klar?", grinste ich Neji an, nachdem ich Hinata mit einem Kuss begrüßt hatte. Ich wusste, dass er diese Bezeichnung nicht mochte und ärgerte ihn erst recht gerne damit. Meine Freundin und Tenten, die neben Neji stand, kicherten, während er meine Stichelei mit einem gediegenen Nicken überging. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg und ich fragte: "Wir gehen nachher schon noch weg, oder?"

"Oh ja! Karaoke wäre super.", schlug Tenten vor, die als einzige angetan von meiner Anregung schien.

"Cool, das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht." Ich grinste Hinata an, die mir ein verunsichertes Lächeln schenkte. Beruhigend drückte ich ihre Hand. "Wir singen wieder zusammen, ja, Takara?"

"Bloß nicht! Dann hört man wieder nur dein Gejaule und Hinata geht komplett unter.", widersprach Tenten und ich zog eine beleidigte Schnute.

"Stimmt ja gar nicht."

"Du singst so laut, wie du falsch singst."

"Ihr Kunstbanausen habt ja nur keine Ahnung!" Ich jammerte noch ein bisschen weiter, während ich mit Tenten den Verlauf des späteren Abends plante. Die Hyuuga hielten sich aus der Unterhaltung raus, bis ich das Thema wechselte: "Was Baa-chan wohl will? Und dann auch noch von so vielen von uns."

Neji, der nach wie vor einzige Jo-nin unter uns, bekam einige fragende Blicke zugeworfen, doch natürlich war er die Diskretion in Person. "Das erfahren wir sicher bald."

Ich bedrängte ihn noch weiter, bis wir am Hokage-Turm ankamen, wo sich einige Kollegen eingefunden hatten. Gemeinsam mit diesen ging unsere kleine Gruppe in den Konferenzraum, der uns genannt worden war. In dem Raum waren schlussendlich bestimmt zwanzig Shinobi, was für einen ziemlichen Lärmpegel sorgte, welcher jedoch abrupt erstarb, sobald Tsunade und Shizune den Raum betraten. Die Hokage ließ den Blick über die Reihen gespannt dreinblickender Gesichter wandern. Ihre Augenbraue zuckte kaum merklich, also sie mein breites Begrüßungs-Grinsen sah, doch dann wandte sie sich ab.

"Guten Abend. Ich möchte gleich zur Sache kommen. Der Grund, aus dem ich euch so zahlreich herbeordert haben, hat mit einem wichtigen Fahndungserfolg der letzten Woche zu tun, über den ihr sicher alle informiert seid."

Zustimmendes Nicken und lobendes Murmeln brandete auf. Nur ich runzelte die Stirn. "Was für eine Festnahme?", fragte ich Hinata neben mir.

"Man hat i-im Zuge der verschärften Si-Sicherheitsvorkerungen einen Schwerverbrecher aus S-Suna hier im Dorf fassen können... Die Neu-Neuigkeit hat groß die Runde gemacht und..."

"Ich würde gerne fortfahren, Miss Hyuuga, wenn Ihnen das Recht ist.", mischte Tsunade sich ärgerlich ein.

Meine Freundin lief tiefrot an und senkte den Blick. "En-Ent... Entschuldigung...", hauchte sie verlegen. Ich drückte bedauernd ihre Hand, konnte mir ein Grinsen aber nicht verkneifen, weil es schon lustig war, wenn ein schweigsamer Engel wie Hinata wegen Geschwätzigkeit ermahnt wurde, obwohl sie neben mir, dem größten Plappermaul weit und breit, saß.

"Nun gut.", fuhr die Hokage fort. "Das Gericht findet sich in dieser Sache in zwei Wochen zu einem Eilverfahren zusammen, um baldestmöglich ein Urteil zu fällen. Da die Verbrechen allerdings größtenteils in Suna-Gakure und Umgebung verübt wurden, wird der Kazekage an der Urteilsbildung beteiligt sein und hier kommt ihr ins Spiel. Wie jeder weiß, herrscht im Dorf momentan Ausnahmezustand und obwohl ich dem Kazekage davon abgeraten habe, sich hierher zu begeben, wünscht er, persönlich vor Ort zu sein, um sein Dorf zu repräsentieren. Die Wachen sind sowieso schon verstärkt, aber ihr werdet während seines Aufenthalts eine Sondereinheit zum Schutz des Kage bilden. Es ist unsere Pflicht, für seine Sicherheit zu sorgen."

"Kommen Temari und Kankuro nicht mit?"

"Natürlich bringt er seine eigenen Sicherheitsleute mit, aber ich konnte ihn davon überzeugen, dass zusätzliche Wachen in der momentanen Situation unabdingbar sind. Ihr werdet euch in Gruppen aufteilen und..."

Während Tsunade den Plan erklärte, dachte ich darüber nach, was sie erläutert hatte. Unabdingbar waren Wachen also, ja? Und warum lief sie selbst dann fast schutzlos durch die Gegend? Ich schnaubte leise. Typische, weibliche Doppelmoral. Andererseits war ich auch erfreut; Gaara würde also kommen, und als ein Mitglied dieses Kommandos würde ich Zeit und Gelegenheit haben, ihn zu sehen. Ich hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen, aber früher hatten wir ab und an Briefkontakt, der sich jedoch verlaufen hatte, als Sasuke zu mir kam. So, wie die meisten meiner Freundschaften... Ich schob den Gedanken beiseite, denn er hatte einen bitteren Nachgeschmack. Außerdem wollte ich nicht an Sasuke denken, nicht, wenn meine Freundin neben mir saß. Vielleicht würde ich ja auch ab und zu mit Hinata eingeteilt sein, sodass wir mehr Zeit miteinander verbringen und somit unsere Defizite aufarbeiten konnten. Vielleicht würde ich so wieder stärker den Wunsch verspüren, bei ihr zu sein und nicht den, vor ihr wegzulaufen, weil ich mich schämte... Vielleicht.

Die Frage war nur, was jetzt mit den Aufgaben in meinem Team war, denn weder Sai noch Sakura waren hier, also arbeiteten sie wohl weiter an unserem Mafiosi-Fall und halfen den ANBU. Und was sollte ich mit Sasuke machen? Darüber musste ich eindeutig mit Tsunade sprechen.
 

~ ♥ ~
 

Hallo Leute! :D
 

Ich bin mir noch nicht ganz so sicher, was den weiteren Verlauf dieses Teilabschnittes anbelangt... Ich meine, ich weiß, was ich etwa schreiben will, aber die Details noch nich. Außerdem finde ich das Skript, das ich mir vor zwei Jahren - OMG, ist das schon so lange her?! xDD - Gemacht habe, inzwischen teilweise recht peinlich... XD°

Na ja, ich versuche, das Beste daraus zu machen.
 

Wow, wir haben inzwischen schon über 50 Leser und ich freue mich über jeden einzelnen von euch. Danke, ihr seid die größten. ♥

Wie gesagt, das Projekt ist inzwischen auch schon zwei Jahre alt, was ich irgendwie kaum fassen kann... Es ist mir ziemlich ans Herz gewachsen und ich hoffe, ich habe mich verbessert, seit ich angefangen habe und dass die Story trotz der langen Zeit noch spannend ist.

Inzwischen haben wir etwas mehr als die Hälfte geschafft und die meisten haben ja spätestens seit dem letzten ´Michelangelo-Kapitel` mitbekommen, was hier so abgeht. ;3
 

Stört es euch eigentlich, dass in jedem Teilabschnitt neue Charakter vorkommen? Das ist mir grade so aufgefallen und es war eigentlich nicht beabsichtigt aber hm, irgendwie haben sich die Einheiten zu eigenständigen Storys entwickelt mit jeweils abgeschlossenen Handlungen mit ihren Charaktern. Außer Naruto und Sasuke halt. xD
 

Uh, jetzt hab ich für meine Verhältnisse viel Gelabert, verzeiht mir. ♥

Bis zum nächsten Kapitel!

lG SaSi
 

PS: Ach ja, und sie haben immer noch keinen Sex. ;P

Ace of Spades

Ich fühlte mich unwohl und das merkte man wohl auch, so erboste Blicke, wie Sakura mir zuwarf. "Reiß dich zusammen. Hier wird dich schon keiner anfallen. Schau, Sai spinnt auch nicht so."

Tatsächlich lächelte dieser gleichmütig und sah sich interessiert um, als wäre er noch nie in einer Bar gewesen, aber seine Gelassenheit beruhigte mich wenig. "Sai spinnt ja auch im Allgemeinen.", klagte ich laut.

Er warf mir einen amüsierten Blick zu. "Du musst keine Angst um dein Arschloch haben. Ich glaube, auch Schwule stehen auf große Penisse - Und das hast du ja nicht zu bieten."

"Wa...? Nein...! Ich...", stammelte ich und zeigte ihm anschließend den Mittelfinger. "Mistkerl!" Ich wusste nicht, warum ich immer noch so verlegen auf seine Sticheleien reagierte, schließlich wusste ich inzwischen, dass ich nicht ganz schlecht ausgestattet war - Und auch, dass meine Attribute durchaus auch auf Männer wirkten... Obwohl ich das lieber nicht gewusst hätte.

Wir befanden uns in einem Lokal mit Ziegelmauern, bloßen Glühbirnen und Tischen aus dunklem Holz, dessen spartanische Einrichtung auf moderne Art heruntergekommen wirkte. Es gab mehrere getrennte Räume, die durch enge Flure miteinander verbunden waren, aber jetzt, um dreizehn Uhr, war niemand hier außer uns dreien und den Männern, mit denen wir verabredet waren. Ihnen stand die Trauer deutlich in die Gesichter geschrieben. Wir gesellten uns zu ihnen an den Tisch und begrüßten sie höflich.

"Ihr Verlust tut mir wirklich leid.", fing Sakura aufrichtig an.

"Danke... Ich kann es immer noch nicht fassen.", sagte der Älteste von ihnen, dem die Bar gehörte. Er hatte ein freundliches, trauriges Gesicht und hatte sich als Riko vorgestellt. Er war mir auf Anhieb sympathisch. "Itsuki war ein guter Junge."

"Wir tun unser bestes, um den Verantwortlichen zu finden.", versprach das Mädchen ernst. Weil das Opfer aus einem anderen Dorf stammte, war seine Familie noch nicht hier und diese drei waren die ersten Kontakte, die wir bei ihm hatten herausfinden können. Sie waren offenbar gute Freunde. "Können Sie uns erzählen, was am Tatabend geschehen ist?"

"Es war eigentlich alles wie immer; Itsuki ist ziemlich spät gekommen, weil er nach der Uni noch arbeiten und lernen musste. Er war sehr fleißig, einer der besten in seinem Jahrgang."

"Das hat doch jetzt nichts mit der Sache zu tun.", unterbrach ein zweiter, jüngerer Mann mit schwarzen Haaren und vor wütender Trauer brennenden Augen. Ich hatte Mitleid mit ihm, denn Zorn war eine Art der Trauer, die einen isolierte. Er hieß Kuriyama und es war offensichtlich, dass Itsuki ihm besonders viel bedeutet hatten, vielleicht waren sie mal zusammen gewesen. "Ihn zu loben, macht ihn auch nicht wieder lebendig. Dieser Idiot... Wenn er... Wenn ich..."

"Hör auf, Kuru.", flüsterte der dritte im Bunde, dem einzigen von ihnen, der seine Tränen nicht zurückhielt, ein sehr jung aussehender Typ mit braunem Haar, rotgeweinten Augen und Saotu als Namen. "Sie wollen doch nur helfen."

"Das macht doch nichts, wir verstehen euch.", wandte ich freundlich ein, wofür ich von zwei Dritteln der Trauernden ein dankbares Lächeln bekam. Kuriyama musterte mich finster, als nähme er mir meine Anteilnahme nicht ab. Ich räusperte mich unbehaglich, weil ich mir viel auf meine Glaubwürdigkeit einbildete und mir dann einfiel, dass ich meinen ganzen Freunden eigentlich ein Theater vorspielte und das schon seit Monaten. Aber das war jetzt im Moment nicht das Thema. "Äh... Was... Wie genau ist der Abend denn verlaufen?"

"Wie gesagt, Itsuki kam spät und wir haben etwas geplaudert, dann hab ich ihn eine Weile nicht mehr gesehen. Ich hab mich um einen Neuling gekümmert. Am Anfang schien er ziemlich schüchtern zu sein; Hat kaum ein Wort gesagt und die zig Leute, die ihn angeflirtet haben, kaum beachtet. Aber als er Itsuki gesehen hat, ist er schnurstracks auf ihn zugegangen und hat ihn angesprochen."

"Der war das bestimmt. Eh schon verdächtig, hier einfach so aufzutauchen und sich gleich einen Typ zu stürzen wie eine läufige Hündin... Wenn ich den in die Finger kriege..."

"Werden Sie ihn nach Namen und Adresse fragen und uns diese umgehend weiterleiten. Sehr nett von Ihnen.", unterbrach Sakura in freundlichem Ton die angefangene Morddrohung und Kuriyama nickte düster.

"Aber es war schon komisch... Keiner kannte den Jungen, und der Laden hier ist nun wirklich nicht sehr bekannt.", sinnierte der Ladenbesitzer, der uns Kaffee serviert hatte. "Ich wüsste nicht, wie er ausgerechnet hier hätte landen sollen. Und warum ausgerechnet Itsuki... Der arme Junge."

Eine Weile herrschte Stille, in der wir an den Toten dachten - Auch die von uns, die ihn nicht gekannt hatten. Dann räusperte Sakura sich und nickte Sai zu, der einen kleinen Block und einen Bleistift hervorholte. "Wenn Sie uns beschreiben können, wie der Fremde aussah, würde uns das sehr helfen."

Sie öffneten alle drei den Mund, schlossen ihn, öffneten ihn wieder und runzelten dann einvernehmlich die Stirn. "Ich weiß es nicht mehr.", eröffnete Riko sichtlich verwirrt und die anderen stimmten dieser Aussage zu.

Ich warf Sakura einen Blick zu und wusste, dass sie an dasselbe dachte wie ich; Sawa Tao hatte uns erzählt, ihre Leute hätten den Mörder der Mafiosi auch nicht beschreiben können. Wenn es also derselbe Täter war, wovon wir ausgehen konnten, hatte auch den Miraden-Boss und seine Leute Michelangelo umgebracht. Und dann konnten wir davon ausgehen, dass es ein Kollege war.

"Nicht mal die Haarfarbe?", bohrte ich nach.

"Schwarz... Denke ich."

Sie waren sich alle nicht so sicher, und diese Auskunft half uns sowieso nicht maßgeblich. Die meisten Leute hier hatten schwarze Haare. Unsere Suche war also auf schwarzhaarige, dünne Männer beschränkt, die in Schwulenbars rumhingen. Wow. Das grenzte es nicht wirklich ein. Wir befragten die Männer noch nach ein paar Details und sie versprachen, uns sofort zu informieren, falls ihnen noch etwas einfiele, dann verließen wir das Lokal, auch nicht wesentlich schlauer als vorher. Uns blieb nur, die Kontakte der Anwesenden durchzugehen, an die die drei Herren sich erinnert hatten, aber das würde lange dauern und war wenig erfolgversprechend.

"Was machen wir jetzt?", fragte ich in die bedrückte Stille hinein, die entstanden war, als wir das Gebäude verlassen hatten. Das hier war einer der seltenen Fälle, in denen man lieber Unrecht gehabt hätte, denn die Erkenntnisse dieser Befragung machte alle unsere Kollegen und Freunde zu Verdächtigen.

Sakura schwieg eine Weile. "Wir müssen die Meisterin informieren. Sie wird schon wissen, was zu tun ist."

Das war keine große Hoffnung oder Erleichterung, aber vielleicht die einzige, die wir im Moment bekommen würden. Wir trennten uns, weil ich mich um die Sicherheitsvorkerungen für Gaaras Aufenthalt kümmern musste, während die anderen mit Tsunade sprechen wollten. Es würden ständig drei Shinobi sein, die zusammen mit Kankuro und Temari auf den Kazekage aufpassten und wenn die Sache sich weiter so entwickelte, würden wir uns einen ähnlichen Plan auch für unsere eigene Befehlshaberin ausdenken müssen. Ich war besorgt um die Hokage, die auf die meisten ihrer Sicherheitsvorkehrungen verzichtete, um so viele Shinobi wie möglich für die Überwachung der Zivilisten übrig zu haben, aber sie würde nicht mit sich reden lassen und ich verstand sie; Ich hätte es nicht anders gehandhabt und immerhin war sie die stärkste Frau unseres Dorfes, sie konnte schon auf sich achten. Jedenfalls würde die Botschaft, solang unser Staatsgast sich dort aufhielt, besser gesichert sein als so manches Gefängnis. Allen Beteiligten wäre es lieber, die Vorkerungen würden sich als übervorsichtig herausstellen, aber so, wie sich die Situation entwickelte, war Vorsicht besser als Nachsicht. Wir konnten keinen Krieg gebrauchen, weil Gaara etwas passierte während er im Dorf war.

Jedenfalls war die Stimmung im Team, milde gesagt, angespannt. Ich langweilte mich auf den Besprechungen, zog sie aber durch, weil es nötig war. Außerdem war es eine Gelegenheit, der Hochspannung in meiner eigenen Wohnung zu entgehen, die nicht wie erwartet mit der Zeit abgenommen hatte, sondern im Gegenteil immer heftiger zu werden schien je mehr Sasuke sich mir öffnete. Es machte mich an, dass er mir vertraute, und inzwischen dachte ich nicht nur an Sex mit ihm, ich träumte sogar davon. Das wiederum widerte mich so an, dass ich zu keiner Zärtlichkeit mit Hinata mehr fähig war, ohne an ihn zu denken.

Unser Versuch, unsere Beziehung ihren Eltern zu erklären, war ein Desaster gewesen.
 

Am Wochenende vor einer Woche war ich ins Haus der Hyuuga gegangen und hatte dort in sehr angespannter Atmosphäre zu starken Tee mit ihnen getrunken, bis Hiashi Klarheit verlangte: "Was gibt es also zu besprechen?"

Offenbar hatte er nicht mal den Hauch einer Ahnung; Ich und seine Tochter, das kam ihm noch nicht mal in den schlimmsten Albträumen in den Sinn. Aber genau diese Tatsache hatte ich ihm höflich zu eröffnen versucht. "Sie haben eine wundervolle Tochter. Sie ist stark, verständnisvoll, klug, aufrichtig, liebevoll und..."

"Komm zum Punkt, Junge.", unterbrach Hiashi mich skeptisch.

Ich warf Hinata, die wegen der Komplimente und der Gesamtsituation knallrot geworden war, einen Blick zu, dann lächelte ich meinen angedachten Schwiegervater offen an. "Aus all diesen Gründen habe ich mich in Hinata verliebt und ich habe das große Glück, dass sie mich auch liebt. Deshalb würde ich mich freuen, wenn sie... Na ja, uns Ihren Segen geben oder so.", endete ich ziemlich lahm. Ich kam mir plötzlich albern vor, weil das klang, als würde ich um Hinatas Hand anhalten und auch ihr schien das peinlich zu sein. Eine ganze Weile hätte man eine Stecknadeln fallen hören können, also räusperte ich mich. "U-Und...? Was, hm, was sagen Sie?"

"Ich warte darauf, dass du das hier als einen deiner äußerst unpassenden Scherze offen legst.", sagte Hiashi so nüchtern, dass mein Lächeln noch ein paar Sekunden fortbestand, ehe es einfror. Hinata neben mir begann zu zittern und Neji, am anderen Ende des Tisches, schloss die Augen als wolle er ´Ich hab es euch ja gesagt.` mit seiner Miene ausdrücken.

Ich war eine Weile völlig sprachlos, dann lachte ich nervös. "Das... Das ist kein Scherz, Sir. Wir sind zusammen und..."

"Ich dulde so etwas nicht unter meinem Dach." Noch immer völlig beherrscht erhob das Familienoberhaupt sich. "Geh jetzt."

Hinata stand zusammen mit mir auf. "V-Vater..."

"Sei still.", fuhr er sie an und noch bevor Hiashi selbst wusste, dass er sie schlagen würde, stand ich vor meiner Freundin und fing die Hand ihres Vaters ab, die sonst in ihrem Gesicht gelandet wäre. Er starrte fassungslos in meine eisige Miene und riss sich los. "Wie kannst du es wagen...?"

"Wie können Sie es wagen, die Hand gegen ein Mädchen, ihre eigene Tochter, zu erheben?" Den ganzen Nachmittag über hatte ich mir die größte Mühe gegeben, respektvoll zu sein, nur, um jetzt festzustellen, dass dieser Mann gar keinen Respekt verdiente. Schützend legte ich den Arm um Hinata. "Sie sind erbärmlich. Komm, Takara, wir gehen."

"Wenn du jetzt gehst, wirst du nie wieder einen Fuß in dieses Haus setzen."

Hinata erstarrte in meinem Arm und am liebsten hätte ich sie nach draußen getragen, aber stattdessen ließ ich los. Ich konnte nicht von ihr verlangen, sich zwischen mir und ihrer Familie zu entscheiden, dazu waren mir Blutsbande viel zu heilig. Und ich wusste nicht mehr, ob ich sie ihr würde ersetzen können in der Zukunft. Lange würde mein Theaterstück nämlich sicher niemanden mehr täuschen.

"Naruto-kun...", flüsterte Hinata, als ich zur Tür ging.

"Wir sehen uns, Süße.", versprach ich betont gelassen.

Wie zu erwarten gewesen war, passte das dem Hausherren nicht: "Das werdet ihr auf keinen Fall. Neji, bring ihn raus und sorg dafür, dass er sich nicht mehr hier blicken lässt."

Schweigend begleitete Hinatas Cousin mich zur Tür, wo wir noch kurz stehen blieben. "Es war gut, dass du dich gefügt hast. So können wir vielleicht nochmal mit ihm reden, wenn er sich an den Gedanken gewöhnt hat.", erklärte Neji vernünftig wie immer.

"Du hast dich ja auch noch nicht an den Gedanken gewöhnt.", scherzte ich mit einem angespannten Lächeln und einem besorgten Blick in Richtung Wohnzimmer. "Ich habe Angst, dass er ihr etwas tut."

"Ich achte auf sie.", hatte Neji versprochen und mich dann auf die Straße geschoben.

Danach hatte ich Hinata zwei Tage nicht gesehen und als sie schließlich vor meiner Tür gestanden hatte, war die Schwellung in ihrem Gesicht noch nicht ganz zurückgegangen. Ich wollte ihren Vater zur Rede stellen, aber sie behauptete steif und fest, sie wäre hingefallen. Geglaubt hatte ich ihr das nicht, aber ich hatte es ihr überlassen, wie sie damit umgehen wollte, schließlich war es ihre Familie.

Wir mussten jetzt wesentlich vorsichtiger sein, wenn wir uns treffen wollten, was wir meistens auch nur noch in meiner Wohnung taten. Das verärgerte wiederum Sasuke; Er sagte zwar kein Wort, solange sie da war, aber es war offensichtlich, dass er sie nicht dort haben wollte. Überhaupt war er ziemlich herrisch, wenn er mal was sagte, sodass wir uns regelmäßig in die Haare gerieten, aber hergegeben hätte ich ihn deshalb auch nicht mehr.
 

Es war ein ganzer Haufen Leute da; Die zwanzigköpfige Wachtruppe, Tsunade und der Ältestenrat, Shizune, ein paar Schaulustige und an einer Hauswand lehnte Shikamaru, der gekommen war, um seine Freundin zu begrüßen. Ich hätte gerne mit ihm geredet, aber wir hatten eine Formation, in der wir zu warten hatten. Und das taten wir inzwischen immerhin auch schon bestimmt zwanzig Minuten. Mir kam es allerdings länger vor, weil ich mich langweilte. Jedes Mal, wenn ich nervös von einem Fuß auf den anderen trat oder mich ungeduldig streckte, um als erster die Gesandtschaft aus Suna zu erspähen, warf mir der Typ neben mir, dessen Namen ich mir weder merken konnte noch wollte, einen bösen Blick zu.

Kurz darauf war es endlich so weit: "Sie kommen.", sagte Tsunade gemessen und tatsächlich tauchten zwischen den Bäumen drei Gestalten auf, die sich rasch näherten. Ich versuchte wirklich, meine Freude zu beherrschen, aber schließlich brach sie sich doch Bahn, indem ich begeistert winkte. Das brachte mir zwar weitere missbilligende Blicke meines Nebenmannes ein, aber das war mir egal. Wenigstens hatte ich keinen Stock im Arsch.

Als der Kazekage und sein Gefolge auf unsere Leute tragen, gab es ein großes Händeschütteln, Vorstellen, Begrüßen und einiges an Katzbucklerei vonseiten der Ältesten. Dann war die Hokage gewogen zu erklären, was es mit der Horde Shinobi auf sich hatte, die da herumstand. "Zu deiner Sicherheit stelle ich dir eine Truppe zur Verfügung, die rund um die Uhr das Anwesen bewacht. Wir haben einen Plan aufgestellt, den Temari-san und Kankuro noch mit den Anführern besprechen sollten."

"Wir können den Kazekage auch selbst beschützen.", widersprach Temari, eine Hand auf ihrem Fächer. Sie sah diese Maßnahmen offenbar als Beleidigung.

"Unter normalen Umständen bin ich mir dessen sicher. Aber wie ich schon betonte, haben wir hier eine Ausnahmesituation."

"So weit ich weiß, ist das schon seit mehreren Monaten der Fall."

"Sprecht euch mit dem Team ab.", unterbrach Gaara die Diskussion gewohnt knapp. Gemeinsam machten die beiden Kage sich auf den Weg zum Hokage Turm und als er an uns vorbei ging, wanderte Gaaras Blick über die Gesichter. Erneut hob ich grüßend die Hand und als er mich entdeckte, nickte er kaum merklich, was ich mit einem breiten Grinsen beantwortete.

Unsere kleine Abordnung hatte genaue Angaben über das, was zu tun war, sobald der Kazekage eintraf und wir machten uns umgehend an die Arbeit. Ein Teil von uns folgte den hohen Herrschaften, um das Anwesen zu überwachen, der andere Teil ging vor, um die Botschaft zu sichern. Ich gehörte zur ersten Fraktion und wie die meisten von uns froh darüber, Tsunade wieder bewacht zu wissen, ein Luxus - Oder eine Notwendigkeit? - Auf den sie in den letzten Wochen verzichtet hatte. Am Hokage-Turm war alles ruhig, sodass ich es mir auf einem lauschigen Ast eines Baumes im Halbschatten gemütlich machte, von dem aus ich Tsunades Büro gut im Blick hatte. Die drei Abgeordneten aus Suna, der Ältestenrat und Tsunade sorgten für ein gut gefülltes Zimmer, das eher an ein überbuchtes Zugabteil als an einen Konferenzraum erinnerte. Natürlich hörte ich nicht, was gesprochen wurde, aber Mimik und Gestik der Anwesenden wurden zunehmend ungehaltener. Damit hatte ich die Wette, die unter uns Wachen lief, verloren; Ich hatte ihnen zwei Tage friedlicher Zusammenarbeit prognostiziert, bevor der erste Streit ausbrach.

Gaara sagte etwas, woraufhin Temari eine Verbeugung andeutete und verschwand. Sie hatte ich um den Jahreswechsel zuletzt gesehen, als sie Shikamaru besucht hatte, und jetzt würde man sie wegen der Chunin-Prüfungen wohl öfter antreffen, die zufälligerweise jedes Jahr mit ihrem Freund vorbereitete. Rein zufällig, natürlich. Ich wusste nicht, was sie an ihm fand oder er an ihr, aber das Ganze funktionierte jetzt immerhin schon seit drei Jahren. Vielleicht war Shikamaru aber auch einfach zu faul, um Schluss zu machen, und Temari zu stolz.

Jedenfalls hatte ich nicht damit gerechnet, sie da unten vor meinem Baum stehen zu sehen mit verschränkten Armen und aufforderndem Blick. "Gemütlich?", erkundigte sie sich, als ich sie bemerkt hatte.

Ich grinste. "Klar. Was gibt es? Shikamaru lungert hier sicher irgendwo rum und..."

"Ich bin wegen dir hier. Komm."

Verwirrt folgte ich ihrer Aufforderung und zu meiner Überraschung führte sie mich zum Hokage-Anwesen. Eigentlich wollte ich nicht fragen, aber schließlich regte sich die Neugierde. "Was ist los?"

"Ich schätze, du wurdest befördert." Sie warf mir einen zweifelnd-abschätzenden Blick zu, der mich irgendwie beleidigte ohne dass ich es begründen könnte.

"Was heißt das jetzt?", bohrte ich nach, aber da waren wir schon an der Tür zu Tsunades Büro und wurden ins Büro gebeten. Inzwischen waren nur noch zwei Vertreter des Ältestenrates da, aber diese beiden schimpften in einer Lautstärke für zehn auf Gaara ein, den das ganze jedoch herzlich wenig zu interessieren schien. Trotz meiner temporären Verwirrung brachte ich ein Grinsen zustande, als ich auf ihn zuging und ihn zur Begrüßung am Arm fasste.

"Na, alter Sandmann? Was geht?" Zu meiner Verwunderung schloss er scheinbar erschöpft die Augen, während sowohl Tsunade als auch Shizune, Temari und Kankuro sich an die Köpfe fassten.

"Wie Sie sehen...", führte die Hokage das Gespräch von zuvor fort. "Ist er inzwischen sehr kompetent und ernst bei der Sache, genau wie ich sagte."

"Wir brauchen nicht noch mehr Wachen. Wir können auf unseren Bruder achten."

"Aber nicht vierundzwanzig Stunden."

"Er kann auch selbst kämpfen."

"Kann mir erst mal jemand erklären, was überhaupt los ist, damit ich mit euch streiten kann?", warf ich, noch immer verwirrt, aber gut gelaunt ein, woraufhin alle Blicke sich auf mich richteten. Tsunade, Shizune, Temari und Kankuro sahen skeptisch aus, die Ältesten mit offener Abneigung und Gaara... Eben mit dem üblichen Gaara-Gesichtsausdruck, stoisch gefasst und etwa so beeindruckt als ginge ihn das alles überhaupt nichts an. Ich erwiderte das alles mit demselben gleichmütigen Lächeln. "Also?"

"Wir sind der Meinung, der Kazekage braucht persönlichen Schutz. Einen Bodyguard. Und er möchte, wenn es schon nötig ist, dich für diese Arbeit, aber..."

"Cool! Dann können wir abhängen und so."

"Ich fürchte, er hat keine Zeit zum ´Abhängen` - Und du auch nicht, oder hast du deine eigentlichen Aufgaben schon vergessen?"

Das Lächeln verschwand aus meinem Gesicht. "Sasuke."

"Genau der. Soweit ich mich entsinne, warst du mit seiner Beaufsichtigung bereits überfordert."

"Das stimmt gar nicht.", protestierte ich laut, weil ich vor Gaara und seinen Geschwistern nicht als inkompetent dargestellt werden wollte. "Er fühlt sich wohl. Frag ihn doch, ob er zu jemand anderem will."

Wir wussten beide, dass er das nicht wollte, was sie mit einem Seufzen zugab. "Darum geht es jetzt im Moment auch gar nicht. Ich versuche nur, Gaara zu erklären, dass du für diese Aufgabe im Moment zu beschäftigt bist."

"Und wieso? Ich kann Sasuke doch einfach mit in die Botschaft nehmen; Da ist er besser bewacht als bei uns zu Hause und es gibt ja wohl mehr als genug Zimmer dort."

"Es kann aber nicht einfach jeder in einer Botschaft wohnen. Das ist nicht der Sinn der Sache."

"Vor allem kein Schwerverbrecher auf Bewährung."

Ich sah den Mann aus dem Ältestenrat, der das gesagt hatte, wütend an. "Er ist seit sechs Monaten hier und hat bisher nichts getan. Im Gegenteil, er hat sogar..." Tsuande warf mir einen Blick zu, der mich zum Schweigen brachte; Ich hatte ganz vergessen, dass niemand wissen durfte, dass Sasuke uns bei Ermittlungen geholfen hatte. Und auch von seiner Entführung sollten lieber so wenige wie möglich erfahren, denn das würde die Sicherheitsvorkehrungen um ihn herum in Frage stellen. "Er hat sich als sehr kooperativ erwiesen.", endete ich lahm, weil ich den Satz auch nicht einfach so in der Luft hängen lassen konnte.

"Nein, Naruto." Tsunades Antwort war schlicht und endgültig. Sie prüfte einige Papiere auf ihrem ungewöhnlich ordentlichen Schreibtisch, sah mich also nicht an, während sie mit mir sprach. "Du wirst während seines Aufenthaltes hier an Gaaras Seite bleiben und für diesen Zeitraum wird Sasuke in einer Resozialisationseinrichtung von ehemaligen Häftlingen untergebracht."

Ich wollte protestieren, aber das hätte Tsunades Autorität vor den Besuchern untergraben, also fügte ich mich mit einer angedeuteten Verbeugung. "Natürlich, Hokage-sama." Und außerdem würde es vielleicht ganz lustig werden, ein oder zwei Wochen mit Gaara zu verbringen, obwohl er vermutlich nicht viel Zeit haben würde, immerhin war er zum Arbeiten hier.
 

~♥~
 

Hey. :3
 

Zu dem Kapitel gibt´s eigentlich nicht viel zu sagen, nur, dass es mir leid tut, dass es schon wieder so lange gedauert hat. Hab im Moment einiges zu tun und komm nich so wirklich dazu zu schreiben, aber na ja.

Hoffentlich hattet ihr trotzdem Spaß.
 

lG SaSi

King of Diamonds

"Wow, nicht schlecht." Ich stieß einen beeindruckten Pfiff aus, als ich in das Zimmer trat. "Lumpen lasst ihr euch nicht, wenn´s um eure Gäste geht."

"Schön, wenn es Ihnen gefällt. Bitte fühlen Sie sich wie zu Hause und sagen Sie, wenn Sie etwas benötigen." Der adrett gekleidete Mann, der mich in das große Zimmer gebracht hatte, lächelte freundlich, als er meine Koffer abgestellt hatte, und verabschiedete sich mit einer höflichen Verbeugung.

Ich wartete, bis er die Tür hinter sich zugezogen hatte, bevor ich ein paar Schritte weiter in den Raum ging, der mehr einem Hotelzimmer als einer gemütlichen Unterkunft glich. Das Zimmer war größer als das Wohnzimmer meiner Wohnung und schick in Schwarz- und Cremétönen eingerichtet, mit einem riesigen Fernseher und einem Fenster, das auf die Straße vor dem Haus wies. Ich schalte den Fernseher an, weil mir die Stille nicht gefiel, hatte aber keine Lust, dem Programm zu folgen, weshalb ich nach draußen blickte. Hinter dem Hokage-Felsen ging die Sonne unter und tauchte die Stadt in goldenes Licht, das die Aussicht auf die Dunkelheit, die folgen würde, surreal erscheinen ließ.

Genauso unwirklich wie es mir vorkam, jetzt hier zu sein.

Ich sollte nicht hier sein; Es gab zu viele, denen das unrecht war.

Zum einen war da Hinata, die sich gefreut hatte, mehr Zeit mit mir verbringen zu können und dieser jetzt beraubt worden war. Wir hatten uns, was ganz unüblich für sie war, wirklich gestritten und ich wusste nicht, wann ich sie überhaupt wiedersehen würde. Neji hatte ihr nämlich erzählt, dass Hiashi sie überwachen ließ und da wir jetzt erst mal sowieso kaum Freizeit haben würden, wäre es sehr anstrengend, auch noch darauf zu achten, dass wir uns nur sahen, wenn ihr Cousin auf sie angesetzt war. Ich verstand einfach nicht, was ihr Vater gegen mich hatte, aber er hatte nicht mehr mit sich reden lassen; Ich hatte Hausverbot bei Hyuugas.

Sakura war auch nicht sehr erfreut über meine Abwesenheit und meine neue Aufgabe, weil so die Ermittlungen wieder an ihr hängen blieben. Zwar arbeiteten sie und Sai jetzt, wo wir den bestätigten Verdacht eines Verräters in den eigenen Reihen hatten, verstärkt mit den ANBU zusammen, aber die Atmosphäre im Team war angespannt und kühl und sie würde mich brauchen. Ich machte mir Sorgen um sie, konnte die Situation aber nun mal auch nicht ändern, außerdem würde Sai schon auf sie achten.

Temari war nach wie vor der Auffassung, unsere ganzen Vorsichtsmaßnahmen wären eine Beleidigung. Ich hatte versucht, sie davon zu überzeugen, dass das nichts mit Zweifeln an ihren Fähigkeiten zu tun hatte, aber Shikamaru hatte mir schnell davon abgeraten; Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie nicht mehr davon abzubringen. Deshalb behandelte mich Gaaras Schwester jetzt auch mit kühler Distanziertheit, was bei unserer zwangsläufigen Wohngemeinschaft und Zusammenarbeit nicht unbedingt von Vorteil sein dürfte. Zumindest hatte sie sich bereit erklärt, mit den Befehlshabern unseres Wachteams zu kooperieren und einen Plan mit ihnen aufzustellen. Eigentlich war das gut für sie, denn so hatte sie wesentlich mehr Freizeit als ursprünglich angedacht, aber Kankuro schien in diesem Fall zu mehr Dankbarkeit bereit.

Sasuke war genauso wenig erfreut, aber wer wäre das schon, wenn er ohne aktuellen Grund zu einem Haufen Schwerverbrecher gesteckt würde? Ich hatte versucht, mit Tsunade zu sprechen, aber sie hatte auf ihrem Plan beharrt und so hatte ich vor einer Stunde meinen Mitbewohner in der Resozialisierungseinrichtung, die für ihn ausgewählt worden war, abgeliefert. Sein Zimmer war klein und spärlich eingerichtet und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich jetzt in so einer Luxussuite wohnte, während er in dieser Unterkunft hausen musste. Er war sauer auf mich, was sich in ziemlich tiefen Kratzspuren an meinem Rücken ablesen ließ.

Ich fasste mir an eine der Stellen und zuckte zusammen, obwohl die Verletzung bestimmt schon am verklingen war. Nicht, dass er nicht absolut scharf war, wenn er wütend war, aber auf Zerfleischen stand ich normalerweise nicht so. Ich würde ihm das wohl nächstes Mal, wenn wir uns sahen, austreiben müssen. Nur: Wann würde das sein?

Schuldbewusst zuckte ich zusammen, als es an der Tür klopfte. "He-Herein."

Ich lächelte, als Gaara das Zimmer betrat und schaltete den Fernseher aus, froh, über interessantere Ablenkung als den Flimmerkasten. "Störe ich?", fragte der Kazekage mit einem Blick auf den nun stummen Bildschirm.

"Quatsch, nein. Immerhin steh ich jetzt vierundzwanzig Stunden zu deiner Verfügung.", grinste ich und deutete eine spöttische Verbeugung an.

Er nickte, wodurch er meinen Scherz ernst nahm, und sah sich in meinem Zimmer um. "Natürlich... Ist dir das Zimmer genehm?"

"Genehm? Es ist Klasse! Wie sieht denn dein Raum aus, wenn ich hier schon im Luxus schwimme?" Ich bedeutete ihm, sich zu setzen, was er auch tat, während ich den Kühlschrank öffnete, um ihm irgendwas zu trinken anzubieten. Die hatten hier sogar Tomatensaft, was mich wieder auf Sasuke brachte. Der hatte jetzt bestimmt nicht sein eisgekühltes Lieblingsgetränk zur Verfügung... Vielleicht würde ich ihm eine Flasche mitbringen, wenn ich ihn besuchte. "Was trinkst du?"

"Wasser. Und du kannst dir meine Räumlichkeiten ansehen - Vielleicht wäre es angemessen, wenn du dich im gesamten Gebäude auskennst. Für den Notfall."

"Oh, dein Kammerdiener hat mich schon etwas rumgeführt, aber deine hochheiligen Hallen hab ich nich sehen dürfen." Ich reichte ihm eine Flasche Wasser und flätzte mich ungeniert neben ihn auf die Couch, was ihn dazu bewegte, aufzustehen. "Hey, du kannst ruhig hier bleiben, das Sofa ist groß genug für zwei."

Anstatt zu antworten, holte er sich aus der kleinen Küchenzeile ein Glas und schenkte das Wasser hinein. Daran, dass er solche Ansprüche stellen könnte, hatte ich natürlich nicht gedacht, aber eigentlich war es mir auch egal. Ich vermisste mein Feierabendbier. Und das, was in letzter Zeit immer gefolgt war.

Nachdem wir eine Weile einvernehmlich geschwiegen hatten, ergriff ich wieder das Wort: "Wie lang glaubst du, werdet ihr bleiben?"

"Das kommt auf die Länge des Verfahrens an. Aber wenn es nach mir geht, wird es schnell gehen." Ein mordlüsternes Glänzen, das ich schon lang nicht mehr bei ihm gesehen hatte, blitzte in seinen Augen auf und jagte mir einen kalten Schauder den Rücken runter.

Ich räusperte mich. "Was hat der Mann eigentlich getan?"

"Ich dachte, ihr wurdet über den Fall instruiert?" Als ich nur die Schultern zuckte, berichtete Gaara: "Der Mann hat über seine Verhältnisse gelebt; Zu große Wohnung, luxuriöse Möbel, Reisen, Schmuck für seine Frau... Und irgendwann hat er sich mit einem riskanten Geschäft verspekuliert und stand vor dem finanziellen Aus. Er hat alles verloren; Seine Arbeit, seine Frau, seinen Status. Und er war kurz davor, auch noch seine Wohnung zu verlieren, als sein Bruder starb und somit eine Erbsumme offen stand.

Das einzige, was noch zwischen ihm und seiner Rettung stand, waren seine Schwägerin und seine beiden kleinen Nichten. Also hat er einen Entschluss gefasst und ist eines Abends, als er wusste, dass die Witwe seines Bruders nicht da war, zu den beiden Mädchen gegangen, die ihm natürlich arglos aufmachten. Seine Fingerabdrücke waren sowieso im ganzen Haus verteilt, da er nach dem Tod seines Bruders sehr viel Zeit bei seiner Schwägerin verbracht hat - Auch, um zu versuchen, ihr einen größeren Anteil des Erbes abzuschwatzen. Jedenfalls musste er nicht besonders aufpassen, als er eines der Küchenmesser genommen und damit seine ältere Nichte kaltblütig vor den Augen ihrer jüngeren Schwester erstochen hat. Sein Zorn hat ihn wohl übermannt, denn es wurde nicht nur ein, sondern mindestens neun Mal auf das Mädchen eingestochen. Er war gerade dabei, das jüngere Kind zu töten, als die Mutter unerwartet früher nach Hause kam. Die Frau war wie von Sinnen, als sie das Blut ihrer Töchter sah und fügte dem Mörder einige Verletzungen zu in ihrem Todeskampf, aber schließlich gewann ihr Schwager die Oberhand und überwältigte sie. Er wollte die Leiche der Frau gerade in den ersten Stock schleppen, als die Polizei in das Haus eindrang; Die Nachbarn hatten Lärm gehört und gedacht, ein Einbrecher wäre dort.

Das jüngere Mädchen wurde ins Krankenhaus gebracht, aber sie erlag ihren Verletzungen ein paar Tage später. Im Haus haben die Ermittler eine volle Badewanne gefunden und es ist davon auszugehen, dass der Täter der Mutter die Pulsadern aufschneiden und sie ins Wasser setzen wollte, um das ganze wie einen erweiterten Selbstmord als Reaktion auf den Tod des Ehemannes aussehen zu lassen."

Als Gaara geendet hatte, herrschte einige Minuten betroffenes Schweigen, in welchem ich in mein Glas stierte und er aus dem Fenster in die Nacht. Draußen war es inzwischen ganz dunkel geworden und die Stadt leuchtete im elektrischen Licht, doch trotz dieser Wärme suggerierenden Helligkeit kroch eine alles gefrierende Kälte in mir empor, die sich um meinen Hals schloss und ihn zuschnürte. Ich konnte nicht in Worte fassen, was für ein Grauen diese erbarmungslos vorgetragene Geschichte in mir auslöste und welche menschliche Niedertracht sich für mich darin spiegelte.

"Das ist... Entsetzlich.", sagte ich schließlich tonlos und drückte damit nicht mal ansatzweise meine Gefühle aus.

"Ja. Und diesen Psychopathen verurteilen wir, wie ich hoffe, mit der vollen Härte des Gesetzes."

"Wir haben hier leider noch einen größeren Psychopathen rumlaufen. Und leider sieht´s nicht so aus, als würde man den demnächst bei euch schnappen." Ich versuchte mich am Galgenhumor, konnte aber nicht mal selbst wirklich darüber lachen. Ich hatte, ganz offen gesagt, eine Heidenangst und das war mit ein Grund, aus dem ich nicht hier sein wollte sondern bei den Leuten, die ich liebte. Wenn der flüchtige Verdacht, dass Itsukis Äußeres auf mich anspielen sollte, nämlich der Wahrheit entsprach, waren vor allem Sasuke, Hinata und Sakura in Gefahr, weil sie mir besonders nahe standen. Und wenn einem der Drei etwas zustieße... Ich wüsste nicht, was ich getan hätte.

"Ich habe davon gehört.", riss Gaara mich aus meinen trüben Gedanken. Er setzte sich unweit von mir auf die Couch und legte die Hand auf meine Schulter, was mich irgendwie überraschte.

"Aber...", fuhr ich fort, als ich mein erstes Erstaunen überwunden hatte, und legte die Hand meinerseits auf seinen Arm. "Du brauchst dir keine Sorgen machen, solange du hier bist. Wir passen schon auf dich, Temari und Kankuro auf."

"Ich hatte mir keine Sorgen gemacht, Naruto.", erklärte er und ließ die Hand noch einen Moment länger als üblich für diese Geste auf meiner Schulter ruhen. Ich war etwas verwirrt von dieser Zutraulichkeit, versuchte aber, das zu überspielen.

"Na dann ist ja gut. Zeigst du mir jetzt dein Zimmer?"

Das Wort ´Zimmer` traf es ganz und gar nicht; Gaara war in einer Suite untergebracht mit drei Sofas, die sich um einen momentan stillgelegten Kamin reihten, einem ganzen Regal voller Bücher, einem ebenso gemütlich wie modernen Tisch und einem Fernseher, der eher einem Heimkino glich. Seitlich von dieser Wohnzimmeranlage zweigte ein privates Bad mit in den Boden eingelassener Wanne und extra Dusche ab, außerdem hatte er ein Arbeitszimmer und ein Schlafzimmer mit einem Bett, dessen Größe mir die Kinnlade runterklappen ließ.

"Alter, für was brauchst du denn so nen Schiff von nem Bett?! Du bist doch Single! Oder bestellst du dir hier jeden Abend Hostessen her?" Das war natürlich nur ein Scherz und ich lachte, als ich mich ganz ungeniert in die weichen, rostbraunen Kissen fallen ließ, die sich auf Gaaras Decke türmten. Auch hier hatte er noch einen Fernseher, aber die Aussicht aus dem Fenster, die auf einen hübschen, gepflegten Garten wies, war auch sehr ansprechend.

"Üblicher Weise arbeite ich bis spät in die Nacht im Büro und lege mich anschließend schlafen.", antwortete Gaara todernst, was mich erneut zum Lachen brachte.

"Schon klar... Aber du, wenn du den Platz nich brauchst, ich tausch gerne mit dir. Dein Bett und ich, wir haben uns schon angefreundet und ich glaub, da könnte was gehen." Ich wackelte vielsagend mit den Brauen, doch mein Gastgeber sah mich an, als würde ihm diese Geste überhaupt nichts sagen, woraufhin ich mich mit einem Seufzen aus seinem Bett quälte. "Du musst noch viel lernen, mein Freund... Aber wir haben jetzt ja ein paar Wochen Zeit, um das zu machen, huh?"

"Wie du meinst.", war sein einziger Kommentar zu meinen Aufklärungsgedanken.
 

Die nächsten Tage waren entspannt; Während Gaara in seinem Büro war, lungerte ich auf seiner Couch herum oder stromerte durch das Anwesen, wenn seine Geschwister auf ihn achteten. In dem Verfahren, wegen dem er gekommen war, war die Verlesung der Anklageschrift noch nicht mal anberaumt, weshalb er als Kazekage und Vertreter von Suna noch nicht an den Verhandlungen teilnahm. Stattdessen verbrachte Gaara seine Tage bei Tsunade und anderen hohen Würdenträgern des Dorfes und er bereitete sein Plädoyer für das Gericht vor. Er nahm diese Sache sehr ernst und hatte sich vorgenommen, für die Gerechtigkeit der verwitwete Frau, die nicht hatte kommen können, weil es ihr psychisch noch nicht gut genug ging, alles zu tun, was in seiner Macht stand. Ich war sehr froh und stolz über die Entwicklung, die er gemacht hatte, seit wir uns kennengelernt hatten und ich beneidete ihn ein wenig um die Fortschritte, die er gemacht hatte. Er schien inzwischen so genau zu wissen, wer er war, wer er nicht mehr war und wer er sein wollte und ich stand vor dem totalen Blackout meines Lebens.

Ich hatte nicht nur beruflich total versagt, sondern auch beziehungstechnisch. Fast hätte ich meine Freundschaft mit Sakura aufs Spiel gesetzt, nur um zu wissen, wie es sich anfühlte, mehr als ein Kumpel für sie zu sein. Ich hatte Glück, dass ihr unsere Freundschaft so viel bedeutete und dass sie auch Hinata nicht hatte verletzen wollen, indem sie die Wahrheit verbreitete. Und trotz dieses unverdienten Glücks hatte ich meine Beziehung einfach so über Bord geworfen.

Wobei, war es wirklich ´Einfach so`? Hatte ich nicht an meiner Liebe festgehalten und zumindest versucht, sie am Leben zu erhalten? Doch. Aber ich war nicht stark genug gewesen. Ich hatte schon wieder gegen Sasuke verloren und das auf so eine hinterhältige Art und Weise, dass ich ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen hätte. Denn was sollte er mit seinen Verführungsspielchen anderes bezwecken als einen Triumph über mich? Er hätte im Moment in einem offenen Kampf nicht gewinnen können, also hatte er sich eben eine andere Disziplin ausgedacht. Dieser verdammte Bastard.

Während meiner ereignislosen Wachen hatte ich Zeit, über all das nachzudenken, und ich kam zu dem Schluss, dass es nur eine Möglichkeit gab; Ich musste es beenden, bevor ich die Möglichkeit hatte, Hinata noch mehr weh zu tun, als dass jetzt sowieso schon der Fall sein dürfte. Unsere Beziehung war zu Ende gewesen, sobald ich Hand an Sasuke gelegt hatte, aber bisher war ich zu feige gewesen, mir das einzugestehen.

Was das für meine Zukunft bedeutete, wusste ich im Moment noch nicht, weil alles zwischen Sasuke und mir noch brannte und ich erst sehen wollte, was zurückblieb, wenn der Rauch sich gelegt hatte. Ich wollte erst den Mann sehen, von dem ich wusste, dass er es sein konnte, bevor ich mich auf den wankelmütig-depressiven Egomanen einließ, mit dem ich im Moment eine Affäre hatte. Vielleicht wollte auch Sasuke selbst gar nicht mehr, aber nach kaum einem Monat, in dem sich nichts zwischen uns geändert hatte, außer, dass wir miteinander rummachten, konnte man das einfach nicht sagen.

Ich war mir noch nicht mal sicher, was ´mehr` zwischen uns überhaupt bedeuten sollte und konnte. Sicher, er hatte das Potential dazu, meine Welt auszufüllen, aber wollte er das? Wollte ich das? Ich brauchte eine Wahrheit, auf die ich aufbauen konnte, aber Sasuke sah uns noch als ein Spiel und solange das der Fall war, brauchte ich über ein ´Mehr` noch gar nicht nachzudenken.

Wahrscheinlich hätte es mir gut getan, all das jemandem anzuvertrauen und andere Ansichten über alles zu hören, aber ich konnte es immer noch niemandem sagen. Zum einen wollte ich nicht über Sasuke tratschen, zum anderen wollte ich meine sexuellen Verirrungen - Oder eben auch Neigungen - Nicht weitererzählen, weil es mir doch peinlich war. Ich konnte die Reaktionen meiner Freunde so überhaupt nicht abschätzen und außerdem würden die meisten mich vermutlich erstmal verurteilen, weil ich Hinata das antat.

Schließlich versuchte ich es durch die Blume bei Sakura, als wir an einem gemeinsamen freien Nachmittag mit einem Eis durch einen Park spazierten: "Sag mal, glaubst du eigentlich, Sasuke wäre... Zu einer Beziehung oder so bereit?"

Sie wurde rot, weil sie natürlich dachte, ich würde auf sie beide anspielen, und in dem Glauben ließ ich sie vorerst lieber. "Was...? Wie kommst du denn jetzt darauf? Hat... Hat er was gesagt?"

Er hatte sich für den Tomatensaft bedankt, den ich ihn am letzten Abend mitgebracht hatte, und dann hatte er mir aus Dankbarkeit einen geblasen. Aber das würde ich ihr lieber nicht sagen, also räusperte ich mich nur ausweichend. "Hm... Na ja, nicht direkt... Aber ich meine, er ist jetzt schon wieder eine ganze Weile hier und zumindest auf mich macht er den Eindruck, als wäre er wieder der Alte."

"Soweit das eben möglich ist.", fügte sie leise hinzu und ich nickte. Es würde nie wieder so sein wie früher, das war mir inzwischen klar. Und darüber, ob ich das jetzt bedauerte oder begrüßte, versuchte ich mir gerade klar zu werden.

"Also? Was meinst du?"

"Na ja... Davon abgesehen, dass Sasuke-kun sowieso ein schwieriger Mensch war, hat all das seinen Charakter nicht unbedingt vereinfacht. Er ist noch schweigsamer und abweisender als früher und es ist schwierig, emotional an ihn ranzukommen. Er vertraut nicht gerne und wenn, vergibt er sein Vertrauen glaube ich nur bröckchenweise. Er kann... Sehr gemein sein..."

Sie sagte das mit einem so unglücklichen, ja, fast ängstlichen Blick, dass ich aufhorchte. "Hat er dir etwas getan, Sakura-chan?", fragte ich alamiert, doch sie schüttelte rasch den Kopf.

"Nein... Natürlich nicht. Er hat... Nur klar gemacht, dass er auf mich als Person keinen Wert legt."

"Was hat er getan?"

Sakura schwieg eine Weile und strich sich das Haar aus den Augen. "Das ist schon etwas her; Wir waren bei mir und ich habe versucht, mich mit ihm zu unterhalten. Ich habe ihm von meinem Training bei Tsunade-sama erzählt und von der Zeit als er nicht hier war insgesamt. Als er nichts dazu sagte, fragte ich, was los sei und dann hat er mich mit diesem... Eis-Blick angesehen und gefragt, ob ich nicht merkte, dass ihn das ganze einen feuchten Dreck interessierte. Er... Er hat gelacht als ich... Na ja, ich war traurig."

"Er hat dich zum Weinen gebracht und dich dann auch noch ausgelacht deswegen." Als sie nicht antwortete, wusste ich, dass ich Recht hatte, und ich gab ein Knurren von mir. "Dieser Bastard! Na warte, wenn ich den in die Finger bekomme!"

"Nein, deswegen hab ich dir das nicht erzählt. Untersteh dich, ihn darauf anzusprechen." Sie warf mir einen warnenden Blick zu, dem ich mich lieber fügte, dann seufzte sie. "Es ist ja auch schon her, also mach dir keinen Kopf... Aber danach hab ich der Meisterin eine ähnliche Frage gestellt wie du mir eben."

"Und? Was hat sie gesagt?"

Als sie meine begierigen Blicke auf ihr nur halb gegessenes Eis bemerkte, seufzte Sakura und drückte mir die Waffel in die Hand. Sie setzte sich auf eine Bank und ich ließ mich, glücklich über das Geschenk, neben ihr nieder. Heute war der erste Verhandlungstag des Verfahrens, dem Gaara beiwohnte, und er würde erst gegen sieben aus dem Gericht kommen, von dem ich ihn und seine Schwester abholen sollte. Bis dahin hatten wir noch genug Zeit zu reden und ich fürchtete, dass wir die auch brauchen würden.

"Na ja, erstmal muss man mit all diesen Marotten fertig werden... Aber man kann sich ja nicht in Sasuke-kun verlieben, ohne diese zu kennen." Sie lächelte und ich gab ihr Recht. Wenn man nicht hinter diese Fassade aus Distanziertheit blicken konnte und ihren Grund nicht kannte, konnte man keine weitergehenden Gefühle entwickeln. Und so gesehen waren wir beiden die einzigen Menschen, die dazu in der Lage waren; Sonst würde er wohl niemandem erlauben, so nah an ihn ranzukommen und die Teile seiner Vergangenheit zu ergründen, die ihn zu der Person gemacht hatten, die er jetzt war. Sicher, die anderen kannten seine Familienverhältnisse, aber sie sahen nur Sasukes oberflächliche Reaktion darauf, nicht das, was deshalb in ihm vorging, und das unterschied uns. Wir drei waren eins, weil wir Freunde waren.

"Sicher, schon klar. Aber meine Frage war ja, ob ER zu einer Beziehung bereit wäre. Wenn einer mit seiner Arschloch-Attitüde klarkommt, muss derjenige ja wohl einen Knall haben.", schmollte ich, obwohl wir wussten, dass ich das wohl am besten konnte.

"Ja... Tschuldige, ich bin abgeschweift. Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass er wahrscheinlich noch nicht bereit ist für so etwas; Das würde ihn emotional überfordern. Ich meine, er kommt ja kaum damit zurecht, mehr als ein paar Minuten Zeit mit jemandem zu verbringen. Nein, ich glaube, er hat immer noch Probleme mit sich selbst, hat sich noch nicht verziehen, was er getan hat, und solange das nicht der Fall ist, wird er auch einen anderen Menschen nicht wirklich und aufrichtig an sich heranlassen können, weil es da immer diesen einen Teil gibt, den er niemandem zeigen möchte. Und, ganz ehrlich... Ich glaube, er genießt seinen Selbsthass sogar. Er glaubt, er wäre sein Leben nicht wert, aber indem er den Hass, den er aus seiner Umgebung zu erfahren glaubt, aus sich selbst projiziert, gibt er sich eine Daseinsberechtigung."

"Woah, Sakura-chan, ich bekomme Kopfschmerzen. Was meinst du damit?"

"Denk doch mal darüber nach. Als Sasuke-kun hierher kam, wollte er sterben, aber diesen Wunsch hat er irgendwann aufgegeben."

"Wenn du meinst...", murmelte ich nicht überzeugt. Ich war immer noch der Meinung, sein fehlender Widerstand gegen seine Entführer war eine Art geschickt getarnter Selbstmordversuch, aber ich hatte davon Abstand genommen, diese Theorie weiter zu verbreiten.

Sakura hatte mich scheinbar nicht mal gehört, denn sie sprach einfach weiter: "Dafür muss es aber doch einen Grund geben. Und ich glaube, dass Sasuke-kun sein Leben vor sich selbst rechtfertigt, indem er sich hasst."

"Hä? Aber das ist doch total verrückt."

"Tja, da hast du wohl Recht, aber er sieht es eben so, dass er zumindest den anderen ein Feindbild gibt. Dieses Feindbild, als das er sich selbst sieht, ist sein Lebensgrund."

Ich hatte zwar immer noch Kopfschwirren, aber ich glaubte, Sakura jetzt verstanden zu haben. Und wenn sie wirklich Recht hatte, mussten wir dagegen etwas tun. Er konnte doch nicht dafür Leben, sich zu hassen. Er musste dringend mit dieser Hasserei aufhören, ich meine, erst Itachi und dann er selbst, das wurde ja immer schlimmer.

"Über sowas denkst du nach, Sakura-chan? Das ist ja kompliziert!"

Sie wurde rot und boxte mich gegen den Arm. "Du hast mich doch gefragt, Idiot...!"

"Hm, stimmt auch wieder..." Nachdenklich schob ich mir den Rest der Waffel in den Mund und klopfte mir die Krümel von den Händen. "Irgendwie ist es also doch so, dass man sich selbst lieben muss, bevor man jemand anderen lieben kann..."

"Na ja, so exzessiv wie bei dir muss die Selbstverliebtheit nun nicht sein, aber man sollte wohl eine Art Waffenstillstand mit sich selbst haben."

"Hehe... Es kann ja auch nicht jeder so großartig sein wie ich.", lachte ich und wich der Kopfnuss aus, die sie mir dafür geben wollte, weil sie nicht wusste, dass ich mich im Moment eher für eine ganz schreckliche Person hielt.

"Und wie läuft es bei dir so?"

"Hm? Oh, bei Gaara zu arbeiten ist echt entspannt. Während seinen Terminen muss ich nicht immer dabei sein und ansonsten ist es... Als würden wir halt spazieren gehen. Und die Botschaft ist echt cool - Total luxuriös und alles. Ich wünschte, du könntest es auch sehen, es würde dir gefallen."

"Hmm, das ist schön, aber ich meinte jetzt eher im... Privaten Bereich."

Ich runzelte verwirrt die Stirn. "Privat?"

"Na ja, wie läuft es zum Beispiel mit Hinata? Wo du schon von Beziehungen sprichst..."

"Ach so, das... Hehe, ja." Ich sah auf meine Hände und dachte ernstlich darüber nach, ihr alles zu erzählen. Aber wie hätte ich damit jetzt, nach monatelangem Schweigen, anfangen sollen? ´Übrigens: Ich hab vor mich zu trennen, weil ich es mit Sasuke treibe.`? Nein, das wäre furchtbar. Vielleicht... Sollte ich es mal mit einem Teil der Wahrheit probieren, zum Anfang. "Na ja, ehrlich gesagt ist es bei uns nicht so toll."

Und dann erzählte ich ihr, dass wir uns kaum noch sahen und wenn doch, wenig zu besprechen hatten. Ich deutete an, dass sexuell nichts mehr lief und dass unsere Offenbarung an ihre Familie alles nur noch viel schlimmer gemacht hatte, weil wir uns seitdem oft stritten. Von meinen Befürchtungen, dass ihr Vater Hinata misshandelte, und von meinem Gefühl, dass ich seither nicht mehr wirklich an sie rankam. Was ich nicht erzählte war, dass ich an all dem Schuld war und dass nicht sie es war, die mich abwieß, sondern dass ich mich ihr nicht mehr öffnen konnte, weil ich Angst hatte, sie zu verletzten.

"Wow... Das klingt nach einer ganzen Menge von Problemen.", fasste sie nachdenklich zusammen und ich lachte humorlos.

"Ja, das kannst du wohl sagen."

"Darf ich ehrlich sein?" Sakura warf mir einen fragenden Blick zu und ich machte eine auffordernde Geste. "Nun... Als ihr zusammengekommen seid... Dachte ich, das mit euch hält für immer. Das ist es jetzt. Ihr wart beide so unglaublich glücklich und schon nach kurzer Zeit so vertraut miteinander, so harmonisch, dass man sich gar niemand anderen mehr an deiner Seite vorstellen konnte - Und so ging es uns allen. Deshalb war ich auch sehr überrumpelt damals..."

Ich war ihr dankbar dafür, dass sie es nicht aussprach, denn unsere Knutscherei war etwas, auf das ich ganz und gar nicht stolz war. "Ja... Davon war ich auch überrumpelt, glaub mir."

"Na ja, es ist nur, dass ich nicht verstehe, wann sich das geändert hat. Wann euer ´Für immer` zu etwas geworden ist, dass du für ein bisschen betrunkenes Gefummel riskierst. Vielleicht liegt genau da der Fehler. Das hätte einfach nicht passieren dürfen. Ich..."

"Sakura-chan, du bist NICHT an meinen Beziehungsproblemen schuld.", unterbrach ich sie ernst. "Ich glaube, dass ist nicht der Ursprung sondern eine Auswirkung..." Und jetzt, wo sie diese Frage formuliert hatte, war mir ganz klar, dass sich der Anfang vom Ende irgendwann letztes Jahr im Oktober zurück in mein Leben geschlichen hatte, lädiert und scheinbar so hilflos, dass seine zerstörerische Wirkung mir völlig entgangen war.

"Und was meinst du ist dann der Grund?"

"Ich... Weiß es nicht.", log ich mit schlechtem Gewissen. Aber das war ein Teil der Wahrheit, den ich noch nicht preiszugeben bereit war. Vielleicht irgendwann.

"Sag mal, musst du eigentlich nicht Gaara abholen?"

"Häh? Wie spät...? Oh, Scheiße! Ich müsste schon seit zehn Minuten am Gericht sein!" Ich sprang von der Bank, rannte ein paar Schritte, drehte mich dann aber wieder um und winkte noch im Laufen. "Bis dann, Sakura-chan. Und danke, es tat gut, mal wieder so mit dir zu reden!"

"Schrei das nicht so laut rum, Idiot!", rief sie mir nach, aber ich lachte nur und beeilte mich, zu meinem nächsten Ziel zu gelangen.
 

"Auch schon da?", fragte Temari bissig, als ich auf sie und ihren Bruder zuhastete.

"Jaa, entschuldigt, ihr beiden.", keuchte ich und stützte mich auf meine Oberschenkel, um wieder zu Atem zu kommen. Dieses Päuschen wurde mir aber von meiner Teilzeit-Kollegin nicht gegönnt.

"Los jetzt. Weil du so lang gebraucht hast, haben wir kaum eine halbe Stunde Zeit bis zum nächsten Termin." Sie klang wie ein befehlsgewohnter Millitär und unterstrich diesen Eindruck noch, als sie in einem wütenden Crescendo von klackernden Absätzen vorausschritt, das uns beide Männer schweigend zurückließ.

"Wow... Der möchte ich auch nicht nachts alleine begegnen, wenn sie so drauf ist."

"Nein, das möchte wohl niemand.", stimmte Gaara mir zu, als wir gemeinsam seiner Schwester folgten. Die beiden hatten das Gebäude durch den hinteren Eingang verlassen, um den Schaulustigen zu entgehen, denn der junge Kazekage hatte sogar hier einige Fans. Ich versuchte, ihn ein bisschen mit seiner Beliebtheit aufzuziehen, aber er gab nur unbeeindruckte Antworten im Stil von "Diese jungen Mädchen sollten ihre Zeit sinnvoller nutzen.", und so wurde es bald langweilig. Warum war ich eigentlich nur von libidogestörten, attraktiven Männern umgeben, denen ihr Aussehen egal war? Ich zog diese Sorte wohl an.

Den Rest des Weges unterhielten wir uns über das Gerichtsverfahren, das jedoch erwartungsgemäß noch keine Ergebnisse gebracht hatte; Obwohl die Sache als Eilverfahren gehandelt wurde, würde sie noch mindestens einen Monat in Anspruch nehmen. Die Beteiligten hofften, die Mutter würde während dieser Zeit irgendwann vernehmungsfähig sein.

In der Botschaft hatte Gaara kaum geduscht und sich umgezogen, als wir auch schon weiter mussten. "Hast du eigentlich auch irgendwann nichts zu tun?", fragte ich, den Mund voll mit einem Onigiri, das ich mir schnell aus der Küche geklaut hatte und das seine Bestandteile jetzt unglücklicher Weise in Gaaras Gesicht verteilte.

Er wischte die Körner kommentarlos beiseite. "Ich bin Kazekage. Ich habe immer etwas zu tun. Aber, falls das deine Frage war, morgen Abend habe ich keine Termine."

"Cool! Wollen wir dann nicht...? Oh, geht ja nicht. Ich besuch morgen Sasuke.", erklärte ich ungefragt und mit einem Lächeln, das nicht passend war für die Erwähnung eines besten Freundes.

"Du hast im Moment Kontakt zu Uchiha?"

"Klar. Immerhin bin ich für ihn genauso verantwortlich wie für dich. Wieso fragst du?"

"Nun, ich dachte, du empfändest es als Erleichterung, eine Weile nichts mit ihm zu tun zu haben.", erklärte Gaara, der mich mit ungewohnt intensivem Blick musterte.

"Wieso sollte ich?" Ich war erst etwas verwirrt, lächelte dann aber ob dem geringen Verständnis für Zuneigung, das der Kazekage immer noch hatte. Es hatte sich sicher gebessert, aber vermutlich würde er dieses Defiezit nie ganz ausgleichen. "Er ist mein bester Freund. Ich verbringe gerne Zeit mit ihm."

"Wieso?"

"Na ja...", setzte ich an, nur, um gleich wieder abzubrechen. ´Weil er ein netter Kerl ist.` traf den Nagel nicht mal ansatzsweise auf den Kopf. Ich brauchte einen Moment, bis ich eine passende Erklärung hatte. "Ich empfinde seine bloße Gegenwart als Herausforderung. Ich will besser sein als er und das bringt mich dazu, mein bestes zu geben. Außerdem kann er witzig sein, wenn er will und... Das klingt doof, aber irgendwann hat man so viel zusammen durchgemacht, dass man keinen Grund mehr braucht, um sich zu schätzen. Der Respekt ist einfach da. Und diese Verbindung wird nie wieder weggehen." Das Lächeln, von dem ich wusste, dass es nicht passend war, schlich sich zurück auf meine Züge, denn dieser Tatsache war ich mir tausend prozentig sicher.

"Hm... Bei mir ist das nicht so."

"Häh? Nein, natürlich nicht!" Ich lachte und boxte ihn gegen den Arm. "Dich mag ich auf die Art, auf die ich dich eben mag. Das ist etwas ganz eigenes."

Gaara schien nicht zu verstehen, was ich meinte, aber ich hatte jetzt auch keine Zeit mehr, es ihm zu erklären, denn da waren wir schon am Anwesen des Feudalherren, mit dem der Kazekage verabredet war. Meine Rolle änderte sich damit vom Freund zum Bodyguard, aber bevor sie das tun konnte, überraschte Gaara mich noch mit einer Frage: "Würde es stören, wenn ich morgen mitkäme?"

Damit hatte ich so wenig gerechnet, dass mir für eine Sekunde das Gesicht abrutschte, bis ich wieder ein Lächeln zustande brachte. "Äh... Ja, hm... Wa-Warum nicht?", stammelte ich schließlich wenig begeistert. Bei dem, was ich mit Sasuke vorhatte, störte Besuch eigentlich gewaltig, aber das konnte ich natürlich nicht sagen. Wobei, vielleicht würde es Sasuke gar nicht stören, er konnte nämlich ziemlich pervers sein. Aber ich teilte nicht. Allein die Vorstellung stieß mir sauer auf. Eigentlich sollte ich doch froh sein, so ein wenig Abstand zwischen Sasuke und mich zu bekommen, und nicht so überreagieren. Immerhin wollte Gaara Sasuke nur besuchen - Wieso auch immer.

"Gut." Mein Freund nickte, wandte sich ab und schlüpfte in die Rolle des Staatsoberhauptes auf offiziellem Besuch, der seinem Leibwächter keine weitere Beachtung schenkte.
 

Das Gebäude war gepflegt aber schlicht, möbliert mit Sperrholz und Vorhängen in veralteten Mustern. Es lag etwas außerhalb von Konoha in einem Waldstück unweit eines kleinen Sees. Ein Gatter mit Schweinen, Ziegen und Hühnern grenzte an den kastenförmigen Bau und verlieh der Szenerie einen ländlichen Bauernhof-Flaire.

Ich konnte mir Sasuke noch immer nicht in dieser Idylle vorstellen.

Zwar war ich schon ein paar Mal hier gewesen, um ihn zu besuchen, aber er passte so wenig in die Umgebung, dass mir jede Begegnung surreal erschien. Ganz im Gegensatz dazu integrierte Sasuke sich scheinbar soweit in die Gruppe, dass er seine Aufgaben erledigte und Streits aus dem Weg ging. Ansonsten blieb er zwar auch für sich, doch das war mir Recht, denn ich wusste nicht, ob die Leute hier der richtige Umgang für ihn waren. Sie waren, obwohl sie auch jung und mit krimineller Hintergrundgeschichte waren, so weit von seinem Leben entfernt, dass sie ihn nie verstehen könnten, weshalb sie ihm mit einer Art respektvoller Angst begegneten.

Auch Gaara, der neben mir her lief, schien nicht an diesen Ort zu passen in seiner würdevollen Ruhe, die ihn älter machte als er war. Während ich zielstrebig auf das Haus zuging beobachtete er die jungen Männer, die jetzt noch, in der frühen Abenddämmerung, die Tiere versorgten.

"Was ist?", fragte ich, als er ein nachdenkliches Geräusch von sich gab.

"Ich hatte es mir anders vorgestellt.", gestand er, musste jedoch den Kopf schütteln, als ich ihn fragte, was genau er denn erwartet habe. "Einfach etwas anderes."

"Hm, na ja, macht nichts." Ich grinste und trat ohne zu klopfen durch die offene Haustür, hinter der wegen des nahenden Abends schon elektrisches Licht brannte. Im Flur lagen Schuhe und Jacken unordentlich verteilt und aus der Küche und dem Esszimmer war emsige Geschäftigkeit zu hören. Ein Mann, der Leiter dieser Institution, den ich schon auf vorangegangenen Besuchen kennengelernt hatte, kam zu uns. Er war ziemlich groß und durchtrainiert, denn er war für die sportliche Erziehung der Bewohner, auf die hier viel Wert gelegt wurde, zuständig.

"Unser Neuzugang bekommt ja ganz schön viel Besuch.", lächelte er mit einem Blick auf Gaara, den er jedoch nicht zu erkennen schien.

"Er ist ja nur kurzzeitig hier.", entgegnete ich bestimmt, während wir gemeinsam mit den abendlichen Tierpflegern, die auch gerade hereingekommen waren, in den Speisesaal gingen. Dieser war länglich, zweigeteilt von einer langen Tischreihe und hatte einen direkten Zugang zur Küche. Die Platzverteilung war absichtlich so gewählt, dass alle, auch die Erzieher, zusammen sitzen konnten, ohne eine Hierarchie entstehen zu lassen. Auf dem Fensterbrett saß eine grau getigerte Katze und hinter ihr stand der Grund für meinen Besuch, der ihr abwesend das Fell kraulte, während er nach draußen blickte.

"Benehmt euch, Jungs, wir haben Gäste.", ermahnte der Heimleiter, was uns ein paar prüfende Blicke einbrachte, bevor die Bewohner sich wieder ihrem Abendessen zuwandte, das gerade aufgetragen worden war. Man hatte uns kommentarlos auch ein Gedeck hergerichtet und wir nahmen die Einladung an.

Das Essen erwies sich als lautes, chaotisches, kaum beherrschbares Unterfangen. Die Jungen erzählten, was sie den Tag über getan hatten und jeder sehnte sich offensichtlich nach Respekt und Anerkennung von Kollegen und Erziehern. Besonders der Leiter, der alle ab und zu zur Ruhe rief, schien das Vertrauen seiner Schützlinge zu haben.

Ich saß zwischen Sasuke und Gaara, aber nach einer knappen Begrüßung brachten sie trotz größter Bemühungen auf meiner Seite kein Gespräch zustande. Das einzige, was zwischen ihnen einvernehmlich war, war ihr eisiges Schweigen, und langsam fragte ich mich, wieso Gaara überhaupt hatte mitkommen wollen. Später zeigten wir dem Kazekage das Gebäude und einen Teil der Außenanlage, obwohl von dieser in der Dunkelheit nicht mehr viel zu erkennen war. Wir beendeten unsere Führung in Sasukes Zimmer; Weil er nur kurzzeitig und sehr spontan hier untergebracht war, wohnte er alleine in einem Notfallzimmer während die anderen Jungen jeweils zu sechst untergebracht waren.

"Hat es einen bestimmten Grund, dass er hier ist?", fragte Sasuke ziemlich kühl und sah Gaara, über den er immerhin sprach, nicht mal an.

"Na ja... Gaara wollte dich besuchen.", antwortete ich, selbst etwas unsicher über den Grund dieser Situation. "Ist doch nett von ihm."

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nur Nettigkeit ist."

Gaara hatte die Arme vor der Brust verschränkt und lehnte am Fenster, auch er sah Sasuke nicht an, während er mit ihm sprach: "Und was für einen Grund sollte es sonst geben?"

"Erklär du es mir."

"Vielleicht bist du einfach paranoid. Sonst wärst du wohl kaum hier."

Ich spürte deutlich, wie Sasuke sich neben mir anspannte, und fasste nach seinem Arm, aber er machte keine Anstalten, auf den Kazekage loszugehen. Stattdessen ließ er die Schultern recht schnell wieder sinken und stieß ein verächtliches Schnauben aus. "Ach? Und du glaubst, du würdest nicht in so eine Anstalt gehören? Hältst du dich für normal?"

Jetzt drehte Gaara sich doch um, aber man sah ihm nicht an, ob die Worte meines Freundes ihn getroffen hatten. "Wenn du dir unsere jeweilige Lebenssituation ansiehst, wirst du feststellen, dass schon der Richtige hier ist."

"Leute, könnt ihr das jetzt mal lassen? Sasuke ist hier nur Übergangsweise... Und du bist sicher nicht zum Streiten mitgekommen, oder?"

"Ich bin gekommen, um zu sehen, ob dieser Ort für den Aufenthalt eines... Mannes wie Uchiha angemessen ist. Immerhin scheint es in eurem Dorf schon genug Gefahren zu geben."

"Hör jetzt auf damit." Meine Stimme war um gefühlte zwanzig Grad kälter, womit Gaara offenbar nicht gerechnet hatte; Er sah mich verblüfft an, als ich ihm die Tür aufhielt. "Sasuke ist keine Gefahr, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wenn du endlich aufhörst, ihn zu provozieren. Ich glaube, wir gehen jetzt auch besser. Ich komme in einer Minute nach."

Einen Moment herrschte Stille, doch dann nickte der Kazekage, was eigentlich verblüffend war - Seit wann ließ sich ein Staatsoberhaupt von seinem Bodyguard herumkommandieren? "Wie du meinst.", sagte er und ging aus der Tür, ohne sich von Sasuke zu verabschieden.

Ich seufzte tief und rieb mir über das Gesicht. "Sorry. Ich weiß nich, was sein Problem ist..."

"Das ist doch offensichtlich.", erwiderte Sasuke düster, den Blick auf die offene Tür geheftet.

Ich trat näher zu ihm, legte die Hände auf seine Hüften und sah ihn fragend an. "Was meinst du?"

Er schien zu überlegen, ob er es mir sagen sollte, schüttelte dann aber nur den Kopf und ich vergaß, was ich gefragt hatte, als er mich küsste. Ich wäre gerne noch geblieben und hätte das fortgesetzt, löste mich dann aber, weil ich Gaara nicht warten lassen konnte und weil langsam die Jungs in ihre Zimmer zurückkehrten. Also verabschiedete ich mich, versprach, bald wieder zu kommen und ging runter in die Eingangshalle, wo ich wortlos an einem wartenden Gaara voraus in die Nacht ging.

Es war mir egal, was für einen Titel jemand trug; Solche Reden duldete ich nicht über meinen Liebhaber.
 

~ ♥ ~
 

Hallo Leute! :D
 

Das Kapitel gibt es jetzt doch schneller als erwartet, weil ich im Urlaub einiges geschafft hab - Es ist ja immerhin auch fast doppelt so lang wie das vorangegangene! xD°
 

Sasuke gab es diesmal nicht so viel, aber dafür Gaara. Wie findet ihr ihn? Ich finde ihn irgendwie schwer zu schreiben, weil ich ihn schlecht einschätzen kann und auch noch nicht so oft in einer Story verwendet habe... Wie findet ihr ihn getroffen? Wenn´s schlecht ist, wären Tipps super. xD°

Das Verbrechen, von dem Gaara spricht, ist so in der Art hier in der Nähe passiert und ich wollte das irgendwie aufarbeiten... Ja.
 

Im nächsten Kapitel gibt es einen Fetisch von mir; Männer in Anzügen! ♥ Das wird auch unsere beiden Protagonisten zu ihrem ersten richtigen Sex hinreißen nach einem Streit, an dem auch Gaara nicht ganz unbeteiligt sein wird...
 

Ich hoffe, ihr hattet Spaß und seid gespannt! :D
 

lG SaSi

Gambling Men

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

6. Victim: Poison

Er hatte gewusst, dass er es tun würde.

Schon als er ihn zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er es gewusst, weil er so sehr ein Lügner war wie all die anderen. Und es schickte sich für einen Anführer nicht, wie alle anderen zu sein.

Seine Lüge war der Glaube daran, dass er seine Dunkelheit bezwungen hätte. Aber das konnte man nicht; Michelangelo hatte es versucht. Er hatte versucht, seinen Hass zu ertränken in der Zeit, in der Liebe, im Körper eines anderen Menschen und doch war er jetzt hier, vor den Toren des großen, fast leeren Gebäudes, das nächtlich klar vor dem Frühlingshimmel zu erkennen war. Und wie sollte es ein anderer schaffen, wenn er, der Herr der Stadt und ihr wahrer Richter, es nicht schaffte?

Er wusste, dass viele Wachen in der Nähe waren, und eigentlich hätte er es nicht mal hierher, an die Mauern des Anwesens, schaffen sollen. Das er es doch getan hatte, war ein Zeichen von Inkompetenz, das ihn fast schon beleidigte - Immerhin versuchten sie, Michelangelos heutige Beute ganz gezielt vor ihm zu schützen. Mit einem Sprung war er auf der Mauer, mit einem zweiten im Garten und dann waren sie da. Sie waren zu viert und er lächelte, als sie ihm befahlen, stehen zu bleiben.
 

Seine Kleidung war in das Blut von einem halben Dutzend Wachen getränkt, als er den langen, dunklen Flur entlang ging. Sein Herz pulsierte die Kraft seines Körpers, sein Geist war geschärft vom Jagdtrieb seines Monsters und jeder Schritt federte von selbstbewusster Wachsamkeit; Er wusste, dass jeder Zeit noch mehr Wächter kommen könnten, aber er hatte keine Angst vor dieser Möglichkeit. Michelangelo spürte in seinem ganzen Körper, dass ER hier irgendwo war und er wünschte, er könne aufhören mit dieser Jagd, sich in SEIN Bett legen und so tun, als wären die Leichen in der Eingangshalle und im Garten nicht seine Schuld. Aber das Monster in seiner Brust rebellierte; Er hatte es lange nicht gefüttert und jetzt war es hungrig. Er hatte keine einzige Nacht in der Anstalt verbracht, in die sie ihn gesteckt hatten, denn sonst hätte sein großer Dämon die ganzen kleinen, die dort hausten, verschlungen.

Knurrend schüttelte er den Kopf; Jetzt war nicht die Zeit, über dumme Jungen nachzudenken, die ihr Leben weggeworfen hatten.

Vor der Tür des Opfers selbst waren keine Wachen; Vermutlich hatte man sie nach der Blamage des Abends zu gehen gebeten. Die Erinnerung entlockte ihm ein leises Glucksen, denn diese Rufschädigung war nur ein winziger Teil der Zerstörung, die heute noch angerichtet werden würde.

Das Türschloss war kein Problem; Er hatte den Schlüssel einem jetzt toten Bediensteten abgenommen. Der würde ihn nicht mehr brauchen.

Er ignorierte die protzig-moderne Einrichtung des Vorzimmers, durchschritt es zielstrebig bis zur Schlafzimmertür. Man hatte ihm genau beschrieben, welche es war, weshalb er jetzt die Klinke herunter drückte und die Decke betrachtete, unter der sein Opfer schlummerte. Noch vor ein paar Jahren hätte man ihn nicht in so einem erbärmlich hilflosen Zustand vorgefunden.

Michelangelo schnaubte geringschätzig und kletterte vom Fußende in das große Bett, riss die Decke weg - Und starrte auf ein leeres Kissen. Ruckartig drehte er den Kopf um, sodass er den rothaarigen Mann in der Tür lehnen sah, die Arme verschränkt, vereinzelte Sandkörner um seinen Körper verteilt, den Blick beherrscht, als wäre es normal, dass jemand mitten in der Nacht in sein Schlafzimmer eindrang.

"Ich hab mich schon gefragt, wann du kommen würdest."

Ohne zu antworten stand Michelangelo auf, überquerte die Matratze leichtfüßig und landete wenige Meter vor dem Rotschopf. Seine Bestie fauchte und knurrte, noch angestachelt durch den persönlichen Hass, den Michelangelo seinem Gegenüber entgegen brachte. Er duckte sich, bereit zum Sprung.

Seine Beute seufzte und der Sand verdichtete sich um ihn. "Zwing mich nicht, dich zu töten."

"Versuch´s doch."

In einer blitzartigen Bewegung duckte Michelangelo sich unter den staubigen Fangarmen durch und riss den Fernseher von der Wand, der klirrend zersprang, als er gegen die Sandkuppel neben dem Kopf des Opfers gedonnert wurde. Er ließ den Gegenstand mit einer Hand los und zielte mit dieser gegen den Bauch seines Gegners, der jedoch mit einem Schritt zur Seite auswich und mit einem Schnippen der Finger dafür sorgte, dass der Sand sich um die Hand des Angreifers schloss und dort zu Glas gefror. Michelangelos starrte seine Erstarrten Glieder eine Sekunde an, dann musste er sich unter dem nächsten Angriff des Rothaarigen weg ducken. Bereits auf dem Boden, setzte er zu einer Beinsichel an, die seinen Gegner ins Wanken brachte, doch als er mit einem Schlag seiner gläsernen Hand nachsetzte, verfehlte er, sodass die Splitter sich in seine Haut bohrten. Zumindest war er jetzt wieder frei und er stand auf, um dem Blick des anderen auf Augenhöhe zu begegnen; Der Rothaarige hatte noch nicht mal seine verschränkten Arme gelöst.

"Ist das alles? Du hast dir bisher wohl keine Gegner gesucht, sondern nur Opfer."

Mit einer ruckartigen Bewegung warf er die Splitter von seiner Hand auf den Rothaarigen, dann stürzte er sich in einer fließenden Bewegung auf diesen. So schnell, dass nicht mal der Sand reagieren konnte, war Michelangelo hinter ihm und rammte das Knie in das Kreuz seines sichtlich erstaunten Gegners. Der Rothaarige ging in die Knie und sein Richter hob sein Kinn, sodass er nach hinten in rot glühende Augen sehen musste.

"Du bist da auch keine Ausnahme.", flüsterte er fast zärtlich, bevor er den anderen in eine Welt voller Qualen schickte. Sie existierte nur in seinem Kopf, nur hinter seinen nach innen gerollten Augen, trotzdem schrie er den Schmerz, den er zu empfinden meinte, heraus, und riss an seinem Haar, als würde er die Bilder so aus seinem Inneren zerren wollen. Michelangelo wusste nicht genau, was sein Opfer sah, aber er genoss den Anblick. Sicher, er würde dieses mickrige Subjekt töten. Aber davor sollte er leiden. Nicht zuletzt dafür, dass er IHN mit zu begehrlichen Blicken bedacht hatte. ER, Michelangelos Welt, die er mit niemandem teilen würde.

Michelangelo ließ den Kopf seines Opfers los, sodass dessen Körper zu Boden sackte, wo er sich in Pein wand. Dieser unwürdige Wurm würde heute noch sterben, so viel stand fest. Er würde ihn in seine Segmente zerteilen, erst seinen Geist, dann seinen Körper, der jetzt wimmernde Geräusche von sich gab und bettelte, man möge aufhören, mit was auch immer sein krankes Hirn sich ausgesponnen hatte. Angewidert von der fehlenden Contenance

hob er den Blick - Und sah in blaue Augen voller Ungläubigkeit und Entäuschung, aber ohne eine Spur von der zu erwartenden Angst. Über die Schreie des Opfers hinweg hatte man nicht gehört, wie ER, angelockt von den Schreien, das Zimmer betrat.

Die beiden jungen Männer gingen fast synchron in Verteidigungshaltung, aber ER war abgelenkt, ließ den Blick besorgt zu seinem Freund auf dem Boden huschen. Erneut glühten Michelangelos Augen rot auf und verschlangen die blauen Iriden förmlich, als diese wieder auf den Henker gerichtet waren.

ER gab ein erstauntes Keuchen von sich, bevor seine Lieder zuklappten und seine Muskeln die Kraft verloren. Bevor ER zu Boden gehen konnte, fing Michelangelo IHN auf. SEIN Körper war angenehm fest und sehnig und er schnurrte leise, als er IHN ins Bett legte. Er wusste, dass diese Zärtlichkeit unangebracht war, aber er konnte nicht anders, als das seidige dicke Haar zu berühren, das unordentlich in die Stirn fiel, hinter der keinerlei Erinnerungen an diesen Zwischenfall mehr zurückgeblieben sein dürften. Er hatte sie gelöscht.

Mit einem bedauernden Blick auf den immer noch schreienden Rothaarigen wandte Michelangelo sich dem Fenster zu. Zu gerne hätte er ihn der gerechten Strafe zugeführt, aber SEIN Auftauchen hatte den Henker zu viel Zeit gekostet. Die Geschwister würden sicher bald auf dem Plan stehen, und mit ihnen der Rest der Hausbewohner.

Ein Satz, und er war aus dem Fenster, ließ sich von der Nacht verschlucken, in der er zum ersten Mal gescheitert war.
 

~♥~
 

Hallo, Leute! :D

Weil das Kapitel so kurz ist, hab ich es schon eine Weile fertig, aber ich dachte, ich arbeite etwas am nächsten Kapitel vor, damit die Wartezeit nicht so lang ist! Mal sehen, ob es mir gelingt! *lach*
 

So, und jetzt mal Hand auf´s Herz; Wer hat mit dem Verlauf dieses Kapitels gerechnet? ID° Ich fand es eigentlich, wenn man sich die Situation des letzten Teilabschnitts ansieht, recht offensichtlich, aber na ja, ich wusste ja auch, was passiert.

Im Folgenden wird es auch zum ersten Mal weiterhin um die Personen aus dem ´Poker`-Abschnitt gehen, aber dazu später mehr.
 

Insgesamt war das hier die vorletzte ´Missetat` von Michelangelo - Dessen Künstlernamen ich irgendwie vermissen werde, weil er mir genauso gut gefällt wie ihm selbst xD° - Also macht euch auf neun weitere Kapitel gefasst. Ich hoffe, ich schaffe das noch dieses Jahr... Welch ehrgeiziges Ziel. Für mich leider tatsächlich. *lach*
 

So, damit ich nicht mehr labere, als das Kapitel lang ist, hier noch eine Preview:

Im nächsten Kapitel wacht Naruto im Krankenhaus auf, kann sich jedoch nicht mehr erinnern, wie er dort hin gekommen ist und was passiert war. Seine Freunde, die ihn natürlich besuchen, wissen scheinbar mehr als er, aber kann er sich wirklich auf die Geschehnisse in der Botschaft konzentrieren, wenn Sasuke dabei ist und Naruto sich an das, was zwischen ihnen gelaufen ist, noch mehr als deutlich erinnern kann?
 

Das und mehr im nächsten Kapitel! :D Se ya soon - Hopefully xD°

SaSeme

Amnesia Datura

Mein Kopf dröhnte. Stöhnend presste ich die Augen zu, anstatt sie zu öffnen, wie es nach dem Aufwachen so üblich war. Ich versuchte, die Bilder, die den Schmerz verursachten, zu sortieren, und als es mir gelang wünschte ich, sie wären wieder weg; Sie enthielten nämlich nicht zu viel Alkohol, wie ich erst gedacht hatte, sondern zu viel Sasuke. Zu viel perfekte weiße Haut, zu viel Hitze, zu viel Stöhnen seiner tiefen Stimme.

"Scheiße", murmelte ich und rieb mir die Schläfen.

Und dann schlich sich etwas anderes in mein Bewusstsein, viel schlimmer, als all das zusammen, obwohl es nur eine dunkle Ahnung am Rand meiner Gedanken war. Ich setzte mich ruckartig auf, was sich als keine gute Idee herausstellte, denn mein Körper beantwortete die Bewegung mit übelkeiterregend heftigen Kopfschmerzen. Ich drehte mich zur Seite und erbrach mich neben das Bett. Irgendwann während meinem Versuch, die Seele aus meinem Körper zu bekommen, merkte ich, dass besagtes Bett nicht mir gehörte und ich sah mich um, als der Würgreflex nachließ. Weiße Wände, weißer Boden - Jetzt mit einem frischen Haufen Kotze verziert - Weißes Bettzeug und eine weiß gekleidete Frau, die meine Deko auf dem Fußboden von der Tür aus nüchtern-professionell musterte. Sah nach Krankenhaus aus. Die Frau putzte die Schweinerei weg und lächelte, als ich mich für die Arbeit entschuldigte.

"Schon gut. Geht´s jetzt besser?"

"Ja. Nur... Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin."

Sie runzelte besorgt die Stirn und bat mich, zu warten. Ich nickte, weil ich sowieso nirgends hingekonnt hätte; Ich trug nur Boxershorts. Von dem kleinen Wortwechsel war ich erschöpft, sodass ich einnickte, bis Tsunade die Tür öffnete. Sie sah müde und besorgt aus.

"Wie geht es dir?"

"Alles roger!", behauptete ich so laut, dass meine eigene Stimme mir einen Stich hinter die Schläfen verpasste, die ich mir wehleidig rieb. "Ich hab nur Kopfweh.", erklärte ich dann, was sie durch diverse Untersuchungen überprüfte; Sie glaubte offenbar, dass ich nicht alle meine Leiden preisgab. Als sie fertig war, war sie offensichtlich erstaunt, denn mir fehlte tatsächlich absolut nichts. Nur der Teil meiner Erinnerung nach meiner Nacht mit Sasuke. "Was ist denn passiert?"

"Wir hatten gehofft, du könntest uns das sagen.", erklärte Tsunade, doch ich schüttelte den Kopf. Als ich dabei unter Schmerzen zuckte, seufzte sie und hob die Hände an meine Schläfen, wo grünes Licht sofort Heilung verschaffte.

"Temari und Kankuro haben Lärm aus dem Zimmer des Kazekage gehört; Das war etwa um halb vier. Als sie die Ursache prüfen wollten, fanden sie die Tür offen und hörten Schreie. Im Schlafzimmer fanden sie Gaara auf dem Boden - Und dich schlafend im Bett."

"Er hat... Geschrien? Und ich war in seinem Bett?", fragte ich mehr als verwirrt und auch verlegen. Verzweifelt suchte ich irgendeinen Zusammenhang zum letzten Abend, zu seinem Geständnis oder meiner Eskapade, aber da war nur Sasuke in meinem Kopf, nichts anderes danach.

Tsunade nickte. "Du warst so bekleidet wie jetzt. Er hat sich in den Scherben seines Fernseher gewälzt, der zerbrochen war, und musste einige Male genäht werden, als wir ihn beruhigen konnten?"

"Was ist denn mit ihm?"

Ich war froh, als mein Kopf nicht mehr brummte und Tsunade die Hände von meinen Schläfen nahm. Sie verschränkte die Arme unter der Brust und sah aus dem Fenster. "Was genau er hat wissen wir noch nicht, aber ich würde sagen, er hat eine temporäre psychosomatische Störung - Eine geistige Störung oder ein Trauma.", erklärte sie, als ich fragend dreinblickte. "Wir konnten durch Medikamente inzwischen das Schreien beenden, aber er wacht nicht auf."

"Er... Er ist im Koma?", fragte ich tonlos, die Finger in die Laken gekrallt.

Tsunade nickte. "Ja. Und weil du der einzige in seinem Zimmer warst außer ihm, liegt der Verdacht nahe, dass du etwas damit zu tun hast."

"Was?" Ich lachte, leise, mit einem Anflug von Hysterie. "Aber dann hätte ich mich doch nicht in sein Bett gelegt und ein Nickerchen gemacht."

"Das denke ich auch, aber du wirst verstehen, dass wir alle Möglichkeiten in Betracht ziehen müssen. Die Situation ist äußerst kritisch. Deshalb musst du versuchen, dich zu erinnern. Irgendetwas musst du mitbekommen haben, Naruto."

Ich versuchte, mir den Ablauf des Abends in Erinnerung zu rufen, nachdem ich Sasuke alleine gelassen hatte - Was mein Kopf prompt mit einem heftigen Migräneanfall beantwortete. Außer dem Schmerz sah ich nur Fetzen.

Sasukes Gesicht dicht vor meinem, seine Hand in meiner, seine Rückansicht, als er in der Nacht verschwand.

An den Rückweg aus dem Wald konnte ich mich gar nicht erinnern; Es war, als wäre ich nach Hause geschwebt in einer Wolke aus Glückseligkeit. Ich hatte vergessen, was Sasuke getan hatte, und war auf ihn eingegangen und das machte mich genauso schuldig wie ihn. Aber Tsunade wollte nichts von meinem verkorksten Liebesleben hören, sondern von den Geschehnissen in Gaaras Zimmer. Nur war es so, dass ich von diesen nichts mehr wusste. Wie Kankuro und Temari hatte mich wahrscheinlich der Lärm geweckt, ich war gegangen, um nach dem Kage zu sehen - Und ab dem Moment, in dem ich sein Zimmer betrat, war mein Gedächtnis schwarz. Ich versuchte, die Dunkelheit zu durchbrechen, aber der Kopfschmerz wurde unerträglich und ich gab schließlich erschöpft auf.

"Ich weiß nichts mehr. Tut mir leid."

"Schon gut. Du bist ja auch noch geschwächt", erklärte Tsunade ungewohnt sanft. "Es ist wahrscheinlich ein Fremder in das Anwesen eingedrungen; Die Wachen wurden tot vorgefunden. Vermutlich war der Plan des Eindringlings, Gaara zu töten, aber der hat sich gewehrt; Im ganzen Apartment ist Sand verteilt."

"Pf, als würde Gaara sich so einfach geschlagen geben!", rief ich, stolz auf meinen Freund, doch dann runzelte ich die Stirn, weil immer noch die Frage war, was ich mit dem ganzen zu tun hatte. "Vielleicht hab ich den Einbrecher überrascht."

"Aber wieso hast du auf dem Bett gelegen?", gab die Hokage zu bedenken. "Andererseits spricht gibt es fast keine andere Erklärung dafür, warum der Einbrecher geflohen sein könnte. Die Fenster wurden von innen geöffnet und es sind keine Einbruchspuren an ihnen zu sehen. Es ist anzunehmen, dass der Täter in das Anwesen eindrang, die wachen tötete, Gaara aufsuchte und dann durch das Fenster zu entkommen. Wann was passiert ist, können wir im Moment noch nicht genau sagen."

Ich hatte sie ausreden lassen, aber seit sie die Wachen erwähnt hatte, raste mein Herz vor Angst. "Was ist mit Hinata?"

"Sie war nicht eingeteilt.", beruhigte Tsunade mich und ich seufzte erleichtert. Es war egoistisch, aber lieber die anderen als meine Familie.

"Und Tenten und Neji?"

"Auch den beiden geht es gut."

Also nur ein Freund in Lebensgefahr, das war doch was. Aber Galgenhumor half mir jetzt nicht weiter. "Mir geht es schon wieder gut. Ich kann bei der Fahndung helfen und..."

"Du wirst dich ausruhen und dann eine offizielle Aussage machen. Du kannst nicht in einem Fall ermitteln, in dem du wie auch immer geartet involviert bist, Naruto, das muss dir doch klar sein."

"Aber..."

"Kein ´Aber`, Naruto." Tsunade stand auf, eine Geste der Endgültigkeit. "Ich habe viel zu tun. Diese Sache macht eine Menge Ärger und wenn Gaara nicht langsam aufwacht..."

"Glaubst du, das hat politische Auswirkungen?"

Ihre Finger verkrampften sich kaum merklich, ansonsten merkte man der Hokage nicht an, ob sie beunruhigt war, als sie sagte: "Wir sind hier für die Sicherheit des Kazekage als Staatsgast verantwortlich - Und dieser Verantwortung sind wir trotz größter Bemühungen nicht nachgekommen. Temari hat eingeräumt, uns ein paar Tage Zeit für Gaaras Heilung und für die Ergreifung des Täters zu geben, aber spätestens übermorgen muss sie den Ältestenrat aus Suna informieren. Und ich denke, die dürften nur darauf lauern, die instabile Beziehung unserer Dörfer zu kippen."

"Und Gaara kann nicht mal eingreifen, solang er im Koma liegt."

"Genau das ist das Problem. Er hat in seiner Politik viel Wert auf eine gute Beziehung zu Konoha gelegt, musste dabei aber immer gegen großen Widerstand ankämpfen. Wenn er als Kazekage jetzt wegfällt und seine Gegner auch noch ihn selbst als Druckmittel haben..."

"Wie, als Druckmittel?"

"Unterbrich mich gefälligst nicht!", schalt Tsunade mich und unterstrich ihre Rüge mit einer Kopfnuss. Ich rieb mir die schmerzende Beule, hörte ihr aber weiterhin zu. "Was ich meinte, war, dass die Ältesten Gaaras Zustand als Vorwand benutzen könnten, unsere Verträge zu kündigen und unsere Leute zu überfallen. Es gibt inzwischen viele Händler, die oft nach Suna reisen, aber auch gemischte Teams aus beiden Dörfern und es wäre ein Desaster, wenn das alles aufgelöst würde. Ganz davon abgesehen, dass man uns sogar vorwerfen könnte, wir hätten etwas mit dem Überfall zu tun und es wäre somit ein kriegerischer Akt."

"Eine Art Kriegserklärung?"

Sie nickte. "Ja... Aber so weit lassen wir es nicht kommen. Wir haben die Sabakuno-Geschwister auf unserer Seite und müssen daraus eben das beste machen... Wie dem auch sei, das soll nicht dein Problem sein. Ich erwarte von dir, dass du dich ausnahmsweise benimmst und dich ausruhst. Verstanden?"

"Hai, Hokage-sama", rezitierte ich folgsam, denn ich war zu müde, um zu rebellieren. Dass ein Gespräch mich auslaugte, hatte ich auch noch nicht erlebt, und es beunruhigte mich ziemlich. Trotzdem hatte ich noch eine Frage: "Baa-chan?"

Tsunade sah mich an, ausnahmsweise sogar ohne Beschwerde über den Kosenamen.

"Darf ich ihn besuchen?"

"Bleib heute liegen. Morgen sehen wir weiter."

Ich nickte und sie ging, ließ mich alleine mit der Einsamkeit und dem zu weißen Zimmer, in dem das Grauen dessen, was passiert war, die Krallen nach mir ausstreckte. Es war ein ohnmächtiges Gefühl, mit einem Kopf voller Bilder und einem Herzen voller Verwirrung ins Bett zu gehen und am nächsten Tag im Krankenhaus aufzuwachen, ohne den Grund dafür zu kennen. Immer wieder versuchte ich, mich zu erinnern, aber der Schmerz hinter meiner Schädeldecke und meinen Schläfen ließ es nicht zu; Es war, als hätte ich eine Wand aus Stacheldraht im Kopf.

Eine Weile versuchte ich es weiter, was mich jedoch irgendwann so erschöpfte, dass ich darüber einschlief. Ich träumte unruhig, konnte mich aber an die Abläufe nicht mehr erinnern, als ich später aufwachte. Vor dem Fenster ging bereits die Sonne unter und auf dem Flur waren Stimmen zu hören, bevor die Tür leise geöffnet wurde. Die Schwester von zuvor erwiderte mein Lächeln, als sie sah, dass ich wach war.

"Hallo. Wie geht es dir?"

"Besser, danke."

"Schön... Hier sind nämlich ein paar Freunde von dir, die dich sehen möchten. Glaubst du, du bist fit genug für Besuch?"

"Klar! Kommt rein!", rief ich begeistert, ohne auch nur wissen zu wollen, wer da vor der Tür wartete. Ich erwartete mein Bermuda Dreieck, bestehend aus Sasuke, Hinata und Sakura, und genau die betraten den Raum dann auch, verschiedene Stadien der Besorgnis in den Gesichtern.

Hinata schien total aufgelöst; der Blumenstrauß, den sie in der Hand hielt, verlor die Hälfte seiner Blätter, als sie auf mich zustürzte und mich in den Arm nahm. Genauso schnell ließ sie allerdings auch wieder los, als ihr klar wurde, wie unschicklich derartige Gefühlsausbrüche waren. Ich lächelte zärtlich, als mir klar wurde, dass ich sie die letzten knappen zwei Monate kaum gesehen und sehr vermisst hatte.

"Aber macht nicht zu lang. Naruto-kun braucht noch Ruhe", mahnte die Krankenschwester, ehe sie sich zurückzog.

Hinata wurde rot, als ich ihre Hand nahm, schien sich aber über die Geste zu freuen. Scheu sah sie zu Boden. "Ge-Geht es dir gut, Naruto-kun...?"

"Ich bin unkaputtbar, das weißt du doch!", lachte ich und drückte ihre Hand. "Mach dir keine Sorgen."

"Wenn d-du das sagst... Was i-ist denn überhaupt passiert?"

"Das wüssten wir glaube ich alle gerne", mischte sich jetzt Sakura ein, die sich bis dahin zurückgehalten hatte, damit wir uns begrüßen konnten. Mit verschränkten Armen, besorgtem Blick und Sasuke an ihrer Seite trat sie näher.

Als ich seinem Blick begegnete, drehte ich den Kopf weg; ich bekam Kopfschmerzen von seinem Anblick. "Wahrscheinlich wisst ihr sogar noch mehr als ich."

"Du kannst dich echt an gar nichts erinnern?", fragte Sakura und ich schüttelte den Kopf.

"Immer, wenn ich es versuche, kriege ich Migräne. Tsunade hat mich schon kurz untersucht, konnte aber nichts finden."

Die Aussage, ihre Meisterin habe nichts gegen meinen Zustand tun können, schien Sakura zu verunsichern. Mir ging es, ehrlich gesagt, genau so. Ich sah Hinata zu, die ihren Strauß in eine Vase drapierte und ihn geschickt so anrichtete, dass man die verlorenen Blätter gar nicht bemerkte, während wir halbherzig über Gaaras Fernseher, der mir ja auch nur zufällig auf den Kopf gefallen sein könnte, spekulierten. Glauben tat eigentlich keiner von uns daran, aber so sind Menschen eben. Sie brauchen Gründe. Gründe für das Grauen, das wir uns gegenseitig antun, Gründe für Lügen, Gründe, etwas zu tun oder eben nicht zu tun, ja, wir brauchten sogar Gründe, um jemanden zu lieben, weil seine bloße Existenz nicht genügte. Es reichte nicht das Glück, sich im riesigen Sonnensystem auf dieser Erde, in diesem Land, in dieser Stadt, in diesem Leben begegnet zu sein, nein, man musste auch noch um Zuneigung kämpfen und wenn man sie dann hatte, konnte es gut sein, dass sie vom einen auf den anderen Tag, puff, einfach weg war. Umgeschichtet auf andere. Ausgemustert.

"Was ist? Du siehst aus, als hätte dich jemand persönlich beleidigt."

Ich sah Sakura verdutzt an, weil ich so in meinen düsteren Gedanken versunken gewesen war, dass ich gar nichts mehr mitbekommen hatte. "Was...? Oh, nein, es... Es ist wegen Gaara.", stieß ich schließlich hervor und es war nicht mal gelogen. "Ich mach mir Sorgen um ihn. Außerdem ist das meine Schuld. Ich konnte nichts tun, obwohl ein Einbrecher in seinem Zimmer war."

"Temari-san und Kankuro-kun haben doch auch nichts mitbekommen", versuchte Hinata mich aufzumuntern, doch auch sie schien beunruhigt.

"Die Botschaft war während Gaaras Aufenthalt das sicherste Gebäude in ganz Konoha. Die wachen haben alle auf den Eindringling reagiert - Und sie sind alle tot. Die einzige Ungereimtheit an der Sache ist, so hart das jetzt klingen mag, dass du noch lebst, Naruto. Du musst dem Einbrecher ja direkt in die Arme gelaufen sein, aber du siehst nicht mal aus, als hättest du gekämpft."

Fühlen tat ich mich dagegen, als hätte ich es in der Nacht alleine mit einer Armee aufgenommen, aber das sagte ich natürlich nicht, alleine schon, um Hinata keine Sorgen zu bereiten. "Ich könnte mich auch nicht daran erinnern, gekämpft zu haben. aber es ist schon komisch, immerhin hat der Eindringling gegen die Wachen gekämpft und auch gegen Gaara selbst. Warum hätte er dann bei mir - Beziehungsweise auch bei Temari und Kankuro - Aufhören sollen?"

"Aber so muss es gewesen sein, denn das Zimmer war bis auf euch beide leer, als sie reinkamen. Das Fenster war offen, aber sonst hat man nichts gefunden. Die Tür war ja auch nicht aufgebrochen."

"Woher weißt du eigentlich so gut Bescheid? Bist du mit dem Fall betraut?"

Sakura schnaubte. "Nein, das machen Sabakunos. Aber ich wollte wissen, was mit dir passiert ist, also habe ich mich informiert."

"Wow... Das ist ja süß von dir, Sakura-chan!", freute ich mich, wofür ich eine Kopfnuss bekam, weil Sakura verlegen wurde, wenn man ihr Komplimente machte. Bestürzt untersuchte Hinata meinen Kopf, aber der tat auch nicht mehr weh als vorher, wie ich ihr zu erklären versuchte. "Ich bin nicht aus Glas, Takara.", sagte ich sanft und wurde rot, als mir einfiel, woher ich die Redensart plötzlich hatte.

Ich warf Sasuke einen Blick zu, der meine Worte mit hochgezogenen Brauen zur Kenntnis nahm, sie jedoch nicht kommentierte. Erst jetzt fiel mir auf, wie zerschunden sein Gesicht war und ich bekam ein schlechtes Gewissen. Mehr jedoch schockierte mich seine rechte Hand, die total zerschnitten war. "Was hast du denn gemacht?", fragte ich und richtete mich entsetzt auf.

Sakura zog eine Schnute, die Brauen zu einem Dreieck zusammen geschoben. "Ist das zu fassen?! In der Einrichtung haben sie ihn geschlagen! Wie die Wilden... Die werde ich zur Rede stellen...!"

"Das wirst du nicht", widersprach Sasuke gelassen und tatsächlich verstummte sie. Ich war ihm dankbar für die Lüge, die er sich meinetwegen ausgedacht hatte, aber die Schnittwunden an seiner Hand erklärte das nicht und ich würde ihn zur Rede stellen, wenn wir alleine wären.

"Aber dass die Erzieher nichts dazu sagen ist schon ungewöhnlich." Man sah Sakura an, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, überhaupt noch irgendwas zu dem Thema gesagt zu haben, aber sie hatte es sich wohl nicht verkneifen können.

"Warum heilst du Sasuke-kun nicht, Sakura-san?", erkundigte sich Hinata, die auf meinem Bett saß und mich mit Schokolade, die sie ebenfalls mitgebracht hatte, fütterte. Ein Wunder, dass ich in ihrer Gegenwart noch nicht fett geworden war; Sie kochte ausgezeichnet und verwöhnte mich gerne, so, wie sie es jetzt tat. Sie war eine gute Frau. Viel zu gut für mich, stellte ich mal wieder fest, und schob mit einem traurigen Lächeln ihre Hand mit einer weiteren Praline von meinem Mund weg, was sie zu verwirren schien.

"Würde ich ja, aber er will nicht", antwortete Sakura mit der säuerlichen Stimme, die sonst mir vorbehalten war, wenn meine beste Freundin der Meinung war, ich würde Unsinn anstellen.

"Wieso denn nicht, Sasuke-kun? D-Das ist doch eine gute Seite daran, ei-eine Medic-Nin als Fre-Freundin zu haben und... Oh, hm... Ich..." Hinatas Satz - Vermutlich der erste, den sie an Sasuke richtete - Geriet ins Stocken, als er sie eisig anstarrte.

"Es ist nicht nötig", hakte er das Thema ein für alle Mal ab.

Dass er tatsächlich antwortete erstaunte mich so sehr, dass ich vergaß, mich über den Ton aufzuregen, den er Sakura gegenüber anschlug. Entweder, er hatte extrem gute Laune, oder er hatte beschlossen, seiner schweigsamen Rebellion gegen meine Beziehung mit Hinata eine Stimme zu verleihen, beides unangenehme Möglichkeiten, und an den Grund für seine mögliche gute Stimmung wollte ich gar nicht erst denken.

Die drei blieben, bis sie rausgeworfen wurden, als ich Abendessen bekam. Sie versprachen, bald wieder zu kommen, worauf ich mich jetzt schon freute; das Zimmer war schrecklich leer ohne sie.

Trotzdem war ich froh, zumindest Sasuke vorerst nicht zu sehen. Seine Gegenwart verwirrte mich noch mehr als sowieso schon mit all den Bildern von seinem willigen Körper unter meinem, von ihm, vor mir kniend und gierig meinen Schwanz lutschend, von dem Blick, mit dem er mich angesehen hatte, als er ´Fick mich`, sagte. Mein Mund wurde trocken bei der Erinnerung und ich wurde unruhig. Ich musste mich daran gewöhnen, was ich getan hatte - Und überlegen, was ich jetzt tun wollte. Mein Körper wollte es auf jeden Fall wieder, sicherlich. Ich wollte ihn wieder so nachgiebig sehen, so bereitwillig dienend. Ohne Scheu davor zu zeigen, was er wollte und zu sagen, was er brauchte - nämlich mich. Er war so hundertprozentig anders als Hinata, deren scheue Hingabe ich gewohnt war. Er forderte wesentlich mehr, gab dafür aber auch mehr, weil er keine Angst hatte, loszulassen. Er vertraute mir und sich selbst, ließ sich fallen, und das machte mich wahnsinnig an. Dieses ´mehr`, dass ihn ausmachte, gefiel mir, beunruhigte mich aber auch, weil es ein bisschen war, als hätte er mich wie Beute gestellt und dann gefressen. Ein seltsames Gefühl, wo doch ich ihn genommen hatte, nicht andersherum.

Und dann noch der schale Geschmack dessen, was dem vorausgegangen war. Woher hatte Sasuke überhaupt gewusst, dass Gaara mir ein Geständnis machen würde? Für mich war das mehr als überraschend gewesen, obwohl der Kage sich, im Nachhinein betrachtet, schon komisch verhalten hatte während er hier war. Und jetzt lag er ohnmächtig in der Intensivstation. Ich musste bei dem, was passiert war, dabei gewesen sein, sonst wäre ich nicht in seinem Bett aufgewacht. Aber was konnte mehrere Shinobi töten, mich ausnocken, Gaara eine Psychose anhängen und dann verschwinden, noch bevor irgendetwas bemerkte?

Meine Überlegungen erschöpften mich, sodass ich einschlief, noch bevor die Schwester ein letztes Mal nach mir sehen kam.
 

Ich bin in einem dunklen Flur. Wände und Boden unterscheiden sich nur durch geringfügig abweichende Grautöne, sonst ist alles schwarz. Schwarz und kalt - Ich spüre meinem Atem vor meinem Gesicht gefrieren. Ich zittere, aber nicht wegen der Temperaturen.

Da ist noch etwas in der Dunkelheit.

Ich kann es nicht sehen, riechen, schmecken oder hören, aber ich fühle es und es jagt mir eine Gänsehaut den Nacken hoch. Ich weiß einfach, dass es da ist, wie ein Herzschlag, nur, dass er bald verstummen würde.

Ich versuche, den Kopf zu bewegen, was misslingt, genauso wie mir meine anderen Glieder den Dienst versagen. Panik erfasst mich, als mein Körper nicht auf die Befehle meines Kopfes reagiert. Ich bin gefangen, dem namenlosen Grauen in der Dunkelheit ausgeliefert, bis - Endlich! - Mein kleiner Zeh reagiert. Ich konzentriere mich verzweifelt auf diese winzige Bewegung, bis der Traum plötzlich abreißt.
 

Ich wachte schweißgebadet auf, als die Schwester mit dem Frühstück mein Zimmer betrat. Völlig verwirrt glotzte ich die Frau an, nicht den Hauch einer Ahnung, wo ich war, was ich hier machte oder was sie von mir wollte. Sie erkundigte sich mit professioneller Höflichkeit nach meinem Befinden und ich nickte mechanisch.

"Gut, danke", lamentierte ich, obwohl es noch dauerte, bis mir einfiel, warum das diese Frau überhaupt interessierte. Alles kam zurück; das Fest, Sasuke, der fast ganz durchgeschlafene gestrige Tag, die Gespräche und die vage Erinnerung von Kälte, die ich aus dem Schlaf mitgenommen hatte. Ich aß, was man mir gab, ohne zu schmecken, und ging in die Gemeinschaftsdusche des Krankenhauses, als mir das aufgetragen wurde, dann hielt ich still.

Diesmal war meine Schuld zu groß geworden. Wie hätte ich mir verzeihen sollen, was Gaara passiert war, wo ich ihn doch hätte beschützen müssen? Was, wenn er nicht mehr aufwachte oder sogar starb? Er hatte so große Verantwortung zu tragen und diese als Kazekage exzellent gemeistert. Ich konnte mir keinen Besseren vorstellen, also er sollte seine Aufgabe übernehmen? Nein. Nein, das würde gar nicht nötig sein, weil er aufwachen würde. Ganz sicher. Ich kämpfte die Tränen runter, die sich in meinen Augen sammelten, weil sie überflüssig waren, wenn es Gaara doch bald besser gehen würde.

Eine lähmende Mischung aus Angst, Ungläubigkeit und Hilflosigkeit befiel mich und ließ mich taub werden für die Worte der Krankenschwestern. Die meisten interessierte das nicht, sie machten nur ihre Arbeit, und körperliche Schmerzen hatte ich ja keine. Nur die Schwester vom ersten Tag versuchte ein paar Mal, mit mir zu reden, wobei sie jedoch scheiterte. Und irgendwann fand sie mich nicht mehr in meinem Zimmer.

Ich wanderte durch die Flure des Krankenhauses und ignorierte den Aufruhr, den mein Verschwinden schon bald verursachte. Statt mich darum zu kümmern, sah ich mir die alten, kranken und bisweilen verrückten Leute an, die hier herum spukten. Ich half einem jungen Pfleger so gut ich konnte, seinen Patienten zurück in sein Zimmer zu bringen und setzte mich dann vor ein großes Fenster, wo ich wartete, bis meine Schwester dasselbe mit mir tun würde.

Draußen war ein schöner Apriltag angebrochen, der von den ganzen Problemen hier drinnen nichts wusste. Wenn es aber Gaara nicht bald besser ginge, würden all die Komplikationen wie Gift nach draußen sickern und den Frühling verseuchen - Und wieder mal wäre es meine Schuld. Es wunderte mich ehrlich gesagt, dass Temari noch nicht aufgetaucht war und mir den Arsch aufgerissen hatte, aber wahrscheinlich hatten sie und ihr Bruder genug mit der Verwaltung der Botschaft und der Fahndung zu tun, ganz von ihrer Aufsicht über Gaara abgesehen. Es war Glück, dass die beiden Konoha keinen Vorwurf machten und uns stattdessen sogar bei der Aufklärung halfen, um den Willen des Kazekage weiter zu führen.

Zum etwa hundertsten Mal versuchte ich, mich zu erinnern, aber da war nur der Kopfschmerz... Nein, nicht nur. Ich erinnerte mich an einen dunklen Flur, doch das war alles und es brachte nicht viel. Erneut musste ich aufgeben. Ich lehnte den Kopf zurück gegen die Wand, die Augen geschlossen und ruhte mich einen Moment aus, weil mich seit dem Einbruch in der Botschaft alles erschöpfte; Laufen, denken, atmen. Apropos Atem; Ich spürte warme Luft auf meiner Haut, öffnete die Augen und erschrak heftig. Ein Gesicht befand sich wenige Zentimeter vor meinem.

"Woha!", schrie ich und wäre fast von meiner Bank gekippt.

Sasuke, dem ich den Schreck zu verdanken hatte, fing mich auf und schnaubte verächtlich. "So schreckhaft."

Empört schlug ich ihn vor die Brust. "Wenn du da auch so plötzlich auftauchst!"

"Wenn du hier ein Nickerchen hältst ist es klar, dass du nicht merkst, wenn jemand vorbei kommt", gab Sasuke gelangweilt zurück. Er ließ mich los und schob die Hände in die Hosentaschen, den Blick den Flur runter gerichtet, als würde er dort jemanden suchen.

"Ich hab nicht geschlafen", nuschelte ich, obwohl ich nicht sicher war. Seit ich im Krankenhaus war, schlief ich fast nur noch. "Was machst du überhaupt hier?"

"Dich suchen. Die Schwestern laufen herum wie kopflose Hühner wegen dir."

"Hehe... So reagieren die Frauen halt auf mich", spielte ich die Situation runter, obwohl ich jetzt schon ein schlechtes Gewissen hatte wegen dem Ärger. "Dann gehen wir mal!"

"Was hast du hier gemacht?"

Ich sah Sasuke an, der so selten Interesse an etwas oder jemandem oder mir zeigte und jetzt so offen fragte, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte. "Ich... Hab nur nachgedacht. Es ist viel passiert und... Ja."

"Und darüber konntest du nicht in deinem Einzelzimmer nachdenken? Oder wolltest du nur Aufmerksamkeit?"

Ich wurde rot, schlug erneut mach Sasukes Brust. "Bastard! Ich bin doch nicht wie du!"

"Es geht auch nicht um mich."

"Ach, ausnahmsweise nicht?", fragte ich, bissiger als sonst. Ich war nicht sauer auf Sasuke, ich wusste nur nicht, wie ich mich nach dem, was zwischen uns gewesen war, ihm gegenüber verhalten sollte. Für ihn hatte sich nämlich vielleicht nichts geändert, aber für mich. Ich hatte nicht mit irgendwem Sex, weil ich gerade Lust darauf hatte, das war etwas besonderes für mich. Daran änderte auch die Härte, mit der das ganze abgelaufen war, nichts. Vielleicht war das altmodisch und vielleicht war es dumm, Verantwortung von Sasuke zu erwarten, aber für mich war das mit uns jetzt ernst - Und diese Tatsache machte mich nervös.

Sasuke zog die Brauen hoch. Er war es nicht gewohnt, dass jemand, vor allem ich, so schnippisch mit ihm sprach und es schien ihn zu verwirren. "Nein, es geht um dich. Es ist nicht normal für dich, vor Problemen weg zu laufen."

"Sag du mir nicht, was normal ist", pflaumte ich ihn an und drehte das Gesicht weg. "Nicht nach allem, was passiert ist."

"Ach, darum geht es?", fragte er und wurde im Gegensatz zu mir nicht mal rot.

"Nein, es geht nicht um dich, wie du gerade selbst sagtest, du egomaner Bastard. Zufällig geht es um Gaara, der im Koma liegt, falls du das noch nicht gemerkt hast. Es geht darum, dass ich schon wieder versagt habe und es nicht mal mehr weiß. Manchmal machst du mich echt krank."

Natürlich ging es sehr wohl auch um uns und Hinata, und das wusste Sasuke sehr genau. Er wusste, dass ich Zeit brauchte, um darüber nachzudenken, wie ich mit meiner Freundin Schluss machen konnte, ohne ihr geringes Selbstwertgefühl zu zerstören. Denn so sehr das auch eine abgedroschene Phrase war; es lag nicht an ihr, dass es mit uns nicht klappte. Sie war die beste Freundin, die man sich vorstellen konnte, nur ich war eine schreckliche Person, die ihr Vertrauen ausnutzte. Ich hatte mich gestern Nacht für Sasuke entschieden, mit allem, was er war und eben auch nicht war. Die Konsequenzen daraus musste ich noch regeln, aber ich wusste, dass er mich verstand. Das mit uns war schon ´Mehr`, ohne, dass wir es sagen mussten. War es schon von Anfang an gewesen.

Sasuke sah mich lange schweigend an, die Arme verschränkt, sodass seine Muskeln die Ärmel seines T-Shirts spannten, den Kopf zur Seite geneigt, die dunklen Strähnen auf diese unvergleichliche Weise in sein Gesicht fallend. Dann senkte er den Kopf etwas, um seine Hand zu betrachten, die Augen voll von einer Mischung aus Resignation und Verärgerung.

"Er ist wach, weißt du?"

"Was...? Warum sagst du das denn nicht gleich?"

Sasuke sah von seinen Nägeln auf und ich erkannte, dass er echt wütend war. "Du warst damit beschäftigt, mich anzuschreien, bevor ich das tun konnte."

Ich zog in dem Bewusstsein, dass er Recht hatte, den Kopf ein. Aber was sollte ich denn machen? Ich war überfordert. Ungewohnt zurückhaltend griff ich nach einer Falte in seinem Hemd und zog ihn daran kaum merklich zu mir. "Tut mir leid."

"Sasuke-kun! Ich dachte schon, du bist auch noch verschwunden und... Oh!", unterbrach sich Sakura, die sich uns genähert hatte, ohne dass ich es bemerkt hatte. "Wo hast du dich schon wieder rumgetrieben? Alle waren besorgt, Naruto, du Idiot."

"Tut mir leid", lächelte ich entschuldigend. Sasuke wusste sicher, dass auch diese zweite Entschuldigung vorrangig ihm galt, obwohl ich sein Hemd bereits losgelassen hatte. Sakura musste das ja nicht sehen.

Hinata war nicht mit ins Krankenhaus gekommen; Sakura sagte, sie würde mich später noch besuchen. Ich sagte meiner besten Freundin genau wie den Schwestern, die mich gesucht hatten, mir sei im Zimmer einfach die Decke auf den Kopf gefallen. Das gefiel Sakura zwar als Erklärung nicht, aber sie nahm es hin und fragte stattdessen, ob ich mich jetzt an etwas erinnern könne, was leider nicht der Fall war.

"Haben Temari und Kankuro schon was rausgefunden?"

"Nein, aber sie wollen dich sprechen. Im Moment sind sie wohl bei Gaara, aber danach kommen sie sicher vorbei."

"Kann ich nicht auch Gaara besuchen?"

Sakura runzelte die Stirn und wollte mit einem Blick zu Sasuke abklären, was der von meiner Idee hielt, aber er starrte stur aus dem Fenster. Er tat mal wieder, als würde er nichts hören und es ihn auch nichts angehen, aber natürlich tat es das. Er war mein Liebhaber und musste sich schon deshalb für meine Probleme interessieren. Ich verstand ja, dass er beleidigt war, und seine Eifersucht konnte ich viel zu gut nachvollziehen, aber diese Situation sollte ja wohl über solch kleinlichen Gefühlen stehen, oder?

"Ich denke, die beiden wollen erst Mal alleine mit Gaara reden und dann sollte man ihn nicht gleich scharenweise überfallen", sagte Sakura schließlich ihre alleinige Meinung und ich senkte enttäuscht den Blick.

"Wahrscheinlich hast du Recht."

"Ja. Außerdem kannst du jetzt nichts mehr für ihn tun." Offenbar hatte sie meine Gedanken erraten, denn sie sah mich mitfühlend an. Sakura wollte meine Hand nehmen, doch ich entzog sie ihr.

Um die Geste zu entschärfen, lächelte ich. "Ich weiß, dass es dumm ist. Aber ich kann nicht mehr hier bleiben. Ich grüble über dummes Zeug und raus kommen tut nichts als Selbsthass. Wenn ich mich nur erinnern könnte... Dann könnte ich Temari und Kankuro wenigstens indirekt helfen."

"Kannst du halt aber nicht." Sakura war wohl trotzdem beleidigt, aber ich wollte nicht auch noch sie vor Sasuke berühren, wo ihn Hinatas Nähe am letzten Tag schon so gestört hatte. "Du kannst nichts anderes machen als warten, ob die Erinnerung zurückkommt und bescheid sagen, wenn es passieren sollte."

"Ich weiß", antwortete ich deprimiert.

Sakura sah mich mürrisch an, seufzte dann. "Hör auf, so ein Gesicht zu ziehen. Du kommst sicher bald hier raus und dann gibt es mehr als genug Arbeit für dich. Genauso ist es mit Gaara; er ist stark. Ihm geht es bald besser."

"Selbst wenn ist es immer noch meine Schuld, dass es überhaupt so weit kam."

"Schuldzuweisungen machen es weder ungeschehen, noch machen sie Gaara wieder gesund. Er ist doch wach. Also hör auf mit dem Selbstmitleid und komm lieber bald hier raus. Damit ist allen am meisten geholfen."
 

´Bald` dauerte länger, als irgendwer erwartet hätte. Zwar wurde ich schon am Abend dieses Gesprächs entlassen - Immerhin war ich körperlich in Ordnung - Aber schon auf dem Heimweg wurde mir so schlecht, dass Sakura mich zurück brachte. Ich war es nicht gewöhnt, so lange im Krankenhaus zu sein; ncht mal, nachdem diese Männer mich kurz vor Weihnachten verprügelt hatten, war es mir so schlecht gegangen. Es machte mich nervös.

Torzdem war ich froh um den Abstand zu Sasuke, den ich dadurch gewann. Er nahm mir die Konzentration, und die brauchte ich jetzt dringend. Zum einen für den Versuch, mich zu erinnern, zum anderen, um zu einer Lösung für mein Problem mit Hinata zu gelangen. Ich hatte nicht mehr die Kraft, eine Affäre zu führen. Das war so hundertprozentig nicht ich, dieses Lügen, Betrügen und Hintergehen, und es zerrte an meiner Substanz. Ich hatte bereits mehrere Zettel mit dem geschrieben, was ich Hinata sagen wollte, und sie dann alle weggeworfen. Wie erklärte man drei Monate Lügen, Vernachlässigung und Untreue einem Menschen, der einem so viel bedeutete? Sie würde es als Gleichgültigkeit empfinden und als Grausamkeit, obwohl das gar nicht meine Absicht war. Ich konnte es nicht erklären, weil ich mich dafür hasste, was ich getan hatte. Ich hatte mich sehr zum Negativen verändert, ohne, dass ich es gemerkt hatte, denn früher hätte ich so etwas nicht gekonnt. Plötzlich wünschte ich, jemand würde mir sagen, ich könne nicht gut lügen, aber das hatte lange niemand getan. Ich fühlte mich, als würde etwas Dunkles an mir kleben und ich bekam es einfach nicht mehr ab.

Dieses Gefühl wurde noch verstärkt von dem Traum des dunklen Flurs, der jedes Mal, wenn ich einschlief, zurückkehrte. Und ich schlief fast ständig in dieser Zeit, obwohl ich Angst davor hatte. Ich wollte den schwarzen Gang nicht mehr sehen, die Kälte nicht mehr spüren, die Lähmung nicht mehr erleben, denn all das schien in mein waches Leben rüber zu lecken; ich war apathisch, als könne ich mich wirklich nicht mehr bewegen, ich sah nicht, wer Freund und wer Feind war und ich fror ständig. Letzteres lag laut Sakura an der Schwächung, aber das glaubte ich nicht.

Gaara hatte ich zwei Tage später immer noch nicht gesehen und langsam glaubte ich, er ließ mich von sich fernhalten. Der Gedanke tat weh, aber ich hätte es verstanden. Immerhin war ich nicht nur schuld an seinem Krankenhausaufenthalt, sondern hatte ihm auch noch einen Korb gegeben.

Inzwischen hatte Temari, die mit ihrem Bruder nichts über den Attentäter hatte herausfinden können, den Leuten in Suna bescheid gegeben. Wir wussten nicht, wie die Ältesten dort reagieren würden, deshalb war die Stimmung gespannt. Man hatte natürlich gehofft, das verhindern zu können, indem Gaara den Ablauf des Überfalls schilderte, aber ihm ging es genau wie mir; Die Zeit vor seinem Erwachen war ein einziger Filmriss. Das wusste ich nur von Sakura, weil ich nach wie vor nicht zum Kazekage vorgelassen wurde, was mich sehr verärgerte.

"Geht´s ihm echt noch so schlecht oder will er mich nur nicht sehen?", beklagte ich mich bei Sakura, als diese mich besuchte. "Ich will mich doch nur entschuldigen."

"Na ja... Nach dem, was passiert ist, ist es doch verständlich, oder?", entgegnete sie vorsichtig und sichtlich verlegen. Inzwischen wusste jeder von Gaaras Geständnis, was mich nervte. Solche Tratschtanten!

"Warte mal - heißt das, er hat euch echt angewiesen, mich nicht zu ihm zu lassen? Das ist doch unfair! Ich kann doch nichts dafür, dass er... Dass ich... Dass das nichts wird!"

Sakura zuckte die Schultern. "Natürlich nicht. Aber was würdest du sagen, wenn du einer guten Freundin deine Liebe gestündest und sie dich zurückwiese?"

"Tja, das ist mir schon mal passiert, und jetzt ist das Mädchen meine beste Freundin", gab ich leicht schnippisch zurück und sie wurde rot.

"D-Das ist was anderes..."

"Nein, Sakura-chan, es ist genau dasselbe. Ich kann genauso wenig dafür, dass ich seine Gefühle nicht erwidere, wie du dafür konntest, dass du meine nicht erwidert hast. So ein Feigling!"

"Für ihn ist das halt alles neu", versuchte Sakura, die merkte, dass ich mich gerade in Rage redete, mich zu beruhigen. "Ist doch klar, dass er verunsichert ist. Außerdem ist es nochmal was anderes, wenn ein Mann einem anderen Mann... Sowas sagt."

"´Sowas`? Dass er den anderen liebt? Sprich es ruhig aus, das ist nämlich keine Krankheit. Und es ist genau dasselbe wie ein heterosexuelles Liebesgeständnis. Man ist genauso aufgeregt und unsicher. Was ist falsch bei dir?"

"Hör auf, mich anzuschreien", fauchte Sakura, die nicht verstand, wieso ich so heftig reagierte. "Ich meinte damit nicht, dass es schlimm ist, sondern dass es schwierig ist, vor allem, wenn der andere eine Freundin hat. Außerdem steht Gaara nun Mal im Rampenlicht und das wird bald jeder wissen. Da müsste jeder erst mal überlegen, wie er damit umgehen will."

"Er wusste nicht mal, dass ich eine Freundin habe", nuschelte ich verlegen. Ich war wohl nicht gut darin, eine Affäre zu haben, wenn es so offensichtlich war, wie wichtig Sasuke für mich war. Die anderen merkten es wahrscheinlich nur nicht, weil sie es für obsessive, fast schon fanatische Freundschaft hielten. Ich seufzte, stand auf und richtete meine Kleider. Ich musste mit Gaara reden, allein schon um ihn zu bitten, seine Entdeckung bezüglich meiner Liaison für sich zu behalten. Ob er mit seinen Geschwistern gesprochen hatte, bevor er sich an mich wandte? Wahrscheinlich nicht.

"Warte mal! Was machst du?", fragte Sakura und sprang von ihrem Stuhl auf.

"Na, zu Gaara gehen. Ich lasse mir doch nicht unsere Freundschaft kaputt machen", erklärte ich mit einem tausend-Volt-Lächeln, das sie für einen Moment paralysierte, bevor sie mir folgen konnte.

Ich war schon auf dem Flur, als sie mich einholte.

"Einen Moment. Du kannst nicht einfach zu ihm. Er ist ein Kage, du musst seine Anweisungen befolgen."

"Mich hat er ja nicht angewiesen", entgegnete ich selbstbewusst. Ich wusste, auf welcher Station Gaara lag, und beschritt den Weg zu dieser zielstrebig. Ein paar Schwestern lächelten verwirrt, als ich vorbei lief, aber keine versuchte, mich aufzuhalten. Sakura, die das sehr wohl probierte, ignorierte ich einfach. Erst vor der Glastür, die die Stationen trennte, wurde ich langsamer.

"Hör mal, ich versteh dich ja, aber du solltest Gaaras Wunsch akzeptieren", versuchte es Sakura noch mal. "Wenn er so weit ist, wird er schon wieder kommen. Eure Freundschaft bedeutet ihm sicher genauso viel wie dir."

"Dann wird er mich jetzt auch empfangen", beharrte ich und drückte die Tür auf. Der Flügel hier war moderner und sonniger, mit Blumen alle paar Meter und exotischen Topfpflanzen an den Wänden. Eine Ärztin, die gerade aus einem Zimmer kam, blickte von ihrem Klemmbrett auf. Ihr breites Gesicht wirkte nicht unfreundlich, aber vorsichtig, als sie uns entgegen trat. Ihre Erscheinung hatte etwas Matronenhaftes, das mich fast gegen meinen Willen stehen bleiben ließ.

"Kann ich Ihnen helfen?"

"Ist schon ok - Ich will nur Gaara besuchen. Den Kazekage."

"Ich weiß um den Status meines Patienten", entgegnete die Ärztin, deren Stimme ein nahes Ende ihrer Geduld prognostizierte. "Allerdings denke ich nicht, dass er Besuch empfangen möchte."

"Aber Temari und Kankuro..."

"Die Geschwister des Kage stehen auf der Besucherliste. Und ich werde jetzt nicht mehr mit Ihnen diskutieren. Sie sind Patient in der öffentlichen Abteilung, nicht? Ich würde vorschlagen, dorthin begeben Sie sich jetzt auch wieder. Fräulein Sakura bringt Sie sicher zurück."

Sie ging weiter, aber ich ignorierte ihren Vorschlag. "Es gibt eine Liste? Zeigen Sie mal! Und dann schreib ich meinen Namen darauf, ok?"

"Hören Sie mal...", setzte die sichtlich gereizte Ärztin an, jedoch wurde sie unterbrochen, als die Tür zu dem Zimmer, aus dem sie eben getreten war - Offensichtlich Gaaras - Aufgerissen wurde und eine noch viel wütendere Frau uns anfunkelte.

"Es reicht jetzt", knurrte Temari. "Gaara versucht zu schlafen."

"Ich will doch nur nach ihm sehen", erklärte ich und blickte über Temaris Schulter in den Raum. Was ich sah, erschreckte mich. Gaara war kein Jinchuriki mehr, deshalb heilte er wesentlich langsamer als ich, aber es musste ihn auch schlimmer erwischt haben. Sein Arm hing am Tropf und sein Gesicht war noch bleicher als sonst, die Augenringe hoben sich violett von der Haut ab. Er wirkte mager, als habe er in den wenigen Tagen, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, rapide abgenommen. Ich konnte noch erkennen, dass Gaaras Augen, trüb und müde, offen waren, bevor seine Schwester mir den Blick versperrte.

"Er schläft, das hab ich doch gesagt. Und jetzt geh."

"Ich weiß, dass du wach bist", rief ich ins Zimmer. "Aber weißt du was? Ich will dich gar nicht mehr sehen. Ich hasse Lügner."

"Naruto!", zischte Sakura neben mir, aber es war mir egal. Das hier war unfair, denn warum hatte er behauptet, wir wären noch Freunde, wenn er sich jetzt verleumdnen ließ?

Ich wollte schon gehen, als "Warte", aus dem Zimmer zu hören war. Die Stimme war brüchig - Nicht die eines Kage. "Lasst ihn rein."

Einen Moment war es still, als würden alle erwarten, Gaara würde "Nur ein Scherz - Hau ab", sagen, aber das tat er natürlich nicht. Langsam trat ich auf die Tür zu und noch langsamer gab Temari diese frei. Dann war ich in dem großen, luftigen Raum, dem nicht der typische, ungesunde Krankenhausgeruch anhaftete. Ich sah mich kurz um, das gewohnte Scannen der Umgebung, dann traf ich Gaaras Blick.

Seine Augen wurden wie im Zeitraffer groß und leer, wie graugrüne Tümpel im Herbst. Seine Schultern, sein ganzer Körper, wurde steif, sogar die Brust schien sich zu weigern, sich unter seinen Atemzügen zu heben. Mechanisch klappte er den angespannten Kiefer auf. Es brauchte etwas, bis ich begriff, dass er schrie, weil ich seinen Stimmbändern die Fähigkeit zur Vibration schon abgeschrieben hatte.

Dann wurde die Welt wieder schneller, die Ärztin schubste mich zur Seite und stürmte, dicht gefolgt von Sakura, ins Zimmer. Gemeinsam versuchten sie, den Kazekage zu beruhigen, aber er schrie einfach weiter. Ich selbst konnte nichts tun als die Szene anzustarren, die ich nicht begriff. Warum mussten sie ihm jetzt Beruhigungsmittel geben, wo Gaara doch bis auf die Schreie keinen Muskel rührte? Und warum hörte er trotzdem nicht auf?

"Steh nicht rum wie die Ölgötzen! Raus hier!", befahl Temari, die mir auf den Flur folgte. Gleich drei Schwestern eilten über den Flur auf das Zimmer des Kage zu und verschwanden im Lärm darin. Ich war völlig verstört und reagierte kaum auf Temari, die versuchte, mir die Schuld für den Zustand ihres Bruders zu geben, weil sie einfach eine Erklärung brauchte. Aber es war nicht meine Schuld.

Oder?
 

Später - Wir hatten auf einer Bank vor dem Zimmer gewartet. Die Karawane, die zuvor in den Raum geströmt war, kam nacheinander heraus und zerstreute sich. Sakura trat zusammen mit der molligen Ärztin auf uns zu. Temari sprang auf und die älteste der Frauen hob beruhigend die Hände.

"Es ist alles gut, er schläft jetzt. Heute sollten wir ihm Ruhe können."

"Gott sei dank", stieß die sonst wenig sentimentale Blondine hervor, die merklich blass geworden war.

"Aber was ist denn mit ihm gewesen?", wagte ich zu fragen, was offenbar ein Fehler war.

Die Ärztin starrte mich durchdringend an. "Das würde mich auch interessieren. Vor allem, weil der Kazekage auf einem guten Weg war - Bis er dich sah. Kannst du das erklären?" Hilflos öffnete ich den Mund und schüttelte den Kopf. "Aha. Jedenfalls wird Tsunade-sama davon erfahren."

"Und Sunas Älteste."

"Temari-san...", sagte Sakura sichtlich beunruhigt, aber Gaaras Schwester machte eine ungeduldige Handbewegung.

"Genug. Ich habe eure Stümperei so lange gedeckt, wie ich konnte - Gaara zuliebe. Aber jetzt werde ich den Senat informieren und sehen, was für Schritte er für angemessen hält. Und DU..." Sie bohrte den kurzen Nagel in meine Brust. "Du tätest gut daran, dich von meiner Familie fernzuhalten."

Damit wandte sie sich ab und mir blieb nichts weiteres als "Scheiße", zu sagen.

"Ich würde vorschlagen, du gehst jetzt", befahl die Ärztin höflich, obwohl sie offenbar vergessen hatte, mich zu siezen. Ich sagte lieber nichts dazu. Sakura bekam ein großes Lob für ihre Hilfe, dann verließen wir die Station schweigend.

"Ich habe nichts gemacht", sagte ich schließlich, als wir in meinem Zimmer waren.

Sakura seufzte, rieb sich die Schläfe. "Ich weiß. Und ich glaube, Temari-san weiß das auch, aber es ist auch verständlich, dass sie aufgebracht ist.

"Wann ist sie das denn nicht...?", fragte ich mürrisch. "Ist Gaara wirklich ok?"

"Ja. Wir wissen aber nicht, was diese Reaktion ausgelöst hat. Aber es ist wohl ein weiteres Indiz dafür, dass du bei dem Überfall dabei gewesen sein musst. Kannst du dich immer noch an nichts erinnern?"

Ich schüttelte den Kopf. "Es ist alles weg. Nur... Seit der Nacht hab ich so einen beunruhigenden Traum."

"Ah ja? Erzähl."

Ich berichtete von dem dunklen Flur, der Kälte, der Bewegungslosigkeit, aber inzwischen ging der Traum weiter; Ich schaffte es mit Mühe, den Kopf zu heben und den Gang runter zu blicken. Auch dort; Alles Schwarz. Nein, nicht alles. Rechter Hand ist eine Tür, durch deren Schlitze schwaches Licht fällt. Leise Geräusche, wie ein Raunen. Aber weiter als das Heben des Kopfes ließ mein Körper Bewegung nicht zu. Dann war ein Flackern des Lichts zu sehen - Und ich war wach.

"Wenn man es erzählt, klingt es nicht so schlimm, aber da ist dieses Gefühl... Eine Bedrohung", versuchte ich zu erklären, als ich geendet hatte. Ich saß inzwischen auf dem Fensterbrett, Sakura auf dem Bett.

"Also entweder, du träumst von der Nacht des Überfalls oder du kompensierst deine Angst vor dem Unbekannten."

"Ich habe keine Angst.", schmollte ich, doch sie schnaubte nur.

"Sei nicht albern, natürlich hast du die." Sakura verdrehte die Augen, ignorierte mein Schmollen und sprach weiter: "Ich werde mit der Meisterin darüber sprechen. Ich muss ihr sowieso erzählen, was hier passiert ist. Sie wird nach Gaara sehen wollen. Wahrscheinlich wird sie mit dir auch sprechen wollen, wenn sie Zeit dafür hat."

"Kann sie ruhig, aber ich weiß noch weniger, was los ist, als die Ärzte."

"Ich weiß." Sakura erhob sich seufzend und strich ihren Rock glatt. "Kommst du hier alleine klar?"

"Jaja, geh ruhig. Ach, und, Sakura-chan...?"

"Was?"

"Kannst du Sasuke noch etwas bei dir behalten? Ich werde heute entlassen, aber ich glaube nicht, dass ich... Na ja..."

Sie lächelte verständnisvoll, vielleicht sogar erfreut. "Klar, kein Ding. Du wirst heute schon entlassen?"

"Jaaa... Hehe..." Genau genommen würde ich mich selbst entlassen, aber wenn sie das wüsste, würde Sakura versuchen, es zu verhindern, also sagte ich ihr nichts davon. "Mir geht´s schon wieder super."

"Das ist schön zu hören. Bis dann."

Sie winkte und ich blickte aus dem Fenster in den Frühsommerhimmel, als sie gegangen war. So viel stand schon mal fest; Das würde Sasuke nicht gefallen.
 

Der Flur ist kalt, atemberaubend kalt, und so schwarz. Die Schwärze drückt auf mich, lähmt mich, wie einen Hasen, der still hält, weil er hofft, das Raubtier würde ihn so nicht bemerken. Aber ich bin kein Hase. Ich bin stark und mutig und ich werde jetzt den Kopf heben. Der Speichel klumpt in meiner Kehle, aber ich würge ihn runter, lecke mit einer Zunge, die sich wie Schmirgelpapier anfühlt, über meine Lippen. Wenn ich schon sterbe, will ich sehen, was mich tötet.

Millimeterweise hebe ich das zitternde Kinn, aber da ist kein Dämon im Dunkel, sondern Licht und tuschelnde Stimmen und einen Moment bin ich erleichtert. Ich bin nicht alleine. Ich hasse es, alleine zu sein.

Ein Schrei zerreißt die Nacht, gefolgt von einem kreischenden Lachen.
 

Es war die erste Nacht, die ich seit meinem Krankenhausaufenthalt in meiner Wohnung verbrachte. Ich war alleine, wie meine tastende Hand feststellte. Niemand sonst in dem durchgeschwitzten Bett, der mich über diesen Albtraum hinweg trösten könnte. Ich lehnte mich gegen die kühle Wand und schloss die Augen, obwohl ich wusste, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Sakura hatte Recht; mein Unterbewusstsein musste sich durch diese Träume mit der Nacht des Überfalls auseinandersetzen, anders konnte es nicht sein. Bloß konnte ich mit diesen in Angst getränkten Infos nichts anfangen.

Es war seltsam, alleine aufzuwachen, nachdem ich monatelang immer neben Sasuke gelegen hatte, vor allem, weil der Rest der Wohnung leer war. Das hatte mir schon nicht gefallen, als ich es noch gewöhnt gewesen war, und jetzt fühlte ich mich einsamer als je zuvor. Ich hasste es so sehr, alleine zu sein... Trotzdem war es besser so. Ich war verwirrt und wollte erst darüber nachdenken, so sehr ich unsere gemeinsame Nacht auch wiederholen wollte.

Es hatte ja niemand ahnen können, wie schrecklich sie enden würde.

Ich stützte das Gesicht in die Hände, rieb die Augen mit den Handballen. "Ah, Scheiße", fluchte ich und musste dann lachen, weil die ganze verdammte Situation so ausweglos war und ich hier im Bett lag und es nicht mal versuchte.

Ich stand auf, zog eine Jogginghose an und wunderte mich einen Moment, wieso sie so eng war, bis ich feststellte, dass sie Sasuke gehörte. Er hatte seine Klamotten in meinem Schrank. Erneut musste ich lachen. Ich war so blind, nicht zu sehen, dass wir für ihn schon viel bedeutet hatten, bevor ich überhaupt darüber nachgedacht hatte, dass wir nicht nur vögeln konnten. Er zeigte nicht, was wir für ihn waren, aber ich hätte es erraten können. Er war niemand, der sich jedem an den Hals schmiss. Genau genommen ließ er niemanden an sich ran - Außer mir. Ich hätte es wirklich wissen müssen, und stattdessen war ich auf seinen Gefühlen rumgetrampelt, ich unsensiebler Trottel. Und dann, als ich doch mal auf die Idee gekommen war, dass Sasuke kein Sexspielzeug war, hatte ich mich unnötig an meinen Grübeleien aufgerieben. So dumm konnte wirklich nur ich sein.

Plötzlich wollte ich Sasuke sehen, so sehr, dass es fast weh tat, aber das musste noch warten.

Ich zog ein Shirt von mir über, ließ seine Hose aber an und verließ die Wohnung. Im Vorbeilaufen schlug ich wütend auf die beschissene Überwachungsanlage ein, die dieses Haus hier in ein gläsernes Gefängnis verwandelte.

Auf der Straße war wegen der Ausgangssperre nichts los, also konnte ich einfach laufen. Natürlich war irgendwo die Nachtwache, aber als Shinobi galt die Sperre für mich nicht und wieso sollte man mich vom Joggen abhalten? Ich war offiziell nicht mehr verdächtig im Fall um Gaara. Inoffiziell fragten sich natürlich alle, was zur Hölle ich in der Nacht nach seinem Liebesgeständnis in seinem Bett gemacht hatte. Ich hätte das auch gerne gewusst. Vor allem Temari schien mir das übel zu nehmen. Sie glaubte offenbar, ich habe mit den Gefühlen ihres kleinen Bruders gespielt, aber das hier hatte eine größere Tragweite als ein paar verwirrte Hormone.

Ich lief durch die Nacht und schob die Gedanken beiseite, um mich auf Wichtigeres zu konzentrieren. Wie hatte der Einbrecher es geschafft, in die Botschaft zu gelangen? Er war nicht unbemerkt geblieben und hatte auf seine Entdeckung mit Blut reagiert. So viel lut... Sechs Menschen in wie vielen Minuten? Zehn? Fünfzehn vielleicht? Und noch dazu das von guten Kämpfern, also konnte es nicht irgendjemand gewesen sein.

Schließlich tauchte eine Wand vor mir auf und ich musste stehen bleiben. Ich blickte auf und erkannte, dass es die Mauer der Botschaft war. Ich hatte nicht mal bewusst hierher gewollt, aber so war es schon in Ordnung. Langsamer als zuvor lief ich um das Gebäude, das von hohen Mauern umgeben war. Weit kam ich allerdings nicht bevor auf dem Wall ein Mann auftauchte, der mich weg schickte. Natürlich waren die Sicherheitsmaßnahmen seit dem Überfall verstärkt worden, also kehrte ich folgsam um und lief, bis ich vor dem Haupttor stand. Hier kam man erst recht nicht auf das Gelände; Die beiden Wachen sahen mich schon düster an, als ich mich ihnen auf zehn Meter näherte. Trotzdem war der Attentäter laut der Spurensicherung direkt hier durch spaziert. Ich sah an ihnen vorbei in den Innenhof, doch sie versperrten rasch die Sicht. Vielleicht war drei Uhr Morgens doch nicht die unverdächtigste Zeit, um hier aufzutauchen.

"Was willst du hier?", fragte einer der Männer unfreundlich.

Ich hob beruhigend die Hände. "Ich war nur joggen und bin zufällig hier vorbei gekommen."

"Dann lass dich vom Zufall wo anders hinleiten", wurde ich angefahren, was ich rüde fand, nachdem ich immerhin fast zwei Monate hier gearbeitet und gewohnt hatte. Trotzdem tat ich, was mir gesagt worden war und zog ab.

Erneut schaltete ich beim Laufen den Kopf aus und diesmal landete ich vor dem Haus der Harunos. Ich blickte zu dem Zimmer auf, von dem ich wusste, dass Sasuke gerade darin schlief. Ich wünschte, wir hätten uns nicht gestritten und dass ich mit ihm reden könnte. Eigentlich hatte ich, bevor ich ihn wiedersah, erst meine Angelegenheiten mit Hinata klären wollen... Aber jetzt war meine Sehnsucht nach ihm zu groß, um ihr zu widerstehen. Ich nahm mir fest vor, das nächste Mal, wenn ich sie sah, mit Hinata zu sprechen. Danach würde nichts mehr so sein, wie es jetzt so lange gewesen war. Ich würde eine Freundin verlieren - denn ich wusste, dass Hinata sich von mir distanzieren würde. Das musste sie sogar, um ihre Gefühle zu schonen, aber es würde seltsam sein, sie nicht mehr sehen zu können, wann ich wollte. Außerdem würde ihr Vater Recht behalten, was seine Vorbehalte mir gegenüber betraf. Andererseits: Hätte er das auch, wenn Sasuke nicht zurückgekehrt wäre? Nein, ich war mir ziemlich sicher, dass ich meine Freundin dann geheiratet hätte und es wäre ein glückliches Leben gewesen, weil ich nicht gewusst hätte, dass es noch mehr gab.

In einem Anflug von Kitsch und Sehnsucht nahm ich ein Steinchen und warf es gegen Sasukes Fenster. Als nichts passierte, wiederholte ich den Vorgang und diesmal tauchte tatsächlich eine Gestalt im Fenster auf. Er sah auf die Straße und ich fragte mich, ob Sasuke mich mit seinen schlechten Augen überhaupt erkannte. Er zog das Fenster auf und lehnte sich mit den Unterarmen auf das Fensterbrett.

"Was willst du?", fragte er kühl, aber dafür, dass ich ihn sehr wahrscheinlich geweckt hatte, nicht allzu schlecht gelaunt. Ich bildete mir sogar ein, ein feines Lächeln um seine Lippen herum zu erahnen, ein Gedanke, der mich schwindeln ließ.

"Dich sehen. Komm runter."

"Es ist halb vier Uhr morgens."

"Trotzdem."

"Die Ausgangssperre?"

"Bitte, Sasuke."

Seufzend sah er in sein Zimmer, dann sprang er aus dem Fenster auf die Straße. Ich trat auf ihn zu, nahm ihn aber nicht in den Arm, weil wir vermutlich beobachtet wurden. "Ist das meine Hose?", erkundigte er sich als Begrüßung.

"Sie lag in meinem Schrank und ich hatte sie schon an, als ichs bemerkt hab. Da war ich zu faul, sie wieder auszuziehen. Stört es dich?"

"Würdest du sie ausziehen, wenn ich sagte, es störe mich?"

Ich wurde rot um die Nase, grinste aber, froh darüber, dass er wieder Scherze machte. "Nicht hier. Zu Hause würde ich sie sofort ausziehen."

"Du hast mich ja rausgeschmissen."

"Das stimmt nicht und das weißt du. Ich musste nachdenken. Über uns."

"Sonst hast du nie viel gedacht."

"Ja, und das war ein Fehler. Die unklaren Verhältnisse haben zu deinen Streits mit Gaara geführt - was übrigens immer noch Scheiße war, ich kann es kaum glauben. Jedenfalls... Es ist auch unfair Hinata gegenüber."

"Und das fällt dir nach drei Monaten auf?"

"Nein... Ja... Ich..."

"Du kannst dir nicht immer denjenigen aussuchen, der dir gerade in den Kram passt, Naruto. Ich spiele da nicht mehr mit."

So klare Worte hatte er noch nie gefunden, was mich verunsicherte, aber er hatte Recht. Die Situation war das Ergebnis meiner Fehlentscheidungen. "Ich weiß... Ich will es ja jetzt auch klären mit Hinata damit wir... Na ja...", endete ich verlegen und zuckte die Schultern. Es war peinlich von einer Beziehung zu reden, immerhin war er trotz allem mein bester Freund und der arrogante Bastard. Den ich gerade küssen wollte wie nie etwas sonst.

"Und was willst du jetzt von mir?", wischte Sasuke das delikate Thema beiseite.

"Zeit, wenn ich ehrlich bin. Es wäre, glaube ich, gut, wenn du noch bei Sakura bliebest, bis alles geregelt ist. Sie freut sich bestimmt und ich kann denken."

"Hattest du dazu nicht lange genug Zeit?", fragte er - ein klares ´Nein.` zu meinem Vorschlag. Er wollte nicht bei Sakura bleiben.

Ich sah ihn gequält an. "Bitte. Das ist alles nicht so einfach... Ich will Hinata nicht verletzen."

"Dann solltest du keine anderen Leute ficken", fauchte Sasuke und wandte sich ab. Er setzte an, in sein Zimmer zurückzukehren, blieb dann aber doch noch einen Moment stehen. "Ich bleibe - muss ich ja. Aber du solltest dich endlich entscheiden."

Und mit diesem Rat, den mir in letzter Zeit schon so viele gegeben hatten, ließ er mich stehen.
 

Auch nach dem hundertsten Mal ist die Kälte und Schwärze des Flures nicht weniger lähmend. Meine Ohren dröhnen von der Stille. Ich kämpfe gegen den Treibsand des ungreifbaren Grauens. Dann der Schrei - Und endlich, endlich löst sich der Krampf aus meinen Gliedern. Ich will helfen, mein Körper jedoch will flüchten und so wanke ich einen Moment vor und zurück, bis mein Kopf gewinnt. Ich stolpere über meine widerwilligen Füße und strecke haltsuchend die Arme aus, aber da ist nichts, an dem ich mich festhalten könnte, also falle ich scheinbar unendlich lange. Erneut ein Schrei und es dauert, bis ich merke, dass ich es bin, der den Laut von sich gibt. Ich klappe den Mund zu, es wird still und ich lande auf den Knien, krieche weiter vorwärts auf den undeutlichen Schein der Tür zu, hinter der die unmenschlich gequälten Schreie noch immer zu hören sind. Ich muss helfen, die nagende Gewissheit, dass ich für dieses unartikulierbare Leid verantwortlich bin, treibt mich voran. Kaum kann ich es fassen, als ich tatsächlich vor der Tür kauere. Ich starre sie an, hebe unglaublich schwerfällig die Hand und ziehe mich am Türknauf auf die Beine. Ich kann kaum glauben, als ich die Tür öffne. Die Schreie werden noch lauter und mein Herz rast in der Brust, verteilt den Fluchtinstinkt in meinem Körper, aber ich kämpfe dagegen an, gehe weiter in einen zwielichtigen Raum voller zerstörter, chaotischer Möbel. Ich sehe auf, erkenne zwei Gestalten, dann flammt der Traum rot auf und alles verschwindet im Feuer.
 

Ich hatte Migräne und daran hatten auch die beiden Aspirin, die ich gefrühstückt hatte, nichts geändert. Das lag am wenigen Schlaf der letzten Nacht, denn nach dem Ausflug durch Konoha hatte ich immer wieder den Traum gehabt, nur, dass ich es diesmal geschafft hatte, bis zur Tür zu gelangen, bevor ich aufwachte. Ich konnte mich genau an die Schreie erinnern, voll von Angst wie nicht von dieser Welt.

Flüchtig rieb ich mir die Schläfen ohne die reelle Hoffnung, dass es den Kopfschmerz vertreiben würde, dann klopfte ich an Tsunades Bürotür. Sie hatte mich schon sehr früh an diesem Morgen zu sich rufen lassen und natürlich kam ich ihrem Wunsch artig nach. Ich wurde hereingebeten und mit nachdenklichem Blick begrüßt.

"Was gibt es?", erkundigte ich mich unbeschwert.

"Eine ganze Menge", entgegnete die Hokage gereizt. Sie hatte sich im Stuhl zurückgelehnt und die Fingerkuppen aneinander gelegt, was sie wie eine Lehrerin aussehen ließ, die einem Schüler gleich eine sechs geben würde. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich noch ganz genau von der Akademie und er machte mich noch heute nervös. "Was hast du heute Nacht an der Botschaft getan?"

Diese Petzen, dachte ich verärgert, obwohl ich das Problem nicht sah. "Ich hab mich nur etwas umgesehen. Wieso?"

"Weil du verdammt noch mal der Hauptverdächtige in dieser Sache bist - vor allem nach dem, was gestern im Krankenhaus passiert ist."

"Ich bin nur zufällig ins Zimmer gekommen, als er einen Anfall bekam. Hat Sakura-chan das nicht gesagt?"

"Wenn du nichts getan hast, treib dich nicht mitten in der Nacht am Tatort herum. Das ist nämlich typisches Täter-Verhalten. Ich dachte eigentlich, ich hätte mich klar ausgedrückt; halt dich aus diesem Fall raus."

"Das kann ich nicht. Gaara ist mein Freund."

"Es ist mir egal, was da im Vorfeld gelaufen ist. Das macht dich nicht zum Täter, aber auch nicht unbedingt weniger verdächtig, das ist alles, was mich an der Sache interessiert. Du wirst dich zurückhalten, immerhin solltest du eigentlich selbst noch im Krankenhaus sein."

"Es geht mir gut."

"Wenn ich das nicht glaubte, hätte ich dich längst zurück in dein Zimmer gesperrt. Du scheinst nicht zu verstehen, dass diese Sache sehr prekär ist. Ich werde dich allerdings sicher nicht anbetteln. Du wirst dich aus der Sache raus- und von Gaara fernhalten. Hast du verstanden?"

"Ja, aber Baa-chan...!"

"Kein aber; das ist ein Befehl, Naruto. Und hör endlich auf, mich so zu nennen."

Ich biss mir auf die Unterlippe, nickte aber folgsam. "Wann glaubst du, werden die drei abreisen?"

"So bald wie möglich, aber das genaue Datum hängt davon ab, wie es Gaara nach dem Anfall geht. Und davon, wann Temari bereit ist, die Ermittlungen uns zu überlassen. Sie war sehr erbost, als ich sie gestern sprach."

"Ich weiß... Hat sie inzwischen schon irgendwas rausgefunden?"

"Ich hab dir doch gesagt, du sollst dich raushalten."

"Ja, aber..."

Das Gespräch wurde von Klopfen an der Tür unterbrochen. Wir sahen beide irritiert auf und Tsunade rief den Wartenden herein. Es war ein sichtlich beunruhigter Bote, der, einen Schrieb in der Hand, eine Verbeugung andeutete. Er war jung und offensichtlich zum ersten Mal hier, so nervös, wie er war. Die Gerüchte um Tsunade waren ja aber auch gruselig.

"Prinzessin Tsunade, eine Delegation aus Suna ist soeben eingetroffen. Sie holen den Kazekage nach Hause, sagen sie. Temari-sama spricht gerade mit ihnen."

"Ja, und?", bohrte die Hokage ungeduldig nach und streckte die Hand nach dem Brief aus.

Der Bote schluckte, sah kurz zu mir und reichte ihr den offiziell aussehenden Umschlag, als würde er sich am Papier verbrennen. "Ich fürchte, man erklärt uns den Krieg, Hokage-sama."
 

~ ♥ ~
 

Hallo, ihr Lieben!
 

Haha, mit schneller war wohl nix - In dem Tempo wird das auch nichts mit ´In diesem Jahr fertig werden! *headshot* ID°

Ich hab mir in der Zwischenzeit ein Päuschchen von Blood Painted gegönnt und das hier http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/255926/316127/ geschrieben. Wer Naruto x fem. Sasuke mag, kann ja mal reinschauen. :3
 

Ansonsten... Ugh, wenn ich schreibe weiß ich immer so viel zu erzählen, aber wenn ich uploade fällt mir nix ein und dann denk ich mir nachher ´Ah, das wolltest du doch sagen!` xD
 

Das nächste Kapitel wird vom Aufbau ein bisschen anders, zumindest am Anfang - Ich bin gespannt, wie es euch gefällt! :D
 

Im nächsten Kapitel führt Naruto ein paar dringend notwendige Gespräche - Vor allem das lange aufgeschobene mit Hinata will er hinter sich bringen, damit es in der angespannten Lage, die das Dorf nach der Kriegserklärung erfasst, nicht auch noch zwischen ihm und seinen Freunden steht. Aber Hinata reagiert nicht, wie er erwartet hatte und auch sonst gerät einiges noch mehr aus den Fugen, als es eh schon ist, während Tsunade und die anderen Mächtigen des Dorfes versuchen, den Frieden zu wahren.
 

Seid gespannt! :D

Laburnum

"Hast du davon gewusst?"

"Ja, klar." Shikamaru verdrehte die Augen. "Temari hat mir von den Kriegsabsichten ihres Dorfes erzählt und ich hab nich versucht, es zu verhindern, weil Krieg ja so lustig ist."

"Kann ja sein, dass sie dich zu Geheimhaltung zwingt."

"Sie erzählt mir nichts über Staatsgeschäfte. Außerdem weißt du genau, dass sie Gaaras Friedenskurs unterstützt und seinen Willen, diese Angelegenheit friedlich zu lösen, durchzusetzten versucht."

"Ist ja gut", gab ich schließlich auf. "Das waren keine Vorwürfe, sondern nur Fragen."

"Ziemlich Dumme."

"Sorry. Wir sind alle angespannt, oder?"

Shikamaru zündete eine Zigarette - Die zweite in den letzten zwanzig Minuten - An und schob sie sich in den Mund. Wir saßen ganz hinten im Garten seiner Eltern, weil seine Mutter ihn verprügelt hätte, wenn sie sähe, dass er rauchte. "Ja. Die Situation ist aber auch Scheiße", stimmte er nachdenklich zu.

"Was meinst du, kann Tsunade das klären?"

"Sie versucht es sicher mit Hochdruck, aber ich fürchte, Sunas Älteste sind felsenfest entschlossen und unser eigener Alten Club wird fröhlich den alten Hass aufleben lassen. Ohne Gaara... Wird es schwierig. Und dem geht es sehr schlecht. Die Dellegation will ihn nach Hause nehmen, aber das würde ihm noch nicht gut bekommen."

"Dann müssen sie ihn hier lassen! Was, wenn er auf dem Weg zusammen bricht?"

Shikamaru klopfte die Asche ab und schnippte mit dem Fuß Erde darüber. "Vielleicht ist das genau der Plan. Offensichtlich will man Krieg - Sonst hätten sie Bedingungen für den Frieden gestellt, bevor sie eine Kriegserklärung abgegeben haben. Ein komatöser Kage wäre ein besserer Grund als ein widerspenstiges Staatsoberhaupt."

"Aber es wissen doch alle in Suna, dass Gaara Frieden will."

"Ja, und zwar auch deinetwegen." Ich sah ihn verblüfft an und Shikamaru lächelte träge. "Sorry, aber man kann sich dem Tratsch nich entziehen - vor allem mit einer Teamkollegin wie Ino. Jedenfalls wird man seinen Friedenswunsch als Zuneigungsbekundung auslegen; er wollte ungehindert bei dir sein können, also hat er für Freundschaft zwischen den Dörfern gesorgt. Die Geschehnisse werden als brutale Zurückweisung gesehen werden, sowohl Gaara als Mensch gegenüber als auch ihm als Repräsentant gegenüber. Die Leute vergöttern ihn, sie könnten dumm genug sein, für seine Ehre zu kämpfen - sogar gegen seinen Wunsch. Dass du direkt bei dem Überfall anwesend warst, macht die Lage noch brenzliger."

"Oh", machte ich mit plötzlich ausgetrocknetem Gaumen. Jetzt verstand ich endlich, warum Tsunade mich so dringend von Gaara fernhalten wollte. "Was sollen wir jetzt machen?"

"Auf unseren Hokage vertrauen", erwiderte Shikamaru, den Blick auf eine einzelne, vorbei ziehende Wolke gerichtet. "Und wenn sie keinen Erfolg hat... Für sie kämpfen."
 

Die schwarzen Augen, die mir wieder so vertraut geworden waren, blickten versunken auf die Stadt, die von der untergehenden Sonne wie in Blut getaucht wirkte. Ich hatte Sasuke gerade von dem Schrieb Sunas erzählt und wartete auf eine Reaktion, aber wie so oft kam keine. Vielleicht hatte er einen anderen Grund für dieses abendliche Treffen auf dem Plateau über den Hokage-Köpfen erwartet.

"Ich weiß nicht, was mit dir ist, wenn... Wenn es ein Problem gibt."

Im Fall eines Krieges hatte Tsunade drei Möglichkeiten, mit Sasuke umzugehen. Sie könnte ihn aus dem Dorf werfen, aber das glaubte ich nicht, nachdem sie ihn monatelang durchgebracht hatte. Sie könnte ihn für den Kampf einsetzten, aber er wollte nicht töten und sie konnte sich seiner Loyalität nicht sicher sein. Oder - Und das hielt ich für die schrecklichste, aber wahrscheinlichste Möglichkeit - Sie würde ihn ins Gefängnis werfen. Dort waren sowieso Wachen, also kam es auf einen Häftling mehr oder weniger auch nicht an.

"Das ist aber noch nicht alles", mutmaßte Sasuke und lag damit goldrichtig.

Ich schwieg lange. Als ich antwortete, war die Sonne nur noch ein glühender Halbkreis über einem entfernten Hügel. "Ich habe Angst, Sasuke."

Ich sah auf meine Hände und kämpfte mit den Worten, mit der Wahrheit.

Sasuke sagte nichts dazu, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Man konnte mir nicht helfen und er versuchte es gar nicht erst, deshalb hatte ich gerade mit ihm reden wollen.

"Alles läuft aus dem Runder in letzter Zeit. Ein verrückter Serienkiller, Gaara, Hinata, der Job... Wir." Ich warf ihm einen verlegenen Blick zu, aber er sagte erneut nichts. "Und... Und jetzt auch noch der Krieg. Ich hab das Gefühl, dass alles würde mich überrollen und ich hab... Angst vor dem Kämpfen. Nein, nicht direkt vor dem Kämpfen. Vor dem Versagen - das hab ich in letzter Zeit so oft und ich will nicht mehr. Ich will niemanden mehr verlieren, Sasuke. Ich hab Angst um das Dorf, die Menschen, die Kollegen, Tsunade... Um meine Freunde, Hinata... Und um dich und Sakura-chan - meine Familie. Weißt du, dass ihr das seid? Ich... Ich liebe euch beide so sehr."

In Erwartung, dass er sich über mich lustig machen würde, lachte ich, aber zu meinem Erstaunen sah Sasuke mich nur ernst an. Ich senkte den Blick und sprach weiter: "Aber weißt du... Ich hab echt wahnsinnige Angst um euch, glaub mir, aber das ist nicht das schlimmste. Das schlimmste ist... Dass ich Angst um mich selbst habe. Ich will nach Hause kommen. Ich will leben. Ich will zurück zu dir, Sasuke, und mit dir leben, und es kommt mir so feige vor, das zu wollen. Ich bin einfach nicht bereit, zu sterben, ich..."

"Leben zu wollen, ist mutig. Sterben ist die größte Flucht, die man begehen kann."

"Ja, aber die Angst..."

"Die gehört zum Leben-Wollen dazu. Verlustangst. Aber dir kann gar nichts passieren", meinte Sasuke mit einer solchen Überzeugung, dass ich für den Moment gar nicht widersprechen konnte. Er legte die Unterarme auf die Ballustrade, sodass er zu mir aufsehen musste. Wegen der aufziehenden Dunkelheit erkannte ich seinen Gesichtsausdruck nicht, als er sagte: "Du musst doch zu mir zurückkommen."
 

"Das ist schön."

Ich starrte Hinata an, deren Augen sanft waren, aber hinter dieser Weichheit schlummerte noch etwas anderes. Vielleicht der Wahnsinn, der einen befallen haben musste, wenn man ´Das ist schön.` zu seinem Freund sagt, der einem gerade gestanden hatte, dass er einen monatelang betrogen hatte.

"Ich meine, dass du endlich ehrlich bist.", kicherte Hinata. Sie hatte meine Irritation erkannt und ergriff jetzt meine Hand. "Endlich können wir daran arbeiten."

"Was...? Aber du... Ich... Aber wie...?", stammelte ich.

"Oh, ich weiß es schon lange. Und ich hab nichts dagegen, dass du dich weiter mit ihr triffst. Du liebst sie, oder? Natürlich. Du schläfst nicht mit Leuten, die du nicht liebst, Naruto-kun, ich kenne dich. Ich will auch gar nicht wissen, wer sie ist... Ich wollte sie schon oft töten." Sie lachter erneut und schüttelte den Kopf wie über eine kindische Albernheit, dann drückte sie meine Hand fast panisch. "A-aber du musst bei mir bleiben. Das tust du doch, oder? Du hast gesagt, du liebst mich."

"Ja", sagte ich mechanisch. "Ich... Aber... Bist du nicht sauer?"

"Aber nein. Ich w-wusste doch immer, dass ich nicht gut genug bin für dich."

"Was? Nein! Nein, Hinata, bitte. Du bist umwerfend, ich hab nur..."

"Ist schon ok", unterbrach Hinata mich so zärtlich, dass es mir Angst machte. Sie nahm mich in den Arm und ich fragte mich, ob sie verrückt geworden war - Oder mich wirklich so sehr liebte.
 

"Du hast was?"

"Es tut mir leid, Sakura-chan."

"Das... Ist ein schlechter Scherz, oder?", fragte sie, doch in ihren glasigen Augen standen begründete Zweifel. Als ich den Kopf schüttelte, packte sie mich an den Armen und rüttelte an mir. "Da-Das kannst du gar nicht! Das ist falsch! Du hast doch Hinata und ich hab..."

Sie verstummte, aber es war klar, was sie hatte sagen wollen. Mein Gesichtsausdruck wurde düster. "Du hast Sasuke nicht und du wirst ihn nie haben, weil er auf Männer steht. Und er hat sich für mich entschieden."

Sakuras Unterlippe zitterte im Verdacht auf Tränen, die ihr im nächsten Moment schon übers Gesicht kullerten. Ich wagte den Versuch, sie in die Arme zu nehmen und hatte nicht mit der Backpfeife gerechnet, die sie mir verpasste. Ich erstarrte, als meine Wange plötzlich brannte wie Feuer.

"Das ist doch abnormal! Er ist dein bester Freund und du... Du... Du fickst ihn einfach!"

"Nein, so war das nicht. Bitte..."

"Wie war es denn dann, hm? Erzähl mir die Details, Naruto. Noch mehr auf meinen Gefühlen rumtrampeln kannst du ja gar nicht mehr! Scheiße..." Sie wischte sich über die Augen und drehte sich von mir weg. "Du wusstest doch ganz genau, wie viel er mir bedeutet", flüsterte sie mit so tief verwundeter Stimme, dass ich mir wünschte, sie würde wieder schreien und mich schlagen. "Ich dachte, wir sind Freunde."

"Nein... Sakura-chan, sag das nicht, bitte."

"Ich sag, was ich will! Glaubst du, du bist in irgendeinem Recht, mir etwas vorzuschreiben?"

"Es tut mir doch leid", sagte ich verzweifelt und wusste, dass es nichts mehr brachte.

"Ich brauche keinen Freund, der alles vögelt, was nicht bei drei auf dem Baume ist. Du bist nichts weiter als eine Schlampe und es tut mir leid, dass Hinata und... Und Sasuke-kun auf dich hereingefallen sind."
 

Der Raum war stickig von den vielen Leuten darin, obwohl die große Zahl der Anwesenden sich auf der Fläche verlor. Mit völlig angespanntem Körper und hinter dem Rücken gefalteten Händen betrachtete ich die fünf Leute, die direkt vor mir an einem länglichen Tisch saßen. In der Mitte Tsunade, rechts und links je ein Mitglied des Ältestenrates und ein Berater. Die Alten starrten voller Verachtung auf die andere Seite des Zimmers, wo sich eine ähnliche Szenerie gebildet hatte. Nur, dass das Gegenstück zu Tsunades Platz leer war; Gaara lag auch weiterhin im Krankenhaus.

"Ich denke, es wäre für beide Seiten von Vorteil, diese Angelegenheit friedlich zu lösen."

"Das ist unmöglich! Ihr habt unseren Kazekage fast umgebracht - Auch jetzt schwebt er in Lebensgefahr. Wir sind nur hier aus Respekt Ihrem großen Vorfahren gegenüber, Prinzessin Tsunade, aber wir können diesen tätlichen Angriff nicht übergehen!"

"Ich habe Gaara deutlich gesagt, wie unklug ein Besuch des Dorfes im Moment ist. Er bestand dennoch darauf.", argumentierte Tsunade mit einer gefährlichen Ruhe.

"Und Sie haben zugesagt, ihn zu beschützen."

"Ich sagte, wir würden unser Bestes tun. Der Beweis für unseren Versuch sind die sechs toten Jo-Nin, die wir zu betrauern haben. Offenbar ging der Einbrecher sehr gekonnt vor, immerhin haben die Geschwister des Kazekage nichts bemerkt."

"Ja - aber Ihr... Ihr Helfershelfer dort!", platzte eine alte Frau mit vor Wut gerötetem Kopf heraus. Ihr knochiger Finger wies auf mich. "Was ist das für eine Ausrede, er könne sich an nichts erinnern? Man muss ihn einsperren und foltern, bis er die Wahrheit sagt!"

Tsunade hob die Hand, um meine wütende Antwort im Keim zu ersticken. Sie selbst blieb gelassen. "Naruto hat sich mehrfach bewährt - auch, als er half, den Kazekage zu retten. Wir haben keinen Anlass, seine Worte anzuzweifeln."

"Dann haben wir keinen Anlass für den Frieden."

"Was glaubt ihr, würde das bringen?", fragte ein Ältester aus Konoha höhnisch. "Unsere Streitkräte werden eure vom Feld wischen wie Ungeziefer."

Die Leute aus Suna zischten wütend; einer schlug mit der Hand auf den Tisch und rief: "Unerhört!" Die Spannung im Raum nahm nochmal zu und die drei Shinobi, die um mich herum standen und ebenfalls für die Verteidigung unserer Regierungsspitze verantwortlich waren, verlagerten die Positionen, bis sie in unverkennbarer Kampfhaltung waren.

"Wir wollen keine Kämpfe", machte Tsunade nochmal deutlich, ohne auf den Zwischenfall einzugehen.

"Feiglinge!", platzte jemand dazwischen.

"Und was ist euch der Frieden wert? Ihr werdet einsehen, dass wir das Attentat auf unser Staatsoberhaupt nicht einfach so hinnehmen können."

"Natürlich. Wir sind bereit, Sunas Forderungen zu hören und darüber nachzudenken. Was wollt ihr also?"

So schnell, wie Gaaras Stellvertreter antwortete, hatte man darüber offensichtlich bereits lange nachgedacht: "Den Rückzug aller Truppen Konohas aus Suna; bei gemeinsamen Missionen Garantien für die Führungsposition der Suna-Shinobi; bedingungslose politische Unterstützung durch Konoha; Hundert Quadratkilometer Grenzgebiet; Offenlegung von Strategien und Ressourcen."

Als der Alte endete, breitete sich Schweigen über der Runde aus und mir stand der Mund offen. Das waren unmögliche Forderungen und das mussten diese Leute wissen!

"Ihr... Ihr wollt doch Krieg!", brach es aus mir heraus.

"Ruhe", zischte Tsunade, aber sie wusste, was alle anderen im Raum wussten.

Ich hatte Recht.
 

Hinter dem Glas sah das ruhige Gesicht noch bleicher aus. Die Augen zuckten unter den geschlossenen Liedern. Mein Finger strich über die Scheibe, dort, wo ich Gaaras Wange sah.

"Tut mir leid."
 

Das Bett war warm und sicher in der Zeit, die zu rennen schien, seit die Kriegserklärung eingetroffen war. Es kam mir vor, als würde ich nur noch in Bruchstücken leben und am liebsten wäre ich einfach unter der Decke geblieben. Alles, was blieb, waren verschwommene Szenen davon, wie mein Leben zerfiel. Hier Hinata, die sich krampfhaft verzweifelt an mich klammerte, da Sakura, die seit Tagen kein Wort mit mir sprach - und zwischen all dem die unterschwelligen Kriegsvorbereitungen.

Natürlich hatte Tsunade die vernichtenden Forderungen nicht akzeptiert und schon wenige Stunden später fanden die ersten Überfälle im Grenzgebiet statt. Wir wussten nicht, wann Michelangelo das Chaos nutzen und erneut zuschlagen würde, ob er das überhaupt täte, denn seine letzte Tat lag inzwischen fast vier Monate zurück. Und selbst wenn er sich zurückgezogen hätte, hatten wir genug andere Sorgen. Nicht, dass wir glaubten, das wesentlich kleinere Suna-Gakure nicht besiegen zu können, aber alle wussten, dass die Kämpfe gegen Gaaras Willen stattfanden und man hoffte, die Situation würde sich beruhigen, wenn er die Zügel wieder in der Hand hielte. Die Chance gab es natürlich nicht, wenn wir davor ein paar seiner Leute getötet hätten, also hatten wir strikte Anweisung, das zu vermeiden.

Ich hätte nie gedacht, dass es mal so weit kommen würde, aber in dieser Zeit war Sasuke mein Ruhepol.

Einfach hier neben ihm zu liegen und mit der Seite meiner Hand seine zu berühren. Das Bett war eng und ich hatte mich seitlich zu Sasuke gedreht und betrachtete sein Gesicht mit den geschlossenen Augen und den rot geküssten Lippen.

"Fuck, bist du schön."

Er öffnete die Augen und sah mich nachdenklich an. "Woher kommt das denn plötzlich?"

Ich nahm seine Hand, drückte fest seine Finger. "Weiß nicht, ist mir nur gerade aufgefallen."

Er machte ein amüsiertes Geräusch, als er sich zur Seite drehte, mich auf die Matratze drückte und sich über mich kniete. Seine Haare hingen mir ins Gesicht, als er mich küsste. Ich strich sie zur Seite und genoss das Gefühl seines Körpers, der sich einladend an meinem rieb. Seine Hände glitten über meine Brust, berührten zärtlich die Muskeln an meinem Oberkörper. Schließlich nahm er sie weg und ersetzte sie durch Berührungen seines Mundes.

Mit in dem Nacken gelegtem Kopf stieß ich ein heiseres Lachen aus; es fiel ihm so leicht, mich zu erregen. "Kann es sein, dass Komplimente dich anmachen?"

"Ts", machte er, ohne sein Tun zu unterbrechen.

"Mein Gott, es ist wahr, du arroganter Scheißkerl! Was macht dich mehr an - wenn du dein Ego oder deinen Schwanz gestreichelt bekommst?"

Eine Antwort sollte ich nie bekommen, dafür streichelte Sasuke aber sehr liebevoll mein bestes Stück. Damit konnte ich leben.
 

Ich fühlte mich unwohl in dem vollen Restaurant, als wäre ich zu Unrecht hier. Tatsächlich war mir auch nicht danach, mit einer Freundin - Oder auch der Freundin eines Freundes - Hier zu sitzen, aber da war ich nun und sah Temari zu, die hungrig ihren Teller leerte. Fast machte es den Eindruck, als würde sie so viel essen, um nicht reden zu müssen, denn wir saßen schon eine halbe Stunde hier, ohne groß etwas gesagt zu haben.

"Langsam frag ich mich, warum du dich mit mir treffen wolltest", sagte ich schließlich mürrisch, als sie sich noch Nachtisch bestellte. Sie brauchte aber nicht glauben, dass ich das alles zahlte!

"Hab ich doch schon gesagt; ich muss mit jemandem reden", erklärte sie ungeduldig.

"Deswegen wundere ich mich ja, warum du es seit dreißig Minuten nicht tust."

"Das ist nicht so leicht."

"Doch; du machst den Mund auf, bemühst deine Lunge und die Stimmbänder und schon kommen Worte raus."

"Haha, sehr witzig."

"Vielleicht wäre es bei deinem Freund oder deinen Brüdern einfacher?", schlug ich schnippisch vor, doch Temari machte nur eine unwirsche Handbewegung.

"Wenn ich das könnte, hätte ich es doch schon lange getan, oder? Idiot."

"Ich kann auch gehen."

"Nein, schon ok, du kannst ja auch nichts dafür."

Ich war noch immer versucht, einfach zu gehen, blieb dann aber trotz ihrer Uneinsichtigkeit, weil sie offenbar wirklich Hilfe brauchte und ich die nicht verwehren wollte. "Also?"

Temaris Nachspeise kam, aber jetzt war ihr scheinbar doch der zuvor noch so enorme Appetit vergangen. Lustlos stocherte sie im schmelzenden Eis. "Die ganze Situation ist richtig eskaliert, hm?"

"Kann man so sagen", erwiderte ich mit der Ahnung, dass das Attentat nicht war, worauf sie hinaus wollte. "Obwohl man ein politisches Motiv fast ausschließen kann, sonst hätte es ja ein Bekennerschreiben oder so gegeben."

"Wahrscheinlich... So, wie der Rat sich aufführt, könnte man fast meinen, sie hätten das alles selbst angezettelt."

"Ich verstehe nicht, wieso diese Leute so dringend Krieg wollen."

Temari seufzte. "Das ist nur der alte, grundlose Hass zwischen den Dörfern. Die Leute, die unter Gaara aufwachsen, bekommen das gar nicht mehr so mit, aber die, die heute an der Macht sind, haben dieses Denken noch genau im Kopf. Zumal sie Konoha jetzt auch als Bedrohung sehen, weil ihr noch einen Jinchuriki habt. Ich hab alle Hände voll zu tun - und sobald Gaara wieder auf den Beinen ist, wird er sich ins Krankenbett zurück sehnen."

"Moment mal. Die haben Angst vor mir? Aber sie zwingen Tsunade doch regelrecht, mich kämpfen zu lassen, wenn sie einen Krieg anzetteln."

"Man glaubt wohl, Angriff sei die bessere Verteidigung." Temari zuckte die Schultern und schob den mit Eispampe vollen Teller von sich. "Ein Krieg lässt sich fast nicht mehr vermeiden... Wäre verrückt, in dieser Situation ein Kind zu bekommen..."

"Ja, allerdings, das..." Ich stockte, als mir klar wurde, was sie gesagt hatte - und was somit womöglich der Grund dieses Treffens war. "Wie kommst du darauf?"

"Ist das nicht offensichtlich?" Als ich schwieg, seufzte sie. "Ich bin schwanger, Trottel."

Ok - Iih würde wohl doch ihr Essen zahlen. "Fuck."

"Das kannst du laut sagen."

"Bist du sicher?"

"Ich hab mehrere Tests gemacht."

"Fuck", wiederholte ich und sie verdrehte die Augen, weil das nicht sehr produktiv war. "Weiß Shikamaru schon davon? Und... Es ist seins, oder?"

Temari sah mich vernichtend an. "Natürlich ist es sein Kind. Und nein, er weiß noch nichts davon, sonst würde ich wohl kaum ausgerechnet mit dir reden. Du kannst dir ja denken, was er von Kindern hält. Und die Situation könnte kaum mieser sein."

"Nein, könnte sie wohl nicht. Aber du nimmst Shikamaru die Möglichkeit, sie besser zu machen, wenn du nicht mit ihm redest. Du kennst ihn doch; er hat immer einen Plan."

"Schon... Aber wenn mir dieser Plan nicht gefällt?"

"Dann sagst du ihm, er soll sich was neues ausdenken."

"Wir haben aber nur zwei Optionen."

"Möchtest du das Kind denn?", fragte ich behutsam. Ich war vermutlich noch überforderter mit der Situation als Temari selbst, aber sie musste offenbar wirklich dringend reden. Vermutlich wäre es besser gewesen, sie hätte sich an eine Freundin gewandt oder zumindest eines der Mädchen aus unserem Jahrgang, aber denen stand sie nicht besonders nahe. Außerdem wusste sie, dass sie auf meine Diskretion vertrauen konnte - sogar Shikamaru gegenüber, wenn sie das wollte.

Ich versuchte, ihn mir als Vater vorzustellen, aber das war schwierig. Sicher würde ihn das Familienleben oft nerven, aber wie alles andere würde er auch das mit resignierter Gelassenheit hinnehmen und mit Bravour meistern. Er war einer der Menschen, die alles konnten und nichts wollten. Leicht verbittert dachte ich an meine eigene Familienplanung. Ich liebte Kinder und wollte unbedingt eigene, am liebsten möglichst viele. Aber wenn ich bei Sasuke bliebe, würde dieser Traum unerfüllt bleiben. Ob ich damit leben könnte?

Ich konzentrierte mich wieder auf Temari, als sie das Wort ergriff: "Wenn ich das wüsste, wäre ich vermutlich nicht hier, oder?"

"Wahrscheinlich nicht... Aber bei der Entscheidung kann weder ich noch sonst jemand dir helfen. Du bist eine sehr starke, empanzipierte Frau und ein Kind würde deine Karriere blockieren. Andererseits wärst du sicher eine gute Mutter und Gaara und Kankuro würden dir bestimmt helfen."

Temari stöhnte erschöpft. "Fang mir nicht mit den beiden an."

Ich lachte mitfühlend. "Sorry. Aber... Ich weiß nicht, wie Frauen empfinden, also kann ich dich nich völlig verstehen, aber für mich wäre es ein Geschenk, Kinder mit der Person zu haben, die ich liebe. Vielleicht ist das zu kitschig für dich und Shikamaru, aber... Eine Familie macht eine Beziehung meiner Meinung nach erst komplett. Und du liebst ihn doch."

Natürlich antwortete Temari nicht, denn sie war nicht der Typ Frau, der seine Gefühle an die große Glocke hängte. Gerade das überzeugte mich jedoch davon, dass sie die richtige Entscheidung treffen würde.

"Sag es ihm, Temari. Er hat ein Recht darauf."

Wir erschraken beide, als ein Kellner uns plötzlich ansprach: "Möchten Sie noch etwas?"

"Ein paar Antworten, vielleicht", seufzte Temari.
 

Sakura stand in der brennenden Sonne des Frühsommers, aber ihr Gesicht war wie erfroren. Sie sah weder mich noch Sasuke an, der hinter mich trat, wie um mir den Rücken zu stärken. Ich hätte gerne seine Hand genommen, wollte Sakura aber nicht provozieren, immerhin hatte ich sie fast zwei Wochen lang nicht gesehen und vermisst.

"Sakura-chan! Können wir...?"

"Ich bin nur hier, um zu sagen, dass ich nicht mehr auf Sasuke-kun aufpassen kann und wir uns wohl länger nicht sehen werden."

"Aber..."

"Ich wurde ins Grenzgebiet berufen", sagte sie und sah mich zum ersten Mal direkt an. "Es gab die ersten Toten, Naruto."

"Aber in was für einem Team bist du? Ist Sai bei dir?"

"Nein, obwohl auch er gehen wird... Was du wüsstest, wenn du bei deinen Freunden wärst."

"Sakura-chan..."

Sie hob die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. "Ich will gar nichts hören. Und deine Sorge kannst du dir auch sparen. Diesmal brauch ich keinen Retter. Ich bin stark genug, um auf mich selbst aufzupassen."
 

Ich hatte niemandem von dem erzählt, was ich vorhatte - sie hätten es ja doch nicht verstanden. Außer Sasuke vielleicht, und der war in letzter Zeit nicht zurechnungsfähig. Ich eigentlich auch nicht, aber das fiel niemandem auf, weil die meisten meiner Freunde sich von mir distanziert hatten, nachdem die Sache mit Hinata und mir rausgekommen war.

Ich war so einsam...

Gewaltsam schob ich den Gedanken beiseite, als ich auf das Anwesen der Hokage zuschritt. Der Felsen dahinter lag im strahlenden Sonnenschein, sodass die Augen der ehemaligen Staatsoberhäupter zu glänzen schienen. Im Gebäude selbst fanden letzte Friedensverhandlungen statt. Noch taten wir so, als wüssten wir nichts von den Angriffen, aber langsam musste Tsunade handeln. Außerdem war betteln nicht ihr Stil, schon gar nicht bei Unterlegenen. Ich fragte mich, wie Hass so groß sein konnte, dass er den Tod der eigenen Leute, der Familie, billigend in Kauf nahm.

Auf den Fluren herrschte geschäftigeres Treiben als sonst in letzter Zeit. Alle holten sich Anweisungen für die Kämpfe, denn keiner glaubte noch wirklich an den friedlichen Ausgang der Sache. Die Delegation hatte Gaara im Krankenhaus besucht und seine Anweisung, die Affäre zu beenden, mit dem Grund abgewiesen, er sei nicht Herr seiner Sinne.

Schließlich war ich vor dem Raum, in dem die Verhandlungen stattfanden. Die beiden Wachen richteten sich auf, als ich vor ihnen stand, sahen aber nicht sonderlich abweisend aus. "Hey. Was ist los?", fragte einer der beiden, den ich flüchtig kannte.

Natürlich konnte ich nicht einfach sagen, was ich vorhatte, also zögerte ich. "Ich muss der Hokage etwas ausrichten.", benutzte ich schließlich die billigste mögliche Ausrede.

Mein Bekannter runzelte die Stirn, warf seinem Kollegen einen skeptischen Blick zu. "Die ham da drin ne wichtige Besprechung, Mann", erklärte er zurückhaltend.

"Was ich zu sagen habe, ist auch wichtig. Hat was mit dem Krieg zu tun." Das stimmte sogar.

Der sichtlich gelangweilte zweite Wachmann zuckte die Schultern. "Lass ihn doch. Die Alte wird ihn schon zusammenfalten, wenn´s nicht wichtig ist."

"Na, wenn ihr meint", gab der andere nach und klopfte an die Tür, bevor er sie öffnete.

Ich straffte die Schultern, als ich gegen die Wand abweisender Blicke den Raum betrat. Heute waren nur die Ältesten aus Suna und Konoha sowie Tsunade anwesend. Letztere schien schon zu ahnen, dass ihr der Grund für meine Anwesenheit nicht gefallen würde; sie sah mich skeptisch an, die Arme unter der Brust verschränkt.

"Was willst du?"

"Du solltest Respektspersonen nicht derart unterbrechen, Junge", belehrte ein Mann aus Suna mich großspurig. Er wurde unter meinem Blick, der deutlich machte, dass ich ihn nicht respektierte, rot, sprach aber wütend weiter: "Was wir hier besprechen, ist nicht zuletzt deine Schuld."

"Deshalb bin ich hier", sagte ich gelassen, bevor Tsunade ihn zurechtweisen konnte. "Man ist offensichtlich der Meinung, ich hätte etwas mit dem Attentat auf Gaara zu tun. Er ist mein Freund und ich respektiere ihn als Kazekage, deshalb kann ich diese Anschuldigungen nur mit Entsetzen sehen. Ich habe nie die Hand gegen ihn erhoben und hätte, wäre es in meiner Macht gestanden, alles getan, um ihn zu schützen. Trotzdem sehe ich als sein Leibwächter meine Verantwortung und deshalb..."

"Naruto", zischte Tsunade, doch ich sprach einfach weiter.

"Deshalb biete ich mich als Entschädigung für Sunas Verluste an. Ich bin Jinchuriki und Sohn des vierten Hokage, außerdem war es mein Versäumnis, was mit Gaara passiert ist. Ihr könnt mich einsperren - oder töten, wenn ihr das wollt. Was immer euch angemessen erscheint, um den Frieden zu wahren, ich bin bereit, es zu tun."

Einen Moment herrschte Stille, dann brach die sprichwörtliche Hölle los. Über den Tumult hinweg starrte Tsunade mich in fassungslosem Schweigen an, was ich mit einem gewinnenden Lächeln erwiderte.

Ich hoffte nur, es würde meine Angst überspielen.
 

"Temari-san hat u-uns erzählt, sie sei... Na ja... Sch-Schwanger..."

"Ach ja?" Ich sah aus dem Fenster, hörte Hinata, die neben mir saß, kaum zu. Ich sollte gar nicht hier sein.

Kurz herrschte Stille, dann fragte sie: "Du... Hast davon gewusst?"

"Was...? Oh, ja. Sie hat mir vor ein paar Tagen davon erzählt. Sie behält es also? Freut mich für die beiden."

"Du... Du magst Kinder, oder, Naruto-kun?"

"Ja, klar, wer nicht? Wieso?"

"Weil ich a-auch schwanger bin."
 

Ich hatte noch nie geraucht und hustete entsprechend, als ich an der Zigarette zog, obwohl es nicht die erste war. Die Schachtel lag offen auf dem Bett, die Hälfte ihres Inhaltes auf dem Boden und der Decke verteilt. Ich hatte sie von Shikamaru.

Als ich Sasuke in die Wohnung kommen hörte, setzte ich mich träge auf und sah, wie er, den Arm voller Einkäufe, in die Küche ging. Kurz darauf kam er zu mir und verzog angewidert das Gesicht. "Du stinkst", kommentierte er die Mischung aus Rauch und Alkohol, die an mir hing. Er verschränkte die Arme und musterte mich. "Seit wann rauchst du?"

"Gar nicht", kicherte ich. Leider fühlte ich mich trotz der Albernheit furchtbar.

"Ah ja." Sasuke zog die Brauen hoch. "Gibt es einen Grund dafür, dass du es nicht tust? Und auch noch in meinem Zimmer."

Die Hand, mit der ich mich aufgestützt hatte, rutschte weg. Ich lachte, drehte dann aber stöhnend den Kopf ins Kissen und umklammerte es mit beiden Armen. "Sie ist schwanger. Ich kann sie nich allein lassen, wenn sie von mir schwanger ist, das geht nich, Sasuke, ich bin kein Arsch."

Ich konnte nicht sehen, was Sasuke tat, spürte aber, wie er sich neben mich setzte. "Und deswegen regst du dich so auf?", fragte er kühl. "Du willst doch eine Familie."

"Ja, aber..." Ich drehte das Gesicht zu ihm, aber er sah mich nicht an. Träge streckte ich die Hand aus, strich über seine Wange, seinen Hals, seine Brust. "Was ist mit uns? Ich will nich... Ich kann nich auf dich UND auf ein Kind aufpassen."

"Du musst nicht auf mich aufpassen. Ich brauche nichts von dir."

Ich lachte und setzte mich diesmal wirklich hin, um Sasuke zu umarmen. Weil ich mein Kinn auf seine Schulter stützte war mein Mund ganz nah an seinem Ohr, als ich flüsterte: "Oh doch, Sasuke, du brauchst mich. Du brauchst ganz viel Liebe, deshalb bist du ja auch bei mir. Weil ich so ein verdammt großes Herz hab für Arschlöcher wie dich... Und so einen verdammt großen Schwanz."

Sasuke lachte nicht mit mir sondern schob mich von sich. "Du bist betrunken. Schlaf ein bisschen, dann reden wir weiter."

"Ich hab doch schon versucht zu schlafen, aber es geht nicht. Sogar mit Alkohol! Und Shikamaru hat gelogen. Die scheiß Kippen beruhigen kein Stück, die kratzen nur im Hals!", klagte ich laut und vermutlich lallend.

Ich jammerte, als Sasuke aufstand und das Zimmer verließ, aber mir fehlte die Kraft, ihm nachzulaufen. Lange blieb er eh nicht weg. Als er zurückkehrte, hatte er eine kleine Schachtel in der Hand, der er mit geübten Fingern eine Reihe Pillen entnahm. Verwirrt sah ich von der Tablette, die er mir hinhielt, in sein Gesicht.

"Was ist das?"

"Eine Pille", schnaubte Sasuke und ruckte auffordernd mit der Hand, bis ich die Plastikverpackung nahm.

Ich drehte sie skeptisch hin und her, als meine Abneigung gegen Medizin aller Art sich meldete. "Schon klar - Aber für was? Und woher hast du die plötzlich?"

"Das sind Beruhigungspillen. Tsunade gab sie mir, als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde."

"Aber... Die wurden doch schon lange abgesetzt." Als er nur die Schultern zuckte ging mir ein Licht auf und ich deutete triumphierend auf ihn. "Aha! Wusst ich doch, dass du deine Medikamente nicht genommen hast!", rief ich, doch dann verschwand meine Freude so jäh, wie sie gekommen war. "Nicht mal dafür konnte ich sorgen."

"Es war meine Entscheidung. Du hättest nichts dagegen tun können", entgegnete Sasuke, aber das beruhigte mich nicht.

Deprimiert drückte ich das Gesicht ins Kissen. "Ich bin echt nutzlos. Auf dich konnte ich nicht aufpassen, auf Gaara nicht und ich schaff es nicht mal, mit Hinata Schluss zu machen... Wie sollte ich da auf ein Kind aufpassen?", jammerte ich, obwohl Sasuke sicher die Hälfte nicht verstand, weil das Kissen meine Worte verschluckte. Mir war zum Heulen zumute und schlecht war mir auch noch. Als ich Sasukes Hand in meinem Haar spürte, dachte ich zuerst, er würde mir beruhigend den Kopf tätscheln, aber stattdessen zog er grob an meinem Schopf. Ich schrie auf und setzte mich, um dem Schmerz zu entgehen. Gerade, als ich Sasukes Finger aus meinen Strähnen lösen wollte, küsste dieser mich überraschend und heftig. Ich war so überrumpelt, dass ich den Mund zu einem Protestlaut öffnete und schon hatte ich seine Zunge im Hals. Zusätzlich dazu spürte ich einen Fremdkörper in meinem Mund und als ich diesen mit der Zunge anstupste merkte ich, dass er bitter war. Die Pille. Ich riss die Augen auf, aber es war zu spät; mein Schluckreflex hatte bereits eingesetzt.

"Spinnst du?!", keuchte ich, als ich Sasuke endlich von mir geschoben hatte.

Er sah zufrieden aus, als er sich die Speichelfäden, die ich dort in meinem Versuch, ihn abzuwehren, hinterlassen hatte, abwischte. "Nein."

"Wa...? Ich glaube schon! Du kannst mir doch nicht einfach Beruhigungstabletten geben, du Psycho!"

"Das waren Antidepressiva."

"Das macht es nicht besser! Das ist Körperverletzung, weißt du das eigentlich!? Außerdem sind es deine Tabletten, vielleicht sind sie für mich total schädlich. Du spinnst echt. Ich sag´s dir, wenn es mir schlecht wird, kotz ich in dein scheiß Bett und sperr die Tür zu bis es in deinem ganzen Zimmer stinkt."

"Ich schlafe eh bei dir."

"Von wegen, das kannst du nach der Aktion vergessen! Sei froh, dass ich dich nicht anzeige, du Arschloch. Ernsthaft, was ist falsch mit dir?!"

Sasuke beobachtete meine Monologe interessiert, was mich zuerst rasend machte - und mir dann nach und nach gleichgültiger wurde. Ich erwiderte Sasukes Lächeln, als dieser merkte, wie ich mich entspannte, und ließ es zu, dass er mich ins Bett drückte, meinen Bauch auf der Matratze. Ich fühlte mich leicht, als könne ich schweben und würde nur von Sasuke auf der Erde gehalten, der sich auf mich setzte und mein Shirt hoch schob, um meinen Rücken zu massieren.

"Ich mag es, dein Gewicht so auf mir zu spüren", sagte ich, die Stimme mehr ein genüssliches Stöhnen unter seinen Fingern.

"Ja?"

"Sehr", summte ich, doch dann runzelte ich die Stirn. "Aber du bist leichter Hinata. Du solltest echt mehr essen." Darauf antwortete er nicht und die Tablette gab mir das angenehme Gefühl, dass es nicht so wichtig war. "Sasuke...?"

"Ja?"

"Schlaf mit mir."

"Sicher." Er bewegte sich auf mir, dann spürte ich seine Hand an meinem Mund. Diesmal öffnete ich widerstandslos die Lippen und schluckte die Pille, obwohl auch diese bitter war. "Morgen."

"Nein, jetzt!", protestierte ich mürrisch und wollte mich umdrehen, aber Sasuke blieb auf mir sitzen und drückte mich mit den Händen nach unten. "Ich liebe dich. Ich will mit dir schlafen."

Er stockte und nach einem Moment der Trägheit verstand ich auch, wieso. Ich wurde rot, leckte mir die Lippen und versuchte, darüber nachzudenken, aber es ging nicht, also schloss ich einfach die Augen. Die zweite Pille war offensichtlich das Beruhigungsmittel.

"Ich liebe dich, Sasuke", wiederholte ich, schon im Einschlafen begriffen.

"Ich weiß."
 

"Er."

Ihre Stimme klang nicht nur verächtlich, sondern auch angewidert. Der Ton passte nicht zu ihr, genauso wenig wie der kalte Blick, mit dem sie Sasuke anstarrte. Aber was hatte ich erwartet? Ich hatte sie betrogen - Noch dazu mit einem Mann. Hinatas konservative Erziehung machte es fast unmöglich, das zu begreifen.

"Jaa...", sagte ich gedehnt. "Es tut mir leid. Ich weiß nicht, wie..."

"Oh, spiel mir nichts vor. Du bist nicht gestolpert und in ihn rein gerutscht. Wie... Wie konntest du nur? Das ist ekelhaft!"

Mit diesen Worten fing sie an zu weinen, aber ich wusste nicht, wie ich sie trösten sollte. Sasuke selbst saß auf einem Stuhl auf der anderen Seite des Couchtisches und beobachtete die Szene schweigend. Keine große Hilfe. Jedenfalls war das hier die Reaktion, die ich erwartet hatte, als ich Hinata von meiner Affäre erzählt hatte. Allerdings war ich damals nicht dazu gekommen, ihr zu sagen, dass es ein Mann, Sasuke, war, weil sie zu eifrig damit gewesen war, zu beteuern, dass sie mich trotzdem liebte und die andere Frau akzeptieren sollte - Für einen Mann galt das aber wohl nicht. Jetzt wusste ich wenigstens, warum sie gar nicht hatte wissen wollen, wer ´die` andere war.

"Hinata..."

"Nein, ich will nicht... Oh Gott, u-und mit diesen Händen hast du mich angefasst!"

"Nein, hat er nicht", sagte Sasuke gehässig - er wusste, dass wir seit Monaten keinen Sex mehr hatten.

"S-Sei still, du Mo-Monster! Du hast a-alles kaputt ge-gemacht! Oh... Wieso mu-musstest du ihn mir w-wegnehmen? Du hättest doch jeden a-anderen haben können für deine... Deine kranken Sp-Spielchen! Jeden!"

"Kranke Spielchen? Meinst du Sex?"

Sie wurde rot und ich sah Sasuke böse an. "Hör auf damit."

"Ich kann nichts dafür, dass sie prüde ist."

"U-Und ich kann nichts da-dafür, da, dass du widerlich bi-bist!", fauchte Hinata ungewöhnlich heftig zurück.

"Wie bitte? Ich kann dein Gestammel nicht verstehen."

"Hört jetzt auf - alle beide!", brüllte ich und sie verstummten tatsächlich, Hinata niedergeschlagen und verlegen, Sasuke betont desinteressiert. "Es tut mir leid, wie alles gekommen ist, das musst du mir glauben, Hinata. Aber ich kann die Situation eben auch nicht mehr ändern. Das heißt nicht, dass ich nicht für dich und das Kind da sein werde, aber..."

"Aber du willst eben auch nicht mi-mit ihm Schluss ma-machen."

"Ich kann nicht..."

"Du kannst alles, was du willst, Naruto-kun. Du willst nur nicht", flüsterte Hinata und sprang auf, um aus der Wohnung zu flüchten. Ich lief ihr nach und diesmal versuchte Sasuke nicht, mich zurückzuhalten.

Im Treppenhaus bekam ich Hinatas Oberarm zu fassen. "Warte, hör doch zu."

"Wa-Was willst du noch sagen? Du... D-Du verlässt mich - wegen IHM!"

"N-Nein...!" Gequält von ihrem Schmerz fuhr ich mir durchs Haar. "Ja. Ich weiß es doch nicht."

Hinata schüttelte den Kopf. "Es ist schon lange aus. D-Du hast ihn immer mehr als a-alles andere geliebt und das w-wird sich auch nicht ändern, egal wie sehr i-ich dich liebe. Dafür ha-hasse ich ihn."

Ohne zu antworten nahm ich sie in den Arm. Ich wusste, wie leicht es war, Sasuke zu hassen.
 

"Wir haben einen Brief. Sie grüßt dich und es geht ihr gut. Und sie hasst mich immer noch", las ich mit bitterem Lächeln vor. "Typisch Sakura-chan."

"Wer?"
 

Ich hasste Gefängnisse und dieses hier ganz besonders. Die Türen waren aus massivem Stahl und dreißig Zentimeter dick, sodass nie ein Sonnenstrahl ins Innere dringen konnte. Die Zellen rochen nach Angst, Verzweiflung und Urin n dich schüttelte den Kopf, noch bevor ich einen Schritt hinein getan hatte.

"Ich lasse dich auf keinen Fall hier!"

Sasuke zuckte nur die Schultern.

Er war dabei gewesen, als Tsunade ihn hierher geschickt hatte. Sie hatte gesagt, es gäbe im Moment keine andere Möglichkeit und sich auch von meinem Protest nicht umstimmen lassen. Auch ich musste kämpfen, so einfach war das. Trotzdem hatte ich das Gefühl, sie machte das mit Absicht, um mich zu quälen für mein Verhalten vor der Delegation aus Suna. Und das, obwohl diese mein Angebot - Wie zu erwarten gewesen war - abgelehnt hatten. Sie wollten den verurteilten Attentäter, behaupteten sie, aber eigentlich wollten sie einfach Krieg.

Und deswegen waren wir jetzt hier.

"Hör mal, wir können ihn nich mehr gehen lassen; Anweisung von oben", erklärte der Gefängniswärter, der uns hergebracht hatte. Er musterte Sasuke wohlwollend und sah dann wieder mich an. "Sorg dafür, dass draußen alles klar gemacht wird, dann kriegste ihn bald wieder. Wir sorgen dafür, dass er bis dahin an einem Stück bleibt."
 

"Baa-chan!" Ich riss die Tür zum Büro der Hokage auf, starrte sie ungläubig an. "Ist das dein Ernst?"

"Naruto-kun, be-beruhige dich doch...", fiepste Hinata, die dicht hinter mir stand und an meiner Jacke zupfte, um mich zum Gehen zu bewegen. Aus irgendeinem Grund wollte sie nicht, dass ich sie verteidigte.

"Was ist los?", erkundigte Tsunade sich für das Ausmaß meines Einbruchs erstaunlich gelassen. Sie hatte im Moment wohl größere Probleme als unbeugsame Untergebene.

"Hinata kann nicht kämpfen - das muss dir doch klar sein, als Ärztin! Lass sie hier, ich bitte dich. Das ist unmenschlich. Wenn... Wenn es noch wegen meinem Verhalten von letztens ist, entschuldige ich mich, aber das ist keine Art..."

"Erklär mir doch erstmal, wie du darauf kommst, dass Hinata nicht kämpfen kann. Für mich sieht sie gesund aus", meinte Tsunade mit einem prüfenden Blick auf Hinata. Das Mädchen sagte nichts, sondern senkte beschämt den Kopf.

Ich antwortete für sie: "Na, sie ist schwanger!"

Jetzt wirkte die Hokage ein wenig überrascht. Sie sah zwischen uns hin und her, bis ihr Blick auf Hinata hängen blieb. "Stimmt das?", fragte sie und brachte damit etwas auf, an das ich noch nicht mal im Traum gedacht hatte.

"Natürlich, was fragst du...?"

"Ich frage Hinata", unterbrach Tsunade mich mit kühlem Blick auf meine Ex-Freundin.

Diese schwieg mit flammend rotem Gesicht, welches sie hinter ihrem langen Haar zu verstecken versuchte.

"Hinata."

"Ne-Nein, Hokage-sama. Es... Es stimmt nicht."
 

Es war ein schöner Tag. Die Sonne brannte den Leuten in den Nacken und ließ die blühenden Bäume besonders intensiv duften. Die Menge war für ihre Größe ungewöhnlich ruhig, was wohl auch an den Umständen lag. Sie alle blickten die Straße in Erwartung der Gruppe hinunter, die bald dort erscheinen sollte.

Ich hatte mich in den Schatten eines Hauses zurückgezogen, war alleine, wie schon die letzten Tage über. Sakura war weg, Sasuke im Gefängnis, meine Freunde schnitten mich fast alle. Und meine Freundin hatte mich ironischer Weise genauso belogen wie ich sie.

Natürlich verstand ich sie. Sie liebte mich und hatte gehofft, mich mit einem Kind halten zu können. Immerhin mochte ich Kinder und wünschte mir kaum etwas so sehr wie eine Familie, das wusste sie. Es hätte auch funktioniert, wenn Hinata denn wirklich schwanger gewesen wäre. Ich wusste nicht, ob ich enttäuscht oder erleichtert sein sollte, ob ich sauer auf Hinata war oder ob das nur die gerechte Strafe für meine eigenen Lügen war. Was ich getan hätte, wenn sie wirklich ein Kind von mir erwartet hätte. Mit jemandem darüber reden konnte ich aus bereits genannten Gründen auch nicht und diese Einsamkeit deprimierte mich zusätzlich.

Kämpfen ließ Tsunade mich auch nicht, denn sie wollte mich so lange wie möglich aus dem Krieg, für den die meisten Leute in Suna mich verantwortlich machten, raushalten. Ich war auch nicht scharf darauf, aber es wäre besser, als nichts zu tun.

Ich sah auf, als ein Raunen durch die Menge ging und erblickte in einiger Entfernung eine große Gruppe Menschen. Endlich kamen die, deretwegen man sich hier versammelt hatte. Ich lehnte mich gegen die Wand, tiefer in den Schatten, die Arme verschränkt, den Blick fest auf die Gruppe gerichtet, deren Gesichter ich inzwischen kannte.

"Mörder", zischte ich leise.

Und dann sah ich ihn. Er wirkte gesünder als das letzte mal, als ich ihn in seinem Krankenbett gesehen hatte, aber noch immer nicht völlig rehabilitiert. Gaaras Blick war glasig und auf den Boden zu seinen Füßen gerichtet, aber seine Schultern waren straff und sein Gang aufrecht. Neben ihm liefen Temari und Kankuro und um sie herum waren mehrere Wachen verteilt. Hinter ihnen, wie ein Wall zwischen Hokage und Kazekage, liefen die Ältesten aus Suna und sie waren es, die sich nach Tsunade umdrehten, um ihr geheucheltes Bedauern auszusprechen.

Ich ballte die Hand zur Faust, als sie sich die Hände reichten und die Delegation Konoha dann verließ. Solange Gaara in diesem Zustand war, konnte man wohl wirklich nicht auf ihn zählen und schon gar nicht von ihm erwarten, eine Regierung zu führen. Die einzige Hoffnung war, dass er sich bald erholen würde, aber als ich zwischen den sich zerstreuenden Zivilisten in Richtung meiner leeren Wohnung lief, wurde klar, dass sie nicht wirklich an einen solchen Ausgang der Krise glaubten.

Mit einem Mal war ich furchtbar erschöpft. Ich wollte nur noch nach Hause, obwohl ich die leere Wohnung hasste, in Sasukes Zimmer nach seinen Schlaftabletten suchen und traum- und gedankenlos vor mich hin dämmern.
 

~♥~
 

Hallo, meine Lieben!

Ich bin richtig stolz darauf, dass es tatsächlich so schneller weiter geht - Allerdings hatte ich auch die letzte Woche frei. Ab Donnerstag fängt bei mir das Abitur-Jahr an und ich weiß noch nicht, wie ich Zeit zum Schreiben haben werde... Aber ich tu mein bestes. Das Ziel, Blood Painted dieses Jahr abzuschließen, steht!! Haha... *headshot*
 

Anyway, the Chapter.

Wie angekündigt, war der Stil etwas anders als sonst; Kein Fliestext, sondern einzelne Szenen. Mir persönlich gefällt diese Schreibweise an sich ganz gut, aber ich werde für Blood Painted trotzdem wieder auf die sonstige Verlaufsweise zurückkommen. Hier habe ich das nur gemacht, um deutlicher zu machen, wie sehr Naruto von einem Moment zum nächsten lebt, wie in einer der Sequenzen erwähnt wird, falls man sich erinnert und ja.

Wie hat es euch gefallen?
 

Das längste ´Bruchstück` war ja die Szene mit Temari. Bisher hab ich sie und Naruto ja nicht als allzu gute Freunde dargestellt, obwohl ich Temari mag. Eigentlich ist sie sogar meine Lieblings Kunoichi, aber irgendwie ist sie mir hier zur Bitch geraten, ich weiß auch nicht, wie es passiert ist. xD° Jedenfalls finde ich eine Schwangerschaft von ihr mit einem Konoharaner als Vater ein schönes Thema, das ich anschneiden wollte.

Dass Hinata das gleich ausgenutzt hat... Tssss. Ich wollte ihre Reaktion auf Narutos Geständnis ein bisschen als Yandere darstellen - Also oberflächlich zuckersüß und untendrunter Psycho. Ich hoffe, das ist mir gelungen.
 

Ach und wieder etwas Werbung in eigener Sache: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/255926/317695/

Ist NaruSaku diesmal - Was ganz neues für mich :3
 

Jo, das war´s eigentlich auch schon wieder. :3

Ich hoffe ihr hattet Spaß und bleibt dabei!

See ya ♥

Belladonna

Ich blinzelte gegen das Licht und die Kopfschmerzen und vielleicht auch in der winzigen Hoffnung, meine Wut damit abzuschütteln zu können. Natürlich klappte es nicht. Die Tränen auf dem hübschen Gesicht riefen nicht mehr den heftigen Beschützerinstinkt in mir hervor, wie sie es schonmal getan hatten, weil ich nicht mehr wusste, ob sie echt waren. Kalt ließen sie mich natürlich auch nicht, was mich verärgerte.

"Jetzt hör auf, Hinata.", fuhr ich sie gereizt an.

"D-Du hasst mich jetzt..."

Seufzend blieb ich mitten auf der Straße vor ihr stehen. Die Leute starrten uns an, aber das war mir gerade egal. "Ich hasse dich nicht - Das könnte ich nie. Ich verstehe auch, wieso du dir das ausgedacht hast, aber du kannst mich so nicht halten... Ich... Wir..."

Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich offiziell mit ihr Schluss machen musste, weil sie es trotz meiner Affäre nicht tun würde. Wer wusste schon, was sie nach der verrückten Idee mit der Schwangerschaft noch versuchen würde, um mich zu halten? Meine Angst vor dem Alleinsein schnürte mir die Kehle zu; Es war unendlich schwer, zu sprechen und zu atmen, ich fühlte mich, als würde ich an meiner Spucke ersticken. Es war schwer, sich von jemandem zu trennen, deshalb hatte ich auch immer an jedem Menschen, der in mein Leben getreten war, so festgehalten. Ich wollte Hinata auch nicht ausstoßen, aber ich hatte das Gefühl, sie nicht mehr sehen zu können, wenn unsere Beziehung beendet war, deshalb drückte ich mich ja auch schon seit Monaten vor dem unvermeidlichen Ende.

"Hör zu... Es wäre verrückt, noch zusammen zu bleiben, nach allem. Die Lügen, die Vorwürfe... Das würde für immer zwischen uns stehen, siehst du das denn nicht?"

"Nein. ER würde zwischen uns stehen. Du musst ihn nur verlassen, dann ist alles wieder wie früher. Wir können es einfach vergessen... Schau - Ich verzeihe dir. Und du verzeihst mir und alles ist gut, ja?"

Mit traurigem Blick schüttelte ich den Kopf. Seit Sasuke zurück war hatte ich gelernt, dass nichts die Vergangenheit zurückbringen konnte, egal, wie sehr man es sich wünschte. Die einzige Möglichkeit, die man hatte, war, an der Zukunft zu arbeiten. Aber ich sah meine Zukunft nicht an ihrer Seite. "Das ist... Hinata, was redest du? Ich kann ihn nicht verlassen. Er braucht mich und ich..."

Ich brachte es nicht über mich, ihr zu sagen, dass ich ihn liebte. So richtig offiziell hatte ich es ja noch nicht mal ihm gesagt und geantwortet hatte er erst recht nicht, was mich jetzt, wo ich darüber nachdachte, ärgerte.

"I-Ich brauche dich auch.", sagte Hinata leise.

Ich seufzte tonlos, weil ich nicht wusste, was ich noch tun konnte, damit sie verstand, dass es vorbei war und alles, was ich ihr noch anbieten konnte, meine Freundschaft war. "Ich will dir einfach nichts vormachen. Es ist besser, wenn wir..."

"Ich muss jetzt auch los.", unterbrach sie mich. Sie lächelte zwar, aber in ihren Augen glomm Panik und sie wich bereits zurück, als wäre sie auf der Flucht. "Wir reden dann, Naruto-kun."

Verwirrt und ungläubig sah ich Hinata nach, als sie die Straße hinunter hastete, nur weg von mir. Es war noch nie vorgekommen, dass sie vor mir weggelaufen war. Sie war in Ohnmacht gefallen, war ungeschickt geworden und hatte gestottert, aber abgehauen war sie noch nie. Und das alles nur, weil sie die Wahrheit nicht hören wollte.

Resigniert lief ich durch die fast leeren Straßen über denen an einem taubenblauen Himmel stahlgraue Wolken vorbei hetzten. Das Sahara-Wetter hatte zusammen mit den Wüstenbewohnern aus Suna die Stadt verlassen und sie in der stetigen Erwartung heftiger Gewitter zurückgelassen. Die meisten Fenster blieben geschlossen und die Leute verharrten in ihren Häusern. Ich war mir nicht mal sicher, ob sie Angst hatten, viel mehr hielt ich die Reaktion der Dorfbewohner für Ungläubigkeit. Es war auch schwer vorstellbar, dass Jahre diplomatischer Aufwendungen einfach in den Wind geschlagen worden sein sollten. Leider waren die Taten an der Front mehr als überzeugend.

Ich war froh, dass Sakura ab und zu Sasuke schrieb, denn obwohl sie mich in ihren Briefen ignorierte und auch nicht auf meine Beziehung zu ihrem ewigen Schwarm einging, wäre ich wohl vor Sorge umgekommen, wenn wir gar nichts von ihr gehört hätten. Obwohl sie ihre Worte weiterhin kühl wählte, waren sie besser als nichts. Sasuke selbst, mit dem ich so viel Zeit wie möglich verbrachte, reagierte kaum auf ihre Aufmerksamkeiten - Zumindest dieser Umstand war eigentlich wie immer. Er lag auf seinem Bett, wenn ich ihn besuchte, und stierte an die schmutzige Zimmerdecke. Er hatte einen fiebrigen Glanz in den Augen, der mich besorgte, doch als ich dem Gefängnisarzt davon erzählte, konnte dieser keine Krankheit feststellen. Er sagte nur, dass Sasuke heftige Albträume hatte, was mir nicht gefiel, mich aber überraschte; Obwohl er, solange er in unserer Wohnung war, bei mir schlief, hatte ich schon lange keinen seiner nächtlichen Anfälle mehr erlebt und sie deswegen eigentlich für beendet gehalten. Helfen konnte mir der Mediziner bei dem Problem allerdings nicht, und das einzige Ergebnis, das ich durch meinen Bericht erzielte, war der, dass Sasuke sauer auf mich war.

"Es geht mir gut. Hör auf, diesen Quacksalber auf mich anzusetzen.", verlangte er eines Tages gereizt, als ich in seine Zelle trat.

Ich blieb vor der Tür stehen. "Es geht dir offensichtlich nicht gut. Du bist total übernächtigt und der Arzt sagt, du hättest wieder diese Träume... Sind es dieselben wie damals?"

Sasukes Augen waren kalt, als er mich einen Moment ansah, dann drehte er sich träge auf die Seite, der Wand zugewandt. "Ich träume davon, sie zu töten."

"Sie? Wer sind sie?"

"Alle.", wisperte er und rollte sich zusammen, sodass sein Gesicht im Schatten des leeren Stockbettes über seinem Schlafplatz lag. Seine Gestalt, die wieder knochiger geworden war, seit er hier war, schien unter jedem Atemzug zu beben und strahlte trotzdem etwas so Bedrohliches aus, dass es mir die Nackenhaare aufstellte und ich nicht wagte, mich ihm zu nähern. "Die Wachen. Die Häftlinge. Sie."

Diesmal verstand ich, wen er meinte. Sie. Hinata.

Ich leckte mir die plötzlich trockenen Lippen, dann ging ich rasch zu ihm und nahm ihn in den Arm, ohne auf sein Gesicht zu achten. Wenn wirklich Blutgier darauf zu sehen war, wollte ich sie gar nicht sehen.

"Du musst nicht eifersüchtig sein.", beruhigte ich zärtlich, denn diese irrationalen Träume mussten von der Verlustangst kommen, ganz sicher. Sie bedeuteten nicht, dass er Hinata oder sonst jemanden wirklich töten wollte. Deswegen war ich fast froh, dass er so etwas träumte und nicht wieder von lebenden Leichen seiner Familie; Er befasste sich mit dem hier und jetzt, mit mir und uns, nicht mit der Vergangenheit. "Es ist gut - Ich bleibe bei dir, egal, was passiert. Du brauchst keine Angst zu haben, vor nichts mehr. Weil du jetzt mich hast, ok?"

Eine Weile ließ er sich einfach nur schweigend halten, und mehr hatte ich eigentlich auch nicht von ihm erwartet, doch dann antwortete er tatsächlich auf mein Hilfsangebot. "Sag es nochmal.", verlangte er mit leiser, erschöpfter Stimme. Sein Körper war steif in meinen Armen, wehrte sich gegen die Berührung, aber ich ließ nicht los. Ich würde ihn nie mehr loslassen.

"Was willst du hören?", fragte ich, verwirrt, aber unverkennbar bereit, ihm alles zu geben, egal, was er brauchte.

"Was du letztens gesagt hast. Als du betrunken warst."

"Was...?", setzte ich nochmal an und stockte, als mir aufging, was er meinte. Seit er mich sprichwörtlich unter Drogen gesetzt hatte, hatten wir nicht darüber gesprochen und ich hatte meine Worte nicht wiederholt. Aber jetzt wollte - Brauchte - Sasuke diese Wahrheit, die mein Herz unregelmäßig schlagen ließ. Ich leckte mir die Lippen, doch meine Zunge fühlte sich plötzlich an wie ein trockener Lappen. Trotzdem tat ich, wie immer, was er wollte.

"Ich liebe dich."

Ich spürte, wie seine Muskeln sich entspannten, wie sein Körper langsam den Widerstand aufgab und sich mir öffnete. Sein Gesicht lag völlig in meinen Armen und es war das erste Mal, dass ich dieses blinde Vertrauen, das er mir beim Sex entgegenbrachte, außerhalb des Bettes von ihm bekam.

"Ich liebe dich, Sasuke."

Mit diesen Worten legte ich ihm mein Herz, meine Welt, zu Füßen und gab all die Zurückhaltung auf, die ich mir in den letzten Monaten aus Selbstschutz vorbehalten hatte. Und alles, was es für diese totale Unterwerfung gebraucht hatte, war eine Bitte von Sasuke. Ob er mein Geschenk annehmen würde oder es wegwerfen, das war noch nicht klar. Wie zu erwarten gewesen war, antwortete er nichts auf mein Geständnis. Er ließ sich einfach halten, saugte meine Kraft auf wie ein Schwamm das Wasser und ich ließ ihn gewähren.

Es fiel mir schwer zu gehen, als die Zeit gekommen war, aber es war sowieso schon Vorzugsbehandlung, dass ich mit ihm alleine sein durfte, also wollte ich es nicht ausreizen. Ich machte mir Sorgen um Sasuke, hatte aber letztlich keine Wahl, als die Besucherzeiten zu akzeptieren.
 

Es war spät und der Wind, der schon am Nachmittag die Wolken über den Himmel gepeitscht hatte, griff mir ins Haar, als wolle er all den unnötigen Ballast der letzten Monate einfach aus meinem Kopf blasen. Wie gern ich es ihm gestattet hätte.

Vielleicht war es jetzt ja so, wie es immer hatte sein sollen. Vielleicht hatte der Schreiber des Schicksals es so vorgesehen, dass alle mich hassen sollten und Sasuke alles war, was mir blieb. Immerhin war er in derselben haltlos einsamen Position; Es musste ja ein Kräftegleichgewicht herrschen in einer Beziehung.

Beziehung.

Es war nach wie vor seltsam, so zu denken, aber Sasuke war jetzt wohl offiziell mein fester Freund. Mein. Mit all seinen Ecken und Kanten, die ich so sehr liebte. Mit seinem mitleidlosen Egoismus und seiner wehrlosen Angst und seiner vernichtend stillen Ehrlichkeit... Gott, hatte ich ewig gebraucht, um mir das einzugestehen - Und das, wo es so offensichtlich war, was er für mich bedeutete.

Ich war in seltsam aufgeräumter Stimmung, als ich das Treppenhaus des Wohnhauses betrat. Mein Hirn war voll von tiefgründigen Gedanken über die Welt und die Liebe und ich war ehrlich irritiert, als das echte Leben sich in meine Sphären einmischte; Auf die Person, die ich auf dem Treppenabsatz vorfand, war ich absolut nicht vorbereitet. Sie sah aus, als hätte sie bis eben geweint, zeigte aber ein schmerzliches Lächeln, als sie sich von der Treppenstufe erhob, um mich zu begrüßen. Das war der einzige Gesichtsausdruck, den ich seit langem an Hinata gesehen hatte.

Sofort meldete sich mein Beschützerinstinkt, Mitleid und Reue - Und als neuste Komponente meines Gefühlscocktails: Widerwillen. Ich wollte sie nicht hier haben, hatte ihr die Lüge noch nicht verziehen und rang nach wie vor mit meiner eigenen. Außerdem hatte ich Angst um sie; Ihr Herz hätte schneller heilen können, wenn wir uns nicht ständig gesehen hätten, und ihr musste doch klar sein, dass es nichts ändern würde, wenn sie mir nachlief.

Trotzdem war meine Stimme weich, als ich stehen blieb, um sie zu begrüßen; In unsere Wohnung wollte ich sie nicht bitten. "Hinata. Was gibt es noch?"

Sie zupfte an ihrer Jacke und sah auf ihre Finger, hilflos und klein in der Nacht, den Blick unsicher auf meine Füße gerichtet. "Ha-Hallo, Naruto-kun... Ich wollte no-nochml mit dir reden - Bevor ich gehen muss."

Ihr Blick huschte zur Wohnungstür, aber ich machte, trotz meines höflichen Lächelns, keine Anstalten, sie hereinzubitten. Sie hatte gesagt, dass sie den Mann, den ich liebte, hasste. Sie hatte kein Recht, in unsere gemeinsame Wohnung, die plötzlich keine WG mehr war, zu kommen. "Gerne. Ich möchte nicht, dass alles... In einem Rosenkrieg oder so endet. Du weißt, dass ich dich nicht verletzten wollte - Das wollte ich nie."

Sie schüttelte den Kopf und ihre Augen blitzten im Flurlicht. Dann verlosch dieses Licht wegen der Zeitschaltung und ich konnte sie in der Dunkelheit kaum mehr ausmachen. "Oh nein. Es endet doch nicht."

Zuerst war ich verwirrt, dann verärgert und schließlich nur noch resigniert. "Doch, das tut es. Darüber hatten wir doch schon gesprochen. Nach allem, was war, können wir nicht einfach weitermachen... Das will ich auch gar nicht. Es tut mir leid, wie es passiert ist, aber ich hab jetzt eine neue Beziehung. Und ich denke, wir sollten uns ein bisschen Zeit geben und dann, wenn du überhaupt möchtest, können wir versuchen, wieder Freunde zu sein. Das wäre mir sehr wichtig. Aber mehr wird es nicht mehr sein, verstehst du das?"

"Aber du kannst nicht mit mir Schluss machen.", kicherte Hinata in fast hysterischem Tonfall, der mir sämtliche Nackenhaare aufstellte. "Mein V-Vater würde dich umbringen, we-wenn er wüsste, dass ich keine Ju-Jungfrau mehr bin."

Das schlug dem Fass jetzt schier den Boden aus und nahm mir jede Wärme aus der Stimme und dem Herzen. "Versuch nicht, mich zu erpressen, Hinata. Du weißt dass ich keine Angst vor Hiashi habe."

"Aber vor dem Alleinsein.", erwiderte sie, ungewöhnlich heftig und mit bitterem Spott. "Und das wirst du sein, wenn du dich auf ihn einlässt. E-Er kann sich dir nicht öffnen - Dazu ist er viel zu kaputt, und das weißt du. Er wird dich auffressen, um diese Leere zu füllen und es wird dich zerstören, nicht alles von ihm haben zu können, weil du genau das brauchst; Alles. Ihn kannst du nicht haben; Er gehört nicht mal sich selbst, sondern seiner Vergangenheit. Er ist Opfer seines Hasses und den kannst auch du mit all deiner Liebe nicht besiegen, so viel du ihm auch zu geben hast."

Ihre Worte machten mir Angst, weil ich instinktiv die Wahrheit in ihnen spürte, obwohl ich sie nicht hören wollte. Ich war frisch verliebt, ich wollte glauben, dass ich die Welt für ihn war und dass das immer so bleiben würde, verdammt. Und von meiner eifersüchtigen Exfreundin wollte ich mir das sicher nicht kaputtmachen lassen.

"Nein.", sagte ich leise. "Das ist eine Lüge. Ich kann..."

"Es ist wahr, Naruto-kun, und das weißt du auch. Ihn kannst du nicht haben..." Sie schüttelte den Kopf und nahm zärtlich meine Hand. "Aber mich."

Ich entzog mich ihrer Berührung, indem ich einen Schritt zurückwich. "Es ist vorbei zwischen uns. Es tut mir leid, aber so ist es."

"Bist du Masochist? Wi-Willst du, dass er dir wehtut?"

"Hör auf."

"E-Erst, wenn du aufhörst, dir etwas vorzumachen. Du bist, wer du bist - Und er auch. Das kann keiner von euch ändern."

"Ich will ihn ja auch so, wie er ist!", fuhr ich sie heftiger an als ich es beabsichtigt hatte. Sie erschrack, aber ich hatte gerade keine Lust, Rücksicht zu nehmen. In ihrem Blick flammte Angst auf, aber eigentlich hatte sie ja immer vor irgendetwas Angst; Vor ihrer Familie, vor Veränderung, vor der Liebe... Und in diesem Fall eben davor, mich zu verlieren - Aber das hatte sie schon, daran konnte sie nichts mehr ändern. Seltsam deutlich nahm ich plötzlich das Fehlen des heftigen Ziehens in der Brust wahr, das ihre Nähe früher bei mir ausgelöst hatte. Ich hatte nicht mal bemerkt, wann es verschwunden war, und jetzt war da nur noch leises Bedauern und aufkeimende Wut über Hinatas ungewohnte Sturheit.

"Bitte - Mach das nicht.", bat ich leise.

"W-Was...?"

"Bring mich nicht dazu, uns zu bereuen."
 

Weil kaum noch jemand in der Stadt war, konnte ich mich wenigstens nicht über Langeweile beklagen; Ich hatte einen Haufen Kleinkram im Dorf zu tun. Vielleicht hetzte Tsunade mich auch durch die Stadt um mich vom Grübeln abzuhalten, aber das funktionierte leider nicht. Ich machte mir unterwegs Sorgen um meine Freunde, besonders um Sasuke, Sakura und Hinata. Natürlich auch um Gaara, aber der war wahrscheinlich wenigstens sicher in irgendeinem Krankenhaus verstaut.

In Gedanken an sie erledigte ich alle Botengänge, auf die die Hokage mich schickte. Einer von eben diesen war es auch, der mich schließlich zu dem Trio zurückführte, das mit den Michelangelo-Fällen betraut worden war. Inzwischen sahen sie blass und erschöpft aus, was mich mit einer gewissen Befriedigung erfüllte - Ganz davon abgesehen, dass auch sie kaum erfolgreicher waren als Sakura, Sai und ich es gewesen waren.

"Und, wie läuft´s?", fragte ich gut gelaunt.

Niemand ging darauf ein.

Stattdessen antwortete die Anführerin knapp: "Wir haben Hinweise erhalten, denen du für uns nachgehst." Sie reichte mir eine Karte, auf der ein Punkt mit einem Kreuz markiert worden war. "An der gekennzeichneten Stelle soll ein unterirdisches Tunnelsystem beginnen. Wir kennen die Ausmaße noch nicht - Du wirst sie für uns ausloten."

"Und was hat das mit eurem Fall zu tun?"

"Wir haben den Verdacht, dass dieses System als Mittel zum unbemerkten Fortkommen genutzt wurde. Eigentlich waren die Tunnel für die Polizei von Konoha angelegt worden und wurden, seit diese aufgelöst ist, offiziell nicht mehr genutzt, aber es kann sein, dass der Straftäter auf welchem Wege auf immer davon erfahren hat."

"Ich hab noch nie was von diesen Wegen gehört.", gestand ich mit leisem Schauder; Ein Feind, der aus dem Untergrund zuschlägt und wieder verschwindet... Kein Wunder, dass die oberirdisch stationierten Wachen nie etwas gesehen hatten.

"Die Tunnelsysteme sind geheim angelegt worden. Außer den Uchiha, den Ältesten der damaligen Zeit und dem amtierenden Kage weiß niemand davon.", erklärte die Anführerin. "Tsunade-sama ist durch Zufall auf den Zusammenhang gestoßen, als wir ihr unsere Ergebnisse präsentierten. Allerdings kennt sie die Ausmaße des Systems auch nicht völlig, da im Laufe der Zeit viele Details verlorengegangen sind. Du wirst genau einzeichnen, wo es Ausgänge gibt - Vor allem in der Nähe der Tatorte."

"Und wenn er den Tunnel gar nicht benutzt hat?", warf ich ein.

"Es gibt kaum eine andere Möglichkeit, sonst hätten wir ihn längst erwischt. Aber es gehört auch zu deinen Aufgaben, Beweise für unsere Theorie zu finden, wenn es denn welche gibt. Und sei vorsichtig; Dort unten verläuft man sich leicht."

Sie lächelte schnippisch, was ich als Indiz dafür sah, dass ich entlassen war. Ich drehte mich um, hob als wortlosen Abschiedsgruß die Hand, in der ich die Karte hielt, und verließ den Raum.
 

Vielleicht war es nicht meine beste Idee gewesen, nachts hierher zu kommen.

Zumindest sah das verlassene, zerstörte Viertel im Mondschein nicht einladender aus, vor allem nicht, weil starker Wind Wolkenfetzen über den Himmel peitschte. Es war, als würden die Geister der Vergangenheit die Mainacht kälter machen als sie war. Zögernd betrat ich das Gelände, das noch immer abgeriegelt war und das, wie mir auffiel, als ich darüber nachdachte, immer noch Sasuke gehörte. Ob er es überhaupt haben wollte? Ich hatte ihn schon öfter gefragt, ob er das Viertel oder die Gräber seiner Familie besuchen wollte, aber er lehnte jede Erinnerung kategorisch ab. Vermutlich wurde er immer noch von Träumen geplagt und sagte mir einfach nichts darüber.

Außerdem sollte ich gar nicht hier sein; Ich hatte das Gefühl, ich hätte Sasuke um Erlaubnis bitten müssen. Aber mein Auftrag hatte ja nichts mit ihm oder seinen Ansprüchen auf dieses Viertel zu tun und er hätte sich vermutlich nur aufgeregt. Zumal; Wusste er überhaupt von dem Tunnelsystem? Er war sehr jung gewesen, als seine Familie ermordet wurde, vielleicht hatte man ihn noch gar nicht eingeweiht.

So jedenfalls versuchte ich, mein schlechtes Gewissen zu beruhigen.

Obwohl ich natürlich in jedem Schatten eine Gestalt sah, war außer mir niemand auf dem Gelände. Ich sah mich ein bisschen um und landete schließlich vor dem ehemaligen Haus von Sasukes Familie. Die Natur hatte große Teile davon bereits zurückerobert; Vor dem einstmals gepflegten Hof wuchs eine kleine Linde und Gras und Moos sprossen an dem Wänden. Seltsam, dass Sasuke hier gewohnt haben sollte.

Vielleicht wäre er inzwischen auch unter normalen Umständen ausgezogen? Vielleicht wäre er jetzt mit Sakura zusammen und ich mit Hinata und zwischen uns wäre nie etwas passiert? Und wenn doch, was hätten seine Eltern dazu gesagt? Ich hätte sie gerne kennengelernt, nur, um zu sehen, ob Fugaku genau so wütend wäre wie Hiashi, als der von seiner Tochter und mir gehört hatte.

Der Gedanke an Hinata versetzte mir einen schuldbewussten Stich. Letztendlich hatte ihr Vater Recht behalten, was mich betraf.

Ich schob die Erkenntnis beiseite und warf einen Blick auf die Karte, laut welcher der gesuchte Tunnel ganz in der Nähe sein musste. Behindert von Schutt und Gestrüpp brauchte ich fast eine halbe Stunde, bis ich den Standort schließlich in einem Garten lokalisierte. Leider war außer verwilderten Bäumen und einer moosbewachsenen Statue nichts zu sehen, sodass ich mich etwas hilflos umsah. Natürlich könnte ich den Boden umgraben, aber dann wäre meine Anwesenheit nicht mehr so geheim wie geplant. In Ermangelung einer besseren Idee machte ich drei Doppelgänger, die genauso planlos wirkten wie ich, sich aber verteilten, um mir suchen zu helfen.

Ich wusste nicht, wie spät es genau war, aber der Mond näherte sich bereits den Wipfeln der Bäume im Garten an, als ich schließlich völlig verdreckt war und auf den noch immer tunnellosen Rasen blickte. Ich hatte wirklich alles versucht und war frustriert. Vielleicht waren ja die Pläne falsch und das hier nicht das richtige Anwesen? Aber ich konnte nicht jedes Haus des Viertels durchsuchen.

Resigniert lehnte ich mich gegen die steinerne Statue und erschrak als sie mit einem Knirschen verrutschte.

Hastig drehte ich mich um, um sie zurück an ihren Platz zu rücken - Ich hatte immer noch ein schlechtes Gewissen, überhaupt hier zu sein, und wollte keine Beweise dafür hinterlassen - Aber musste erkennen, dass sie sich keinen Millimeter gerührt hatte. Aber ich hatte doch die Bewegung gespürt und das Knirschen gehört, ganz sicher!

Neugierig geworden untersuchte ich den Drachen genauer. Er war fest mit dem Sockel verbunden, also hätte man schon das ganze, schwere Konstrukt anpacken müssen, um die Statue zu bewegen. Aber was hatte dann das Geräusch gemacht? Ich steckte die Hand ins Drachenmaul, fast in der Erwartung, der Kiefer würde zuschnappen. Natürlich tat er das nicht und im Schlund der Bestie war nichts außer Brackwasser vom Regen und Moos und weder die Zunge noch die Zähne waren beweglich.

Auch das Äußere der Statue war moosbewachsen und dreckig - Bis auf eine Stelle unter der ausgestreckten Pranke des Drachen. Man sah zwar kein Scharnier oder ein anderes Zeichen dafür, dass der Arm sich bewegen ließ, aber es war unwahrscheinlich, dass ausgerechnet an dieser Stelle die Zeichen der Zeit nicht aufgetreten sein sollten. Ich betrachtete die Klaue genauer und drückte fest dagegen...

Und tatsächlich: Erneut das knirschende Geräusch.

Mein Herz hüpfte aufgeregt in der Brust auf und ab. Das hier war genau die Art Geheimgang, nach der ich gesucht hatte. Blieb nur noch die Frage, wer sonst noch von der Installation gewusst hatte - Und wer sie für seine Zwecke nutzte.

Mit ein bisschen Kraft schaffte ich es, den Arm des Steindrachens nach hinten zu drücken, was das Tier traurig entstellt wirken ließ. Trotzdem erwies es mir seinen Dienst; Die fordere Platte des Sockels, auf dem die Figur stand, rutschte zur Seite und gab den Blick auf einen dunklen Schacht frei. Ich kniete mich hin, um ihn zu begutachten. Muffige Luft schlug mir ins Gesicht und ein Luftzug krauste mein Haar, als würde der Tunnel atmen.

Irritiert blieb ich einen Moment hocken, dann schüttelte ich den Kopf und sprang beherzt in die Dunkelheit. Als ich durch die Schwärze segelte kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht zuerst hätte prüfen sollen, wie tief der Schacht war. Bevor Panik mich erfassen konnte, kam ich aber auch schon auf dem Boden auf. Der Aufprall presste mir die Luft aus den Lungen, hätte aber weit schlimmer enden können.

Erleichtert rappelte ich mich auf die Beine und tastete nach der Wand, um einen Anhaltspunkt über meinen Aufenthaltsort zu bekommen. Der Stein war feucht und kalt unter meinen Fingern, schien aber behauen und stabil. Um den Eindruck zu bestätigen kramte ich eine Taschenlampe aus meinem Rucksack. Ihr Lichtkegel fiel auf einen überraschend großen, runden Tunnel, der von der Feuchtigkeit des Erdreichs glänzte. Gerade, als ich mich einigermaßen zurechtgefunden hatte, hörte ich erneut das knirschende Geräusch des sich bewegenden Steins und blickte nach oben. Tiefste Schwärze war alles, was ich sah. Der Eingang war wieder geschlossen.

Ich leckte mir nervös über die Lippen, beschloss aber, mir erst Gedanken darüber zu machen, wie ich hier wieder rauskommen sollte, wenn ich meinen Auftrag erledigt hatte, also sah ich mich erst mal prüfend um. Rechts und links von mir führte der Tunnel unbestimmbar weit, bis sich das Licht der Taschenlampe in der Dunkelheit verlor. Die Luft war so kalt, dass mein Atem Wölkchen produzierte. Nach kurzem Zögern ging ich nach rechts, wobei ich meinen Weg möglichst genau auf meiner Karte einzeichnete, um später zurück zu finden.

Meine Schritte machten platschende Geräusche auf dem Boden und ich ertappte mich selbst dabei, immer wieder über die Schulter zu blicken. Obwohl ich mich selbst dafür auslachte, blieb das ungute Gefühl. Ich versuchte, mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren und dadurch abzulenken.

Der Tatort, welcher dem Uchiha-Viertel am nächsten war, war das Sägewerk, neben dem die Kinder verbrannt worden waren. Mit einem Schauder machte ich mich in diese Richtung auf, in Gedanken bei den dreizehn unschuldigen Toten und ihren Familien. Entweder Vater oder Mutter oder beide waren Shinobi und für das Verbrechen, in die falsche Familie geboren worden zu sein, hatten sie sterben müssen...

Der Gedanke an diese Möglichkeit machte die Vorstellung, vielleicht nie Kinder zu bekommen, fast erleichternd.

Nach einer Weile zeigte mir die Karte, dass ich ungefähr bei dem Sägewerk sein müsste und ich begann, mich umzusehen nach einer Leiter oder einem Tunnel, der dem ähnelte, der mich hier runter gebracht hatte. Ich war auf meinem Weg an mehreren Abzweigungen vorbeigekommen, hatte mich bisher aber an den Haupttunnel gehalten, um mich nicht zu verirren. Jetzt inspizierte ich auch die Nebenwege und in einem von diesen entdeckte ich auch tatsächlich den gesuchten Aufstieg. Eine rostige Leiter führte an die Oberfläche. Ich stieg sie hoch, weil ich eine Pause von der dunklen Enge unter der Erde brauchte und mich etwas an dem ehemaligen Tatort umsehen wollte.

Der Geruch nach Wald und Frühsommer ließ nichts von den Gräueltaten erahnen, die sich im Winter hier ereignet hatten. Ich ging zu der Stelle, an der der Scheiterhaufen gebrannt hatte, und schloss für einen Moment die Augen. Unverarbeitete Schuld ließ mir flau im Magen werden als ich die Kränze, Spielzeuge und Kerzen sah, die die Familien im Gedenken an ihre Kinder hier abgelegt hatten. Fotos von lachenden Kindern standen in hübschen Rahmen auf dem Boden. Die altbekannte Übelkeit kroch aus dem Bauch meine Kehle hoch und hinterließ dort einen bitteren Geschmack. Ich wollte weglaufen, zwang mich aber zu bleiben und jedem der Kinder ins Gesicht zu blicken.

Ich wusste später nicht mehr, wie lange ich dort gestanden hatte, als ich mich schließlich abwandte.

Der Platz vor dem Fabrikgebäude war perfekt abgeschirmt von den Bäumen; Niemand hätte jemanden gesehen, der aus dem Tunnel kam. Es war mehr als wahrscheinlich, dass auch genau das passiert war - Aber natürlich fehlte es nach wie vor an Beweisen.

Im Tunnel machte ich ein Kreuz etwa da auf der Karte, wo der Eingang sich befand, dann machte ich mich wieder auf den Weg. Wie bereits erwartet fand ich auch an den anderen Tatorten einen Ausgang, an manchen sogar mehrere ganz in der Nähe. Das bewies natürlich noch nichts, erklärte aber einiges, sollte der Täter das unterirdische System tatsächlich genutzt haben. Es war schwer zu glauben, dass das nicht der Fall sein sollte, denn wie sonst hätte sich jemand völlig unbemerkt durch das schwer bewachte Konoha schleichen sollen?

Als ich schließlich in der Nähe von Sunas Botschaft aus dem letzten Tunnelausgang stieg war ich erschöpft und wollte zu Sasuke. Ich starrte zu dem dunklen Fenster empor, von dem ich wusste, dass Gaaras Zimmer dahinter lag und fragte mich, wie es ihm jetzt wohl gerade ging.

Seit die Kämpfe in den Grenzgebieten angefangen hatten, hatte ich weder von ihm noch von seinen Geschwistern gehört, was mich beunruhigte. Ob sie wohl sicher nach Hause gekommen waren? Ob die Ärzte in Suna ihrem Kazekage besser helfen konnten als die hiesigen Mediziner? Ob es Temari und dem Baby gut ging? Und ob sie wohl schon wusste, was es werden würde? Ich wusste nicht mal, in welchem Monat sie war, was mich plötzlich deprimierte.

Seufzend wandte ich mich von dem Gebäude ab, um mir die Nacht mit einem Bericht und der Sehnsucht nach meinem Geliebten und meinen Freunden um die Ohren zu hauen.
 

Ich schlief schlecht, seit ich alleine war, schlug mir oft ganze Nächte auf der Straße um die Ohren. Die Ausgangssperre war aufgehoben, weil sie schlichtweg nicht mehr realisierbar war. Viel zu viele Shinobi waren in Sunas Grenzgebiet. Trotzdem schien es die Leute nicht in die Frühsommernächte zu ziehen; Es war nie viel los, wenn ich einsam durch das Dorf patroullierte.

Die Leute hatten Angst.

Gerade deswegen entlud sich aber dort, wo die wenigen Nachtschwärmer dann doch aufeinandertrafen, heftige Spannung und ich gab mein Bestes, diese gewaltfrei zu lösen. So hatte ich das Gefühl, wenigstens einen Teil meiner Verantwortung zu tragen, obwohl ich in Gedanken ständig bei meinen Freunden in den Grenzgebieten war. Noch hatte Tsunade ihre Verhandlungstaktik zwar nicht aufgegeben, weshalb noch keine größeren Eskalationen passiert waren, aber es hatte durchaus schon kleinere Scharmützel gegeben und eigentlich wartete jeder nur noch darauf, dass der Zunder Feuer fing.

Wenn diese Sorgen es mich doch mal lang genug im Bett aushalten ließen, um tatsächlich zu schlafen, träumte ich schlecht; Der Traum von dem dunklen Flur, dessen abruptes Ende nicht half, war nach wie vor mein Dauerbegleiter. Ich träumte von Sasuke und Gaara, die sich stritten, und von Hinata, die mich verfolgte - Was sie tatsächlich getan hatte, bis sie an die Grenze versetzt worden war. Ich sah eine schwer verletzte Sakura, Temari, die ihr Baby verloren hatte, verstümmelte Menschen, Sasuke, der mich verließ, Blut und Häuser in Flammen. Es kam sogar so weit, dass ich Angst hatte, zu schlafen, und mich mit aller Macht wach hielt, bis es irgendwann einfach nicht mehr ging. Schließlich war ich so lange alleine in meiner Wohnung herumgelaufen, dass man sich offenbar Sorgen machte; Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit klingelte es an meiner Tür.

Ich lag in meinem Bett, frisch erwacht aus einem der Albträume. Träge öffnete ich die Augen und starrte an die Decke, während das unangenehme Geräusch der Türglocke sich in meinen schmerzenden Kopf bohrte. Einerseits war ich zu erschöpft, auch nur ans Aufstehen zu denken, andererseits war ich auch so ausgehungert nach Gesellschaft, dass ich es schließlich doch tat.

Shikamaru stand an der Tür. Er wirkte besorgt, als er mich erblickte. "Siehst ja scheiße aus.", war sein fachmännischer Kommentar.

"Hm.", antwortete ich schlagfertig. Ich trat zur Seite und er kam in die Wohnung, die noch nie so unordentlich gewesen war in den Monaten, die unsere WG hier schon bestand; Sasuke als Ordnungsfanatiker fehlte eindeutig.

Irgendwo zwischen getragener Kleidung, Coladosen und leeren Verpackungen von Fertiggerichten fand mein Gast einen Sitzplatz. Er beschwerte sich nicht, denn er war ab und zu in meiner vorigen Wohnung gewesen und kannte meine Einstellung zum Aufräumen. "Man hat dich lang nich gesehen.", brachte er den Grund für seine Anwesenheit direkt auf den Punkt.

"Das hätte man gekonnt, wenn man gewollt hätte.", fauchte ich, doch dann bereute ich die ungerechtfertigte Schärfe, schließlich wusste ich, dass ich mich zurückgezogen hatte wie ein sterbendes Tier. Erschöpft rieb ich mir die Augen. "Tut mir leid. Ich schlaf nur seit Tagen kaum."

"Was auch immer.", überging er meine Unhöflichkeit, sodass ich mich erleichtert setzen konnte. "Außerdem ist das nach den letzten Wochen kein Wunder... Du hast dir ziemlichen Ärger eingehandelt - Wie so oft. Die anderen sind echt sauer auf dich. Kiba wollte dir den Kopf abreißen, als er von Hinata und dir gehört hat."

Ich seufzte; Die Vorliebe ihres besten Freundes für meine Exfreundin hatte ich schon immer gekannt. "Kann ich mir vorstellen..."

"Ist wahrscheinlich gut für dich, dass alle erstmal weg sind."

"Jaaa...", erwiderte ich gedehnt und nicht besonders überzeugt. Sogar Konflikte mit meinen Freunden wären mir lieber, als diese beständige Einsamkeit. "Ich hoffe nur, dass alle unbeschadet zurückkommen... Hast du schon was von Temari und ihren Brüdern gehört?"

"Sie sind gut zu Hause angekommen und Gaara ist wohl auf dem Weg der Besserung, aber noch nicht wirklich auf dem Damm. Temari tut ihr Bestes, um den Rat und die Leute ruhig zu halten, aber wenn nicht bald etwas passiert, könnte es echt lästig werden."

"Es ist schon lästig."

"Kann man wohl sagen. Aber bisher ist noch nichts wirklich eskaliert und darüber können wir froh sein. Aber es ist nur noch eine Frage der Zeit.", fügte Shikamaru düster hinzu.

"Wahrscheinlich. Es ist unglaublich, dass diese Rivalitäten immer noch bestehen."

"Ich glaube, in unserer Generation ist das auch gar nicht mehr so das Problem. Aber die Ältesten sind noch sehr in ihren Mustern gefangen... Was nach allem, was in de Vergangenheit passiert ist, auch kein Wunder ist."

"Aber das ist doch dumm! Wir sind doch zusammen viel stärker.", protestierte ich aufgebracht, woraufhin Shikamaru lächelte.

"Vielleicht. Aber stell dir vor, jemand würde deine Familie verletzen oder töten. Könnest du so jemandem jemals verzeihen?"

Ich dachte an Sasuke und Sakura und musste seufzend den Kopf schütteln. "Nein, das könnte ich nicht. Vermutlich hast du Recht, aber das ändert die Vergangenheit auch nicht. Alles, was wir tun können, ist unsere Zukunft gestalten."

"Tja, aber wer weiß schon, was die bringt?", sinnierte er nachdenklich, den Blick nach draußen gerichtet.

Ich vermutete, dass er an seine eigene Zukunft dachte; Das Kind, das er erwartete, seine Freundin und vielleicht zukünftige Frau, seinen kranken Schwager im Spe... Er hatte es nicht leicht und trotzdem war er hier, weil er wusste, dass es mir mies ging. Ich bekam ein schlechtes Gewissen wegen meinem Selbstmitleid, schämte mich sogar dafür.

"Was ist eigentlich mit Temari? Geht´s ihr gut?", wechselte ich das Thema in eine Richtung, die von mir weg führte.

Wir hatten noch nicht über die Schwangerschaft gesprochen, deshalb wusste ich nicht, wie Shikamaru wirklich über das Kind dachte. Vielleicht akzeptierte er es nur, wollte es aber eigentlich nicht. Doch zu meiner Überraschung legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht, als er antwortete. "Es geht ihr gut... Ihnen beiden. Aber es wird ziemlich ätzend, sich um sie beide und meinen Paten zu kümmern. Temari wird schon jetzt unausstehlich bei der Aussicht darauf, nicht mehr überall mitmischen zu können."

"Kann ich mir vorstellen. Aber wahrscheinlich hat sie, wenn es so weit ist, genug Action."

"Ich glaub aber, sie mag Windelwechsel-Action weniger..." Shikamaru musterte mich nachdenklich. "Sie hat mit dir darüber geredet."

Das war keine Frage, aber als er sonst nichts mehr dazu sagte, antwortete ich trotzdem: "Ja, schon vor zwei Wochen. Sie war..." Mir fiel kein passendes Wort ein, weil ´aufgelöst` irgendwie nicht so recht zu der aufgeräumten Blondine passen wollte. "Erregt, könnte man es nennen."

"Jup, das kenn ich."

Ich lachte. "Das glaub ich dir gerne, Alter. Aber... Was ist mit dir?"

"Sorry, aber du bist nicht mein Typ.", witzelte er, doch dann wurde er mit einem Seufzen ernst. "Das nervt alles ziemlich, aber ich schätze, man kann es nicht ändern. Wir haben Verantwortung für das, was wir tun, und die werden wir annehmen. Zumal Temari mir vermutlich den Kopf abreißen würde, wenn ich versuchen würde, mich zu drücken."

"Und ihre Brüder würden auf deiner Leiche Samba tanzen... Aber du weißt schon, dass ´Die Verantwortung übernehmen` im Bezug auf ein schwangeres Mädchen eigentlich heißt, sie zu heiraten?", grinste ich, aber er ging nicht weiter darauf ein. Also stand das wohl tatsächlich auch schon im Raum.

Er lächelte sein schmales Lächeln. "Wer im Glashaus sitzt, Naruto."

Verlegen grinsend kratzte ich mich am Kopf, fast schon froh darum, dass er das Thema angeschnitten hatte. "Sorry, war nicht so gemeint."

"Schon klar." Er stand auf, öffnete das Fenster und zündete sich eine Zigarette an. Während er den ersten Zug tat, sah er nach draußen. "Was hast du vor?"

"Weiß nich. Im Moment hab ich echt an vielen Fronten zu tun."

"Dass du dich mal über Stress beschweren würdest, hätte auch keiner gedacht.", lachte Shikamaru und bließ eine Rauchschwade ins Freie.

"Beziehungsstress ist was anderes als Action. Es zerrt einfach an den Nerven und reibt dich mit der Zeit auf, bis zu nicht mal mehr weißt, warum du überhaupt aufstehst."

"Und? Für wen stehst du noch auf?"

"Für die Fans.", scherzte ich instinktiv, wobei ich jedoch Shikamarus Reaktion genau beobachtete, als ich weiter sprach. "Und für ihn. Es ist... Ich weiß nicht. Alles ist so viel lebendiger mit ihm."

"Ironisch, das über einen Mörder zu sagen... Aber immerhin hast du dich endlich für was entschieden." Shikamaru drückte die Zigarette auf dem Fensterbrett aus und ließ sie da liegen, dann drehte er sich mit verschränkten Armen zu mir um. "Ich hätte nicht gedacht, dass du so tickst... Andererseits hast du schon immer an Sasuke geklebt, also ist es im Nachhinein doch nicht so überraschend. Wie auch immer, es ist deine Entscheidung. Weißt du, was du jetzt mit Hinata machen willst? Und Sakura. Soweit ich weiß, sind beide ziemlich ausgerastet."

"Kann man so sagen. Sakura redet seit Wochen nicht mit mir... Aber mehr als die Wahrheit sagen kann ich eben nicht."

"Ne, wahrscheinlich nicht. Und jetzt kannst du es auch nicht mehr ändern.", stimmte er zu und beendete damit die kurze Beziehungstherapie.

Obwohl er mir zu nichts geraten hatte, fühlte ich mich besser, was zum einen daran liegen mochte, dass seine bloße Anwesenheit mir gut tat und mein fast krankes Verlangen nach dem Aufenthalt in einer bestimmten Gefängniszelle für den Moment betäubte. Zum zweiten sonnte ich mich regelrecht in Shikamarus stiller Akzeptanz. Ich wusste nicht, ob es ihm wirklich egal war, was ich getan hatte oder ob er es tatsächlich sogar akzeptabel fand, aber ich hatte den vorurteilslosen Umgang mit einem Freund gebraucht. Er behandelte mich nicht anders als vor meinem Beziehungs-Aus mit Hinata und es machte Spaß, mit ihm zu reden.

Als er später ging, begleitete ich ihn noch ein Stück. Ich hatte Angst davor, alleine zu sein, außerdem hatte ich Sasuke fast zwei Tage nicht gesehen und ich vermisste ihn. Die Straßen waren leer, wie so oft in letzter Zeit und genauso fühlte ich mich, wenn ich wie eingekesselt in meiner eigenen Wohnung hockte. Es war verrückt, aber ich war in dieser Zeit tatsächlich lieber im Gefängnis.

"Übrigens war das gerade kein Freundschaftsbesuch.", eröffnete Shikamaru, als wir eine Weile in einvernehmlichen Schweigen nebeneinander hergelaufen waren. Meinen fragenden Blick erwiderte er nicht, als er fortfuhr; "Tsunade schickt dich an die Front."

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und wollte auch nicht verschwinden, als ich schwer daran schluckte. "Das... Das wird den Sunaranern nicht gefallen."

"Nein."

Tatsächlich gefiel diese Vorstellung aber mir am allerwenigsten. Ich hatte keine Angst vor dem Sterben, vor allem, wenn es zum Schutz des Dorfes war. Ich liebte meine Heimat und alle meine Freunde lebten hier, also war es meine Pflicht als Mann und Shinobi, sie zu beschützen. Was mir wirklich Angst machte war die Vorstellung, Sasuke nie wieder zu sehen. Nach allem, was uns bisher im Weg gestanden hatte, wollte ich ihn nicht sofort wieder verlieren. Immerhin betrachtete ich ihn gerade mal ein paar Wochen lang als mein. Mein bester Freund und Geliebter und alles, was ich im Moment hatte. Mein Alles.

Von diesen egoistischen Gründen abgesehen glaubte ich nicht, dass Sasuke alleine lebensfähig war; Das hatte er bereits oft genug bewiesen. Sicher, er hatte auch Sakura, aber sie war ihm gegenüber zu unterwürfig, um ihn eine Stütze zu sein. Davon abgesehen, dass auch sie sich im Moment nicht im Dorf aufhielt. Er brauchte jemanden, der ihn stützen und leiten konnte. Er brauchte - Und ich wusste, dass das der naive Wunsch jedes Liebenden war - Mich.

Ich hatte Angst davor, dass er sich selbst zerstören würde, wenn ihn niemand beschützte, obwohl ich ihm das nie sagen würde. Immerhin war alles, was ich wollte, sein Gesicht zu sehen, wenn ich aufwachte. Das würde nicht möglich sein, wenn ich weg wäre, und entsprechend schwer fiel es mir, es ihm zu sagen, nachdem ich mich von Shikamaru verabschiedet hatte. Den ganzen Weg zum Gefängnis grübelte ich darüber nach, wie ich es Sasuke am besten beibringen würde, aber mir fiel nichts ein, was angemessen erschien.

Es ging ihm nicht gut; Sein blasser Teint hatte einen Grünstich und er war gereizter Stimmung, als ich zu ihm gelassen wurde. Trotzdem fühlte ich mich bei ihm wohler als sonst irgendwo in dieser Zeit. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, wäre er nicht im Gefängnis gewesen, aber ich tröstete mich mit dem Gedanken daran, dass er hier zumindest einigermaßen sicher war. Die Häftlinge hielten sich nämlich, wie schon die Patienten der Jungend-Rehabilitationsanstalt, von ihm fern.

Ich schob den Moment, in dem ich ihm von meiner Abreise erzählte, so lange hinaus, wie ich konnte, was aber im Anbetracht der Situation nicht sonderlich lang war. Außerdem bemerkte er meine Unruhe, obwohl er nichts dazu sagte.

Als ich es ihm schließlich eröffnete, kurz, bevor ich gehen musste, sagte er lange Zeit nichts. Geschockt schien er jedenfalls nicht, also hatte er anhand meines Verhaltens schon so etwas in der Art geahnt. Dass es ihm egal war, wollte ich einfach nicht glauben. Schließlich hatte er seinen üblichen distanzierten Gesichtsausdruck zurück und wandte sich ab.

"Und das hat man dir heute erst gesagt?"

Gequält verzog ich das Gesicht. "Ja, und ich weiß auch nicht, wann ich gehen muss. Es tut mir leid."

"Du hättest gleich was sagen können."

"Tut mir leid, ich... Ich wusste einfach nicht, wie ich es dir sagen soll."

"Das dir auch mal die Worte fehlen würden.", entgegnete er zynisch. "Und ich nehme an, ich bleibe so lange hier?"

Seufzend gab ich die Entschuldigungen auf. "Ja. Ich werde versuchen, Baa-chan dazu zu bringen, dich hier rauszulassen, aber da sie das schon nicht wollte, als ich noch bei dir hätte sein können, wird sie es jetzt wohl erst Recht nicht zulassen. Sie ist echt stur."

"Ich dachte immer, das ist deine Lieblingsdisziplin."

"Ich kann doch auch nichts machen, Sasuke.", stöhnte ich genervt und drehte mich hilflos von ihm weg. "Ich will wirklich nicht gehen - Und noch viel weniger will ich, dass du hier bist. Aber ich muss zumindest versuchen, alle zu beschützen... Es geht ja auch um deine Sicherheit."

"Hör auf, dich zu rechtfertigen, das ist widerlich.", schnaubte Sasuke kühl. "Komm einfach wieder."

Jetzt war ich doch erstaunt. Mit diesem Satz hatte er offenbart, dass sein Problem nicht war, dass ich ihm so spät bescheid gesagt hatte, sondern dass ich überhaupt ging. Das änderte zwar nichts an der Situation, freute mich aber dennoch. Immerhin zeigte er nicht oft, dass ich ihm etwas bedeutete.

Mit zwei Schritten war ich bei ihm und nahm ihn in den Arm. "Ich bin bald zurück, mach dir keine Gedanken. Die Situation beruhigt sich sicher bald und..."

"Wenn du meinst." Sasuke schob mich von sich. "Aber Gaara geht es nicht besser und das wird es wohl so bald auch nicht mehr. Der Krieg könnte sich ausweiten."

"Das wird er nicht. Gaara wird bald gesund, das hat Temari Shikamaru geschrieben, und dann wird alles wieder wie vorher."

"Glaubst du?", entgegnete er spöttisch, was ich natürlich nicht tat; Noch nie war etwas nach einer Katastrophe so gewesen wie zuvor. Die sowieso schon angespannten Beziehungen hatten sich weiter verschlechtert und es würde lang dauern, bis das unter der Bevölkerung vergessen wäre. Den Leuten hatte Tsunades zögerliche Reaktion nämlich sowieso schon nicht gepasst.

"Es wird vielleicht etwas dauern, aber alles wird sich regeln.", antwortete ich mit einem überzeugenden Grinsen.

Sasuke hatte es aber nicht überzeugt, sodass kaum noch ein Gespräch möglich war und ich schließlich ging. Es war ein mieser Abschied, wo ich schon nicht wusste, ob ich vor meiner Abreise nochmal Gelegenheit bekommen würde, ihn zu sehen.
 

Es war früher Morgen, als ich Konoha mit einem Trupp von Kollegen verließ.

In der Nacht waren einige Leute von der Front zurückgekommen, jedoch ohne meine Freunde, wie ich deprimiert festgestellt hatte. Trotzdem hatte ich mit einigen der Heimkehrer gesprochen und so erfahren, dass es allen verhältnismäßig gut ging. Mein Trupp war bei einer kleinen, unscheinbaren Siedlung nahe der Grenze stationiert, von der keiner von uns je gehört hatte. Wir waren beauftragt, sie zu schützen, obwohl es so aussah, als würden die Überfälle der Suneraner bereits weniger werden. Man munkelte, das würde an Gaaras zunehmend besserem Gesundheitszustand liegen, aber wegen der geschlossenen Grenzen wusste niemand etwas Genaueres. Ich hoffte, dass die Gerüchte der Wahrheit entsprachen, denn ich machte mir Sorgen um meinen Freund, an dessen Zustand ich Schuld trug.

Von meinen Freunden war nur eine in meinem Team, und ich wusste nicht so genau, ob das zu meinem Vorteil gereichen würde; Genau genommen machte mich die Vorstellung, Sakura als Truppenärztin zu haben, eher nervös. Ich hatte außer ihren knappen Briefen an Sasuke nichts von ihr gehört und in denen hatte sie meine Existenz schlichtweg ignoriert, woraus ich schloss, dass sie mich nach wie vor hasste. Und Sakura war kein Mensch, von dem man gehasst werden wollte. Es war mehr als fraglich, dass sie sich mit der Vorstellung meiner neuen Beziehung angefreundet hatte, aber vielleicht hatte sie sich zumindest an den Gedanken gewöhnt und sich entsprechend etwas beruhigt.

Die Truppe war während der Reise ungewohnt still; Die normale angenehme Erwartungshaltung vor einer Mission gab es nicht, sie hatte Ungewissheit und vor allem auch Unwillen Platz gemacht. Viele von uns hatten Freunde in Suna, manche sogar Verwandte, und keiner wollte sich gegen diese wenden. Konohas Zivilisten schutzlos lassen wollte aber auch keiner, also folgten wir mehr als widerwillig unserer Pflicht. Ich wurde befragt, wie die allgemeine Lage im Haus des Kazekage war, weil alle von meiner Freundschaft zu Gaara und die meisten auch von seiner Liebeserklärung wussten. Sie gingen davon aus, dass ich mehr wusste über interne Vorgänge. Leider entsprach das nicht der Wahrheit, so sehr ich mir auch mehr Informationen über meinen Freund wünschte. Entweder glaubten sie mir meine Unwissenheit schließlich oder sie gaben es auf, mir mutgemaßte Geheimnisse entlocken zu wollen, jedenfalls hörte der Trupp schließlich auf, mich zu bedrängen und so verebbten auch die letzten Gespräche langsam.

Von da an waren es stille eineinhalb Tage bis zum Grenzgebiet, die mir genug Zeit zum Grübeln und Vermissen ließen. Immer wieder fragte ich mich, was Sasuke wohl gerade machte und wünschte mich zu ihm, sogar seine Gefängniszelle wäre mir recht gewesen. Es beunruhigte mich ein wenig, wie sehr ich an ihm hing, aber andererseits war es nie anders gewesen. Ich hatte immer bei ihm sein wollen, selbst damals, als ich ihn eigentlich noch gehasst hatte. Wann dieses freundschaftliche Gefühl wohl zu mehr geworden war? Ich holte tief Luft, weil es sich im Bezug auf ihn immer noch komisch anfühlte, so zu denken. Aber es gab keinen Zweifel mehr daran. Ich war schlicht und ergreifend Hals über Kopf in diesen Mann verliebt. Es fühlte sich anders an als das, was ich für Hinata empfunden hatte. Es war nicht unbedingt mehr, aber heftiger. Eine brachiale, endgültige Intensität, die mir manchmal Angst machte.

Erst die Ankunft in der kleinen Siedlung, der wir zugeteilt worden waren, schaffte es meine Gedanken von meinem Freund loszuschweißen. Die Dorfbewohner musterten uns skeptisch. Wir waren Fremdkörper in ihrer in sich geschlossenen Welt und noch dazu gefährlich. Es war nur verständlich, dass sie Angst hatten. Ich lächelte ein Paar von ihnen aufmunternd an, was einige zögernd erwiderten, während andere nur noch misstrauischer zu werden schienen. Aber letztendlich war es egal, was sie von uns dachten. Wir würden sie so oder so beschützen.

Kurz hinter den letzten Häusern waren ein paar Zelte aufgebaut worden und wir steuerten auf sie zu. Die bereits anwesenden Shinobi kleckerten aus ihren provisorischen Unterkünften um zu sehen, ob bekannte Gesichter unter den Neuankömmlingen waren. Die meisten wandten sich enttäuscht ab, nur vereinzelt gab es freundschaftliche Grüße.

Mein Blick blieb an einem großen, dunkelhaarigen Mann hängen, der uns fachmännisch musterte wie ein Metzger Rinder, die zu kaufen er erwog. Eine lange, dicke Narbe zierte seinen Hals und ich erschauderte; Die Wunde hätte ihn eigentlich töten müssen. Obwohl er meinen Blick sicher bemerkte überging er ihn unbeeindruckt. Mich wollte der Metzger scheinbar nicht kaufen.

"Genug geratscht jetzt. Hört her!", sagte er befehlsgewohnt, sodass alle Neulinge sich um ihn scharten. "Ich bin Saito Tomoki, euer Kommandant. Ihr werdet mich mit "Sir" ansprechen. Habt ihr verstanden?"

"Ja, Sir.", bestätigten wir wie aus einem Mund.

"Gut. Da einige von euch als Spaßvögel bekannt sind..." - Bei diesen Worten sah er seltsamer Weise mich an - "Stelle ich gleich zu Beginn klar, dass ich keine Extrawürste zulassen werde. Ich befehle, ihr führt aus, dann werden wir alle gut auskommen. Ist das klar?"

"Ja, Sir.", wiederholte die Truppe, die sich jedoch skeptische Blicke zuwarf. Mit dem war wohl nicht gut Kirschenessen.

"Ich möchte so wenige Tote wie möglich mit nach Hause bringen, also erinnert euch am besten an meine Worte. Das hier ist eine Ausnahmesituation, sogar für euch, also seid stets wachsam und sorgt füreinander. Wir sind hier alle füreinander verantwortlich. Wir werden eine Weile auf engstem Raum zusammenleben und -arbeiten, da ist Vertrauen eine Grundvoraussetzung. Verdient es euch von euren Kameraden; Verlasst euch auf sie, seid aber auch verlässlich. Fragen?"

"Nein, Sir." Langsam bekamen wir echt Übung als Chor.

"Gut. Die Leitende Ärztin wird euch noch ein paar Sachen sagen, dann könnt ihr auspacken. Anschließend gibt es die ersten Instruktionen. Bis dahin." Er nickte, ging und alle Neuankömmlinge entspannten sich merklich. Dieser Typ meinte es ernst, so viel war jetzt schon klar.

Die Gruppe tuschelte noch, als eine zierliche junge Frau vor trat und sich räusperte. Niemand schenkte ihr besondere Beachtung. Ich hatte ihre Anwesenheit nicht mal bemerkt, sonst wäre ich sicher nicht so locker geblieben. Die mangelnde Aufmerksamkeit holte sie sich eindrucksvoll, als sie ihre Stimme erhob.

"STILLGESTANDEN!", bellte Sakura mit einer Schärfe in der Tonlage, die uns alle an unsere Hokage erinnerte. Keiner zögerte auch nur eine Sekunde, ihrem Befehl nachzukommen.

Erst jetzt blickte ich auf und fand mich von zornigen, grünen Augen fixiert. Ich schluckte; Endlich stand ich meiner besten Freundin wieder gegenüber - Und sie schien über diesen Umstand alles andere als erfreut.

"Geht doch.", sagte Sakura zufrieden. "Nächstes Mal gleich so. Ich bin Haruno Sakura, der leitende Medic-Nin im Lager - Und auch der einzige. Das heißt, eure Dummheit ist meine Arbeit. Was wiederum bedeutet, dass ihr so wenig dumm handelt wie möglich, ich habe nämlich keine Lust, wegen eines Idioten Überstunden zu machen. Ich sehe das ganz rational: Ihr macht Mist, ich rette euch das Leben und zu Hause nehme ich es euch wieder weg. Klar?"

"Wie Kloßbrühe!", schoss es aus mir heraus, bevor ich nachdenken konnte.

Sakuras Lippen verzogen sich zu einem wölfisch-schmalen Lächeln. "Fast, Uzumaki. Du antwortest mit ´Jawohl, Sir!` wie jedem anderen Vorgesetzten gegenüber auch. Verstanden?"

Ich schluckte leicht. Das hier würde nicht lustig werden für die anderen, aber eine Frau mit Liebeskummer hatte sich offenbar vorgenommen, es für mich zur Hölle auf Erden zu machen. "Jawohl, Sir."

"Damit du es dir auch merkst, übernimmst du heute den Küchendienst. Das war´s von mir. Weggetreten."

Sie schaffte es irgendwie, ihr kurzes Haar durch die Luft peitschen zu lassen als sie sich abwandte und davon stolzierte und verschwand nach ein paar Metern zwischen den Zelten. Ich war beunruhigt. Bei dieser unvermindert starken Wut hatte ich nicht viel, was ich ihr entgegensetzen konnte, außer ein lausiges "Verzeih mir". Diese Bitte war so heuchlerisch, täuschte Reue vor, wo keine Hoffnung auf Änderung war und verlangte dennoch Absolution. Trotzdem konnte ich nicht anders als zu hoffen, Sakura würde mir vergeben, denn ich brauchte ihre Freundschaft.

Um mich herum hatten Gespräche eingesetzt , denen ich kaum folgte, als ich mit meinen Kollegen unsere jeweiligen Zelte suchte. Erst, als ich Sakuras Namen hörte, wurde ich wieder aufmerksamer.

"Ziemlich scharf, die kleine Krankenschwester, huh?", kommentierte einer der Männer.

Der Angesprochene zuckte die Schultern. "Zu wenige Möpse und zu große Klappe. Ich steh eher auf das Gegenteil."

"Ts...", machte ich im Vorbeigehen, wofür ich abschätzige Blicke kassiert.

"Was, Mann?", fragte der Busen-Fan angriffslustig.

Ich blieb nicht mal stehen, als ich antwortete: "Ich mein ja nur, dass du vielleicht still sein solltest, sonst beißt sie dir mit der großen Klappe noch was ab. Sie ist da nicht so zimperlich."

Mit diesen Worten bog ich um eine Zeltecke - Und wäre fast in Sakura gerannt.

Ihre Augen glühten - Grünes Feuer in der frühen Nacht - Aber ich hatte keine Lust, mit ihr zu streiten. "Können wir nicht...?", setzte ich an, ohne sie zu begrüßen.

"Ach, hör auf damit.", fuhr sie mich an. "Meinst du echt, du musst auf mich aufpassen? Das kann ich durchaus selbst."

Jetzt war ich doch verwirrt; Das störte sie? "Na ja, du warst ja nicht da..."

"Das ist egal. Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein."

"Können wir nicht ganz normal darüber reden?", versuchte ich es nochmal, denn langsam dämmerte mir, dass sie doch nicht sauer war, weil ich sie verteidigt hatte. Sie war sauer, weil ich mich als ihr Freund verhielt, was sie nicht mehr in mir sah.

"Worüber denn?", fauchte sie. "Darüber, dass du Hinata betrogen hast? Oder darüber, dass du deine Freunde durch die Bank angelogen hast? Darüber, dass du dich an den Mann ranmachst, von dem du weißt, dass ich ihn liebe - Und der noch dazu dein Schützling ist? Ich glaube, dazu gibt es nichts mehr zu sagen."

Jedes ihrer Worte tat weh, als würde sie mich schlagen, weil sie die Wahrheit waren. Nur hatte ich dabei nicht an sie gedacht und auch an keinen anderen meiner Freunde. Ich hatte nicht mal so sehr an Hinata gedacht, wie es meine Pflicht gewesen wäre. Die Wahrheit war, dass es um Sasuke gegangen war, nur um ihn, die ganze Zeit. Und ein gemeiner, hässlicher Teil von mir wollte ihr auch all das vor die Füße werfen; Dass mein Leben sich nicht mehr um sie drehte, so wie Sasukes Leben es noch nie getan hatte. Er gehörte mir, mit allem, was er war.

Aber meine Harmoniesucht gewann dann doch: "Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut und Leute verletzt habe - Vor allem Hinata. Wenn ich könnte, würde ich vieles anders machen, glaub mir."

"Hör auf damit. Ich will einfach nichts mehr mit dir zu tun haben. Werd glücklich, wenn du meinst, dass du das so kannst, aber lass mich aus dem Spiel."

"Ich kann aber ohne dich nicht glücklich sein, Sakura-chan."

"Das ist nicht mein Problem!"

Mit diesen Worten wandte sie sich ab und verschwand zwischen den Zelten.

Bisher hatte ich gedacht, die Situation würde sich schon irgendwie einrenken, wenn wir Zeit miteinander verbrachten, aber so langsam kamen mir Zweifel und die machten mir Angst. Am liebsten hätte ich mit Sasuke darüber geredet, obwohl der wenig Verständnis im Bezug auf Sakura hatte. Er fand, unsere Beziehung würde sie nichts angehen und ich solle sie in Ruhe lassen, aber das konnte ich nicht. Trotz seines Unverständnisses hätte ich mich bei ihm besser gefühlt. Weniger alleine.

Traurig blieb ich eine Weile stehen, bevor ich es schaffte, mich abzuwenden und mein Zelt zu suchen.

Das hier würde eine sehr einsame Zeit werden.
 

~♥~
 

... Uff...
 

So lange hat es nun wirklich noch nie gedauert, etwas hochzuladen. Es tut mir unendlich leid, aber Oh mein Gott, die BOS frisst meine Zeit in einem Ausmaß, das ich nie für möglich gehalten hätte - Und leider ist keine Besserung in Sicht.

Ich hab mir zwar zwischendurch immer wieder Zeit für One-Shots genommen, die ich für BP hätte verwenden können, aber puh, schnell wird es hier leider trotzdem nicht weiter gehen.

Tut mir sehr, sehr leid!
 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel dann wenigstens gefallen.

lG
 

-- Edit --
 

So, nach einem halben Jahr gibt es hier auch mal was neues... Wenn auch nur ein paar Zeilen, die dazu dienen, das sonst überlange nächste Kapitel abzukürzen. Ich hoffe, es bald hochladen zu können, also bis dannn!

Antidot

Die erste Nacht in dem engen Zelt mit den zwei fremden Männern gestaltete sich als vergnüglicher, als ich erwartet hatte. Sie waren lustige Typen, mit denen ich mich gut verstand. Das machte es leichter, die allgemeine Anspannung zu übergehen. Keiner von uns war je in einer ähnlichen Situation gewesen wie der, der wir jetzt ausgesetzt waren, aber wir waren, wie der Rest des zwanzigköpfigen Trupps, fest entschlossen, unser Bestes zu tun. Wir redeten lang und meist nur Unsinn, aber es war herauszuhören, dass meine temporären Mitbewohner genauso nervös waren wie ich. Das erleichterte mich ziemlich.

Bereits beim ersten Appell am nächsten Morgen wurden unsere dramatischen Vorstellungen von kriegerischen Außeinandersetzungen jedoch beendet: Unsere Hauptaufgabe würde es sein, an den Grenzen zu patroullieren, welche durch den nahegelegenen Wald verliefen, das Dorf zu beschützen und eventuelle Angreifer in die Flucht zu schlagen.

"Alter, nicht, dass ich so scharf darauf wäre, zu kämpfen - Hab n paar gute Freunde drüben - Aber Büsche bewachen? Was soll´n das?", beschwerte sich einer meiner Mitbewohner, Seishiro, als wir darauf warteten, genauere Anweisungen zu bekommen.

Ich lachte. "Hey, Bäume sind auch Lebewesen." Dieses eine Mal teilte ich den Wunsch nach Action nicht, obwohl es bestimmt langweilig würde, im Unterholz zu warten. Aber ich wollte einfach nur, dass das hier möglichst schnell beendet wurde, damit ich nach Hause konnte. Zu Sasuke.

"Der Wald ist ein unübersichtliches Terrain. Es wäre leicht, darüber in unser Land einzudringen.", überging der dritte im Bunde, Kamura, meinen albernen Einwurf. Er war der Älteste von uns Zeltbewohnern und seit wir auf unseren Auftrag warteten nicht mehr so lustig wie in der letzten Nacht.

Schließlich bekamen wir endlich unsere Mission: Sie bestand darin, den Waldrand im Westen zu durchsuchen, wo angeblich eine Truppe aus Suna stationiert sein sollte. Unsere Aufgabe bestand darin, mehr Informationen über ein mögliches Vorrücken des Feindes zu sammeln, einen Punkt für den Gegenschlag auszuwählen und eine Strategie für diesen vorzubereiten, die wir dann bei unserer Rückkehr Tomoki, dem Befehlshaber, vorlegen sollten.

Kurz nachdem wir diese Order erhalten hatten, brachen wir auch schon auf, sodass ich keine Zeit hatte, nochmal mit Sakura zu sprechen. Ich nahm es mir fest vor, wenn ich wieder zurück war. Das würde aber länger dauern, als ich zuerst gedacht hatte; Wir brauchten alleine für den Weg zu unserem Einsatzgebiet eine kleine Ewigkeit. Zuerst verliefen wir uns zwei Mal - Es war aber auch echt schwer, zu entscheiden, ob man hinter einem Busch rechts oder links gehen wollte - Und dann verfolgten wir eine Weile eine unbekannte Truppe, nur um am Ende festzustellen, dass es sich um unsere eigenen Leute handelte.

Als wir endlich an besagtem Waldrand ankamen, war es bereits später Nachmittag. Wir waren genervt, machten uns aber daran, das Gelände zu sichern. Im Wald roch es düster nach Herbstlaub, obwohl bereits der Sommer vor den Toren stand. Auf dem moosigen Untergrund war kaum etwas zu erkennen, damit war aber zu rechnen gewesen, immerhin hatten wir es mit Profis zu tun. Wir setzten unsere Suche mit zunehmender Resignation fort, doch schließlich wurde einer der Kollegen fündig.

Er winkte auffordernd und wir versammelten uns in gebückter Haltung um eine Stelle auf dem Boden. In den grünen Flechten, halb verregnet und mit Erde bedeckt, war ein tiefer, länglicher Abdruck zu sehen.

"Sieht nicht unbedingt nach ner Wildsau aus, oder?", fragte Seishiro, der den Abdruck entdeckt hatte.

"Höchstens nach ner mutierten... Aber es könnte auch ein Dorfbewohner sein."

"So tief im Wald?", widersprach mir Kamura. "Ich glaube kaum."

"Aber wir brauchen mehr Beweise, dass tatsächlich jemand aus Suna hier war."

"Wie wollen wir das beweisen? Wir müssten schon ihr Lager finden. Und wenn es echt eins gibt, sollten wir zu dritt lieber nicht einfach da rein spazieren."

"Was anderes, als es zu suchen, wird uns kaum übrig bleiben. Wir brauchen Ergebnisse - Immerhin geht es um die Sicherheit von Zivilisten.", gab ich, bedeutend motivierter als meine Kollegen wie es aussah, zu bedenken. "Wir müssen es halt nachts machen, dann sieht uns keiner."

"Ja, du Held - Und wir sehen auch keinen. Die haben doch sicher Wachen aufgestellt. Was machen wir, wenn wir in eine davon reinrennen? Kämpfen dürfen wir ja auch nich wirklich."

"Und was würdest du stattdessen tun?", fragte ich leicht gereizt. Ich hasste die Vorstellung, hier tatenlos herumzusitzen.

"Jedenfalls nicht wie ein kopfloses Huhn rumlaufen und alle aufscheuchen. Wir sollten erst Mal hier bleiben - Es wird eh schon dunkel. Morgen sehen wir uns dann nach weiteren Beweisen um und warten, ob jemand von denen sich hier rumtreibt."

"Und was, wenn sich nicht nur jemand rumtreibt, sondern ALLE? Wir sind nur zu dritt, wie du schon angemerkt hast."

"Wir haben noch nicht Mal Beweise dafür, dass überhaupt jemand hier ist."

"Die bekommen wir auch nicht, wenn wir nicht danach suchen.", gab ich zurück.

"Wir bleiben hier für heute Nacht. Schluss damit." Seishiro stand auf und beendete damit offenbar die Debatte. Er war als Leiter der Erkundungsmission ausgewählt worden, also mussten wir wohl mitmachen. Ich warf Kamura einen zweifelnden Blick zu, doch der zuckte nur die Schultern und folgte unserem Teammitglied, das sich nach einem geeigneten Platz für die Nacht umsah.

Wir entschieden uns für eine geschützte Stelle nahe eines Hangs, verzichteten vorsichtshalber aber lieber auf ein Feuer. Obwohl es bereits Sommer war, war es im Wald sehr kalt, sodass ich mich tief in meinen Schlafsack zurückzog. Ich lag lange wach, obwohl ich die kurze Nachtruhe, während der erst Seishiro und dann Kamura Wache hielten, wohl lieber zum Schlafen genutzt hätte. Aber ich konnte nicht aufhören zu grübeln. Was taten wir hier auch anderes, als unsere Zeit zu verschwenden? Wir mussten die Truppe aus Suna verscheuchen und ihr keine Falle stellen. Letzteres würde nur zu ungewollten Todesfällen führen und das konnten wir nicht gebrauchen. Immerhin befand Gaara sich bereits auf dem Weg der Besserung und somit war eine Beruhigung der Lage absehbar.

Zumindest hoffte ich das.

Ich hatte natürlich nur bruchstückhafte Berichte erhalten, aber die zeichneten das Bild eines langsam genesenden Kazekage, was mich erleichterte. Ein Grund weniger für Schuldgefühle auf meiner trotzdem noch langen Liste. Ich wusste nämlich nach wie vor nicht, was in jener Nacht geschehen war - Und wieso wir noch lebten. Jemand hatte versucht, Gaara zu ermorden und war dafür sogar bereit gewesen, sich dem Risiko eines halben Dutzends Wachen zu stellen. Pure, rohe Gewalt, die mich erschaudern ließ.

Nur blieb dabei die Frage, wieso sie an Gaara und mir letztlich gescheitert war. Wenn es so einfach für den Einbrecher gewesen war, hochrangige, erfahrene Shinobi zu töten, was war passiert, dass er so plötzlich aufgehört hatte zu morden? Und was sollte ihn letztlich aufhalten, dasselbe bei Tsunade zu tun? Oder bei Sasuke und Hinata oder sonst einem Freund von mir?

Obwohl niemand mit mir redete, machte ich mir natürlich Sorgen um alle. Sie waren meine Freunde und meine Familie und bedeuteten mir die Welt, egal, was sie von mir hielten. Das galt auch für meine Exfreundin, trotz allem, was in letzter Zeit passiert war. Außerdem hatte ich nach wie vor Gefühle für sie; So etwas verschwand nicht von einem Tag auf den nächsten. Ich schämte mich immer noch für das, was ich ihr angetan hatte, immerhin hatte ich ernsthaft vorgehabt, sie zu heiraten und eine Familie mit ihr zu gründen. Aber selbst wenn dem nicht so gewesen wäre, wäre mein Verhalten einfach unterste Schublade gewesen. Ich hätte es verstanden, hätte sie mich gehasst, aber nein, sie liebte mich immer noch. Sie war wirklich zu gut für mich, also war es vielleicht besser wie es jetzt war. Denn jetzt...

Jetzt hatte ich Sasuke.

Ich hatte ihn wirklich und das konnte ich nicht so recht glauben. Woher kamen all diese Gefühle so plötzlich? Und wieso akzeptierte er sie, im Gegensatz zu denen von all den anderen? Es machte mich nervös, dass er zu meinen ständigen Zuneigungsbekundungen nichts sagte sondern nur körperlich reagierte. Ich wusste, dass es nicht so war, aber manchmal fühlte es sich an, als würde er nur Sex wollen. Einem anderen Mann wäre das vielleicht gerade Recht gewesen; Guter Sex und das war´s dann. Allerdings war ich, wie Hinata bereits gesagt hatte, jemand, der alles von dem Menschen wollte, den er liebte. Ich wollte, dass er mir vertraute, sich und alle seine Fehler für mich öffnete. Das fiel ihm schwer und ich wusste, was ich von ihm verlangte, deshalb versuchte ich, ihm Zeit damit zu geben. Nur war Geduld keine meiner Tugenden.

Obwohl ich nicht geschlafen hatte, erschreckte ich mich, als Seishiro auf mich zu trat um mich zu wecken. "Du bist mit der Wache dran, Mann.", erklärte er und lachte dann, als er mein vermutlich ziemlich zerknittertes Gesicht sah. "Wow, hast du überhaupt geschlafen?"

Ich rieb mir über die brennenden Augen, als ich mich aufrappelte und streckte. "Ne, der Waldboden ist nicht für meinen zarten Rücken gebaut. Aber geht schon."

"Sicher?"

"Ja, klar. Bin doch keine Prinzessin."

"Wenn dir der Boden nich zusagt wohl schon.", grinste er. Er musterte mich kurz besorgt, nickte dann aber und überließ mich mit einem "Wie du meinst.", mir selbst, um sich einen Schlafplatz zu suchen.

Ich fühlte mich nicht mal sonderlich erschöpft als ich im großen Radius die Umgebung unseres Lagers untersuchte. Das ewige Nichtstun hatte mich aufgeladen und bereit für Action zurückgelassen. Eigentlich wusste ich nicht Mal, wie ich die Nacht rumkriegen sollte. Es kam mir dumm und sinnlos vor, hier auf bessere Zeiten zu warten, wenn wir eigentlich etwas erreichen könnten.

Ich blickte zum Lager, das im Schwarz des Waldes kaum zu sehen war. Meine Kollegen machten nur die typischen Geräusche von Schlafenden; Ein gelegentliches Rascheln wenn sie sich in den Schlafsäcken umdrehten, vielleicht ein Schnarchen ab und zu. Nichts, was sich nicht in die Laute des Gehölzes einfügen würde. Ich war mir sicher, dass sie tief schliefen. Wenn ich jetzt ginge, würden sie es nie merken.

Und ich hätte mich schon wieder den Befehlen meiner Vorgesetzten widersetzt. Das würde mich aber noch nicht mal so sehr stören. Bisher war noch nie etwas passiert, weil das Ergebnis immer gestimmt hatte. Aber ich hätte mich nicht mit dem Gedanken anfreunden können, meine Kollegen hier zurück zu lassen, für deren Schutz ich verantwortlich war. Andererseits waren sie immer in Gefahr, so lange wir hier waren, also war es irgendwie auch meine Aufgabe, sie so schnell wie möglich hier weg zu bekommen, oder? Ich biss mir auf die Unterlippe, weil ich keinen Ausweg sah. Im Schlaf konnte ich sie einfach nicht unbeaufsichtigt zurücklassen, das wäre zu verantwortungslos. Aufteilen konnte ich mich ja auch schlecht. Wobei...

"Hah!", machte ich und zuckte selbst zusammen wegen meiner lauten Stimme in der Stille der Nacht. Kamura und Seishiro schreckten hoch und sahen sich verschlafen, aber alarmiert um.

"Was ist los...?", stöhnte einer von ihnen schläfrig, aber schon dabei, potentielle Feinde zu erspähen.

"Nichts, schlaft weiter. Da war irgendein Tier, sorry.", log ich hastig und wurde im Dunkeln rot. Seit wann fiel es mir noch mal so leicht, die Unwahrheit zu sagen? Ich wollte gar kein guter Lügner sein, obwohl das in meinem Metier vielleicht ganz gut gewesen wäre.

Genervtes Stöhnen von Kamura und das Rascheln eines zurecht gezerrten Schlafsacks, während Seishiros Gestalt weiterhin sitzen blieb. "Du bist so aufgeregt. Packst du das?", fragte er skeptisch nach.

"Jaja, mach dir keinen Kopf. Ich komm klar. Schlaf jetzt, wir brauchen die Kraft für morgen.", riet ich, woraufhin er schnaubte und sich ebenfalls wieder hinlegte. Ich versuchte, kein Geräusch zu machen - Völlig wieder meiner Natur - Damit die beiden möglichst schnell wieder schliefen.

Mein Herz raste aufgeregt in meiner Brust, denn mir war gerade klar geworden, dass ich mich sehr wohl teilen konnte; Ich brauchte nur einen Kagebunshin zurück zu lassen, dann wären meine Kollegen sicher. Nicht, dass ich glaubte, dass etwas passieren würde, aber es tat meinem Gewissen gut, die zwei zu sichern.

Eine gefühlte Ewigkeit später gab einer der beiden ein leises Grunzen von sich, das mich davon überzeugte, dass sie jetzt schliefen. Trotzdem entfernte ich mich möglichst leise ein paar Meter vom Lager, um dort die nötigen Fingerzeichen für einen Doppelgänger zu wirken. Als er vor mir stand, legte ich einen Finger an die Lippen und deutete stumm auf das Lager. Er nickte und machte sich auf, dort Wache zu schieben. Meinen Plan kannte er ja schon - Schließlich war er ich.

Erleichtert darüber, tatsächlich etwas tun zu können, machte ich mich auf den Weg. Kaum etwas war mir so zuwider wie Tatenlosigkeit. Nichts konnte besser werden, wenn man nichts änderte, aber da in meinem Team sonst niemand diese simple Logik zu begreifen schien, musste eben ich den ersten Schritt tun. Später würden sie mir schon folgen.

Es war schwer, sich im Dunkel zu orientieren, und nicht nur ein Mal kam ich einem Baum näher als beabsichtigt. Zum Glück lag das Lager nicht weit im Wald, sodass ich mich bald am Sternenlicht orientieren konnte. Als ich schon dachte, ich hätte es geschafft, blieb ich jedoch an einer Wurzel hängen und landete fluchend im Dreck. Ohne scheiß, wer hatte sich so etwas Bescheuertes wie Waldboden überhaupt ausgedacht?

Völlig verdreckt erreichte ich schließlich den Waldrand. Allerdings blieb ich stehen, ehe ich den schützenden Schatten verließ, und sah mich um. Wegen der Schwärze zwischen den Bäumen kam mir der Mondschein auf der Ebene richtig hell vor. Dieser Eindruck trog jedoch, überall konnten sich Wachen aus Suna verbergen. Ich registrierte keinerlei Bewegungen, also beschloss ich, es darauf ankommen zu lassen - Sonst hätte ich gleich im Lager bleiben können. Zum Glück waren Gras und Gebüsch üppig, ich war nicht völlig deckungslos, als ich meine Erkundungstour auf der Lichtung begann.

Ich suchte nach Beweisen für die Anwesenheit anderer Menschen, ohne genau zu wissen, wie die Aussehen sollten. Zurückgelassene Klelidung würde hier wohl kaum herumliegen. Schade, das hätte alles bedeutend einfacher gemacht. So blieb mir nichts anderes übrig, als jeden Zentimeter zu untersuchen und dabei ständig auf näherkommende Schritte zu achten. Ich war schon dabei, aufzugeben, weil ich nach einer knappen Stunde immer noch nichts gefunden hatte außer etwas Fuchskacke. Vermutlich war hier niemand - Was meine Aktion sinnlos machte, denn das würden mir die anderen nicht ungesehen glauben. Verärgert kratzte ich mich am Kopf. Konnte das wirklich sein? Dabei hatte ich einfach im Gefühl, dass hier etwas faul war. Ich spürte es einfach.

Ich zuckte zusammen, als mir klar wurde, dass ich tatsächlich jemanden spürte - Und dieser jemand näherte sich mir! Ohne nachzudenken ließ ich mich in das hohe Gras fallen, in dem ich stand. Meine Fähigkeit, ohne nachzudenken Bewegungen durchzuführen, rettete mir wohl den Arsch, denn schon in der nächsten Sekunde näherten sich leise Schritte.

Mein Herz raste, meine Sinne waren geschärft vom Adrenalin. Würde ich alleine kämpfen müssen?

"Hier ist niemand.", seufzte einer der Neuankömmlinge entnervt. Die Schritte waren unweit von meinem Versteck verhallt. Ich konnte wegen dem Gras trotz der Nähe weder ihn noch seine Kleidung sehen. Wie sollte ich so bitteschön erkennen, aus welchem Dorf er kam?

"Komisch. Ich dachte echt, ich hätte was gesehen." Die zweite Stimme gehörte einer Frau und ich hörte, wie leise raschelnde Schritte sich durch das Grad bewegten. Ich duckte mich tiefer in meinen Unterschlupf, doch sehr viel näher kam die Unbekannte nicht mehr. "Sorry, ich bin wohl übernächtigt."

"Macht nichts, geht uns allen so... Das ist doch alles sinnlos hier."

"Ja, aber was will man machen? Befehl ist Befehl."

"Ts... Darauf kann ich nur pissen.", kommentierte der Mann und entfernte sich drei Schritte, ehe das Geräusch eines sich öffnenden Reißverschlusses und ein eindeutiges Plätschern zu hören waren.

"Bäh, du bist widerlich!", lachte seine Kollegin und ging selbst ein paar Schritte von dem anderen weg.

Das war meine Gelegenheit. Ich setzte mich auf, hochkonzentriert darauf, keinerlei Geräusch zu verursachen, was mir sehr schwer fiel. Als ich in der Hocke war, versuchte ich, durch das dichte Gras zu linsen, konnte aber nichts erkennen als die Umrisse der Fremden. Ich war versucht, weiter aus meinem Versteck zu kommen, riss mich jedoch zusammen. Die zwei waren nämlich sehr wahrscheinlich nicht die einzigen Suneraner in der Nähe und das Risiko deshalb zu groß. Da war der Mann auch schon fertig mit seinem Geschäft und kehrte zurück.

"So... Haben wir deine Paranoia jetzt besänftigt?"

"Haha, sehr lustig.", giftete die Frau zurück, während ihr Blick noch die Gegend sondierte. "Ich glaubte nicht, dass wir hier alleine sind. Das Lager von denen ist nur ein paar Stunden entfernt. Die müssen doch was gemerkt haben."

"Vermutlich sind ihre Vorgesetzten genauso blöd wie unsere. Außerdem hört man doch, dass sie gar nicht kämpfen wollen."

"Feiges Pack.", kommentierte die Frau und spuckte aus. Dann hörte ich Schritte, die sich entfernten.

Ich hatte die Wahl, zurück zu meinen Leuten zu gehen oder ich konnte ihnen auf eigenes Risiko folgen... Eigentlich keine Frage. In einigem Sicherheitsabstand lief ich ihnen über die Ebene nach, bis sie in ein nahegelegenes Waldstück traten. Zwischen den weit auseinanderstehenden Bäumen würde es schwerer werden, unbemerkt zu bleiben, aber ich versuchte es trotzdem.

Nach einer ganzen Weile blieben die beiden stehen und riefen etwas Unverständliches. Kurz darauf kamen zwei andere Menschen auf sie zu, die nach kurzem Gespräch im Wald verschwanden. Offensichtlich ein Wachwechsel. Von meinem Standpunkt aus konnte ich nichts von dem Lager sehen, was frustrierend war. Aber es wäre riskant, noch näher zu kommen, zumal ich nicht wusste, wo genau die neuen Wachen sich aufhielten und ob die alten schon schliefen. Trotzdem; Jetzt war ich schon so weit gekommen und ich war nicht bereit, ohne brauchbare Ergebnisse wieder zu gehen.

Ein paar Momente blieb ich noch hocken, dann stand ich auf und schlich näher zu der Stelle, an der der Wachwechsel stattgefunden hatte. Noch bevor ich jedoch den nächsten Baum erreicht hatte, nahm ich eine Bewegung zu meiner Linken war und sprang in Deckung. Gerade noch rechtzeitig; Sekunden später tauchten zwei weitere Suneraner auf. Mist, eigentlich hätte ich mir denken können, dass sie auch direkt am Lager Wachen aufgestellt hatten.

"Was meinst du?", fragte der erste Neuankömmling.

"Nachdem Siri schon was gesagt hat, wär das zu viel des Zufalls. Lass uns die anderen wecken."

"Fuck.", zischte ich, als sie weg waren. Wahrscheinlich hatte ich fünf Minuten, bis man mich suchen würde. Zumindest konnte ich jetzt ausmachen, wo genau das Lager sich befand; Etwa hundert Schritte von mir entfernt erhoben sich nach und nach Gestalten. Ich versuchte zu zählen, aber das war im Dunkeln fast unmöglich. Dreißig waren es jedoch sicher - Und die machten sich jetzt auf die Suche nach mir, wie mir schlagartig bewusst wurde.

Ich setzte zum strategischen Rückzug an. Von einem Baum zum anderen durch das Schwarz, einen Blick immer auf die Menschen hinter mir gerichtet. Mein Herz raste mir voraus, während ich über Wurzeln und Zweige stolperte und ich spürte, wie jedes meiner Nackenhaare sich sträubte, jeder Muskel sich anspannte. Mein Körper reagierte auf den nahen Tod.

Ich erreichte die Lichtung, auf deren gegenüberliegender Seite sich unser kleines Lager befand. Ich zögerte, aus dem Schutz der Bäume zu treten. Ein Blick über die Schulter, dann wandte ich mich nach rechts. Zwar hoffte ich, dass man mich nicht bemerkt hatte, aber ich wollte nicht riskieren, meine Truppe in Gefahr zu bringen. Ich rannte durch das flirrende Licht am Waldrand, das immer wieder von Baumstämmen abgeschirmt wurde. Hinter mir war nichts mehr zu hören, sodass ich mich ein wenig entspannte. Ich musste nur noch über die Lichtung und dann...

Abrupt grub ich die Fersen in den Boden, als vor mir ein Suneraner auftauchte.

Er war etwa dreißig Meter entfernt und blieb eben so stocksteif stehen wie ich. Er öffnete den Mund, doch noch bevor er schreien konnte, warf ich eine Rauchbombe in seine Richtung und hechtete hinter den nächsten Baum. Natürlich sah ich jetzt auch kaum noch etwas, aber immerhin verschaffte mir der Nebel eine kurze Bedenkzeit. Mit rasenden Herzen kroch ich durch einen dornigen Busch und presste mich dann an den Stamm eines Baumes, als mir bewusst wurde, dass ich nirgendwo mehr hin konnte; Nach vorne ging nicht, zurück ging nicht und über die Lichtung wäre glatter Selbstmord. Kämpfen wollte ich aber auch nicht, zumal die Vorstellung, gegen dreißig Gegner gewinnen zu können, lächerlich gewesen wäre.

Ich saß also hier fest. Scheiße.

Kaum hörbare Schritte auf dem Waldboden näherten sich mir. Jeder meiner Muskeln reagierte darauf mit berstender Anspannung. Ich war bereit, zu kämpfen, wollte aber nicht. In dem Versuch, mich zu konzentrieren, lehnte ich den Kopf an die Rinde meines Baumes und blickte nach oben. Zurück nicht, links nicht, geradeaus nicht, also blieb noch, dass ich weg flöge. Haha, Galgenhumor half auch nicht!

Ich riss die Augen auf, als mir meine Situation klar wurde. Ich stand unter einem Baum. Über mir befanden sich dicke Äste voller Laub. Die Schritte kamen näher und rissen mich aus meiner freudigen Starre. Hastig drehte ich mich um, grub die Nägel in die Rinde und zog mich hinauf. Ich war kaum drei Meter hoch, als ich hörte, dass der Fremde um den Baum herum gekommen war. Ohne den Blick von ihm zu nehmen schob ich mich millimeterweise weiter nach oben, denn die schützenden Zweige waren nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt. Endlich erreichte ich sie und ließ mich auf einen der Äste fallen, welcher wie aus Protest Nadeln nach unten regnen ließ.

Ich starrte den Nadeln mit aufgerissenen Augen nach und hätte am liebsten geschrien.

Wie im Zeitraffer schwebten sie dem Boden entgegen und dem Mann aus Suna, den ich nicht töten wollte.

Und dann, kurz bevor sie ihn erreichten, wandte er sich ab und verschwand im Wald. Ich ließ mich zurückfallen, hätte fast lachen müssen. Scheiße, das wäre fast gründlich schiefgegangen! Um weitere derartige Spannungsstränge zu vermeiden, blieb ich in den Baumwipfeln, als ich ein Stück nach Westen lief. Etwa zehn Minuten in diese Richtung endete die Lichtung, sodass ich gefahrlos auf die Seite meiner Kollegen zurückkehren konnte. Jedoch dauerte es noch eine gefühlte Ewigkeit, sie auch zu finden. Im Wald war es zwar noch dunkel, aber über den Wipfeln waren bereits die ersten Sonnenstrahlen zu sehen, als ich endlich das Lager erreichte, wo ich Platz mit meinem Kagebunshin tauschte.

Meine Kollegen schliefen noch, waren jedoch schnell auf den Beinen, als ich an ihnen rüttelte, um ihnen von meinen Entdeckungen zu erzählen.

"Was ist los, Alter...?", stammelte Seishiro verschlafen, während Kamura sich bereits wachsam umsah.

"Ich weiß jetzt, wie viele es sind!", strahlte ich und ließ mich im Schneidersitz auf den Boden plumpsen. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass ich es tatsächlich geschafft hatte, zu entkommen. Es war, als könnte ich geradezu die Endorphine und das Adrenalin schmecken, die mein Herz in schnellen Zügen durch meinen Körper pumpte.

Die beiden schienen weniger begeistert, als sie mich auffordernd ansahen. Rasch erzählte ich, was bis eben geschehen war. Ihre Blicke wurden zunehmend entsetzter und auch wütender, wie ich verwundert feststellte.

"Ist das dein Ernst?", fragte Kamura ungläubig. Als ich nickte, stöhnte er und Seishiro fluchte leiste. "Du meinst also, kaum einen Kilometer entfernt befinden sich dreißig Suneraner, die nach dir suchen?"

"Nicht direkt nach mir...", wehrte ich ab.

"Du Arschloch! Das gefährdet uns alle, ist dir das klar?!", keifte Seishiro mich an.

"Umso kürzer wir hier sind, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand verletzt wird.", entgegnete ich beleidigt. Ich hatte damit gerechnet, dass sie nicht begeistert sein würden, dass sie dermaßen austicken würden hätte ich jedoch nicht erwartet.

"Das trifft nicht zu, wenn uns ein ganzes Bataillion sucht, du Spaßt... Scheiße, was machen wir jetzt?", wandte Seishiro sich an Kamura.

Dieser hatte den Blick auf den Wald gerichtet, während er überlegte. "Bist du sicher, dass es dreißig sind?"

"So um den Dreh, ja."

"Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als hier zu verschwinden und so schnell wie möglich Verstärkung zu besorgen. Und zu hoffen, dass sie nicht vorrücken, bis wir zurück sind."

"Und was hätten wir anderes getan, wenn ich sie nicht heute entdeckt hätte?", wollte ich wissen.

"Unsere Anwesenheit wäre geheim gewesen - Und wir hätten ihre Pläne rausfinden können, bis unsere Leute da wären. Jetzt müssen wir alle weg, und zwar möglichst schnell. Das Risiko ist zu hoch, dass sie auch hier suchen. Und jetzt packt zusammen, wir sollten keine Zeit verschwenden.", verlangte Kamura.

"Jetzt auf ein mal nicht mehr...?", nuschelte ich in meinen kurzen, ungepflegten Bart. Zum rasieren hatte man an der Front keine Zeit.

Meinen Anweisungen beugte ich mich dieses Mal trotzdem, sodass wir wenige Minuten später aufbruchbereit waren. Da wir die Route jetzt kannten, zog diese Reise sich nicht mehr so lange hin wie der Hinweg. Das wütende Schweigen auf allen Seiten schien die Zeit zwar in die Länge zu ziehen, dennoch waren wir bereits in derselben Nacht zurück im Lager. Wir wurden von drei müden Wachen abgefangen, jedoch recht schnell zu Saito, dem Kommandanten, durchgewunken. Obwohl es spät war, sah er nicht aus, als hätte er geschlafen. Auf seinem Tisch lagen Pläne der Umgebung, auf denen ich ihm den Standpunkt der Truppe aus Suna zeigte, sobald wir ihm erklärt hatten, was passiert war. Nachdenklich korrigierte er einige Markierungen auf der Karte.

"Wir werden morgen früh direkt aufbrechen. Kamura, Sie verständigen die Truppen neun, elf und zwölf und halten sich dann für morgen bereit. Instruktionen gibt es vor dem Aufbruch. Sie sind entlassen." Kamura salutierte, dann verließ er rasch das Zelt. Ohne weitere Umschweife wandte Saito sich an Seishiro: "Sie werden einen weiteren Informationsrundgang durchführen. Näheres dazu erfahren Sie zu gegebener Zeit, bis dahin sind Sie für die Bewachung des Dorfes zuständig. Warten Sie kurz vor dem Zelt."

Seishiro verließ uns mit einem letzten Blick auf mich. Ich war also alleine mit meinem beunruhigenden Vorgesetzten, welcher allerdings scheinbar beschlossen hatte, mich zu ignorieren. Er studierte seine Karte schweigend im Licht der kleinen Fackel. Diese warf ihr Licht genau so, dass die Narbe des Kommandanten einen tiefen Schatten auf seinen Hals projizierte und ich konnte nicht anders, als sie anzustarren. Dieser Kopf hätte nicht mehr auf seinen Schultern sitzen dürfen und ich fragte mich, wieso er es noch tat.

Saito hob den Blick und ich zuckte zurück, obwohl sein Gesichtsausdruck nicht besonders feindseelig war. Er wirkte eher gelangweilt. "Du hast dich gegen deine Anweisungen gestellt, Uzumaki."

"Ich war der Meinung, schnelles Handeln wäre das richtige Vorgehen, Sir. Dadurch haben wir die Truppen bereits gefunden und können schneller reagieren."

"Es ist nicht deine Aufgabe, das zu bestimmen, Uzumaki.", belehrte er mich gelassen. "Vielleicht hast du Recht. Vielleicht war es besser, sofort zu reagieren. Ich bin davon überzeugt, dass du eine schnelle Auffassungsgabe und einen guten Instinkt hast, die dir später, wenn du selbst mal Befehlsgewalt hast, sehr helfen werden. Aber so lange du nicht bereit bist, Befehle zu befolgen, wirst du auch niemals welche erteilen. Du stehst dir selbst mit deiner Ungeduld im Weg und gefährdest dadurch andere - Und dich selbst."

Ich straffte die Schultern. "Ich bin bereit, zu sterben, wenn es meine Kameraden schützt."

"Durch solche Aktionen bringst du deine Truppe in Gefahr, nichts weiter. Wenn du getötet worden wärst, hätten deine Kollegen nie von der Division aus Suna erfahren und währen womöglich im Schlaf gefunden worden. Es war dumm und verantwortungslos, was du getan hast..."

"Und es hat zu Ergebnissen geführt."

"Und ich bin nicht bereit, solches Verhalten zu dulden.", ignorierte er meinen Einwurf kühl. "Es ist nicht, als würde ich deine Ungeduld nicht verstehen, aber da wir den Auftrag haben, so wenige Verluste wie möglich zu machen, müssen wir auf eine Zermürbungstaktik setzten. Gaara wird die Kämpfe beenden, sobald er wieder Herr seiner Sinne ist. Unsere Streitmacht ist größer als die aus Suna, darauf verlassen wir uns, solange bis der Kazekage wieder auf den Beinen ist. Und sollte er sich entschließen, den Krieg doch durchzuziehen, können wir Kämpfer wie dich gebrauchen."

"Das wird er nicht.", sagte ich so sicher wie das Amen in der Kirche. Gaara hatte schon genug Blut gesehen.

"Das werden wir sehen." Saito sah mich abgeklärt an und ich wusste spontan, dass er so ein Gespräch nicht zum ersten Mal führte. "Bis dahin bist du allerdings eine Gefahr für die Gruppe und wirst entsprechend behandelt. Im Dorf ist ein Keller für Gefangene bereitet worden. Du wirst dich dorthin begeben und dort bleiben, bis ich dir deinen neuen Auftrag zukommen lasse."

"Aber... Was ist mit der Truppe aus Suna?", fragte ich aufgebracht. Er hatte der Sache bereits 45 Leute zugeteilt, aber immerhin hatte ich das Lager entdeckt!

"Du hast meine Anweisungen nicht in Frage zu stellen." Er klang nicht beeindruckt von meinem Protest und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. "Du kannst jetzt gehen."

Ich starrte ihn ungläubig an. "Es ist doch nutzlos, mich einzusperren! Soll ich nicht wenigstens...?"

"Das ist eine Strafe, Uzumaki, kein Vorschlag.", unterbrach Saito mich. Zum ersten Mal sah er wütend aus, als er mich anstarrte. "Du hast dich mir und Kamura widersetzt und dafür wirst du bestraft. Ich erwarte, dass du dich jetzt den Konsequenzen deines Handelns stellst, sonst muss ich dich zwingen. Seishiro!"

Mein Kollege trat durch den Zelteingang. "Kommandant?"

"Informieren Sie sich, wo unsere Gefangenen untergebracht werden - Und dann bringen Sie Uzumaki dorthin. Er steht bis auf weiteres unter Arrest.", erklärte Saito ohne uns anzusehen.

"Sir...?", fragte Seishiro unschlüssig, doch dann salutierte er rasch. "Ja, Sir."

Gemeinsam verließen wir das Zelt und gemeinsam wussten wir nicht, was wir zu der Situation sagen sollten. Es war ja fast, als würde mein Kollege mich jetzt wie einen Verbrecher abführen und obwohl er sauer wegen meiner Aktion gewesen war, sah man ihm an, dass ihm das sehr widerstrebte. Auf dem Weg durch das Zeltlager sagten wir nichts, bis wir einen Kollegen fanden, der uns zu besagtem Gefängniskeller brachte. Vor dem Haus, in dem sich dieser befand, standen wir dann auch eine Weile unschlüssig, weil ich natürlich nicht rein wollte und die beiden mich eigentlich auch nicht wegsperren wollten. Ihnen blieb jedoch nichts anderes übrig, sodass sie mich den zuständigen Kollegen schließlich übergaben.

"Tut mir leid, Mann.", sagte Seishiro ehrlich, als er sich abwandte.

Ziemlich deprimiert folgte ich der Wache durch das Haus und in den Keller, wo er die Tür zu einem kleinen Raum öffnete, in dem wohl mal Lebensmittel gelagert worden waren. Als ich nicht sofort hineinspazierte, legte mein Begleiter die Hand auf meine Schulter und schob. "Ist ja gut.", beschwerte ich mich, als ich endlich eintrat. "Sorry dass ich nicht vor Freude im Kreis springe." Er zuckte über meinen Sarkasmus nur die Schultern und schloss die Tür hinter mir. Ich war alleine mit einer muffigen Matratze und dem Geruch von eingelegtem Gemüse.

Ich saß zwei Tage in der Zelle, dafür, dass ich das Richtige getan hatte. Es war schlimm gewesen. Nicht etwa, weil man mir etwas angetan hatte, sondern weil ich zu absoluter Untätigkeit verdammt gewesen war. Wie ein eingesperrter Panther war ich durch die vielleicht fünf Quadratmeter getigert und hatte mir die Zeit so gut es ging mit einfachem Training - Situps, Liegestützen, und so weiter - Vertrieben. Aber dazwischen kamen mir wieder die quälenden Gedanken.

Was machte Sasuke gerade? Ging es ihm gut?

War jemand von meinen Freunden verletzt? Wie verlief die Mission mit den Suna-Shinobi im Wald?

Würde die Situation eskalieren?

Das war trotz meiner Abwesenheit zum Glück nicht passiert und auch die Truppe, die sich um die Eindringlinge im Wald kümmern sollte, war bereits an ihrem Einsatzort angekommen, wie mir ein Kollege erzählte, der mich aus der Zelle ließ. Kein Weltuntergang also, niemand hatte mich wirklich vermisst.

Wie es aussah war meine Strafe noch nicht beendet. Anstatt mich nämlich auf eine neue Mission zu schicken, teilte Saito mich dafür ein, im Dorf zu helfen, wo ich konnte. Deprimiert und unbefriedigt verbrachte ich meine Tage damit, Straßen zu befestigen, Dächer zu reparieren und sinnlose Wachen zu halten. Eines Tages wurde ich sogar dazu degradiert, Feuerholz zu holen, was mich so lange verärgerte, bis ich herausfand, dass ich mit Sakura dazu eingeteilt worden war.

Sie wartete am Rand des Lagers, zog aber einen vernichtenden Blick einer Begrüßung vor. Ich schluckte schwer. Sie hatte mir also noch immer nicht verziehen. Irgendetwas gab mir das Gefühl, sie würde mich schlagen, wenn ich etwas sagte, also tat ich es vorerst nicht. Ich wusste auch nicht so genau, wie ich überhaupt anfangen sollte. Sollte ich ihr einfach alles erklären? Ich glaubte nicht, dass sie das hören wollte.

"Sakura-chan...", sagte ich, um überhaupt erstmal irgendetwas zu sagen.

"Der Baum da." Abrupt blieb sie stehen, den Blick abgewandt, die Hand willkürlich auf einen Baum gerichtet.

"Willst du es wirklich so beenden? Dass wir uns nicht mal mehr in die Augen sehen können?", fragte ich gequält. Ihre Anweisung ignorierte ich völlig.

"Ich habe nichts beendet.", fauchte sie und wirbelte herum, die Augen grünes Feuer. "DU hast es beendet, als du beschlossen hast, ein Lügner zu sein."

"Ich habe nicht gelogen."

"Aber die Wahrheit hast du auch nicht gesagt und das ist genauso schlimm."

"Hättest du denn zu einem anderen Zeitpunkt hören wollen, dass ich... Dass ich mich in ihn verliebt habe?" Ich stockte, weil sie die erste Person außer Sasuke selbst war, der ich gestand, dass ich ihn liebte. Die Geräusche des Waldes machten ihr Schweigen leiser, aber Sakuras Blick sprach Bände. Sie wusste, dass ich die Wahrheit sagte.

Trotzdem beharrte sie: "Das stimmt nicht. Du liebst ihn nicht, sonst hättest du das nicht getan."

"Sakura."

"Er hat dich gebraucht und du hast ihn ausgenutzt. Du hättest sein Freund sein sollen, verdammt, nicht mehr!" Inzwischen schrie sie mich richtig an, während sie gleichzeitig weinte. Ein schrecklicher Anblick.

"Hörst du eigentlich, was du da sagst? Zu wem du es sagst? Ich... Ich bin zu doof, um jemanden zu manipulieren." Ich lachte, obwohl die Situation alles andere als lustig war. "Ich weiß, dass du das nicht hören willst, aber er wollte mich. Er hat mich angebaggert und ich hätte nein sagen sollen, ich weiß, aber ich konnte nicht. Ich wollte damit niemandem weh tun - Am allerwenigsten dir oder Hinata. Und ausnutzen wollte ich ihn auch nicht. Ich will ihn beschützen. Ich... Ich will ihn so glücklich machen, dass er seine Vergangenheit zumindest überleben, wenn schon nicht vergessen kann. Ich will ihn wieder ganz machen und ich weiß, dass ich das kann. Du hast nicht gesehen, wie er ist, wenn er bei mir ist. Er ist dann wieder er selbst. Es tut mir leid, dass du dir das für dich gewünscht hast, aber so ist es eben nicht. Er... Er liebt mich."

Sie weitete die Augen, öffnete den Mund, schloss ihn dann wieder und schluckte. "Ha-Hat er das gesagt?"

Nein, das hatte er nicht und plötzlich vermisste ich die Worte von ihm. Ich wusste, dass es so war, auch ohne Bestätigung, aber sie hätte mir gerade gut getan. "Dazu ist er nicht der Typ.", antwortete ich lahm.

Sie schnaubte. "Ach echt?" Mit diesen Worten wandte sie sich dem zuvor von ihr ausgewählten Baum zu und trieb mit ihrem berühmten "Shannaro!" die Faust durch den Stamm.

Ich hatte das ungute Gefühl, sie hätte gern dasselbe mit meinem Gesicht getan.

"Lass uns jetzt endlich arbeiten.", beendete sie das Gespräch abrupt. Ich ließ sie erst Mal in Ruhe; Das war schon einiges, was sie zu verdauen hatte, und immerhin war sie trotzdem noch hier. Wir arbeiteten schweigend, aber effizient zusammen, man merkte eben, dass wir ein eingespieltes Team waren. Zusammen mit ein paar meiner Doppelgänger dauerte es nicht allzu lange, bis der Baum seiner Äste entledigt war. Die Arbeit mit dem Holzspalten hätte ich auch alleine übernehmen können, aber Sakura blieb, was ich als gutes Zeichen auslegte. Da sie das Gespräch jedoch beendet hatte, überließ ich es auch ihr, es wieder aufzunehmen. Diese Aufgabe strapazierte meine Geduld mehr als gedacht; Sie wartete bis wir den Baum fast vollständig zerlegt hatten, bevor sie wieder etwas sagte.

"Wie... Also, wie ist das überhaupt passiert?", wollte sie zum ersten Mal wissen. "Ich meine, ich hatte dich immer für hetero gehalten."

"Ich mich auch.", stimmte ich nachdenklich zu. "Ich weiß auch nicht so genau, wie das angefangen hat. Am Anfang war es... Na ja, körperliche Anziehung." Ich wusste, dass sie das nicht hören wollte, aber so war es eben gewesen. "Ich... Ich habe noch nie etwas so sehr gewollt, Sakura-chan. Ich konnte an nichts anderes denken, nur an ihn."

"Klingt aber eher nach Lust als nach Liebe.

"War es am Anfang wohl auch.", gab ich zu. "Aber von beiden Seiten. Ich hatte nicht mal gedacht, dass er zu etwas anderem fähig ist. Damals... Hinata war lange weg und er hat sich mir förmlich an den Hals geschmissen. Das ist keine Entschuldigung, war aber sicher ein Grund, warum ich auf ihn eingestiegen bin. Ich hab mir vorgemacht, es beenden zu können. Das wir uns nur ein bisschen die Einsamkeit vertreiben würden, aber ich bin ein Idiot und tja, ich hab mich in ihn verliebt."

In ihn und seine Küsse, ihn und sein Betteln, ihn und seine Bitterkeit.

"Das ist doch keine Basis für eine Beziehung.", knurrte Sakura leise. "Für keinen von euch. Du bist zu ehrlich und zu liebevoll, um Sex vor Gefühle zu stellen. Und Sasuke-kun... Er braucht jemanden, der ihn bedingungslos stützt. Sex ist nicht genug, um ihn zu retten, obwohl er das vielleicht glaubt."

"Ich weiß. Und dich bin bereit, ihm alles zu geben, was er braucht. Ich weiß, dass ich das kann. Es geht ihm gut bei mir. Er ist... Glücklich."

"Das ist viel gesagt im Bezug auf Sasuke-kun."

"Aber es ist so.", erwiderte ich fest, weil ich mir dessen sicher war. Er wäre nicht bei mir, wenn es nicht so wäre. "Sakura-chan, ich weiß, dass alles nicht so gelaufen ist, wie es sollte..."

"Das ist noch zu milde ausgedrückt.", fauchte sie ungnädig.

"Ok, ich hab´s versaut - Mal wieder. Es tut mir leid und ich würde es ändern, wenn ich könnte. Also glaubst du nicht, dass du es irgendwie akzeptieren kannst? Weil Sasuke glaube ich verdient hat, glücklich zu sein, und aus irgendeinem Grund will er dazu halt mich."

Sie sah mich lange kalt und abschätzig ein. Es war klar, dass sie es nicht akzeptieren wollte, ihre Freunde aufgeben wollte sie allerdings auch nicht. Schließlich wandte sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit schnaubend ab. "Ihr seid wahrscheinlich die beste Strafe für den jeweils anderen.", sagte sie trotzig.

"Was heißt das jetzt?", rief ich verwirrt und lief ihr nach. "Sakura-chan!"

Antworten tat sie darauf nie.
 

Sakura behandelte mich danach nicht unbedingt freundschaftlich, aber zumindest nicht mehr wie Dreck. Ich war mehr als erleichtert und ging mit meiner guten Laune jedem auf die Nerven, obwohl ich noch immer nichts tun durfte, mal von sinnlosen Fleißarbeiten abgesehen. Die Euphorie wurde noch gesteigert als ich schon zwei Tage nach meiner Aussprache mit Sakura die Order erhielt, mich mit einer kleinen Gruppe in ein anderes Lager zu begeben.

Sakura sah mich besorgt an, als ich ihr davon erzählte. "Das ist Konfliktgebiet. Dort geht es nicht so ruhig zu wie hier."

"Ist doch gut! Ich kann etwas Action echt gebrauchen.", grinste ich, woraufhin sie nur die Augen verdrehte.

Wir saßen im Versorgungszelt, wo es laut, warm und trotz der vielen inzwischen bekannten Gesichter fremd war. Niemand machte sich die Mühe, den weißen Zeltplanen einen heimeligen Anstrich zu geben, das hätte aber auch dem Grund unserer Anwesenheit widersprochen.

"Das ist kein Spiel, Naruto. Es wurden schon viele verletzt - Auch von unseren Freunden.", erklärte Sakura und nippte ernst an ihrem Wasser.

"Ich weiß.", stimmte ich unvermindert lächelnd zu. "Deswegen muss ich ja auch da hin, um es endlich zu beenden und alle zu beschützen."

Kurz zuckte der Mundwinkel meiner Freundin, doch sie schluckte das Lächeln mit einem abschätzigen Schnauben runter. "Als könntest du alleine etwas ändern."

"Natürlich nicht, aber ich bin ja auch nicht alleine."

"Stimmt - Hinata soll auch da sein.", wechselte Sakura das Thema äußerst elegant. Sie sah mich wachsam an, während sie auf eine Antwort wartete.

"Echt?" Ich zögerte, beschloss dann, mich darüber zu freuen und lächelte. "Gut! Vielleicht kann ich dann mit ihr auch mal reden."

"Ich glaube, du solltest sie lieber in Ruhe lassen - Für´s Erste. Sie hat das alles ziemlich mitgenommen und ich weiß nicht, ob sie sich nicht wieder Hoffnungen macht, wenn du jetzt bei ihr aufschlägst."

"Glaubst du, sie ist immer noch so verletzt?", fragte ich traurig.

Sakura verschränkte die Arme vor der Brust. "Natürlich, Idiot. Es ist erst ein paar Wochen vorbei und sie ist schon ewig in dich verliebt."

"Eh? Aber es war doch nur etwas mehr als ein Jahr."

"Du bist echt ein Trottel... Vergiss es einfach.", gab sie seufzend auf. Sie stand auf, um ihr Tablett wegzubringen und ich folgte ihr. Offenbar hatte sie es sich in der kurzen Zeit anders überlegt, denn sie griff den Gesprächsfaden wieder auf: "Weißt du, das Problem mit dir ist, dass du eine heilende Wirkung auf die Menschen hast, aber keine Ahnung, wie du damit umgehen sollst." Ich machte ein verständnisloses Gesicht; Heilen konnte ich nicht, das war Sakuras Spezialgebiet. "Na ja, schau dir unsere Freunde an. Die meisten haben das eine oder andere Päckchen zu tragen - Und je enger du mit ihnen bist, desto größer scheint dieser Ballast zu sein, oder?", erklärte sie, als wir auf dem Weg zu meinem Zelt waren. Es wurde Zeit für mich zu packen und sie hatte wohl beschlossen, die letzten Stunden vor meiner Abreise mit mir verbringen zu wollen. Dafür war ich unverschämt dankbar. "Nimm Gaara als Beispiel. Oder Neji, früher zumindest. Oder Hinata. Oder..."

"Oder Sasuke.", beendete ich ihre kleine Liste, als sie mitten im Wort abbrach. Es fiel ihr offenbar schwer, seinen Namen zu sagen, was sich hoffentlich bald wieder legte.

"Jedenfalls...", überging sie ungeduldig meine Ergänzung. "Hast du eine anziehende Wirkung auf kaputte Persönlichkeiten, weil du wie Balsam bist. Nur merkst du scheinbar nicht, wie abhängig du diese Leute dadurch von dir machst. Gaaras Gefühle hast du ja auch nicht gemerkt, bis er sie dir ins Gesicht geklatscht hat. So ist es auch mit Hinata. Sie glaubt, dich zu brauchen, um der bestmögliche Mensch zu sein."

Nachdenklich kletterte ich in mein Zelt. Ich tat nichts, um irgendjemanden anzuziehen - Zumindest nicht bewusst. Klar, ich fühlte mich schnell verantwortlich für andere und wollte prinzipiell das Beste für jeden, aber zumindest Letzteres war ja wohl normal, oder? Ich sah auch nicht, was ich mit der persönlichen Entwicklung meiner Freunde zu tun haben sollte. Gaara war von sich aus menschlicher geworden. Neji hatte von sich aus seine Arroganz besiegt und Hinata war aus eigenem Ehrgeiz stärker geworden. Ich hatte nur zufällig das Glück gehabt, diese Metamorphosen miterleben zu dürfen, die sie alle zu vielleicht größeren Persönlichkeiten gemacht hatten. Ich war stolz auf sie, aber es war nicht mein Verdienst, was sie erreicht hatten. Und was Sasuke anging, so hatte ich trotz aller Selbstaufgabe, zu der ich seinetwegen bereit war, nicht das Gefühl, ihm irgendwie helfen zu können. Er wollte ja alles mit sich selbst ausmachen.

"Uargh.", unterbrach Sakura meine Überlegungen, als sie in das Zelt krabbelte. "Hier stinkt´s."

Ich lachte. "Das ist der Duft von ehrlichem Männerschweiß.", erklärte ich und tat einen tiefen Atemzug. Ok, vielleicht war es auch einfach nur Mief.

"Oder die Notwendigkeit, mal zu lüften.", erwiderte meine Freundin, die schon im selben Moment dafür sorgte, dass ihr diese Notwendigkeit erfüllt wurde. Sie verließ das Zelt, ließ die Eingangsplane offen und öffnete von außen kleine Lüftungsschlitze, von deren Existenz ich nicht mal gewusst hatte.

Während ich meine wenigen Besitztümer verstaute - Darunter, das einzig Wichtige, das ich dabei hatte, unser altes, abgegriffenes Teamfoto - Saß Sakura vor dem Zelt in der Sonne und redete über zu Hause. Sie vermisste ihre Eltern und regelmäßige Duschen, sagte sie, und auch die anderen aus unserem Jahrgang. Zu denen gab sie mir kurze Updates, was ihre Haltung zu mir anging; Die meisten waren entsetzt und konnten sich nicht vorstellen, dass ich Hinata betrogen haben sollte ( Vor allem mit einem Mann! Vor allem mit Sasuke! ). Der Großteil schien aber bereit, mir zu vergeben. Eine Ausnahme bildete Kiba, der stinksauer war, weil ich meine Exfreundin verletzt hatte. Ich hoffte wirklich, zwischen den beiden würde es klappen - Für beide, denn er war ein guter Kerl, der sie wirklich liebte, und weniger hatte Hinata nicht verdient. Natürlich vorausgesetzt, er schaffte es, ihr endlich mal seine Gefühle zu gestehen.

"Sakura-chan?", fragte ich, als ich aus dem Zelt kletterte.

Sie machte "Hm?", ohne die Auen zu öffnen oder die Nase aus der Sonne zu nehmen.

"Was für ein Päckchen trägst du mit dir rum?", wollte ich wissen, wofür ich einen verständnislosen Blick erntete. "Ich meine, weil du doch gesagt hast, alle meine engen Freunde hätten einen gewissen Ballast zu tragen und na ja, du bist meine beste Freundin, also..."

"Ich sagte ´Die meisten`, oder?", schnaubte sie, nicht bereit, mir zu antworten, obwohl ich spürte, dass es etwas zu sagen gegeben hätte.

Sie rappelte sich auf die Beine, klopfte die Hosen sauber und sah mit einem strengen Blick zu mir herab, der mich ebenfalls aufstehen ließ, als sie es verlangte. Vielleicht war unsere neue Freundschaft noch nicht so weit. Oder gerade die Unfähigkeit, sich Schwächen einzugestehen, war ihre Schwäche. Sie war mutig und stark, aber ich wusste, dass sie auch ihre verletzlichen Seiten hatte, die sie jedoch äußerst ungern zeigte. Ihre einzige Achillesverse war Sasuke... Oder er war es gewesen, bis er beschlossen hatte, Mein zu sein.

Wie sich herausstellte, hatte Sakura mich zu einer kleinen Abschiedsfeier gelotst, die sie, Kamura und Seishiro mit ein paar anderen, die sie hier kannten, organisiert hatten. Wir aßen und tranken in einer gemütlichen Kneipe im Ort und kehrten leicht beschwipst, überdreht und viel zu spät ins Lager zurück, wo die Wachen uns mürrisch kontrollierten. Sie waren sicher nur neidisch.

Als die Gruppe, die außer ihr nur aus Männern bestand, Sakura gallant zu ihrem Zelt geleitet hatte, hatte sie schon so manche spitze Bemerkung gemacht, den einen oder anderen beim Armdrücken geschlagen und sich allgemeine Ehrerbietung erarbeitet. Ich war stolz auf sie und das sagte ich ihr auch, als ich sie tollpatschig umarmte. Vermutlich hatte ich mich zu sehr auf sie gelehnt, denn sie schob mich weg. Trotzdem grölten die anderen Shinobi zustimmend.

"Du bist sooooo toll, Sakura-chan...!", lallte ich durch das Gelächter der anderen.

"Ja, ja... Geh jetzt ins Bett, du musst morgen früh los.", erwiderte sie und klang, trotz der Ermahnung, sanft.

"Aber vorher musst du noch sagen, dass du nicht mehr sauer bist.", verlangte ich und merkte selbst, wie schwer mir die Zunge beim Sprechen wurde.

Sie sah weg und verschränkte die Arme vor der Brust. "Das sollten wir nicht hier besprechen, Naruto."

"Wieso nicht? Die verstehen alle, dass ich wieder dein Freund sein will! Sie is Klasse, oder, Jungs?"

"Ja, eine Top Frau!"

"Hammer!"

Dergleichen Bestätigungen kamen noch einige, zusammen mit Ermunterungen, sie solle mir verzeihen. Schließlich, als ich die Arme nach ihr ausstreckte, verdrehte sie zwar die Augen, ließ sich aber drücken. "Es tut mir leid.", flüsterte ich in Sakuras Haar, sodass die anderen es unter ihrem eigenen Gejohle nicht hören konnten.

Ich spürte, wie sie tief Luft holte. "Schon gut.", hauchte sie zurück, dann löste sie sich mit einem Lächeln von mir. "Alles Gute... Wir sehen uns in Konoha.", sagte sie und verschwand dann in ihrem Zelt.

Am nächsten Morgen wäre ich natürlich froh gewesen, hätte ich Sakuras Rat befolgt und wäre ins Bett gegangen. Stattdessen war ich noch mit den anderen weiter gezogen und jetzt saß ich mit winzigen, übermüdeten Augen am Rande der Zeltstadt und wartete auf unseren Aufbruch. Während des Vormittags gähnte ich ununterbrochen und war quengelig wie ein kleines Kind, aber nachdem ich zu Mittag gegessen und eine halbe Stunde geschlafen hatte, war ich fast wieder fit.

Ich reiste mit sieben Kollegen fünf Tage lang. Unterwegs liefen wir in eine kleine Gruppe aus Suna und einer von ihnen wurde getötet, während eine Kollegin von mir verletzt wurde. Ein anderer wurde von uns getrennt. Vermutlich wurde er später getötet, jedenfalls sah ich ihn nie wieder.

Deprimiert erreichten wir schließlich die andere Division, die weiter verteilt war als die, aus der wir kamen. Sie hatten ihre Lager in Hügelkuppen unweit der Wüste aufgeschlagen, was zusätzlich für schlechte Stimmung sorgte; Tagsüber war es unglaublich heiß, nachts klirrend kalt und ständig hatte man Sand in den Augen und den Unterhosen.

Die Kommandantin nahm unseren Bericht über die Verluste mit einem gefassten Nicken auf. Sie hatte ein sanftes Gesicht, zu dem ihre feurigen Augen so gar nicht passen wollten. "Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern.", sagte sie pragmatisch. "Lasst eure Wunden versorgen und seht zu, dass ihr etwas zu Essen bekommt. Danach erhaltet ihr eure Anweisungen."

Wir salutierten, kamen aber nicht dazu, das Zelt zu verlassen, denn in dessen Eingang war, unbemerkt von uns allen, ein Mann aufgetaucht. Wir Neuankömmlinge hatten augenblicklich unsere Waffen gezückt, obwohl nichts an dem Fremden bedrohlich wirkte. Sein Gesicht war so durchschnittlich, dass man seine Züge vergaß, sobald man den Blick abwandte. Vermutlich half ein Genjutsu nach.

"Er gehört zu uns.", erklärte die Kommandantin, die eine auffordernde Geste in Richtung des Spitzels machte. "Komm rein." Sie schien von seinem Auftreten völlig unbeeindruckt, obwohl seine Unauffälligkeit beunruhigend war. "Was gibt es Neues...? Du kannst vor ihnen reden.", gestand sie zu, als sie die fragenden Blicke bemerkte, die der Späher uns zuwarf.

"Die Truppe ist zur Ruhe gekommen, es gab keine größeren Bewegungen. Nur eine kleine Gruppe ist nach Osten abgereist, aber um die kümmern sich die Leute dort. Nach dem, was ich gesehen habe, ist zu vermuten, dass Kunde aus Suna eingetroffen ist, die Einhalt gebietet, aber unsere eigenen Informanten haben noch nichts gehört."

"Vielleicht geht es Gaara besser.", sagte ich hoffnungsvoll, wofür ich einige schräge Blicke kassierte.

"Wie dem auch sei.", überging die Kommandantin meinen ungefragten Einwurf. "Wir dürfen das nicht aus den Augen lassen. Womöglich bereitet man einen neuerlichen Angriff vor. Vielleicht im Osten, wo die Truppe hingeschickt wurde. Geh unsere Leute dort davon informieren."

Der Spitzel verließ das Zelt und die Befehlshaberin sah mich erneut an. "Das hier ist noch nicht vorbei - Und selbst wenn der Kazekage es beendet, wird es gravierende Nachwirkungen haben. Wir müssen wachsam bleiben... Aber erstmal solltet ihr euch stärken. Ihr könnt gehen.", beendete sie ihre Ansprache und wir kamen der Aufforderung gerne nach.

Der westliche Teil der Division, den wir erreicht hatten, war die Größte der vier Abteilungen, in die sich das Heer aufgeteilt hatte, aber er bestand aus weniger Shinobi als die Gruppe, die wir verlassen hatten. Zwischen den müden Gesichtern suchte ich nach Hinata, aber sie musste in einer anderen Truppe, weiter im Osten, sein, wenn sie wirklich hier war. Ich hoffte, der Spitzel hatte Unrecht und es würde keinen Angriff dort geben.

Leider verdichteten sich die dahingehenden Beweise immer mehr; Täglich wurden kleine Gruppen in den Osten geschickt und die Kommandantin reagierte schließlich, indem sie das halbe Lager auflöste, um unsere eigenen Truppen dort zu verstärken. Ich wäre gerne mitgegangen, bekam aber die Verantwortung für die westlichen Wachposten übertragen. Meine Leute berichteten von kleinen Gruppen, die die Gegend auskundschafteten, aber das wurde allgemein für eine Ablenkungstaktik gehalten. Trotzdem ordnete ich an, die Wachgänge mindestens zu viert zu absolvieren, nachdem einige Kollegen bei mehreren Scharmützeln umgekommen waren.

So passierte einige Tage lang nichts Außergewöhnliches, bis ich eines Nachts auf einem der Hügel saß, die sich sanft in die Wüste ergossen, wo ich zusah, wie der Sand in der Dunkelheit schimmerte. Er sah aus wie Wasser, zumindest in der Ferne, und seine kalte Schwärze machte mich wehmütig. Ich war schon über einen Monat weg von zu Hause, weg von Sasuke...

Plötzlich wurden hinter mir Schritte laut und ich sprang auf. Bei dem Ankömmling handelte es sich um einen von meinen Leuten, dem ich entgegen ging. Bevor ich ihn jedoch erreichen konnte, kippte er ins dürre Gras und als ich zu ihm gelangte sah ich seine schweren Verletzungen.

"Was ist passiert?", fragte ich eindringlich, als ich ihn mit einem Kagebunshin ins Lager zurückbrachte.

"Die... Die Suna-Leute...", sagte er schwerfällig. "Ihre Hauptstreitmacht ist hier im Wald... Sie ha-haben uns unterlaufen..." Er atmete ein paar Mal rasselnd, bevor er weiter sprechen konnte. "Die anderen aus meiner Gruppe kämpfen noch, aber es sind... Zu viele..."

"Scheiße.", zischte ich und beeilte mich noch mehr.

Im Lazarett angekommen überließ ich den Verwundeten den Ärzten, dann sorgte ich dafür, dass das Lager wachgetrommelt wurde und rannte zum Zelt der Kommandantin. Diese hatte geschlafen und war zunächst erbost über die Störung, fing sich aber fast sofort wieder.

"Schick Boten ins nächste Lager, um Unterstützung anzufordern.", verlangte sie, während sie sich noch anzog. Ohne zu zögern machte ich mich auf die Suche nach geeigneten Laufburschen und schickte schließlich zwei leicht verletzte Jugendliche los, um sie so lange wie möglich vom Kampfgeschehen fernzuhalten. Als das erledigt war, hatte sich unser Lager bereits geschlossen versammelt und formierte sich nach den Anweisungen der Kommandantin, die den Angreifern von zwei Seiten zuleibe rücken wollte.

"Sie befinden sich im Wald in für sie ungewohntem Terrain. Nutzt das zu eurem Vorteil. Vergesst nicht, dass wir sie zurückdrängen, nicht besiegen wollen. Nehmt, wenn unbedingt nötig, Gefangene... Und los!"

Mit diesen knappen Anweisungen machten wir uns auf die Suche nach dem Feind, der in der Überzahl sein dürfte. Ich persönlich dachte darüber gar nicht nach, viel mehr war ich mit dem Versuch beschäftigt, mich in der Finsternis zurecht zu finden.Meine Kollegen waren alle schon länger hier und kannten das Gelände, ich dagegen stolperte über Wurzeln und Felsvorsprünge, bis meine Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten. Da war es aber schon zu spät; Ich war alleine im Wald.

Nach den anderen rufen konnte ich nicht, zum ersten kannte ich ihre Namen nicht, zum anderen - Und das war der wichtigere Punkt - Hätten auch Feinde mich hören können. Also duckte ich mich alleine durch den Wald, um entweder Freund oder Feind zu finden. Zwischen den Bäumen war es gespenstisch still. Mein Atem schien mit jedem Luftholen lauter zu werden und mein Herzschlag zählte die Sekunden, die ich geduckt über den belebten Boden schlich.

"Hey, du sollst dich nicht von der Gruppe entfernen.", zischte plötzlich eine Stimme hinter mir und mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Ich kannte den Sprecher nämlich nicht. Blitzschnell wirbelte ich herum und die Augen des Fremden weiteten sich, als er erkannte, dass ich nicht zu seiner Truppe gehörte. "Einer aus Konoha !", rief er seinen Kollegen zu, die ich nicht sehen konnte, dann griff er mich an.

Ich duckte mich unter dem ersten Schlag seines kurzen Krummschwertes weg und schlug in der selben Bewegung nach seinen Beinen. Er wich mit einem Sprung aus, doch als ich unter ihm war, verpasste ich ihm einen kräftigen Faustschlag in die Magengegend, der ihn, von etwas Chakra unterstützt, mehrere Meter zurück schleuderte. Sakura hätte ihm damit jeden Knochen im Laib gebrochen, aber mein sanfteres Vorgehen verschaffte mir zumindest genug Zeit, um mich richtig hinzustellen.

"Wir müssen nicht kämpfen.", sagte ich, als er auch schon wieder angriff.

Diesmal ließ er sich von meiner Finte nicht täuschen, riss heftig den Arm herum und schnitt mit dem Schwert tief in meinen Oberschenkel. Das war ärgerlich, weil es mich für den Moment langsamer machte und seine Leute sicher gleich da waren. Zumindest mein Gegner schien sich seines Sieges schon gewiss, denn er lächelte, als er den Säbel spielerisch etwas senkte und kreisen ließ.

"Vielleicht müssen wir nicht kämpfen - Vielleicht kannst du es auch einfach nur nicht.", giftete er, als er ein drittes Mal angriff.

Womit er nicht gerechnet hatte war, dass ich einen kraftvollen Satz zurück machte und so sein Hieb ins Leere ging. Mein Bein tat zwar noch weh, aber mit jeder Sekunde verheilte der Schnitt weiter. Das entging auch dem Mann aus Suna nicht und er riss die Augen auf.

"Du bist der Fuchsjunge...", zischte er.

Ich grinste, als ich die Fingerzeichen für Schattendoppelgänger formte. "Live und in Farbe!", antwortete ich verschmitzt aus vier Mündern und dieses Mal war ich es, der zum Angriff überging. Lange dauerte unser Stelldichein zu fünft allerdings nicht, denn da stürmte die Truppe meines Gegners zu uns. Sie sondierten kurz die Lage und griffen dann gekonnt in den Kampf ein. Einer nach dem anderen verschwanden meine Doppelgänger im Rauch und mit ihnen Teile meiner Kraft. Ich hätte gerne mehr getan, konnte mir aber kaum mehr erlauben als einige Taijutsu, Shuriken und Wurfmesser, da ich ja niemanden ernstlich verletzten durfte und wollte. Ich zog mich immer weiter zurück in der Hoffnung, auf meine Leute zu treffen, aber es konnte natürlich genauso sein, dass diese vier mich systematisch in ihr Bataillion drängten.

Ich zog mich auf einen Baum zurück um kurz zu verschnaufen und zu überlegen. Ich war kein Stratege und sonst hatte ich immer einen Kollegen dabei, der wusste, was zu tun war. So auf mich alleine gestellt sah es mit den Ideen eher mau aus, vor allem mit den Auflagen, die den Kampf gegen Suna betrafen.

Ein Geräusch ließ mich aufhorchen, aber ich sah nichts. Einen Moment war der Wald still, dann zerriss ein Schrei das Schweigen. Was war passiert? War das einer von meinen Leuten? Aber es war so nah gewesen... Ich war noch in Gedanken, als ein Schatten aus den Blättern vor mir sprang und mich fünf Meter zu Boden schleuderte. Stöhnend blieb ich liegen; Der Aufprall hatte alle Luft und alle Kraft aus meinem Körper gepresst, ich konnte mich nicht rühren.

Von vorne näherte sich eine Gestalt. An dem Krummschwert in seiner Hand erkannte ich meinen ersten Gegner und er blieb stehen, als er im sanften Mondlicht stand, sodass ich seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte. Dieser Mann wollte mich nicht töten, das sah ich sofort.

Dazu kam er aber auch gar nicht. Erneut durchschnitt ein Schatten das Zwielicht, nur blieb dieser diesmal genau über meinen noch immer kraftlosen Beinen hocken. Es war ein Mensch, eine Frau, erkannte man an ihrer Silhouette, aber das drohende Knurren, das sie von sich gab, war viel mehr raubtierhaft.

Kurz passierte nichts, dann sprang meine Beschützerin los, direkt auf den Feind zu. Im Mondlicht leuchtete ihr Haar kobaltblau und sie schien mehr um ihren Gegner zu tanzen als ihn tatsächlich zu bedrängen. Sie schlug nicht fest zu, so wie der Fremde es tat, sondern schien ihm nur sacht mit den Fingerspitzen zu berühren. Trotzdem stöhnte der Suneraner schmerzlich auf, wenn sie ihn erwischte. Dieser Kampfstil kam mir so bekannt vor. Langsam dämmerte mir, wen ich da vor mir hatte.

Schwerfällig setzte ich mich auf; Ich verdankte es mit Sicherheit dem Kyuubi, dass ich das überhaupt schon konnte. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, der mich noch nicht tragen konnte, aber im Moment war ich auch zu sehr damit beschäftigt, dem Kampfgeschehen vor mir ungläubig zu folgen.

"Hinata...", flüsterte ich, denn es konnte kein Zweifel mehr daran bestehen, dass meine Exfreundin mir so eben das Leben gerettet hatte. Als ich das realisierte, wollte ich ihr helfen, doch weiter als auf die Knie konnte ich mich noch nicht aufrichten. Alles schmerzte so sehr... Aber ich musste zu ihr.

Hinata schlug sich gut und ihre Fähigkeiten waren genau das Richtige, um einen Feind kampfunfähig zu machen, ohne ihn zu töten. Der andere konnte offenbar seinen linken Arm nicht mehr bewegen; Wie das Glied einer Puppe schlackerte er neben seinem Körper. Mit einem Schrei riss er den gesunden Arm in die Höhe und ging auf Hinata los, doch diese schaffte es in einer fließenden Kreisbewegung, ihm auszuweichen. Kaum eine Sekunde später war die Kunnoichi wieder bei ihm und schickte ihn mit einem Schlag auf die linke, ungeschützte Seite zu Boden.

"Gib auf, dann wirst du leben.", sagte eine Stimme, die ich Hinata kaum zuordnen konnte; Sie schien jedweder Sanftheit zu entbehren.

Der Suna-Shinobi starrte sie entsetzt an, dann sah er zur Seite und wieder zu ihr. Doch ihm war offenbar nicht entgangen, was auch ich in dem Moment gesehen hatte; Sein Schwert, dass er während seines Sturzes hatte fallen lassen, lag nur wenige Zentimeter neben ihm. Mit einer Rolle vorwärts stürzte er sich auf die Waffe und wirbelte herum. Hinata, die erneut beherzt angriff, hatte wohl nicht gesehen, dass er nach dem Schwert gegriffen hatte, denn sie lief mit ausgestreckter Hand direkt auf die Klinge des Fremden zu, welcher dieser gerade gehoben hatte.

"Nein!", hörte ich mich schreien, als der Feind vom Boden emporsprang.

Ich hechtete im selben Moment auf die Beiden zu, den schmerzenden Protest meines Körpers kaum wahrnehmend. Irgendwo in mir rührte sich das Ungeheuer und brüllte mit meiner Stimme und dann spürte ich sein Feuer durch meine Venen laufen, als ein Schrei und das furchtbare Geräusch von reißendem Fleisch die Nacht erschütterte. Etwas heißes spritze auf mein Gesicht, aber ich nahm es kaum wahr, weil ich bereits über dem Suna-Shinobi war und ihn erneut zu Boden riss. Wie von Sinnen prügelte ich auf ihn ein, die Hände umwabert von Kyuubis rotem Chakra, die Nägel zu Krallen verlängert und mit Reißzähnen, die gegen meine Unterlippen drückten. Ein winziger Teil von mir wusste, dass ich mich beruhigen musste, aber ein anderer, mächtigerer Teil von mir wollte dem Zorn freien Lauf lassen und sich dem Rausch von Kraft und Hass hingeben.

Für diesen Schrei aus Hinatas Mund würde ich meinem Feind die Haut vom Gesicht reißen.

Der Mann bewegte sich schon lange nicht mehr, als ich von der blutigen Masse, die von ihm übrig war, herunter kletterte. Mein Hass war bei weitem noch nicht gestillt; Ich hob das Gesicht in die kühle Waldluft, wie um die anderen zu wittern. Diese Feinde, Mörder, Verräter...

Aber da war nur ein süßer Duft, vertraut und warm, und ein kaum hörbares Wimmern, das mich für den Moment verharren ließ. Auf der Suche nach der Ursache wandte ich den Kopf hier- und dorthin, bis ich sie ausmachen konnte. Eine Gestalt auf dem Boden, die mühsam näher kroch. Ich knurrte und setzte schon dazu an, auf die zu springen, als ihr Geruch mich abhielt.

"Hö-Hör auf...", wisperte sie.

"Hinata.", sagte ich mit seltsam fremder Stimme. Ich schüttelte den Kopf, um die Stimme darin, die mich zum weiteren Töten aufforderte, abzuschütteln. Die letzten Minuten waren bereits zu einem schwarz-roten Albtraum verschwommen, als Hinata mich endlich erreichte. Sie klappte zusammen, die Hand um mein Hosenbein gekrallt. Sofort kniete ich mich hin, um sie hochzuheben. Dabei fiel ihr linker Arm zur Seite und etwas Warmes berührte mich. Meine Nackenhaare stellten sich auf; Irgendetwas stimmte nicht mit ihrem Arm. Erst konnte ich es nicht einordnen, dann erhaschte ich einen Blick auf ihr Handgelenk und mein Magen hob sich.

Das Handgelenk bildete nun das Ende ihres Arms.

Der inzwischen Tote Suna-Shinobi hatte ihr die Hand abgehackt.

Tränen traten mir in die Augen, trotzdem nahm ich irgendwoher die Geistesgegenwart, ihren Arm mit einem Streifen meines Shirts abzubinden, bevor ich so schnell wie möglich ins Lager rannte. Auch dieses Tempo kam mir noch unendlich langsam vor. Kein Geräusch drang durch die Zeitlupe meiner Wahrnehmung, nur das überlaute Schlagen meines Herzens und die nackte Panik, dass Hinatas Herz aufhören könnte, genau das zu tun. Es schmerzte mich, aber ich hatte keine Zeit, ihre Hand zu suchen, wenn sie leben sollte... Und das musste sie. Sie musste, sie musste...

"N-Naruto-kun...", sagte sie irgendwann auf dem Weg leise.

"Schh... Du musst deine Kraft sparen." Die mit belegter Stimme ausgesprochene Mahnung kam mir surreal vor, wie aus einem schlechten Film. Ich brachte es nicht über mich, Hinata ins Gesicht zu sehen. "Du bist jetzt sicher, wir sind gleich da."

"Du... Du weinst ja..."

"Achte nicht darauf. Gleich sind wir da."

Sie schmiegte sich kraftlos an meine Brust. "Du darfst nicht morden..."

"Es tut mir leid, dass du das gesehen hast." Nicht, dass ich es getan hatte. Ich hätte den Mann gerne noch einmal umgebracht.

"Helden töten nicht.", beharrte sie, als wir gerarde das Lazarett erreichten, dann wurde sie mir aus den Armen gerissen und ich wurde hinausgeworfen. Wie in Trance starrte ich die Zeltplane an, dann wankte ich zurück in den Wald, um ihre Hand zu suchen. Natürlich fand ich nicht mal die Stelle, an der wir gekämpft hatten, und so taumelte ich, ziellos und weinend, durch die zwischen den Bäumen umher, als schon lange die Sonne aufgegangen war.

Irgendwann brach ich einfach mitten im Schritt zusammen. Sicherlich wäre ich dort gestorben, und in diesen Stunden wäre mir das sehr Recht gewesen, wenn mich nicht jemand aus meinem Battailion gefunden hätte. Ich bekam nur schemenhaft mit, wie man mich ins Lager brachte, wo die Ärzte jedoch feststellten, dass mir körperlich nichts fehlte, also ließ man mich einfach schlafen. Das war wohl im Moment auch das Beste. Ich wachte nur aus meinem von Albträumen gebeutelten Schlaf auf, wenn man mich zum Trinken zwang; Essen verweigerte ich kategorisch.

Erst drei Tage später war mein Geist so weit genesen, dass ich aufstehen konnte. Der Schock ließ nach und ich fing an, mir Sorgen um Hinata zu machen, die nicht vom blanken Entsetzen und hilfloser Trauer geprägt waren. Dass sie lebte, wusste ich von den Ärzten. Aber wie es ihr ging, wollte ich jetzt selbst herausfinden. Als ich das Zelt zu diesem Zweck verließ, herrschte vorsichtig optimistische Stimmung unter meinen Kollegen. Ich fragte niemanden, was los war, denn mein einziges Ziel war das Lazarett. Dieses war voller als vor dem Angriff - Natürlich. Ich suchte nach Hinata und hoffte im selben Moment, in dem ich Angst davor hatte, sie nicht zu finden. Sie hatte sicher viel Blut verloren. Was, wenn sie...?

Bevor ich aus denken konnte, fand ich sie.

Sie sah noch kleiner und zerbrechlicher aus als sonst, wie sie, blass und dünn, in ihrem Feldbett lag. Trotzdem erhellte ein Lächeln ihre Züge, als sie mich erblickte. "Naruto-kun!"

"Hallo.", sagte ich, steif vor Angst und Schuldgefühl. Wie ein Robotter setzte ich mich auf den Stuhl neben ihrem Bett. "Wie... Wie geht es dir?"

"Schon viel besser. Die Ärzte heilen die... Die Wunde jeden Tag etwas mehr." Ein schmerzlicher Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht, der kein körperliches Leiden zugrunde hatte. Es war der Ausdruck ihres Verlustes.

Unter der Decke rührte sich ihr Arm, aber sie hielt das, was davon übrig war, verborgen. Erneut wurde mir schlecht; Nicht aus Ekel, sondern aus Trauer und Scham. "D-Das ist meine Schuld.", stammelte ich, die Augen weit aufgerissen. "Wenn ich die anderen nicht verloren hätte..."

"Nicht weinen, Naruto-kun.", beschwichtige sie mich sanft und legte die heile Hand auf meine. "Es ist nicht deine Schuld. Und... Ich wüde dich jeder Zeit wieder beschützen."

Trotzdem, oder gerade wegen ihrer Worte weinte ich. Weil sie schon wieder tapfer war für mich und ich ihr nichts zurückgeben konnte. Ich weinte um ihre unerwiderte Liebe, ihre verlorene Gesundheit, ihre beendete Karriere und wegen der Ungerechtigkeit, die sie bestrafte für meine Unfähigkeit. Irgendwann hatte sie sich aufgesetzt und mich in den Arm genommen, stets darauf bedacht, ihren Armstumpen zu verbergen. Man merkte es ihr oft nicht an, aber sie war eine sehr starke Frau.

"Sie haben heute den Rückzugsbefehl von Gaara erhalten.", sagte Hinata nach einer Weile, wohl um mich abzulenken.

"Echt?", erwiderte ich rau. Inzwischen kamen keine Tränen mehr, ich war leer. "Deswegen wohl die gute Stimmung draußen."

"Ja. Die Zustände hier haben alle aufgerieben. Bald können wir wieder heim."

Und doch würde sich so viel verändert haben... "Wann darfst du gehen?"

"Wenn die... Die Wunde ganz geheilt ist. In ein paar Tagen."

"Darf ich dich nach Hause bringen?"

Sie zögerte, ihre Hand nach wie vor zärtlich in meinem Haar vergraben. "Hier wird es noch einiges zu klären geben, bevor alle zurück können..."

"Ich werde trotzdem um Erlaubnis bitten, wenn es dir Recht ist. Dann kehre ich eben danach wieder hierher zurück."

Jetzt löste sie sich doch von mir und sah mich ungewöhnlich fest an. Auch ihr Stottern war plötzlich verschwunden, fiel mir spontan auf. "Du bist mir nichts schuldig, Naruto-kun."

Ich erwiderte ihren Blick ebenso entschlossen. "Doch - Ich schulde dir mein Leben und nichts, was du sagst, wird meine Meinung darüber ändern. Aber das ist nicht der Grund, aus dem ich mit dir gehen möchte. Ich will dich begleiten, weil wir Freunde sind."

"Ist das alles?"

Traurig holte ich tief Luft. Wie gerne ich ´Nein - Ich liebe dich.` gesagt hätte! Aber ich konnte nicht. "Ja. Das ist alles."

Sie nickte, schien weder erstaunt noch enttäuscht zu sein. "Ok... Wenn die Kommandantin einverstanden ist, bin ich es auch."

"Danke. Für alles.", sagte ich und küsste ihre Stirn, als ich aufstand, um sie ausruhen zu lassen.

Die Kommandantin war mit meinem Wunsch einverstanden; Ich würde als Aufpasser für eine ganze Gruppe von Verletzten dienen, die heimgeschickt wurden. Erleichtert, wenigstens auf diese Art nützlich sein zu können, fügte ich mich dem Auftrag. Ich half bei den Vorbereitungen für die Abreise wo ich konnte, trug Wäsche und Vorräte zusammen, erstellte einen Plan für die Reise und versuchte, mir die Behandlungsweisen für die Patienten zu merken, um den beiden Medic-Nin, die ebenfalls mit uns reisen würden, bei der Vergabe der Medikamente helfen zu können.

Meine freie Zeit verbrachte ich ausschließlich bei Hinata. Ich brachte sie oft raus in die Sonne, stets in eine dünne Decke gehüllt, da sie noch kränklich war und ihren Arm verbergen wollte. Auf den Hügeln unweit der Wüstenausläufer beobachteten wir den Abbau des Suna-Lagers, von dem ab und zu Gesandte zu uns strömten. Alle Beteiligten wirkten erleichtert, aber nervös. Keiner traute dem jungen Frieden schon so recht.

Während wir das beobachteten, redeten wir viel. Dabei erfuhr ich zunächst, was an jenem Abend des Überfalls wirklich passiert war. Meine Truppe war weiter gezogen und hatte es geschafft, den linken Teil der Kompanie aus Suna vom Rest der Streitmacht zu trennen. Jedoch waren es fünf gegen fünfzehn und es sah schlecht für die Konoha-Shinobi aus, bis Hinatas Division dazustieß. Sie hatte gehört, dass ich in dieser Gruppe war, und hielt Ausschau nach mir, konnte mich aber nirgends finden. Von den anderen erfuhr sie, dass sie mich schon länger nicht gesehen hatten und da sie wusste, dass ich nie flüchten würde, vermutete sie, dass ich entweder verletzt war oder mich verirrt hatte. Trotz der Katastrophe, die sich daraus entwickelt hatte, schmunzelte Hinata, als sie erfuhr, dass ich mich tatsächlich verlaufen hatte. Jedenfalls war sie mich suchen gegangen - Und hatte mich auch gefunden, wie ich ja wusste. Nachdem ich sie ins Lager gebracht hatte, war im Wald die Kompanie aus Suna zurückgedrängt worden. Die kleinen Gruppen, die wir in den Osten hatten ziehen sehen, waren nur Ablenkungsmanöver gewesen und sie waren, von uns ungesehen, durch die Wüste zum Hauptlager zurückgekehrt. Die im Geheimen vorrückende Arme hatte die Wachen getötet - Nur der, der mich informiert hatte, hatte überlebt.

Im Wald waren sie jedoch abgefangen worden und hatten selbst Verluste erlitten, bis sie sich schließlich zurückgezogen hatten. Beide Seiten waren bereits am nächsten Tag wieder aufeinander getroffen, danach war Ruhe im Lager der Wüstenbewohner eingekehrt. Vermutlich hatten sie zu diesem Zeitpunkt bereits Anweisungen erhalten, sich zurück zu ziehen. Zwei Tage später teilten offizielle Gesandte auch der Kommandantin mit, die die Befehle mit Gaaras Siegel erfreut zur Kenntnis nahm. Scheinbar planten seine Vertreter bereits eine Reise nach Konoha - Der Kazekage selbst konnte die Strapazen noch nicht auf sich nehmen, hieß es.

"Ich wüsste gerne, was mit den Ältesten passiert, die das ganze angezettelt haben.", fragte ich düster. Die Blutgier der Menschen hatte so vieles gekostet.

"Vermutlich nichts.", erwiderte Hinata leise. "Sie haben ihren Kage verteidigt, dessen rechtmäßige Vertreter sie sind. Da kann man nichts machen."

"Aber wegen ihnen sind so viele Menschen gestorben!", protestierte ich, was natürlich nichts änderte.

Sanft legte sie mir die Hand auf die Schulter. "Wichtig ist, dass nicht noch mehr umkommen, oder?", sagte sie und ich gab ihr wiederstrebend Recht. Eine Weile herrschte Schweigen, dann fuhr sie fort: "Ich... Ich hatte wirklich Angst, als du so die Beherrschung verloren hast."

Inzwischen schämte ich mich für diesen Ausraster und für die Lust, die mir das Töten bereitet hatte. Diese Gefühle waren mir fremd und unnatürlich und dieser Mann hatte auch nur seine Befehle ausgeführt. Er war ein kleines Rädchen... Das ich zerquetscht hatte wie eine Fliege. "Es tut mir leid. Als ich dich schreien gehört habe... Ist bei mir irgendwie einfach alles ausgesetzt. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, Kyuubi nie mehr so viel Macht über mich zu geben."

"Du wolltest mich beschützen?" Sie schien erstaunt.

"Natürlich.", stimmte ich, meinerseits überrascht, zu. "Ich hätte nie zulassen dürfen, dass so etwas passiert. Es tut mir so leid, Hinata. Wenn ich irgendetwas tun kann..."

"Das kannst du nicht.", unterbrach Hinata mich nachsichtig. Ihr Griff um meine Schulter verstärkte sich ein wenig, ansonsten war sie, wie schon die ganze letzte Woche, gefasster als ich, was den Verlust ihrer Hand anging. Ich kämpfte nach wie vor jedes Mal mit den Tränen, wenn ich sie sah. "Zumal du das gar nicht musst. Es war meine Pflicht, für dich zu kämpfen, aber ich wollte es auch. Dass es dabei zu Verletzungen kommen konnte ist uns doch allen klar, oder?"

"Trotzdem hätte ich dich beschützen müssen. Ich hätte es sein sollen, der dort verletzt wurde."

"Das Schicksal sah das wohl anders. Und jetzt hör auf, damit zu hadern."

"Ja, aber... Was hast du jetzt vor? Du hast so viel getan, um Shinobi zu werden."

Sie nahm die Hand von meiner Schulter und lehnte sich in ihrem Bett zurück. Es war der letzte Tag vor unserer Abreise und man hatte ihr geraten, liegen zu bleiben, um ihre Kräfte zu sparen. "Wer sagt, dass ich das jetzt nicht mehr kann?", fragte Hinata. "Ich muss mir nur eine andere Möglichkeit zu kämpfen ausdenken, aber da bin ich nicht die Erste. Sieh dir unsere Senseis an - Wie viele von ihnen haben schwere Verletzungen und sind trotzdem großartige Kämpfer? Es ist sowieso reine Bequemlichkeit, sich ausschließlich auf die Jutsu seiner Familie zu verlassen. Ich werde zurecht kommen."

"Glaub ich auch.", sagte ich und erwiderte ihr Lächeln.

Erneut schwiegen wir eine Weile, um unseren Gedanken nachzuhängen. Ich fragte mich, was Hiashi sagen würde und ob Hinata der Verlust ihres Erbes wirklich nichts ausmachte. War sie tatsächlich so stark, wie sie sich gab? Oder weinte sie, wenn ich es nicht sehen konnte? Mir war klar, dass ich kein Anrecht mehr darauf hatte, von ihrem Schmerz zu erfahren. Denn er ist eine der privatesten, schwächsten Teile unseres Selbst, den wir meist nur mit unseren engsten Angehörigen teilen, und das war ich jetzt für sie nicht mehr. Trotzdem hätte ich ihre Pein gerne gelindert, wenn ich das konnte.

"Hinata?" Sie blinzelte aus ihren Überlegungen aufgeschreckt und sah mich abwartend an. "Darf... Darf ich deinen Arm sehen?"

Sie erbleichte und zog die Decke enger um sich. "Wie-Wieso?"

"Ich möchte alles von dir kennen. Und ich möchte wissen, was du für mich aufgegeben hast."

"Das weißt du doch.", sagte sie ängstlich.

"Bitte."

"E-Es sieht so ekelhaft aus. Ich möchte n-nicht, dass du mich so siehst...", gestand sie und plötzlich war das Stottern zurück.

Ich sah sie fest an. "Es ist ein Teil von dir, für den ich verantwortlich bin."

Hinata schluckte merklich, sah mich nicht mehr an. Sie wollte nicht, zog aber ganz langsam die Decke tiefer, bis ihr linker Arm sichtbar wurde. Das weiße Shirt, das sie trug, machte es ganz deutlich sichtbar; Am Ende ihres Armes endete ihr Körper. Die Wunde war mit einem Verband geschützt, den sie vorsichtig löste. Darunter war erstaunlich weit verheiltes Fleisch zu sehen, an manchen Stellen sogar schon frische, rosige Haut.

Ich sah zu Hinata auf und zum ersten Mal seit dem Überfall sah ich sie weinen.

"E-Es tut mir l-leid...", schluchzte sie und wischte sich über die Augen.

"Nein, das muss es nicht. Lass alles raus." Ich nahm sie in den Arm und sie barg das Gesicht an meiner Brust.

"I-Ich bin ein Monster..."

Erstaunt weitete ich die Augen, löste mich noch im selben Moment von ihr. "Sag so etwas nie wieder.", befahl ich und nahm trotz ihres Protests ihren linken Arm. Vorsichtig küsste ich die geschwollene Haut, ohne den Blick von Hinata zu nehmen. "Du bist wunderschön."

"Das st-stimmt nicht.", stammelte sie fast hysterisch.

Nochmal küsste ich ihren Arm zärtlich, dann legte ich die Hand auf ihre Wange. "Du bist die schönste Frau, die ich kenne.", bekräftigte ich. "Du bist stark und begehrenswert und wunderschön."

"Und trotzdem willst du mich nicht..."

Trarurig verzog ich das Gesicht. "Du bist wahnsinnig begehrenswert, aber ich kann nicht mehr auf diese Weise bei dir sein. Aber das liegt nicht an dir, sondern an mir."

"Da-Das ist der schlimmste Klischee-Spruch, den es gibt...", murmelte sie und ich lachte unglücklich.

"Es tut mir so leid, Hinata... Ich habe nie aufgehört, dich zu wollen. Und das werde ich auch nie. Aber ich gehöre jetzt jemand anderem und ich fürchte, ich kann mich nicht teilen."

"Doch...", sagte sie in einem halb erstickten Lachen, das sogleich wieder in ein Schluchzen umschlug. "Wa-Warum kann ich dich nicht hassen? Das ist so unfair!"

"Mein Glück.", erwiderte ich. Meine Finger glitten sanft durch ihr Haar, während ich sie wiegte wie ein kleines Kind. Sie weinte in meinen Armen, bis sie eingeschlafen war. Vorsichtig bedeckte ich ihren Armstumpf wieder mit Verband und Decke, dann machte ich es mir gemütlich, um an ihrer Seite Wache zu halten. Als der Arzt einen letzten Rundgang durch das Lazarett machte tat ich, als würde ich schlafen. Wohl, weil er Hinata nicht wecken wollte, ließ er mich bleiben, sodass ich die Nacht bei ihr verbrachte.

Es hatte etwas Vertrautes, Tröstliches, neben Hinata aufzuwachen, und fast hätte ich ihr einen verschlafenen Guten-Morgen-Kuss gegeben. Stattdessen lächelte ich sie an, als ich merkte, dass sie schon wach war. "Guten Morgen."

"Tut mir leid, dass ich mich so habe gehen lassen..." hauchte sie scheu.

"Du warst die ganze Zeit so stark und das hat sich nie geändert.", erwiderte ich liebevoll und stand auf. "Ich geh mir Frühstück holen und packen, dann komm ich dich holen. Und keine Müdigkeit vorschützen!", mahnte ich streng, was sie zum Kichern brachte.

Die letzten Tage hatte das Selbstmitleid mich im Griff gehabt, aber jetzt wollte ich Hinata endlich eine Stützte sein. Das brauchte sie, wie man in der letzten Nacht gesehen hatte.

Die kleine Gruppe, die sich wenig später am Rand des Lagers einfand, wirkte erschöpft und erleichtert, die Front hinter sich zu lassen. Da alle recht schwere Verletzungen hatten, kamen wir nur langsam voran, was mich ungeduldig gemacht hätte, wenn Hinata nicht unter meinen Schäfchen gewesen wäre. Ihretwegen spielte ich den geduldigen Hirtenhund; Ich sorgte für regelmäßige Pausen und gute Laune und dafür, dass keiner sich verirrte. Hinata und ich redeten viel und kamen uns wieder näher, allerdings ohne dass ich befürchtete, sie würde es falsch verstehen. Seit der Nacht des Überfalls hatte sich etwas in ihr verändert und sie stärker zurückgelassen, ihr die Abhängigkeit von mir genommen.

Es dauerte fünf Tage, bis wir wieder in Konoha waren. Wir fanden das Dorf völlig verändert vor; Die Leute waren auf den Straßen, die Angst aus den Gesichtern gewichen, die Gespräche ausgelassen, das Lachen herzlich. Einzig das Krankenhaus, in das wir einzogen wie eine kleine Parade, zeigte mit seinen übervollen Zimmern die Auswirkungen der Kämpfe.

Wie es meine Pflicht war informierte ich die Familien der Verwundeten über deren Rückkehr. Dankbare Erleichterung strömte mir entgegen, trotzdem zögerte ich, das Anwesen meiner Exfreundin aufzusuchen. Ich war verantwortlich für ihren Verlust, egal, was Hinata sagte, und ich wusste nicht, wie ich ihrem Vater in die Augen sehen sollte.

Schließlich blieb mir nichts anderes übrig, als ins kalte Wasser zu springen. Zuerst wurde ich schon an der Tür abgewiesen, doch als ich sagte, es würde um die Erbin des Hauses gehen, ließ man mich zu Hiashi vor. In einem kahlen Beratungszimmer empfing er mich, auf einer Bodenmatte sitzend und mir eine ebensolche zuweisend. Neji saß neben ihm.

Sein Gesicht war gefasst. "Was ist mit meiner Tochter?"

"Ich habe sie mit einer Gruppe Verwundeter heute zurückgebracht, Sir.", erklärte ich knapp.

Das Klanoberhaupt wurde eine winzige Spur blasser, zeigte aber sonst keinerlei Regung. "Sie lebt?" Als ich nickte, atmeten beide Männer hörbar aus. "Was ist geschehen?"

Jetzt kam der schwierige Teil und ich straffte die Schultern, ehe ich zu sprechen begann. "Ich wurde von meiner Truppe getrennt und geriet in einen Hinterhalt. Ihre Tochter kam mir zu Hilfe, als ich nicht kämpfen konnte. Sie... Der Feind konnte sie schwer verwunden, bevor ich wieder eingreifen konnte. Es tut mir leid, Sir." Mit diesen Worten legte ich die Hände auf den Boden und die Stirn darauf. Lange blieb ich in dieser demütigen Pose, ohne, dass etwas geschah.

"Wie genau wurde sie verletzt?" Die Frage kam von Neji.

"Sie hat ihre linke Hand verloren."

Erneutes Schweigen. Ich rührte mich nicht bis schließlich zu hören war, wie die Hyuuga-Männer sich erhoben und die Schiebetür zur Seite zogen. Im Durchgang blieb Hiashi nochmal stehen. "Verschwinde aus meinem Haus und lass dich nie wieder hier sehen.", sagte er kalt. "Von heute an bist du mein Feind."

Damit rauschte er hinaus, zu seiner Tochter, wie ich annahm. Ich richtete mich steif auf und sah, dass Neji noch da war. Ob er dafür sorgen wollte, dass ich wirklich ging, oder seinem Onkel Zeit alleine mit Hinata gönnen wollte konnte ich nicht sagen.

"Es tut mir leid." Meine Stimme klang gebrochen. Ich taumelte, als ich aufstand, und meine Wangen waren feucht.

"Es war Schicksal.", war alles, was er in düsterer Stimme dazu sagte, dann brachte er mich raus. "Es wäre besser, wenn du auf meinen Onkel hörst und dich von hier fernhälst."

"Ich werde alles tun, was nötig ist, um Hinata zu unterstützen. Die Konsequenzen sind mir gleich.", erwiderte ich fest und fasste ihn dann an der Schulter. "Sind wir noch Freunde?"

"Das wird sich zeigen... Geh jetzt."

Mit diesen Worten schloss er die Tür und die Geste tat mehr weh, als jeder Schlag, den er mir hätte verpassen können. Als wäre ich selbst verwundet wankte ich durch die Stadt. All der Schmerz kam in geballter Macht wieder zurück, drohte mich zu ersticken. Die Schuldgefühle, die Hinata zu betäuben versucht hatte, brannten wie glühende Eisenstangen auf der Haut und summierten sich ein mal mehr mit all den Fehlschlägen der letzten Monate; Die Suche nach dem Serienmörder, Sasukes Genesung, meine Beziehung mit Hinata, der Anschlag auf Gaara - Und jetzt das. All das wog so schwer, dass ich mich, kaum in der Wohnung angekommen, in mein unbezogenes Bett fallen ließ. Ich wusste für einige Zeit nicht, wie ich je wieder aufstehen sollte. Ich hatte so viel zu verantworten und keine Ahnung, wie ich das alles bewältigen sollte. Hätte ich keinen Termin bei Tsunade gehabt wäre ich wohl nicht mehr aufgestanden.

Mit monotoner Stimme erzählte ich ihr, was passiert war und gab ihr teilnahmslos einen kurzen Bericht über unsere Heimreise. Tsunade runzelte irritiert die Stirn über meine scheinbare Unberührtheit. "Das ist ein schwerer Verlust - Für die Familie und für das Dorf. Ich werde mit Hiashi sprechen." Sie schwieg einen Moment. "Ich denke, es würde Hinata gut tun, wenn du sie ein wenig unterstützen würdest. Mir ist klar, dass es einiges verlangt ist..."

"Das würde ich sowieso tun, Baa-chan.", unterbrach ich sie schwach lächelnd. Wie hätte ich Hinata nach allem alleine lassen können? "Nur Hiashi war nicht so begeistert von meiner Anteilnahme..."

"Das ist verständlich. Du solltest ihn nicht weiter reizen und versuchen, seinen Leuten aus dem Weg zu gehen.", riet mir die Hokage. "Das wäre es dann für´s Erste. Die nächsten Tage über wirst du dich erholen. Ich werde dich rufen lassen, wenn es Arbeit gibt."

Ich verbeugte mich, setzte schon dazu an zu gehen, blieb dann doch noch stehen. "Wird alles wieder gut?"

Tsunade schob die Finger ineinander und schloss die Augen. "Das kommt darauf an, wie die Leute die Auseinandersetzungen aufnehmen. Im Moment haben wir offiziell nur einen Waffenstillstand mit Suna und die Botschafter sind nicht erfreut von der Vorstellung, Reparationszahlungen leisten zu müssen - Was aber ihre Pflicht wäre, da sie die Kämpfe begonnen haben."

Mir fiel auf, dass sie bewusst das Wort ´Krieg` zu vermeiden schien. "Kann man darauf nicht verzichten?"

"Die Ältesten sind stur und wollen unbedingt Entschädigung, obwohl unsere Verluste gar nicht so groß waren... Aber es ist nicht deine Aufgabe, dich mit Diplomatie auseinander zu setzten. Das reicht jetzt." Ich grinste und wollte gehen, doch diesmal war sie es, die mich noch ein Mal aufhielt. "Ach, Naruto...", sagte sie zögernd. "Soll ich Sasuke eine andere Unterkunft suchen?"

"Nein!", stieß ich sofort hervor. Die Aussicht darauf, noch länger von ihm getrennt zu sein, war beängstigend. "Nein, ich kann ihn sofort holen. Darf ich? Bitte."

Tsunade seufzte, offenbar unschlüssig, ob sie das richtige tat. "Morgen. Ich werde alles in die Wege leiten. Bis dahin ruhst du dich aus."

"Aber...", fing ich an, doch als sie mich scharf ansah, schwieg ich. Sogar zum Streiten fehlte mir gerade die Kraft.

Ich ging nach Hause, bezog diesmal sogar noch das Bett und schlief dann die ganze Nacht durch. Am nächsten Tag ging es mir tatsächlich wieder bedeutend besser. Natürlich war das Schuldgefühl noch da, aber nicht mehr so erdrückend wie nach dem Gespräch mit Hiashi. Immerhin fühlte ich mich nicht mehr wie ein Zombie, als ich die Wohnung putzte und einkaufen ging.

Nachdem ich damit fertig war holte ich Sasuke aus der Justizvollzugsanstalt. Wie Tsunade versprochen hatte war dort bereits alles vorbereitet, trotzdem dauerte es eine Weile, bis ich meinem Freund wieder gegenüberstand. Er war blasser und dünner, als ich ihn in Erinnerung hatte, dunkle Schatten lagen unter seinen Augen und er lächelte nicht, als er mich nach gut zwei Monaten zum ersten Mal wieder sah.

Dafür war ich glücklich genug für zwei.

Lachend fiel ich ihm um den Hals und hob ihn in meinem Überschwang hoch, was ihm ein widerwilliges Grummeln entlockte. Ohne ihn loszulassen strahlte ich ihn an. "Ich bin wieder da!"

Er verdrehte nur die Augen. "Das sehe ich."

Die skeptischen Blicke der Wachen ignorierend piekste ich ihn in die Seite. "Sei nicht so ein Stinkstiefel. Ich hab dich vermisst... Und immerhin bist du jetzt wieder frei!"

Er nickte und ich beschloss, ihm etwas Zeit zum Auftauen zu geben. Sasukes übersichtliches Gepäck in der Hand verließ ich den Warteraum, einige Sicherheitsschläußen und stand schließlich vor dem hohen Tor, das in die Freiheit führte. Nach ein paar weiteren Gesprächen mit den Wachen reichte eine von diesen Sasuke die Hand, dann wurde die Tür geöffnet. Ich lächelte Sasuke an, bevor dieser in die Freiheit trat.

Als die Tür hinter uns geschlossen wurde nahm ich seine Hand. "Ich glaube irgendwie, dass ich mich mehr über deine Entlassung freue als du."

Zwar entzog er mir die Hand nicht, doch er lief einfach los, wodurch er meinem Blick auswich. "Ich war bemüht, es nicht als Haft zu sehen."

"Als was denn dann?", fragte ich, ihm folgend.

"Fünfsterneurlaub."

Grinsend drückte ich seine Hand. "Gut, dass du so ein positiv eingestellter Mensch bist."

Er lächelte nur schmal ohne etwas zu sagen, also fing ich an, ihm von den Geschehnissen an der Front zu erzählen. Irgendwann auf dem Weg durch die Stadt ließ er meine Hand los, was eigentlich sinnlos war. Inzwischen wusste wohl eh jeder von uns. Seufzend ließ ich ihm seinen Freiraum, immerhin war ich lange weg gewesen und er musste sich vielleicht erst wieder aklimatisieren.

Obwohl er kaum antwortete ging mir der Gesprächsstoff über den ganzen Weg nicht aus, obwohl ich über die Geschehnisse der letzten Tage nichts erzählte. Ich war noch nicht bereit, über Hinata zu reden und dabei Sasukes Urteil zu ertragen.

Es war seltsam, wieder mit ihm in die Wohnung zu treten. Wenn es ihm auch so ging, verbarg er das gut, denn er nahm mir wortlos seine Taschen ab und brachte sie ins Bad, wo unsere Waschmaschine stand. Weil ich sonst nichts mit mir anzufangen wusste folgte ich ihm.

"Du hast geputzt."

"Ich war gestern schon hier und ich dachte, du freust dich." Plötzlich unsicher zuckte ich die Schultern.

Sasuke stand auf und kam auf mich zu. Er legte mir die Hand auf die Wange, einen wachsamen Ausdruck in den Augen. "Warum bist du nervös?"

"I-ich bin nicht nervös...", stammelte ich ertappt, woraufhin sein Gesichtsausdruck kälter wurde. Ich wusste nicht, was in seinem Kopf vorging, aber das, was es zutage brachte, beunruhigte mich.

Seine Hand glitt in mein Haar, strich dieses hinter mein Ohr. "Du hast dich verändert."

Ich weitete die Augen, weil er, obwohl ich bisher so betont fröhlich gewesen war, sofort bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. Mein Blick wanderte zu einer Stelle hinter seinem Kopf und ich spürte selbst, wie die Spannung aus meinem Körper wich, als ich die Schultern sinken ließ. "Es ist so viel passiert, manches muss ich dir erst noch erzählen... Ich schätze, da ist es normal, dass ich etwas neben mir stehe. Außerdem haben wir uns lange nicht gesehen. Es tut mir leid, wenn ich mich seltsam verhalte."

"Hattest du jemand anderen?"

Die Frage überraschte mich so sehr, dass ich erst nicht wusste, was ich sagen sollte. "W-was...? Nein, ich... Wie kommst du denn darauf?", brachte ich schließlich hervor. Als ich begriff, dass diese Sorge der Grund für sein seltsames Verhalten war, nahm ich ihn in den Arm und küsste seine Schläfe. "Nein. Niemals."

"Du verhältst dich seltsam. Und du hast selbst gesagt, dass du mir etwas verheimlichst.", erwiderte er kühl, doch er legte die Arme um mich und fing somit die fehlende Spannung meines Körpers auf.

"Ich werde dir davon erzählen, nur nicht jetzt. Es war schlimm für mich und ich möchte erstmal genießen, dass ich wieder bei dir bin, ok?", bat ich leise, indem ich ihm mein volles Gewicht entgegenlehnte. Er fing es bereitwillig auf und drehte das Gesicht auffordernd zu mir. Als ich seinem stummen Befehl nachkam und ihn ansah, küsste er mich. Nicht sanft und bestätigend, sondern mit der eindeutigen Forderung nach mehr. Natürlich ging ich darauf ein, obwohl ich zuerst verwirrt war von seiner Initiative. Normalerweise flirtete er mit mir so lange, bis ich kapierte, was er wollte. Jetzt aber bot er sich mir sehr offen an und es dauerte eine Weile bis ich verstand, dass er ausloten wollte, ob das, was auch immer passiert war, etwas zwischen uns geändert hatte. Er wollte wissen, ob ich noch ihm gehörte.

Das tat ich und so sagte ich ihm gefühlte tausend Mal, dass ich ihn liebte und nie verlassen würde während wir uns liebten.

Danach fühlte auch ich mich bedeutend wohler. Nicht, dass ich mich davor nicht gefreut hätte, Sasuke zu sehen, aber etwas zu tun, das zwischen uns reibungslos funktionierte, hatte mir die Nervosität nach der langen Trennung genommen. Die Bestätigung hatte wohl auch ich gebraucht. Trotzdem war es seltsam, mit Sasuke essen zu gehen, nachdem ich so lange nur Versorgungszelte gekannt hatte. Da schicke, romantische Restaurant war so ein heftiger Kontrast zu der letzten Zeit, und noch dazu eines der ersten, in denen wir als Paar waren. Er amüsierte sich, als ich fast weinte, weil das Essen so lecker war, aber er hatte ja keine Ahnung, was für eine Anspannung gerade von mir abfiel.

"I-Ich... Sorry.", lachte ich verlegen und schnäuzte in die Serviette. "Es ist nur... Hier mit dir zu sitzen ist so unwirklich - Und so schön. Du glaubst gar nicht, wie ich dein arrogantes Grinsen vermisst habe. Ich dachte manchmal echt, ich würde dich nie wieder sehen."

Zärtlich ergriff ich seine Hand, den Blick auf seine Augen geheftet. Er musste gar nicht antworten, ich wusste, dass es ihm genauso ergangen war. Dieser Moment war sowieso zu kostbar für Worte. Vor allem war er aber zu kostbar für die Frau am Tisch neben uns, welche "Abartig!", zischte, als sie sich erhob und mit ihrem Mann im Schlepptau einen anderen Tisch beschlagnahmte. Ich wollte ihr schon nach, doch Sasukes Finger schlossen sich fester um meine.

"Sie hat Unrecht.", war alles, was er mit einem ernstem Blick sagte.

"Ja..." Langsam kehrte ein Lächeln zurück auf meine Züge und ich war sogar so kühn, seine Hand zu küssen. "Ich liebe dich, und Liebe kann gar nicht abartig. Sie ist wunderschön und wertvoll und..."

"Übertreib nicht.", unterbrach Sasuke mich, seine Hand zurückziehend.

"Ich gesteh dir nur meine Gefühle!", tönte ich, mir selbst über meine Albernheit bewusst. Es war leicht, bei Sasuke zu sein in diesem Moment. Es war leicht, sein schmales Lächeln zu lieben, seinen trockenen Humor, die bedachte Art mit der er sprach, sein verdecktes Bedürfnis nach Nähe. Während ich weg gewesen war, war so viel passiert, dass ich kaum Zeit gehabt hatte darüber nachzudenken oder es zu vermissen. Jetzt mit ihm am anderen Ende des Tisches wurde mir bewusst, wie sehr er mir gefehlt hatte.

Die folgenden Tage verliefen ähnlich friedlich. Die Leute waren froh ihre Familienmitglieder nach und nach zurück zu bekommen und die Anspannung wich langsam aus den Gesichtern. Leider kamen die Shinobi oft auch nicht aus eigener Kraft zurück; Viele Divisionen hatten Tote zu beklagen. Da wir eher auf eine Verteidigungstaktik gesetzt hatten war wohl Schlimmeres verhindert worden, dennoch erregte jeder Gefallene den Ärger der Dorfbewohner.

Diese Reaktion fand ich beunruhigend, konnte sie doch das Gleichgewicht wieder in Richtung Krieg kippen lassen. Und wenn Tsunade gezwungen wäre anzugreifen, würden wir mit zwei Monaten an Kämpfen und ein paar Dutzend Tote auf beiden Seiten bei Weitem nicht hinkommen.

"Die Meisterin wird das nicht zulassen.", war Sakuras felsenfeste Meinung. Sie saß auf einem Stuhl vor dem Wohnzimmerfenster in Sasukes und meiner Wohnung und ließ die Füße nach draußen baumeln.

"Wie soll sie es verhindern, wenn jetzt die Idioten auf unserer Seite nach Rache verlangen?", erwiderte ich trotzig. Nach allem, was ich in den letzten Wochen gesehen hatte, würde mich nichts mehr überraschen.

"Die Endentscheidung fällt immer noch sie."

Wir diskutierten diesen Gedanken schon einige Zeit und langsam sah ich ein, dass sie nichts auf ihre Meisterin kommen lassen würde. Obwohl ich resigniert seufzte blieb mir wohl nichts anderes übrig als das gleiche Vertrauen aufzubringen. Leichter gesagt als getan; Ich vertraute Tsunade zwar, hatte das Abwarten aber so satt.

"Um Rat fragen wird sie keinen von euch.", sagte Sasuke, der bis dahin schweigend der Debatte gefolgt war. Er saß neben mir auf der Couch und sah schon besser aus als an dem Tag, an dem ich ihn aus dem Gefängnis geholt hatte. Aus irgendeinem Grund schien er jedoch schlechte Laune zu haben. Er redete kaum, selbst, wenn wir alleine waren, und wenn gab er meist schnippische Antworten.

"Vermutlich nicht, nein.", stammelte Sakura. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, wieder so zu dritt zusammen zu sein und rutschte nervös auf dem Stuhl herum, jetzt, wo Sasuke sich bemerkbar gemacht hatte.

Die Art, auf die er sie ansah, ließ mich darauf schließen, dass er sich auch erst noch daran gewöhnen musste. Somit war ich der einzige, den unsere Wiedervereinigung zu freuen schien, aber das störte mich nicht. Sie waren nie die dicksten Freunde gewesen und nach allem, was wir uns vorzuwerfen hatten, war eine gewisse Distanziertheit ganz normal. Zumal ich zugeben musste, dass es mich gestört hätte, wenn sie sich zu gut verstanden hätten. Sakura war mit Sicherheit noch nicht über ihn hinweg und ich wollte nicht, dass sie sich an meinen Freund ranmachte. Das sie ihn als solchen akzeptierte hatte, bezweifelte ich nämlich stark.

"Und was sollen wir in der Zwischenzeit machen? Es werden ja nicht mal Missionen vergeben.", jammerte ich, denn die Untätigkeit machte mir wie gesagt zu schaffen.

"Ruh dich erst mal aus, Idiot.", schalt mich Sakura "Die körperlichen Verletzungen mögen bei dir zwar schon geheilt sein, aber du hast viel gesehen und sicher macht dir das zu schaffen. Vor allem mit Hinata..."

Tatsächlich kämpfte ich mit dem Schicksal meiner Exfreundin nach wie vor. Ich träumte oft von dem Angriff und häufig mischte sich diese Erinnerung mit dem Traum von dem dunklen Flur. Wenn ich neben Sasuke aufwachte, schaffte ich es zwar meist, wieder einzuschlafen, aber das schlechte Gewisse blieb. Deshalb besuchte ich Hinata auch jeden Tag im Krankenhaus. Sie war immer noch schwach und es würde dauern, bis sie völlig rehabilitiert war, aber wie immer arbeitete sie hart an sich und erstaunte die Ärzte mit ihren Genesungsfortschritten. Etwas in der Dynamik unserer Beziehung hatte sich geändert. Während ich nach wie vor spürte, wie wichtig ich ihr war, war ihre Abhängigkeit von mir scheinbar verschwunden. Sie bettelte nicht mehr um mich sondern nahm, was ich ihr gab, wodurch ich mich freier fühlte. Bei meinen Besuchen war ich auch anderen Freunden begegnet und mit Hinatas Hilfe hatte ich zumindest Akzeptanz von den meisten erfahren. Die einzige Ausnahme bildete Kiba, aber es fiel ihm offenbar immer schwerer, sauer zu sein. Er würde sich beruhigen. Anders verhielt es sich da mit Hinatas Familie. sie ließen mich nicht ins Zimmer, wenn sie da waren, und schmissen mich raus, wenn ich vor ihnen da war. Es war frustrierend, aber ich akzeptierte es. Das Hinata mit mir redete war mehr als ich hatte erwarten können.

"Apropos.", sagte ich mit einem Blick auf die Uhr und stand auf. "Ich wollte sie besuchen. Kommst du mit, Sakura-chan?"

"Warum nicht?" Sie erhob sich ebenfalls und warf einen Blick auf Sasuke.

"Und du?", fragte ich Sasuke, obwohl ich die Antwort aus vorigen ähnlichen Situationen bereits kannte.

"Nein."

Enttäuscht seufzte ich, dann lehnte ich mich zu ihm und küsste seine Wange. Sakura hatte das Gesicht abgewandt, als ich mich wieder aufrichtete, was mich beleidigte. "Bis später.", verabschiedete ich mich von meinem Freund, ehe ich mit Sakura die Wohnung verließ. "Findest du uns eklig?", fragte ich gerade heraus, woraufhin sie puterrot anlief.

"N-nein, das... Tut mir leid.", seufzte sie. "Es ist nur ungewohnt, euch so zu sehen und... Es tut weh."

"Oh... Daran habe ich nicht gedacht."

"Schon gut, ihr sollt euch meinetwegen ja nicht verstellen. Ich werde mich schon daran gewöhnen.", versprach Sakura tapfer, aber ich nahm mir vor, ab jetzt mehr Rücksicht auf sie zu nehmen.

Bald darauf erreichten wir das Krankenhaus. Die diensthabende Schwester kannte mich schon und begrüßte mich freundlich, bevor sie uns durchwinkte. Im Hospiz war nach den Kämpfen mehr los als sonst. Wir kamen an Kranken, Pflegern und Besuchern vorbei, schlängelten uns zwischen einem Hausmeister und einer Frau durch, die miteinander stritten und erreichten schließlich den abgetrennten Bereich für wohlhabende Patienten. Ich klopfte an und trat ein, als Hinata "Herein!", rief. Es war gerade eine Schwester da, die jedoch bereits ihr Handwerkzeugs einpackte und sich verabschiedete.

"Sakura-san, wie schön!", lächelte meine Exfreundin sanft.

Sakura wurde etwas verlegen und wusste scheinbar nicht, wo sie hinsehen sollte. "Tut mir leid, dass ich länger nicht da war, es war nur so viel los im Krankenhaus..."

"Oh, wenn es dir Umstände macht brauchst du nicht zu bleiben!", wehrte Hinata ab, die den Einwand wohl falsch verstanden hatte. Die zwei Diskutierten ein bisschen, bis geklärt war, wie lieb sie sich doch hatten, dann kamen wichtige Themen dran. Hinatas Verpflegung, ihre Genesung, die anderen Freunde, Hinatas Familie, ihre Karriere. Natürlich redete ich auch fleißig mit. Mit ein bisschen Phantasie war es fast wie in der Zeit bevor Sasuke ins Dorf zurückgekommen war. Plötzlich fiel mir auf, wie viel ich für ihn aufgegeben hatte. Und dass ich nichts davon bereute.

"Hat man eigentlich schon etwas von der Gesandtschaft aus Suna gehört?", erkundigte Hinata sich, die es nach über einer Stunde wohl satt hatte, das Gesprächsthema zu sein. Früher hätte sie es nicht so lange ausgehalten.

"Nächste Woche sollen sieben Leute aus Suna eintreffen. Sie nehmen an der Trauerfeier Teil und werden dann in Beratungen mit der Meisterin treten.", erzählte Sakura. Sie war oft an Tsunades Seite, wenn diese schwerer verletzte Shinobi behandelte und arbeitete auch mit Shizune zusammen, deshalb war sie gut informiert.

"Gaara-sama wird nicht anwesend sein?"

"Nein, ich fürchte, so gut geht es ihm noch nicht. Aber Temari-san wird angeblich mit vor der Partie sein."

"Ob das so gut für sie ist?", fragte ich besorgt.

Die Mädchen sahen beide wenig zufrieden aus. "Hoffentlich wird alles ok sein. In welchem Monat ist sie denn?", wollte Hinata wissen.

"Im dritten oder vierten, glaube ich.", sinnierte Sakura. "Vielleicht bleibt sie dann ja hier. Shikamaru würde sich sicher freuen."

"Da wär ich nicht so sicher.", murmelte ich, wofür ich einen Schlag auf den Kopf von Sakura kassierte. "Aua! Dabei sag ich nur die Wahrheit. Shikamaru ist nicht so der Gesellschaftstyp und Temari ist unausgeglichen, wenn sie nicht arbeiten kann, wie sie will."

"Trotzdem ist man froh, seine Freundin zu sehen.", erwiderte Sakura trotzig.

"Das hab ich nicht gemeint." Ich streckte ihr die Zunge raus und duckte mich unter der Kopfnuss weg, die sie mir verpassen wollte. "Wie auch immer... Kannst du nächste Woche auf der Feier sein?"

"Ich... Also, Tsunade-sama wollte, dass ich auf der Bühne bin u-und ein paar Worte sage, a-aber ich weiß nicht..."

"Wieso nicht? Du hast viel erlebt und für das Dorf getan, das zu erzählen wert ist.", meinte ich ermutigend.

"Aber... Was soll ich denn groß sagen...?"

"Was du mir vor der Abreise gesagt hast. Über Familie und neue, eigene Wege und den Mut, weiter zu machen."

"Das... Wenn du das sagst klingt es viel schöner..." Sie war rot bis zu den Haarwurzeln von der Vorstellung, eine Rede zu halten.

Ich legte die Hand auf ihre Schulter. "Es waren deine Worte. Du musst nur laut genug reden, damit jeder sie hören kann."

"Du kannst es dir ja noch überlegen.", lenkte Sakura ein, die wohl fürchtete, Hinata könnte überfordert sein. "Ich glaube, wir gehen jetzt auch langsam, oder, Naruto?"

"Ja. Tut mir leid, dich so lang belagert zu haben.", rief ich verlegen. Wahrscheinlich hätte ich nicht zugestimmt, wenn Sasuke nicht zu Hause auf mich gewartet hätte. Bei dem Gedanken an ihn fiel mir etwas anderes ein, das ich Hinata noch hatte fragen wollen. "Ach ja, wäre es für dich ok, wenn ich Sasuke mal mitbringen würde? Ich weiß, ihr habt nicht das beste Verhältnis, aber es wäre mir wichtig, dass ihr miteinander auskommt."

Die Stille, die daraufhin einsetzte, war beinahe greifbar. Beide Frauen fixierten mich. Es war Sakura, die zuerst das Wort ergriff. "Ich glaube, das ist noch zu früh."

"N-Nein, ist schon ok.", entgegnete Hinata und lächelte etwas gequält. "Wenn es dir wichtig ist, werde ich versuchen, mit Sasuke-kun zu sprechen. Es wäre auch albern, sich zu hassen... Also wenn er möchte, kann er gerne mit dir herkommen."

"Oh, wow, danke, Hinata! Das bedeutet mir viel.", strahlte ich und umarmte sie aus Dank und zum Abschied. "Bis morgen."

Auf dem Flur schlug Sakura mir gegen den Arm. "Bist du bescheuert?", zischte sie. "Du kannst doch nicht deine Ex und deinen... Neuen zusammenpferchen und erwarten, dass sie sich plötzlich super verstehen!" Weißt du, was das für einen Stress für Hinata bedeutet? Sie soll sich doch schonen!"

"Aber sie hat doch gesagt, es wäre ok.", stammelte ich verunsichert.

"Das hat sie doch offensichtlich nur dir zuliebe gesagt! Natürlich ist es nicht ok... Gott, muss man dir alles sagen? Ganz davon abgesehen, dass Sasuke-kun auch nicht scharf darauf wirkte, sie zu besuchen."

"Vielleicht wollte er nicht stören..."

"Er will dich nicht mit deiner Ex sehen, kapierst du das nicht? Ugh, du bist manchmal so ein Idiot, das ist unglaublich!"

"Was? Sasuke ist doch nicht eifersüchtig.", erwiderte ich ungläubig.

"Neeeein, deswegen ist er auch so zickig gewesen, als ich vorhin bei euch war, und hat mit einem ganzen Wort geantwortet, als du fragtest, ob er uns begleiten möchte." Sakura schnaubte herablassen und blickte mich vielsagend an. "Erzähl mir was du willst, aber du schaffst es tatsächlich, Sasuke Uchiha eifersüchtig zu machen."

"Oh... Aber das will ich gar nicht." Ich überlegte, wie ich das beenden konnte und sagte dann: "Dann wäre es doch genau das Richtige, wenn er mit zu Hinata kommt, damit er sieht, dass da nichts ist."

Sie runzelte skeptisch die Stirn, von meinem Plan wenig überzeugt. "Sie haben sich schon nicht verstanden, als das mit Sasuke-kun und dir noch nicht offiziell war. Ich glaube nicht, dass es jetzt besser wäre."

"Aber eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Ich werde nicht aufhören, Hinata zu besuchen - Und ich werde Sasuke in der Hinsicht nicht belügen. Wenn sie sich aneinander gewöhnen, werden sie sich schon vertragen."

"Sie sind keine schwer erziehbaren Haustiere, Naruto.", zerstörte Sakura meine Hoffnungen. Sie blieb stehen, als wir an einer Abzweigung zum Haus ihrer Eltern angekommen waren, und verschränkte die Arme vor der Brust. In ihrem Blick lag ehrliche Besorgnis. "Ich weiß, du kannst schlecht stillhalten und abwarten, aber im Moment wäre das das Richtige. Gib ihnen etwas Zeit... Oder denk zumindest darüber nach." Sie lächelte schwach, drückte meine Hand und ging dann davon.

Ich kratzte mich am Kopf, schüttelte diesen, ehe ich mich selbst auf den Heimweg machte. Womöglich hatte Sakura Recht, aber ich musste es einfach versuchen. Wenn ich die Gelegenheit hatte, wieder mit Hinata befreundet zu sein, wollte ich das auch mit allen Konsequenzen. Und eine davon war eben, dass ich jetzt mit Sasuke zusammen war.

Dieser schlief im Wohnzimmer und schien wenig begeistert als ich auf ihn zustürmte und mich auf seinen Schoß fallen ließ. Weil ich seine schlechte Laune beim Aufwachen schon kannte ignorierte ich sie einfach und trommelte aufgeregt auf seiner Brust herum. "Ich habe eine Bitte."

"Mhm...?", brummte er mit halb geöffneten Augen. Sein Haar war wild um seinen Kopf verteilt, wie nach einem Stromstoß.

"Ja, es... Es geht um Hinata.", fing ich an, jetzt eher vorsichtig als hibbelig. Meine Hände strichen über seine Brust, aber nur, damit ich nicht in seine Augen sehen musste. "Ich habe mit ihr geredet und sie würde sich freuen, wenn du sie mal besuchen würdest."

"Würde sie das?"

Unter seinem skeptischen Blick knickte ich rasch ein. "Na ja, sie meinte, es wäre ok.", schränkte ich ein. "Also brauchst du kein schlechtes Gewissen haben, ob es sie stört."

"Was für ein Glück."

Ich schlug ihm gegen die Brust. "Sei nicht so sarkastisch, ich meine das ernst. Komm mit mir, wenn ich sie das nächste Mal besuche."

"Warum ist dir das auf ein Mal so wichtig? Bevor du gegangen bist, wolltest du sie loswerden."

"Das wäre dir Recht gewesen, oder?", fragte ich und seufzte, als er mit einem leisen Knurren das Gesicht abwandte. "Du bist das Wichtigste in meinem Leben und das wird sich auch nicht ändern. Aber meine Freunde sind auch meine Familie. Du kannst mich nicht zwingen, mich zu entscheiden. Ganz davon abgesehen weißt du genau, dass ich Hinata mein Leben verdanke." Ich stockte. Es war immer noch schwer, darüber zu sprechen. "E-Es wäre einfach wichtig für mich, wenn ihr euch gegenseitig hinnehmen könntet. Niemand erwartet, dass ihr dicke Freunde werdet. Aber ich möchte, dass du versuchst, sie zu akzeptieren." Ich legte die Hand auf seine Wange und wie gehofft sah er mich wieder an. "Für mich." Der ungnädige Ausdruck in seinen Augen wich langsam, bis in ihnen nur doch ein Glühen wie von einem fernen Gewitter bei Nacht lag. Ich schluckte leicht; So sah er mich an, wenn er Sex wollte. Rasch ließ ich mich auf den Hintern fallen, sodass ich zwischen seinen Beinen saß anstatt auf seinem Schoß. "Hör auf. Wir können nicht jedes Mal vögeln, wenn dir der Gesprächsstoff nicht passt."

"Können wir nicht?" Ein leises Schnurren lag in Sasukes Stimme, als er sich aufsetzte und auf allen Vieren vor mir kniete. Seine Lippen nur Millimeter von meinen entfernt, flüsterte er: "Das hat doch bisher gut funktioniert."

Ich konnte seinen Atem auf meinem Mund spüren und fand selbst kaum Luft um "Bitte.", zu stammeln.

Sasuke wirkte unzufrieden und sagte eine Weile nichts. Weil er jedoch auch nicht weiter versuchte, mich zu verführen ging ich davon aus, dass er über meine Bitte nachdachte. Schließlich seufzte er missmutig und sah zur Seite. "Also gut."

"Awww, tust du das nur für mich? ♥", freute ich mich und rutschte unter ihm durch, sodass er über meinem Gesicht kniete. Ich drückte die Nase an seinen Schritt und ließ die Hände genießerisch von seinen Beinen zu seinem Hintern gleiten, welchen ich dann fest drückte.

"Naruto...", knurrte Sasuke warnend.

"Ok, ok, ich komm gleich zur Sache." Natürlich wusste ich, dass er sich über meine Worte ärgerte, weil sie andeuteten, er würde Zuneigung für mich empfinden. Meine Berührungen schienen ihm dagegen zu gefallen, denn als ich seine Hose öffnete und seine Shorts wegschob, war er bereits halb erregt. Hm, das würde ich wohl noch besser machen müssen~
 

Sie trug einen langen, violetten Hoodie, der ihr am einen Arm bis über das Handgelenk gerutscht war, am anderen hatte sie den Ärmel bis über den Ellbogen hochgeschoben. Darunter hatte sie eine blaue Dreiviertelhose an, das lange Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden. Zusammen mit ihrem Verhalten hatte sie offensichtlich auch ihre Erscheinung verändert. Jedenfalls sah Hinata gut aus, als sie uns mit einem ruhigen Lächeln begrüßte.

"Ah - Du bist tatsächlich mitgekommen.", bemerkte sie Sasukes Anwesenheit scheinbar unbeeindruckt.

"Nicht, dass er eine Wahl gehabt hätte.", grinste ich, weil er nichts sagte. Ich sah mich in dem sonst so ordentlichen Zimmer um, das jetzt zwei große Koffer beherbergte. "Was ist das? Darfst du schon gehen?"

Sofort erhellten sich Hinatas Züge. "Ja, der Arzt hat es mir gestern gesagt. Mein Vater holt mich morgen ab."

"Wow, das ist unglaublich in so kurzer Zeit! Freut mich für dich!" Ich umarmte sie fest und drückte ihre Schultern, als ich sie wieder losließ.

"Es ging schneller als erwartet wurde. Ich bin ganz froh darum, hier würde mir bald die Decke auf den Kopf fallen. So muss ich nur noch ein Mal die Woche zur Untersuchung kommen."

"Doch noch so oft? Was stimmt denn nicht?", fragte ich besorgt nach.

"Ach, das ist reine Routine. Immerhin war es doch eine größere Verletzung." Beruhigend legte sie die Hand auf meine an ihrem Arm. "In zwei Wochen kommen sogar schon die Fäden raus. Die Leute hier leisten wirklich Unglaubliches."

"Ich glaube eher, dass das an deinem eisernen Willen liegt. Du hast nie aufgegeben, das ist echt beeindruckend."

"D-Du hast mir viel Kraft gegeben, Naruto-kun...", sagte sie leise und mit gesenktem Blick.

Ich lächelte über die kurze Rückkehr der schüchternen Hinata. "Wenn es etwas gibt, das ich für dich tun kann, sag es einfach."

"Ich fürchte, in Zukunft können wir uns nicht so oft sehen. Vater möchte, dass ich mich von dir fernhalte, außerdem hat Neji-nii-san zugesagt, mir dabei zu helfen, eine neue Kampftechnik mit mir zu entwickeln, sobald meine Gesundheit es zuläst."

"Das wird viel Arbeit.", sagte ich traurig. "Ich könnte dir auch helfen."

"Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee wäre.", erwiderte sie sanft und sah hinter mich.

Ich folgte ihrem Blick in Richtung Sasuke, der so still war, dass ich ihn fast vergessen hätte. Ihm passte das alles hier nicht, das war offensichtlich. Mein Plan, die beiden zu versöhnen, war an seiner Weigerung zu sprechen gescheitert. "Vielleicht nicht... Aber ich möchte nicht, dass wir uns einfach wieder aus den Augen verlieren."

"Du hast dich entschieden, Naruto-kun. Ich habe dir gesagt, dass es nur einen geben kann.", lächelte sie voll sanfter Trauer. Wie eine Mutter hatte sie mir die Folgen meines Handelns aufgezählt - Ich würde alleine sein - Und wie eine Mutter hatte sie meine Wahl akzeptiert, zwang mich jetzt aber auch, mit den unangenehmen Konsequenzen zu leben.

Aber wenn dieses Resultat war, sie nicht mehr zu sehen, wollte ich es nicht hinnehmen. "Aber..."

Hinatas Seufzen unterbrach mein Gebettel, bevor es überhaupt angefangen hatte. "Es ist ja nicht, als würde ich nicht mehr mit dir befreundet sein wollen. Nur sollten wir unseren Kontakt erstmal in Grenzen halten - Das wolltest du doch selbst. Damit es uns beiden besser mit der Trennung geht. Wir haben beide Dinge, auf die wir uns vorangig konzentrieren sollten, anstatt uns auf die Vergangenheit zu fixieren. Du schuldest mir nichts, Naruto-kun. Ich bereue nicht, was ich für dich gegeben habe und ich werde auch so weiterhin mein Bestes geben."

Ich schluckte hart und nickte langsam. "Davon bin ich überzeugt... Aber ich würd halt gern sehen, wie du das schaffst..."

"Wer hat gesagt, dass du das nicht wirst?", erwiderte sie aufmunternd. "Du musst doch dabei sein, um mich zu motivieren. Nur will ich mich nicht mehr nur auf dich verlassen. Du hast mir in der Vergangenheit so viel Kraft gegeben, aber das geht jetzt nicht mehr. Jemand anderes braucht das jetzt mehr als ich."

Automatisch schob in den Arm um Sasukes Taille und zog ihn an mich. Sie hatte ja Recht, mit ihm zusammen zu sein saugte eine Menge Energie auf. "Vielleicht ist es für dich wirklich Zeit, auf eigenen Beinen zu stehen... Aber wenn du doch mal stolperst, steh ich immer hinter dir um dich aufzufangen."

"Danke." Ihr Lächeln war sehr liebevoll, dann wurde es nachsichtig, als sie aufstand und sich Sasuke zuwandte. "Ich schätze, für dich, Naruto-kun, werde ich es versuchen." Hinata ging auf meinen Freund zu. Dieser musterte sie wachsam wie einen fremden Hund von dem man nicht wusste, ob er beißen würde. "Sasuke-kun, ich weiß, dass du nicht freiwillig hier bist und das du es trotzdem getan hast zeigt mir, dass du bereit bist, genauso viel für Naruto-kun zu tun wie ich. Ich hoffe, du wirst auch hart an dir arbeiten, denn das wird nötig sein, wenn du willst, dass es mit euch funktioniert - Und ich glaube, dass du das willst. Vielleicht sollten wir wirklich versuchen, miteinander auszukommen. Für Naruto-kun, aber vielleicht auch für uns, weil wir viel voneinander lernen können. Ich werde mein Bestes tun, um dir zu helfen, ein besserer Mensch zu werden, Sasuke-kun.", endete Hinata sanft.

Mein Herz setzte einen Schlag aus, als sie seine Hand drückte und ich Gewitterwolken in seinen Augen aufziehen sah. Schneller, als Sasuke reagieren konnte, zog ich die Finger meines Freundes aus Hinatas Berührung. Natürlich meinte sie es nur gut, aber er mochte es nicht, angefasst zu werden - Und dann auch noch mit diesem gönnerhaften Tonfall. Er fühlte sich wohl wie ein Weisenkind, das man bemitleidete, und das dürfte ihm gar nicht gefallen. Hinata hatte es sich mit ihrer Gutherzigkeit gerade gründlich bei ihm verscherzt.

"Gemeinsam schaffen wir das, hm?", lächelte ich gequält, wofür ich von Sasuke einen Blick kassierte, der hätte töten können. Bereits jetzt fragte ich mich, was ich da nur angerichtet hatte.
 

~♥~
 

... Sasuke, du kleine Zicke... >D°
 

Ok, war ein schlechter Themawechsel. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat! Zwei Kapitel in einem Jahr hochladen ist ja wohl lächerlich... Und jetzt mach ich auch noch weiter mit der Schule, sodass es wohl kaum schneller gehen wird... Es tut mir leid! >__<°

Ich hoffe, die Kriegshandlung war euch nicht zu sehr gerusht. Weil ich versucht habe, es so gut wie möglich zu machen, ist dieses Kapitel so lange geworden, aber ich hab trotzdem das Gefühl, ich hätte es lieber splitten und mir mehr Zeit nehmen sollen... Hoffentlich gefällt es euch trotzdem.
 

Das nächste Kapitel ist dann auch schon das letzte Michelangelo-Kapitel - Und es ist fast fertig, hahaha... <__<° Könnt ihr erraten, wer unser letztes Mordopfer ist? ;P°
 

Bis hoffentlich ganz bald!
 

PS: Falls ihr noch eine Story lesen wollt, in der man lang auf die Kapitel warten muss... :D° Ist SasuSaku.

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/255926/334324/

7. Victim: Love

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Madness

"Naruto...?"

Ich hob den Kopf zu Sakura, die plötzlich in der Tür der Zelle stand. Ich hatte nicht mal gehört, wie sich diese öffnete. Vielleicht lag das an den weichen, weißen Schaumstoffverkleidungen an der Wand. Vielleicht lag es auch nur an meiner vollkommenen Teilnahmslosigkeit, teils ausgelöst durch die Substanzen, die man mir gegeben hatte, teils verursacht durch den Schock nach dem, was gestern passiert war.

"Geht es dir besser?"

Ich wandte den Blick wieder ab. "Ich werde nicht mehr versuchen, die Stadt zu zerstören, falls du das meinst."

Inzwischen war Sakura bei mir angekommen, ließ sich auf die Knie sinken und zog mich in ihre Arme. Völlig ohne Körperspannung ließ ich sie gewähren. "Nichts davon ist deine Schuld. Wir haben uns alle von der Ruhe verleiten lassen, niemand hat damit gerechnet, dass so etwas passieren würde... Vor allem Hinata. Sie war so ein guter Mensch..."

Sakuras Stimme brach weg, wodurch doch Leben in mich kam. Ich legte die Hand auf ihren Rücken und drückte sie an mich, sodass ihr Gesicht in meine Halsbeuge geschmiegt war. Ich beneidete sie um ihre Tränen, immerhin konnte sie damit einen Teil des Schmerzes abbauen. Meine Qual war wie in mir gefangen. Es gab keinen Katalysator, denn hätte ich es rausgelassen, wäre wieder ein schrecklicher Unfall passiert. Und ich durfte nicht schon wieder Menschen in Gefahr bringen, nur, um mich zu erleichtern.

Als meine beste Freundin sich beruhigt hatte, versuchte sie erneut, ein Gespräch anzufangen. „Tut mir leid…“, schniefte sie und lächelte entschuldigend. Als ich nur nickte, sprach sie weiter: "Die... Die ersten Berichte sind schon geschrieben worden. Es gab ein paar Verletzte und einige Häuser sind zerstört worden, aber nichts... Schlimmeres ist passiert."

Ich hatte also niemanden umgebracht. Wie erleichternd.

"Sasuke...?"

"Ist noch im Krankenhaus, aber es geht ihm gut. Er wollte mitkommen, aber die Schwestern haben es ihm verboten."

"Gut."

Nach dem, was er durchgemacht hatte, sollte er sicher noch nicht herumlaufen... Bei dem Gedanken an meinen Geliebten wallte Übelkeit in mir auf und ich musste von Sakura wegrutschen. Ich hatte ihre Berührung nicht verdient. Ich hatte überhaupt keinen Trost verdient. Ich war ein Monster... Ein nutzloses, schäbiges, gemeingefährliches Monster, das am besten sterben sollte.

Sakura war sichtlich überfordert mit meiner Reaktion, gab sich aber die größte Mühe, mir eine Stütze zu sein. "Er liebt dich und wollte dir helfen. Dasselbe hättest du für ihn auch getan - Ungeachtet der Konsequenzen. Und bitte mach jetzt nicht den Fehler, ihn abzuweisen, weil du ihn beschützen möchtest. Du weißt, dass Sasuke-kun dich mehr braucht, als er zugeben möchte."

Ich legte den Kopf nach vorne, sodass ich ihr Gesicht nicht mehr sehen musste, dann rieb ich mir so lange mit den Nägeln über die Schultern, bis rote Striemen darauf erschienen. Ihre Logik war unbestreitbar, doch ein Teil von mir wollte sich dennoch von Sasuke zurückziehen, weil ich mich seiner Gegenwart nicht wert fühlte. Ich schämte mich so wahnsinnig für das, was ich getan hatte, und würde es mir nie verzeihen. Mit ihm hatte ich das Wertvollste verletzt, das ich besaß. Wie hätte ich ohne ihn leben sollen? Und wie sollte ich es rechtfertigen, mir das Glück zu gönnen, es mit ihm zu tun?

"Hat man schon etwas herausgefunden?", wechselte ich das Thema, ohne aufzusehen.

"N-Na ja..."

Ich lachte ohne einen Anflug von Erheiterung. "So ist das also... Bist du hier als meine Freundin, als Ärztin, oder als Ermittlerin?"

"Als deine Freundin.", antwortete Sakura sofort mit fester Stimme. "Ich bin immer vor allem zuerst deine Freundin. Aber die Meisterin sagte, es wäre besser für dich, das alles erst mal ruhen zu lassen."

Wie sollte ich etwas ruhen lassen, wenn ich noch nicht Mal schlafen konnte? Andererseits war ich auch nicht besonders scharf darauf, hier rauszukommen und mich der Welt zu stellen. Genau genommen war ich im Moment auf gar nichts besonders scharf. Es war alles so egal geworden, als hätte der Schmerz um Hinatas Verlust mich nach dem einen, gewaltsamen Schock emotional taub werden lassen. Womöglich würde das nicht für immer so bleiben, aber ich hatte Angst vor dem Moment, wenn ich wieder etwas spüren würde. Immerhin würde meine erste Empfindung ungefilterte Qual sein.

"Ich werde dir davon erzählen, sobald ich darf, ok?", versprach Sakura dann und ich nickte. Etwas anderes blieb mir ja eh nicht übrig. "Jedenfalls... In ein paar Tagen ist die Trauerfeier und Tsunade-sama möchte davor noch bei dir vorbei sehen um zu prüfen, ob du raus kannst. Gedulde dich noch ein bisschen und nimm dir die Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen, ja?"

"Ja. Danke, dass du mir das gesagt hast."

Sakura lächelte, stand auf und küsste mich auf die Stirn. "Natürlich. Wenn du etwas brauchst, lass einfach nach mir schicken. Ich werde sehen, was ich tun kann. Soll ich Sasuke-kun etwas ausrichten?"

"Sag ihm, dass es mir leid tut."

"Ich glaube nicht, dass er das hören will."

"Das tut mir auch leid."

Traurig lächelnd versprach sie, meine Nachricht auszurichten, dann ließ sie mich alleine in meiner Gummizelle.

"Trauerfeier...", sagte ich zu mir selbst. Es war also tatsächlich passiert und nicht nur ein weiterer böser Traum. Glauben konnte ich es trotzdem kaum. Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, war sie so stark und lebendig gewesen...
 

Das Podest war voll mit Bildern, Blumen und vereinzelten Personen, die sich leise unterhielten, manche mit Lebenden, manche mit den Toten auf den Fotos. Es waren zu viele Fotos, zu viele Gesichter. Nicht genug, um weitere Kämpfe zu provozieren, vielleicht dreißig auf beiden Seiten, aber wegen der Sinnlosigkeit doch zu viele.

Ich wandte das Gesicht von der Szene der Gedenkfeier ab, sah statt der Toten lieber meine Begleiter an. Sasuke stand mit verschränkten Armen neben mir, den Blick auf die Bühne gerichtet, auf die jetzt noch mehr Leute strömten. Neben ihm hatte sich eine sichtlich nervöse Sakura eingefunden. Sie wusste nicht, wohin mit ihren Augen und Händen und es tat mir leid, sie in diese Situation gebracht zu haben. Dass sie sich trotz ihrer Unruhe für unsere Freundschaft entschieden hatte, erleichterte mich ungemein. Links neben mir stand Shikamaru, die Hände legere in die Hosentaschen geschoben. Er sah zu einer kleinen Tribüne, die am linken Rand des Platzes, ganz in der Nähe des Hauptpodiums, aufgebaut worden war. Auf ihr hatten die Würdenträger des Dorfes Platzgenommen und die fünf Gesandten aus Suna. Unter diesen befand sich auch Shikamarus schwangere Freundin.

"Sie sieht angespannt aus.", stellte ich fest, als ich Temari genauer musterte.

"Sind wir doch alle."

"Dabei ist es jetzt endlich vorbei.", seufzte ich, selbst nicht wirklich entspannt; Was, wenn irgendein Verrückter den Leuten aus Suna Schaden zufügte? Alle Bemühungen, alle Verluste wären umsonst. Die Kämpfe würden von neuem beginnen, und dieses Mal würden weder Gaara noch Tsunade etwas dagegen tun können.

"Ich hoffe es.", stimmte Shikamaru mir zu.

"Bleibt sie jetzt eigentlich hier?"

"Naruto!", schalt Sakura mich wegen der indiskreten Frage, obwohl man ihr dieselbe Neugierde an der Nasenspitze ablesen konnte.

"Ich werde versuchen, sie zu sehen, um das mit ihr zu klären." Shikamaru schien die Frage nicht zu stören. "Allerdings denke ich, dass es in den nächsten Monaten zu viel für sie zu tun geben wird, um aus Suna weg zu bleiben."

"Zu lange solltet ihr aber auch nicht warten.", mahnte meine beste Freundin. "Hochschwanger ist es doch eine ganz schön lange Reise von Suna nach hier."

"Wir werden darüber sprechen, sobald wir die Gelegenheit dazu haben." Damit beendete Shikamaru das Thema.

Im Grunde war es wohl auch möglich, dass er nach Suna zog, wenn das Baby in sechs Monaten kam. Eigentlich war es auch gar nicht so unrealistisch, hätte er seinen Job aufgegeben um sich um seinen Sprössling zu kümmern. Immerhin hing seine Freundin wesentlich mehr an ihrer Karriere als er. Falls das wirklich passieren sollte, würde ich ihn sehr vermissen. Beziehungen konnten schon wirklich kompliziert sein…

Ich nahm Sasukes Hand und er sah mich fragend an. "Ich bin froh, dass du hier lebst.", erklärte ich mein plötzliches Bedürfnis nach Körperkontakt, woraufhin er schnaubte.

Er drehte das Gesicht weg, bevor er sagte: "Wir haben alle einen Platz, an den wir gehören."

Zuerst verstand ich nicht, worauf er damit hinaus wollte, doch dann ging mir ein Licht auf: Er hatte beschlossen, dass sein Platz in dieser Welt in Konoha war. Er hatte beschlossen, dass sein Platz an meiner Seite war. Ehe ich meine Rührung über seine Worte ausdrücken konnte, kam Bewegung in die Menge. Auch ich richtete mich auf, um besser zum Podium sehen zu können, welches kurz darauf von Tsunade betreten wurde. Sie trug Mantel und Hut des Hokage und ließ den Blick würdevoll über die tuschelnden Anwesenden schweifen. Unter diesen befanden sich auch Shinobi und Privatpersonen aus Suna, die sich die Zeremonie nicht hatten entgehen lassen wollen. Tsunades Stimme hallte über die Menschen hinweg, als sie zu sprechen begann.

"Viele sind gekommen, um diesen traurigen Tag gemeinsam zu überstehen. Einen Tag, an dem wir uns von Freunden, Söhnen und Töchtern und Geliebten verabschieden müssen. Ein Tag, an dem wir ein letztes Mal in der Vergangenheit weilen, um der starken Shinobi zu gedenken, die ihr Leben dafür gaben, ihr Land zu beschützen, und die wir schmerzlich vermissen werden.

Aber ihr großes Opfer war nicht umsonst.

Dank ihnen können wir die Gesandtschaft aus Suna wieder als Freunde empfangen. Wir können einvernehmlich an einer Zukunft arbeiten, in der Vertrauen und gemeinsame Stärke derartige Missverständnisse unmöglich macht und in der wir die Sicherheit aller über die Eitelkeit Einzelner erheben. Gaara und ich als Kazekage und Hokage sind die Diener unserer Dörfer und diese haben sich entschieden, Brüder sein zu wollen. Brüder an den Waffen, die wir nie wieder gegeneinander erheben wollen, und Brüder im Blute.", fügte sie mit einem Blick auf Temari hinzu, der jedoch wohl nur jenen auffiel, die wussten, dass die Blonde sich in anderen Umständen befand. "Jeder Bruder und jede Schwester, die wir verlieren, ist einer zu viel. Trauer, Vorwürfe und Rachegelüste vergiften die familiären Beziehungen der Dörfer. Deshalb haben die Gesandtschaft und mein Stab beschlossen, dauerhaft gemeinsame Einheiten aufzubauen, die sowohl das Grenzgebiet bewachen, als auch Handelskarawanen schützen und diplomatische Beziehungen vertiefen sollen. Ihr oberstes Ziel wird es sein, die Freundschaft und Bruderschaft unserer Dörfer zu sichern und zu fördern, denn das Fehlen eines gemeinsamen Konsens hat zu den tragischen Verlusten der vergangenen Monate geführt. Eine Frau, die diese Verluste mit dem eigenen Körper tragen musste, wird jetzt zu euch sprechen. Ihr Name ist Hinata Hyuuga und sie ist einer genau der Schätze unserer neuen Allianz, die es zu schützen gilt."

Damit räumte Tsunade die Bühne. Ihre Rede war zu schwer gewesen für Applaus, die Menge verharrte in erdrückter Stille. Es war kein unangenehmes Gefühl, doch die Menschen waren sich der Tragweite dessen, was sie soeben gehört hatten, bis in den letzten Teil ihrer selbst bewusst. Tsunade hatte eine fragile Einheit geschaffen und jeder fürchtete, diese durch ein unbedachtes Geräusch zu vernichten.

In diese Stimmung hinein trat Hinata auf die Bühne. Sie wirkte nach der Hokage noch kleiner und offensichtlich fühlte sie sich unwohl, so, wie sie ihre Schultern anzog. Ein einzelnes Räuspern war aus der Menge zu hören. Hinata starrte in die Menschenmasse, als würde diese sich zu einem Höllenschlund öffnen.

"Oh Shit.", zischte ich mitleidig.

"Ein Schatz des Dorfes." Sasukes Stimme troff vor Sarkasmus, wofür ich seine Hand schmerzhaft quetschte, bevor ich sie losließ.

"Hör auf mit dem Mist. Ich weiß, dass sie das kann. Sie hat mir einiges gesagt, das mir viel Kraft gegeben hat und ich glaube, sie hat sich sehr verändert. Seit wir wieder zu Hause sind, ist sie noch stärker geworden."

"Möglich. Wenn sie das jetzt auch noch zeigen könnte."

Ich biss mir auf die Unterlippe. Hinata hatte schon immer Schwierigkeiten, ihre eigene Kraft zu erkennen, aber wenn es sein musste, konnte sie sie gebündelt hervorzaubern. Nur gerade schienen ihr die vielen Leute Angst zu machen. Ganz so schnell wuchs so ein Selbstbewusstsein dann wohl doch nicht.

"Komm schon, Hinata! Du kannst das!", rief ich so laut, dass es das inzwischen einsetzende Getuschel übertönte. Alle Augen richteten sich auf mich und auch der Blick meiner Exfreundin suchte und fixierte mich in der Menge. Ich grinste sie an und hielt aufmunternd die Daumen in die Höhe.

Sie lächelte scheu, schloss dann kurz die Augen und holte tief Luft. "Ha-Hallo und danke dafür, dass... Also, dass Sie mir alle zuhören. Man h-hat mich gebeten, etwas zu den Kämpfen zu sagen, weil ich während des, ähm, des gesamten Konflikts an der Front war. Ich habe den Widerwillen gesehen, mit dem bei-beide Seiten gekämpft haben und wie er sich nach und nach in resignierte Wut gewandelt hat. Diese Wut hat mich meine Hand gekostet." Hinata hob den Arm und entblößte ihren Stumpf, woraufhin mitleidiges Raunen einsetzte. Kurz ließ sie die Geste wirken, dann senkte sie den Arm, sodass der Ärmel ihrer Bluse über das Handgelenk rutschen konnte. Sie jetzt sprach lauter, um die wispernden Leute zu übertönen: "Meine Hand - Und mit ihr mein Erbe. Ich war... Schockiert und hatte Angst. Wie sollte es weitergehen...? Obwohl ich nicht alleine war in den Ruinen der Zukunft, die ich mir ausgemalt hatte, und obwohl ich nicht bereut habe – Oder bereue – Was ich getan habe, erschien mir die Situation übermächtig. Es gab absolut nichts, das ich tun konnte, um etwas zu ändern, um meine Hand, mein Erbe, meine Zukunft, zurück zu erlangen.

Aber dann wurde mir klar, dass ich nicht verbittern darf, da sonst die Verluste nie aufhören würden. Ich werde lernen, mit der Behinderung zu leben und meine Karriere weiter verfolgen. Es wi-wird Kraft kosten und schwer werden, genau wie der Wiederaufbau des Verhältnisses u-unserer Dörfer. Aber genau wie unsere Kage werde ich nicht aufgeben, an mir zu arbeiten. Ich glaube, das sollte keiner von uns. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir nie alleine sind mit dieser riesigen Aufgabe. Wir haben Freunde, die uns beistehen – Jeder einzelne von uns, aber auch wir als Dörfer haben uns starke Freunde ineinander. Das ist das Bild der Zukunft, das ich jetzt sehe. Das ist m-meine Hoffnung und… I-Ich... Danke!", japste sie und flüchtete mit knallrotem Kopf von der Bühne. Applaus und ein bisschen gutmütiges Gelächter folgten ihr.

Ich war wahnsinnig stolz auf sie. "Ich hab doch gesagt, dass sie es kann!", erklärte ich mit einem breiten Grinsen an Sasuke gewandt.

"Hn.", machte er, ohne den Blick von dem Botschafter aus Suna zu nehmen, der gerade sprach.

"Das war wirklich gut.", stimmte Sakura beeindruckt zu. "Die Meisterin war zwar mitreißender, aber Hinatas Ehrlichkeit war echt rührend. Ich hätte ihr das nicht zugetraut."

"Ich schon. Sie ist stärker, als man meinen würde."

"Wahrscheinlich stärker, als sie selbst weiß.", bemerkte Shikamaru, der seine Beobachtung des Podiums eingestellt hatte.

Der Redner aus Suna hatte irgendwie Pech, nach den beiden charismatischen Frauen zu sprechen, denn viele hielten es wie unsere kleine Gruppe und debattierten die vorigen Ansprachen. Schließlich gab er auf und die Trauerzeremonie wurde beendet, indem die Namen und Verdienste der Gefallenen aufgezählt wurden. Die Sonne strahlte vom Sommerhimmel und brachte die Gläser über den Fotos zum Glänzen. Als die letzten Reden beendet waren, taten sie das nicht mehr. Der Horizont hinter den Hokageköpfen leuchtete Rot und Gold auf die sich verabschiedende Menge. Jeder würde mit seinen Liebsten einen eigenen Totenschmaus für die Gefallenen halten.

Mitten in unsere sich auflösende kleine Gruppe platzte Hinata; Es war ein Wunder, dass sie uns in der Menschenmasse gefunden hatte, und sie strahlte, als sie jeden einzelnen von uns ansah. „Ah, ich erwische euch noch. Wie schön.“

„Hinata!“ Sofort nahm ich sie in den Arm. „Du warst umwerfend! Jeder hier hat den Atem angehalten.“

„A-Ah…“, machte sie, plötzlich wieder verlegen. „Als ich dich gesehen habe, kamen die Worte wie von selbst… Danke für die Hilfe.“

„Er hat sich nur wie ein Brüllaffe aufgeführt. Das war ganz alleine deine Leistung, Hinata. Du kannst sehr stolz auf dich sein.“, sagte Sakura, die ihrer Freundin die Hand drückte.

„Da-Danke. Hoffentlich überlebt der Gedanke diese Zeremonie u-und alle können Frieden schließen.“

„Das hoffe ich auch. Eine gemeinsame Truppe ist sicher eine gute Sache. So hätte man eine Gruppe mit parallelen Interessen, die bei Konflikten intervenieren kann. Außerdem fördert diese Nähe bei der Arbeit das gegenseitige Verständnis.“, erklärte Shikamaru mit den Händen in den Hosentaschen. Zusammen mit den Teilnehmern der Trauerfeier strömten wir zurück ins Dorf, wo sich die Menge langsam auflöste.

„Tsunade-sama hat dich für den Dienst vorgeschlagen, Shikamaru-kun.“, erklärte Hinata. Sie hatte im Vorlauf der Zeremonie mehr mit der Hokage zu tun gehabt.

„Das habe ich auch gehört, aber ich halte nicht so viel davon. Wegen meiner Beziehungen zu Sabakunos…“

„Aber gerade das dürfte doch für dich sprechen.“, entgegnete Sakura. „Du hast die Interessen Konohas zu schützen, aber auch die deiner Familie.“

„Man könnte mir vorwerfen, Suna aus emotionalen Gründen mehr zugeneigt zu sein.“, erwiderte Shikamaru, ohne darauf einzugehen, dass sie Sabakunos als seine Verwandten bezeichnete. Entweder, es war ihm egal, oder er sah das genauso, darüber würde unser Mastermind wohl Schweigen bewahren.

„Na ja, immerhin wohnst du noch hier.“, ließ sie nicht locker, doch er zuckte nur mit den Schultern.

Ich sah ihn nachdenklich an, weil seine Reaktionen meine vorigen Überlegungen wieder aufwarfen. Sein Platz war bei seiner Frau und seinem Kind, das bezog er in jede seiner Überlegungen mit ein, und die einzig logische Schlussfolgerung daraus, dass Temari weder ihre Brüder noch ihre politischen Pflichten verlassen konnte, war wohl…

„Du willst echt nach Suna ziehen.“, stellte ich fest, selbst ein wenig überrascht, dass ich auf diesen Zusammenhang gekommen war. Wann war ich zu einem Sherlock Holmes Verschlag mutiert?

Shikamaru zündete sich gelassen eine Zigarette an. „Ich weiß es noch nicht, aber ich kann es nicht ausschließen. So gerne ich dieser Einheit auch beitreten würde – Gerade weil mir die stabile Beziehung der Dörfer wichtig ist – Denke ich doch, dass es zu viele Wiederstände gäbe. Auf beiden Seiten.“

„Aber kaum jemand hat gar keine Kontakte in das jeweils andere Dorf.“, gab Hinata verwirrt zu bedenken.

„Das macht die Vorstellung einer Partnerschaft naiv.“, sagte Sasuke kühl.

„Es wird trotzdem funktionieren.“, wiedersprach ich ihm. „Wir müssen uns alle nur zusammenreißen. Wir KÖNNEN uns vertrauen, aber es wird Zeit brauchen, bis beide Seiten das einsehen.“

Schnaubend wandte er den Blick ab. „Habt ihr diese Zeit?“

„Wir werden sehen, wie es klappt.“, unterbrach Shikamaru uns. „Ich werd´s jetzt mal packen. Vielleicht erwisch ich die Lady ja noch.“ Er hob die Hand grüßend und schlenderte gemächlich durch die inzwischen merklich kleinere Menschenmenge davon.

„Ich geh dann auch meine Eltern suchen. Sie waren schon nicht begeistert, dass ich während der Zeremonie nicht bei ihnen war, aber ich wollte euch sehen.“, erklärte Sakura lächelnd. Sie umarmte Hinata und mich zum Abschied, nickte Sasuke unsicher zu und ging dann ebenfalls davon.

Ich war froh, dass sie sich unserer sowieso schon dezimierten Gruppe angeschlossen hatte. In den letzten Monaten hatten wir alle viel durchgemacht, da tat uns die Nähe der anderen gut. Die meisten der Freunde gaben sich mir gegenüber nach wie vor distanziert, deshalb waren wir heute nur zu viert gewesen, während die anderen aus unserem Jahrgang sich zusammengeschlossen hatten. Sai wäre vielleicht zu uns gestoßen, doch der war irgendwo in der Nähe des Podiums als Wache eingeteilt. Diese Entfremdung verletzte mich zwar, doch ich sagte mir selbst immer wieder vor, was ich Sasuke gerade zu erklären versucht hatte: Sie brauchten Zeit, um alles zu verarbeiten. Und nach dem Krieg stand meine Beziehung sicher nicht zuoberst auf ihren Listen.

„Da waren´s nur noch drei.“, warf ich in das kurze Schweigen, das wohl normal war in einer Konstellation wie der unseren.

Hinata lachte höflicher Weise. „Und was macht ihr heute noch?“

„Weiß nicht.“ Mit einem Schulterzucken sah ich Sasuke an. „Willst du essen gehen? Ich lad dich ein.“

„Kein Ramen.“, erwiderte er recht desinteressiert.

„Waaas? Aber das hatten wir schon ewig nicht mehr. Komm schon, ich bin voll auf Entzug.“, jammerte ich und zupfte an seinem Ärmel.

„Du wirst es überleben.“

„Glaub ich nicht. Biiiiitte…!“

„Nein.“

„Aber…“

Hinatas neuerliches Kichern unterbrach uns. „Das klärt ihr wohl besser ohne mich – Ich bin nämlich auch noch mit meiner Familie verabredet. Viel Spaß euch beiden.“

Sie winkte und schloss sich Neji und Tenten an, die ganz in der Nähe gewartet hatten. Als ich die beiden grüßte, nickte Hinatas Cousin und seine Freundin lächelte zurückhaltend. Mit einem leisen Seufzen wandte ich mich wieder Sasuke zu. Dann blieben wir Waisen eben unser uns.
 

Das war das letzte Mal, dass ich Hinata gesehen hatte. Sie war glücklich gewesen, vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben mit sich im Reinen, und jetzt… Ich konnte es nicht fassen. Alles fühlte sich so hohl an und ich wusste nicht, ob das nur an den Medikamenten lag, mit denen man mich hier fütterte. Viel mehr fragte ich mich, was das Leben für einen Sinn hatte, wenn es einem so grundlos entrissen werden konnte.

Obwohl der Täter scheinbar der Meinung gewesen war, einen Grund zu haben. Sonst hätte er wohl kaum ein ausgerissenes Herz vom Hokage-Plateau durch die Stadt bis zu meiner Wohnung geschleift, vor der er dann auch noch Sasukes Wachen ermordet hatte. Das tote Organ war auf der Fußmatte gelegen wie ein morbides Päckchen, als ich am Morgen vor drei Tagen die Wohnung verlassen hatte. Voller Panik hatte ich einen Suchtrupp gestartet und umgehend die ermordeten Kollegen in der Nähe gefunden. Weil denen aber offensichtlich nicht die Brust aufgeschlitzt worden war, hatten wir weiter gesucht, Sasuke, Sakura und ich als eine Gruppe. In der Zwischenzeit wurde das Herz bereits im Labor untersucht und im Dorf herumgefragt, wer jemanden seit der Nacht vermisste.

Als Neji die Leute unseres Jahrgangs um Hilfe bei der Suche nach seiner Cousine bat, wollten wir es noch nicht wahr haben, trotz des Genickbruchs der Angestellten der Hyuuga.

Obwohl wir, also das ehemalige Team 7, eigentlich schon beschäftigt waren, schlossen wir uns der Suche an. Hiashi hatte zuerst geglaubt, ich hätte etwas mit Hinatas Verschwinden zu tun, doch sein Neffe hatte ihn überzeugen können, erst mit mir zu reden. Fast wünschte ich mir, ich wäre schuldig – Dann hätte ich wenigstens sicher sein können, dass es ihr gut ging.

Schließlich war es bereits später Nachmittag und wir hatten noch immer nichts gefunden.

„Das kann doch nicht sein!“, rief ich zusehends frustriert und ließ meinen Ärger mit einem Tritt an einem Mülleimer aus. Scheppernd flog er zu Boden und verteilte seinen Inhalt über diesen. „Hinata würde doch nicht einfach so weglaufen.“

„Hör auf mit dem Vandalismus.“ Sakura sah mich streng an, wurde gleich darauf aber wieder besorgt. „Aber ich wäre mir da nicht so sicher. Seit sie wieder hier ist, lässt ihr Vater sie nicht mehr aus den Augen. Sie sagte selbst, sie fühle sich wie in einem goldenen Käfig. Vielleicht ist es ihr jetzt zu viel geworden.“

„Das wäre nicht Hinata.“, beharrte ich.

„Sie hat sich verändert.“, warf jetzt auch Sasuke ein.

„Schon… Aber sie hätte mit mir… Mit irgendjemandem geredet. So selbstsicher ist sie dann doch nicht.“ Als ein Schatten über Sakuras Gesicht zog, ergriff ich rasch ihre Hand. „Wir finden sie. Es gibt bestimmt eine ganz einfache Erklärung für das alles.“

Sakura drückte meine Hand, ließ sie dann aber auch rasch wieder los. „Ich hoffe es.“

Wir hatten schon alle möglichen und unmöglichen Stellen in dem Stadtteil abgesucht, den Shikamaru uns zugewiesen hatte, als ein kalkweißer Junge außer Atem auf uns zugestürmt kam. Und er sagte… Er sagte… Er…

Ich sah das Bild genau vor Augen, sah ihn die Lippen bewegen, aber ich wusste nicht mehr, welche Worte er benutzt hatte. Es tat nur weh, darüber nachzudenken, und von all dem Schmerz fühlte ich mich so taub, dass ich es nicht mehr ertrug. Mein Hirn ließ es einfach nicht zu, dass ich mich erinnerte.

Auf dem Boden lag ich schon, also war es ein kurzer Weg dazu, mich auf die Seite zu rollen und die Beine anzuziehen. Mehr als das bewegte ich mich die nächsten Stunden nicht.
 

Tsunade kam gegen Mittag des nächsten Tages. Sie sah zwar streng aus, aber ich vermutete, dass sie sich Sorgen um mich machte, also setzte ich mich zumindest auf. „Wie geht es dir?“, übersprang sie die Begrüßung nonchalant.

„Gut.“

„Dein Körper ist stark geschwächt worden, ebenso das Siegel. Dieses Mal war es schwer, dich wieder zusammen zu flicken.“

„Es tut mir leid.“

„Was ich will ist, dass du besser auf dich achtest, keine hohlen Entschuldigungen.“, fuhr sie mich gereizt an. „Es bringt niemandem etwas, wenn du dich umbringst… Und es macht Hinata auch nicht wieder lebendig.“

Ich zog die Beine an und legte die Arme um die Knie. „Ich weiß.“

„Dann hör auf, dich in deinem Selbstmitleid zu suhlen. Ich möchte dich hier raus lassen und das kann ich nicht, wenn du dermaßen labil bist.“

„Vielleicht ist es auch besser, wenn ich bleibe.“, meinte ich und legte das Gesicht an die Knie. Knipste das Licht und mit ihm die Welt einfach aus.

„Für wen? Für mich, die eine kompetente Arbeitskraft verliert? Für deine Freunde, die dich vermissen? Für Sasuke?“ Sie ließ seinen Namen in die Stille fallen wie einen Stein – Und er schlug sofort Wellen in meinem Inneren. Ich vermisste ihn so… Und trotzdem saß ich hier zu Recht. Tsunade ließ die Tatsache, dass sie über meine Beziehung Bescheid wusste, kurz sacken, ehe sie mit sanfterer Stimme weiter sprach: „In zwei Tagen ist die Beisetzung. Ich bin sicher, Hinata hätte sich gefreut, wenn du teilnehmen würdest.“

Schuldbewusst biss ich mir auf die Lippe. „Ich will ja…“

„Aber?“

„Ich habe das halbe Dorf verwüstet! Und Hiashi-san hasst mich sowieso schon.“

„Übertreib nicht, es sind nur leichtere Schäden an einigen Häusern entstanden. Außerdem sind das umso mehr Gründe, hier raus zu kommen. Du solltest den Leuten bei der Arbeit helfen, die durch dich zu Schaden gekommen sind. Und du solltest Hiashi beweisen, dass dein Respekt vor seiner Tochter mehr wiegt als deine Angst vor ihm.“

„Ich habe keine Angst vor ihm.“

Tsunade gab ein abfälliges Geräusch von sich und verschränkte die Arme unter der Brust. „Natürlich… Möchtest du also gehen?“

„Ja…“

„Wirst du dich zusammenreißen und meine Fragen beantworten?“

„Ich… Wenn ich kann, ja.“

„Gut. Dann erzähl mir genau, was passiert ist, als ihr Hinata fandet.“

Also holte ich tief Luft und begann zu reden…
 

Das Gesicht des Jungen war weiß wie die Schäfchenwolken am Himmel, jedoch keinesfalls so harmlos. „Wir… Wir haben Hinata Hyuuga-san gefunden. Sie ist… Es tut mir leid…“

„Was?“ Verständnislos sah ich zwischen ihm und Sakura hin und her, deren Augen sich inzwischen mit Tränen füllten. Das musste ein schlechter Scherz sein, über den niemand lachte und den ich nicht begriff. Ich starrte den Burschen an ohne zu blinzeln, spürte ungläubige Tränen in meine Augen schießen und stürmte auf ihn zu, um ihn an den Schultern zu packen: „Was ist passiert?“, fuhr ich ihn an.

„Da-Das wissen wir noch nicht.“, stammelte er in dem Versuch, sich von mir zu lösen. „Mein Suchtrupp hat sie gefunden und ich wusste, dass ihr ein Paar wart…“ –Sein Blick huschte kurz zu Sasuke – „Und da dachte ich… Je-Jemand anderes informiert bereits Hiashi-san.“

„Wo ist sie?“, unterbrach ich und schüttelte ihn, als er nicht gleich antwortete. „WO?“

„Das Hokage-Plateau. Ich…“

Noch bevor er aussprechen konnte, rannte ich los. Entsetzen pulsierte mit dem Blut durch meinen Körper. Es musste ein Fehler sein. Ich konnte sie nicht so verlieren… Sie überhaupt verlieren.

Auf halbem Wege zum Plateau hörte ich Schritte hinter mir, die schnell aufschlossen. Sasuke musterte mich nachdenklich, sagte jedoch nichts. Ich konnte mich im Moment nicht auf ihn konzentrieren, weil ich so voll war von Ungläubigkeit, Trauer und Entsetzen. Es konnte einfach nicht stimmen, nicht sie, nicht meine Familie. Der Weg kam mir surreal vor, alles wirkte verschwommen, sogar das Absperrband vor dem Aussichtsplatz. Jemand, vermutlich ein Ermittler, trat auf mich zu, doch ich ignorierte ihn auf meinem Weg zu der dunklen Plane, die in der Mitte des abgesperrten Bereichs auf dem Boden ausgebreitet worden war.

Ich zitterte, konnte kaum das Plastik greifen, wollte es und wollte es nicht wegziehen. Aber ich musste es wissen und entfernte die Plane mit einem Ruck von dem toten Körper. Ich starrte auf das entsetzliche Bild zu meinen Füßen.

Hinatas Gesicht – Denn das war es unverkennbar – Was blutüberströmt. Die rote Flüssigkeit hatte sich von den beiden klaffenden Höhlen, in denen sich mal ihre Augen befunden hatten, bis über ihr Kinn und ihr Haar verteilt, sodass sie aussah, als würde sie blutige Tränen weinen. Ihr Körper war zerschunden, als hätte sie sich vor ihrem Tod eine Prügelei geliefert. Das sah man vor allem, weil ihr Oberteil zerrissen war und ein riesiges Loch in ihrer Brust offenbarte.

Inzwischen zitterte ich nicht mehr nur, mein Körper wurde bis in die Grundfesten erschüttert. „Nein.“, wisperte ich, mehr brachte ich nicht raus, ehe mir die Beine nachgaben und ich neben Hinata zu Boden sank. Ich ergriff ihre Hand, die sich kalt und steif anfühlte. „Nein, nein, nein…“

Jemand fasste mich an der Schulter. „Du solltest…“

„NEIN!“ Mit einer Drehung kam ich gleichzeitig auf die Beine, schlug die fremde Hand weg und packte den Mann am Kragen. „Wer war das?“, brüllte ich dem erschrockenen Shinobi mit verzweifelter Wut ins Gesicht.

„W-Wir wissen es noch nicht:“, antwortete er und machte sich ruckartig los. „Und du solltest hier verschwinden, der Bereich ist für die Spurensicherung gesperrt.“
 

„Und danach erinnere ich mich erst wieder daran, von Yamato-Sensei festgehalten worden zu sein. Überall waren Trümmer und Schreie und… Und Sasuke war… Verletzt und…“

Einer der seltenen Anflüge von Mitleid zeigte sich auf Tsunades Gesicht. „Den Berichten zufolge, die ich erhalten habe, hast du die Kontrolle verloren und der Kyuubi konnte ausbrechen. Die meisten Shinobi sind geflohen, als Sasuke das Kommando übernahm und einige auf die Suche nach Yamato schickte. Sasuke hat in der Zwischenzeit scheinbar versucht, mit dir zu reden, aber du hast angegriffen, also hat er mit den übrigen Shinobi versucht, dich aufzuhalten. Dabei wurden Teile des Tatortes vernichtet, einige Häuser beschädigt und mehrere Kollegen verletzt – Darunter auch Sasuke. Letztlich konntest du aber aufgehalten werden. Wir haben beschlossen, dich erst Mal hier unterzubringen, da du in letzter Zeit offensichtlich öfter die Macht über dich selbst einbüßt.“

„Ich… Ich tue mein Bestes…“

„Davon gehe ich aus.“, unterbrach Tsunade mich streng. „Ich denke, es liegt an emotionaler Instabilität, dass du dich nicht mehr im Griff hast – Und daran, dass das Siegel langsam schwächer wird.“

„Aber das heißt ja… Dass so etwas jeder Zeit wieder passieren könnte.“

„Deshalb arbeiten wir bereits an einer Möglichkeit, das Jutsu deines Vaters zu erneuern. Gleichzeitig müssen wir aber auch daran arbeiten, deine Gefühle besser in den Griff zu bekommen. Ich weiß, das ist gerade in den belastenden Ausnahmesituationen schwer, denen du in den letzten Monaten ausgesetzt warst, aber es führt kein Weg daran vorbei. Ich werde dir jemanden zur Verfügung stellen, der sich mit Aggressionsbewältigung befasst.“

„Danke.“, erwiderte ich nach kurzem Zögern auf Tsunades strenge Rede. Ich wollte niemanden in Gefahr bringen – Schon gar nicht Sasuke! – Aber ich wusste nicht, ob ich im Moment die Kraft dafür aufbringen konnte, mich jemand außer meinem Freund anzuvertrauen. Es war, als würde jedes Mal ein Teil von mir einfrieren, wenn ich an Hinata dachte, und das tat ich zurzeit ständig. „Kann ich etwas tun, um wegen des Siegels zu helfen?“

„Mach dir Gedanken und sag mir Bescheid, falls dir etwas einfällt. Deine… Ungewöhnlichen Methoden haben ja schon öfter zum Erfolg geführt.“, gab sie, wenn auch sehr skeptisch, zu. „Nun aber zurück zum eigentlichen Grund meines Besuchs. Kann ich es verantworten, dich hier rauszulassen?“

Haltet mich für verrückt, aber ich dachte tatsächlich über diese Frage nach. Die Wahrheit war nämlich, dass ich nicht wirklich gehen wollte. Hier in der Klapse war ich sicher vor der Welt – Und die Welt vor mir. Niemand konnte Schaden nehmen durch meine Fehler, ich war mehr oder weniger außer Gefecht gesetzt durch einen ganzen Haufen Pillen, die man mir verabreichte. Ich musste mich nicht mal mit meinem Versagen auseinandersetzen, wenn ich es schaffte, einfach zu schlafen.

Andererseits war das natürlich wahnsinnig feige und ich schämte mich, es überhaupt in Erwägung zu ziehen. Jedem, dem ich geschadet hatte, schuldete ich eine Entschuldigung und, falls möglich, Hilfe. Zudem, und das war wohl der wichtigste Grund, vermisste ich Sasuke.

„Ja.“, sagte ich nach einigen Momenten des Schweigens. „Ich glaube, das kannst du.“
 

Danach besuchte mich eine gefühlte Millionen Ärzte und Psychologen, die diese Selbsteinschätzung bestätigen sollten. Bei den Fragen, die einige von ihnen stellten, zweifelte ich zwar selbst teilweise an meinem Verstand, doch am Nachmittag des nächsten Tages war ich tatsächlich frei.

Hinatas Trauerfeier würde erst am nächsten Tag stattfinden, weshalb ich jetzt seltsam in der Luft hing zwischen meiner klinisch bekloppten Phase und dem offiziellen Abschiednehmen. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, streifte lange durch die Straßen, bis ich mich vor dem Krankenhaus wiederfand. Also hatte der Teil von mir, der Sasuke unbedingt sehen wollte, letztlich über meine Angst vor seinem Anblick triumphiert.

Ich betrat den Eingangsbereich des Hospitals und fragte am Empfang nach meinem Freund.

Die Schwester sah mich mitleidig an. „Er wurde heute Morgen entlassen. Sakura Haruno-san hat ihn abgeholt.“

„Oh.“ Was sollte ich dazu sagen? Hätten die Ärzte mich nicht aufklären können?

Ich bedankte mich und machte mich auf den Weg zu Harunos. An der Tür wurde ich von einer sichtlich erfreuten Hausherrin begrüßt. „Naruto-kun!“ Mrs. Haruno nahm mich herzlich in den Arm. „Geht es dir gut? Wir waren so besorgt!“

„Ja… Ähm, danke… Ich wollte eigentlich Sasuke abholen…“, erklärte ich zurückhaltend. Hatte ich so viel Zuneigung überhaupt verdient?

Eine Stimme war aus dem Treppenhaus zu hören: „Wer ist es, Mom…? Oh, Naruto!“ Auch Sakura umarmte mich stürmisch, sie ging sogar so weit, meine Wange zu küssen. „Wie schön, dass du entlassen wurdest. Sasuke-kun wird sich freuen… Tut mir leid, dass ich ihn geholt habe. Die Meisterin hat mich gebeten, auf ihn zu achten.“

Sie hatte wohl ein schlechtes Gewissen, weil sie alleine mit meinem Freund gewesen war, doch ich lachte nur. Das klang ein bisschen wie das heisere Bellen eines Hundes und Sakura runzelte besorgt die Stirn, als sie es hörte. „Red keinen Quatsch, ich bin euch dankbar, dass ihr ihn aufgenommen habt. Vielen Dank. Wo ist er?“

„In seinem Zimmer. Warte, ich sag ihm kurz Bescheid.“ Mit einem glücklichen Lächeln hopste sie die Treppe hoch, nur, um wenige Minuten später zurück zu kommen. „Er packt seine Sachen und kommt gleich.“

Wir redeten noch ein paar Minuten, dann tauchte Sasuke mit einer kleinen Reisetasche auf. Aus Rücksicht auf die Frauen fiel ich ihm nicht um den Hals, wie ich es gewollt hätte. Seinem einbandagierten Kopf hätte das wohl eh nicht gut getan.

„Mir geht´s gut.“, beantwortete er die noch nicht gestellte Frage und brachte mich zum Lächeln.

„Das ist gut.“ Nicht mal einem Tauben wäre die Zuneigung in meiner Stimme entgangen, aber ich konnte nichts dagegen tun. „Gehen wir?“

Sakura und ihre Mutter luden uns zu bleiben ein, doch ich wollte heim und Sasuke hielt hier nichts. Aber ob es ihn nach dem, was passiert war, noch bei mir hielt? Ich konnte mich an alles, was laut Tsunades Erzählung passiert war, nur schemenhaft erinnern, es lag so viel Hass und Reue und Schmerz zwischen mir und meiner Erinnerung, dass ich sie nicht mehr greifen konnte. Vielleicht war das auch Selbstschutz. Schon das Bewusstsein der Tat war derart belastend, vielleicht weigerte ich mich unterbewusst einfach, auch noch die zugehörigen Bilder zu sehen.

In diesen Gedanken war ich so gefangen, dass wir kein Wort sprachen, bis wir nach Hause kamen. Mir war aber bewusst, dass ich etwas sagen, mich zumindest entschuldigen musste, also versuchte ich, die Worte über meine Lippen zu quälen, als wir vor der Wohnungstür standen. „Ich...“, fing ich an, den Blick konzentriert auf das Schlüsselloch gerichtet.

Sasuke berührte meine Wange, schüttelte den Kopf. „Lass es. Quäl dich nicht.“

„Aber…“

„Es war nicht deine Schuld.“

„Glaubst du?“ Mein Lachen war eine Spur hysterisch, was zum Glück niemand außer ihm hörte, da Sasuke gerade die Tür hinter uns zuzog. „Obwohl ich auf sie hätte aufpassen müssen? Obwohl ich für sie hätte da sein müssen? Das ist die mieseste Entschuldigung, die ich bisher gehört habe.“ Und trotzdem wollte ich ihm glauben, als ich ihn fest in die Arme nahm und an seiner Schulter schluchzte. Ich krallte die Finger in sein Hemd. „Ich war einfach nicht da, Sasuke…“

Er legte die Hand auf meinen Hinterkopf. „Du musst aufhören zu glauben, dass alles in deiner Verantwortung liegt. Manches, wie den Tod, kann man eben nicht beeinflussen.“

„Aber nicht Mord.“, fauchte ich und schubste ihn regelrecht von mir, brachte Abstand zwischen mich und seine Nüchternheit. Ich litt so sehr, dass ich keine Logik ertrug.

„Es ist nicht an dir, über die Gründe und Taten jedes einzelnen zu bestimmen.“

Ich schüttelte den Kopf, fing an, nervös durch den Flur zu laufen. Die Wohnung kam mir – Nicht zum ersten Mal – Wie ein Gefängnis vor. Ich hatte das Gefühl, alles hier wolle mir etwas sagen, aber ich konnte es nicht hören. Ich war völlig blockiert von den Wänden um mich, von der Stille, von meinem eigenen Körper. Meine Haut kribbelte, sogar meine Kleidung fühlte sich darauf falsch an.

„Es… Es muss doch irgendetwas geben, das ich hätte tun können.“ Eigentlich redete ich mit mir selbst, aber plötzlich standen Sasukes Füße mir im Weg; Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich auf den Boden gestarrt hatte und hob jetzt den Kopf, um ihn voller Entsetzen anzusehen. „Irgendwas.“

In seinem Blick lag etwas Beruhigendes, sie waren so schwarz, als wäre sowieso schon alles verloren und somit gleichgültig. Er streichelte mir über die Wange und das Haar wie einem ängstlichen Kind. „Du konntest absolut nichts tun, Naruto. Jemand hat entschieden, dass sie sterben musste, und so sollte es sein. Sie ist fort. Du solltest das Bild von euch loslassen, an dem du festhältst, und an morgen denken.“

„Morgen ist die Beerdigung.“, sagte ich lahm, als mein Freund mich über den Flur ins Bad brachte. Ich ging einfach mit, ohne Fragen, ohne Gegenwehr, nur mit einem Urvertrauen in seine Entscheidungen. Irgendetwas kam mir an seinen Worten zwar komisch vor, aber ich konnte es nicht genau greifen und es war mir gerade auch egal. Mein Hirn fühlte sich an wie Pudding, sollte er doch für uns beide denken.

„Du solltest dir das nicht antun.“ Sasuke ließ Wasser in die Wanne laufen und zog mich aus, während die Wanne sich füllte. Als ich helfen wollte, strich er mir sanft über die Arme, sodass diese gegen meine Seite gepresst wurden. Ich durfte mich wohl nicht bewegen. Er ging langsam vor und mir war vom Wasserdampf wahnsinnig heiß. Ich wollte schneller nackt sein. Ich wollte bei ihm sein und nackt und schlafen und erst wieder aufwachen, wenn leben nicht mehr so wahnsinnig schmerzte.

„Ich muss… Will aber. Ich will mich verabschieden.“

„Sie ist schon fort, ohne Lebwohl zu sagen. Das kann niemand. Deshalb müssen wir nehmen, was wir JETZT haben können. Alles. Ohne Rücksicht.“

„Ich glaube, wenn man so lebt, hat man am Schluss gar nichts mehr.“ Inzwischen war Sasuke fertig mit dem Entkleiden und ließ mich in das warme Wasser steigen. Er setzte sich hinter mich an den Wannenrand und ich schloss die Augen als er anfing, mir die Schläfen zu massieren. Nach Kamille duftende Schwaden zogen an mir vorüber, legten sich wie Balsam auf meine geschundenen Nerven, erlaubten es mir, zu denken. „Man sollte mit allen teilen, denn vielleicht geben sie einem etwas zurück und dann hast du, wenn auch nicht quantitativ mehr, zumindest eine größere Vielfalt.“

„Und wenn man nur eine Sache will?“ Inzwischen waren Sasukes Hände zu meinem Hals gewandert und seine Finger krochen spinnengleich bis zu meinem Kehlkopf. Eine feine Gänsehaut zog sich über meinen Körper, aber ich hielt absolut still. „Wenn ich das Monopol sein will?“

Ich drehte das Gesicht zu ihm. „Wovon reden wir? Du kannst den Tod nicht besitzen. Er ist das einzige unabänderliche Allgemeingut.“

„Stimmt… Und trotzdem kannst du ihn jemandem schenken.“

„Ich glaube nicht, dass man das als Geschenk bezeichnen kann.“ Das Wasser plätscherte als ich mich ganz zu ihm umdrehte. „Viel mehr ist das der größte Diebstahl, den man begehen kann, immerhin nimmst du damit jemandem das Wertvollste, das er besitzt.“

„Und was, wenn das betreffende Leben wertlos ist?“, fragte Sasuke mit dem erhobenen Kinn eines Herrschers. Er saß hoch aufgerichtet wie ein Souverän auf dem Badezimmerschemel, der unter ihm einem Goldthron gleichkam. Es war, als habe er den zerbrechlichen Mann in sich vergessen.

Ich kniete mich hin, nahm seine Hand und küsste sie, wobei ich ihn mit Badewasser volltropfte. „Kein Leben ist wertlos. Du musst nur erkennen, welchen Wert es persönlich hat, was du wertvoll machen willst. Und vielleicht wird ein Leben auch wertvoll, indem es eine Bereicherung für andere ist.“

„Etwas muss aber einen Wert haben, um Nutzen zu bringen.“

„Es gibt auch emotionalen Nutzen. Und an den kann man kein Preisschild hängen.“ Ich lächelte und streichelte ihm zärtlich über die Wange. Mein König würde wohl immer in dem Zwiespalt zwischen seinem Nazismus und Selbsthass leben. „Du bist der wertvollste Mensch in meinem Leben und daran ändert deine Vergangenheit nichts und deine Zukunft wird auch nichts daran ändern, Sasuke.“
 

Am nächsten Morgen stand ich in meinem Zimmer und versuchte, meine Trauerfeiergarderobe rauszulegen. Es scheiterte daran, dass ich unter den Tränen nichts sah. Sie kamen einfach, heiß und heftig, ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte. Eine Zerrissenheit wurde von ihnen verkörpert, die mir Angst machte. Ich wollte das nicht mehr. Ich konnte nicht mehr. Alles was ich tat fühlte sich hohl an und wurde von dem schattenhaften Wissen begleitet, dass Hinata für immer verloren war.

Trotzig wischte ich mir über die Augen um weiter zu suchen, doch da wurden meine Hände weggeschoben. „I-Ich kann… Lass nur, ich…“, stammelte ich verwirrt, während ich lustlos versuchte, Sasuke, der gerade meine Kleidung heraussuchte, wieder auf die Beine zu ziehen. Ich hatte nicht mal gehört, dass er ins Zimmer gekommen war.

Er warf mir einen Schulterblick zu. „Willst du dir das wirklich antun?“

Perplex nahm ich die schwarze Hose, die er mir in die Hand drückte. „Was meinst du?“

„Es schmerzt dich, dich mit ihrem Tod zu befassen. Und selbst ihre Familie will dich nicht sehen. Warum solltest du also zur Beerdigung gehen? Lass es los.“

„Eigentlich sagst du mir gerade, dass es nicht so schlimm ist, oder?“ Ich starrte ihn und seine schweigende Antwort vernichtend an, riss mir die Kleider vom Leib und zog die Neuen an. Er hatte so viele Menschen verloren und trauerte noch heute um sie – Obwohl er das selbst nicht sehen wollte – Deswegen frustrierte es mich, dass er meinen Schmerz nicht begreifen wollte. In meiner Wut kamen nicht mal neue Tränen. „Aber du irrst dich, ich MUSS gehen, gerade weil ich loslassen möchte. Hinata war eine meiner besten Freundinnen und ich will ihr lebwohl sagen. Du musst mich ein letztes Mal mit ihr teilen, dann bin ich ganz der Deine.“, fauchte ich zynisch und riss fast einen Knopf meines Sakkos ab.

Endlich war ich fertig angezogen und rauschte aus der Wohnung ohne Sasuke die Möglichkeit zu geben, sich zu rechtfertigen. Es war mir erst bewusst, seit Sakura es mir gesagt hatte, aber mein Freund war wirklich 24/7 eifersüchtig und dafür hatte ich jetzt wirklich nicht die Kraft. Sie war tot, Herrgott!

Zum ersten Mal war ich froh, dass er nicht hatte mitkommen wollen, so war ich alleine auf den frühmorgendlichen Straßen. Nur ein paar Lieferanten waren außer mir unterwegs. Es herrschte Stille, die mir gut tat, mir Kraft für das Kommende zu geben schien. Es war schön, sauer auf Sasuke sein zu können und nicht daran denken zu müssen, wofür ich diesen Strauß Sonnenblumen gerade kaufte. Wut machte stark, das wusste er nur zu gut, immerhin hatte er aus seinem Hass jahrelang all seine Motivation gezogen… Ob er mich mit Absicht gereizt hatte?

Ich weigerte mich, darüber nachzudenken, ihm schon zu verzeihen. Er musste mir noch eine Weile Kraft geben.

Mit meinem Strauß bewaffnet durchquerte ich das Dorf bis ich zum Krematorium gelangte. Aus einiger Entfernung sah ich zu, wie eine Gruppe schwarz gekleideter Menschen das Haus betraten.

Hinatas Trauergäste.

Ich folgte ihnen, wurde jedoch schon am Eingang von zwei Jungen, vielleicht fünfzehn, sechzehn, abgefangen. „Du bist doch der Fuchsbursche?“, fragte einer voller Missbilligung, die ihm wohl auf das junge Gesicht erzogen worden war.

Es klang seltsam, das Wort ´Bursche` aus dem Mund eines Kindes zu hören. „Naruto ist mir lieber, aber nenn mich, wie du willst. Gibt es ein Problem?“

„Allerdings!“, mischte sich der zweite im Bunde ein. „Hiashi-sama hat verboten, dass du an der Zeremonie teilnimmst. Hau lieber ab!“

Hinatas Vater wollte sogar in ihrem Tod unsere Differenzen beibehalten. Der Gedanke erschöpfte mich wahnsinnig, weshalb ich nur leise seufzen konnte. „Ich will ihr nur die letzte Ehre erweisen. Sie war eine meiner besten Freundinnen…“

„Wir wissen genau, was sie für dich war. Austauschware, die du nur benutzt hast! Dreckige Schwuchtel!“ Der zweite Junge spuckte mir vor die Füße und ich starrte ihn entsetzt an, nicht wegen der Geste, nicht wegen der Beleidigung, sondern wegen seinem Vorwurf.

„Das stimmt nicht!“ Ich war empört über die Anschuldigung. Irgendjemand musste ihm beigebracht haben, das zu sagen, auf so etwas kamen Kinder nicht von selbst. „Hört zu, ich will mich gar nicht streiten. Ich bleibe hier am Rand, warte, bis alle gegangen sind und lege dann meine Blumen hin. Macht daraus kein Drama, das hat Hinata nicht verdient.“

„Du weißt nicht, was sie gewollt hätte.“ Sie hatten beide die Arme verschränkt und machten keine Anstalten, Platz zu machen.

„Was ist hier los? Tai, Maoto, geht auf eure Plätze!“ Eine Frau mittleren Alters im schwarzen Anzug kam zu uns und stemmte streng die Hände in die Hüften.

„Aber Tante, der Fuchsjunge will sich auf die Beerdigung schleichen!“, quengelte der Ältere der beiden.

Jetzt sah die Dame auf und ihr Gesichtsausdruck wurde, falls überhaupt möglich, noch strenger. „Soso… Gut, dass ihr ihn nicht gelassen habt. Hören Sie, Sie sollten lieber gehen, Junge.“, wies sie mich mit einem erhobenem Zeigefinger an. „Sie sind hier nicht erwünscht, das ist eine Familienfeier.“

„Hinata IST meine Familie. Nur, weil ihr das nicht wahrhaben wollt…“

Bevor meine steigende Wut überhand nehmen konnte, schloss sich noch jemand unserer Gruppe an: Neji. Seine vor der Brust verschränkten Arme steckten in den weiten Ärmeln des Gewandes, das er trug, sein ernster Blick lag auf mir. „Wir werden ihn einlassen.“, erklärte er ruhig.

„Aber Hiashi…“

„Ich kläre das mit meinem Onkel:“, unterbrach Neji, jetzt doch den Blick auf sie richtend. „Ihr solltet jetzt eure Plätze suchen. Es geht bald los.“

„Wie du meinst.“ Offensichtlich beleidigt sammelte die Frau ihre Neffen ein und verschwand zwischen den Stuhlreihen.

Ich trat auf Neji zu. „Danke. Das bedeutet mir viel.“

Er hatte sich schon abgewandt, als er antwortete: „Tenten meinte, deine Anwesenheit wäre Hinata wichtig gewesen. Das ist alles. Komm.“

Schluckend folgte ich ihm durch die mit Hyuugas gefüllten Stuhlreihen. Seine Worte waren eindeutig: Er hatte sich gegen unsere Freundschaft entschieden.

Wie es aussah waren Nejis Freundin und ich die einzigen, die nicht aus dem Klan stammten. Ich fragte mich, wann Hiashi Tenten akzeptiert hatte. Vielleicht wollte er nicht auf noch die Bindung zu seinem Neffen verlieren. Alle anderen Freunde Hinatas, sogar Kiba, Shino und Kurenai, fehlten jedoch. Sie würden sich nach der Einäscherung verabschieden müssen.

Neji führte mich zu einer weit hinten gelegenen Reihe, in der ältere Leute saßen. „Bleib am besten hier.“, wies er mich an und verließ mich dann, um ganz nach vorne in die Nähe des offenen Sarges zu gehen, wo Hanabi, Hiashi und noch ein paar enge Verwandte von Hinata Platzgenommen hatten. Ich versuchte, mich möglichst unauffällig zu dem freien Sitz neben einer Rentnerin durchzuschieben, die mich nachsichtig beäugte. Sie trug ihr Haar hochgesteckt, sodass ihr weiches Gesicht betont wurde, und als ich ihr in die Augen blickte, versetzte es mir einen Stich. Sie sah aus wie Hinata in sechzig Jahren hätte aussehen sollen.

Als sie meinen Blick bemerkte, legte sie die Hand auf meine. „Na, na, ein stattlicher junger Mann wie Sie wird doch nicht weinen!“

„Es tut mir leid.“ Mit einem gequälten Lächeln wischte ich mir über die Augen. „Ich vermisse sie nur so…“

„Ja, das tun wir alle. Aber lassen Sie mich Ihnen etwas sagen… Man gewöhnt sich an das Gefühl. Sie werden noch viele Menschen verlieren und vermissen und es wird nie leichter, aber irgendwann werden Sie lernen, die schönen Erinnerungen dem Verlust gegenüber zu stellen. Sie hatte einen schlechten Tod, war aber ein guter Mensch.“

Bevor ich noch etwas sagen konnte – Und ich hätte auch nicht gewusst, was das hätte sein sollen – Trat der Priester vor die Trauergemeinde. Er rezitierte Sutren, hielt eine Predigt, dann sprach Neji vor, da Hinata ja keinen Sohn gehabt hatte. Seine Grabrede war wenig emotional:

„Meine Cousine, die Erbin des Klans, wurde zu früh von uns genommen. Sie war die Hoffnung unserer Familie, allen mit ihrem Fleiß und ihrer Güte ein Vorbild. Sie hat ihr Leben gut gelebt und wird den Samsara weiter beschreiten. Vielleicht, wenn wir Glück haben, begegnen wir wieder einem Wesen wie ihr. Sie lebte nach der Weisheit, mit Sanftmut die Zornigen zu besiegen, mit Güte die Bösen und mit Wahrheit die Lügner. Sie wird fehlen… Danke.“

Mit einer steifen Verbeugung, die ganz zu ihm passte, zog er sich zurück. Jetzt erst sah ich, dass Tenten nicht bei ihm, sondern ein paar Reihen weiter hinten saß. So ganz war sie also noch nicht akzeptiert.

Weitere Reden wurden gehalten, von denen kaum eine mehr Emotionen enthielt als die von Neji, dann beendete der Priester die Feierlichkeit, indem er Räucherstäbchen neben dem Sarg entzündete. Der volle Raum nahm fast augenblicklich den beißenden Geruch der brennenden Kräuter an, als auch die engeren Familienmitglieder Stäbchen entzündeten. Ich blinzelte gegen das Brennen in meinen Augen, um den Sarg zu sehen. Hinata sah wunderschön aus, nichts deutete mehr auf ihre schrecklichen Verstümmelungen hin. Bei dem Gedanken an ihre Verletzungen ballte ich die Hände zu Fäusten. Wer auch immer das getan hatte, würde dafür zahlen.

Inzwischen hatte der Geistliche den Raum verlassen und es kam Bewegung in die Gäste, die Räucherstäbchen entzünden und Geschenke überbringen wollten. Meine Nachbarin sah mich fragend an, als ich sitzen blieb. „Kommen Sie ruhig mit. Jeder, der ihr auf dem Weg hilft, ist willkommen.“

„Danke, aber ich denke…“

„Nun seien Sie nicht unhöflich!“, beharrte sie und zog mich erstaunlich resolut auf die Beine, um sich bei mir unterzuhaken. „Sie haben doch extra diese schönen Blumen gekauft. Die werden Hinata-chan gefallen.“

Mir blieb also nicht viel übrig, als mich in die Reihe der Wartenden zu stellen und mir von der Oma Kindheitsgeschichten über Hinata anzuhören. Einige davon kannte ich schon, andere waren neu und rührend und für eine Weile vergaß ich völlig, warum ich nicht hatte mitgehen wollen. Als ich vor Hiashi stand, fiel es mir schnell wieder ein.

„Was willst du hier? Ich sagte doch, du sollst dich von meiner Familie fernhalten!“, knurrte das Klanoberhaupt ungnädig.

„Ich wollte mich nur verabschieden.“, erklärte ich betont ruhig in dem Versuch, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Das funktionierte nicht sonderlich gut; Hiashi trat in einer Drohgebärde auf mich zu, die Schultern zurückgezogen, das Kinn leicht erhoben. „Du bist hier nicht willkommen.“

„Sir…“

„Was du meiner Tochter angetan hast, nimmt dir jedes Recht, hier zu sein. Du hast ihre Ehre und die ihrer Familie beschmutzt und ich werde nicht zulassen, dass du dasselbe mit ihrem Andenken tust.“

„Hiashi, du solltest das nicht vor dem Sarg deiner Tochter bestreiten.“, mischte sich meine neue Freundin ein. „Der Junge will doch nur seine Kondolenz zeigen. Lass ihn…“

„Ich schlage vor, du legst deine Geschenke ab, Tante.“, unterbrach Hiashi sie voll kühler Höflichkeit. Die Alte sah ihn säuerlich an, humpelte dann aber nur kopfschüttelnd weiter, um eine kleine, goldene Kette auf Hinatas Brust du legen. „Du schickst also schon alte Leute vor… Erbärmlich.“

„Das habe ich nicht.“, zischte ich, ohne vor ihm zurückzuweichen. Ich wollte keinen Ärger – Gerade im Gedenken an Hinata – Aber ich würde mich auch nicht wie ein Aussätziger behandeln lassen.

Inzwischen hatte unser Disput die Aufmerksamkeit der meisten Trauergäste auf sich gezogen und einige junge Männer in meinem Alter näherten sich langsam. Sie würden als Rausschmeißer fungieren, wenn ihr Klanoberhaupt es ihnen sagte.

„Und was ist es dann, das du willst? Die Auswirkungen deines Handelns begutachten?“, spuckte Hiashi mir vor die Füße, den puren Hass in der Stimme. Meine Gesichtsmuskeln verloren jede Spannung, mit offenem Mund starrte ich in sein Gesicht, das sich langsam zu einem höhnischen Grinsen verzog. „Glaubst du, du wärst unschuldig? Deinetwegen war sie ein Krüppel. Deinetwegen konnte sie sich nicht wehren. Deinetwegen ist meine Tochter tot, du Monster.“

Ich spürte die Blicke aller Anwesenden überdeutlich und bleischwer auf mir ruhen und konnte weder etwas erwidern noch mich rühren. Schmerzlich wurde mir bewusst, wie alleine ich hier stand und ich fragte mich, ob ich tatsächlich einfach ein unverschämter Eindringling war. War es wirklich so falsch, meine Trauer zeigen zu wollen? Hätte ich sie lieber für mich behalten sollen? Geteiltes Leid war zwar bekanntlich halbes Leid, aber Hiashi wollte anscheinend nicht teilen, er hortete seinen Schmerz eifersüchtig und begrub ihn unter einem Berg von Hass. Das sollte ich ihm vielleicht gönnen. Wo ich ihm schon die Tochter genommen hatte.

Die Bewegung, zu der ich nicht fähig war, kam in die Menge, aus der sich Neji löste. Beruhigend legte er Hiashi die Hand auf die Schulter. „Onkel, lass uns nicht darüber sprechen. Die Gäste gehen sowieso bald.“

Er warf mir einen Blick zu, der mich aus meiner Starre riss. Mechanisch nickte ich und stakste zum Sarg, an dem ich ein Räucherstäbchen anzündete und die Blumen ablegte. Wie ein Hintergrundrauschen hörte ich Neji und seinen Onkel streiten. Ich sah in Hinatas friedliches Gesicht, doch Bilder von der blutigen Masse, als die ich es zuletzt erlebt hatte, blitzten aus meinem Unterbewusstsein hervor, sodass ich mich rasch abwandte.

Nochmal streifte ich den Blick des Clanoberhauptes, der mich hochmütig und hasserfüllt anstarrte, offensichtlich nur zurückgehalten von der sanften Belehrung seines Neffen. „Du weißt, dass ich Recht habe, und das ganze Dorf weiß es auch. Du solltest es sein, der hier liegt… Aber niemand würde um dich trauern.“

Ich sah Hiashi ausdruckslos an. „Sie sind ein bitterer, trauriger Mann… Ich hoffe, Sie werden das eines Tages überwinden und Ihren Frieden finden.“, sagte ich und wandte mich ab, nachdem ich Neji und Tenten, die irgendwann in den letzten Minuten aufgetaucht sein musste, zugenickt hatte.
 

„Ist die Totenwache schon vorbei?“ Sasuke blickte milde überrascht von seinem Buch zu mir herüber.

„Nein.“ Ich hielt die Sakeflasche in meiner Hand hoch. „Ich brauch einen Drink. Kommst du?“

Ohne weitere Fragen zu stellen stand er auf und folgte mir in den frühen Abend, der so viel voller war als der Morgen. Ähnlich meinen Gefühlen rannten alle Menschen wild durcheinander, niemand konnte etwas aufhalten oder überblicken. Sasuke und ich kamen mir vor wie eine kleine Insel im Chaos, ein Fremdkörper im Blutkreislauf der Stadt. Obwohl ich mich meinem Freund als einzigem verbunden fühlte, konnte ich ihn gerade nicht berühren. Sogar mein Rucksack, meine Kleidung, fühlte sich falsch an. Alles war falsch. So falsch, so unwirklich.

Da ich das Dorf mit meinem Freund nicht verlassen durfte, ging ich in einen der Parks. Allerdings war der so voll, dass ich ihn bald wieder verließ. Sasuke lief mir nach, ohne sich zu meiner Orientierungslosigkeit zu äußern, er war einfach da, damit ich nicht alleine war, und dafür war ich ihm unendlich dankbar. Zögernd schlug ich eine neue Richtung ein, aber an meinem Ziel würden wir hundertprozentig alleine sein.

Das Uchiha-Viertel.

Als wir vor dem mit modrigen Holzlatten verbarrikadierten Tor standen, blieb ich stehen, um Sasukes Reaktion zu sehen. Sein Blick war leer; Der Gesichtsausdruck, den er zeigte, wenn er nicht zugeben wollte, wie sehr ihn etwas traf. Ich hatte ihn mehrmals gefragt, ob er hierher kommen wollte, doch er hatte immer nein gesagt. Jetzt stellte ich ihn vor vollendete Tatsachen, das half bei ihm manchmal.

„Möchtest du rein?“, fragte ich vorsichtig.

„Die Frage ist eher, ob du das möchtest.“, erwiderte er beherrscht.

Er hatte schon Recht; Wollte ich mich wirklich in einer Geisterstadt vor einem Geist verstecken? Aber vielleicht waren die Uchiha stärker als Hinata, sodass sie mich erstmal in Ruhe ließe. Mit einem wahrscheinlich nicht sonderlich überzeugenden Lächeln griff ich unter dem Holzverschlag durch; Von meinem letzten Besuch wusste ich, dass offen war. Das große Tor öffnete sich knarrend und ich ergriff Sasukes Hand, als ich mich unter einem Holzbrett durchzwängte, um auf die Hauptstraße des Viertels zu gelangen. Am Tag war es eindeutig weniger gruselig sondern mehr traurig und ich warf meinem Freund einen besorgten Blick zu. Der schien alles mit mildem Interesse wahrzunehmen, gerade so, als beträte er zum ersten Mal die Wohnung eines Bekannten.

Ich wusste nicht, ob ich ihm das glaubte.

Gemeinsam liefen wir über die verfallenen Straßen, an einsturzgefährdeten Häusern vorbei, bis wir am Haus von Sasukes Familie ankamen. Ohne ihn loszulassen öffnete ich die Tür, die sich nur widerstrebend bewegte. Drinnen war es still und verdammt warm; Die Sonne strahlte durch die teilweise zerbrochenen Fenster herein, ließ den Staub, den unsere Schritte aufwirbelten, im Licht tanzen. Vor einer der Türen hing noch gelbes Absperrband. Es musste der Raum sein, in dem das Massaker begonnen hatte. In dem Sasuke seine toten Eltern vorfand…

Seine Schritte wurden langsamer, doch ich verstärkte den Griff um seine Hand und zog ihn weiter. „Nein.“, flüsterte ich. Nur, um meine Geister zu betäuben, würde ich seine nicht hervorrufen. Aber was tat ich dann hier? Mit einem Schlag bekam ich ein schlechtes Gewissen. „Sollen wir nicht doch…?“

„Du sucht hier etwas. Bis du es gefunden hast, bleiben wir.“

„Glaubst du? Und was soll das sein?“, fragte ich skeptisch und folgte ihm, als Sasuke plötzlich die Führung übernahm.

„Das wissen wir, wenn du es findest.“ Er zog mit einem Ruck eine klemmende Schiebetür auf, die zu einem verwilderten Innengarten führte, um den sich eine Terrasse zog. Auf dem modrigen Überdach hatte eine schmale Linde Wurzeln geschlagen, die sich im sanften Abendwind wiegte. Der Geruch von Sonne und Natur schlug mir entgegen und ich schloss für einen Moment die Augen.

„Wow. Das sah bestimmt mal toll aus.“, lobte ich und trat prüfend ein paar Schritte auf dem Holz vorwärts. Es schien noch tragfähig zu sein.

„Meine Mutter hat sich darum gekümmert.“

„Hätte jetzt auch nicht gedacht, dass dein Vater einen grünen Daumen hatte.“, grinste ich und setzte mich an den Rand der Terrasse. Meine Beine, die über den Rand hingen, steckten bis zu den Knien in hohem Gras.

Sasuke nahm neben mir Platz, den Rücken an die hölzerne Balustrade gelehnt. „Wieso?“

„Weiß nicht. Was man so hört…“ Ich zuckte die Schultern. „Hatte er denn einen?“

Sasuke lächelte. „Nein.“

„Was machst du dann so ein Aufhebens darum?“, lachte ich und stieß ihn gegen das Knie. Ich öffnete meinen Rucksack und zog eine Sakeflasche heraus, die ich mit einem großzügigen Schluck einweihte, dann reichte ich sie Sasuke. Wir schwiegen eine ganze Weile, in der ich dem Wind dabei zusah, wie er Gras und Blätter nach seinem Gutdünken beugte und streckte. So willkürlich…

„Man hat mich rausgeschmissen. Von der Trauerfeier, meine ich.“, erklärte ich völlig unvermittelt.

„So?“

„Sie sagten, ich sei nicht erwünscht und ich hätte Hinatas Ehre beschmutzt. Hiashi sagte sogar, ich sei schuld an ihrem Tod und…“ Ich schluckte, weil mich das nach wie vor traf. „Ich sei ein Monster.“

Sasukes Blick verdüsterte sich. „Du weißt, dass es nicht so ist.“

„Aber du weißt, was passiert ist. Was ich sogar dir angetan habe, obwohl…“ Erneut hielt ich inne, diesmal, weil er sowieso wusste, was ich für ihn empfand. Ich nahm die Flasche und trank wieder. „Vielleicht wäre es wirklich besser für das Dorf, wenn ich ginge.“

„Nein.“ Ich sah ihn erstaunt an, weil das mit so viel Nachdruck kam, doch er drehte das Gesicht weg. „Weglaufen ist nicht dien Ding, darüber haben wir doch schon gesprochen.“

„Stimmt. Aber was soll ich sonst machen? Ich fühle mich so… Ausgepumpt, seit Hinata… Seit es passiert ist. Alles ist leer, bis es dann wieder weh tut – So heftig und unvorbereitet, dass ich am liebsten tot wäre… Geht es dir auch so?“

„Jedes Mal, wenn du gehst.“

Ich starrte ihn an. Eigentlich hatte ich auf seine Familie angespielt. Und eigentlich hatte ich mit Verneinung gerechnet, wenn überhaupt mit einem spöttischen Kommentar. Mit tröstenden Worten, dass es bald nicht mehr weh täte, oder mit distanzierten Worten, die unterschwellig meine Bindung zu Hinata kritisierten. Mit vielem, aber nicht mit einer Liebeserklärung.

Als ich mich gefangen hatte, rutschte ich zu ihm und berührte seine Wange. „Ich bleibe bei dir, das hab ich dir doch schon gesagt. Du brauchst keine Angst haben.“

„Du sagst, dass du sterben willst, und ich soll mir keine Sorgen machen?“, schnaubte Sasuke herablassend.

Ich kniff ihm in die Backe. „Ich hätte nicht mal gedacht, dass du dir überhaupt Sorgen machen kannst.“ Erst grinste ich, doch dann wurde mein Gesichtsausdruck wieder sanft. „Mir passiert schon nichts. Klar, im Moment geht es mir nicht so gut, aber ich schaff das, und ich tu mir schon nichts an.“

„Dann lass es ruhen. Such nicht nach dem Mörder.“

„Es tut mir leid, aber ich muss herausfinden, wer ihr das angetan hat. Aber nicht, weil ich dich verlassen will, sondern… Ich glaube, ich bin es ihr schuldig.“

„Du schuldest niemandem etwas.“

„Doch. Hinata hat mir das Leben gerettet, trotz allem, was ich ihr angetan habe. Ich werde denjenigen finden, der sie so zugerichtet hat.“

Sasuke wandte das Gesicht ab, um wieder in den Garten zu schauen, wodurch er sich meiner Berührung entzog. Schlaff sackte meine Hand zu Boden. „Du willst sie rächen.“

Ich zuckte zusammen; In seinem Kontext war Rache so ein verdammt starkes Wort. „Ich will, dass er bestraft wird, ja. Aber nicht von mir. Ich könnte nicht darüber richten. Gefühle machen einen unfähig dazu.“

„Gefühle ermöglichen einem Menschen überhaupt erst, ein Urteil zu fällen.“, widersprach er und trank noch etwas, ehe er mir die Flasche zurückgab.

„Aber das macht einen doch parteiisch. Wenn du jemanden liebst, wirst du immer härter über seine Feinde urteilen als bei jemanden, den du nicht kennst. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich denjenigen fände, der…“ Meine Kehle schnürte sich zu, weshalb ich noch einen Schluck nahm, um sie frei zu bekommen. Und vielleicht auch, um nicht über das absolute Fehlen von Empathie, das Sasuke gerade zeigte, nachdenken zu müssen. „Der sie getötet hat. Ich habe im letzten Monat zu oft die Kontrolle verloren, um mir zu trauen. Ich will kein Monster sein, Sasuke…“

„Wir sind parteiisch, weil jeder die Welt anders erlebt.“, erklärte mein Freund. Er stand auf, um durch das hohe Gras zu schlendern. Vor einem der Bäume blieb er stehen und pflückte ein Blatt, das er dann zwischen den Fingern wirbeln ließ. „Du solltest das alles nicht so an dich ranlassen.“

„Das kann ich nicht und ich will auch nicht. Das wäre, als würde ich Hinata verleugnen, obwohl sie ein wichtiger Teil meines Lebens ist.“

„War.“, fauchte Sasuke erstaunlich heftig und fuhr herum. Seine Augen waren aufgerissen, jeder Muskel an seinem Körper angespannt. Das Blatt lag zerquetscht in seiner Hand. „Sie WAR ein Teil deines Lebens und es macht sie auch nicht wieder lebendig, wenn du verbal ihren Tod übergehst.“ Seine Körperspannung, diese Abwehrhaltung, ließ langsam nach. Er ließ das Blatt fallen, kam auf mich zu, strich mir durch das Haar und ich lehnte vertrauensvoll die Stirn an seinen Bauch. Sonst wäre ich sicher sauer, aber dazu fehlte mir jetzt die Kraft. Ich wollte mir hier nur mit Sasuke betrinken und dann in seinen Armen einschlafen.

„Du musst es akzeptieren.“, hauchte er nach einem langen Schweigen.

„Ich weiß.“, erwiderte ich gequält und krallte die Finger in sein Shirt. „Aber noch nicht jetzt. Nicht, bis das Schwein, das ihr das angetan hat, seine gerechte Strafe erfahren hat.“

Eine Weile sagten wir nichts, dann spürte ich, wie er tief Luft holte, sich seinem Schicksal ergab. „In Ordnung.“, gab er mir seine Erlaubnis, wofür ich dankbar war, obwohl ich nicht mal gewusst hatte, dass wir deshalb diskutierten. Als er einen Schritt von mir weg machte, fragte ich mich, ob wirklich ´Alles in Ordnung` war. „Aber steiger dich nicht wieder so in die Sache hinein. Diesmal ist niemand da, der deine Scherben aufsammelt.“
 

Es war spät, als ich mich auf den Weg zur Pathologie machte, ein langer Tag lag hinter mir – Und er war noch nicht vorbei. Unterwegs grübelte ich über Saskues Worte, die mir irgendwie merkwürdig vorkamen, obwohl ich nicht genau hätte sagen können, wieso. Wie immer war er abgeklärt gewesen angesichts meines Verlustes, meines Weltschmerzes. Er hatte darauf mit einer Logik reagiert, die man schon nicht mehr nüchtern nennen konnte, sondern kalt. Ganz egal, ob er sie gerne hatte oder nicht, Hinata, jemand, den er schon sein Leben lang kannte, war tot. Das belastete normalerweise doch jeden.

Sasuke dagegen hatte mir nur gesagt, ich solle mich mehr zusammenreißen als in meinem letzten Fall. Meinte er die Michelangelo-Sache, auf die ich emotional so heftig reagiert hatte? Wie kam er jetzt wieder darauf? Das mit Hinata war doch etwas völlig anderes… Oder vermutete er einen Zusammenhang? Ich würde ihn am nächsten Tag fragen müssen.

Jetzt musste ich mich erstmal auf meine alten Freunde aus der Pathologie konzentrieren, die nicht sehr erfreut über mein Auftauchen wirkten – Allerdings auch nicht übermäßig überrascht. Der Abteilungsleiter – Er hieß irgendwas mit Ring, glaubte ich – Begrüßte mich: „Hokage-sama meinte schon, dass du wohl kommen würdest.“

„Hat sie verboten, dass ich ermittle?“, fragte ich und machte mich schon darauf gefasst, betteln zu müssen, doch Ringel… Ringfinger… Ring-Was-Auch-Immer schüttelte den Kopf.

„Sie sagte, wir könnten mit dir reden. Allerdings habe ich, wie du sicher weißt, keine Leiche mehr. Die Hyuuga haben sie uns nicht lange gelassen.“, erklärte er betrübt.

„Tut mir… Leid?“ Ich wusste nicht, was ich von seiner Miesere halten sollte, und war nach wie vor abgelenkt von den Überlegungen zu seinem Namen. Ringe? Ringelnatter? Damit wollte ich mich aber wohl nur von dem Grund meiner Anwesenheit ablenken. „Aber Sie haben doch sicher Berichte?“

„Sicher. Komm“. Er führte mich durch einen Flur in ein kleines Büro, in dem die bebrillte Assistentin saß, die damals Shikamaru so angehimmelt hatte. Wenn sie wüsste, dass er bald Vater würde… „Bring mir die Berichte zu Hinata Hyuuga.“, gebot der Pathologieleiter, woraufhin seine Angestellte zu wuseln begann. Am Ende war das wohlsortierte Büro ein Chaos, aber Ringelblume hatte seinen Bericht.

Er seufzte, wohl über seine etwas schusselige Assistentin, bat mich dann aber in sein Büro. Dieses war schlicht und spießig mit braunen Regalen, einem grünen Plastiktisch und abstrakten Gemälden eingerichtet, die ich abscheulich fand. Als ich Platz nahm, entdeckte ich ein kleines Schild auf dem Tisch und stieß „Ringa!“, wie ein Jubelschrei hervor und wurde rot unter seinem Blick. „Äh, ich meine, was können Sie mir zum Zustand von Hinatas… Körper sagen, Herr Ringa?“ Ich konnte nicht Leiche sagen, meine Zunge weigerte sich einfach, die Silben zu formen.

Mit einem Blick, der sich fragte, ob er nur von Bekloppten umgeben war, fing der Autopsieleiter zu berichten an: „An ihrem Körper waren überall Spuren von Gewalteinwirkung. Sie hat offensichtlich um ihr Leben gekämpft, aber keine Chance gehabt. Den Prellungen nach zu urteilen hat sie mit einem gut trainierten Mann gerungen. Sie war selbst natürlich noch geschwächt, daher…“ In einer kurzen Pause räusperte er sich unbehaglich; Offenbar wusste er nicht, wie detailliert er werden konnte, ohne meine Gefühle zu verletzten. „Wie dem auch sei. Abgesehen von den Prellungen hatte man ihre Brust mir enormer Hitze geöffnet. Das Fleisch rund um die Wunde war verbrannt und das Herz… Nun, du hast die Tote gesehen. Ihre Augen waren ebenfalls entfernt, wobei es erstaunlich ist, dass der Mörder sie nicht mitgenommen hat – Immerhin hatte sie ein machtvolles Kekkai Genkai.“

Dafür hatte er das Herz gestohlen und es, noch auffälliger, vor meine Wohnungstür gelegt. Das musste einen Grund haben, ein Zeichen sein, aber wofür? Die ganze Stadt wusste, dass ich mit Sasuke zusammen war, wenn es jemand auf mich abgesehen hatte, wäre er das logischere Opfer gewesen – Wobei mir bei dem bloßen Gedanken, Sasuke hätte tot auf dem Plateau liegen können, speiübel wurde. Ich musste ihn beschützen, koste es, was es wolle.

Nur vor wem?

Wer hatte das Zeichen gelegt, was bedeutete es und wie konnte ich weitere Taten dieser Art verhindern?

Zeichen. Zeichen… Irgendetwas an dem Wort kratzte an meinem Unterbewusstsein, doch je mehr ich darüber nachdachte, desto schwammiger wurde der Gedanke. Noch dazu bekam ich plötzlich heftige Kopfschmerzen, bestimmt wegen den Chemikalien hier.

„Danke, das war sehr hilfreich.“, sagte ich, das Gespräch langsam zu einem Ende führend. „Haben Sie noch andere Details bemerkt, Herr Ringa?“

„Ich fürchte, mehr kann ich dir nicht geben.“, antwortete er bedauernd und erhob sich. „Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Suche und… Mein Beileid.“

Ich war erstaunt – Das hatte mir noch niemand gewünscht – Nickte aber dankbar. „Ich werde denjenigen finden, der das getan hat.“

„Das hoffe ich. Ach ja, aber bevor du das tust könntest du mir noch einen Gefallen tun.“ Er ging zu einem seiner Schränke und zog eine Mappe hervor, die er mir hinhielt. „Du warst doch mit dem Serienmörder betraut und hast dann mit dem ANBU-Team zusammengearbeitet, das sich jetzt darum kümmert, oder? Kannst du ihnen das hier geben?“ Ich war nicht begeistert, nahm die Mappe allerdings trotzdem entgegen, wofür ich mit einem Lächeln seinerseits belohnt wurde. „Sehr gut. Es geht um den Luchs, der Ende letzten Jahres umgebracht wurde, erinnerst du dich?“

„Der vertraute Geist? Was ist mit ihr?“

„Im Zuge des Chaos, das in den folgenden Monaten hier geherrscht hat, ist die Mappe wohl irgendwie untergegangen und ich habe sie letztens wieder entdeckt. Sie enthält den Autopsiebericht und andere Angaben. Ist wirklich seltsam…“

„Wieso?“, fragte ich, während ich beiläufig durch die Seiten blätterte, ohne gezielt etwas zu lesen.

„Nun, Ruki – So hieß sie ja – Wurde vergiftet, falls du dich erinnerst. Wir haben herausgefunden, dass es Schlangengift war, das einer Sandrasselotter, um genau zu sein.“

„Ok… Und was ist daran jetzt so außergewöhnlich? Sie lag in einer Tierklinik, da gibt es bestimmt auch Schlangen.“

„Der Luchs war ein Kronzeuge – Du glaubst doch nicht, dass das alles Zufall ist? Aber du kannst ja prüfen, ob in der betreffenden Nacht eine der Vipern ausgebrochen ist. Das ist eine der giftigsten Schlangen Asiens, es wäre aufgefallen, wenn eine frei unterwegs gewesen wäre… Zumal es wie gesagt Nacht war, als der Geist starb. Die meisten Schlangen bewegen sich da eher wenig, weil es kalt ist – Vor allem im November.“

„Ok, gut, ich werde es weiterreichen.“, erwiderte ich beschwichtigend auf den Wortschwall hin, der mir schon wieder Kopfschmerzen verursachte. Verdammtes Chemiezeug… Ich verabschiedete mich so schnell es die Höflichkeit zuließ und dachte weiter über Ringas Worte nach.

Schlangengift, huh? Ich wusste nicht, was das jetzt, ein halbes Jahr später, noch bringen sollte, trotzdem beschlich mich erneut das Gefühl, einen Zusammenhang übersehen zu haben. Wenn ich nur nicht ständig solche Kopfschmerzen gehabt hätte! Es war fast wie…

Ich weitete die Augen.

Es war fast wie damals, als ich nach dem Überfall auf Gaara im Krankenhaus aufgebacht war!
 

~.~
 

Hallo ihr Lieben :D
 

Ich hoffe, ihr seid stolz auf mich dafür, dass es diesmal verhältnismäßig schnell ging - Allerdings ist das Kapitel auch nicht halb so lang wie Antidot, also ist das wohl verständlich. xD

Ich hab mich über Beerdigungen in Japan informiert, bin aber extra nicht zu detailliert darauf eingegangen, weil es natürlich keinen Erlebnisbericht oder so gibt und ich nichts falsches schreiben wollte... Ich hoffe, es ist ok so. <.< Insgesamt wird in dem Kapitel recht viel geredet und ich muss sagen, dass ich auf Tsunades Ansprache sogar ein bisschen stolz bin xD

Ich hoffe jedenfalls, ihr hattet Spaß! :3
 

Im nächsten Kapitel geht Naruto seinem aufkeimenden Verdacht nach, stößt dabei jedoch auf Wiederstand von mehreren Seiten... Außerdem gibt es noch ein Mal sexy Time mit den beiden Herren - Freut euch xD
 

- Edit -
 

Tut mir leid wegen dem Doppel-Upload, aber mit hat einiges einfach nicht gefallen, bzw hat es für mich keinen Zusammenhang gehabt… Nun ja :D° Das nächste Kapitel ist natürlich schon in Arbeit und bald fertig, dann nähern wir uns mit großen Schritten dem Ende…
 

lG

Unreason

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Trust


 

~ Once I ran to you,

Now I´ll run from you.

This tainted Love you´re giving…

I gave you all a Boy could give you.

Take my Tears and that´s not nearly all.

(Tainted Love, Marilyn Manson)
 

Sasukes nicht nachvollziehbares Verhalten nervte mich enorm. Für nichts und wieder nichts hatten wir jetzt eine halbe Stunde diskutiert? Wenn er jedes Mal, sobald ich die Wohnung verlassen wollte, so ein Theater machte, würde ich noch durchdrehen.

Aber das war ich ja ihm und Sakura zufolge schon – Und auch Tsunade hielt mich für bekloppt, wenn Sasuke Recht hatte. Mir war es ganz Recht, nicht arbeiten zu müssen, denn so hatte ich Zeit für Hinatas Fall, aber bisher hatte ich geglaubt, im Sinne der Hokage zu ermitteln. Scheinbar hatte ich mich geirrt.

Plötzlich fühlte ich mich sehr einsam und am liebsten wäre ich zurück zu Sasuke gegangen, um mich zu entschuldigen. Wahrscheinlich hatten sie alle Recht… Und doch konnte ich jetzt nicht umkehren. Außerdem hatte ich trotz meiner Wut ein schlechtes Gewissen, ihm nicht zu gehorchen. Er hatte sicher einen Anlass für seine Bedenken – Ich spürte, dass es einen Grund gab. Ich war einfach nur zu feige, ihm zuzuhören.

Ohne bestimmtes Ziel lief ich in der Nähe des Hokage-Plateaus herum. Es war zwar unwahrscheinlich, aber immerhin hatte ich schon einen der gut versteckten Eingänge gefunden, vielleicht hatte ich noch mal so viel Glück. Als ich bei meiner Suche jedoch in die direkte Nähe des inzwischen wieder freigegebenen Platzes kam, an dem Hinata gefunden worden war, konnte ich nicht weiter laufen. Eine unbestimmte Kälte kroch durch meinen Körper und ich schauderte trotz der sommerlichen Temperaturen, als ich den letzten Aufräumarbeiten zusah. Mein Ausraster hatte nicht nur viel Arbeit verursacht, sondern wahrscheinlich auch die meisten Beweise vernichtet. Ich wusste kaum noch etwas, das an dem Tag passiert war und auch die folgenden Tage waren wie auf einer beschädigten Festplatte gespeichert, bruchstückhaft und verwirrend. Und alles Reden mit Therapeuten hatte nichts gebracht, ich war immer noch so unendlich wütend, wenn ich daran dachte, was mit Hinata passiert war…

Ich musste damit abschließen.

Und dafür musste ich den Mörder finden. Aber dazu war ich offensichtlich alleine nicht fähig und meine Freunde wollten mir nicht beistehen. Ich dachte an das, was Sasuke über Tsunade gesagt hatte; Sie wollte mich beschäftigt wissen. Vielleicht könnte ich sie überzeugen, mir einen Spielkameraden zuzugestehen, ein Helferlein für meine ihrer Meinung nach sinnlosen Untersuchungen. Eines der Kinder wäre schon hilfreich. Mit diesem Gedanken machte ich mich auf den Weg zu ihrem Büro und stellte fest, dass im ganzen Turm Aufregung herrschte. Auf dem Flur traf ich Kakashi, der scheinbar in dieselbe Richtung wie ich unterwegs und besorgt war.

„Was ist denn los?“, fragte ich, als eine ganze Gruppe Shinobi an uns vorbeilief.

„Ein Kollege ist tot aufgefunden worden. Es gab offenbar wieder eine Blutnachricht.“, fügte er hinzu, dann ließ er den Blick über mich gleiten, als würde er sich fragen, was ich trotz meiner Beurlaubung hier trieb. „Und was hast du vor?“

„Ich wollte Tsunade um etwas bitten… Aber das ist nicht so wichtig.“, lenkte ich ein wenig kleinlaut ein, weil mein Anliegen mir plötzlich albern vorkam. Außerdem hatte die Hokage sicher niemanden übrig, der mit mir verstecken spielen konnte.

Kakashi Gesichtsausdruck machte deutlich, dass er wusste, dass ich nicht alles sagte, aber er schwieg – Eine seiner besten Eigenschaften - Und wir kamen endlich bei Tsunades Büro an. Davor herrschte noch mehr Aufregung als auf den Fluren, aber mein ehemaliger Lehrer schlenderte unbeeindruckt in das Zimmer.

Die Hokage instruierte gerade Kollegen, weshalb wir mehr oder weniger geduldig warten mussten bis sie sich an uns wandte: „Da bist du endlich, Kakashi… Und Naruto.“, fügte sie mit einem fragenden Blick auf mich hinzu.

„Ich habe ihn auf dem Weg getroffen und er wollte sowieso zu dir.“, erklärte Kakashi schulterzuckend. Wenigstens einer der nicht glaubte, ich sei verrückt geworden, dachte ich dankbar.

„Mhm… Was kann ich für dich tun?“, fragte unsere Vorgesetzte in dem offensichtlichen Versuch, mich aus Kakashis Fall herauszuhalten.

„Ich...“, fing ich zögernd an, überlegte es mir im gleichen Moment anders. Vielleicht konnte ich Tsunades eigene Technik für mich arbeiten lassen. „Ich möchte wieder arbeiten, Baa-chan. Zu Hause sitze ich nur rum und grüble über düsteres Zeug und komme auf dumme Ideen. Die anderen machen sich schon Sorgen und vielleicht haben sie Recht damit.“

Sie runzelte die Stirn, Vielleicht roch sie den Braten, aber offenbar sie keinen Einwand und stimmte schließlich zu: „Gut. In ein paar Tagen kannst du deinen Auftrag abholen. Aber erwarte nichts zu großes. Und wehe, du beschwerst dich.“

„Und bis dahin?“, ließ ich nicht locker, was sie verärgerte.

Bevor sie etwas sagen konnte, meinte Kakashi: „Er kann doch mit mir kommen.“ Sein Blick lag auf mir und ich meinte, ein amüsiertes Funkeln war darin zu erahnen. Er wusste, was ich vorhatte. „Es ist nur ein bisschen Ermittlungsarbeit, ist doch gut zum Aufwärmen.“

Obwohl sie meinen Verdacht nicht kannte, wirkte Tsunade alles andere als begeistert. „Ruh dich noch aus. Du hast viel erlebt und dein Psychologe sagt, du seist noch zu sehr darauf fixiert.“

„Fallen meine Gespräche mit ihm nicht unter die ärztliche Schweigepflicht, Hokage-sama?“, fragte ich gelassen, weil ich ja schon wusste, dass sie mich ausspionierte.

„Nicht, solange du eine Gefahr für das Dorf bist.“, fuhr sie mich an und knallte mit der Hanf auf den Tisch, dass ein paar Aktenstapel ins Wanken gerieten.

Kakashi fing die Papiere und schob sie zurecht, bevor sie sich im ganzen Raum verteilen konnten. „Die Arbeit wird ihn ablenken.“, erklärte er sanft. „Und ich werde auf Narutos Wohl achten.“

Eine ganze Weile fixierten die beiden sich, dann seufzte Tsunade entnervt. „Also gut. Aber lass ihn nicht aus den Augen.“

„Sicher.“, versprach Kakashi mit einer Verbeugung, dann verließen wir gemeinsam das Büro.

„Du glaubst mir also?“, fragte ich ziemlich überrascht.

Mein Lehrer zuckte die Schultern und schob die Hände in seine Hosentaschen. „Ich weiß nicht. Aber dieser Irre ist schon zu lange auf freiem Fuß, um irgendeine Theorie einfach so abzutun. Was logisch war, haben wir schon untersucht und nichts gefunden. Jetzt müssen wir es mit dem Unwahrscheinlichen versuchen und hoffen, dass wir mehr Erfolg haben. Sonst, fürchte ich, hat die Stadt ihren neuen Herren gefunden.“

„Nur über meine Leiche.“, knurrte ich in dem grimmigen Bewusstsein, dass es keine hohle Phrase war.

Der Tatort, an dem wir einige Zeit später eintrafen, war gut besucht; Die Spurensicherung war noch in vollem Gange, während andere Kollegen wichtig aussehende Gespräche führten. Sie nickten Kakashi zu und musterten mich skeptisch.

„Hab ich was im Gesicht?“, fuhr ich einen besonders dreist Starrenden an, der stumm den Kopf schüttelte und sich aus dem Staub machte.

„Ganz ruhig.“, mahnte Kakashi gelassen. „Man sieht halt nicht so oft einen Verrückten frei herumlaufen, da sind sie neugierig.“

„Haha.“, schnaubte ich, doch dann lachte ich wirklich. Seit wann kümmerte es mich, was die Leute dachten?

Kakashi lächelte nur und trat auf einen älteren Mann zu, wohl der Chef der Spurensicherung. „Habt ihr schon was?“, wollte mein ehemaliger Lehrer wissen, nachdem er mich als seinen Gehilfen vorgestellt hatte.

„Seht euch ruhig um. Ihr wisst ja, wie das läuft; Nichts anfassen, alles dokumentieren, Bürokratie blabla.“, erklärte der Mann mit einer wegwerfenden Handbewegung. Er hatte sich als Roku vorgestellt.

„Mhm… Wo ist der Tote?“, fragte Kakashi, da es hier zwar wie ein Schlachtfeld aussah, jedoch kein Opfer herumlag. Der kleine Platz war der äußere zweier kreisförmig angeordneter Häuserreihen. Die brüchigen Fenster der Lagerhallen grinsten wie höhnische Münder zu uns herab, als unser Guide uns in eine kleine Gasse zwischen den Gebäuden führte, auf den zuvor der Blick durch einige Bäume versperrt gewesen war. Jetzt, wo ich in dem Durchgang stand, blieb mir die Luft weg, so oft ich ähnliche Gräuel in den letzten Monaten auch gesehen hatte.

Das Opfer war mit zwei Shuriken in den Handflächen an die Wand geheftet, die Arme so weit ausgestreckt, dass er wie gekreuzigt aussah. Der Kopf hing schlaff herab, aber als ich zögernd näher trat, sah ich die weit aufgeschnittenen Mundwinkel, die dem Toten ein fratzenhaftes, abscheuliches Grinsen ins Gesicht zeichneten. Über seinem Kopf, zwischen den ausgebreiteten Armen stand in blutigen Buchstaben: „Fang mich doch.“

Ich zuckte zusammen, als Kakashis Stimme mich aus meiner Starre riss. „Und? An was erinnert dich das?“

„An den Joker aus Batman.“, grinste ich in einem verzweifelten Versuch von Galgenhumor, dann senkte ich den Blick. Kakashi wusste wahrscheinlich mehr von meinen Ermittlungen und Vermutungen, als er offenbart hatte und er hatte gesagt, er hielte mich nicht für verrückt… Ich beschloss, ihn ins Vertrauen zu ziehen. „Ich glaube, es ist eine Herausforderung an mich. Ich glaube, wenn ich diesen… Wahnsinnigen nicht finde, wird er weiter töten – In meinem Namen. Das kann ich nicht verantworten. Schau doch – Er lacht mich aus!“, zischte ich und deutete auf das Grinsen im Gesicht des Toten.

Kakashi legte die Hand auf meine Schulter. „Bleib ruhig. Ich weiß, du hast viel erlebt und willst nicht noch mehr Menschen verlieren, aber du darfst dich davon nicht fehlleiten lassen. Du weißt nicht, ob das hier wirklich mit deinem Fall zu tun hat.“

„Und warum hast du mich dann mitgenommen?“, fragte ich enttäuscht, worüber er lächelte.

„Weil wir auch nicht wissen, ob es nicht so ist. Hast du eine Idee, wie das hier mit den Serienmorden zusammenhängen könnte?“

„Hm, na ja, die Art der Tat sieht sehr ähnlich aus und dann noch das Blut an der Wand. Und vielleicht…“, murmelte ich, dann weitete ich die Augen und lief auf den kleinen Grünstreifen mit den Bäumen zu.

Kakashi und Roku folgten mir, nachdem sie sich schräge Blicke zugeworfen hatten. „Sakura sagte, dass du das in letzter Zeit zu tun pflegst…“, kommentierte mein ehemaliger Lehrer mein Gekrabbel am Boden. „Und sie hat Recht: Es ist seltsam.“

„Nein, ihr versteht nicht.“, stöhnte ich, den Kopf in einem Busch. „Hier muss irgendwo ein Gullideckel sein oder eine Falltür…“

„Ein Gullideckel? Natürlich gibt es die hier – So wie überall in der Stadt.“, spöttelte der Spurensicherungsleiter.

„Der hier ist anders.“, erklärte ich, ohne meine Suche zu unterbrechen. „Ein Fächer ist darauf. Das Zeichen der Uchiha.“

„Du meinst die Tunnel? Aber keiner hätte sich da unten zurechtfinden können.“, wiedersprach Kakashi. Dann, nach einem Zögern, fuhr er fort: „Außer einem Uchiha.“

Jetzt war ich es, der ihm einen schrägen Blick zuwarf, bevor ich weiter ins Unterholz krabbelte. „Davon gibt es aber keine.“

„Einen schon.“, sagte er leise.

Mit einem Ruck war ich auf den Beinen, das Gestrüpp ignorierend, das sich dabei in meinen Haaren verfing. „Was willst du damit andeuten? Sasuke war die ganze Zeit bei mir, so, wie Tsunade das will. Und überhaupt… Das ist lächerlich! Du kennst ihn doch!“

„Ja, das tue ich.“ In Kakashis Blick lag Zurückhaltung, aber auch Misstrauen. „Und ich deute nichts an. Ich sage nur, dass wir nicht wissen, wie es war – Aber eben auch nicht, wie es nicht war.“

„Das… Ich… Sasuke hat nichts damit zu tun!“, stammelte ich außer mir. Wie konnte er sowas nur sagen!

„Wenn ihr zwei aufhören würdet, eure Beziehungstipps auszutauschen, hätte ich hier glaube ich etwas, das euch interessieren könnte.“, unterbrach Roku uns.

Ich warf Kakashi einen wütenden Blick zu, dann lief ich zu dem Beamten, der einen ausgezeichneten Job gemacht hatte; Er kniete vor einem Stein, auf den winzig klein das Uchiha-Wappen gemeißelt worden war. Das Emblem half mir nicht unbedingt in meiner Argumentation für Sasuke, aber das ignorierte ich für den Moment. Roku hatte den Stein verrückt und ich sah gerade noch, wie eine Platte sich verschob und einen Tunnel freigab.

„Hah – Ich hab´s euch doch gesagt!“, rief ich triumphierend.

Kakashi beugte sich über den schwarzen Tunnelschlund, der ihm seinen Grabeshauch ins Gesicht blies. „Mhm… Nur beweist das nichts. Wir werden hier ebenfalls deine Leute brauchen, Roku. Vielen Dank für die Hilfe.“

„Ich versteh dich echt nicht.“, schmollte ich, als der Spurensicherungsmann gegangen war und wir uns auf den Weg zu den Angehörigen des Toten machten. „Glaubst du mir jetzt oder nicht?“

„Weder das eine noch das andere.“, antwortete er mit einem unter dem Tuch kaum sichtbaren Lächeln.
 

Nach einigen Zeugenbefragungen könnten Kakashi und ich uns ein spätes Abendessen bei Ichirakus. Ich stocherte unzufrieden in meinen Nudeln herum, was natürlich auffiel.

„Bist du krank?“, fragte Kakashi. „Als ich dich das letzte Mal so habe essen sehen, hattest du die Grippe.“

„Ne, das ist es diesmal glaub ich nicht.“, lachte ich und schob mir eine Portion Nudeln in den Mund. „Nur sind wir heute irgendwie nicht weitergekommen. Ich hab meine Zeit verschwendet.“

„Ach ja? Und das, obwohl wir dank dir den Eingang gefunden haben. Ich werde Tsunade bitten, die Wachen zu verstärken.“

„Aber es ist unmöglich, alle Tunnel zu überwachen. Und überhaupt, wir kennen ja noch nicht mal alle Ausgänge. Ganz davon abgesehen, dass Michelangelo Shinobi jagt. Jemand vor die Tunnel zu postieren ist, als würde man mit einer toten Maus vor einem Schlangenloch wedeln.“

„Ja, und vielleicht können wir die Schlange fangen, wenn sie den Kopf rausstreckt. Zuerst sollten wir überlegen, was es überhaupt für eine Schlange ist.“ Er holte einen zerknitterten Zettel aus der Westentasche und strich ihn auf der Theke glatt. „Was du schon sagtest, war ein guter Ansatz: Er jagt Shinobi. Was wissen wir noch?“

„Na ja, wegen der Art, auf die er tötet, haben wir gedacht, es müsste ein Kollege sein.“, antwortete ich nach kurzem Zögern. „Außerdem haben einige Zeugen Erinnerungslücken, die ehr nach einem Genjutsu klingen.“

Kakashi nickte. „Stimmt, könnte sein. Dafür spräche auch, dass der Täter während des ganzen Krieges inaktiv war. Vielleicht war er an der Front. Aber wir müssen auch bedenken, dass er nicht nur Shinobi getötet hat. Was ist mit den Verbrechern und den Kindern?“

„Die Kinder stammen alle aus Familien von Shinobi. Und für die Mafiosi hatte Sawa Tao eine Theorie – Du weißt schon, diese Miradenchefin.“ Als er nickte, fuhr ich fort: „Sie meinte, der Serienmörder könnte ihre Leute als Konkurrenz sehen. Er hat den Untergrund der Stadt praktisch erobert und vermutlich nur aufgehört, weil der Krieg angefangen hat – Den er meiner Meinung nach selbst angezettelt hat.“

Kakashis Miene blieb unberührt, als er antwortete: „Lass uns diese Theorie mal hintan stellen. Gaara ist ein starker Gegner und seine Leibwache bestand aus einigen der Besten unseres Dorfes. Ich bin nicht sicher, ob ein einzelner Mann sie alle außer Gefecht setzen könnte und so wenig verletzt wäre, dass er einfach so davon schlendern kann.“

„Mit Hinata aus dem Haus der Hyuuga zu spazieren – Einer der stärksten Familien des Dorfes – Hat er ja auch geschafft.“, knurrte ich wütend, woraufhin er beschwichtigend die Hände hob.

„Ich weiß, dass du das glaubst und wenn ich es für unmöglich hielte, säße ich nicht hier. Du brauchst dich nicht so heftig zu verteidigen.“

Kurz sah ich ihn noch erbost an, dann rieb ich mir den Nasenrücken. „Entschuldige. Ich bin es nur schon so gewohnt, dass mir keiner glaubt, dass ich einfach… Entschuldige.“, brach ich ab, woraufhin Kakashi nur nickte. „Trotzdem glaube ich nicht, dass wir die Taten außer Acht lassen dürfen. Sie bedeuten etwas. Auch… Na ja, nach dem Überfall auf Gaara lag ich in seinem Bett und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich da nicht selbst hingelegt habe.“ Immerhin war ich an dem Abend mit meinem Freund zusammen gekommen. So irgendwie zumindest.

„Mhm… Und wie meinst du, dass es passiert ist?“

Mir kam wieder der Traum der letzten Nacht in den Sinn; Die Angst, auf die unerwartet Zärtlichkeit folgte. Die Idee, die sich daraus löste, war verrückt, aber das war ja der ganze Fall. „Vielleicht war es Michelangelo.“

Kakashi fand das wohl genauso verrückt wie ich, so, wie er die Brauen hochzog. „So?“

Ich wurde rot, als ich erklärte. „N-Na ja, ich habe die Vermutung, dass es um mich gehen könnte bei alldem.“ Und dann erzählte ich ihm von der schrecklichen Grabkammer, die ich in den Tunneln gefunden hatte, als einzigem außer Sasuke. „Es war echt beängstigend… Und nachdem Gaara und Hinata angegriffen wurden, habe ich Angst, dass meinen anderen Freunden auch etwas passieren könnte.“

„Hm… In diesem Zusammenhang rückt die Ähnlichkeit einiger Toter mit dir in ein anderes Licht. Es war ja nicht nur der Student, obwohl der wohl der Eindeutigste war. Die meisten Kinder waren blond und die Prostituierte auch.“

„Bei den Kindern weiß ich es nicht, das waren zu viele…“ Mit einem Schaudern unterbrach ich mich. „Aber im Vergnügungsviertel gibt es Tunnelausgänge.“

Eine Weile schwieg mein Lehrer nachdenklich, dann sagte er: „Das sind aber auch die einzigen möglichen Zusammenhänge: Eine Abneigung gegen Blondinen und die Tunnel, wenn er sie denn benutzt hat.“

„Und was ist mit der Art der Morde? Diese Mischung aus Wut und Kontrolle ist allen Taten ähnlich.“

Nicht zum ersten Mal in diesem Gespräch sah Kakashi mich skeptisch und ungläubig an. „Stimmt. Es überrascht mich, dass dir das aufgefallen ist.“

„Was soll das heißen?“, schmollte ich, aber dann siegte meine Ehrlichkeit. „Aber es ist nicht mir aufgefallen, sondern Sasuke.“

„Hm.“, machte Kakashi, offenbar in Erinnerung meiner vorigen Reaktion was Sasuke anging. „Haben wir noch etwas, dass den Toten gemein ist?“

„Reicht das nicht? Wir müssen nur die Tunnel verschließen, dann kann so etwas nie wieder passieren.“

Kakashi stand auf und wir verließen das Lokal, als er gezahlt hatte. „Das wird Tsunade nicht tun. Davon abgesehen, dass der Untergrund schon fast eine Reliquie ist, ist er auch noch sehr nütztlich. Ich denke, sie wird ihn nutzen wollen, jetzt, wo wir einige seiner Geheimnisse gelüftet haben.“

„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“, sagte ich schaudernd. „Du warst nicht da unten… Es ist, als wollte das Gewölbe nicht gestört werden. Es ist tot – Und das sollte es auch bleiben.“

Vor meinem Haus blieben wir stehen. „Das ist nicht deine Entscheidung, aber du kannst es Tsunade ja raten. Jedenfalls vielen Dank für deine Hilfe. Ich zähle weiter darauf.“

Ich blinzelte, dann fiel mir ein, dass ja eigentlich ich ihm hatte helfen sollen, nicht andersrum. Verlegen grinsend kratzte ich mich am Kopf. „Klar. Und dir auch danke!“

Lächelnd hob er die Hand und ging dann. Kurz sah ich ihm nach, bevor ich ins Haus trat. Auf der Treppe wurde ich immer langsamer. Ich hatte mich in einer so miesen Stimmung von Sasuke getrennt wie noch nie und jetzt wusste ich nicht, was ich erwarten sollte. Er war schon im Normalzustand unberechenbar – Wie war das erst, wenn er sauer war? Sein erstes Ventil für seine schlechte Laune war immerhin er selbst.

Ich fing an zu laufen. Meine Finger zitterten, als ich die Tür aufsperrte, aber endlich war ich in der Wohnung. „Sasuke?“ Keine Antwort. „Sasuke!“ Ich hörte ein Geräusch aus dem Bad und stürmte dorthin, schon das Schlimmste befürchtend.

Sasuke lag so tief im Badewasser, dass nur noch sein Gesicht herausschaute. Seine Augen waren geschlossen, die Hände hatte er über der Brust verschränkt. Auf dem Rand der Wanne lag sein Rasierer. Der lag da sonst nie.

Mit einem Aufschrei schupste ich das Ding beiseite und zog Sasuke unter den Armen in eine sitzende Position. Ich zuckte zusammen, als er sich bewegte – Hatte ich ihn wirklich schon für tot gehalten? – Hielt ihn dann aber nur noch fester. „Mach das nicht.“, flüsterte ich erstickt. „Verlass mich nicht. Tu nicht mal so. Quäl mich bitte nicht so…. Ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren. Sasuke… Sasuke…“

„Ich habe nur ein Bad genommen, Naruto.“, antwortete Sasuke gelassen. Er strich mit einer Hand beruhigend über meinen Kopf, was gar nichts nützte. Ich zitterte immer noch wie Espenlaub.

„Und was soll dann das da?“, fragte ich, den Finger vage in die Richtung des Rasierers schwenkend. „Ich weiß, dass das kein Zufall war. Das war eine Drohung.“

„Vielleicht hat Sakura Recht. Vielleicht solltest du wirklich eine Pause machen.“

Ich löste mich von ihm um seine Wange zu streicheln. „Ich wünschte nur, du würdest mir genug vertrauen, um mir zu sagen, was los ist.“

„Und ich wünschte, du würdest mir genug vertrauen um zu tun, was ich sage.“

Als er aufstand, erkannte ich in seinem Blick, dass ich mich geirrt hatte. Er war nicht gelassen, sondern emotionslos. Er hatte sich wieder völlig vor mir verschlossen.

Noch immer vor ihm kniend nahm ich seine Hand, küsste sie und legte sie mir an die Stirn, ein Ritter vor seinem zornigen König. „Das tute ich sonst immer. Verzeih mir, wenn ich es dieses eine Mal nicht kann.“

Sasuke sah mich völlig ausdruckslos an, dann zog er mich auf die Beine und legte die Finger um mein Kinn, sodass er es hin und her drehen konnte. „Du wirst auch gehen…“

„Nein.“ Ich musste schlucken, bevor ich weiter sprechen konnte. Sein Verhalten jagte mir eine Heidenangst ein. „Ich liebe dich. Wieso sollte ich gehen? Sag mir nur, was los ist, dann kann ich dir helfen.“

Aber er schien mich nicht mal gehört zu haben. „Alles verändert sich ständig… Alles…“ Plötzlich sah Sasuke mich wieder an, einen fiebrigen Glanz in den Augen, die Finger wie ein Schraubstock um mein Gesicht gelegt. „Aber du musst bleiben. Du musst.“

„D-Das werde ich doch… Wir sollten schlafen gehen, ja?“, flüsterte ich vorsichtig, weil ich Sasukes Reaktionen mittlerweile überhaupt nicht mehr abschätzen konnte. Er kam mir richtig gefährlich vor. Er nickte apathisch, folgte mir ins Schlafzimmer, wo er sich wie er war ins Bett legte. Mit einem mulmigen Gefühl legte ich mich neben ihn, aber an Schlaf war nicht zu denken.

Sasuke musste erschöpft gewesen sein, denn schon kurz darauf wurden seine Atemzüge lang und gleichmäßig. Ich starrte mit weit aufgerissenen dahin, wo ich in der Dunkelheit sein Gesicht vermutete. Mittlerweile kannte ich es besser und liebte es mehr als mein eigenes, aber dieser passiv-aggressive Ausdruck darauf machte mir panische Angst um das Leben, das er noch vor ein paar Monaten nicht gewollt hatte. Als hätte er Angst, er wäre nicht stark genug, es zu halten. Und dann noch diese Drohung in der Badewanne – Denn ich wusste, dass es eine gewesen war, egal, was er sagte.

Ich musste ihm helfen, egal wie.

Vielleicht wusste Sakura Rat – Wenn es um Sasuke ging, würde sie mir sicher helfen. Bis zum Morgen konnte ich aber nichts tun, außer ihn vor sich selbst zu beschützen. Ich schob den Arm unter seinen Hals und zog ihn trotz seines verschlafenen Protestgebrumms zu mir. Er hatte sich schon viel zu weit von mir entfernt.

Schon die ganze Zeit sah ich in Sasukes Gesicht, dass ich jetzt blass in der Dunkelheit erkennen konnte. Ich streckte die Hand aus, um seine Wange zu berühren, als er die Augen aufriss und das Sharingan rot durch die Nacht glühte.

Aufschreiend wich ich zurück und kippte aus dem Bett. Die roten Augen waren verschwunden. Ich war wohl während meiner Wache eingeschlafen.

Sasuke setzte sich mit einem Stöhnen auf und rieb sich den Kopf. „Was machst du da?“ Er warf einen Blick auf die Ziffern des Weckers – Ich zuckte zusammen, weil sie rot aufleuchteten. „Es ist halb fünf.“

„Ich hatte einen schlechten Traum. Glaube ich.“, fügte ich wieder zu ihm ins Bett krabbelnd hinzu. Vermutlich hatte ich im Halbschlaf die Zahlen auf der Uhr vertauscht.

„Willst du eine Tablette?“

Unwillkürlich spannte ich die Schultern an, um die Sasuke den Arm geschlungen hatte. „Hast du die immer noch nicht weggeschmissen?“, fragte ich schärfer als beabsichtigt.

Er seufzte nur und zog den Arm zurück. „Wenn du keine Hilfe willst, schlaf wenigstens endlich.“

„Tut mir leid.“, nuschelte ich, aber er antwortete nicht.

Als ich mich kaum eine Stunde später aus dem Bett schlich, fühlte ich mich wie gerädert. Ich war nicht verrückt, nur müde… So müde… Mir fielen im Laufen die Augen zu, aber ich schleppte mich weiter und war um kurz nach sechs bei Harunos. Ich wollte schon klingeln, überlegte es mir dann aber wegen Sakuras Eltern anders. Die Haustreppe war nicht unbedingt bequem, aber ich setzte mich und richtete mich ein, so gut es ging, dann schlief ich tatsächlich ein. Wach wurde ich von einer sichtlich irritierten Mrs. Haruno, die die Tür geöffnet hatte.

„Naruto-kun…?“

„Guten Morgen!“, rief ich auf die steifen Beine kommend. „Ähm, t-tut mir leid, Sie so früh zu überfallen, aber ist Sakura-chan vielleicht schon wach?“

„Ich… Ja, ich denke… Also, hol die Zeitung und komm doch erstmal rein. Du siehst aus, als könntest du einen Kaffee gebrauchen?“ Nickend nahm ich das Tagesblatt aus dem Briefkasten und folgte ihr. Im Flurspiegel sah ich, warum sie so irritiert war: Ich sah aus wie ein Zombie. Tiefe Augenringe hatten sich in meine bleiche Haut gegraben, das Haar stand wie Stroh von meinem Kopf ab und ich hatte einige Falten in der Stirn und um die Mundwinkel. Mein Gott, wie lang sah ich denn schon so aus?!

Erschöpft ließ ich mich auf die Eckbank in Harunos Küche fallen, wo mich bereits ein Kaffee erwartete. Die Hausherrin ging ihre Tochter holen und kurz darauf stand ich einer sichtlich übernächtigen Sakura gegenüber. Ihre Augen weiteten sich, als sie mich sah.

„Was zum Teufel…?“

„Es geht um Sasuke.“, erklärte ich, woraufhin sie nüchtern wurde. Seltsam, sonst war sie so leidenschaftlich, wenn es um ihn ging.

„Natürlich.“

„Nein, Sakura-chan, es ist echt ernst. Ich glaube, er ist dabei, zu kollabieren. Er hat gestern ganz komisch gegugt und mich so am Kinn gepackt, das war richtig gruselig…“

„Er hat dich angeschaut?“, fragte sie zynisch und zeigte mir dadurch, wie lächerlich ich klang. Sie verschränkte die Arme, den strengen Blick auf mich gerichtet. „Er hat schon gemeint, dass du wahrscheinlich bald mit so etwas ankommen würdest.“

„Er… Hat mit dir darüber geredet?“, fragte ich und plötzlich fiel mir das Atmen unendlich schwer.

Sasuke hatte gewusst, dass er so einen Ausraster haben würde und Sakura eingeweiht, damit es so aussah, als wäre ich der Verrückte? Oder spann ich jetzt wirklich? Hatte ich mir das alles am letzten Abend nur eingebildet? Hatte ich mir die roten Augen heute Nacht nur eingebildet? Was, wenn sie Recht hatten und ich es war, der den Verstand verlor? Vielleicht sollte ich ihnen einfach vertrauen. Vielleicht sollte ich ihnen einfach mehr vertrauen als mir selbst…

Etwas an dem Gedanken stieß mir bitter auf und ich schob ihn weit von mir. Mein Instinkt hatte mich noch nie getrogen und ich weigerte mich zu glauben, dass er es jetzt tat.

„Ja – Letztens, als du den ganzen Tag in den Tunneln herumgekrochen bist, erinnerst du dich?“, fragte Sakura bissig.

Es war klar, auf wessen Seite sie stand, aber das war eigentlich von Anfang an keine Frage gewesen. Wie hatte Sasuke so schön gesagt? Sie würde sich bereitwillig von ihm auffressen lassen…

Ihre Augen nahmen einen harten Ausdruck an, den ich erst kannte, seit ich ihr von Sasuke und mir erzählt hatte. Es war die Manifestation ihrer Enttäuschung. „Weißt du was? Langsam glaube ich gar nicht mehr, dass du verrückt bist. Ich glaube viel mehr, dass du das alles aus Berechnung machst, weil du Sasuke-kun loswerden willst. Weil er dir zu viel wird – Wie ich dir von Anfang an gesagt habe.“

„Was…? Hat er das auch gesagt?“, fragte ich, verwirrt und verletzt von der Anschuldigung. Ich liebte ihn doch so. Alles, was ich wollte, war ihm zu helfen.

„Nein, auf sowas würde er nie kommen – Dazu ist er viel zu Blind vor… Vernarrtheit oder was es auch immer ist.“, spuckte Sakura ihre dunkelsten Gedanken heraus, die sie sicher schon lange tief in sich begraben hatte. Sie sah mich voller Abscheu an und ich konnte nicht glauben, dass sie wirklich meinte, was sie sagte. „Du hast ihn benutzt, genauso wie Hinata. Und jetzt, wo er dir lästig wird, suchst du Gründe, ihn loszuwerden… Wer weiß? Vielleicht bist du sogar Hinata ´Losgeworden`, auf die endgültigste Art, die es gibt?“

„Sakura-chan!“, platzte ich heraus und sprang auf. Ich starrte sie nur völlig fassungslos an, spürte das träge Klopfen meines Herzens in der Brust und seltsamerweise tat mir die Nase weh, als mir die Tränen in die Augen stiegen. Sie hielt mich für einen Mörder. Meine beste Freundin glaubte, ich sei ein Monster. „Das denkst du doch nicht wirklich…“

„Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, Naruto.“ Jetzt war ihre Stimme wieder leise. Sie stand ebenfalls auf, senkte dafür aber den Blick, in dem statt der Verachtung von eben jetzt Unsicherheit stand. „Bitte… Zieh mich da nicht noch weiter rein… Eigentlich müsste ich diese ganzen Vorgänge der Meisterin melden, aber ich will nicht glauben, dass du…“ Die letzten Worte wurden von der Stille geschluckt, aber ich verstand.

Schon auf dem Weg zur Tür sagte ich: „Ich weiß nicht, was hier vorgeht, aber es ist nicht das, was du denkst. Ich bin nicht Michelangelo.“, sprach ich das aus, was sie die ganze Zeit angedeutet hatte. „Und ich will auch Sasuke nicht loswerden – Ich will ihn… Euch beide beschützen.“

Sie war mir zum Ausgang gefolgt, sah mich mit traurigem Blick und verschränkten Armen an. „Wenn ich dir glauben könnte…“

„Das wirst du.“, versprach ich, dann verließ ich das Haus.

Verloren lief ich durch das Dorf, das so früh noch fast reglos dalag. Wie konnte Sakura, meine beste Freundin, so etwas denken?

Und wie konnte ich mir nach den Ereignissen der letzten Wochen so sicher sein, dass es nicht stimmte?

Ich war mehrfach ausgerastet und konnte mich an nichts mehr erinnern, das ich während dieser Zeit getan hatte. Was, wenn Kyuubi irgendwie Kontrolle über mich gewonnen hatte und mich zu schrecklichen Taten brachte, von denen ich noch nicht mal wusste? Das Siegel war schwach, es wäre theoretisch möglich… Mir wurde schlecht von dem Gedanken und ich schob ihn kategorisch beiseite. Nein. Nein, so viel Macht hatte ich noch über mich. Und Sasuke hätte bemerkt, wenn ich mich nachts rausgeschlichen hätte, er hatte im Gegensatz zu mir einen sehr leichten Schlaf. Außerdem kannte ich mich in den Tunneln nicht aus, daran konnte mein Unterbewusstsein nichts ändern.

Nachdem ich das mit mir selbst geklärt hatte, stellte sich mir die dringlichere Frage, was ich jetzt mit Sasuke tun sollte. Der letzte Abend hatte mir gezeigt, dass er sich wieder tief in seinem Selbstzerstörungsmodus befand und alleine nicht mehr heraus kam. Das Problem war nur, dass ich alleine ihm nicht helfen konnte – Zumal er mich völlig abblockte. Aber durch seine Lügen Sakura gegenüber hatte er es mir auch noch unmöglich gemacht, Hilfe von außen zu besorgen. Tsunade hielt mich eh schon für unzurechnungsfähig und würde mir nicht zuhören und diejenigen meiner Freunde, die sich wegen Hinata nicht endgültig von mir abgewandt hatten, teilten Sakuras Befürchtungen. Vermutlich hatte Sasuke auch hier seine Finger im Spiel…

Ich verstand nur nicht, wieso er das getan hatte. Ich hatte gedacht, ich hätte ihm einen Grund zu leben gegeben. Ich hatte gedacht, wir wären es ihm wert.

Gegen die Enttäuschung ankämpfend zwang ich mich, nachzudenken. Panik würde mir jetzt auch nicht helfen, ich musste rational bleiben. Es war schwer, abzuschätzen, wie labil genau Sasuke im Moment war, deshalb sollte ich ihn weiterhin im Blick behalten und möglichst viel Zeit mit ihm verbringen. Gleichzeitig musste ich den anderen jedoch beweisen, dass ich Recht hatte, damit sie mir wieder glaubten und mir halfen, Sasuke zu helfen.

Ich rieb mir über das Gesicht und die noch immer feuchten Augen, dann klatschte ich mir gegen die Wangen und machte mich auf den Weg. Mein erster – Und einziger – Anhaltspunkt waren wie immer die Tunnel. Kurz überlegte ich, welche Eingänge ich kannte, dann steuerte ich den Nächstgelegenen an.

Ich fand ihn verschlossen vor. Genauso wie den nächsten und übernächsten Tunnelschacht. Nach einer Stunde stand ich vor dem letzten Eingang, der sich in der Nähe eines Tatortes befand, der im Industriegebiet, und konnte nicht fassen, dass auch er versiegelt war. Meine ganze Arbeit der letzten Monate war einfach… Nutzlos?

Es gab nur noch einen Eingang den ich noch nicht geprüft hatte – Den im Uchiha-Viertel. Und alles in mir sträubte sich dagegen, dorthin zu gehen.

Allerdings wusste ich auch nicht, was ich sonst tun sollte. Ich musste Sasuke helfen, da gab es keine Option, und alleine schaffte ich es einfach nicht. Ich schaffte nichts alleine… Bevor deprimierende Gedanken mich lähmen konnten, machte ich mich auf den Weg. Ein schlechtes Gewissen plagte mich und alle Passanten schienen mich vorwurfsvoll anzustarren. Der verrät seinen Freund, den einzigen, den er noch hat, schienen ihre Blicke zu sagen, aber ich kämpfte gegen die Selbstzweifel an. Es gab keine andere Möglichkeit.

Inzwischen war auf der Straße mehr los, aber entgegen meines Eindrucks beachteten die Dorfbewohner mich nicht, sodass ich ungehindert durchkam. In der Nähe des Viertels wurde ich wieder langsamer, denn ich merkte, dass mich doch einer der Bewohner beachtet hatte. Ich wurde verfolgt. Irritiert schlug ich ein paar Haken und versuchte, einen Blick auf meinen Stalker zu erhaschen, wenn ich ihn schon nicht loswerden konnte. Nachdem ich eine Weile sinnlos herumgelaufen war, wurde mir die Zeit zu schade. Ich war beschäftigt, verdammt, konnten Tsunades Spitzel nicht wo anders herumlungern?

Ich schlug einen Laufschritt an, durch die Menschenmasse auf einem Marktplatz, damit mein Verfolger dicht hinter mir bleiben musste, wenn er an mir dran bleiben wollte. Dann wirbelte ich abrupt herum und wäre tatsächlich fast mit jemandem zusammengestoßen.

„Sai!“, rief ich wütend in sein lächelndes Gesicht. Ein paar Leute warfen uns neugierige Blicke zu.

„Du solltest nicht so plötzlich stehen bleiben. Jemand könnte sich verletzten.“, riet er mir freundlich.

„DU könntest dich verletzten.“, knurrte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum folgst du mir?“

Mit seitlich gelegtem Kopf zog er eine Braue hoch. „Wenn du das nicht wüsstest, wärest du gerade nicht eine halbe Stunde lang vor mir weggelaufen.“

„Ich bin nicht…! Ich habe bloße… Ugh, du bist so nervig!“ Stöhnend rieb ich mir die Schläfen. „Ich muss was überprüfen. Lass mich einfach.“

„Warum fragst du deinen Freund nicht selbst? Ich bin sicher, dir sagt er die Wahrheit – Und zwar nur dir.“

Ich starrte Sai fassungslos an. Woher er von Kakashis Verdacht bezüglich Sasuke wusste war mir ein Rätsel. Es war aber auch gleich, denn sie hatten Unrecht. Wütend stieß ich ihn vor die Brust und zischte: „Er hat dem Dorf seine Loyalität bewiesen. Er hat uns geholfen, Tsunade einige Informationen gegeben und sich ruhig verhalten, wie sie wollte. Es gibt keinen Grund, an Sasuke zu zweifeln.“

„Warum tust du es dann?“, fragte er, das Lächeln breiter werdend, als ich zurück wich. Er sah aus wie eine satte Kröte, dachte ich ungnädig. „Es ist doch ganz einfach. Er hat dir Loyalität bewiesen, nicht Konoha. Er hat sich ruhig verhalten, weil er nichts tun wollte und dann vielleicht, um bei dir zu bleiben. Vielleicht. Weil ich mir nicht sicher bin, ob er überhaupt etwas bewusst entscheidet. Ich glaube, er wird von anderen beherrscht.“

„Orochimaru ist tot.“

„Aber sein Geist lebt in Sasuke. Und auch die Geister all der schrecklichen Dinge, die er getan und gesehen hat. Er ist nicht frei und wird es auch nie sein.“

„Aber du bist frei oder wie?“, zischte ich, worüber Sai nur lächelte.

„Vielleicht nicht. Wahrscheinlich ist das keiner von uns. Aber darum geht es jetzt auch nicht, oder?“ Er nickte in Richtung des Uchiha-Viertels, das wir auf unserer kleinen Verfolgungsjagd umrundet hatten. „Wenn du da reingehst, verrätst du ihn. Aber du musst es herausfinden, sonst verrätst du Konoha. Die Frage ist, ob du Sasuke genug vertraust, ob du dir seiner Unschuld sicher genug bist, um ihn selbst zu fragen.“

Abwehrend machte ich ein paar Schritte rückwärts. „Das ist alles Unsinn. Ich hör mir das nicht mehr an. Komm wieder, wenn du was Produktives zu sagen hast!“

Wütend und zugleich zutiefst verunsichert – Oder ergab sich das eine aus dem anderen? - Ließ ich ihn stehen. Ich wollte nur nach Hause zu Sasuke. In Sicherheit. Denn trotz allem, was er getan hatte, war er noch immer mein Ruhepol und Rückzugsort. Ich liebte ihn bedingungslos. Ich konnte mir nicht vorstellen, was daran etwas ändern sollte.

Als ich daheim ankam, war ich noch immer aufgewühlt und das machte die Tatsache, dass Sasuke nicht da war, auch nicht besser. „Ich brauche dich doch, Bastard…“, flüsterte ich seinem leeren Zimmer zu. Aus einer kitschigen Laune heraus zog ich mir eines seiner Shirts an, nahm das alte Bild von Team 7 aus dem Regal und starrte es, eine Bierflasche in der Hand, träge an. Wir hatten uns damals zwar ständig gestritten, uns aber vertraut. Er hatte mir den Rücken freigehalten, egal, was für eine Dummheit ich gemacht hatte, und jetzt stieß er mir ein Messer in denselben Rücken, den er damals beschützt hatte. Für ihn musste das ganz logisch gewesen sein, vermutlich hatte er Sakura das alles gesagt, um auf mich zu achten. Ich verstand ihn nur nicht und aus seinen kryptischen Andeutungen wurde ich nicht schlau.

Die Wahrheit würde uns trennen, hatte er gesagt.

Diese roten Augen und das Gefühl von Gefahr.

Sasukes und Kakashis mangelndes Vertrauen Sasuke gegenüber.

All das hatte einen spürbaren Zusammenhang, den ich einfach nicht greifen konnte.

Ich zuckte zusammen, als ich plötzlich eine Bewegung neben mir wahrnahm; In meiner Konzentration hatte ich wohl nicht gehört, wie die Tür aufgegangen war. Als ich sah, dass es Sasuke war, sprang ich auf.

„Wo warst du?“, fragte ich besorgt und ging auf ihn zu.

Seine verschränkten Arme hielten mich auf Abstand. „Sakura und ich haben dich gesucht.“

Er klang wütend, was ich gut verstand. „Tut mir leid… Aber nachdem sowohl du als auch Sakura-chan glaubt, ich sei verrückt geworden, brauchte ich einfach etwas Zeit zum Nachdenken. Ich weiß, dass du nur das Beste im Sinn hattest, aber… Du hättest Sakura nicht so etwas ins Ohr setzen sollen. Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich etwas mit den Taten zu tun habe?“, fragte ich entsetzt. Der Gedanke kam mir jetzt erst und erschütterte mich zutiefst.

„Nein.“

„Dann ist es egal, warum du das getan hast. Aber es war falsch. Du behandelst mich wie einen Verräter, dabei solltest du wissen, dass ich immer auf deiner Seite bin, Sasuke. Du musst mir nur sagen, was es für eine Seite ist, und ich stehe neben dir.“

Ein süßlicher Ausdruck trat auf sein Gesicht, giftig wie vergorene Milch. „Das ist jetzt egal. Es wird alles wieder gut.“

„Sagst du das, um mich zu beruhigen?“, fragte ich, alles andere als das. „Das kannst du vergessen. Du hast ein Problem und das werden wir gemeinsam lösen.“

„Und wenn es keine Probleme mehr gibt? Für niemanden?“

„Bei uns wird es immer Probleme geben.“ Schwach grinsend griff ich nach Sasukes Hand und zog ihn mit mir auf die Couch. „Selbst wenn du mir nicht sagst, was das Problem ist, wird ich es mit dir durchstehen. Ich werde mit dir deine Dämonen bekämpfen und es ist mir egal, was andere darüber denken. Es ist mir sogar egal, wenn du es verrückt nennst, weil ich weiß, dass du dasselbe fühlst. Und was auch immer passiert, wir sind es wert, für uns zu kämpfen. Ich lasse dich einfach nicht gehen. Nicht noch mal. Selbst, wenn du versuchst, mich zu zerstören, lasse ich dich nicht los, weil du ein Teil von mir bist, ohne den ich nicht leben kann. Vielleicht wäre es besser, aber ich will es genauso, wie es ist. Ich will dich. Ich will uns. Du machst mich alle Vernunft vergessen und ich werde immer diese Unvernunft wählen. Du kennst mich doch, nicht, Bastard?“, lachte ich traurig, den Arm fest um ihn geschlungen, den Blick auf eine Stelle über seinem Ohr gerichtet. Ich schwieg eine Weile, bevor ich fortfuhr: Vielleicht ist das alles tragisch… Nein, das ist es sogar sicher. Wir haben beide so viel verloren. Aber dafür haben wir etwas anderes gefunden. Ich kann dich heilen, so, wie du mich geheilt hast. Du hast mir ein Ziel im Leben gegeben, schon seit… Immer.“ Ein trockenes Lachen entrang sich meiner Kehle. „Es ist verrückt, aber du warst schon immer mein Ziel und du hast mir dadurch eine Klarheit gegeben, die ich nicht kannte. Ich weiß, dass du gerade wegen irgendetwas verwirrt bist, aber lass dich von mir leiten. Vertrau mir. Es tut zuerst weh, ich weiß, aber es ist das Ergebnis wert.“

Mir gingen die Worte aus und er gab mir keine neuen. Ich wusste nicht, ob er noch mit sich kämpfte oder ob er uns schon aufgegeben hatte. Womöglich hatte ich ihn tatsächlich schon lange verloren und es vor blinder Liebe nicht mal bemerkt. Sein Zuhören war reine Höflichkeit und der Mangel an Alternativen. Wo sollte er sein statt bei mir?

Ich drückte Sasuke fester an mich, nicht gewillt, loszulassen, nicht fähig, noch einen geliebten Menschen zu verlieren. Seine Hand in meinem Haar zitterte ein wenig, aber der Moment war zu still für weitere Beteuerungen meinerseits. Ich ertrank gerade in meiner unerfüllbaren Sehnsucht nach diesem Mann.
 

Erneut wachte ich davon auf, alleine zu sein.

Mein Kopf fühlte sich schwer an und ich schmeckte etwas Bitteres auf der Zunge, das ich nicht zuordnen konnte. Fast wie… Medizin? Aber das konnte nicht sein. Träge setzte ich mich auf, um ins Schlafzimmer zu torkeln, denn dort war Sasuke mit Sicherheit. An der Wohnzimmertür fielen mir kurz die Augen zu und ich schlief tatsächlich im Stehen ein.

Mein eigener plötzlich rasender Herzschlag riss mich aus dem Sekundenschlaf. Etwas stimmte hier nicht, aber meine trägen Hirnwindungen brauchten ewig, um darauf zu kommen, was es war. Ich spürte niemanden in der Wohnung. Sasuke war nicht da.

Verwirrt wankte ich trotzdem zum Schlafzimmer, um mich zu überzeugen. Es war leer, saugte meine Gedanken auf wie ein schwarzes Loch. Was auch immer das zu bedeuten hatte, ich konnte es nicht begreifen. Und ich war so müde… Sollte Sasuke doch hingehen, wo er wollte, ich wollte weiter schlafen…

Ich machte einen Schritt auf das Bett zu, doch dann schüttelte ich den Kopf. Nein. Er durfte nicht gehen, mich nicht verlassen. Ich musste ihn suchen, musste…. Musste…

Meine Gedanken verschwammen bereits wieder, als ich auf dem Absatz umdrehte und aus der unverschlossenen Haustür lief. Mit traumwandlerischer Sicherheit lief ich durch die verlassenen Straßen der Stadt, die schwarz im Zwielicht des Neumonds dämmerten. Irgendwie wusste ich, wo ich hin musste, hatte es die ganze Zeit gewusst. Es überraschte mich nicht mal, als ich die Bretter vor dem Tor des Uchiha-Viertels aufgebrochen vorfand. Die Torflügel standen weit offen und ein sachter, kühler Wind zog mir an den Haaren.

Natürlich war er nach Hause gegangen.

Mit dem Gefühl, nicht mehr umkehren zu können wenn ich erstmal drinnen war, setzte ich einen langsamen Schritt über die Grenze, dann fing ich wieder an zu rennen. „Sasuke!“ Sein Name schallte von den Häusern, die sein Erbe sein sollten, wieder wie ein Totenruf. Diesmal hatte ich trotz der Watte in meinem Kopf genug Kraft, um auf den Beinen zu bleiben. Ich war so müde und so verwirrt und nichts hiervon machte Sinn, aber der Wunsch, ihn zurück zu holen, war stärker als diese Schwächen. „Komm zurück!“

Ich spürte etwas Feuchtes auf meiner Wange und sah in den Nachthimmel, aber keine Wolke trübte diesen. Verwirrt griff ich mir an die Augen. Sie waren nass. Ich weinte. Weil das hier ein Trauermarsch war, der Rückzug eines Verlierers – Und ich hatte noch nicht Mal gemerkt, dass es eine Schlacht gegeben hatte.

Schluchzend stolperte ich in den Garten mit der Drackenstatue und betätigte diese. Inzwischen war es gar keine Frage mehr, ob diese noch funktionierte; Er würde mich dort erwarten. Während die Steinplatte zur Seite rutschte, versuchte ich, mich zu sammeln. Wenn ich dort runter ging, würde ich sehen, wovor ich so lange die Augen verschlossen hatte. Ich würde sehen, dass ich versagt hatte, und ich würde es akzeptieren müssen und ich wusste nicht, ob ich die Kraft dazu hatte, wo ich doch eigentlich nur schlafen wollte…

Ein Ruck lief durch meinen Körper, als ich mich von der Angst losriss, die mich die letzten Monate über gefesselt hatte, und in den Tunnel sprang. Ich hatte immer getan, was getan werden musste, und damit würde ich auch jetzt nicht aufhören.

Meine Füße machten ein platschendes Geräusch, als ich auf dem feuchten Boden aufkam. Instinktiv spürte ich, dass etwas anders war als bei meinen anderen Besuchen hier unten. Ich war nicht alleine und wer auch immer da noch war beobachtete mich.

„Wo bist du?“, rief ich, aber die Dunkelheit gab mir keine Antwort.

Ich hatte nicht mal eine Taschenlampe, fiel mir auf, als ich endlich weiter ging, aber die würde auch nicht nötig sein. Er würde mich finden. Mein Herzschlag ging seltsam langsam, während ich mich an den feuchten Wänden entlang tastete, doch er beschleunigte sich immer weiter. Ich kam meinem Ziel näher. Es wartete dicht bei mir in der Schwärze des Tunnels…

Plötzlich griff ich ins Leere und stolperte in einen Seitentunnel. Schmerzhaft knallte ich mit den Knien auf den glitschigen Boden und erstarrte, als ich ein Geräusch hörte. Er war da, direkt vor mir. Ich schloss die brennenden Augen, trotzdem löste sich eine Träne unter meinen Wimpern, als ich langsam den Kopf hob, um die endgültige Gewissheit zu erlangen.

„Sasuke…“, flüsterte ich und als hätte sein Name eine Kraft in ihnen heraufbeschworen, loderte das Erbe seiner zerstörten Familie in seinen Augen auf.
 

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So, meine Liebsten, wie angekündigt geht es schnell weiter :)

Ich hoffe, das letzte Kapitel auch etwa in dem Zeitrahmen wie dieses zu schaffen, aber ich werde jetzt wieder viele Prüfungen haben und möchte es gut machen, also mal sehen.

Vielleicht habt ihr in der Zwischenzeit ja Lust, mein Neues Projekt (Das BP nicht verzögern wird!!) anzusehen:http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/255926/344604/ ;)
 

Ich hoffe ihr hattet Spaß.

lG

Eternity

Ich möchte nochmal sagen, dass weder Sasuke noch Naruto die Fähigkeiten haben, die sie am Ende des Manga haben. Sie sind auf dem Stand ihres Könnens bei Sasukes Kampf gegen Itachi.

Und hört euch wirklich „My Black Dahlia“ an, das ist genau die Stimmung, die ich für dieses Kapitel haben möchte. ;)
 

I loved you – You made me hate me.

You gave me Hate, see?

It saved me.

And these Tears are deadly.
 

~ Hollywood Undead, My Black Dahlia ~
 

Kalt. Um mich herum, in mir drin, alles war atemberaubend kalt.

Die Kälte umspülte mich wie Wellen von Eis, fror die Kraft in meinen Muskeln und die Gedanken in meinem Kopf ein.

Wo war ich? Ich wusste es nicht.

Wie war ich dorthin gekommen? Ich konnte mich nicht erinnern.

Es dauerte sogar eine ganze Weile, bis mir wieder einfiel, wer ich war.

Träge schwappten mir die Gedanken durchs Hirn wie Eisschollen im arktischen Meer. Um rauszufinden wo ich war musste ich wohl die Augen öffnen. Ich hob die schmerzenden Lieder, aber es änderte sich nichts an dem, was ich sah; Alles war schwarz bis auf die weißen Flecken, die im Takt meines Blutes vor meinen Augen tanzten. Ich fragte mich, ob es so war, blind zu sein, als mir auffiel, dass ich dieses Gefühl schon kannte. Es war der Schmerz, der in letzter Zeit so oft meine Gedanken blockiert hatte, und es gab ihn nur in meinem Kopf. Ich musste nur gegen mich selbst gewinnen - Aber das war gar nicht so leicht.

Ein tiefer Atemzug brachte etwas Klarheit in mein verklebtes Bewusstsein. Endlich bemerkte ich, dass mein Gefühl, umher zu treiben, nicht nur Einbildung war. Ich befand mich tatsächlich im Wasser. Meine Beine hingen schlaff in die Tiefe, mein Gesicht trieb an der Oberfläche. Austestend drehte ich das Gesicht und zuckte unter dem Schmerz zusammen, der mir die Wirbelsäule hochfuhr. Aus Angst vor der Pein blieb ich stocksteif liegen.

Erstmal überlegen, wo ich war. Ich war durch die Stadt gelaufen, hatte irgendwas gesucht… Plötzlich erinnerte ich mich an alles, die leere Wohnung, die leeren Straßen, die Tunnel, die hätten leer sein sollen, und ich fuhr hoch. Dabei stellte ich fest, dass das Wasser nur hüfthoch und der Boden uneben war. Bedächtig trat ich mit den Füßen auf die Erhebungen, konnte jedoch nicht feststellen, was es war.

Ich schwamm in eine Richtung, weil mir das besser erschien als nichts zu tun. Eigentlich hatte ich gehofft, meine Augen würden sich an die Lichtverhältnisse gewöhnen, aber da war einfach keinerlei Licht. So stieß ich mit den Fingern an eine glitschige Mauer, bevor ich diese sah. Ich betastete den Stein und bemerkte, dass er eine Kante hatte, an der ich mich mühsam hochhievte. Mein Kopf protestierte zwar schmerzhaft, aber immerhin war ich aus dem Eiswasser draußen. Ich legte die Arme um die zitternden Beine und versuchte, nachzudenken.

Was war passiert? Ich war durch die Stadt gelaufen und dann irgendwie in den Tunneln gelandet. Eigentlich hatte ich Sasuke gesucht und dann… Meine Augen weiteten sich, als mir ein klebriger, giftiger Gedanke in den Kopf kroch.

Hatte ich ihn tatsächlich gefunden, hier unten, alle Verdächtigungen gegen ihn bestätigend?

Ich legte den Kopf an die Knie, versuchte, alle Gedanken auszublenden, aber jetzt war die mentale Blockade, mit der ich mich selbst geschützt hatte, zerbrochen. Es machte alles einen grausamen Sinn. Sasuke hatte all diese Menschen ermordet, getrieben von Wahnsinn und seiner Vergangenheit, und weil ich ihn gesehen hatte, würde ich der Nächste sein. Und ich hatte es nicht bemerkt, weil ich seine Person nie reflektiert sondern nur versucht hatte, seinen Schmerz zu lindern. Welche Monster dieser Schmerz geboren hatte, hatte ich ausgeblendet.

Ein lautes Knirschen unterbrach meine trüben Gedanken. Ich sah zu, wie ein feiner Spalt Helligkeit in der Dunkelheit sichtbar wurde, zur Seite kippte und sich verbreiterte. Milchig-grünes Licht sickerte in den Raum und blendete mich. Blinzelnd erkannte ich eine Gestalt, die sich gegen das einfallende Licht abhob. Ich sah ihr Gesicht nicht, aber alles in meinem Körper reagierte mit völliger Anspannung auf sie.

„Du bist wach.“, sagte Sasuke scheinbar erfreut.

Knurrend wie ein verletztes Tier rutschte ich rückwärts. Ich war noch nicht fähig, das volle Ausmaß seiner Taten zu erfassen, aber eine unterschwellige Abscheu kroch mir durch den Körper, genährt von den Erinnerungen an all die Toten, deren Gesichter vor meinem inneren Auge aufflackerten.

„Du brauchst keine Angst haben.“

„Ich habe keine Angst.“, antwortete ich tonlos. Alles außer diesem undefinierten Ekel in mir war leer, betäubt, als läge ich noch immer im Eiswasser. Ich hatte keine Angst davor, was er jetzt tun würde, sein Verrat war bereits so allumfassend, dass mir nichts mehr etwas anhaben konnte.

In diesem Moment war ich bereit, durch Sasukes Hand zu sterben.

„Was hast du nur getan…?“

„Das einzig mögliche.“, fauchte er und seine Augen leuchteten im Halbdunkel wie schwarze Edelsteine. Er lief auf und ab, ein nervöser Schatten vor dem Tunnel hinter ihm. Endlich erkannte ich auch, wo ich mich befand; In der Opferkammer der Uchiha. Ich schauderte, als mir aufging, dass ich auf die Knochen getreten war, die im Wasser lagen. „Du wolltest ja einfach nicht bei mir bleiben.“

„Ich hab deine Seite nie verlassen.“ Noch immer war meine Stimme tonlos, aber jetzt rappelte ich mich auf die wackligen Beine. Es war ein seltsamer Rollentausch, ihn so offensichtlich nervös zu erleben während ich mich innerlich tot fühlte. Er hatte mich eigentlich schon getötet. „Du warst es, der sich von mir abgewandt hat. Ich habe dich immer wieder gebeten, dich mir anzuvertrauen. Wir hätten etwas ändern können, wenn du nur mit mir geredet hättest…“

„Und was?“, lachte Sasuke höhnisch. „Die ganze Zeit hast du das verlangt, aber was hätte es geändert? Ich wäre eingesperrt worden und hätte dich nie wieder gesehen.“

„Schieb das nicht auf mich!“, fuhr ich ihn an wie das verstärkte Echo aus einem hohlen Körper. Ich weigerte mich, das alles auf meine Kappe zu nehmen, konnte den Gedanken nicht ertragen.

Langsam kam Sasuke auf mich zu, blieb aber stehen als er sah, dass ich zurückwich. Offenbar hatte er nicht vor, mich sofort zu töten, trotz des Wahnsinns, der ganz offensichtlich in seinen Augen flackerte.

„Es warst aber du. Nicht am Anfang… Aber du konntest mich ja nicht in Ruhe lassen. Du konntest mich ja nicht sterben lassen.“, zischte er vorwurfsvoll, den Blick erst auf den Boden gerichtet, dann den Kopf ruckartig zu mir hebend. „Du hättest ES umbringen können, dann wäre das alles nicht passiert… Aber dann mache ich das eben. Du bist einfach so ein Nichtsnutz… Aber jetzt wird alles gut. Wir werden endlich unsere Ruhe davor haben. ES wird niemanden mehr verletzen…“

Mir stellten sich die Nackenhaare auf, während ich seinem Selbstgespräch zuhörte. „Ruhe vor was genau? Was ist ´es`?“, f ragte ich vorsichtig.

„Na ES!“, platzte er heraus, die Hände in sein Haar vergraben, die Augen weit aufgerissen. „Das… Ding in mir. Ich kann es nicht mehr stoppen, Naruto… I-Ich kann einfach nicht mehr..."

„Sasuke…“ Automatisch machte ich einen halben Schritt auf ihn zu, angezogen von seiner Hilflosigkeit und der Tatsache, dass ich ihn trotz allem beschützen wollte. Ich hatte ihn die ganze Zeit vor sich selbst beschützen wollen – Und so allumfassend versagt, wie es überhaupt möglich war. „Wir können… Wir können das immer noch beenden, ok?“, sagte ich sanft und hielt ihm die Hand hin. „Wir können Hilfe für dich finden. Du musst das nicht tun. Du willst es doch offensichtlich nicht.“

„Wir?“, spuckte er höhnisch aus, als wäre das eine Beleidigung. Jetzt war er es, der von mir zurückwich. „Es gibt kein ´wir` und das gab es auch nie. Jeder von uns ist alleine bis zu seinem Tod. Erst danach sind wir frei…“ Sein Blick glitt ab zu einem Ort, den ich nicht sehen konnte, der ihn aber mit Sehnsucht zu erfüllen schien. „Es gibt keinen Grund, am Leben zu bleiben. Selbst wenn, könnten wir nicht zusammen sein. Deswegen müssen wir sterben. Verstehst du?“

Damit hatte ich schon gerechnet, deshalb erschreckte es mich nicht. Was ich dagegen beunruhigend fand war seine Besessenheit von mir, die ich bisher noch nie gesehen hatte. Er hatte auf meine Zuneigung immer so kühl reagiert, dass ich mich nicht selten gefragt hatte, ob er mich überhaupt liebte und jetzt sollte genau diese seine fehlgeleitete Liebe der Grund für so viele Tote sein? Warum hatte er sich mir nur nicht so anvertraut, bevor es zu spät war – Denn das war es jetzt, er hatte Recht. Wenn ich ihn aufhielt, würde er ins Gefängnis und die Psychiatrie kommen und wenn nicht würde ich sterben.

Letzteres erschien mir die angenehmere Lösung zu sein, denn dann wäre all der Schmerz einfach vorbei. Ich müsste nicht damit leben, Hinata und Sasuke verloren zu haben, ich müsste nicht damit leben, für den Tod so vieler verantwortlich zu sein. Es wäre einfach vorbei.

„Ich verstehe.“, ergab ich mich also ruhig in das wohl Unvermeidliche.

Völlig reglos ließ ich Sasuke auf mich zukommen, unsere Blicke ineinander verhakt wie Waffen. Trotzdem war seine Hand sanft, als er sie mir um das Kinn legte. „Ich glaube nicht, dass du verstehst.“, flüsterte er traurig, dann schlug seine ganze Körpersprache um. Mit einer Kraft, die ich ihm nicht zugetraut hätte, stieß er mich an der Brust ins Wasser. „Das hast du noch nie.“ Kontrolliert stieg er ins Becken und kam auf mich zu. Ich war noch mit dem Versuch beschäftigt, die Orientierung wiederzufinden, als er mich am Kragen ein Stück hochhob. Der Hass, mit dem er mich zuerst ansah, wandelte sich langsam bis die Karikatur eines Lächelns auf seinen Lippen lag. „Willst du nicht mal versuchen zu kämpfen?“

„Wozu denn?“, fragte ich, hustend, weil er mir die Kehle zudrückte. Ohne jede Körperspannung hing ich in seinem Griff. „Du hast schon alles zerstört, wofür es sich für mich zu leben lohnte.“

Wuchtig rammte Sasuke mir die Faust in den Magen. Ich flog etwas von ihm weg, aber er packte mich an den Haaren und hielt mich über Wasser. „Die kleine Hure war kein Grund zu leben. Sie konnte ja nicht mal selbst leben.“

Er stand hinter mir, bedrohlich nah in seinem Wahnsinn, der gegen meine Gleichgültigkeit brandete wie ein Sturm an Klippen. „Ich rede nicht von Hinata, sondern von uns. Ich… Mein Gott, ich habe dich so geliebt, Sasuke… So sehr…“, gestand ich, endlich erlösende Tränen in den Augen spürend.

Er gönnte sie mir nicht, trat mich zur Strafe in den Rücken und zischte: „Du hast mich nie geliebt. Nicht so wie ich dich.“

„Weil das keine Liebe ist!“, rief ich und griff aufgebracht nach seinem Kragen. „Das ist Wahnsinn! Du hast das nicht getan, weil du mich liebst. Du hast es getan, weil du krank bist und Hilfe brauchst… Ich hätte dir helfen können, aber du hast nie gefragt! Du warst zu feige und jetzt ist es zu spät.“ Ich stockte, weil mir erst richtig bewusst wurde, dass ich die Wahrheit sagte, als ich sie aussprach: Es gab kein Zurück mehr von dem, was Sasuke getan hatte. „Nicht mal ich kann dir verzeihen. Ich hab dich geliebt und du hast mich mit deinem Hass und deiner Schwäche betrogen. Du hast uns betrogen!“

„Hast du nicht dasselbe getan?“, fragte er, wieder die kühle, überlegene Berechnung in den Augen. Sasuke legte die Hände auf meine Schultern, ließ die Finger weiter nach oben gleiten, bis er sie um meinen Hals legte. Mein Herzschlag beschleunigte sich als er mich erst sanft massierte und dann mit den Daumen gegen meinen Kehlkopf drückt. „Das wollte ich schon so lange tun…“, seufzte er tonlos und legte die Lippen auf meine.

Es war, als würde er das Leben aus mir saugen mit diesem einen letzten Kuss, den ich nicht beendete weil ich nicht konnte. Mein Körper zuckte protestierend, meine Augen fingen an zu tränen, ich legte die Hände auf seine Unterarme, aber ich wehrte mich nicht gegen ihn. Vielleicht hatte es so einfach die ganze Zeit sein müssen. Vielleicht hatte ich schon damals bei unserem ersten Kampf sterben sollen und jetzt holte sich das Schicksal endlich, was ihm zustand.

Mein Blick verschwamm bereits, nur Sasukes Augen waren noch klar und eine heftige Sehnsucht und Trauer überkamen mich bei dem Gedanken, dass ich sie nie wieder sehen würde – Und dass der letzte Ausdruck, der sie erfüllt hatte, Blutgier war. Eine einzelne Träne rollte mir über die Wange und tropfte in das kalte Wasser unter mir, sank zu den bleichen Knochen, bei denen ich auch bald liegen würde.

Sasukes Griff um meinen Hals lockerte sich ein wenig. „Du brauchst keine Angst haben. Es ist nur ein kurzer Schmerz und dann hast du für immer Frieden… Alle werden Frieden finden.“

„Wie… Wie meinst du das…?“, kam schwerfällig durch meine wunde Kehle, jedes Wort eine eigene Welle des Schmerzes.

Seine Augen flackerten auf. „Ich werde dieses Rattenloch ausräuchern, Naruto. Ich werde sie vor sich selbst beschützen.“

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was er da sagte. „Nein…“, stöhnte ich leise und rührte mich träge in seinem Griff. Dann befreite ich mich mit einem Ruck von ihm und schupste Sasuke von mir. Das überraschte ihn wohl, sonst wäre es mir in meinem geschwächten Zustand nicht so leicht gefallen. Entsetzt vor ihm weg schwimmend rief ich: „Du kannst nicht das ganze Dorf töten!“

„Ach nein?“, fragte er, den gelangweilten Blick auf seinen Nägeln als wäre das hier ein alberner Streit zwischen uns als Paar. „Niemand kann mich aufhalten, Naruto. Niemand. Ich werde dieses Loch auf die Grundfesten niederbrennen und das ist mein gutes Recht, denn es gehört mir.“

„Du…“ Schwerfällig wuchtete ich mich auf die Umrandung des Beckens, möglichst weit weg von Sasuke, der jedoch keine Anstalten machte, mir zu folgen. Mein Hals fühlte sich an wie mit Schmirgelpapier bezogen, als ich fortfuhr: „Du hast kein Recht auf irgendein Leben außer dein eigenes.“

„Und doch hast du mir deines versprochen.“

„Ich habe dir versprochen, MIT dir zu leben.“, stöhnte ich verzweifelt, weil mir nicht klar gewesen war, wie wenig er meine Liebe, wie wenig er Liebe an sich verstanden hatte. Er glaubte, es ginge dabei um Besitz, wo doch das genaue Gegenteil der Fall war. „Ich habe dir versprochen, mein sicheres Alleinsein für unser Gemeinsamsein aufzugeben. Das ist ein Geschenk und hat nichts damit zu tun, jemandem etwas… Jemandem das Leben zu nehmen. Ich…“

Zögernd sah ich auf meine Hände, die sich in den modrigen Stein unter mir gegraben hatten. Meine vorige Lethargie war inzwischen heftigem Herzrasen gewichen, Adrenalin pumpte durch meine Adern, Todesangst pulsierte durch meinen Körper. Aber es war nicht Angst um mich, es war Angst um das Dorf. Die Todesangst ganz Konohas pulste mir durch die Venen und erfüllte mich mit einer Entschlossenheit, die meinen Blick brennen ließ, als ich ihn wieder zu Sasuke hob.

„Ich werde nicht zulassen, dass du noch mehr Menschen verletzt.“

Er lachte höhnisch. „Und wie willst du das verhindern? In ein paar Minuten wird das erste Feuer entzündet und dann wird die Stadt brennen.“

„Dann hab ich ja noch ein paar Minuten.“, zischte ich und sprang auf, um zum Ausgang zu stürzen. Ich kam nicht weit, bevor Sasuke mich eingeholt hatte und mich ins Wasser zog wie ein hungriger Kraken. Während ich mit ihm rang, wurde mir etwas bewusst.

Ich musste kämpfen.

Er würde mich nicht einfach so gehen lassen und selbst wenn, konnte man Sasuke nicht auf freiem Fuße lassen.

Er war ein Feind.

Die Erkenntnis fuhr mir wie ein Stich ins Herz, aber ich wusste, was zu tun war. Mit einem Wutschrei trat ich ihm ins Gesicht und sprang auf, als er zurücktaumelte. Ich fühlte mich noch immer schwach und wackelig auf den Beinen und stützte mich an der Wand ab, mein Blick jedoch war fest auf Sasuke gerichtet.

„Für dich wäre ich gestorben, aber nicht für… Dein Monster.“, blieb ich in seinen Worten.

Eine blutende Wunde an seiner Stirn tropfte ihm übers ganze Gesicht und seine Nase sah ein wenig schief aus, aber er beachtete die rote Flüssigkeit nicht, die um seine Augen herum zum Kinn lief. „Ich wusste es…“, sagte er leise und mit einem seltsamen Pfeifton aus der Nase. „Du hast dieses Rattenloch, dieses ´Dorf“ – Das letzte Wort spuckte er aus wie Gift – „Schon immer mehr geliebt als mich.“

„Wenigstens sind die Dorfbewohner fähig, meine Liebe zu erwidern.“

Noch kurz prallte die geballte Macht unserer Blicke aufeinander, dann wandte ich mich ab und lief den Gang runter. Dort herrschte ein grünes Zwielicht, das ich noch nie gesehen hatte. Sasuke musste es durch eine geheime Vorrichtung eingeschaltet haben. Ich hörte das Platschen seines aus dem Wasser steigenden Körpers und schwere Schritte, dann seine Stimme wie eine Totenglocke:

„Es hat keinen Sinn, sich zu verstecken – Ich werde dich finden. Ich werde sie alle finden und einzeln auslöschen. Und wenn du den letzten hast sterben sehen, bist du dran.“

Während ich lief, versuchte ich, meine Situation zu reflektieren. Im Moment konnte ich nicht kämpfen; Mein Kopf fühlte sich immer noch an wie Wackelpudding – Inzwischen vermutete ich, dass er mir wieder seine Medikamente gegeben hatte – Und meine Muskeln protestierten bereits gegen die Anstrengung des Rennens. Ich musste die anderen also warnen, wenn ich sie schon nicht beschützen konnte…

Nur, würden sie mir überhaupt glauben?

Ich sah Sakuras enttäuschtes, fast schon hasserfülltes Gesicht vor meinem inneren Auge und zuckte vor einem weiteren seelischen Schmerz zurück. Sasuke hatte sich zwischen uns gestellt, nicht nur als mein Partner, sondern auch zwischen unsere Freundschaft. Trotzdem musste ich versuchen, sie zu überzeugen. Und dazu musste ich erstmal hier raus, was gar nicht so leicht war, denn ich hatte keinerlei Orientierungshilfe und immer wieder schaffte Sasuke es, vor mir zu sein – Ich sah ihn nicht, aber ich spürte seine Anwesenheit und hörte das leise Platschen seiner Füße im Wasser.

Irgendwann blieb ich, an die Ecke eines Tunnels gepresst, stehen. Mir wurde klar, dass er mich trieb wie ein Hirtenhund seine Schafe. So konnte er mich nicht nur von den Ausgängen fernhalten, sondern mich, wenn er wollte, auch direkt zu einem der Sprengkörper lotsen, von denen er gesprochen hatte.

„Wie bist du überhaupt aus der Wohnung gekommen?“, fragte ich um mir etwas Zeit zu kaufen.

Erschreckend nah hörte ich Sasukes typisches abfälliges Schnauben. „Davon abgesehen, dass du schläfst wie ein Stein, redest du im Schlaf. Es ist so leicht, dich zu manipulieren, Naruto…“

„Die Träume…“, zischte ich. Geduckt kroch ich um die Ecke meines Verstecks und setzte gerade zu einem Sprint an, als Sasuke aus einem Tunnel trat, ein unheimlich sanftes Lächeln auf den Lippen.

„Genau – Das waren meine Visionen. Und…“

Bevor er weiter sprechen konnte zerriss eine Explosion die Grabesstille. Ich hielt mir wegen der Druckwelle die Hände über die Ohren, während Sasuke nur nachdenklich in die Richtung blickte, aus der der Lärm kam. Der Wind zog an seinen Haren und verteilte feine Wassertropfen aus seinem bleichen Gesicht, die im diesigen Licht schwach glitzerten und ihm eine beunruhigende Schönheit verliehen. Er war eindeutig der Herr dieses Totenreichs.

Eine Sekunde später hallten Schmerzensschreie zu uns herüber wie das Wehklagen von Geistern. Entsetzten kroch mir die Kehle hoch und brach sich in einem Wutschrei los.

„Du Monster!“, brüllte ich und stürzte mich auf ihn.

Diesmal war Sasuke darauf vorbereitet und wich mir aus. Irgendwoher zog er Shuriken – Er musste sie mir gestohlen haben – Denen ich auf der kurzen Distanz zwischen uns kaum ausweichen konnte. Eine der Waffen streifte meine Wange, die andere zerriss den Ärmel meines Shirts, dann war ich auf den Knien und säbelte Sasuke die Beine weg. Mit der Hand im schmutzigen Wasser fing er den Sturz ab und federte einige Meter weg von mir.

Kurz standen wir uns abwägend gegenüber, dann stürzten wir genau im selben Moment wieder aufeinander los.

Während unseres Schlagabtauschs wurden die Schreie, die aus der Ferne zu uns hallten, immer lauter. Die Schmerzenslaute stellten mir alle Nackenhaare auf. Sasuke dagegen zeigte einen zunehmend zufriedeneren Gesichtsausdruck, bei dem ich mich ein Mal mehr fragte, was genau er getan hatte.

Vermutlich wegen der Enge verzichtete er auf größere Techniken. Ich tat dasselbe aus dem schlichten Grund, ihn nicht verletzen zu wollen. All meine Wut und Abscheu reichten nicht dazu aus, den Teil von mir zu unterdrücken, der in diesem Mann den Inhalt seines Lebens sah. Ich würde richtig kämpfen müssen, das war mir klar, aber so vieles in mir sträubte sich gegen die bloße Vorstellung.

Mit einem mentalen und körperlichen Kraftakt überwand ich die unsichtbare Barriere, die uns für einen Moment auf Abstand gehalten hatte, und stürzte mich auf Sasuke. Sein Gesicht verzog sich vor blinder Wut, deren Ziel ich nicht kannte und jetzt waren ihm die Folgen seines Handelns wohl egal, denn er formte Zeichen mit seinen Fingern. Ich kannte die Technik, die er anwenden wollte, hielt aber weiter auf ihn zu, wollte ihn aufhalten, musste es schaffen…

Aber ich war zu spät.

Flammen schlugen mir entgegen und ich riss in einem sinnlosen Urinstinkt, der nach Schutz verlangte, die Arme hoch. Heißer Wasserdampf stieg wie ein Geysir empor und nahm mir die Sicht, sodass ich nicht erkennen konnte, was als nächstes passierte. Ich nahm nur den ohrenbetäubenden Lärm war, der plötzlich im ganzen Tunnel wiederhallte. Eine heftige Druckwellte erfasste mich, schleuderte mich den Flur hinunter – Und rettete mich damit gerade noch vor der herabstürzenden Tunneldecke, die den Durchgang vollständig blockierte.

Hinter meinen geschlossenen Augen drehten sich bunte Farben in verwirrenden Mustern und ich spürte meinen Körper nicht mehr. Es war unendlich schwer, die Lieder zu heben, und als ich es tat, war die Welt verschwommen und grau. Wie betrunken hob ich Kopf und Schultern, letztere ließ ich jedoch gleich wieder sinken. Ich brauchte eindeutig noch einen Moment, um mich zu fangen.

Zwischen Staub und Nebelschwaden sah ich die Ausläufer eines Geröllhaufens wie ein schartiges Gebirge. Panik stieg mir die Kehle hoch. Ich würgte ein „Sas...", zurück in meine Lunge – Er hatte meine Sorge nicht verdient und ich konnte meine eigene Stimme sowieso nicht hören, weil irgendetwas in meinen Ohren bei der Explosion beschädigt worden war.

Träge sah ich den Krater empor, von dem immer noch Gesteinsbrocken herabrieselten. Diesmal hörte ich keine Schreie, aber es brauchte eine Weile, bis ich das mit meinem Gehörsturz in Verbindung brachte. Stattdessen sah ich das fransige Flackern des Feuers und die Schatten der Menschen, die davor in diese oder jene Richtung wankten wie verwirrte Ameisen.

Umständlich rappelte ich mich auf die Beine. Helfen. Ich musste helfen.

Ich sah mich um, suchte die beste Stelle, um aus der Grube zu klettern. Dabei verdrängte ich den Gedanken daran, dass Sasuke unter dem Schuttberg liegen könnte. Erst, als ich auf der Hälfte des Weges einen Arm sah, der unter einem Steinbrocken hervorragte, packte mich die Panik. Mit tränenverschleiertem Blick zerrte ich an dem Geröll, das sich jedoch nicht rührte. Ich heulte wütend auf und erschuf einen Schattendoppelgänger, dem genauso die Nase lief und die Finger zitterten wie mir, aber irgendwie schafften wir es, den Brocken zu entfernen. Den Heidenlärm, den der Stein verursachte, als er den Hügel hinabstürzte, bemerkte ich kaum, obwohl mich der leichte Erdrutsch ins Wanken brachte. Ich war zu konzentriert auf den Mann, den ich unter den jetzt kleineren Steinen hervorzog. Es war nicht Sasuke – Die Erleichterung, die ich darüber empfand, beschämte mich, deswegen versuchte ich noch emsiger, den Fremden auf die Beine zu bekommen. Er sah mich kurz verwirrt an, dann verdrehte er die Augen und kippte vornüber. Gerade noch konnte ich ihn fangen, wobei ich jedoch ein paar Schritte zurück in die Grube rutschte. Ich warf einen Blick in den von Rauch und Staub verhangenen Tunnel und mir wurde bewusst, dass es mehr als einen Weg hierher gab. Wenn Sasuke lebte…

So schnell es mir der rutschige Grund erlaubte, kletterte ich empor. Als ich ihn endlich ablegen konnte, wurde mein Passagier von Chaos umfangen und von Schreien, die ich nicht hören konnte. Mehrere Häuser in der Nähe des Kraters waren stark beschädigt oder brannten. Die Unverletzten versuchten unstrukturiert, die Verletzten zu bergen, wobei sie nicht selten von einem herabstürzenden Stein getroffen wurden. Ich sah mich nach jemandem um, der sich um den ohnmächtigen Mann kümmern konnte, aber alle schienen mit sich selbst beschäftigt und Shinobi oder Feuerwehrleute waren nicht zu sehen. Vermutlich waren die meisten am Ort der ersten Explosion – Oder bei einer der anderen, die sich inzwischen sicher schon ereignet hatten. Unschlüssig, was zu tun war, trug ich den Verletzten zu einem stabil aussehenden Haus, bei dem ich ihn in Sicherheit wähnte. „Ich komme gleich wieder“, versprach ich, obwohl weder er noch ich mich hören konnten. Dann lief ich durch das Getümmel auf dem Platz, auf der Suche nach jemandem, irgendjemandem, der die Situation unter Kontrolle bringen konnte.

Ich wurde von mehreren Zivilisten aufgehalten, die mich um Unterstützung baten. Nach ein paar Kommunikationsschwierigkeiten schaffte ich mit ihnen Trümmer beiseite, barg Verletzte und tat auch sonst alles, um zu helfen. Nach einer ganzen Weile kamen ein paar Kollegen, aber leider kein Iryônin, der mir mit dem Bewusstlosen aus dem Krater oder meinen Ohren hätte helfen können. Mit einigem Aufwand evakuierten wir die Gegend um den einsturzgefährdeten Bereich, aber gerade als wir dachten, in Sicherheit zu sein, erbebte die Erde erneut unter einer fernen Explosion. Ich warf mich über das Mädchen, das ich gerade weggebracht hatte, obwohl bei uns keine Gefahr bestand, von Trümmern getroffen zu werden. Andere waren nicht so glücklich; Bald nach den Entsetzensschreien hörte ich gedämpfte Schmerzenslaute überall aus der Nacht.

Wir brauchten einen Arzt, wurde mir bewusst.

Ich schob das Kind einer Frau zu, die in der Nähe stand, dann sah ich mich nach meinen Kollegen um, aber die waren nirgends zu finden. Eigentlich hatte ich sie über meinen Plan informieren wollen, doch so blieb mir nichts anderes übrig als einfach zu gehen. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch lief ich über die dunklen Straßen, durch die immer wieder verstörte Zivilisten rannten. Wenn ich einem Shinobi begegnete schickte ich ihn oder sie zu der Einsturzstelle, aber ein Iryônin war nicht darunter. Wir brauchten wirklich mehr Mitglieder in dieser Einheit.

An einer Kreuzung wurde ich von einer Gruppe Zivilisten aufgehalten, die von einigen Shinobi begleitet und vermutlich aus dem Dorf geführt wurden. Ungeduldig wartete ich bis die Leute vorbei waren, als mir ein rosaner Haarschopf unter ihnen auffiel.

„Sakura…? Sakura-chan!“, rief ich ungläubig ohne mich selbst zu hören.

Sie dagegen sah auf und kam mit offensichtlicher Erleichterung auf mich zugelaufen. Wir umarmten uns, dann sagte sie etwas mit gerunzelter Stirn. Ich deutete auf meine Ohren und zuckte die Schultern. Es dauerte einen Moment bis sie verstand, aber dann legte sie die Hände an meine Schläfen und ich spürte das vertraute Kribbeln als das grüne Chakra seine Wirkung tat.

Der Unterschied war überwältigend; Was ich vorher als leises Rauschen wahrgenommen hatte, stellte sich jetzt als allgegenwärtige Schrei-Kakophonie heraus. Es war grauenvoll. Angst lag in der Luft wie ein unangenehmer Geruch und mir stellten sich sämtliche Nackenhaare auf.

„Mein Gott…“, flüsterte ich tonlos.

„Wo warst du?“, fragte Sakura, die meine Wunden inspizierte, sie aber offenbar für nicht schlimm genug hielt, um sie zu heilen. Das war auch besser so; Sie würde ihre Kraft brauchen, um den schwer Verletzten zu helfen. „Wir hätten dich gebraucht!“

„Ich hab an der Einsturzstelle geholfen, an der ich an die Oberfläche gekommen bin… Sakura-chan, es sind die Tunnel! Er jagt die Tunnel in die Luft!“

Verwirrt blinzelnd sah sie mich an. „Wer? Welche Tunnel?“

„Sasuke! Das ist alles sein Machwerk und er missbraucht dafür die Polizeitunnel unter der ganzen Stadt. Er hat vor, das ganze Dorf zum Einsturz zu bringen – Und das schafft er auch, wenn wir ihn nicht aufhalten.“

Jetzt machte sie einen Schritt von mir zurück. „Hörst du immer noch nicht auf damit…?“

„Aber es ist die Wahrheit!“, platzte ich verzweifelt hervor. „Du hast es doch gesehen! Du hast doch die Toten und Verletzten gesehen!“

„Es war ein Attentat – Vermutlich aus Suna. Die Terroristen werden bereits gesucht. Und keiner von ihnen ist Sasuke Uchiha.“, beharrte Sakura so vehement, dass ich mich fragte, ob sie ihn nicht tatsächlich mehr liebte als ich…

Als ich ihn geliebt hatte. Ich weigerte mich, dieses Gefühl noch zuzulassen für einen Kindermörder. Für Hinatas Mörder.

Wie dem auch sei, ich sah ein, dass ich nicht erwarten durfte, Sakura zu überzeugen, wenn sie Sasuke nicht selbst eine der Bomben hochjagen sah. Da das eher unwahrscheinlich war, musste ich eben umdisponieren.

„Ist jetzt auch egal ob du mir glaubst. An der Einsturzstelle gab es Verletzte, kannst du kommen und helfen?“

Zwar war sie noch immer misstrauisch, mitkommen tat sie aber dennoch. Während wir liefen erklärte sie mir, dass die jüngeren Shinobi versuchten, die Menschen aus ihren Häusern zu bringen, während die älteren mit der Suche nach den sogenannten Attentätern beschäftigt waren. Dass sie dabei nichts finden würden, weil der eine Terrorist unterirdisch agierte, wollte Sakura nicht hören, aber immerhin tat man etwas. Kurz darauf kehrten wir zum Krater zurück, an dem sich inzwischen kaum noch Menschen aufhielten. Hier und da lief noch eine verwirrte Gestalt herum, aber wir sammelten sie ein und bildeten eine kleine Gruppe um den Mann der in den Tunnel gefallen war.

„Er ist schon sehr schwach…“, sagte sie besorgt, als sie die Hände auf seine Brust legte, trotzdem versuchte Sakura, ihn zu heilen.

Ich behielt den Blick nervös auf das Einsturzloch gerichtet. Natürlich wusste ich es nicht sicher, aber ich glaubte nicht, dass Sasuke gestorben war. Er wütete in den Eingeweiden der Stadt wie eine schlimme Krankheit und niemand hielt ihn auf weil niemand von ihm wusste oder an ihn glauben wollte. Niemand außer mir.

Jetzt musterte ich die verstörten, verängstigten Menschen, die sich aneinander klammerten wie kleine Kinder. Und sie vertrauten auf uns, Sakura und mich, dass wir sie in Sicherheit bringen würden. Nur würden sie keine Sicherheit, kein zu Hause mehr haben, wenn wir Sasuke einfach tun ließen, was ihm gefiel. Er würde Konoha auslöschen, wenn er konnte, und wenn er damit fertig war würde er jeden Bewohner jagen bis keiner mehr übrig war. Er trug so viel Hass in sich und hatte beschlossen, diesen am Dorf auszulassen…

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als der Mann aufwachte und, gepeinigt und verängstigt von seinen Schmerzen, aufschrie. Es war ein animalisches Urgeräusch, das jeder Menschlichkeit entbehrte und auch sein Blick, der zwischen Sakura und den Umstehenden hin und her flackerte, war wie der eines in die Enge getriebenen Tieres. Die Iryônin strich ihm mit glühenden Fingern zärtlich über die Wange und flüsterte beruhigende Worte, die langsam die Schreie verebben ließen. Die fiebrigen Augen des Mannes fixierten jetzt nur noch sie wie einen Engel in der Nacht und er zitterte. Ob vor Angst oder Schmerz war nicht zu sagen.

In der Ferne war eine neuerliche Explosion zu hören und als ich aufsah glaubte ich für einen Moment, die Morgenröte über den Häusern hervorziehen zu sehen, doch dann wurde mir klar, dass der Schein von Feuer kam. Inzwischen stand wohl die halbe Stadt in Flammen.

„Wir müssen hier raus.“, zischte ich an Sakura gewandt.

„Ich weiß… Aber die meisten Straßen sind unpassierbar wegen der Löcher oder der Feuer. Vor allem mit so vielen Verletzten oder Kindern.“

„Hier bleiben können wir aber genauso wenig.“, knurrte ich und zog mir den Mann über den Rücken, bevor ich aufstand. „Wir können es hier raus schaffen, aber wir müssen zusammenhalten. Sakura-chan und ich finden einen Weg für euch, aber ihr müsst eine Gruppe bleiben, denn alleine lauft ihr Gefahr, in eine der Gruben zu fallen, aus der ihr euch nicht mehr befreien könnt. Jeder, dem nichts passiert ist, nimmt jetzt einen Verwundeten oder ein Kind und stützt ihn oder sie… Los! Wir haben nicht viel Zeit!“

Kurz sahen die Leute sich skeptisch an, doch als Sakura aufstand und ein kleines Mädchen an der Hand nahm, folgten sie ihrem Beispiel und ordneten sich in einer lockeren Gruppe. Ich begutachtete das Ergebnis, dann lief ich an der Spitze los in Richtung Stadtrand.

Um uns herum herrschte Chaos und Zerstörung; Häuser brannten oder waren eingestürzt, ab und zu sah man einen Toten auf dem Weg liegen. Es wiederstrebte mir sehr, sie zurück zu lassen, aber es war wichtiger, die Lebenden zu retten. Um die Opfer würden wir uns später gemeinsam kümmern. Kurz nach unserem Aufbruch kamen wir bereits an ein Hindernis; Ein riesiger, schwelender Krater, dessen Ränder ausfransten wie eine eiternde Wunde. Das grüne Licht, das noch immer durch die Tunnel schimmerte, flackerte inzwischen und jedes Mal, wenn es für einen Moment verlosch, meinte ich, eine Gestalt aus der Dunkelheit auf uns zuwanken zu sehen.

Schluckend sah ich mich um, aber zu beiden Seiten waren Häuserwände – Und die sahen noch nicht mal besonders stabil aus. Sakura und ich hätten die Wände erklimmen und uns so retten können, den Zivilisten war das natürlich nicht möglich.

„Und jetzt, du großer Anführer?“, fragte eine offensichtlich verängstigte Frau, als wir nicht sofort weiter liefen. „Wir hätten da bleiben und auf Hilfe warten sollen statt auf ein paar Kinder…“

„Schluss jetzt.“, unterbrach Sakura sie mit einem vernichtenden Blick. „Wir gehen durch das Haus da. Auf der anderen Seite gibt es bestimmt ein Fenster.“

Froh über ihre Rationalität schenkte ich ihr ein Lächeln, doch dann gebot ich den anderen zu warten um zu prüfen, ob es tatsächlich einen Ausgang gab und ob der Weg sicher war. Als das sichergestellt war lotste ich die Gruppe durch das Gebäude und half allen durch das Fenster zu klettern. Es gab eine kleine Rangelei, doch die wurde von einem geblafften Befehl seitens Sakuras rasch unterbunden; Sie würde mit Sicherheit keine Panik in ihren Reihen aufkommen lassen.

Endlich war auch der letzte aus dem Haus und wir konnten unsere Reise fortsetzten. Noch drei Mal mussten wir ähnliche Umwege gehen und ein Mal musste ich eine Mauer mit dem Rasengan einreißen, bevor wir endlich in der Nähe der Mauer einer weiteren Gruppe Flüchtlinge begegneten, die von Shinobis eskortiert wurden. Wir besprachen uns mit den Kollegen, dann gingen wir auf das Stadttor zu, an dem immer wieder einige Leute eintröpfelten… Viel zu wenige im Vergleich zu den Tausenden, die in Konoha lebten. Unter ihnen herrschte Panik und Verwirrung und manche verstanden nicht, warum sie gehen mussten. Inzwischen kursierten neben Sakuras Erklärung, es handelte sich um ein Attentat aus Suna, auch noch Gerüchte über Erdbeben, Bandenkriege oder die weit harmlosere Erklärung es wäre ein außer Kontrolle geratener Kinderstreich.

Mir erschien es vorerst nicht so wichtig, was die Leute glaubten, solange sie die Stadt verließen, in der sie umgebracht worden wären wie die Schafe auf der Schlachtbank. Sobald wir unsere Gruppe in Sicherheit wussten, machten Sakura, ich und die beiden Shinobi, denen wir begegnet waren, uns auf die Suche nach Tsunade. Sie befand sich ganz in der Nähe der Stadtmauer und organisierte sowohl Rettungstrupps, als auch Antiterroreinheit und die medizinische Versorgung der Verletzten. Im Schein ihrer brennenden Stadt sah sie bedrohlich aus, wie eine rachsüchtige Kriegsgöttin, und wir zögerten alle einen Moment, bevor wir ihr uns näherten.

„Hokage-sama.“, begrüßte Sakura sie und wir verneigten uns alle kurz. „Wo können wir…?“

„Baa-chan, es ist Sasuke!“, unterbrach ich die Frage. Alle starrten mich an, zu verwirrt, um mich zu unterbrechen, was ich nutzte, um fortzufahren: „Er ist vollkommen verrückt geworden und will die ganze Stadt abbrennen… Hat gemeint, das wäre das Beste für alle oder so. Wir müssen ihn aufhalten!“

Tsunade warf ihrer Schülerin einen skeptischen Blick zu. „Wir haben jetzt keine Zeit für…“

„Ich habe mit ihm gekämpft, bevor all das losgegangen ist, in den Tunneln der Uchiha. Er nutzt sie, um sich ungesehen zu bewegen, und an den Ausgängen hat er die Sprengsätze deponiert. Wenn du mir nicht glaubst, prüf eine Karte mit den Ausgängen und den Explosionsorten. Du wirst sehen, dass ich Recht habe.“

Noch bevor die Hokage etwas sagen konnte, hatte ein Shinobi sowohl eine Karte der Stadt als auch eine des Tunnelsystems herbeigeschafft. Eigentlich hatte Tsunade letztere nutzen wollen, um schneller Zivilisten zu evakuieren, aber als sie meine These überprüfte und sah, dass das stimmte, verwarf sie diese Pläne.

„Holt alle Trupps zurück, die in den Untergrund geschickt worden sind. Sie könnten jede Sekunde auf eine Landmiene treten.“, befahl sie ruhig und einige Kollegen verschwanden rasend schnell in der Nacht. Mich sah Tsunade streng an. „Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme.“

Ich nickte unbeteiligt. Mir war es egal, wieso sie die Kollegen rettete, solange sie es tat. „Wie viele Menschen sind noch in der Stadt?“

„Wir wissen nicht, ob noch an anderen Stellen Leute sind, aber wenn wir von denen ausgehen, die sich hier versammelt haben… Bestimmt zwei Drittel der Bewohner.“, endete sie erschöpft und strich mit dem Finger über die Karte. „Es dauert alles sehr lange, weil die Leute in Panik sind. Viele Shinobi, die eine Gruppe evakuiert haben, sagten, die Leute seien ihnen Scharenweise wieder davongelaufen sobald eine neue Explosion zu hören war. Außerdem wollen viele ihre Häuser gar nicht erst verlassen.“

„Dann müssen wir sie dazu zwingen!“, rief ich entsetzt von der Vorstellung, dass die Leute in ihrem eigenen Heim lebendig begraben werden sollten.

„Dafür sind wir zu wenige und das Gebiet zu groß. Sobald man sie aus den Augen lässt, laufen viele der Zivilisten davon wie kopflose Hühner…“, knurrte Tsunade wütend.

Sakura hatte die ganze Zeit geschwiegen doch jetzt trat sie wieder näher. „Es wäre ja nicht so schlimm, wenn sie wenigstens zum Stadtrand fliehen würden – Dann könnte man sie praktisch unterwegs einsammeln… Aber sie laufen zum Zentrum von Konoha, habe ich Recht?“

Tsunade nickte. „Ja, zum Hokage-Felsen. Aber…“

„Es ist mir aufgefallen wegen der Orte der Explosionen.“, erklärte meine Freundin und fuhr mit dem Finger die markierten Gebiete nach – Wobei sie einen genauen Kreis um das Stadttor zog. „Sie werden systematisch in die Mitte des Dorfes getrieben. Und je enger der Kreis gezogen ist, desto schwieriger wird es sein, wieder rauszukommen. Bis Konoha nur noch ein riesiges Grab ist.“

„Mein Gott.“, flüsterte irgendjemand fassungslos.

Ich hob den Blick und sah zu dem gigantischen Felsmassiv, das in der Ferne von vereinzelten Feuern beleuchtet wurde. Gespenstische Schatten tanzten um die Gesichter unserer Staatsoberhäupter, die in Sasukes Augen alle so grundlegend gescheitert waren.

Mit einem Schlag kam mir die Erkenntnis und ich wirbelte zu den Frauen herum. „Er wird das Monument in die Luft jagen!“, platze ich heraus, den Finger auf den Berg gerichtet. „Wenn die Überlebenden sich darunter versammeln, wird Sasuke die Hokage-Köpfe sprengen, sodass alle darunter begraben werden.“

„Was…?“, fragte Sakura tonlos.

Tsunade machte eine abschneidende Geste. „Jetzt reicht es. Das wäre nicht möglich.“

„Du weißt nicht, wozu er fähig ist.“, wiedersprach ist leise und ernst. „Das hat er in den letzten Monaten vor uns allen geheim gehalten und ich glaube, diese Symbolik wäre genau das, was er sich ausdenken würde. Er… Sasuke HASST Konoha, das musst du verstehen. Er hasst uns alle so sehr für das, was ihm angetan wurde und das will er auslöschen. Bis in die Grundfesten.“

Die beiden Frauen starrten mich entsetzt an. Ungläubig. Sasuke hatte es geschafft, sie zu blenden mit seinem kleinen Theaterspiel. Sie würden mir nicht glauben, wurde mir klar, und ich machte einen halben Schritt zurück. Sicher würden sie die Leute retten, die versuchten, sich in den Stadtkern zu flüchten, aber sie würden mir nicht helfen, den Untergrund nach dem Attentäter zu durchsuchen.

Ich war alleine.

Mit einem Schlag drehte ich auf der Stelle um und rannte los. Ich hörte jemanden meinen Namen rufen und Schritte, die mir folgten, aber ich blieb nicht stehen und schließlich verlor mein Verfolger den Anschluss. Nachdem ich ihr eröffnet hatte, wie gefährlich die Tunnel waren, würde Tsunade nur versuchen, mich von meinem Plan abzuhalten, deshalb sagte ich lieber gar nicht, was ich vorhatte. In der Stadt kam ich an einer Gruppe Flüchtlinge vorbei, deren Wächter mir etwas zuriefen, aber auch sie ignorierte ich. Ich lief vorbei an zerstörten Häusern und Straßen und wusste, dass nichts mehr so sein würde wie früher. Eine heftige Wut erfasste mich beim Anblick der Ruinen meiner Heimat und ich schwor mir, dass Sasuke dafür zahlen würde.

Ohne die Zivilisten musste ich nicht durch die zerstörten Straßen laufen, sondern konnte den schnelleren Weg über die Dächer der noch nicht beschädigten Häuser nehmen. Davon gab es nicht mehr viele so nah an der Stadtmauer, wie ich feststellte, als ich mir auf einem Dachfirst einen Überblick verschaffte. Um mich herum war ein Meer aus brennenden Häusern zu sehen, um die Rauch und Asche waberte wie Nebel. In einiger Entfernung stürzte gerade ein Gebäude ein.

Ich wandte mich ab. Je schneller ich das beendete, desto besser.

Nur; Was sollte dieses „Ende“ sein? Was würde mit Sasuke passieren?

Ich schob das lauernde Grauen, das diesem Gedanken innewohnte, beiseite und machte mich wieder auf den Weg. Mit einer Lösung für das Problem würde ich mich befassen, wenn ich dessen Ursache gefunden hatte.

Bevor ich irgendetwas suchen konnte, musste ich kurz nach Hause – Ich brauchte die Karte der Tunnel, sonst würde ich im Untergrund herumirren, bis ich zufällig in eine von Sasukes Bomben lief. Für eine Weile befürchtete ich, das Haus mit unserer Wohnung wäre auch bereits dem Erdboden gleichgemacht worden, aber zu meiner Überraschung war unser Viertel unberührt von der sonst allgegenwärtigen Zerstörung. Obwohl Sasuke es offensichtlich Ernst damit meinte, die Stadt auszulöschen, schreckte er wohl davor zurück, dieses letzte Stück Heimat aufzugeben.

Ich dagegen schreckte davor zurück, die Wohnung zu betreten. Sie war voll mit Erinnerungen, die sich jetzt allesamt als Lügen herausstellten. Er hatte mich getäuscht und hintergangen und die Feststellung brannte wie Säure in meiner Kehle, als ich hastig durch die Zimmer stolperte, um die Karte zu finden. Obwohl ich hier mehrere Monate gewohnt hatte, obwohl das hier mein zu Hause gewesen war, fühlte ich mich jetzt wie ein unbefugter Eindringling. So schnell ich konnte und ohne irgendetwas bewusst anzusehen kramte ich in dem Chaos auf meinem Schreibtisch, bis ich die Karte und einen Kompass gefunden hatte, dann verließ ich fluchtartig die Wohnung.

Fluchtartig – Ein ironisches Wort, wenn man in ein Kriegsgebiet rannte. Ich nahm den Geruch von Verbranntem – War es Holz oder Fleisch, das brannte? – Kaum noch wahr, als ich durch das Treppenhaus aus dem Haus stolperte, über die Straße lief und über den Zaun in den Park gegenüber der Wohnung kletterte. Zum wiederholten Male durchsuchte ich das Unterholz nach dem Eingang zu dem Tunnelsystem. Überdeutlich sah ich Sasukes verlogenes Gesicht vor mir, als er mich vor nicht allzu langer Zeit oder vor Jahrzehnten zusammen mit Sakura aus dem Gebüsch gepflückt hatte. Es war eine Lüge… Alles waren Lügen…

Vor Zorn schlug ich auf das eingravierte Zeichen der Uchiha, als ich den Tunneleingang endlich fand. Dabei schlug ich mir die Hand auf, während der Stein sich unberührt von meinen Bemühungen zeigte. Fast wie Sasuke.

Frustriert erschuf ich einen Doppelgänger, erzeugte mit dessen Hilfe das Rasengan und sprengte ein Loch in den falschen Gullideckel. Rauch stieg aus der Dunkelheit empor und ich hörte die Reste des Deckels ins Wasser platschen. Schon einen Moment später folgte ich ihnen. Der Tunnel war noch immer erhellt von dem trüben grünen Licht, obwohl es jetzt an einigen Stellen flackerte oder ganz ausgefallen war.

Mit dem zuvor besorgten Kompass machte ich mich auf den Weg ins Ungewisse. Die Dunkelheit leckte hinter jeder der kaputten Laternen hervor, aber viel bedrohlicher waren meine eigenen Gedanken. Ich wollte nicht über das Ziel meiner Reise nachdenken, sondern einfach laufen. Weglaufen, danach sehnte sich mein ganzes, von Entsetzen zerfressenes Wesen. Aber der Kompass und die immer wieder hörbaren Explosionen hielten mich auf Kurs – Bis die Geräusche schließlich aufhörten.

Zuerst merkte ich es gar nicht; Man hört Stille nicht, bis sie einem entweder die Ohren zerfetzt oder unterbrochen wird. Aber dann wurde das Fehlen jedweder Geräusche so ohrenbetäubend, dass ich es nicht mehr überhören konnte. Die Stille machte mich nervös – Sie fühlte sich an wie die gestaute Luft vor einem Sturm. Irgendetwas Großes würde bald passieren und ich gab meinem Fluchtinstinkt weit genug nach, um schneller zu laufen. Flucht nach vorne, das war schon immer mein Ding gewesen.

Trotz der Orientierungshilfen, der Karte und dem Kompass, war es nicht leicht, sich hier unten zu Recht zu finden. Noch schwieriger war es, einen Ausgang zu finden, da ich am Hokage-Plateau nur den Tunnel zu Hinatas Todesstätte kannte und die hatte ich bei meinem Ausbruch sehr gründlich zerstört. Wie sehr ich Sasuke dadurch in die Karten gespielt hatte, wurde mir erst jetzt bewusst.

Trotz dutzender Hinweise, die es gerade in letzter Zeit gegeben hatte, hatte ich ihn hundertprozentig von Michelangelo getrennt. Ich hatte eher an meinem eigenen Verstand gezweifelt als den Gedanken zuzulassen, dass der Mann, den ich liebte, ein Mörder sein könnte. Das war wohl die ultimative Form der Redensart „Liebe macht blind“, aber dieser Gedanke nahm nicht ein Milligramm der gewaltigen Schuld von meinen Schultern. Wenn ich die Zeichen früher gesehen hätte, hätte ich Sasuke helfen, vieles verhindern können…

Ich schüttelte den Kopf und sah auf den Kompass, um mich zu orientieren. Alles „Was wäre wenn“ war nutzlos, denn so war es eben nicht gekommen. Obwohl ich das ganz genau wusste, drängten sich mir solche Überlegungen immer wieder auf, während ich weiter durch die scheinbar endlosen Tunnel lief und mit jedem Meter wuchs meine Wut auf Sasuke.

Er hätte alles haben können; Ich hätte ihm die verdammte Welt zu Füßen gelegt, aber das hatte ihm nicht genügt.

Wie viel einfacher es doch war, zu hassen, als enttäuscht zu sein. Mein Zorn trug mich durch die Dunkelheit, bis zu einem der Aufgänge, der sich jedoch nicht öffnen ließ. Sasuke hatte ihn verschlossen, genauso wie alle anderen in der Stadt, bis er der alleinige Herr seines unterirdischen Königreichs war.

Mit mehr Kraft als nötig trieb ich ein Loch in die Grenzen dieses Todeslandes.

Ich ignorierte die Steinklumpen, die mir ins Gesicht fielen, und kletterte in die Nacht, die an den Rändern glühte wie ein Schwelbrand. Hier, in der Nähe der Felsköpfe, waren die meisten Häuser noch unversehrt, aber hinter deren Dächern sah man die Brände und der starke Wind, der eingesetzt hatte, seit ich im Untergrund verschwunden war, brachte den Brandgeruch auch in diese trügerisch friedliche Gegend.

Ich lief weg von dem fernen Chaos, auf die Hokage-Köpfe zu. Unterwegs traf ich noch erschreckend viele Zivilisten, denen ich im Vorbeilaufen riet, so nah wie möglich zum Stadtrand zu fliehen. Dort würden sie von Shinobi aufgesammelt werden, hoffte ich – Sofern sie nicht in eine der noch immer zahlreichen Explosionen liefen, die noch immer regelmäßig zu hören waren.

Wie viele von ihnen würden sich retten können? Und wohin würden sie zurückkehren, wenn all das vorbei war? Die Stadt war eine einzige Ruine.

Ich kam auf den Platz vor dem Felsmassiv, an dessen Fuß das Hokage-Anwesen lag und meine Schritte verlangsamten sich, als ich zu dem gigantischen Abbild meines Vaters aufblickte. Das war eigentlich alles, was ich noch von ihm hatte, mal von dem Monster in meinem Körper abgesehen… Und auch das wollte Sasuke mir nehmen.

„Hättest du es geschafft, Mom aufzuhalten, wenn sie eine Gefahr für das Dorf gewesen wäre, Dad…?“, fragte ich den Stein, dann wandte ich mich der Einöde zu, in der meine letzte Auseinandersetzung mit Sasuke stattfinden sollte.

Irgendwo hier würde einer von uns sterben.

„Sasuke!“, brüllte ich in die Stille, die nicht in eine Großstadt gehörte. Ich wusste, dass er hier war, aber während ich langsam den Platz überquerte hielt er sich verborgten. Vielleicht, dachte ich, bereitet er gerade das große Finale seines Terrortheaters vor. Aber noch war es nicht so weit, wie ich feststellte, als ich im auffrischenden Wind den Kopf hob; Er stand auf dem Dach des Hokage-Anwesens, hatte die Arme verschränkt als wäre das Gebäude sein Schloss, und beobachtete mich völlig ungerührt.

Ich blieb mitten auf dem Platz stehen. Er hätte es mit einem gezielten Schlag beenden können, wenn er das alles nicht als riesengroße Show geplant hätte. Er war so eine Dramaqueen, sogar noch ganz zum Schluss.

„Du kannst sie nicht retten.“, erklärte er als ihm klar wurde, dass ich das Gespräch nicht eröffnen würde. Er setzte sich auf den Rand des Daches und überschlug die Beine, gerade als ob wir in unserem Wohnzimmer wären und nicht inmitten unserer von ihm beinahe zerstörten Heimat. „Du hast es das letzte halbe Jahr versucht und bist immer wieder gescheitert.“

„Vielleicht lag das daran, dass ich nicht wusste, wer mein Gegner ist…“ Ich versuchte ein sarkastisches Lächeln, aber mein Gesicht war wie eingefroren von der Monstrosität des Anblicks des Mannes den ich geliebt hatte, mit dem ich mein Leben hatte teilen wollen, in der von ihm verursachten Zerstörung. So sah seine Seele aus und ich Narr hatte allen Ernstes geglaubt, ich hätte ihn retten können

Ich straffte die Schultern und ging wieder auf ihn zu. „Aber jetzt ist Schluss mit dem Schattenboxen. Lass uns das zu Ende bringen.“

„Ja… Nach dem Ende kann sich nichts mehr verändern.“, sagte er so leise, dass ich ihn kaum verstand, dann ließ er sich mit einer fließenden Bewegung vom Dach fallen. Völlig lautlos landete Sasuke auf dem Pflaster und als er sich erhob, ließ er den Nacken kreisen wie vor einem Übungskampf unter Freunden. Sein eigentlich hübsches Lächeln war einer Fratze gleich, entstellt durch das getrocknete Blut und seine gebrochene Nase. „Wenn wir tot sind, werden wir für immer zusammen sein.“

Ich war so schockiert, dass mich Sasukes Fußstoß in die Magengrube ohne jede Gegenwehr über den halben Platz fegte. Taumelnd rappelte ich mich auf, den Arm an den Bauch gedrückt, und presste schmerzhaft hervor: „Verstehst… Verstehst du nicht, dass du alles kaputt gemacht hast? Du hast uns zerstört… Und ich lasse nicht zu, dass du meinem zu Hause dasselbe antust.“

Meine Wut wurde von meinen Tränen halb erstickt, trotzdem warf ich mich mit der Kraft der Verzweiflung auf Sasuke. Er blockte meinen Schlag knapp vor seinem Gesicht und presste sein ganzes Gewicht gegen meines. „ICH hätte dein zu Hause sein sollen.“, knurrte er und schleuderte uns auseinander.

Ich landete in einiger Entfernung auf den Beinen und öffnete meine Beintasche, um ein Shuriken daraus zu ziehen. Die kleine Waffe sah lächerlich aus im Vergleich zu Sasukes gezücktem Schwert, um dessen Klinge kreischendes Chakra pulste. Dessen ungeachtet warf ich mich ihm entgegen, schreiend, weil meine Waffe stumm war.

Es dauerte nicht lange, bis sie brach und ich mit einem Hechtsprung in eine Seitengasse flüchten musste, wo ich für einen Moment verschnaufte und versuchte, mir eine Strategie zu überlegen. Leider war ich darin noch nie sonderlich gut gewesen, sodass ich noch keine Idee hatte, als ich kurze Zeit später Sasukes Schritte auf der staubigen Straße hörte. Ich presste mich in einen Hauseingang und sah erneut hoch zu den Hokageköpfen.

Zwar hatte ich noch einige Shuriken, aber so würde ich nichts erreichen. Ich hatte mich dazu entschieden, zu kämpfen, also musste ich das jetzt auch tun. Ich atmete tief durch, dann formte ich die Fingerzeichen für einen Schattendoppelgänger. Wir sahen uns prüfend an, nickten uns zu und bildeten das Rasengan.

Ich sprang aus meinem Versteck… Und fand mich in der verwaisten Gasse wieder.

Vorsichtig querte ich die Straße und prüfte den Platz, aber auch der war verlassen. Obwohl niemand zu sehen war, schien die Luft von elektrischer Spannung zu flirren. Über mir brauten sich Gewitterwolken zusammen – Es würde wohl bald anfangen zu regnen. Mit einigem Unbehagen ließ ich die Hand sinken und die Kunst verpuffen. Sasuke hatte ernsthaft versucht, mich zu töten, da würde er nicht so ohne weiteres verschwinden. Genau in dem Moment sah ich wegen eines knirschenden Geräusches hoch zu dem vom Feuer indirekt beleuchteten Felsmassiv.

Ganz oben, kaum mehr zu sehen in der Ferne, stand Sasuke auf dem Kopf des zweiten Hokage. Während wir gekämpft hatten, hatte ich es völlig vergessen, aber der Anblick von ihm dort oben rief mir wieder ins Gedächtnis, was er vorhatte; Das Monument unserer Staatsoberhäupter zerstören. Im Moment war zwar niemand zu sehen, aber es waren sicherlich noch Zivilisten in der Nähe, die von einem solchen Erdrutsch lebendig begraben worden wären…

Ich sah mich um, sprang auf den nächsten Dachfirst und von dort aus weiter in Sasukes Richtung. Irgendwo in der Nähe war ein Schrei zu hören, aber ich sah mich nicht um, alle meine Sinne waren auf diesen Mann, diesen Wahnsinnigen konzentriert, dessen Blick melancholisch über die Zerstörung wanderte, die er ausgelöst hatte. Erst, als ich auf dem Kopf des Ersten stand, sah er auf.

„Warum kämpfst du überhaupt für diese Leute?“, fragte er gelangweilt. „Sie haben dir nicht geglaubt, obwohl du dein Leben für sie aufs Spiel gesetzt hast…“

„Das macht sie nicht zu schlechten Menschen. Und es gibt DIR nicht das Recht, sie… Uns unserer Heimat zu berauben.“ Als er nichts erwiderte, fletschte ich die Zähne. „Du hättest einfach gehen können, Sasuke! Du hättest frei sein können.“

Ein sarkastisches Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Ich hätte nicht ohne dich gehen können und du wärest nie mit mir gekommen… Du hast mich an dieses Loch gebunden… Aber es gibt so etwas wie Freiheit und Glück gar nicht für Menschen. Unsere ganze widerliche Rasse ist dazu programmiert, sich selbst zu hassen und alle anderen noch mehr. Und wenn jemand es wagt, doch Freude zu finden – Sagen wir, in einem anderen Menschen – Wird derjenige am allermeisten gehasst werden.

Weil sie zu gut für ihn ist. Weil er sie nicht wirklich versteht. Weil sie das „falsche“ Geschlecht lieben…

Lügen. All diese Pseudoargumente sind Lügen, die aus dem Neid derer geboren wurden, die nicht so viel Glück hatten. Es gibt diese Lügen nur, um jedes kleine bisschen Seelenfrieden zu zerstören, dass irgendjemand außer ihnen selbst gefunden haben könnte.

Aber in einem sind diese ekelhaften Kreaturen verbunden: Ihrer Angst vor dem Tod. Sie lässt sie daran denken, dass sie gleich sind – Oder ist das „Dorf“ nicht zusammengerückt, als es bedroht wurde? Haben sie sich jetzt nicht zusammengerottet wie die Karnickel in den Löchern, da ihre Stadt brennt? Naruto, ich werde ihnen dieses Gefühl dauerhaft schenken. Ich werde sie im Tod vereinen.“, endete Sasuke seine Ansprache.

„Die Menschen rücken in der Not näher zusammen, um ihre Heimat und ihre Familien zu beschützen. Weil das das wichtigste ist, das wir haben.“, knurrte ich und hob kampfbereit die Hände. Auch Sasuke duckte sich, aber noch griff ich nicht an. „Und eins noch: Du irrst dich. Ich wäre mit dir gegangen. Ich hätte alles für dich getan.“

„Lügner.“, seufzte er und hob die Hand wie ein Gott, der ein Urteil spricht. Wie um seine Worte zu untermalen war ein ohrenbetäubendes Donnergrollen zu hören, dann löste sich ein gleißend helles Monster aus den bedrohlichen Wolken und stürzte sich in die Tiefe.

Ich duckte mich, doch der Angriff richtete sich nicht auf mich, sondern schlug in das Feldmassiv direkt über dem Kopf des vierten Hokage ein, der noch im selben Moment in die Tiefe rutschte. Fassungslos sah ich zu, wie das Gesicht des ehemaligen Staatsoberhaupts in die Tiefe stürzte und dabei das Denkmal seines Vorgängers mit sich riss. Dabei streifte die Gerölllawine auch den Kopf, auf dem ich stand. Dieser hielt zwar noch, gab aber beunruhigende Laute von sich. Ich musste hilflos mit ansehen, wie das Gestein sich über Häuser und Gärten in der Nähe des Plateaus ergoss. Niemand, der sich dort unten aufgehalten hatte, konnte überlebt haben.

Das Kirin hatte ganze Arbeit geleistet, und über uns brodelten die Wolken immer noch, als warteten sie nur auf einen Wink Sasukes, um ihr grausiges Werk zu vollenden. Dazu würde ich es nicht kommen lassen, schwor ich mir, und sprang mit einem Schrei auf Sasuke zu. Gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellte, denn in dem Moment geriet das Monument des zweiten Hokage, auf dem ich gestanden hatte, ins Wanken und rutschte seinen Amtskollegen hinterher in die Tiefe.

Sasuke schien mein Angriff wenig zu beeindrucken. Er rümpfte nur die schiefe Nase und wehrte meine Schläge ab. Unsere Angriffe wurden immer wuchtiger, bis schließlich eine Kunst, ich wusste nicht, ob es seine oder meine gewesen war, das poröse Gestein über uns zum Bröckeln brachte. Wir strauchelten beide über die Gerölllawine, die uns mit sich ins Dorf riss. Der Malstrom aus Schotter trug uns unaufhaltsam in die Tiefe, weg voneinander, wie auf Treibholz auf einem reißenden Fluss. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sasuke von einem Felsblock zum nächsten sprang, doch dann stolperte ich und musste mich auf mich selbst konzentrieren. Auf allen vieren Kroch ich vorwärts und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, aber es half nichts; Da waren immer neue Hindernisse, Dreck zerbröselte zwischen meinen Fingern und ich fand kein Gleichgewicht. So kämpfte ich, um an der Oberfläche zu bleiben, bis vor mir ein unüberwindbares Hindernis auftauchte – Die steinerne Nase eines Kage.

Ich versuchte, nach rechts davon zu krabbeln, doch schon war das große Geröllstück über mir und ich konnte mich nur noch verzweifelt am Nasenloch festklammern, während meine Beine darunter gezogen wurden wie unter eine Eisscholle. Mit zitternden Muskeln zog ich mich immer wieder hoch, aber die Beine konnte ich inzwischen nicht mehr gebrauchen – Ich steckte bis zur Hüfte im Schutt. Vermutlich wäre ich begraben worden, wenn die Lawine nicht langsamer geworden und schließlich zum Stillstand gekommen wäre.

Nach dem Höllenlärm, den die Gesteinsmassen gemacht hatten, lag eine staubige, geisterhafte Stille über der Umgebung, die nur unterbrochen wurde vom Geräusch meiner Bemühungen, mich zu befreien. Und dann vom leisen Klappern sich nähernder Schritte, die Kiesel lostraten. Einige Bröckchen kullerten zu mir und ich konnte sie mehr schlecht als Recht mit den Armen abfangen.

Ich sah an der Nase hoch und blickte in Sasukes spöttisches Gesicht. „Ich habe dir gesagt, dass es keinen Sinn hat.“, flüsterte er und zog langsam sein Katana.

Aber ich hatte noch nicht aufgegeben. Ich würde nicht so leicht sterben, und für ihn schon gar nicht. Noch bevor er sein Schwert heben konnte, formte ich die Fingerzeichen für Schattendoppelgänger, die sich mit dem Mut der Verzweiflung auf Sasuke stürzten, während drei Klone versuchten, mir unter dem Felsbrocken hervor zu helfen. Ich sah die kurzen Erinnerungen der Doppelgänger vor meinen Augen aufblitzen, wenn sie zerplatzten:

Sasuke, der das Schwert hob.

Sasuke im Sprung.

Sasuke mit grimmig verzogenem Gesicht unter einem ganzen Haufen meiner Abbilder.

Wir vier zwangen uns zu einem enormen Kraftakt, mit dem wir die Hokage-Nase ein paar Zentimeter hochheben konnten, aber ich stellte fest, dass ich kaum die Kraft hatte, um mich darunter hervor zu ziehen. Meine Beine waren natürlich nicht zu gebrauchen; Sie waren völlig zertrümmert. So kroch ich weg und die Klone ließen den Felsbrocken sofort zurück auf den Boden fallen. Ähnlich dem Stein sank ich auf den Boden; Meine untere Körperhälfte pulsierte von einem Schmerz der mich fast blind machte. Ich spürte, wie sich einige Doppelgänger auflösten, ohne getroffen worden zu sein, weil ich sie nicht mehr mit Kraft versorgen konnte.

Die anderen schickten mir in immer schnelleren Abständen Bilder von Sasuke beim Kämpfen.

Und dann sah ich, wie einer von ihnen Sasukes Hand traf und ihm die Waffe aus der Hand trat. Zeitgleich hörte ich das metallene Klappern, als das Schwert in der Nähe auf dem Boden landete. Gedankenverloren hob ich sie auf, meine Hand zitterte, aber ich schaffte es, die Klinge zu heben und sie zu betrachten.

Sie hatte so viele Menschen getötet, dass Sasuke einfach nicht mehr hatte aufhören können. Ob er jetzt besessen war oder die Waffe, ich konnte es nicht sagen, aber so viel Blut konnte einfach nicht spurenlos an einem vorbei gehen…

Mitten in meine Gedanken sah ich die Erinnerung des letzten Klons: Er zerplatzte, als Sasuke auf seinen Kopf sprang, um über die Felsnase zu gelangen. Im selben Moment sah ich meinen echten Gegner auf mich zustürmen und ich war überzeugt, jetzt wäre es vorbei mit mir und Konoha und allen seinen Bewohnern. Ich konnte mich nicht rühren, nichts tun…

Da wurde mir plötzlich das Schwert in meinen Händen bewusst. Grimmig packte ich das Heft fester und stierte in Sasukes Augen, die wie in Zeitlupe auf mich zu zuschweben schienen. Das alles dauerte keine zwei Sekunden, doch es kam mir vor als verginge eine Ewigkeit zwischen dem Moment, als Sasuke realisierte, dass er wortwörtlich ins offene Messer rannte, bis zu seiner Erkenntnis, dass es zu spät war, um etwas daran zu ändern.

Und dann spürte ich einen heftigen Ruck auf mir, der mich vor Schmerz fast ohnmächtig werden ließ. Gequält stöhnte ich auf und das erste, das ich erblickte, als meine Augen wieder den Dienst aufnahmen, war ein Wust schwarzer Haare, hinter denen es ominös glitzerte. Ich blinzelte die Haare weg und sah, was da so glänzte.

Die Spitze von Sasukes Schwert spiegelte blutrot die Morgensonne.

Blut… Sasukes Blut…

Ein Keuchen riss mich aus meiner Schockstarre und ich spürte, wie sich der Körper auf mir rührte, doch die Waffe in seinem Bauch hielt ihn von allzu großen Verrenkungen ab. Ein Zittern lief durch seine Glieder und etwas Warmes, Breiiges tröpfelte auf meine Schulter. Er erbrach Blut aus seiner zerstörten Lunge, vermutete ich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte: Ich war zu schwach, um Sasuke von mir runter zu rollen und inzwischen spürte ich warmes Blut durch mein Shirt sickern. Sasuke gab ein Röcheln von sich und unter all dem Schmerz wallte Entsetzen in mir auf.

Ich wollte nicht Schuld an seinem Tod sein. Bitte nicht, bitte nicht auch noch er…

Als hätte er mein stummes Flehen gehört, ging ein Ruck durch Sasukes Körper, er stützte sich schwer auf die Unterarme und kippte sofort kraftlos zur Seite. Dabei rutsche er von mir runter und ein Stück das Geröllfeld. Automatisch griff ich nach seinem Arm, was aber nur dazu führte, dass ich mitgezogen wurde und pulsierender Schmerz meine Beine hochjagte. Loslassen tat ich trotzdem nicht.

„Wa…Warum konntest du nicht einfach aufhören…?“, keuchte ich gepeinigt und nicht wirklich mit einer Antwort rechnend. „Du Bastard…“

Als er zur Antwort hustete, drehte ich mühsam das Gesicht zu Sasuke – Und sah perplex, dass er lächelte. „Immerhin ist es jetzt vorbei… So oder so.“ Sein eigenes Schwert, das aus seinem Rücken hervorragte und ihn in seitlicher Position hielt, strahlte eine schreckliche Endgültigkeit aus, als er das sagte.

Ich drückte seinen Arm fester. „Nein. Die anderen kommen bestimmt bald, wenn sie sicher sind, dass kein neuer Erdrutsch losgeht, und dann…“

„Was dann, Naruto?“ Sasukes Stimme klang angestrengt, aber lang nicht mehr so besessen wie vorhin. Es war, als würde der Wahnsinn mit seinem Blut aus ihm fließen. Und da war so viel Blut, überall… „Sie haben keine Wahl. Und selbst wenn… Würde es nicht aufhören…“

„Was sagst du da? Natürlich würdest du aufhören! Du brauchst einfach Hilfe und dann…“

Aber als er mich mit sanftem, traurigem Blick ansah und langsam den Kopf schüttelte, verstummte ich.

„Es sitzt zu tief drin. Ich hab wirklich versucht, aufzuhören. Wirklich. Für dich.“, fügte er nach kurzem Zögern hinzu und verschob die Hand so, dass meine Finger zwischen seine rutschten.

Mein erster Impuls war, mich zu entziehen; Er war ein Mörder, er hatte sich entschieden, auf welcher Seite er stehen wollte. Doch dann erkannte ich, dass der Mann, der da gerade neben mir starb, nicht derselbe war, gegen den ich vor ein paar Minuten – Oder Stunden? – So erbittert gekämpft hatte. Vielleicht war es wirklich, wie er sagte, und eine Art Bestie hatte jedes Mal Besitz von ihm ergriffen, wenn er diese furchtbaren Taten begangen hatte. Ich würde es nie mit Sicherheit erfahren.

„Letztendlich… Hast du mich doch vor mir selbst gerettet.“ Sasukes Stimme war nur noch ein träges Flüstern und er hatte offenbar Mühe, die Augen offen zu halten. Er hustete und Blutklümpchen spritzten auf die Steine neben seinem Gesicht. Vor Entsetzen schaffte ich es nicht, das Gesicht abzuwenden, als er weiter sprach: „D-Du wolltest es nicht so, aber ich glaube, es ist am besten für alle… Für dich. Ohne mich. Ich war nicht stark genug… Danke. Danke für alles.“

„Hör auf damit!“, keifte ich plötzlich, die Finger fest um seine geklammert. „Hör auf, dich zu verabschieden! Sie holen uns gleich und dann wird alles wieder gut. Alles wird gut, hast du verstanden?!“

Erneut lachte er ein ersticktes Lachen und jetzt gab er den Kampf gegen seine Augenlieder auf, indem er sie schloss. „Du bist so ein Idiot, Naruto…“

„Und du erst.“, schnauzte ich mit zittriger Stimme zurück, aber er antwortete nicht mehr.

„Sasuke…?“

Er sagte nichts und meine Augen fingen an zu brennen.

„Das ist nicht lustig, Teme!“

Seine Hand in meiner wurde schlaff und es schüttelte mich am ganzen Leib, als die Tränen mit unglaublicher Wucht aus mir hervorbrachen.

„Sasuke, nein, nein, nein…“

Ich wusste später nicht, wie ich es geschafft hatte, meinen halb gelähmten Körper herumzurollen und zu ihm zu kriechen, aber kurz darauf schloss ich ihn in die Arme und schluchzte in seine Halsbeuge, die nicht mehr vertraut roch sondern nach Blut und Einsamkeit.
 

Im Zimmer war es hell und warm und draußen tollten lachend einige Kinder durch das Herbstlaub.

So einen Anblick hatte man lang nicht gesehen und er stimmte mich melancholisch. Etwas mehr als ein Jahr war es her, dass das Ende begonnen hatte… Gerade mal ein Jahr.

Ich sah mich nicht um, als die Tür aufging und jemand sich zögerlich näherte, war aber nicht überrascht, als Sakura mich ansprach: „Hallo, Naruto.“

Als ich nichts sagte, hörte ich ein klackendes Geräusch, dann kam sie langsam näher und stellte sich neben mich, um mit mir die Kinder zu beobachten. Sie scherten sich nicht um die inzwischen beinahe abgeschlossenen Wiederaufbaumaßnahmen um sie herum und ihnen war auch nicht schmerzlich das Fehlen der Felsmonumente am Rand unseres Sichtfeldes bewusst. Vermutlich hatten sie glücklicherweise in der Katastrophe noch nicht mal jemanden verloren.

Ich beneidete sie so wahnsinnig, dass ich mich dafür schämte.

„Ich habe dir Kuchen mitgebracht. Er ist auch von den anderen.“, erklärte sie. „Du hast Geburtstag, das… Das weißt du, oder?“

Ich nickte, ohne etwas zu dieser schrecklich trivialen Tatsache zu sagen.

„Wie lang willst du noch hier bleiben?“, durchbrach Sakura nach einer ganzen Weile das Schweigen.

Ich zuckte die Schultern.

Sie seufzte tief und sah mich traurig an. „Naruto, deine Beine sind geheilt. Tsunade-sama kann keinen körperlichen Grund erkennen, aus dem du noch nicht wieder laufen können solltest. Also muss es doch psychisch sein, oder? Wenn du… Wenn du dir nur helfen lassen würdest…“

Ich verkrampfte die Hände um den Stoff meines Krankenhemdes, als ich: „Nein.“, zischte. Nicht zum ersten Mal, wohlgemerkt.

„Aber so kann es doch gar nicht besser werden.“, rief sie verzweifelt. "Du vergräbst dich hier in deinem Selbsthass, aber das bringt doch niemandem etwas…“

„Und was bringt es, wenn ich wieder laufen kann?“, fauchte ich und sprang mit einem Ruck aus dem Rollstuhl hoch. Dabei stützte ich mich schwer auf das Fensterbrett, aber meine Beine zitterten und gaben bereits nach ein paar Sekunden nach, sodass ich flach auf dem Boden aufschlug. „Macht das irgendjemanden wieder lebendig, Sakura? Hah? HAH?!“

Sakura, die sich zu mir gekniet hatte, um mir aufzuhelfen, zuckte erschrocken zurück. Sie sah zu, wie ich mich mühselig in eine sitzende Position hievte, dann flüsterte sie: „Aber es bringt ihn auch nicht zurück, wenn du es nicht tust…“

Den Blick starr auf die andere Seite des Zimmers geheftet zuckte ich zusammen. Sie hatte Recht. Nichts, das ich tat oder nicht tat, würde irgendetwas an dem ändern, was im Sommer passiert war. Nichts konnte etwas an meinem allumfassenden Versagen ändern.

Ich starrte auf meine Hände, dann barg ich das Gesicht darin und schüttelte den Kopf. „Ich… Vermisse ihn so. Trotz allem, egal, was er getan hat…“ Sakura war näher gerutscht und hatte den Arm um mich geschlungen, streichelte mir verständnisvoll durch das zottelige Haar und ich schüttete aus, was ich so lange in mein Herz gesperrt hatte. „Ich vermisse ihn und ich schäme mich dafür. Er hat so viele getötet, so viel Leid verursacht. Er verdient das gar nicht, und trotzdem… Trotzdem…“

„Wir können eben nicht aussuchen, was wir fühlen.“, erwiderte sie sanft. Sie streichelte mir über die Wangen, dann zwang sie mich, das Kinn zu heben und sie anzusehen. „Und trotzdem warst du so stark, Naruto. Du hast getan, was du tun musstest, obwohl es für dich am allerschwersten war. Sasuke… Er hat uns alle hinters Licht geführt und obwohl du am meisten Grund hattest, dich von ihm blenden zu lassen, hast du ihn durchschaut und so viele Leben gerettet. Naruto, du bist ein Held.“

Ich sah sie lange an, dankbar für ihre Worte, obwohl ich sie nicht ganz glauben konnte.

Ich hatte die Wahl gehabt, Sasuke zu töten oder das Schwert zu senken, und ich hatte mich bewusst für den Mord entschieden. In dem Moment war ich so grimmig-entschlossen gewesen, so von Hass zerfressen, dass es mir nichts ausgemacht hatte, einen Menschen zu schlachten wie ein Tier. Einen Menschen, von dem ich mir nicht sicher war, was ich für ihn empfand. Ich hatte ihn so sehr geliebt, das verschwand nicht einfach – Ganz egal, wie verabscheuungswürdig seine Taten gewesen waren, ein kleiner Funke der Gefühle war zurückgeblieben und fraß sich jetzt quälend langsam durch mein Herz.

Außerdem hätte ich ihn schon viel früher durchschauen müssen. Dann hätte ich ihm vielleicht sogar helfen können, auf jeden Fall aber die Zerstörung des halben Dorfes verhindern können. Ein Held hätte nicht solange blind daneben gesessen, während sein Partner die Auslöschung einer ganzen Nation plante. Und selbst, wenn ich ihn letztlich aufgehalten hatte und dadurch tatsächlich ein Held sein sollte, wie schrecklich hoch war der Preis dafür?

Und war ich wirklich bereit gewesen, ihn zu bezahlen?
 

-----

Oh mein Gott.

OH-MEIN-GOTT, es ist fertig, ich kann es gar nicht fassen! xD

Das Projekt hat mich jetzt fast ein Viertel meines Lebens begleitet und irgendwie macht es mich traurig, dass es jetzt vorbei ist, aber es erleichtert mich auch ungemein. Gerade dieses letzte Kapitel ist mir sehr schwer gefallen; Zum einen wegen eben dieser Zwiespältigen Gefühle, es gar nicht beenden zu wollen, zum anderen aber auch, weil ich nicht so geübt darin bin, Kampfszenen zu schreiben und das hier sehr wichtig war.

Ich habe mich verflucht, mir dieses Ende ausgesucht zu haben, aber Sasukes Tod war von Anfang an so geplant. Wie bereits jemand in einem Kommentar von vor einigen Kapiteln gemutmaßt hat, gab es meiner Meinung nach keine Möglichkeit, das Ganze noch positiv zu beenden: Selbst wenn Sasuke geschnappt worden wäre, wäre er ins Gefängnis gekommen, ausgebrochen oder dort gestorben, denke ich.

Dieses „Im Schotter liegen nach dem Kampf“ habe ich an das Ende des Manga angelehnt, wenn auch nur sehr leicht. Ich mag es, kleine Referenzen aus dem Original einzubauen. ^^

Was haltet ihr davon?

Falls noch Fragen offen sind, immer her damit!
 

Insgesamt ist „Blood Painted“ eine Versagensgeschichte auf ganzer Linie geworden;

Naruto hat versagt, Sasuke und alle anderen zu beschützen. Sasuke hat versagt, sich selbst zu besiegen. Sakura konnte sich nicht von ihrer Fixierung auf Sasuke lösen und Hinata hat es nicht geschafft, ihr Leben alleine auf die Reihe zu bekommen…

Als mir das aufgefallen ist – Denn es war nicht von Anfang an so geplant; Die Story hat irgendwann ein Eigenleben entwickelt xD – Hat es mich irgendwie deprimiert aber jetzt… ist es eben so. ^^
 

Abschließend möchte ich mich nochmal für die ganzen Lieben Kommentare, die vielen Abos und die Lange treue trotz der Teilweise übermäßig langen Wartezeiten bedanken. Ihr wart wundervoll und ohne euch hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft, Blood Painted fertig zu stellen. Vielen, vielen Dank!
 

Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ihr in eines meiner neuen Projekte reinschauen würdet und man sich mal wieder lesen würde.

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/344604/?js_back=1

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Ansonsten… Nochmal vielen Dank und bis bald!



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Kommentare zu dieser Fanfic (63)
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Von:  Engelslicht
2015-12-15T13:29:14+00:00 15.12.2015 14:29
hallooo ~
ich mag es nicht wenn es traurig endet... trotzdem hat mir die ganze ff sehr gut gefallen... auch das ende! Obwohl ich mir sicher war, dass es sehr traurig wird, musste ich einfach weiter lesen! ^^
Ich werde wohl auch deine anderen ff's lesen :3
lG Engelslicht ♥
Antwort von:  RedRidingHoodie
15.12.2015 22:31
Hallo und vielen Dank für den Kommentar. :3
Jaa, das Ende war wie gesagt genau so von Anfang an geplant. ^^° Freut mich, dass es dir trotzdem gefallen hat, und wenn man sich mal wieder ließt
Von:  deathengel2
2015-10-11T13:04:04+00:00 11.10.2015 15:04
Hallo hallo :)
Also ich habe die ganze ff innerhalb einer Woche oder so gelesen und sie ist wirklich super obwohl ich zwischendurch bisschen verwirrt war als du den Schreibstil geändert hattest. Hmmh gut das Ende ist mir fast zu traurig >.< mir persönlich wäre es lieber wenn die zwei zusammen geblieben wären aber das ging wohl einfach nicht wenn man logisch denkt :P ich fand es ziemlich süß wie sasuke gegen Ende doch seine Gefühle wirklich aussprach, die sexazene in der er immer wieder ich liebe dich sagt war einfach der Wahnsinn xD hmmh gut ich glaube das wars dann von meiner Seite.
Glg deathengel2
Antwort von:  RedRidingHoodie
11.10.2015 15:13
Aw danke für deinen Kommentar. Ich freu mich sehr, weil ich mir, nachdem niemand reagiert hat, schon dachte, dass das Kapitel nicht gefallen hat xD° Allerdings mag ich es so, wie es ist, und wie du sagtest; Es ist die Logischste Konsequenz aus dem, was bis dahin passiert ist. Ich weiß auch nicht, ob Naruto noch mit Sasuke hätte zusammen sein können, nachdem er wusste, was er getan hat. Immerhin hat er Hinata getötet, die Naruto ja liebt (Ich hoffe, das ist herausgekommen; Er liebt sowohl Sasuke als auch Hinata…)
Meinst du mit "Änderung des Stils" das Kapitel, in dem nur so Bruchstücke gezeigt wurden, oder ein genereller Wechsel des Stils? Weil die Story sich ja sehr, sehr lang gezogen hat und es sich in vier Jahren wohl leider nicht verhindern ließ, dass der Schreibstil sich ändert xD°

Jedenfalls nochmal vielen, vielen Dank für den Kommentar.
lG
Von:  solty004
2015-02-18T09:42:50+00:00 18.02.2015 10:42
Hey,
Sorry das ich wieder einmal so spät schreibe. Doch ist was vor drei Wochen was passiert wo mich etwas aus der Bahn geworfen hat. Es könnte auch noch so eine Weile bleiben das ich erst später meinen Senf dazu gebe.
Es wird auch eher kurz sein als gewohnt von mir die mich schon etwas länger kämen.

Es waren echt spitzen Kapiteln!

Bin schon gespannt wie es weiter geht, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

Von:  KamuiMegumi
2015-01-03T22:53:34+00:00 03.01.2015 23:53
Argh!
Das ist ja vor Spannung kaum noch auszuhalten!
Und dann dieses Gefühl was man beim lesen hat weil man ja weiß, dass es Sasuke ist und dennoch hofft das alles irgendwie gut wird (erst Recht bei so nem Lemon!!! Holla!!!)
Die letzten zwei Kapitel stehen nun an...bibber...
Lass mich nicht zu lange bibbern!
Antwort von:  RedRidingHoodie
04.01.2015 10:48
Vielen Dank für den Lieben Kommentar, freut mich, dass es dich so mitnimmt! ( häh? xD° )
Ich hoffe, es dauert nicht allzu lang, bis es weiter geht - Ich tu jedenfalls mein bestes ;)
Bis dahin
Von:  KamuiMegumi
2014-11-28T12:02:49+00:00 28.11.2014 13:02
Super Kapitel auch wenn es etwas verwirrend war durch die Zeitsprünge. Ich freu mich immer wenn es hier weiter geht ABER dadurch nähern wir uns ja auch dem Ende und ich hab riesige Angst davor!!!! Es ist so offensichtlich das es kein Happy End geben kann...und dennoch...ich wünsche es mir sooooo sehr für die Beiden.... heul. Kannst du beide nach der Aufdeckung nicht für ein paar Jahre einweisen? Aber irgendwie hab ich eher das Gefühl das Ende wird dramatisch und blutig...werd es auch nicht überleben. Arigatou für diese tolle ff
Antwort von:  RedRidingHoodie
28.11.2014 23:41
Oh, tut mir leid, dass es verwirrend war.... Kronologisch war es so: Trauerfeier - Suche/Fund/ - Zeit im Gefängnis.
Ich würd jetzt gerne was zum Ende sagen, aber ich möchte nicht Spoilern ( davon abgesehen, dass es noch nicht geschrieben ist xD ) aber Sasuke ist schwer psychisch krank ( das ist hoffentlich offensichtlich und kein vorweggreifen xDD') also... Ja, bleib dran. .~.
Von:  solty004
2014-09-23T22:38:47+00:00 24.09.2014 00:38
Hey,
Warn wieder echt super Kapiteln.

Sorry das ich erst jetzt schreibe und dann nur so kurz wie ihr sonst so gewohnt seid, die mich schon länger kennen. Es liegt daran dass ich und meine kleine Familie nach eine drei viertel Jahr endlich wieder in die eigenen vier Wänd ziehen könnten. Ist zwar noch eine kleine Baustehle doch es wird jetzt wieder ein zu Hause. Ich kann endlich nach den dem Wasser schaden der letztes Jahr aufgetreten ist und bis heute endlich ein Licht am Ende des Tunnels sehen. Nach so langer Zeit. Wie ich der letzter Zeit öfter sage verlässt du dich auf eine Versicherung bist du verlasen, am besten alles selber in die Hand nehmen dann geht was weiter!!!!!!!!!!
Sorry wollt euch nicht zu labern seit mir nicht böse wen es die nächste Zeit auch nicht regelmäßig ist. Doch sobald der Rest an Baustelle beseitig ist kommen sie wieder regelmäßig!!!!
Das verspreche ich euch!!!!!

Bin schon gespannt wie es weiter geht, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

Antwort von:  RedRidingHoodie
24.09.2014 17:42
Ohje, du Ärmste. Freut mich sehr, dass ihr wieder in euer Haus ziehen könnt und ich hoffe, die weitere Renovierung geht gut voran, sodass bald alles wieder ist wie früher.
liebe Grüße
Von:  IrishKadda
2014-09-16T16:41:35+00:00 16.09.2014 18:41
Ich bin ganz frisch in die Story eingestiegen und die ist echt hammer gut (innerhalb kürzester zeit bin ich immerhin schon in kapitel 21 angekommen) aber irgendwie hab ich ein komisches gefühl. es gefällt mir nicht in welche richtung sich die geschichte entwickelt. ich hatte die ganze zeit noch die hoffnung dass es eben nicht sasuke ist, dass uns die liebe autorin einen streich spielt. aber mittlerweile hab ich keine hoffnung mehr. und das ist einfach nur schrecklich. ich mag geschichten ohne happy end nicht und ich frage mich, wie es da noch zu einem guten ende kommen soll... ANGST!
Antwort von:  RedRidingHoodie
16.09.2014 19:27
Aww, herzlichen Dank, dass du dich auf den Haufen Lesestoff eingelassen hast und es freut mich sehr, dass es dir bisher gefällt :) Obwohl du die Entwicklung nicht magst, muss ich leider gestehen, dass deine Vorliebe für Happy Ends nicht so mein Ding ist. Die meisten meiner Stories haben ein schlechtes oder höchstens neutrales Ende. ^^° Ich lese auch lieber fröhliche Sachen, aber wenn ich schreibe, läuft das irgendwie nie darauf hinaus, frag mich nicht wieso o__o°
Jedenfalls nochmal danke für die Rückmeldung und (trotzdem?) weiterhin viel Spaß. ♥
Antwort von:  IrishKadda
16.09.2014 21:43
ich lese ja trotzdem weiter, weils spannend ist ohne ende! aber für mein herz ist das gar nicht gut. aber ich hab dich ja auch gerade erst entdeckt. ich schaue mir auch mal deine anderen FF an :-) Vielleicht ist da ja auch was dabei, was mein herz schneller schlagen lässt... und zwar nicht aus angst vor einem bösen ende :-( ich mag deinen schreibstil nämlich wirklich sehr! du hast talent!
Von:  Caiwen
2014-06-26T16:04:34+00:00 26.06.2014 18:04
Ach ja, hab noch ne frage.
Warum heißen naruto & sasuke bei der charakterangabe colour & painter???
Weil sasuke naruto schon quasi unter kontrolle hat und dr maler mit der farbe anstellen kann was er will???
O.o

Und noch ne frage:
Is das ne fortsetzng von naruto shippuuden oder ist das nen alternativuniversum???
Antwort von:  RedRidingHoodie
29.06.2014 13:10
Weil ich die Bezeichnungen damals hübsch fand ;P ( Unter anderem... )

Das ist schon ne Fortsetzung, aber da ich halt schon vor drei Jahren angefangen habe zu schreiben, hab ich viele Details die jetzt im Manga drankamen nicht oder nur teilweise verwertet, weil es sonst nicht mehr zum Plot gepasst hätte. ^^
Von:  Caiwen
2014-06-25T16:26:12+00:00 25.06.2014 18:26
Wow....in deiner story gehts ja ganz schön ab. Irgendwie hab ich das gefühl das naruto unabsichtlich an allem schuld ist...der mörder, von dem ich das gefühl hab, dass es menma sein könnte, tötet ja wegen irgendeinem grund..ich weiß es zwar nicht hundertprozentig, aber nach michelangelos gedanken, als er auf naruto gekommen ist, nehme ich das jetzt mal an....und nun, da es gaara ja scheiße geht, beschließtsuna, konoha zum feind zu krönen.....alles ziemlich komplex und kompliziert...
Alter sakura und hinata tun mirja jetzt schon irgendwie furvhtbar leid, auch wenn ich eigentlich nichrs gegen saaunaru hab.

Freue mich schon meeega auf das nächste kapitel

Lg caiwen

Antwort von:  RedRidingHoodie
25.06.2014 20:53
Danke für deinen Kommentar :)
Na ja, wenn es nicht hin und her gehen würde, wäre es ja auch ziemlich langweilig, oder? ;D Außerdem gibt das Narutoverse unglaublich viel an Themen her und da ich vor BP noch nichts längeres über diese Welt geschrieben habe, macht es Spaß, so viele Aspekte wie möglich zu verwenden… Ich hoffe nur, ich hab mich dabei nicht zu sehr verzettelt und das Hauptplot aus den Augen verloren ^^° Ist ja bald vorbei und ja…
Ist es noch nicht offensichtlich, wer der Mörder ist ( Denn Menma ist es nicht ;) )? Das freut mich jetzt total! :D Allerdings gibt es schon im übernächsten Kapitel Aufklärung, also keine Sorge :)
Sakura und Hinata waren in der Story irgendwie meine Boxsäcke - Vor allem letztere, obwohl ich sowohl NaruHina als auch SasuHina sehr mag. QvQ Die Arme/n! Dafür, dass Naruto mit Hinata zusammen ist, habe ich mich anfänglich nur entschieden, weil ich nicht beide der Jungs völlig unerfahren in eine Beziehung schicken wollte ( Obwohl eine homosexuelle Beziehung ja noch mal was anderes ist… ), so als kleines Insider-Wissen ;)

Jedenfalls freut es mich, dass du Spaß am Lesen hast und ich hoffe, dir wird das nächste Kapitel ( Dass ich relativ bald hochladen werde ) gefallen wird ^^

lG
Von:  solty004
2014-02-21T09:44:39+00:00 21.02.2014 10:44
Hey,
Es war ein super Kapitel.

Armer Naruto zu erst hat er noch sein Gefühlschaos doch zum glückt macht jetzt Hinata was das sich es endlich gelegt hat. So das sich seine Entscheidung bestätigt das es richtig ist.
Auch wen er sich zu seid in die Einsamkeit zieht um seine Gedanken zu ordnen. Doch holt ihn etwas Shikamaru mit seinem Gespräch und das es Gaara etwas besser geht.
Mir hat es gut gefallen wie Naruto Sasuke im Gefängnis besucht hat und dort in den Arm genommen hat und sich nicht gewährt hat. Dan noch fordertet das Naruto ihm nach mal sagt das er ihn Liebt und das ohne Alkohol Einfluss. Ich glaubte er brauchte es als Bestätigung wen er es so sagt dass es damals ehrlich gemeint war und nicht wegen dem Alk. Doch wie es Naruto noch mal sagte endspante er sich in seine Armen und geniest anscheinen die Umarmung.
Es war auch schön zu lesen das er weil das Naruto bald und gesund wieder von der Front kommt. Auch wen er sauer war das er es erst jetzt ihm das gesagt hat. Wo ihm etwas abweisender und wider kühl werden lies doch diese Aussage zeigt wie schwer es ihm fällt das Naruto gehen muss. Er weil auch das sein Liebster bald zu ihm zurück kehrt.

Bin schon gespannt wie es weiter geht mit, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty
P.s.: Dachte schon das du nicht mehr weiter schreibst am dieser Story wie es so lange nicht weiter ging. Gott sei Dank habe ich mich geirrt!
Ach sorry das ich erst jetzt ein Kommentar schreibe da ich erst jetzt zu lesen gekommen bin.

Antwort von:  RedRidingHoodie
22.02.2014 18:39
Hey, danke für deinen Kommentar, ich freu mich wie immer sehr über deine Gedanken dazu :)
Natürlich bräuchte der Arme Naru eine Bestätigung, aber die wird er leider nicht bekommen - Achtung, Spoiler. xD Dazu hat er sich wohl den Falschen Freund rausgesucht... Aber naja, mal sehen, wie es weiter geht ( Ich weiß das ja auch immer eher so andeutungsweise ID )

Abbrechen werd ich die Story nicht, dazu macht sie mir zu viel Spaß, aber leider hab ich echt wenig Zeit dafür. :/ Ich hatte zwischendrin auch zeitweise keine Muse und wusste nicht genau, wie es weitergehen soll, aber weitergehen wird es sicherlich. Sind ja nur noch sechs Kapitel ID°

Dnake nochmal und ganz liebe Grüße :D
SaSi


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