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Adel Verpflichtet

von

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Adel Verpflichtet 9

Endlich! Er hatte den ganzen Ball an Schuldigs Seite verbracht. In hochhackigen, engen und viel zu kleinen Damenschuhen, kiloweise Make-up im Gesicht, und einem Korsett.

Er konnte nicht begreifen, wie es eine Frau aushalten konnte, sich immer und immer wieder in dieses Ding zu zwängen.

Um dem Drang zu widerstehen die Schuhe davonzukicken und das Korsett einfach durch tiefes Einatmen zu sprengen, hatte er mehr Wein getrunken, als für ihn gut gewesen war.

Und zu allem Überdruss hatte Schuldigs Tante sich nicht mehr abwimmeln lassen. Schuldig hatte allerlei Ausreden und Geschichten über und um Aschanti erfinden müssen. Aya konnte sich nur wundern, wie viel Einfallsreichtum und Fantasie er dabei zutage legte, ohne dass es übertrieben oder erfunden wirkte.

Irgendwann im Morgengrauen hatten sie es doch geschafft, sich von Schuldigs Tante zu trennen. Sie waren in Schuldigs Anwesen zurückgefahren, in dem Aya ja nun auch wohnte.

Schon in der Kutsche hatte er sich der Schuhe entledigt. Am liebsten hätte er sie ja aus dem Fenster geworfen. "Teufelswerk!", hatte er geschimpft.

Schuldig war nur danebengesessen und hatte müde vor sich hingegrinst. Auch für ihn war es anstrengend gewesen. Auch wenn er es gewohnt war bis in aller Herrgottsfrühe munter zu sein, war dieser Ball doch auch für ihn ein Marathonlauf gewesen.

Er hatte während der Fahrt kurz die Augen geschlossen und das Bild Ayas war vor seinen geistigen Augen aufgetaucht. Das Sternenlicht in dessen Gesicht. Die Augen geschlossen und die feuchten, roten Lippen die halb geöffnet auf ihn gewartet hatten. Doch dann war ja seine Tante gekommen, und hat alles kaputt gemacht.

Diese alte Vettel! Sollte sie sich doch um ihren eigenen Kram kümmern! Was ging sie sein Leben an?

Weitere Gedankengänge wurden durch das Stoppen des Wagens verhindert. Der Diener öffnete die Wagentüre und half der vermeidlichen ,Dame' beim Aussteigen.

Aya stolperte die Treppen in sein Zimmer hinauf. Schuldig sah Aya immer wieder wanken, darum ging er hinter ihm, dass er ihn auffangen konnte, sollte Aya doch stürzen. Und dieser Umstand rettete Aya wohl das Leben. Denn tatsächlich stolperte er am oberen Treppenende und fiel direkt in Schuldigs Arme.

"Aber Fräulein. Nicht so stürmisch...", grinste Schuldig müde.

"Dummkopf.", lächelte Aya zurück. Er war viel zu müde um sich über irgendetwas aufzuregen oder zu ärgern. "Bring mich lieber in mein Zimmer." Aya schlang seine Arme um Schuldigs Hals und legte seinen Kopf in seine Halsbeuge. Er hing wie tot in Schuldigs Armen.

Schuldig hielt für einen Moment inne. Dieses angenehme Gefühlt das ihn plötzlich durchströmte hatte er bis jetzt nicht gekannt. Dieses Vertrauen das Aya ihm in diesem Moment entgegenbrachte. Schuldig hätte schließlich alles mit ihm anstellen können.

Doch dann überlegte Schuldig, dass diese Unbefangenheit wohl dem Weingenuss Ayas zuzuschreiben war. Denn so wie sich Aya sonst gebar, wenn Schuldig ihm näher kam, war das genaue Gegenteil zu dem hier.

Schuldig trug ihn die letzten fünf Stufen hinauf in den ersten Stock und dann in sein Zimmer. Nachdem er die Türe geöffnet hatte, wollte er Aya auf den Boden stellen, aber Aya klammerte sich fest. "Nicht... halt mich noch ein bisschen.", murmelte dieser.

Schuldig war selbst schon mehr als nur müde. Darum tat er das Beste, das ihm gerade einfiel. Er ging hinüber zu Ayas Bett und ließ sich dort, mit samt seiner Last nieder.

Träge kuschelte sich Aya an Schuldig. Aber kaum hatte sich Schuldig hingelegt, fielen ihm schon die Augen zu.

-*-

"Schuldig!", brüllte Aya direkt in das Ohr des genannten. Aya war aufgewacht. Direkt neben, oder besser gesagt in den Armen Schuldigs. Dieser blinzelte nur verschlafen.

Aya sprang auf, zumindest versuchte er es. Er hatte nicht bemerkt, dass er noch immer in dem Kleid steckte und stolperte somit über den langen, ausladenden Saum. Später wusste er nicht zu sagen, wie er sich überhaupt hatte bewegen können, da ihm doch alle Knochen weh taten. Dass diese Korsette, von denen er in diesem Augenblick noch immer eines auf dem Leibe trug, auch so eng sein mussten!

Jetzt lag er jedoch auf dem boden und strampelte wie eine Schildkröte auf dem Rücken. Schuldig steckte müßig den Kopf über die Bettkante, und verkniff sich ein lautes Auflachen. Aber ein Grinsen konnte er sich doch nicht verkneifen.

"Verdammt! Jetzt grins nicht so blöd, sondern hilf mir auf!"

Schuldig wand sich träge übers Bett und ging zu Aya um ihm aufzuhelfen. Kaum stand Aya wieder auf den Beinen, wünschte sich Schuldig, er hätte ihn liegengelassen. Denn da begann er wieder Zeter und Mordio zu schreien: Was Schuldig sich einbilde - und warum er hier bei Aya im Zimmer sei - und warum in aller Welt er, Aya, in Schuldigs Armen aufgewacht war...

Schuldigs Kopf dröhnte. "Du führst dich auf wie ein hysterisches Frauenzimmer!", schnitt er Aya das Wort ab, drehte sich um und verließ das Zimmer. Er hörte Aya noch hinter sich herkommentieren, was er sich einbilde in so einem Ton mit ihm, Aya von Otakar, zu sprechen. Aber Schuldig ignorierte ihn und schlummerte keine zwei Minuten später bereits in seinem eigenen Bett weiter.

Aya unterdessen war noch immer aufgebracht. Er stürmte in seinem Zimmer auf und ab und stieß Verwünschungen und Fluche aus, bei denen sogar ein altes Marktweib noch etwas hätte lernen können...

-*-

Schuldig schlief noch keine halbe Stunde, als es leise an seiner Türe klopfte. Er murrte nur etwas in sein Kissen und zog sich die Decke über den Kopf. Es klopfte noch mal. Er versuchte es zu ignorieren, aber der Klopfer ließ nicht ab und klopfte ein drittes Mal. Dann wurde leise und vorsichtig die Tür geöffnet. "Schuldig...?", hörte er Ayas fragende Stimme.

Ungläubig drehte er sich um. Was war jetzt geschehen? Warum kam Aya auf einmal in sein Zimmer?

Er sah Aya hereinschlüpfen und geschwind die Türe hinter sich schließen. Wie ein ausgeschimpfter Schuljunge - wenn es die damals schon gegeben hätte, weil Maria Theresia ja erst die Schulpflicht einführen wird - stand er da und blickte zu Boden. Schuldig setzte sich auf. "Was ist?" Er war bemüht seiner Stimme einen finsteren Ton zu verleihen, auch wenn es angesichts seiner Müdigkeit schwierig war.

Aya murmelte kleinlaut etwas, doch Schuldig verstand nichts. "Los, sag schon was du willst, ich will schlafen!"

"Ich komm ohne Hilfe nicht aus diesem verdammten Kleid...", murmelte Aya etwas lauter.

Schuldig verdrehte die Augen. "Und da muss ich helfen? Warum holst du nicht einen der Diener, oder eine Magd?"

"Das ist... ich sehe schrecklich aus... so kann ich mich doch niemandem zeigen..."

Schuldig schüttelte den Kopf. "Jetzt hörst du dich wirklich schon an wie ein Frauenzimmer..." Er winkte Aya zu sich. Während er sich aufsetzte, krabbelte Aya zu ihm aufs Bett und bot ihm den Verschluss des Kleides.

Das Kleid war schnell geöffnet, aber das Korsett nicht. Durch das Schlafen in dem selben, hatte sich die Verschnürung sehr fest angezogen. Schuldig nestelte herum, versuchte dann sogar den Knoten mit den Zähnen zu öffnen.

"Schuldig...", hörte er Aya flüstern. Er saß vor Schuldig und hielt seine Haare bei Seite. Er konnte Schuldigs warmen Atem auf seinen Schultern fühlen. "Gestern... bevor deine Tante kam..." Schuldig hielt inne und lauschte was Aya jetzt sagen würde. "Du weißt schon... als wir im Rosenhain saßen. Da... war etwas, dass..." Aya schluckte. Wie sollte er etwas erklären, dass er selbst nicht zu deuten wusste? Aber er musste es Schuldig sagen. Doch so kurz bevor er es aussprach, verließ ihn doch noch der Mut. "Entschuldige, dass ich dich vorhin so angeschrieen habe. Ich war nur völlig überrumpelt, weil ich so aufgewacht bin..."

Doch Schuldig ließ sich nicht in die Irre führen. Er drehte Aya um. "Was war gestern?" Sekunden, die sich wie Honig dahinzogen, sah Aya Schuldig in die Augen bevor er sie senkte. Eine leichte Röte breitete sich über seine Wangen.

Das Zimmer war noch dunkel. Auch wenn es draußen schon hell war, verhinderten die bodenlangen, dicken Vorhänge, dass allzu viel Licht in den Raum drang.

Schuldig hob Ayas Kinn an. "Was war gestern?", wiederholte die Frage noch mal, diesmal aber leiser.

"Du... du warst so ganz anders gestern..." Aya wusste nicht wie er es ausdrücken sollte, was er sagen wollte. "Und auch ich... gestern, da... war etwas." Er nahm Schuldigs Hand und legte sie auf seine Brust. "Genau hier." Die Hand lag dort, wo Ayas Herz schneller als normalerweise pochte. "Es hat... sich so schön angefühlt, so richtig... ich meine... ich..."

Schuldig legte den Zeigefinger seiner anderen Hand auf Ayas Lippen. Er lächelte milde und legte den Kopf schief. Diese Berührung und der Blick, den Schuldig auf Aya richtete, ließen in ihm wieder dieses Gefühl aufsteigen.

Ayas Herz schlug noch eine Frequenz schneller. Schuldig fühlte es unter seinen Fingern auf Ayas Brust. Er zeichnete mit dem Finger, der auf Ayas Lippen lag, deren Kontur nach - ganz langsam.

Aya schluckte, wendete den Blick aber nicht mehr ab. Er widerstand Schuldigs Blick.

Wieder war dieses tiefe Gefühl da - die Schmetterlinge im Bauch, das Rauschen in den Ohren. Alles um ihn herum schien zu verschwimmen und unwirklich zu werden. Er fühlte die Berührung auf seinen Lippen mit einer Intensität, das es schon an Schmerz grenzte. Sein Blut floss wie heiße Lava durch seine Venen.

Wie ein unsichtbares Band zog ihn etwas zu Schuldig. Seine Lippen waren schon fast taub vor Verlangen, das zu Ende zu bringen, was sie gestern angefangen hatten.

Ohne es selbst zu merken, näherte er sich Schuldig ganz langsam. Wie von selbst schlossen sich seine Augen. Um so näher er kam, um so intensiver fühlte er Schuldigs schnelleren Atem auf seinen Lippen.

Schuldig hatte seinen Finger schon längst von Ayas Lippen gleiten lassen. Seine Hand ruhte auf Ayas Wange - hauchzart - fast zaghaft. Auch er schloss im Zauber des Momentes die Augen.

"Mon Senieur?" Aya und Schuldig fuhren auseinander. Der Diener stand in der Türe. "Eure Tante lässt sich anmelden. Sie wartet in der Bibliothek und wünscht Madame Aschanti und Euch zu sehen." Der Blick des Dieners verriet nichts. Schuldig nickte, "Wir kommen sofort.", und der Diener schloss wieder die Türe.

Aya drehte sich wieder um und hielt seine Haare beiseite. "Wird sie sich wundern, dass ich noch immer das selbe Kleid trage?"

"Ich weiß nicht..." Schuldig schloss das Kleid wieder.
 

tbc
 

Also ich finde diese Kleider ja schön, aber anziehen will ich sowas nicht... *sweetdrop*



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