Zum Inhalt der Seite

Jemand

"1 neue Mitteilung erhalten"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Bekanntmachung

Hallo ihr Lieben!

Tut mir Leid, dass es mit diesem Kapitel so lang gedauert hat. Das Leben und eine Schreibblockade sind leider dazwischen gekommen, aber ich bin sehr bemüht, diese elende Blockade loszuwerden. Hier ist also das nächste Kapitel und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

Liebe Grüße,

Ur

_______________________________
 


 

»Möchtest du meine FreundInnen kennen lernen?«
 

»Sehr gerne!«
 

»Wir treffen uns heute Abend und als ich von dir berichtet habe, wollten alle das Rollenspielen verschieben und stattdessen Mensch-ärgere-dich-nicht spielen, wenn du dafür auch kommst ;-)«
 

»Mensch-ärgere-dich-nicht kann ich :-D«
 

»Super! Du kannst gern schon vorher zu mir kommen. Die anderen kommen so gegen sieben.«
 

»Klar! Bis gleich :-)«
 

Ich hab Lelo heute Morgen vor der Schule noch nicht gesehen, deswegen flattert mein Herz jetzt ganz aufgeregt, als er »Bis gleich!« schreibt, weil ich natürlich hoffe, dass er nach dem gestrigen Desaster vielleicht in der großen Pause mit mir sprechen wird. Ich schreibe Manu in den letzten Minuten unserer Physikstunde einen Zettel und erkläre ihr, dass sich Pen and Paper für heute Abend wegen Lelos Besuch erledigt hat und sie verdreht amüsiert die Augen, nickt aber und malt mir ein paar bunte Herzchen auf meinen Block und schreibt »L + K« hinein. Die Tatsache, dass ich das niedlich finde, zeugt von meinem unzurechnungsfähigen Geisteszustand.
 

Als es endlich zur Pause klingelt, verlasse ich mit hämmerndem Herzen und Manu an meiner Seite das Klassenzimmer in Richtung Pausenhalle. Ich werde mir ganz unverfänglich eine Cola vom Kiosk besorgen und mich dann auf eine der Bänke setzen. Mal sehen, was dann passiert.

»Kann ich dich kurz sprechen?«

Manu und ich sehen auf, als Pia vor der Bank stehen bleibt, auf der wir uns nieder gelassen haben. Pia schaut Manu an und ich nippe interessiert an meiner Cola während ich versuche Pia nicht mit den Augen zu verraten, dass ich weiß, dass Manu sie auf der queer kollektiv Party getroffen hat.
 

Manu sieht verwirrt aus, nickt aber und steht auf, um mit Pia ein paar Schritte zur Seite zu gehen.

»Seit wann tuscheln die beiden miteinander?«

Ich zucke erschrocken zusammen und lasse beinahe meine Cola fallen, als ich Lelo direkt neben mir entdecke. Er lächelt mich an und setzt sich zögerlich zu mir auf die Bank. Ich brauche mich nicht in der Pausenhalle umzusehen, um zu wissen, dass ein riesiger Berg Augenpaare hier herüber schaut. Nicht nur Pia und Manu in Kombination, sondern auch noch Lelo und der gruselige Satansverehrer. Für viele geht womöglich grad die Welt unter. Ich strahle Lelo an und beobachte begeistert, wie er rot wird.
 

»Ähm… seit Manu Pia vor Herrn Böckmann gerettet hat vielleicht?«, sage ich und muss es mir sehr verkneifen, Lelo von der Sache mit der Party zu erzählen. Er nickt verstehend scharrt nervös mit den Füßen auf dem Boden.

»Ich hab letzte Nacht von Skyrim geträumt«, erzählt er mir schließlich und ich muss lachen.
 

»Also war Skyrim spannender als ich«, gebe ich neckisch zurück. Lelo blinzelt kurz erschrocken und schüttelt dann heftig den Kopf. Ich hebe beschwichtigend die Arme.

»Keine Sorge, ich hab nur Spaß gemacht«, sage ich und muss mich wirklich sehr zusammen reißen um nicht näher an Lelo heran zu rutschen oder nach seiner Hand zu greifen.

»Was genau hast du denn geträumt?«, will ich wissen. Lelo grinst.

»Tatsächlich hab ich geträumt, dass wir beide beim… wie war das Wort? Jarl? Bei dem waren wir eingeladen. Zum Essen. Und diese Frau, Lydia? Die hat sich an dich rangeschmissen und ich habe ihr gesagt, dass du schon vergeben bist und dann wollte sie mich zu einem Duell herausfordern, aber ich hatte gar keine Waffen dabei, sondern nur meinen Gebetsteppich«, erzählt Lelo schmunzelnd und ich muss lachen.
 

»Ich bin sicher, du hättest einen Weg gefunden, mich und meine Ehre damit zu verteidigen«, antworte ich. Mein Herz fühlt sich an, als wäre es auf die doppelte Größe angeschwollen, so glücklich macht es mich hier mit Lelo zu sitzen und ganz normal zu quatschen. Ich bin ihm nicht peinlich. Wir sind ein Paar. Das weiß zwar sonst niemand, aber solange wir beide es wissen, ist es ja völlig ausreichend. Auch wenn ich natürlich absolut nichts dagegen hätte, ihn vor aller Welt abzuknutschen.

»Ich bin ein bisschen aufgeregt wegen heute Abend«, gibt Lelo zu und er sieht richtig verlegen aus. Ich wedele mit den Händen.
 

»Das versteh ich. Aber meine Leute sind alle super lieb!«
 

Lelo lächelt mich an und sieht so zärtlich dabei aus, dass ich mir sicher bin, dass ich gleich krepieren muss vor lauter Verknalltheit. Das Kribbeln in meinem Bauch fühlt sich an, als hätte sich dort neuerdings eine Ameisenkolonie eingenistet.

»Und… ich hab ein schlechtes Gewissen«, fügt Lelo murmelnd hinzu.
 

»Wieso?«
 

»Naja… Ich kenne schon deine Familie und heute Abend dann auch deine Freunde. Und ich eiere immer noch rum wie der letzte Dödel und trau mich überhaupt nichts.«
 

Meine Hand ist schon auf halbem Weg zu Lelos, als ich sie doch zu meinen Haaren umleite und dort anfange nervös herum zu spielen.

»Mach dir keinen Kopf drum. Wir haben doch gestern erst beschlossen, dass wir überhaupt ein… ein…«, ich senke meine Stimme zu einem Flüstern, »Paar sind.«
 

Lelos Mundwinkel zucken und seine Augen leuchten.
 

»Ich hab es nicht eilig, wirklich. Fühl dich bitte nicht unter Druck gesetzt wegen mir!«
 

Lelo nickt dankbar und deutet dann fragend auf meine Cola. Ich reiche ihm die Flasche und er nimmt einen Schluck, ehe er sie mir zurückgibt.

»Du bist sehr lieb. Und ich möchte dich eigentlich wirklich gern küssen«, murmelt Lelo und sein Blick ruht einen Moment lang auf meinem Mund. Mir wird ziemlich heiß und ich zwinge mich wieder einmal an Brot zu denken.
 

»Wenn du heute Abend zeitig kommst, können wir das mit dem Küssen noch ausreichend praktizieren, bevor meine Leute antanzen«, krächze ich mit schmachtendem Unterton, der Lelo unmöglich entgehen kann. Er lacht und nickt.

»Ich denke, ich kann so ab fünf kommen«, meint er und fährt sich durch die dunklen Locken. Mein Herz hüpft begeistert.

»Dann haben wir zwei Stunden Zeit zum Rummachen, ich bin begeistert«, sage ich schelmisch und Lelo läuft erneut rot an und räuspert sich.

»Gut. Ich freu mich auf nachher! Werd jetzt mal wieder rüber zu den anderen gehen. Manu sieht auch aus, als würde sie gern mit dir reden wollen«, erklärt Lelo und winkt Manu kurz zu, ehe er aufsteht und zurück zu seinen Freunden schlendert. Ich sehe ihm nach und mein Gesicht ist garantiert das eines hoffnungslos verliebten Dödels.
 

Manu setzt sich neben mich und nimmt meine Cola ohne zu fragen. Ich werfe ihr einen fragenden Blick von der Seite zu.

»Pia hat mich zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen«, erklärt sie unumwunden und nibbelt an dem Plastikring herum, der sich am Verschluss der Flaschenöffnung befindet.

»Du gehst nie auf Partys von Leuten aus dem Jahrgang, zu denen du eingeladen wirst«, erinnere ich sie. Manu nickt nachdenklich und ich kann nicht verhindern, dass mein Kinn herunterklappt und ich sie fassungslos anstarre. Sie grummelt und drückt mir ihre freie Hand ins Gesicht. Dann nimmt sie einen Schluck Cola.
 

»Du willst da hingehen!«
 

»Ich denke darüber nach.«
 

»Allein das ist schon mehr, als jemals zuvor geschehen ist!«
 

»Bitte übertreib nicht.«
 

»Wittere ich da eine kleine, unerwartete Verbindung zwischen euch beiden?«, zwitschere ich mit klimpernden Wimpern und Manu muss gegen ihren Willen lachen und bufft mich mit der Schulter an. Dann gibt sie mir meine Cola zurück und betrachtet ihre ausgetretenen Boots.

»Ich weiß nicht. Es wirkt ein bisschen so, als hätte sie gern Kontakt zu jemandem, der Bescheid weiß. Ich käme mir arschig vor, wenn ich sie hängen lasse. Sie ist eigentlich echt nicht übel«, sagt Manu schließlich und ich verkneife es mir sie daran zu erinnern, dass sie meine Zuneigung zu Lelo immer bescheuert fand. Vermutlich ist sie selber auch schon auf diesen Trichter gekommen.
 

»Sie hat gesagt, dass ich dich mitbringen darf«, fügt Manu schmunzelnd hinzu. Ich schnaube.
 

»Auf keinen Fall geh ich da hin! Am Ende verschwindet ihr beide in ihrem begehbaren Schuhschrank und macht da rum und ich steh allein da!«
 

»Lelo kommt sicher auch.«
 

»Der hat seine Freunde dabei und sicherlich keine Zeit für mich.«
 

»Ja, ich weiß. Ich würd auch allein hingehen, denk ich. Ich muss ja nicht lange bleiben.«
 

Ich mustere meine beste Freundin von der Seite. Manu ist grummelig und gegen fast alles und hat eine Schale aus Titan, aber innen drin ist sie ganz flauschig weich und hat ein riesiges Herz. Ich schraube meine Colaflasche zu und umarme sie von der Seite. Sie schnauft überrascht, aber dann lehnt sie sich an mich und grummelt leise vor sich hin.

»Wer hätte gedacht, dass neben uns beiden Lelo und Pia die Quote von queeren Leuten in einem Jahrgang erfüllen?«
 

»Ich sicher nicht. Aber jetzt ist es wie in all diesen Liebesfilmen, wo der unbeliebte Hauptcharakter den heißesten Menschen an der Schule abkriegt«, gebe ich breit grinsend zurück. Manu brummt nur und als es zum Ende der Pause klingelt, sehe ich, dass sie Pia nachschaut, die sich mit einigen Freundinnen zum Musikraum aufmacht.
 

*
 

Meine Eltern haben sich gnädigerweise aus dem Staub gemacht, damit meine Freunde und ich das Wohnzimmer in Beschlag nehmen können. Laura hilft mir in der Küche einen Berg Gemüse zu schnippeln und Dips anzurühren. Meine Freunde kommen immer gern zu mir, weil ich mir so viel Mühe gebe.

»Lelo kommt gleich«, erkläre ich Laura beiläufig, während ich eine rote Paprika in Streifen schneide und die Streifen auf einen Teller häufe. Laura lacht leise.

»Zwei Stunden, bevor die anderen kommen? Meinst du, er braucht noch mentale Vorbereitung?«
 

Ich verkneife mir eine Erwiderung darüber, dass ich dringend Körperkontakt brauche, nachdem ich Lelo heute den ganzen Tag in der Schule gesehen habe und ihn nicht anfassen durfte und nehme von Laura den Quark entgegen, den sie mir reicht.

»Bislang hat er alles gut verkraftet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er angesichts einer polyamorösen Beziehung oder eines transgender Menschen die Nerven verliert«, gebe ich zurück und fange an Zaziki anzurühren. Gerade, als ich geraspelte Gurke in die Schüssel werfen will, klingelt es. Ich lasse alles stehen und liegen und husche – verfolgt vom amüsierten Kichern meiner Schwester – zur Tür, um zu öffnen.
 

Lelo trägt ein kariertes Hemd und sieht so gut darin aus, dass ich es ihm direkt vom Oberkörper reißen und mich auf ihn stürzen möchte, um seine Bauchmuskeln abzulecken.

»Hey«, sagt er lächelnd und beugt sich zu mir herunter, um mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund zu drücken. Meine Lippen kribbeln und ich könnte hier und jetzt ohnmächtig zusammenklappen. Wir sind ein Paar. Paare machen solche Dinge. Oh Gott. Ich werde Lelo in zwei Stunden als meinen festen Freund vorstellen.
 

»Ich bin mit Laura grad noch dabei, Gemüse zu schnippeln«, erkläre und ich versuche nicht wie ein Betrunkener durch den Flur zu torkeln, auch wenn das mit meinen Wackelpuddingbeinen wirklich nicht einfach ist.

»Ich mach den Rest fertig! Du kannst dich deinem Liebsten widmen!«, ruft Laura aus der Küche und ich laufe kurz zu ihr, drücke ihr einen Kuss auf die Wange, klaue ein Stück Mohrrübe und ziehe Lelo dann in mein Zimmer. Sobald die Tür hinter uns geschlossen ist, zieht Lelo mich in eine feste Umarmung und drückt seinen Mund auf meine Stirn, meine Wange, mein Haar, und seine Hände wandern unruhig über meinen Rücken.
 

Mein ganzer Körper kribbelt. Heilige Scheiße.

»Es ist sehr schwer dich in der Schule zu sehen und dich nicht anzufassen«, murmelt Lelo in der Nähe meines Ohrs und sein Atem verursacht eine Gänsehaut auf meinen Armen. Ich schlucke schwer.

»Jetzt kannst du mich gern überall anfassen«, krächze ich und mein Herz hämmert wie eine Dampflok in meiner Brust. Lelo seufzt leise und es klingt ganz wunderbar hingerissen. Er drückt mich noch fester an sich und die Finger seiner rechten Hand vergraben sich in meinen Haaren.
 

Und dann küsst er mich. Ich schmelze in die Umarmung, als wäre ich Butter in der Sonne und klammere mich an Lelo wie ein Ertrinkender auf hoher See. Ich bin sicher, dass Lelo mein pochendes Herz spürt, so dicht stehen wir beieinander. Als meine Knie von dem innigen Kuss nachgeben, hält Lelo mich fest und schaut mich mit schiefgelegtem Kopf und verhangenen Augen an. Ich schlucke. Wie kann man gleichzeitig so heiß sein und diesen niedlichen Hundeblick draufhaben? Es ist mir ein Rätsel.
 

»Alles ok?«, fragt er und klingt ernsthaft besorgt. Ich lache zittrig.
 

»Mehr als ok. Aber meine Knie fühlen sich an wie Wackelpudding«, erkläre ich ein wenig peinlich berührt und Lelos Wangen färben sich rot. Er lächelt verlegen. Von heiß auf entzückend in null Komma drei Sekunden. Fuck.
 

»Dann solltest du dich vielleicht besser hinlegen.«
 

Von entzückend zurück auf heiß in null Komma zwei Sekunden. Ich brauche dringend ein Beatmungsgerät. Lelo zieht mich zum Bett hinüber und gibt mir einen sanften Schubs, sodass ich nach hinten falle und mit einem leisen Ächzen auf der Matratze lande. Er krabbelt nach mir aufs Bett, sodass er nun auf allen Vieren über mir kniet und ich verfluche den Umstand, dass ich schon wieder meine enge schwarze Hose anhabe, weil Lelos Verhalten mir innerhalb kürzester Zeit eine gewaltige Latte beschert hat. Ups. Kims Ausdauer und Widerstand bei Lelo gleich null. Nicht, dass mich das besonders überraschen würde, aber peinlich und vor allem unbequem ist es trotzdem.
 

Lelos Lippen pressen sich wieder auf meine und die Innigkeit, mit der sich seine Zunge gegen meine bewegt und wie schwer er atmet, sagt mir zumindest, dass es ihm ähnlich geht wie mir. Und, dass er mich heute in der Schule wirklich sehr vermisst haben muss. Gott sei Dank ist Lelo doch auch nur ein hormongesteuerter Teenager. Er drückt eins meiner Handgelenke aufs Bett, mit der anderen Hand fährt er durch meine Haare und dann schiebt er sich zwischen meine Beine und sein Unterkörper drückt sich gegen meine Erektion. Das Geräusch, das mir entfährt, ist alles andere als kontrolliert oder jugendfrei. Hier so unter Lelo festgepinnt zu sein macht mich unheimlich kribbelig.
 

»Ich sollte das mit dem Outing wirklich schnell hinter mich bringen«, murmelt Lelo gegen meine Lippen.

»Wieso?«
 

»Damit ich dich auch in der Öffentlich anfassen kann. Oder mal bei dir übernachten…«
 

Ich will gerade etwas erwidern, als Lelos Gesichtsausdruck sich plötzlich von ‚ausgesprochen erregt‘ hin zu ‚erregt und interessiert‘ hin verändert und dann greift er fest in meine offenen Haare und zieht. Ich schnappe nach Luft und meine Augen flattern zu. Sprechen ist völlig unnötig. Das leichte Brennen und Ziehen auf meiner Kopfhaut schießt blitzartig in meine Körpermitte und ich presse meinen Unterkörper verlangend gegen Lelos. Ich höre ihn zischend einatmen, aber er macht keine Anstalten sich zu rühren, was mir ein ziemlich erbärmliches Wimmern entlockt. Stattdessen zieht er erneut an meinen Haaren, diesmal sogar noch ein bisschen fester. Die Tatsache, dass ich weiß, dass er dabei mein Gesicht beobachtet, lässt meine Körpertemperatur um etwa fünf Grad ansteigen und ich versuche so gut es geht mich enger an Lelo zu drücken, aber sein Körpergewicht verhindert es, dass ich mich großartig bewegen kann.
 

»Davon hab ich letzte Nacht auch geträumt«, nuschelt Lelo und drückt seinen Unterkörper gegen meinen. Und zieht noch mal an meinen Haaren. Ich beiße mir heftig auf die Unterlippe, um nicht laut aufzustöhnen, weil Laura hier schließlich immer noch durch die Wohnung tigert. Heilige Scheiße. Gestern noch war Lelo darauf bedacht, nicht zu weit mit unserem Rumgemache zu gehen, und jetzt verursacht er hier eine derartige Reizüberflutung, dass ich vermutlich jeden Moment meine Hose einsaue. Fuck, fuck, fuck.
 

»Wenn du so weiter machst und nebenbei auch noch mit mir sprichst, komme ich gleich in meine Hose«, krächze ich. Lelo betrachtet mein Gesicht mit einer Mischung aus Interesse, Verlangen und Erstaunen.

»Du findest es gut, wenn ich rede?«
 

Ich lache etwas verzweifelt.
 

»Deine Stimme ist ziemlich heiß. Und wenn sie versaute Sachen sagt, dann dreh ich wahrscheinlich durch«, gebe ich zu und fahre mit meiner freien Hand durch Lelos Locken.
 

»Willst du wissen, was ich noch geträumt hab?«, erkundigt er sich mit einem Lächeln und die Wahrscheinlichkeit, dass meine Hose gleich explodiert, ist nicht klein. Ich wimmere nur zur Antwort. Lelo knabbert leicht an meinem Ohrläppchen, bevor er weiter redet. Sein Unterleib bewegt sich weiter gegen meinen, während er spricht, und ab und an zieht er an meinen Haaren. Die Hälfte meiner feuchten Träume hat sich gerade erfüllt.

»Ich hab geträumt wir würden in der Sportumkleide rummachen. Und du hast genauso schöne Geräusche gemacht wie jetzt. Und du hast vor mir gekniet und…«

Bilder fluten meinen Kopf und wenn diese Blowjob-auf-den-Knien-Sache nicht eine meiner häufigsten Wichsfantasien darstellt, will ich ab morgen Mönch werden. Scheiße. Lelo kommt nicht dazu weiterzureden. Mit einem erstickten Keuchen komme ich in meine Hose und bleibe schwer atmend unter Lelo liegen. Ausdauer? Was ist das? Kann man es essen? Ich jedenfalls besitze es nicht.
 

Lelo schaut mich an wie das achte Weltwunder.
 

»Hab ich zu doll gezogen?«, fragt er dann plötzlich ganz besorgt. Ich blinzele.
 

»Huh?«
 

Mein Gehirn ist noch nicht wirklich aufnahmefähig und Lelo befreit mein Handgelenk, sodass ich ihn umarmen und komplett auf mich herunterziehen kann.

»Hab ich zu doll an den Haaren gezogen? Ich bin wirklich nicht sicher, wie man all diese Dinge richtig macht. Aber du wirktest recht angetan und ich–«
 

»Alles war super«, nuschele ich erschöpft und voll von Post-Orgasmus-Glückshormonen. Ich vergrabe mein Gesicht an Lelos Halsbeuge und sauge seinen angenehmen Geruch ein. Die Tatsache, dass Lelo so unsicher bei all diesem Zeug ist und es gerade einfach probehalber versucht und so gekonnt durchgeführt hat, beeindruckt mich einerseits. Andererseits löst es wieder einen riesigen Berg an liebevollen Gefühlen in mir aus. Lelo ist ganz neu bei all diesem Kram. Selbst sowas wie an den Haaren ziehen ist für ihn vermutlich extremer als alles, was er vorher gemacht hat.

»Ich glaub, du bist vielleicht ein Naturtalent«, sage ich. Meine Stimme klingt, als hätte ich jede Menge Alkohol konsumiert. So ist es meistens, wenn ich gekommen bin. Ups.
 

Dann fange ich an zu zappeln.

»Jetzt bist du überhaupt nicht… du weißt schon«, sage ich empört und peinlich berührt zugleich. Lelo lacht.

»Das ist ok. Falls es dich beruhigt… viel länger hätte es bei mir auch nicht gedauert«, erklärt er mit hochroten Wangen. Ich verteile Küsse überall auf seinem Gesicht und versuche ihn von mir herunterzuschieben.

»Ich kann–«, fange ich an, aber Lelo schüttelt nur schmunzelnd den Kopf.
 

»Ich kann nicht in meiner Hose kommen! Du kriegst Besuch und ich hab nichts zum Wechseln dabei«, informiert er mich und landet mit einem leisen »Uff« neben mir auf dem Bett.

»Du kannst die Hose gern ausziehen«, biete ich ihm an. Alter Schwede, hätte ich Bock drauf den Gefallen zu erwidern. Aber Lelo bleibt eisern.

»Erzähl mir lieber von deinen Freunden, bevor sie hier ankommen.«
 

Ich schnaube ungläubig und steige vom Bett.

»Erstmal muss ich mein Dilemma beseitigen gehen. Ich bin gleich wieder da!« Mit frischer Unterwäsche, einer neuen Hose und einem dümmlichen Grinsen im Gesicht mache ich mich auf den Weg ins Bad. Es ist sogar alles noch besser als in meinen Träumen. Awesome!
 

»Bist du sicher, dass ich dir damit nicht behilflich sein soll?«, erkundige ich mich, als ich zurück in mein Zimmer komme und feststelle, dass sich unter Lelos Hose immer noch eine ausgeprägte Erektion abzeichnet. Er kratzt sich verlegen am Hinterkopf.

»Nein, schon ok.«
 

Ich schüttele den Kopf und schmiege mich von der Seite an ihn, bevor ich anfange, von meinen Freunden zu berichten.

»Kiki, Gerrit und Rosa sind zusammen.«
 

»Zu dritt?«
 

»Jup. Also, Kiki und Gerrit waren zuerst zusammen und dann haben sie sich beide in Rosa verguckt und beschlossen, dass sie das mal ausprobieren wollen und jetzt läuft es in der Dreierkombi schon über ein Jahr und funktioniert total gut. Die Drei mögen prinzipiell all die Dinge, die Manu und ich auch mögen, nur dass Rosa auch gern strickt, töpfert und backt. Kiki ist diejenige, die mir neben Laura beigebracht hat, mich anständig zu schminken. Sie will später soziale Arbeit studieren. Gerrit will Piercer werden. Und Rosa weiß nicht so richtig, was sie will, aber sie muss grad ohnehin eine Klasse wiederholen, also hat sie noch mehr Zeit, sich darüber Gedanken zu machen…«
 

Lelo hört aufmerksam zu und ich weiß, dass er jedes Stückchen Information aufsaugen und behalten wird. Vielleicht muss ich ihn heiraten.
 

*
 

»Möchtest du auch von dem Zaziki?«, erkundigt Kiki sich strahlend bei Lelo. Ich beobachte zufrieden, wie meine Freunde Lelo genauso entzückend finden wie ich. Außerdem ist es das erste Mal, dass Manu und Lelo privat Zeit miteinander verbringen und sie hat sich direkt neben ihn gehockt und bietet ihm nun dauernd abwechselnd Kohlrabi und Salzstangen an.

»Ähm, nein danke. Ich will morgen Abend mit meiner Familie in die Moschee, da ist Knoblauch heute nicht so cool«, erklärt Lelo verlegen und nimmt sich stattdessen den Kräuterdip ohne Knoblauch.

»Man darf nicht nach Knoblauch riechen, wenn man in die Moschee geht?«, erkundigt sich Gerrit interessiert.
 

»Es wird als unhöflich empfunden, wenn man eine total krasse Knoblauch- oder Zwiebelfahne hat und dann die anderen auf engem Raum beim Beten damit… naja… belästigt ist vielleicht ein zu hartes Wort… Aber es stört eben manche und beim Beten soll man sich anständig konzentrieren«, erklärt Lelo bereitwillig und Gerrit nickt verständnisvoll.

»Kann ich tatsächlich ziemlich gut verstehen. Meine beiden Damen haben nichts gegen Knoblauch, aber ich krieg die Krise, wenn ich selber keinen gegessen hab und eine von ihnen eine Fahne hat«, gibt er zurück. Kiki streckt ihm die Zunge raus.
 

Ich mustere die Leute, die hier mit mir zusammen im Wohnzimmer meiner Eltern sitzen. Laura und Manu, die sich zwischendurch mit Salzstangen bewerfen und in einem anderen Universum vielleicht ein Paar wären, wenn meine Schwester nicht so hetero wäre, Lelo in seinem karierten Hemd und mit einem Stück Kohlrabi im Mund, Kiki mit den langen, blonden Locken und dem perfekt sitzenden Lidstrich, Gerrit mit seinem Undercut und dem Commander Spock T-Shirt und Rosa mit ihren kurzen Stoppelhaaren und dem roten Mund und dem scheinbar selbstgestrickten Pullover, der ihr halb über eine Schulter hängt.
 

Die Tatsache, dass ich Lelo als meinen Freund vorgestellt habe und jetzt all meine Lieblingsmenschen zusammen in einem Zimmer sitzen und sich total gut verstehen, bringt mein Herz dazu, auf die doppelte Größe anzuschwellen und sich schnurrend in meiner Brust zusammenzurollen.

»So, wer hat Lust auf Mensch-ärgere-dich-nicht?«, fragt Rosa gut gelaunt.
 

»Ich bin mit Manu in einem Team!«, ruft Laura und springt auf, um das Spielbrett zu holen. Lelo lächelt mich von der Seite an.

»Bilden wir auch ein Team?«, fragt er leise und mit funkelnden Augen. Ich schlucke und strahle und Manu stöhnt angestrengt neben mir.

»Ja, bitte!«



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (7)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  aschenneller
2014-11-17T14:56:32+00:00 17.11.2014 15:56
Oh verflixt, ich habe nicht aufgepasst!!!! Die Geschichte ist noch gar nicht fertig!!!! Und ich dachte mir gerade eben, das Du noch nie so komische Schlussszenen hattest!!! *grins* Naja, ist wohl mein Fehler! Wäre lieb von Dir, wenn Du mir Bescheid geben könntest, wenn sie fertig ist! ;)
Alles Liebe
Christina
P.S. Sie ist wieder mal super!!! ;)
Von:  brandzess
2014-10-12T09:07:45+00:00 12.10.2014 11:07
Ein wirklich tolles Kapitel :3 Lelo bemüht sich ja wirklich sehr alles zu verstehen und mal zu probieren. Kim hat wirklich ein tolles Los gezogen mit seinem Lelo. Die beiden sind einfach Zucker zusammen und plötzlich scheint Lelo ganz heiß auf Rumgemache zu sein. Aber wenn er so verknallt im Kim ist wie Kim in ihm dann ist das kein Wunder.
Es ist wirklich schön, dass sich Lelo und Kims Freunde verstehen das ist ja immer wichtig. Es ist einfach irgendwie blöd wenn sich festeR FreundIn nicht mit Freunden und Freundinnen verstehen.
Manu und Pia also. Interessant^^ Mal sehen was da noch so kommt.
Lelos Freunde sollten sich so langsam an den Anblick von ihm mit Kim gewöhnt haben. Das wird schon werden und ein Outing eilt ja auch nicht wirklich. Zumindest in der Schule.
Freu mich auf mehr.
Lg brandzess
Von:  tenshi_90
2014-10-12T07:25:21+00:00 12.10.2014 09:25
Das ist ein wundervolles Kapitel :)

Die beiden sind ja so ein knuffiges und total verliebtes Paar ^^

Es ist immer wieder eine Freude, ein neues Kapitel von dir zu lesen. Mach weiter so ^^
Von:  Morphia
2014-10-11T21:55:56+00:00 11.10.2014 23:55
Juhu! Neues Kapitel! ♡
Lelo hat Kim mal wieder total den Kopf verdreht. 😍
Von: abgemeldet
2014-10-11T21:28:44+00:00 11.10.2014 23:28
Awwww, alle sind einfach nur soooo lieb und das tut echt gut. "Drama" hat natürlich auch seinen Platz, aber es ist so erschöpfend x_x
Ich weiß gar nicht, was ich sonst sagen soll XD Ich hab alle total lieb ^^ Manu ist natürlich super und Laura ist auch sehr toll, und es sind durch die Bank alle wunderbare, lebendige Charaktere, Kim und Lelo natürlich sowieso auch!

Alles Liebe :)
Von:  niyo
2014-10-11T21:05:07+00:00 11.10.2014 23:05
Wow, einfach nur wow.
Ich bin grad ein wenig sprachlos.
Diese Mischung aus purem Zucker und wahnsinnig heiß...
Ich hät nie gedacht, dass das möglich wäre, aber bei Dir wiederum wundert mich das schon gar nicht mehr.
Du schreibst ja sowieso einfach nur wunderbar :).
LG niyo
Von: abgemeldet
2014-10-11T20:45:23+00:00 11.10.2014 22:45
Ganz viel Liebe und Fluff und .. auch etwas knisternde Erotik. Eine weitere herzzerreissende Szene mit unseren Dödeln plus Anhang! <3 Mich reisst diese Geschichte mit, und es ist völlig egal wie lange ich hätte warten müssen, ich habe dieses Kapitel verschlungen und werde auch die nächsten verschlingen!

Die Charaktere sind so vielseitig und individuell wie die vielen Themen, die du anschneidest, über die du in gewisser Weise auch aufklärst. Ich fühle mich an Star Trek erinnert: Viele verschiedene Charaktere und viele scheinbar gegensätzliche Themen und Positionen, in einer positiven Welt, in der all das nebeneinander existieren oder sogar ineinander greifen kann. Kim, Lelo, Laura, Manu, Pia, Rosa, Gerrit ... Dieser Abend, den sie gemeinsam verbringen .. das alles ist für mich Ausdruck einer leider nur in Teilen realen Welt, in der wir unsere gesellschaftlichen Zwänge soweit abstreifen, das wir wieder lernen, so zu sein wie wir wirklich sind. Und vielleicht ist diese Ausstrahlung der Grund, wieso mich "Jemand" in so besonderem Maße fesselt und berührt <3.


Zurück