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Die Trauerweide

von

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Östlich des Morgens

Östlich des Morgens
 

Sanft schob sich die Sonne den Horizont hinauf. Rötliches, warmes Licht beleuchtete den See, und verlieh der Welt eine trügerische Schönheit. Vögel erhoben sich in die Lüfte, waren nur als kleine schwarze Schatten am Himmel zuerkennen. Auch sie würden bald verschwinden. Würden in wärmere Gefilde wandern, da sich bald das eisige Schweigen des Winters über das Land ausbreiten würde. Die Welt würde ihre Augen schließen, in einen langen traumlosen Schlaf gleiten, und erst wieder erwachen wenn auch die Bewohner des Himmels zurück kehrten um den Frühling mit sich zu bringen.

Fröstelnd hüllte sich Ayesha in ihre Decke ein, ihre Augenlieder flatterten leicht, als sie ein Sonnestrahl auf der Haut traf. Verschlafen öffnete sie ihre Augen, nur langsam tauchte ihr Geist aus ihren Träumen auf. Aus Träumen in welchen sie so gerne länger verweilen würde, doch jedes Mal von neuem holte sie der Morgen in die Wirklichkeit zurück, und sie musste sich der Tatsache stellen, dass es auch dieses mal nur ein Traum gewesen war.

Traurig ließ Ayesha ihren Kopf wieder in die Kissen gleiten, und starrte zu dem kleinen Fenster hinauf. Sonnenstrahlen drangen durch es hindurch, ließen einige Partikel in der Luft aufleuchten, sacht bewegten sie sich hin und her. "Wie Federn im Wind", dachte Ayesha und zog ihre Bettdecke höher. "Wie deine zerfetzten Flügel..." Vorsichtig hob sie ihre Hand, sie fühlte die Wärme der Strahlen auf ihrer Haut. Widerstandslos glitten ihre Finger durch die Luft, verwirbelten die Partikel und Ayesha seufzte leise auf. "So begegnen wir uns nur noch in meinen Träumen Ryan. Nur dort kann ich dich fühlen, dich sehen...wo magst nur sein? Du hast Schmerzen nicht wahr? Sie quälen dich...ich kann es fühlen...sie quälen nicht nur dich...Du hast Angst, ich spüre es...Und ich kann dir nicht helfen, muss es wie du stillschweigend ertragen...Ich träume jede Nacht von dir, höre deine Stimme, sehe dein Gesicht, fühle deine Berührungen...Oh Ryan, ich wünschte ich könnte dir helfen. Ich wünsche es mir so sehr..."

Niedergeschlagen schloss Ayesha ihre Augen. Sie fühlte sich so einsam, so verlassen. Niemand wusste von ihrem Schmerz und ihrer Angst, sie hatte es niemandem erzählt. Keiner wusste was tief in ihr vorging, wonach sie sich jeden Tag sehnte. Warum sie in der letzten Zeit so oft zu den Göttern betete. Sie hatte sich in einen Mantel aus Schweigen gehüllt, und diesen konnte und wollte sie nicht ablegen. Sie hatte sich verändert. So sehr, dass sie sich manchmal vor sich selbst fürchtete. Verschlossen und nachdenklich war sie geworden, erwachsen. Ihre Freude war fortgespült geworden, war mit Ryan verschwunden.

Einen Spalt breit öffnete Ayesha ihre Augen. Wie seltsam das Schicksal doch mit den Menschen spielte. Es führte sie zusammen, verteilte die Karten, entscheid über Sieg oder Niederlage und letztendlich trennte es die Menschen wieder. Es hielt die Fäden in den Händen, und die Menschen tanzten nach der Melodie welche es ihnen vorgab. Es konnte grausam und kalt wie ein Wintersturm sein, doch gleichzeitig so blühend und wunderschön wie ein Sommerregen. "Es ist nicht fair", flüsterte Ayesha leise und drehte sich auf die Seite. "Es ist einfach nicht fair...warum hast du sie mir weggenommen? Warum gerade jetzt? Jetzt da wir...Warum bist du so grausam?"

Diese Fragen quälten Ayesha schon so lange, doch sie wusste, dass sie niemals eine Antwort erhalten würde. Das Schicksal scherte sich nicht darum was es anrichtete, was es den Menschen antat. Sie waren nur Spielfiguren auf dem Brett des Lebens...

Ein lautes Winseln ließ Ayesha zusammen fahren, sie spähte über den Rand ihres Bettes hinweg auf den Boden. Loba lag ausgestreckt auf einer Decke, sie winselte im Schlaf, ihre Pfoten traten gegen einen unsichtbaren Widerstand. Sie fletschte die Zähne. Vorsichtig glitten Ayeshas Hände zu der schlafenden Wölfin hinunter, berührten zärtlich ihr Fell. Bei dieser Berührung öffneten sich die Augen Lobas, und das Tier blickte verstört zu Ayesha hinauf. "Guten Morgen", sagte Ayesha und lächelte schief. "Du scheinst auch geträumt zu haben, oder? Wen hast du gejagt mein Mädchen? Wer hat den Zorn meiner Loba zuspüren bekommen?"

Loba richtete sich verschlafen auf, und knurrte bedrohlich. "Ich verstehe", flüsterte Ayesha und fuhr der Wölfin über ihren Kopf. "Ich habe auch schon oft von ihm geträumt." Ein Schauder ließ ihren Körper erbeben, und ihre Augen bekamen einen traurigen Ausdruck. "Was wird er ihr nur alles antun Loba?" fragte sie die Wölfin, und Ayeshas Stimme begann zu schwanken. "Wie viel Schmerz will er ihr noch zufügen? Oder glaubst du, er hat sie schon...er hat..." Schluchzend hielt Ayesha inne, und vergrub ihr Gesicht in den Kissen.

Mitfühlend blickte Loba zu dem Mädchen hinauf, ihre Ohren zuckten leicht, und sie leckte Ayesha zärtlich über ihre Hand. Zögernd legte die Wölfin ihre Vorderpfoten auf die Bettkante, und blickte sich etwas unendschloßen um. "Willst du zu mir?" fragte Ayesha und lächelte sanft. "Komm, ich erlaube es dir." Mit einem Ruck sprang die Wölfin auf das Bett, und legte sich dicht neben Ayesha nieder.

Die plötzliche Nähe des Tieres war wie Balsam für Ayeshas Seele. Sie seufzte leise, schlang einen Arm um den Körper Lobas und vergrub ihr Gesicht in ihrem Fell. "Ich kann nicht mehr Loba", wisperte Ayesha und Tränen bahnten sich ihren Weg ihre Wangen hinab. "Ich kann nicht mehr, es geht einfach nicht...Ich vermisse sie so sehr...Jede Nacht sehe ich ihr Gesicht vor mir. Warum ist sie mir auf der einen Seite so nahe, fast so nahe das ich ihren Atem auf meiner Haut spüren kann. Und auf der anderen Seite so weit von mir entfernt, dass ich dieses Gefühl der Einsamkeit nicht mehr ertragen kann...Warum? Warum spielen die Götter solch ein grausames Spiel mit uns?"

Fest umklammerte Ayesha den Körper der Wölfin, zogen ihn nahe zu sich heran. Widerstandslos ließ Loba es geschehen. Das Mädchen tat ihr aus den tiefsten Winkeln ihrer Seele leid. Auch das Tier vermisste ihre Herrin, sehnte sich danach sie wieder zusehen. Verstand nicht, warum die Menschen immer so grausam zu ihres gleichen sein mussten...Warum einige von ihnen nur verbrannte Erde und zerbrochene Seele zurücklassen konnten...

Schluchzend und zitternd hallte die Stimme Ayeshas durch ihr kleines Zimmer, füllte es mit Traurigkeit und Schmerz. Fest presste sie ihre Lippen aufeinander, versuchte sich verzweifelt an dieses Gefühl zu erinnern. An dieses Gefühl welches von ihrem Körper Besitz ergriffen hatte, als sie Ryan das erste Mal geküsst hatte. Ein leichtes Lächeln bildete sich um ihre Mundwinkel, ihr Körper entspannte sich, drängte diese Einsamkeit zurück. Ayesha erinnerte sich, auf ihren Lippen spürte sie dieses Gefühl, sie glaubte diese süße und diese Kraft zufühlen. "Ich komme zurück...ich komme zurück, " tief in ihr hörte sie die Stimme Ryans, fühlte ihre letzte Berührung. Taub begann ihr Bewusstsein zu werden, Müdigkeit verscheuchte das Zittern aus ihren Gliedern...Doch irgendetwas hielt sie umklammerte, hielt sie gefangen. Ein Gefühl, oder war es eine Vorahnung? Sie fühlte, dass etwas geschehen würde, etwas mit dem noch keiner bis jetzt gerechnet hatte...Etwas neues, etwas das eigentlich nicht vorherbestimmt gewesen war...

"Onone (*)", dachte Ayesha und schloss ergeben ihre Augen. "Ich bitte dich...lass sie mich ein weiteres Mal sehen...lass mich in ihre Augen blicken...in ihre wunderschönen Augen...vertreibe den Schmerz aus ihnen, vernichte diesen Hass in ihnen...ich flehe dich an...schenke mir süße Träume...süße Träume..."
 

Gleißendes Sonnenlicht stach ihr in die Augen. Vor Schmerz verzehrten sich ihre Geschichtszüge, und Ryan blinzelte verzweifelt gegen das helle Sonnenlicht. Wie lange hatte sie die Sonne nicht mehr gesehen? Ihre Wärme und ihre Kraft auf ihrer Haut gespürt? Genüsslich sog sie die frische Morgenluft in ihre Lungen ein...Sanft berührte der Wind ihre Haut, streifte durch ihr Haar...Welch ein wunderschönes Gesicht konnte die Welt doch annehmen? Es roch eigenartig an diesem Morgen, Ryan war nicht in der Lage genau zusagen aus welchen Quellen dieser Geruch strömte, doch er war ihr vertraut.

Er erinnerte sie an ein anderes Leben, an ihr Leben. Es roch nach Wald, vermodertem Blattwerk, nach Moos, nach Freiheit...Ja, die Morgenluft brachte ihr den Geruch der Freiheit. Ryan lächelte bitter, an solch einem Morgen war sie doch wahrlich in der Lage dem Irrglauben zu verfallen, dass sie frei war. Als könnte sie nun durch den Wald gehen, durch ihr zu Hause. Das Leuchten des Blattwerks betrachten, die unendliche Weite des Landes erblicken, den Wind in ihren Haaren fühlen und sein Flüstern vernehmen. Ja, fast hätte sie glauben können frei zu sein. Wären da nicht die schweren Ketten welche sich um ihre Handgelenke schlossen, und wären da nicht die groben Hände die sie festhielten. Doch, ihre wahre Freiheit hatte sie nicht erst jetzt verloren. Das war ihr in den letzten Wochen bewusst geworden. Sie hatte viel Zeit zum nachdenken gehabt. Ihre wahre Freiheit hatte sie an jenem Tag eingebüßt, an welchem sie mit Resa fort gegangen war um zu töten. Jener Tag war es gewesen an welchem sich ihr Leben verändert hatte. Von diesem Zeitpunkt an war sie immer auf der Flucht gewesen. Vor den Menschen, vor den Kopfgeldjägern, vor den Ogroniern, vor sich selbst. Immer war sie auf der Flucht gewesen...

"Ich laufe nicht mehr weg", dachte Ryan und bemerkte erst jetzt welche Ironie sich in diesem Gedanken befand. "Ich könnte auch gar nicht mehr fortlaufen...mit gestutzten Flügeln kann man nicht mehr fortfliegen..." Niedergeschlagen senkte sie ihren Kopf, starr blickte sie auf den steinigen Hof hinab. Nun war es soweit, der Tag ihrer Reise nach Kalmas. Zurück zu jenem Ort, dessen Klang sie bis heute noch fürchtete. Quälende Erinnerungen befielen ihre Gedanken, Erinnerungen an ein zorniges, verwirrtes und doch schuldiges Mädchen. Vor ihrem Inneren Auge tauchte plötzlich das Bild Resas auf. Sie lachte, verzog verächtlich ihren Mund.

"Habe ich es dir nicht gesagt kleines Waldkind?" hörte Ryan die krächzende Stimme der Frau die sie zu dem gemacht hatte was sie war. "Menschen wie wir finden keinen Frieden und auch keine Erlösung. Hast du daran wirklich geglaubt? Oh kleine Katze, was bist du nur für eine Närrin?" Wütend verzog Ryan ihren Mund, versuchte das Gesicht Resas aus ihren Erinnerungen auszusperren. Jedoch, hatte sie das nicht so viele Jahre lang versucht? Niemals war sie ganz verschwunden, tief in ihr war immer noch ein Teil des Mädchens welches so einfach zu beherrschen gewesen war. Und auch Resa war allgegenwärtig. Jedes Mal wenn Ryan ihr Schwert erhoben hatte, wenn sie gekämpft hatte. All das wusste sie von dieser Frau, sie hatte ihr beigebracht zu kämpfen und ohne Reue oder Mitleid zu töten. Immer war Resa bei ihr, und sie würde nie ganz verschwinden...

"Beweg dich endlich", zischte einer der Wachmänner hinter ihrem Rücken, und trieb sie durch einen Schlag mit seinem Stock weiter voran. Vorsichtig setzte Ryan ihren Weg fort. Helles Sonnenlicht ergoss sich in den Innenhof des Außenpostens, die dunkle Fahne der Ogronier flatterte auf einem Turm sacht im Wind. Ryan seufzte leise und blickte sich skeptisch um. Viele Krieger säumten ihren Weg, verstauten Gepäck, trugen Säcke hin und her. Missbilligend schüttelte Ryan ihren Kopf, als ihr Blick auf einen kleinen Holzkarren fiel, welcher in der Mitte des Hofes stand. "Mit diesem Gefährt wollen sie mich nach Kalmas bringen", dachte sie und konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. "Sie haben in all den Jahren auch nichts dazu gelernt. Da kann ich mich ja auf eine sehr lange Reise einstellen."

Ein verächtliches Brummen drang an ihre Ohren, und sie hörte wie der Krieger hinter ihr mit seinem Stock gegen seine Handfläche schlug. Augenblicklich lief sie weiter, doch ihr Blick schweifte noch immer durch den Innenhof. Plötzlich weiteten sich ihre Augen. Leicht öffnete sie ihren Mund um besser atmen zu können. Wie angewurzelt blieb sie stehen, ihre Augen fixierten nur zwei Personen, alle anderen verblassten zu Schatten. "Teleri", flüsterte sie leise und sie versuchte zu lächeln. Kurz schloss Ryan ihre Augen, da sie glaubte diese würden ihr einen grausamen Streich spielen, doch als Ryan ihre Augen wieder öffnete war Teleri immer noch da. Sie war nicht verschwunden. "Er hält also sein Versprechen", dachte sie. "Oder ist auch das wieder nur eines der vielen Spielen um mich zu quälen?" Langsam lief sie weiter, doch ihr Blick war nun auf Teleri gerichtet. Ryan sah, dass Teleri neben dem Unbekannten Mann stand mit welchem sie gesprochen hatte. Er hatte eine Hand auf ihre Schulter gelegt, und hielt sie mit diesem Griff fest. Feine Tränenspuren glitzerten auf den Wangen Teleris, Sonnenstrahlen ließen ihr Haar wie Feuer leuchten und Ryan erkannte, dass keine Fesseln um ihre Hände waren. Sie lächelte zufrieden.

"Selbst jetzt bist du wunderschön", dachte sie und Wehmut stieg in ihr auf. "So wunderschön wie ein Sonnenaufgang...du bist etwas besonders...etwas das man nur einmal in seinem Leben trifft. Ich danke den Göttern das es mir vergönnt war dies zu erblicken...ich danke ihnen, dass ich dich lieben durfte...danke das dein Licht wieder erstrahlt..." Ein kräftiger Schlag riss sie aus ihren Gedanken, zwei grobe Hände packten die Ketten und zogen sie weiter. Immer weiter auf den Karren zu, Ryan wehrte sich nicht. Der Unbekannte hatte seinen Teil ihrer Vereinbarung gehalten, sie würde nun das gleiche tun...
 

Zitternd und starr vor Angst stand Teleri wie eine Steinfigur neben einem ihr unbekannten Mann. Vorsichtig drehte sie ihren Kopf in seine Richtung und musterte ihn schnell von oben bis unten. Noch nie hatte sie ihn hier gesehen, er schien auch gar nicht in diese Umgebung und zu diesen Männer zu passen. Starr verfolgten seine Augen jede Bewegung Ryans, doch seine Miene zeigte keinerlei Reaktionen. Wie eine Maske war es, unbewegt, ohne Leben.

"Was mag sich hinter seinen Augen nur abspielen?" fragte sie sich selbst, und nahm ihren Blick wieder von ihm. Sie spürte seine Hand welche sie an ihrer Schulter festhielt. Jedoch war dieser Griff weder schmerzend noch grob. Es war eine sanfte Art von Gewalt mit welcher er sie festhielt.

Immer noch fragte sie sich, warum man sie hier her gebracht hatte. Wie aus heiterem Himmel waren Krieger in ihr Gefängnis gestürzt, und Angst war in ihr aufgekommen. Angst vor dem was geschehen könnte...was jedes Mal geschah. So viele Male...

Beschämt senkte sie ihren Blick und ein eigenartiges Gefühl bemächtigte sich ihres Körpers. Jetzt war sie wahrlich eine Avatra, eine verlorene Seele, eine gezeichnete Frau. Nie zuvor hatte sie an die Folgen ihrer Taten gedacht, nicht einmal in ihren schlimmsten Alpträumen. Zaghaft hob Teleri den Kopf und sah durch einen dicken Schleier aus Tränen zu Ryan hinüber. "Ich habe dich damit immer so verletzt...Immer, und was hast du getan? Hast es stillschweigend geduldet, hast versucht es zu ignorieren...Wir haben uns beide gegenseitig verletzt. Jetzt rächen sich all diese Taten an uns...vernichten uns...Wir haben es uns selbst zu zuschreiben...Wir haben mit unseren eignen Händen diese Gräber ausgehoben...Wir sind selbst schuld."

Kleine, durchsichtige Perlen glänzten in der Sonne auf, funkelten wie Sterne am nächtlichen Firmament. Teleri machte keine Anstalten sie fort zuwischen. Warum sollte sie? Sollten diese Männer doch ihren Schmerz sehen, es war ihr egal. Sie hatten sie schon zerbrochen, sollten sie doch nun auch ihr Werk erblicken.

"Könntest du mir bitte einen Gefallen tun?" hörte sie plötzlich die Stimme des Mannes neben sich, und sie zuckte zusammen. "Hörst du bitte auf zu weinen. Sei froh, dass du sie wenigstens noch einmal sehen kannst, manchen ist das nicht vergönnt." Hart schluckte Teleri, ihre Kehle war wie zugeschnürt, als würden sich Hände um sie legen und zudrücken. Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht, spürte wie ihre Handflächen feucht wurden, doch die Tränen versiegten nicht.

Laut seufzte Gerin auf, wandte der jungen Frau sein Gesicht zu und blickte sie kühl an. Er spürte wie ihr Körper bebte, zitterte. "Soviel Schmerz", dachte er und seine Augen verengten sich leicht. "Egal wo du bist Bruder, überall hinterlässt du nur Schmerz, Tränen und Leid. Was bist du nur für ein großer Krieger?"

Unschlüssig trat Gerin von einem Fuß auf den anderen. Was sollte er nur tun? Er kannte diese Menschen, wusste unter welchen Bedingungen sie leben mussten, unter welchen Herren. Er wusste um die Zahl der Getöteten, und diese Zahl stieg mit jedem Tag. Gerade jetzt in diesem Augenblick starb ein Mensch, und womöglich war er daran nicht unschuldig. Doch, er gehörte nicht zu ihnen, und er wollte es auch nicht. Warum tat ihm diese Frau dann so leid? Warum berührten ihn ihre Tränen so sehr? Hatte er es nicht schon so viele Male gesehen? Hatte er nicht oft genug in von Leid verzehrte Gesichter geblickt?

Fest trat er näher an die junge Frau heran, er spürte dass sie sich wehrte, doch es gelang ihm die Hände welche ihr Gesicht verbargen zu lösen. "Ich glaube, du willst gar nicht aufhören", sagte er und schüttelte leicht seinen Kopf. "Woher weißt du, dass ich Frauen nicht weinen sehen kann? Wer hat es dir gesagt?" Gerin lächelte sanft und verschränkte seine Arme vor der Brust. "Los, geh schon. Geh zu ihr."

Misstrauen ließ das Gesicht seines Gegenübers verhärten. Ihre Augen blickten starr in die Gerins, als suchten sie dort Anzeichen für einen Hinterhalt, für ein erneutes Spiel.

"Und wenn ich das tue, ist das Letzte was ich wohl erblicke ein Pfeil der mich durchbohrt, nicht wahr? Warum könnt ihr verdammten Wölfe uns nur immer quälen?" fragte sie und furchte zornig ihre Stirn. "Bereitet es euch soviel Vergnügen?"

"Ich dachte du möchtest dich von ihr verabschieden, aber wenn nicht, so kann ich das auch gerne wieder rückgängig machen", schnaubte Gerin und blickte sie ebenso kalt an.

"Wenn ihr nicht wärt, müsste ich mich nicht von ihr verabschieden", erwiderte Teleri und drehte sich schwungvoll um. Erneut flossen ihr Tränen die Wangen hinab. Warum sollte sie ihm auch glauben? Es gab keinen Grund ihm ihr Vertrauen zu schenken.

Zögernd umfassten Hände ihre Schultern, hielten sie fest. "Geh zu ihr", hörte Teleri die Stimme des Mannes. "Ich verspreche dir, es wird nichts geschehen. Nichts, hörst du? Und jetzt lauf...lauf schon." Ein kaum merkliches Zittern erfasste den Körper Teleris, sie spähte verstollen zu Ryan hinüber. Nur noch wenige Schritte trennten sie von dem Karren, nur noch ein kleiner Augenblick, dann würde sie verschwinden. Schneller entrann ihr Atem ihrer Kehle. Sie wollte Ryan doch nur noch einmal in ihre Arme schließen, sie berühren, ihr in die Augen sehen...sie wollte es so sehr.

"Lauf schon, dir passiert nichts."

Zögernd ging Teleri einige Schritte auf Ryan zu, wartete, doch nichts geschah. Es schien, als wäre sie unsichtbar, keiner blickte ihr nach. Niemand hinderte sie daran weiterzulaufen. Schneller wurden ihre Schritte, immer schneller, bis sie schließlich rannte. Der kalte Wind riss an ihren Haaren, durchdrang ihr Gewand, ließ sie erschaudern, doch das kümmerte sie nicht. Ihre Füße schienen über den steinigen Hof zufliegen. Sie sah, wie Ryan irritiert ihren Kopf hob, zu ihr blickte, lächelte, jedoch dann sofort von einem Krieger weiter getrieben wurde. "Ryan", rief Teleri und sie keuchte laut und unregelmäßig. "Ryan..."

Fest schlangen sich ihre Arme und Ryans Nacken, zogen sie an sich. Weinend vergrub Teleri ihr Gesicht in Ryans Halsbeuge. Sie zitterte, und keuchte noch immer, doch tief ihr keimte ein Gefühl auf. Ein Gefühl welches sie schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Sie war glücklich...seit langer Zeit verspürte sie wieder das süße Gefühl des Glücks.

"Was tust du hier?" fragte Ryan verwirrt, doch auch sie versuchte so gut es ging Teleri in ihre Arme zuschließen.

"Er meinte ich könnte zu dir gehen, mich von der verabschieden...er hat es mir erlaubt", wisperte Teleri und hauchte Ryan einen flüchtigen Kuss auf ihre Wange.

Tief atmete Ryan durch, und blickte zu dem Unbekannten hinüber. Sein Gesicht war immer noch so verschlossen wie an jenem Abend, an welchem sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Doch Ryan glaubte ein leichtes Lächeln um seine Lippen zuerkennen. "Danke", dachte sie und drückte Teleri glücklich an sich. "Ich danke euch."

"Wo bringen sie dich hin?" fragte Teleri und nahm ihr Gesicht zärtlich zwischen ihre Hände. "Was haben sie jetzt mit dir vor?"

Ein bitteres Lächeln ließ Ryans Gesicht erkalten. Nachdenklich blickte zur Seite und legte dann ihre Hand auf eine Teleris, welche noch immer auf ihrer Wange lag.

"Sie bringen mich nach Kalmas", sagte sie und kämpfte um ihre Selbstbeherrschung.

"Es wird enden Teleri. Es wird dort enden wo es begonnen hat. Dir wird nichts geschehen, du wirst frei kommen."

Aus traurigen Augen blickte Teleri Ryan an. Sie spürte das Ryan Angst hatte. Sie fürchtete sich, und selbst wenn sie es versuchte, sie konnte es nicht vor Teleri verstecken. Dafür kannte sie Ryan zu gut. Ein einziger Blick in ihre verstören Augen reichte für Teleri aus, um zu wissen was tief in ihr vorging...

"Warum vertraust du ihm?" fragte sie leise und strich Ryan sanft über ihre Wange.

"Ich weiß nicht warum ich ihm vertraue", bekannte Ryan und blickte nachdenklich zu dem Mann hinüber. "Er ist ein Wolf, jedoch noch ein junger. Vielleicht weil ich daran glauben will, dass es selbst in ihm einen kleinen Funken Mitgefühl gibt...ich weiß es nicht..."

Schweigend hob Ryan ihren Kopf, blickte Teleri in ihre Augen. Sie lächelte leicht, als sie sah, wie sich in ihren Augen wieder ein schwaches Leuchten bildete. Dieses Leuchten welches sie immer so an ihr geliebt hatte. Behutsam zog sie Teleri in ihre Arme, presste ihren Körper fest an den ihren, und streichelte ihr beruhigend über ihr Haar. "Es wird alles gut werden, ich weiß es. Glaub mir, es wird alles wieder gut..." kurz hielt Ryan inne, schloss ihre Augen. Wie schwer war doch die Last des Abschiedes? Wie scharf und schmerzhaft?

"Ich möchte das du mir etwas versprichst Teleri", raunte sie ihr ins Ohr, hörte aber nicht auf ihr über ihr Haar zu streicheln.

"Was? Was soll ich dir versprechen?"

"Versprich mir, dass du mich vergisst..." Teleri öffnete ihre Mund um etwas zu sagen, doch Ryan legte ihr schnell eine Hand auf ihren Mund und flüsterte leise: "Vergiss mich, es ist besser so für dich, glaub mir. Es ist der bessere Weg...ich weiß, du wirst wieder lieben, dafür bist du geschaffen...ich muss für mich meinen Weg finden, verstehst du? Ich muss ihn finden, und das werde ich auch." Teleri weinte stumm bei ihren Worten, ein kurzer, von Ryans Hand erstickter Laut entrann ihrer Kehle, dann war sie wieder ganz still. Sanft küsste Ryan ihr ihre Tränen fort und versuchte zu lächeln, doch wie so oft in den letzten Wochen misslang es ihr.

"Habt ihr eure Herzen jetzt erleichtert?" fragte einer der Krieger unwirsch und funkelte die beiden Frauen mit einer Mischung aus Belustigung und Unbehagen an.

"Halt dein Maul", zischte Ryan ihm entgegen und ihr Blick wurde kalt.

"An deiner Stelle wäre ich nicht so Vorlaut", erwiderte der Krieger und kam etwas näher. "Wir haben eine lange Reise vor uns, und da ist niemand der dich schützen kann." Er lachte laut auf, und entschwand kopfschüttelnd wieder. Angespannt atmete Ryan aus. Sie wusste, dass er Recht hatte, sie war ungeschützt. Weder der Unbekannte noch sonst jemand konnte sie mehr schützen. "Fragt sich nur, wie lange diese Reise für mich dauern wird", dachte sie und wandte ihren Blick dann wieder Teleri zu. "Pass auf dich auf", flüsterte sie und schloss sie noch einmal in ihre Arme.

Eng drängte sich Teleri an Ryan, sie wollte sie nicht los lassen, jedoch sie wusste, dass es keinen anderen Weg mehr gab. Dieser Abschied war kein Abschied für eine gewisse Zeit, dieser Abschied war womöglich für immer...

"Das werde ich. Und Ryan, grüß mir Ayesha, " flüsterte sie leise.

Ryans Augen weiteten sich, sie schob Teleri etwas von sich fort, blickte ihr in ihre Augen. "Sie weiß es", dachte sie und lächelte sanft.

Zaghaft nickte Ryan, zog Teleri ein letztes Mal an sich, schloss ihre Augen und hauchte ihr einen Kuss auf ihre Lippen. "Ich liebe dich", sagte sie, dann löste sie sich von Teleri und ging auf den Karren zu. Die Holzluke ächzte unter ihrem Gewicht auf. Fahles Licht herrschte in dem kleinen Karren, nur ein winziges Fenster war vorhanden. Seufzend ließ sich Ryan auf den Boden gleiten, und sah zu Teleri hinaus. Unbewegt wie eine Statur stand sie da, wie das Bildnis einer Göttin. Ihre langen blonden Haare wehten leicht im Wind, ihre Augen blickten sie traurig und voll Schmerz an. Ryan lächelte ihr kurz zu. Wie schön diese Frau doch war...

"Ich werde dich nie vergessen", dachte sie und spürte wie sich nun auch in ihren Augen Tränen sammelten.

Ein bärtiges Gesicht tauchte plötzlich vor ihr auf, kalt blickten sie seine dunklen Augen an. Ein lautes Geräusch war zu vernehmen, Ketten lösten sich, Rufe hallten über den Hof...Mit einem kräftigen Ruck wurde die Luke zugeschlagen, und es wurde wieder dunkel um sie...
 

Sanft umhüllte die Nacht die Welt, nahm ihr ihre Konturen, ließ sie zu einem einheitlich schwarzen Mantel werden. Ruhig war es, eine Eule saß in einem der Bäume und ihr Ruf hallte über die stille Ebene.

Müde fuhr sich Gerin über seine Wange, spürte die harten Bartstoppeln und seufzte leise. Sein Körper war schon vor Stunden der Müdigkeit erlegen, doch sein Geist war immer noch hell wach. Zu viele Gedanken und Sorgen belasteten ihn, und ließen ihn einfach nicht zur Ruhe kommen. Nachdenklich lehnte sich Gerin in seinem Stuhl zurück und starrte auf den Tisch.

Ein kleines, aus Holz gefertigtes Spielbrett stand auf der Tischplatte. Die liebevoll geschnitzten Figuren standen auf ihren Positionen und warteten darauf bewegt zu werden. Sanft fuhr Gerin mit einem Finger über das Haupt einer Figur und setzte sie einige Züge vorwärts. Er lächelte kaum merklich, als Erinnerungen in ihm aufstiegen. Erinnerungen aus seiner Jungend, oder war es aus seiner Kindheit? Sein Vater hatte ihm dieses Spiel geschenkt als er noch sehr jung gewesen war. Noch sehr genau erinnerte sich Gerin an die Worte seines Vaters: "Lerne durch es. Eine Schlacht beginnt im Kopf, man muss genau wissen wie man die Figuren setzten muss. Welche man opfern kann und welche nicht. Erst im letzten Zug entscheidet das reale Schwert über Sieg oder Niederlage. Merke dir das gut Gerin."

In all den Jahren hatte sich Gerin diese Lektion in sein Gedächtnis eingeimpft. Hatte sie nie vergessen...

Seine Hand wanderte auf die andere Seite des Spielbretts, und bewegte eine Figur für den zweiten Spieler der fehlte. Trauer bemächtigte sich seinen Erinnerungen, seine Hände begannen zu zittern. Diese Partie welche er nun schon so viele Jahre spielte, war nie entschieden worden. Begonnen hatte er sie mit seinem Vater bevor dieser nach Barolon ausgezogen war, um zu kämpfen. "Wenn ich wieder zu Hause bin", hatte er gesagt und Gerin sanft durch sein Haar gestrichen. "Dann beenden wir diese Partie, versprochen."

Traurig starrte Gerin auf den letzten Zug welchen sein Vater vollführt hatte. Der Bogenschütze war weiter vorgerückt, bekam Rückendeckung von kleinen Zwergen ähnlichen Wesen. Es war ein guter, durchdachter Zug von ihm gewesen, und Gerin hatte bis heute diesen letzten Zug seines Vaters nicht angerührt. Hatte nur alle seine anderen Figuren bewegt. Nachdenklich knete er seine Unterlippe. Thore (*) war für Gerin schon immer mehr als nur ein Spiel gewesen. Durch dieses Spiel war er sich der Bedeutung der Strategie bewusst geworden, und noch etwas hatte er gelernt. Etwas das weit mehr Bedeutung hatte.

Menschen waren so einfach zu kontrollieren wie diese Figuren. Man musste wahrlich nur wissen welche es wert waren beschützt zu werden und welche nicht. Einige waren wertlos, und man konnte sie ohne mit der Wimper zu zucken opfern, so lange man sie für einen weit besseren Zug geopfert hatte...

Still saß er da, überlegte wie er jetzt reagieren sollte. Auch wenn er es selbst war, der die Gegenseite spielte, so bildete sich Gerin immer ein, dass sein Vater vor ihm sitzen und diese Figuren bewegen würde. Laut knackte das Kaminfeuer und riss ihn für einen kleinen Moment aus seinen Überlegungen. "Wie weit werden sie wohl schon gekommen sein?" fragte er sich und faltete seine Hände. Nach einigen Überlegungen entschied Gerin, dass sie noch nicht weit vorangekommen sein durften. Diese Männer welche er ausgewählt hatte waren dumm wie Esel doch so gefährlich wie Raubtiere. Tief atmete Gerin durch, umschloss mit seinen Fingern einen Krieger und zog ihn in die Nähe des Bogenschützen...

Ein Klopfen ließ ihn zusammen fahren. Genervt blies Gerin die Luft aus seinen Lungen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Wer besitzt diese Frechheit, mich um diese Stunden noch zu stören", knurrte er leise, riss dann jedoch zusammen und rief laut: "Ja, herein." Die Tür öffnete sich und ein junger Krieger erschien in der Tür. "Was willst du?" fragte Gerin beiläufig und widmete sich wieder seinem Spiel.

"Verzeiht mir die Störung", sagte der Krieger mit belegter Stimme, es war ihm anzusehen, dass er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte.

"Schon gut", entgegnete Gerin und winkte ihn zu sich heran. "Was gibt es so wichtiges, das du mich jetzt schon, in den frühen Morgenstunden störst?"

"Ja", sagte er Krieger und kramte in seinem Lederbeutel. "So eben hat uns eine Nachricht erreicht, sie ist für euch bestimmt."

Argwöhnisch beobachte Gerin wie der Krieger in seinen Lederbeutel herum wühlte, bis er eine vergilbtes, zusammen gerolltes Pergament heraus zog, und es ihm überreichte.

"Wisst ihr von wem die Nachricht ist?" fragte er und blickte unschlüssig zwischen dem Pergament in seiner Hand und dem Krieger hin und her.

"Nein", bekannte der Krieger entschuldigend. "Es zeigt uns kein bekanntes Zeichen, und Nachrichten werden selbstverständlich nicht geöffnet."

Gerin nickte und legte das Pergament neben das Spielbrett. "Gibt es sonst noch etwas?" fragte und schien schon wieder damit beschäftig zu sein, sich einen neuen Zug zu überlegen.

"Was soll jetzt mit dem Mädchen geschehen?" fragte der junge Krieger leise.

"Habe ich das nicht schon gesagt? Sie soll Morgen freigelassen werden."

Vorsichtig nährte sich der Mann Gerin und sah ihn warnend an. "Glaubt ihr nicht, Katlar wird darüber wenig erfreut sein? Er sagte immer, er bräuchte das Mädchen noch..."

"Und zu mir sagte er, dass er keine Verwendung mehr für sie habe", unterbrach Gerin den Krieger. "Er will sie töten, und solch eine schöne Frau zu töten empfinde ich als Verschwendung. Lasst sie gehen."

Der Krieger nickte leicht, verbeugte sich und wandte sich zum gehen.

"Warte noch einen Moment", rief ihm Gerin nach. "Beobachtete sie aber noch einige Tage lang. Ich will wissen wo sie hingeht und mit wem sie sich unter Umständen trifft. Ach, und noch etwas, " fest stemmte Gerin seine Handflächen auf die Tischplatte, erhob sich und starrte den jungen Krieger wütend an. "Wenn ich in Erfahrung bringe, dass einer von euch sie heute Nacht besucht, dann werden hier einige Köpfe rollen. Und so wie ich euch einschätze, werden das nicht gerade wenige sein..." Der junge Krieger zuckte kurz zusammen, seine Augen waren ausdruckslos, doch seine Haltung zeigte Gerin, dass er Angst hatte. "Jawohl Herr, " krächzte der jüngere und verschwand dann wieder.

Erschöpft ließ sich Gerin wieder auf seinen Stuhl gleiten. "Tiere", knurrte er missmutig. "Einfache, erbärmliche Tiere..."

Unstet schweifte sein Blick durch den Raum, bis er an dem der Pergamentrolle hängen blieb. Skeptisch blickte er sie an, schüttelte leicht seinen Kopf. "Noch unvorsichtiger ging es wohl nicht für dich, oder?" dachte er und bewegte eine Figur auf dem Brett zum Gegenzug. Dann setzte er sich aufrecht, ergriff die Pergamentrolle und begann zu lesen:

Der Rabe hat die Nachricht des Wolfes erhalten.

Fragt sich jedoch, warum der Wolf das alles überhaupt tut? Was bezweckt er damit? Welche Absichten verfolgt er? Will er sich nur das Vertrauen des Raben erschleichen, um ihm dann die Feder zu stutzen, und ihn zu guter letzt doch noch in einen Käfig zu sperren?

Diese Fragen quälen den Raben und bescheren ihm schlaflose Nächte...

Doch, dem Wolf ergeht es nicht anders, nicht wahr?

Auch er versucht verzweifelt Frieden in der Nacht zu finden, doch auch er findet ihn nicht...

Der Rabe richtet dem Wolf aus, er wird sich der Sache annehmen, weiß zwar nicht was für ihn dabei herausspringt, doch bis jetzt hat der Wolf den Raben noch nicht belogen...bis jetzt...

Der Wolf sollte auf seine Rückendeckung aufpassen, sonst verliert er diese Partie.

Sobald die Angelegenheit erledigt ist, wird der Rabe dem Wolf eine Nachricht zusenden...

Ein schiefes Lächeln umspielte Gerins Mundwinkel, er nickte befriedigt, erhob sich und ging zum Kamin hinüber. Sein Blick schweifte noch einmal über das Pergament, dann warf er es in die Flammen. Schnell fraßen sich die Flammen durch das dünne Material und vernichteten es. Würden nur einen kleinen Rest Asche übrig lassen...nur Asche...

"Der Wolf dankt dem Raben", flüsterte Gerin und trat zum Spielbrett zurück. Er legte seinen Kopf schief. Besah sich die bis jetzt vollführten Züge. Seine Augen wurden ausdruckslos, als er seinen Krieger über den Bogenschützen führte. "Das Spiel kann beginnen", sagte er und stieß mit seinem Zeigefinger den Bogenschützen um. Hilflos rollte die Figur über das Spielbrett...

Mit bedächtigen Schritten trat Gerin zum Fenster, öffnete es. Der kalte Nachtwind kühlte sein erhitztes Gesicht und seine Gedanken. Immer noch war der Ruf der Eule zu vernehmen. Eisig küsste der Wind Gerins Gesicht...

Nachdenklich öffnete Gerin seine Augen, blickte in die schwarze Nacht...

Er verzog leicht sein Gesicht, als seine Augen erblickten, dass sich der Himmel im Osten langsam rötlich verfärbte...die Sonne würde bald aufgehen.

"Das Spiel beginnt, die Schlacht beginnt..."dachte Gerin und lächelte kalt.
 

Onone: Göttin der Traumwelt, der Wünsche und Sehnsüchte der Menschen. Brolonische Göttin.
 

Thore: Eine Art von Brettspiel. Im Eismeer zwar bekannt, aber nur von gebildeten und einflussreichen Ogroniern gespielt. Es ist etwas mit Schach zu vergleichen.
 

Nachwort:

Hallo an alle die dieses Kapitel eben gelesen haben. Danke dafür!

So, jetzt kommen die Dinge doch langsam ins rollen. Ryan ist auf dem Weg nach Kalmas, zurück zu jenem Ort, an welchem diese Geschichte ihren Ursprung hat. Doch, wird ihr die Flucht gelingen, oder wird sie es überhaupt versuchen?

Und da haben wir noch Gerin. Ich hatte ja gesagt, er ist ein vielseitiger Charakter, ich hoffe es kam auch so in der Art rüber. Ich kann nicht leugnen, dass ich Charaktere mag die immer zwischen Schwarz und Weiß wechseln. Denn es gibt auch im wirklichen Leben nicht einfach nur gut und böse...

Tja, und wer ist der Rabe? Das war die erste kleine Überraschung, die große kommt im nächsten Kapitel...lasst euch überraschen...

Ich grüße an dieser Stelle wieder die alt eingesessen Leser Igel und Mondscheinelfe, die mich mit ihren konstruktiven Kommentaren so nett unterstützen.

Bis zum nächsten Kapitel!

Adios seen



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2003-10-20T10:37:31+00:00 20.10.2003 12:37
So hier noch schnell mein kommi .....das kapitel war mal wieder viel zu schnell zu ende und bin schon voll gespannt auf das nächste .....und wie immer frag ich mich was mit teleri is *gg* ob sie versucht ryan zu folgen oder ayesha zu helfen ...hm naja werd ich dann ja sehn , ich hoffe ich kann in USa mal ins net und nachsehn ob das nächste Kapitel schon da is *gg* bzw um nachrichten zu beantworten...bis bald *knullzlieb*
melfe
Von:  Igel242002
2003-10-17T16:07:57+00:00 17.10.2003 18:07
Hey!

Wie ich sehe, hast meinen Vorschlag übernommen. Da fühle ich mich ja richtig geehrt*g*

schönen Abend noch
Chris
Von:  Igel242002
2003-10-16T14:43:27+00:00 16.10.2003 16:43
Hey!

Ein klasse Kapitel, das alles hat was deine Geschichte auszeichnet. Die vielschichtigen und gut ausgebauten Charaktere, den Aufbau und die stimmigen sowie detailierten Beschreibungen.
Als das Geschehen von Ayesha zu Ryan wechselt, hast du geschrieben: "Beissendes Sonnenlicht..."
ich würde 'Gleißendes Sonnenlicht' vorschlagen, das klingt passender, finde ich.
Es wäre deutlicher, wenn du diesen Wechsel der Szenerie (Ayesha/Ryan) mit einem Absatz oder Einschub gekennzteichnet hättest. Im ersten Augenblick war das etwas verwirrend.
Du hast eine Hand voll Fehler übersehen, aber nichts wirklich gravierendes.

Ich hoffe der nächste Teil klärt einige meiner Fragen.
Kommt Teleri ohne weitere Probleme frei? Wie verläuft Katlars Mission? usw.
Ich warte schon gespannt.

Bis dann
Chris


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