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Eine Hand wäscht die andere...

von

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High Society Vorbereitungen

Vorschau:

"Teuer, mit der Marke gut sichtbar!"
 


 


 

Der Termin beim Anwalt verlief ganz wundervoll, fand Neji. Noch vor der Arbeit trafen sie sich in der Kanzlei und unterschrieben die Dokumente. Tenten nahm sich ein wenig Zeit, um sie sich sogar durchzulesen, während Nejis Anwalt sie darüber aufklärte, dass er nun auch gerne ihr Anwalt sein würde, da sie geheiratet hatten.

Neji las sich das Dokument nicht vorher durch. Er hatte es sich schon gestern in der Privatsphäre seines Apartments zu Gemüte geführt und fand es sowieso unangenehm über derlei Dinge nachzudenken.

Mit zwei Kopien des besagten Dokuments verließ er an dem frühen Morgen seinen Anwalt und neue Frau wieder. Er war ganz eingenommen von ihrer Effizienz …

Darauf folgte ein normaler Tag: Er arbeitete hart, füllte alles mit seiner - wie er fand - eleganten Handschrift aus und fuhr am Abend statt zu seinem Apartment zum Anwesen seines Onkels.

Das weitläufige Grundstück, das seine nächste Verwandtschaft ihr Zuhause nannte, war ihm nie sehr angenehm und dieses Mal umso weniger, weil die Schutzhülle, die Neji um sein Bewusstsein aufgebaut hatte, um sich vor jedweder allzu starker Emotion zu schützen, langsam zu bröckeln begann.

Er entschied sich eher unbewusst und aus Gewohnheit dafür es zu ignorieren als er erst über den Marmorfußboden, dann über den dicken, in elegantem Bordeauxrot gehaltenen Teppichboden der Korridore und schließlich über den dunklen, perfekt gewienerten Holzboden seines Onkels zum Büro schritt.

„Ahh, mein Sohn, aber die nächsten Interviews sollen doch erst Morgen stattfinden“, wurde er begrüßt, sobald er ohne die Erlaubnis der Sekretärin eingetreten war.

Das dunkle Mahoganiholz, das überall verwendet worden war, erdrückte ihn geradezu.

„Gerade deshalb bin ich eher zu dir gekommen“, eröffnete Neji das Gespräch. Sein Ton fiel noch kühler aus als derjenige, der bereits gewöhnlich für seinen Onkel reserviert war. Neji folgte der einladenden Geste des anderen Platz zu nehmen.

„Ich will mich nicht zu früh freuen, doch heißt das, du hast eine Entscheidung getroffen?“ Sein armer, ahnungsloser Onkel machte ein aufgeregtes, gar hoffnungsvolles Gesicht.

Neji, der kein Händchen für delikate Situationen hatte, rückte direkt damit heraus:

„Ja, Onkel. Allerdings kennst du sie noch nicht. Wir haben gestern geheiratet.“

Weil er es für richtig hielt, fügte er mechanisch hinzu: „Ich liebe sie sehr.“

Und weil es ihm noch viel richtiger erschien, hängte er “Sie liebt mich sehr“ ebenfalls an.

Allerdings hatte er auch kein Händchen dafür glaubhaft zu wirken.

Er überreichte seinem Onkel mehrere Kopien wichtiger Dokumente sowie das Hochzeitsfoto aus dem Büro der Hokage mit den Ringen, die die Sache endgültig machten.

Statt ein Donnerwetter loszuwerden, wurde sein Onkel sehr still, lehnte sich in seinem ledernen Drehsessel zurück, verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue in die Höhe. Lange sagte er nichts. Dann wagte er einen Blick auf die schüchtern dreinblickende, junge Frau mit der dunklen Komplexion zu werfen, die im Bild auf dem Schreibtisch von seinem Neffen im Arm gehalten wurde. Er schien wohl zu überlegen wie er am besten mit dieser neuen Erkenntnis umgehen sollte. Er wusste, Neji war nicht ungewillt jedweder Konfrontation aus dem Weg zu gehen und war ein Meister darin die Wünsche seines Onkels einfach zu umgehen, indem er die delikaten Nuancen jener einfach ignorierte.

Der Grund, weshalb er Neji verheiratet wissen wollte war der, dass er ihn gut verheiratet wissen wollte. Mit einer Dame von Stand, die ihn und seine Familie in Gesellschaft nicht blamieren würde oder für ungewollte Schlagzeilen sorgte. Obwohl Neji nie Probleme mit der Presse gehabt hatte, weil er einfach nicht interessant genug dafür war (keine Drogenexzesse, keine Prostituierten etc.), lebte das Oberhaupt des Hyuga-Clans in ständiger Sorge, dass sein Neffe jemanden heiraten würde, der vollkommen unpassend und dazu weitaus interessanter für die Presse wäre.

Oh ja, er hatte von den Söhnen anderer reicher Männer gehört, die hingingen und Prostituierte oder Schauspielerinnen heirateten, was in seinen Augen so ziemlich das gleiche war, und dann noch dazu das ganze schöne Geld für sie ausgaben.

Allerdings war er sich nicht sicher, was geschehen würde, wenn er Neji befahl die Scheidung einzureichen. Er glaubte dem ‚ich liebe sie sehr’ zwar nicht, aber Neji war schließlich auch nicht davon abzubringen gewesen zur Polizeiakademie zu gehen. Er entschied erst einmal die Ausmaße der Katastrophe zu überblicken.

„Ist sie eine … Schauspielerin?“

„Nein“, antwortete Neji.

Nejis Onkel fragte sich, weshalb sein Neffe ihn nicht über den Beruf seiner … ach herrje, neuen Ehefrau informierte, kam aber zum Schluss, dass das nur an dessen Art lag nichts ungebeten preiszugeben. Vielleicht war sie ja gar keine Prostituierte.

„Welchen wunderbaren Beruf hat denn deine … liebreizende Frau?“ Nun beugte er sich weit über den Tisch und starrte seinem Neffen, den er konsequent Sohn nannte, in die Augen.

„Wir sind Kollegen.“

Oh je, eine einfache Polizistin?

„Und … wie lange geht das mit euch schon?“

Neji brauchte nicht zu überlegen, denn diese Frage hatte sein Hirn vorhergeahnt und daher eine brauchbare Antwort entwickelt.

„Sechs Monate.“ Es hatte einfach die Zeit genommen, in der Neji und Tenten sich zu den gemeinsamen Sportstunden getroffen hatten und hatte sie zu der Zeit, in der sie ihre ausgedachte Romanze entwickelt hatten, umgewandelt.

„Und du hast nicht gedacht, dass deine Familie vielleicht gern an diesem andächtigen Erlebnis in deinem Leben teilgehabt hätte?“

„Doch, aber sie ist eine Waise und daher wäre es ihr höchst unangenehm gewesen zu heiraten ohne Verwandtschaft auf ihrer Seite und so überaus viel Verwandtschaft auf meiner.“ War das Leben nicht herrlich mit so einem tollen Hirn?

„Ach so, ja, ja … Das ist verständlich.“ Diese Heirat war eine harte Nuss, doch Nejis Onkel liebte es harte Nüsse zu knacken. Das knirschende Geräusch, wenn die Schale zermalmte, war immer so befriedigend.

„Ich werde sie offiziell nächste Woche auf Tante Muriels Geburtstag präsentieren“, volontierte Neji.

‘Aha...’, dachte der Onkel, ‘...höchst interessant. Der Junge geht in die Offensive.‘

Und damit war das Treffen vorüber.
 

***
 

Die nächste Woche verbrachte sie mit durchwachsenen Gefühlen.

Das Treffen beim Anwalt war sehr unangenehm gewesen. Tenten versuchte sich die Papiere durchzulesen, aber im Prinzip wurde auf eine sehr fachsimplerische Weise gesagt, dass sie mit Neji geschlafen hatte und dass sie deswegen von Rechtswegen her durch und durch verheiratet waren.

Zum Abschied gab sich das Ehepaar die Hand. Seine riesigen Hände wirkten wie Bärenpranken, wenn sie Tentens Finger umschlossen.

Ein weiteres negatives Erlebnis war, dass sie ihren neuen Personalausweis in einer ihrer Mittagspausen abholen musste, auf dem ihr Name mit dem Anhängsel ‚Hyuuga’ versehen war, aber zur gleichen Zeit dachte sie auch mit Vorfreude an all die verschiedenen Universitäten. Interessiert hatte sie sich durch alle Internetseiten gewühlt, sich für alle Schnuppertage angemeldet und nicht einen Blick auf die Gebühren geworfen.

Allerdings hatte sie sich auch um einen Anwalt kümmern müssen.

Sie hatte gar nicht gewusst wie man anfing nach einem Anwalt zu suchen und daher hatte sie schlichtweg in einer Mittagspausen laut gefragt:

„Hey, Leute, kennt einer von euch ‘nen guten Anwalt?“

Erst blickte man ratlos um sich, doch schließlich meldete sich doch jemand. Es war Kiba aus der Drogenfahndung. So kam es, dass Tentens simple Frage zu Tage förderte, dass Kiba sich von seiner Frau scheiden ließ und dass sein Scheidungsanwalt einer Firma angehörte. Tenten horchte auf. Scheidungsanwälte setzten die besten Eheverträge auf.

Nach ein paar diskreten Fragen hatte sie in Erfahrung gebracht, dass der Anwalt einen vortrefflichen Ruf hatte und noch dazu alle möglichen Fälle annahm. Denn natürlich konnte Tenten nicht preisgeben, dass sie ebenfalls einen Anwalt bräuchte, der sich mit Eheverträgen auskannte.

Sobald er ihr Name und Telefonnummern der Firma aufgeschrieben hatte, heulte er ein bisschen, doch das war Tenten ganz recht. Allen anderen war das unangenehm, sodass sie sich einer nach dem anderen verpissten statt Tenten zu fragen wofür ausgerechnet sie einen Anwalt benötigte.

Leider war der arme Mann so voll gebucht, dass er ihr erst einen Termin für übernächste Woche geben konnte. ‘Naja, sei’s drum …’, dachte Tenten und beließ es dabei.

Nach der Anwaltkatastrophe geschah diese Woche unverhofft doch noch etwas Positives:

Sie hatte endlich das Ringproblem gelöst. Aus einer verkümmerten Schmuckdose (Eigentlich war es ein Pappkarton mit ein bisschen falschem Silber und der Gerichtstags-/Hochzeitsperlen drin) zauberte sie eine Kette, an der sie den Ring am Körper tragen konnte.

Erleichtert darüber, dass sie das Risiko das teure Schmuckstück zu verlieren effektiv minimiert hatte, ging die Woche als verheiratete Frau schneller vorüber als gedacht.

Endlich kam der Montag und Tenten saß mit einer Styroportasse Eistee in ihrem Wagen und betrachtete Modeheftchen bevor sie zur Arbeit ging.

Statt auf die Filmstars zu achten, versuchte sie ihre Aufmerksamkeit auf diverse Frauen von diversen Präsidenten oder die Adelsfamilien zu lenken. Elizabeth II kannte Tenten ja gerade noch, aber all die Mechthilds und Beatrix’ waren ihr vollkommen fremd. Doch sie trugen allesamt eine Menge lächerlicher Hüte. Sie nahm sich vor sich nach der Arbeit noch einmal damit zu beschäftigen.

Am Ende ihres Arbeitstages, schmiss sie alle Hefte entnervt zur Seite, zog ihren Ring über und fuhr in die Stadt. Als sie so die Straße mit all den Geschäften entlang wanderte, hielt sie an dem ersten Geschäft, aus dessen Eingang Parfum und Musik strömte und das einen edel gekleideten Bodyguard sein Eigen nannte.

Unter misstrauischen Blicken wagte sie sich hinein, zeigte einer der Damen ein bisschen von Nejis Geld und stellte sich vor: „Ich habe gerade reich geheiratet und mein Mann möchte, dass ich etwas Passendes finde, um mich seiner Familie zu präsentieren.“

Die Dame tat so als wäre es das normalste der Welt sich so vorzustellen und begann sie in eine Abteilung zu führen, die man ruhig mit ‚konservativ’ hätte betiteln können.

In Wirklichkeit hieß sie aber ‚business elegant’.

Die Verkaufsdame fragte mit freundlicher aber bestimmter Stimme nach ihrem Stil und Tenten antwortete „Teuer mit der Marke gut sichtbar.“

Das empfand sie wohl als völlig legitim, denn sie schickte Tenten ohne gehässigen Kommentar mit gleich mehreren Kostümen in die nächste Umkleide.

Drei konnte Tenten nicht dazu bewegen über ihre Hüften zu rutschen, weil ihr Hintern im Weg war, die nächsten zwei kratzten, eins hatte seltsame Bömmel, die sie störten, weil sie mit jeder Bewegung gegen ihre Brüste peitschten und das letzte passte endlich.

Der Schatz kostete sie vierhundert Euro.

Das hieß, er kostete Neji vierhundert Euro.

Man packte es für sie in einer Art Plastikfolie ein und gab ihr einen Kleiderbügel.

Dann musste sie das dämliche Ding die ganze Straße bis zu ihrem Wagen tragen, wo sie es umständlich befestigte. Sie hätte die Dame gerne gefragt wie sie das Kostüm waschen sollte, hatte dann aber so eine Ahnung, dass man das nicht tat und hatte es gelassen. Wahrscheinlich gab man es in die Reinigung.

Zu Hause angekommen verstaute sie den cremefarbenen konservativen Traum in ihrem Schrank, wo er sich sehr einsam fühlte, weil er von jeder Menge Billigjeans eingekesselt wurde.
 

***
 

Neji war etwas früher gekommen ohne sich im Klaren darüber zu sein, weshalb. Deshalb stand er auch schon fertig in Sportkleidung da als Tenten ankam.

„Muss mich nur noch kurz umziehen.“ Damit war sie verschwunden, aber ein paar Minuten später auch schon wieder da.

Als sie ihre erste Runde in trauter Verschwiegenheit beendet hatten, war Neji offenbar fertig damit die metaphorischen Scharniere seines Kiefers zu ölen und bereit sie mit Informationen auszustatten. Es klang fast so als würde er etwas Auswendiggelerntes herunterrattern:

„Meine Eltern sind in einem Autounfall umgekommen; ich lebe seit ich sieben bin bei meinem Onkel. Er nennt mich Sohn. Es ist der Geburtstag meiner Tante Muriel; sie gehört zur Verwandtschaft auf Mutters Seite. Unsere Hochzeit haben wir nicht groß gefeiert, weil du keine Familie hast und es allgemein anerkannt ist, dass das eine traurige Tatsache ist, die aus Gründen des Respekts für deine Person nach einer kleinen Feier verlangt; wir sind seit sechs Monaten zusammen. Wir nennen uns ‚Schatz’, ich habe im Park um deine Hand angehalten, wir lieben uns sehr.“

Er warf der überfallenen Tenten einen kurzen Blick zu als wartete er auf Bestätigung. Überrumpelt von all diesen Tatsachen, schenkte sie ihm ein ironisches Lächeln und kommentierte „Im Park, ach ja, ich erinnere mich. Wie romantisch das war, Schatz!“

Er warf ihr nur ein Stirnrunzeln zu, welches verriet, dass er immer noch auf eine Art Bestätigung ihrerseits wartete, die er als eindeutig verstehen konnte. Sie nickte brav.

Dann wurde der ungewohnte Redeschwall tatsächlich weitergeführt. Sie wusste gar nicht, wo Neji den ganzen Atem beim Laufen hernahm.

„Wir haben uns auf der Arbeit kennen gelernt. Du hast Kaffee über mich geschüttet. Eine nähere Untersuchung von Liebeskomödien zeigt mir, das ist sehr romantisch?“

Wieder ein Nicken ihrerseits. Sie lächelte, denn sie musste zugeben, dass sie seinen Elan bewunderte. Sie hätte nicht gedacht, dass er so viel davon in ihre besondere Situation an den Tag legen würde. Sie hätte ebenfalls nicht gedacht, dass er sich jemals eine RomCom antun würde.

„Unser Lieblingsfilm ist … Mein Lieblingsessen ist …“ und so weiter.

Nachdem sie am Ende nass geschwitzt waren, kramte Tenten in ihrem Wagen nach dem übrig gebliebenen Geld und einem Notizblock.

Ihren Fund stolz präsentierend übergab sie ihm das Restgeld und schrieb all die Richtlinien für etwaige Konversationen für den morgigen Tag auf.

„Was war noch ‘mal dein Lieblingsessen? … Und gehen wir gerne oder nicht gerne ins Kino?“

„Lachs mit Orangenmarinade und nein, wir bleiben lieber zu Hause.“

„Und wir sind noch nicht zusammengezogen, weil unser Job so stressig ist? Das kaufen sie dir ab?“

Neji erwiderte nichts. Als Tenten im Gras Platz nahm, nicht unweit von der wirklichen Stelle, an dem er mehr oder weniger um ihre Hand angehalten hatte, setzte er sich ebenfalls. Sie kaute auf ihrer Lippe als sie den Haufen an Informationen durchging. Da fiel ihr etwas auf.

„Musst du nicht auch etwas über mich wissen? Sicherlich werden sie dich doch nach mir ausfragen?“

„Du bist eine Waise und arbeitest als Polizistin.“

„Ach so.“

Klar, was musste man denn auch schon mehr über die Frau wissen, die ein Familienangehöriger soeben geheiratet hatte? Ob noch mehr Aasgeier sich über das Vermögen hermachen würden und wie viel Vermögen sie selbst in die Verbindung brachte war sicherlich ausreichend, dachte Tenten etwas säuerlich.

„Und du kaust bei jeder Gelegenheit auf deiner Lippe.“

‘Huch’, dachte Nejis ungewohnt. Das hatte er abgespeichert, falls es irgendwann einmal wichtig sein würde, aber warum es gerade jetzt herausgerutscht war, konnte er sich nicht erklären.

Sie lächelte allerdings.

„Ich schätze, das reicht erstmal an Intimwissen.“ Sie zwinkerte. „Ich habe übrigens keine Muttermale.“

Neji nickte. Dann übergab er ihr etwas, das er ihr eigentlich schon die ganze Zeit hatte geben wollen. Es war eine Kreditkarte.

Tenten starrte das kleine Stück Plastik dämlich an, bevor sie zu ihrer bewährten Methode überging, ihn dümmlich anzustarren bis er sich erklärte:

„Du bist jetzt als meine Frau auf einem meiner Konten eingetragen, damit du in Zukunft nicht immer Bargeld mitschleppen musst.“

Tenten nahm das glänzende Stück entgegen. Mit einem unguten Gefühl betrachtete sie es. Bargeld war ihr viel lieber.

„Ach, übrigens …“, fiel ihr bei dem Gedanken an Geld ein. „Hier ist die Rechnung und dafür habe ich eine Handtasche, eine Bluse, einen Blazer und einen knielangen Rock in Cremefarben gekauft, alles mit der Marke diskret, aber nicht zu diskret sichtbar.“

Neji verstand nicht viel von Frauenkleidung, war aber zufrieden als er ‚knielang’ vernahm. Allerdings war ihm bewusst, dass Frauen in der Regel Schuhe trugen und etwas, das sie Frisur nannten sowie Schmuck, abgesehen vom Ehering. Diesen bemerkte er nebenbei an an ihrem Finger.

Geistesabwesend strich er über seinen eigenen an der linken Hand.

Er hielt es für eine gute Strategie den Ring so viel wie möglich zu tragen, damit er sich daran gewöhnte und ihn nicht in entscheidenden Situationen vergaß.

Er deutete auf die Kreditkarte und erkundigte sich nach „Schuhe und Frisur?“.

‘Ach, du Scheiße’, dachte Tenten und fühlte sich überfordert. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Die einzigen Schuhe mit Absatz, die sie besaß, waren ihre schwarzen Gerichtstag-

/Hochzeitspumps und ihre Haare hatten wahrscheinlich Spliss. Sie wusste nichts über die Spezies der Hochreichen, aber sie vermutete, dass sie mit Vergrößerungsgläsern in den Augen eingebaut zur Welt kamen, um die Haarspitzen ihrer Schwiegertöchter zu inspizieren.

Das hieß also, morgen würde sie noch Schuhe kaufen müssen und sich die Haare schneiden lassen. Eine Ehefrau zu sein war echt stressig.
 

***
 

Die Frau am Telefon änderte ihre Meinung als Tenten ihr das größte Trinkgeld aller Zeiten versprach, wenn sie sie noch dazwischenquetschen könnte.

Also raste Tenten in ihrer Mittagspause in die Stadt und ließ sich die Haare schneiden. Da Tenten das sonst nie tat, weil Frisöre zu viel Geld kosteten (vierzehn Euro, um die Enden zu trimmen! Vierzehn Euro!) hatte sie keine Ahnung, was sie erwartete.

„Wie hätten sie’s denn gerne?“

Ein wenig überrascht fragte Tenten:

„Wie bitte?”

Aber die Dame starrte sie im Spiegel nur an. Also versuchte Tenten es mit ”Uhm, kürzer, gesünder, passabler?“ und endete schließlich mit „Gepflegter?“.

„Dann wollen Sie, dass wir auch waschen?“

Eigentlich nicht, aber offenbar war ihr Haar nicht das, was die Frisöse unter ‚gepflegt’ verstand.

Also wurde Tenten auf ihrem Stuhl herumgewirbelt, ihr Nacken auf einem Polster abgelegt und der Kopf zurückgezogen, damit die Dame Shampoo über einem Becken in ihre Kopfhaut einmassieren konnte. Noch nie so intim an ihrer Kopfhaut berührt, war Tentern das erstmal unangenehm. Außerdem kniff sie beim Auswaschen die Augen zusammen, weil sie glaubte, dass ihr Wasser ins Gesicht laufen würde, wenn die Frisöse den Hahn erhob. Aber Tenten hätte sich keine Sorgen müssen, denn ihre Wäscherin war professionell und beschützte ihre Stirn und somit ihre Augen mit einer Hand vor dem fließenden Wasser.

Offenbar würde Nejis Karte auch für eine Kur bezahlen, die sie gerade einwirken lassen musste, während sie ungeduldig auf die Uhr starrte. Dann endlich begann das Schnippeln.

Schnipp, schnapp, schnipp, schnapp.

„Strähnchen?“

„Eigentlich lieber nicht – das heißt, nein, nein, auf gar keinen Fall!“, betonte sie, weil sie einige Horrorgeschichten von Frauen gehört hatte, die auch mit ‚eigentlich lieber nicht’ geantwortet hatten.

Und dann ging das Föhnen los, welches Tenten schon wieder veranlasste die Augen fest zusammen zu kneifen.

Aber alles in allem, war der Friseurtermin nicht so schlimm verlaufen wie sie erwartet hatte. Sie hatte sogar noch ein wenig Zeit übrig, um die Straße hoch zu rasen und einen Schuhladen nach den teuersten cremefarbenen Schuhen mit Absatz zu fragen, die sie in ihrer Größe hatten.

Nach dieser abenteuerlichen Mittagspause war es wunderbar sich wieder an ihren Schreibtisch zu setzen. Mit Freude füllte sie einen Bogen für einen betrunkenen Obdachlosen aus. Den hatte sie über Nacht einsperren lassen, weil er sonst vermutlich vor ein Auto gelaufen wäre.

Als sie nach längerer Schreibtischarbeit aufsah, erkannte sie, Naruto, der auf sie zukam. Sie schaute zu ihm hoch. „Was gibt’s?“

„Ich habe einen Coupon für Chili’s. Kiba und ich gehen hin, hast du auch Lust?“

„Klar, wann denn?“

„Heute Abend?“

Tentens Lächeln gefror.

‘Uhhhh …’, dachte sie hecktisch.

„Tut mir leid. Heute hab’ ich schon was vor. Wie wär’s mit morgen?“

„Klar, cool.“ Er gab ihr die Daumen hoch und schlenderte davon.

“Das war knapp”, mutmaßte sie murmelnd, nachdem er außer Hörreichweite war

Sie hoffte, dass Nejis Termine sie nicht zu sehr von ihrem Privatleben fernhalten würde. Sie sah sich an ihrem Arbeitsplatz um. Der Großteil ihrer restlichen Kollegen arbeitete ebenso fleißig wie sie und schienen vollkommen unwissend, was Tentens großes Geheimnis anging.

An und für sich stimmte sie das sehr glücklich, doch ein bisschen wurmte es sie schon, dass niemand ihren Gang zum Friseur bemerkt hatte.

Sie selbst fand, sie sah aus wie eine völlig andere Person - so wie die Dame ihre Frisur in Form gefönt hatte.

Sie winkte es mental ab. Von Kerlen konnte man nicht erwarten, dass die irgendetwas bemerkten … (Super, jetzt dachte sie sogar schon wie eine Ehefrau!)

Tenten verdrehte ob ihrer eigenen Gedanken die Augen und kümmerte sich um den nächsten Papierstapel.
 

***
 

Nach der Arbeit zog sie wie gewöhnlich ihren Ring auf, verstaute die Kette im Handschuhfach und fuhr Heim.

Eigentlich war sie erledigt, aber sie hatte so eine Ahnung, dass der Abend ihr noch viel abverlangen würde.

Etwas in Eile duschte sie also den Alltagsschweiß ab, rasierte diverse Körperteile, Beine und Achseln, und legte eine Extraladung Deo auf, weil der Blazer aus dickem Stoff war. Ihre Haare hatte sie nicht nass gemacht und konnten deshalb einfach offen gelassen werden, nachdem sie sich in ihr Kostüm gezwängt hatte. Die Schuhe waren bequem genug, hoffte Tenten, nachdem sie einige Male in ihrem Schlafzimmer auf und ab gegangen war (was wirklich nicht sehr lange dauerte).

Dann entschied sie sich für ihr Hochzeitstagsmake-up (wie sie es nach neuerlichen Ereignissen benannt hatte) und fuhr zurück zum Parkplatz ihrer Arbeit. Nejis Wagen stand bereits dort und er stand wartend daneben.

Während sie auf ihn zuschritt, ging sie im Kopf noch einmal ihre Notizen von gestern Abend durch.

„Hey“, grüßte sie. Er nickte und sie stiegen ein. Unauffällig oder was er für unauffällig hielt überprüfte er ihre Aufmachung. Das Wichtigste war der Ring. Aber auch alles andere an ihr konnte als Ehefrau durchgehen. Als er nicht anfuhr, wandte sie sich ihm zu. Er hatte etwas aus seiner Anzugstasche hervor geholt und präsentierte es ihr vorsichtig. Es war eine Brosche. Silbrig mit einer Art blauem Edelstein (Tenten war die Art von Person, die roter und grüner Edelstein sagte bevor sie an Rubin und Smaragd dachte), dessen Farbe so tief zu sein schien wie ein Ozean. Offenbar erwartete er, dass sie sie entgegen nahm, aber sie musste ihm etwas gestehen.

„Tut mir leid … Ich kann das nicht anheften.“ Ob seines Gesichtsausdrucks realisierte sie, dass sie missverständlich formuliert hatte und beeilte sich ihren Einwurf zu erläutern, bevor er beleidigt wurde: „Ich meine, ich weiß nicht wie. Wo heftet man sich das an. Hier?“ Sie präsentierte ein Stück Stoff ihres Blazers und er nickte. Vorsichtig wurde das Schmuckstück angebracht.



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