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It's about to be legendary

Von Legenden und Helden
von
Koautor:  rotes_pluesch

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Ablenkungsmanöver

Aaron

Die Stunden vergingen und Aaron blieb an Merthins Schulter liegen, blickte mal zum Himmel, mal zu Merthin, dann in die Landschaft um sie herum, dann wieder zu Merthin. Ein bisschen betrachtete er dessen Gesicht im Schlaf, legte den Kopf etwas schief, um ihn aus verschiedenen Blickwinkeln anzusehen. Aber egal wie er auf das Gesicht des Blonden blickte, es blieb immer ansprechend. Aaron war versucht, ihn mit der Hand im Gesicht zu berühren, ließ es aber bleiben. Immerhin wollte er ihn ja nicht wecken, erstrecht nicht mit solch komischen Empfindungen seinerseits. Die wenigen Leute, die ihnen unterwegs entgegen kamen, sahen sie gar nicht, da sie so tief im Heu lagen und vom Mantel abgedeckt waren. Ein merkwürdiges Gefühl war es dennoch. Der Prinz brauchte eine Ablenkung... Kurzerhand griff Aaron wieder nach dem Bilderrahmen, welchen ihm die Familie überlassen hatte. Ein verschnörkelter Text... Aaron versuchte einen Sinn in den Schriftzeichen zu erkennen, aber sie gehörten keiner ihm bekannten Sprache an. Allerdings hatten einige Schriftzeichen, die wie wahllos zwischen den anderen Schnörkelungen versteckt waren, Ähnlichkeit mit alter Sprache. Eigentlich wollte der junge Mann dies genauer untersuchen, doch merkte er, dass der Wagen langsamer wurde. Vorsichtig stützte er sich von Merthin hoch und blickte ein Stück über das Holz des Wagens und blickte direkt auf das große Tor, welches den einzigen Eingang zu einem rundlich gebauten, nicht überdachten Platz darstellte, welcher ansonsten von einer starken Mauer umgeben war. Wahrscheinlich sollten sie hier runter sein, bevor sie dieses Tor passierten, denn dadrin saßen sie in der Falle.

Aaron wendete sich wieder Merthin zu, beugte sich ein Stück über ihn. Fest fasste er den blonden Mann an den Schultern und rüttelte ihn mit etwas mehr Kraft. "Merthin, ich glaube, wir haben die Gastfreundschaft dieses Mönchs lange genug in Anspruch genommen", sprach er lauter zu ihm, aber nicht zu laut, damit ihr unfreiwilliger Kutscher nichts davon hörte. "Wach auf!"
 

Merthin

Als Aaron ihn rüttelte und ihn aufweckte, brauchte er einen Moment, um aus den Tiefen seines Schlafes wieder in das Hier und Jetzt zurück zu finden. Dann aber begriff er anhand der Laute und der Umgebung, dass sie möglichst zügig vom Wagen kommen sollten. „Lass uns hinten runterrutschen…“, sagte er leise und löst den Arm um den anderen, damit dieser seinen Worten folgen konnte. Er selbst griff nach seinem Rucksack, dem Bogen und legte sich den Mantel wieder um, um kurz darauf ebenfalls vom Wagen zu gleiten. Die Seite, an der eben noch Aaron geschmiegt war, fühlte sich nicht mehr so warm an, wie zuvor, sondern unangenehm kalt. Er hatte schon lange nicht mehr mit jemandem Arm in Arm geschlafen… Und gerade hatte er das Gefühl, dass er genau das vermisste. Und genau dieser Gedanke war seltsam. Denn es war das erste Mal, dass ihm das auffiel. Merthin blickte sich um und erkannte den Ort wieder. Sie waren schon lange nicht mehr hier gewesen, aber es hatte sich wenig verändert. „Lass uns erstmal nach einem Schlafplatz für heute Abend schauen“, erklärte Merthin und er ergriff automatisch Aarons Hand, um mit ihm zusammen in Richtung Fluss zu laufen. „Wir können eine Scheune in der Nähe des Flusses nehmen. Dann haben wir auch unser Bad. Ich geh nachher noch in den Ort und hole uns etwas zu Essen. Außerdem brauchst du ein wenig Ausrüstung. Hast du eigentlich gar keinen Umgang mit einer Waffe gelernt? Ich dachte immer, ihr Prinzen lernt den Umgang mit dem Schwert, um euch auf den Turnieren zumindest so passabel schlagen zu können, dass es nicht so massiv auffällt, dass andere besser sind und ihr dennoch gewinnt.“ Er grinste leicht und zwinkerte Aaron zu, damit dieser verstand, dass es nicht böse gemeint war.
 

Aaron

Aaron blickte in Merthins Augen, als dieser langsam wieder aus seinem Schlaf erwachte. Trotzdessen, dass er noch etwas verschlafen wirkte, handelte er sofort und packte seine Sachen zusammen, was der Prinz ihm dann gleich tat. Mit einem Griff schnappte er sich das Bild und ließ sich hinten vom Karren rutschen. Da der Wagen nun langsamer fuhr und der Mönch mehr versucht war, ordentlich zu fahren, um keinen betrunkenen Eindruck zu machen, funktionierte diese Aktion recht unkompliziert. Ein bisschen geduckt begab sich Aaron mehr an den Rand des Handelsweges, denn hier war schon wesentlich mehr los als auf ihrem Weg hierher. Ein kleinen Moment beobachtete Aaron das Treiben auf dem Markt durch das Tor. So viele Leute, die durch die Gegend liefen, Marktschreier, die ihre Waren anpriesen und der Geruch verschiedenster Kräuter und Nahrungsmittel. Reflexartig zog sich Aaron die Kapuze seines Umhangs wieder über den Kopf. Dieser Umhang war das einzige, was er von Zuhause mitgenommen hatte und er gehörte nichtmal wirklich ihm. Alles andere trug er an sich und dennoch gab es in seinem Gemach im Palast nichts, was er momentan vermisste. Nicht einmal den Luxus. Aber noch war ihre Reise am Anfang.

Fest umschloss Aaron Merthins Hand und folgte ihm vertrauensvoll, hörte seinen Worten zu. Sein Plan klang sehr vernünftig. "Hast du jemals davon gehört, dass Prinz Aaron, der glorreiche Sieger erhobenen Schwertes vom Gelände marschiert wäre?", fragte Aaron teilweise bitter, teilweise scherzhaft nach. Merthin hatte seine Worte natürlich nicht böse gemeint, ein Fünkchen Wahrheit steckte dennoch drin. Aaron jedenfalls hatte keine Siege eingefahren, was aber wohl eher daran lag, das Aaron kein Interesse daran hatte, andere Leute zu verletzen, auch dann nicht, wenn sie es selber so wollten. Aarons Bruder Aiden war da anders gepolt, ihm hatte es gewiss gefreut, dass Aaron sich geweigert hatte teilzunehmen. Aiden hatte vieler solcher Veranstaltungen gewonnen, aber gewiss nicht nur durch Betrug. "Ich habe eine Grundausbildung absolviert, sicher nichts Ausgefallenes...", gestand Aaron schließlich. Er war noch Kind gewesen, als er den Unterricht gehabt hatte. Seitdem hatte er kein Schwert mehr angefasst. Jetzt schien dies ein Fehler gewesen zu sein, dafür hatte er seine Zeit in das Studium der Sprache gesteckt, die er jetzt gewiss nicht so ausgeprägt beherrschen würde, wenn er sein Schwerttraining nicht vernachlässigt hätte.
 

Merthin

Als sie wenig später an eine am Fluss gelegene Scheune kamen, in der Heu und Stroh gelagert war, nickte Mertin zufrieden. Er öffnete die Tür und blickte hinein. Der Landwirt, der hier sein Heu und Stroh lagerte, hatte auch einen Tisch und Stühle eingestellt, die er nun herausholte. Es gab einen Brunnen und einen Stall, in dem aber keine Tiere standen. Eine Feuerstelle war nahe des Flusses gelegen, so dass man davon ausgehen konnte, dass die Scheune dem Bauern als Zufluchtsort vor seiner Frau diente. Es dauerte nicht lange, da hatte Merthin den Schnaps und Lebensmittel-Vorrat entdeckt, den jener sich angelegt hatte. Er hatte nicht vor, etwas zu entwenden, fand nur die Umstände lustig, die er hier vorfand. Sie machten sich ein wenig ein Lager zurecht und Merthin packte noch ein Handtuch und Seife aus, die er zusammen mit Wchselklamotten von ihm Aaron reichte. „Ich gehe dann mal ein paar Sachen besorgen“, sagte er, wissend, dass es dem anderen sicher unangenehm wäre, wenn er beim Baden in der Nähe wäre… "Deine Klamotten kann ich dann waschen, wenn ich später auch baden war..."
 

Aaron

Bei der Scheune angekommen dachte Aaron erst, dass hier bereits jemand untergekommen war, denn alles sah so vorbereitet aus. Doch die Feuerstelle war kalt und die Vorräte sprengten die Regale. Sah nicht so aus, als ob hier jemand dauerhaft seine Nächte verbringen würde. Die Peinlichkeit wollte sich Aaron gern ersparen, dass sie ein Lager fanden, das bereits besetzt wäre. Die Schlußfolgerung von Merthin, es könne sich um einen Rückzugsort handeln, schien jedenfalls einleuchtend. Blieb zu hoffen, dass der Bauer nicht ausgerechnet diese Nacht von seiner Holden rausgeschmissen werden würde.

Aaron half ihr kleines Lager aufzubauen und legte das Bild ab, das würde er nachher mal genauer ansehen. Die Sachen, die Merthin ihm zum baden gab, nahm Aaron dankbar entgegen. Auch wenn er erst jetzt feststellte, wieviel Merthin da eigentlich immer mit sich rumschleppte. Aaron selbst trug ja fast nichts, er würde Merthin gern einen Teil der Last abnehmen. "Ehm..!", hielt Aaron Merthin noch kurz zurück, als sich dieser auf den Weg zum Markt machen wollte. "Würdest du bitte etwas für mich mitbringen? Etwas Pergament und Schreibkohle.", bat Aaron den Blonden noch. Aaron bräuchte dies später zum enträtseln des kryptischen Textes und sicher könnte er Schreibutensilien auch später noch gebrauchen. Aarons Gebiet war und blieb Sprache und Text, da konnte er derartige Dinge immer brauchen.
 

Merthin

Und so ging Merthin schließlich auf den Markt, kaufte frisches Gemüse und Obst, Brot, Hartwurst und Käse. Aber er ging auch zum Schmied und Kramer, um für Aaron eine eigene Ausrüstung inklusive Decke und Rucksack und noch Aarons Schreibutensilien mehr zu kaufen…

Es war ein schönes gebundenes Buch, das Merthin für Aaron mitbrachte, dazu gute Griffel in einer schönen kleinen Schatulle. Er legte es zusammen mit den anderen Sachen für Aaron auf den Tisch an der Scheune, strich darüber. Sicher, es war teuer gewesen. Aber sie mussten bestimmt Dinge aufschreiben, entziffern, sich notieren und merken. Da war es nur sinnvoll in etwas Teures zu investieren. Er wusste ja jetzt, dass Aaron kein Kämpfer war. Dann mussten sie seine Stärken fördern und das Kämpfen von Grund her anfangen zu trainieren… wenigstens ein wenig. „Eine Grundausbildung ist ja schon mal nicht schlecht…“, hatte Merthin versucht Aaron zu motivieren. „Und dann müssen wir uns auf deine Stärken, deine Magie konzentrieren…“ Dass es dem anderen ein wenig an die Nieren zu gehen schien, dass er hinter seinem Bruder offenbar nie zur Geltung gekommen war, fiel ihm zwar auf, aber er ging nicht darauf ein. Dass Aaron kein Kämpfer war, im Sinne eines Kraftprotzes, war ihm bewusst. Aber er hatte ihn an diesem Morgen gesehen. In ihm schlummerten ungeahnte Kräfte – und vermutlich lange unterdrückte! Wenn diese Kräfte entfesselt wären, dann konnte sein Bruder vermutlich einpacken! Und außerdem war der andere klug und gebildet. Es gab bestimmt mehr als eine Situation, in der ihnen das von großem Vorteil sein dürfte! Und das alles war ihm wirklich wesentlich lieber, als ein Mann, der voll Kraft strotze, aber nichts im Kopf hatte…

Merthin viel auf, dass es ruhig hier war und blickte aus seinen Gedanken auf. Wo war der Prinz?
 

Aaron

Erst als Merthin sich schließlich auf den Weg gemacht hatte und Aaron nun alleine mit den Dingen auf dem Arm dastand, merkte er wieder das Unbehagen. In Merthins Nähe merkte er das nicht so, aber eigentlich war er noch immer unsicher der Gefahren wegen, die überall lauern könnten. Aber Merthin hatte ja bereits gesagt, dass dieser Weg unsicher war und immer was passieren könnte. Aaron blieb nur zu hoffen, dass nichts passieren würde. Wenigstens nicht solange der andere weg sein würde. Mit schnellen Schritten machte sich Aaron also auf den Weg zum Fluss, schaute sich genau am Ufer um, entdeckte aber nichts Ungewöhnliches. Es war sonst niemand hier und es sah auch nicht so aus, als würde sich dies in der nächsten Zeit ändern. So suchte sich Aaron einen etwas breiteren Baum in der Nähe des Ufers, hinter dem er sich zu verstecken versuchte und erst nach einem weiteren Blick durch die Umgebung anfing, sich die Kleider auszuziehen. Aaron beeilte sich, um nicht so lange ungeschützt in der Gegend rumzustehen, hängte seine alten und frischen Klamotten über einen der Äste des Baumes und flüchtete sich dann fast schon mitsamt der Seife ins Wasser des Flusses. Weit ging er ins Wasser hinein, sodass ihm das Wasser bis zur Brust reichte. Die Strömung war hier zum Glück nicht sehr stark, sodass er recht stabil stehen und damit beginnen konnte, sich sauber zu waschen. Jedes Geräusch aus der Umgebung ließ Aaron dabei aufschrecken, auch wenn es nie Gefahr darstellte. Aaron grummelte ein bisschen vor sich hin. Ja, ihm war es lieber, wenn ihn keiner beim Baden beobachtete, auch Merthin nicht, aber er hätte sich dennoch sicherer gefühlt, wenn dieser in Rufweite geblieben wäre. Jetzt könnte Aaron den Blonden rufen wie er wollte, sollte er in Gefahr geraten, aber Aaron versuchte sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass er ihn nicht alleine gelassen hätte, wenn es wirklich Grund zur Sorge geben würde.

Kurz ließ sich Aaron ganz unter Wasser tauchen, tauchte dann wieder hoch und wusch sich sein Gesicht, hatte sich sogar fast etwas entspannen können, als er wieder Geräusche vernahm. Sogleich blickte Aaron in diese Richtung und sah eine Gruppe Frauen, die mit ihren Waschutensilien und Kleidungsstücken zum Fluss kamen, während sie sich lachend unterhielten. Es waren hübsche junge Frauen in bäuerlichen Kleidern. Gewiss keine Gefahr, aber für Aaron dennoch ein Problem. Wie sollte er auf diese Weise wieder aus dem Wasser rauskommen? Seine Chance jedenfalls rauszukommen, solange die Frauen ihn noch nicht bemerkt hatten, hatte er sich verspielt, denn sie winkten ihm nun lachend zu, als sie sich ans Ufer hockten. Sie schienen mit der Situation weniger ein Problem zu haben, scherzten und lachten sie doch immernoch miteinander. Aaron ließ sich bis ans Kinn ins Wasser tauchen und beobachtete die Frauen. Eigentlich bloß, um einen guten Zeitpunkt ausmachen zu können, wann er aus dem Wasser laufen könnte, doch die Damen interpretierten seine Blicke anders, so wie sie zurückschauten, zwinkerten und anfingen zu tuscheln. Aaron könnte Merthins Hilfe gebrauchen, aber er wusste nicht, ob dieser schon vom Einkauf zurück war, und ihn einfach zu rufen erschien Aaron auch nicht optimal. Aber eine andere Wahl hatte er wohl nicht.

"Merthin!!", rief Aaron also laut und ein bisschen verzweifelt in Richtung Scheune, die ein Stückchen oberhalb des Flußes lag. Die Frauen schauten nun überrascht, tuschelten aber immernoch, während sie sich in der Gegend umschauten, ob wer dazu kam. "Hey, haben du und dein Freund nicht Lust heute Abend auf meine Geburtstagsfeier zu kommen?", rief dann eine der Frauen zu Aaron rüber, woraufhin die anderen Frauen kicherten. Sie hatte Aarons Ruf nach Hilfe wohl eher als Kompliment verstanden, das Aaron zu schüchtern wäre, die hübsche Frauen anzusprechen. "Ja, wir könnten noch ein paar hübsche Jungs auf der Feier gebrauchen", zwinkerte sie und die Damen lachten nun erfreut. "Entschuldigt, aber würdet ihr vielleicht woanders hinschauen? Ich glaube auch nicht, dass es angebracht wäre, auf Eurer geschätzten Geburtstagsfeier zu erscheinen", wollte Aaron es nutzen, dass die Frauen schon mit ihm sprachen, um sie zu bitten sich abzuwenden und um die Einladung zur Feier höflich auszuschlagen. Aber die Damen lachten bloß sofort über die höfliche Art und hörten gar nicht mehr zu.
 

Merthin

Merthin blickte sich in der Scheune um, ob Aaron dort war und sich ausruhte. Aber offenbar war er vom Baden noch nicht zurück. Kurzerhand beschloss er, nun doch auch gleich baden zu gehen. Er nahm sich ein weiteres Handtuch und etwas Frisches zum Anziehen. Und so ging er wieder hinaus, als er auch schon seinen Namen gerufen hörte. Es schien, als hätte der andere… Panik? War verzweifelt? Einen Moment hatte Merthin Angst, dass Aaron in ernsthaften Schwierigkeiten wäre, so dass er direkt losspurtete, dem Ruf ein gutes Stück den Fluss hinauf folgend. Als er dann aber recht bald sah, was den anderen veranlasst haben könnte, zu rufen, musste er schmunzeln. Einen Moment beobachtete er die Szene – noch ungesehen – und schüttelte den Kopf, als er Merthins Worte hörte. Er musste mit Aaron in jedem Fall über seine Wortwahl reden! Wenn er nicht wollte, dass jeder drei Meilen gegen den Wind hörte, dass er von Adel war, sollte er sich eine lockerere Umgangsform angewöhnen… Nach einer Weile entschied er sich dann aber doch, dem anderen aus seiner misslichen Lage zu helfen.

„Hey Mädels“, rief er hinüber. Er war an den Baum getreten, an dem Aaron seine Sachen hingehängt hatte. Und legte die seinige auch dort ab. „Ihr seid ja gut gelaunt! Hab ich das richtig mitbekommen? Eine von euch hat Geburtstag?“ Er hatte sich das Hemd über den Kopf gezogen und auf den Haufen geworfen, auf dem Aaron auch seine dreckige Wäsche gelegt hatte. Die Mädels blickten hinüber und eine pfiff durch die Zähne. „Aber sicher doch!“, rief eine, während sie die Wäsche über das Waschbrett knetete. „Ja, das bin ich“, sagte die zweite, die für das Ausspülen zuständig war und bis zu den Waden im Wasser stand. „Und ihr zwei Hübschen würdet die Feier noch perfekt ergänzen – als Nachtisch!“ Merthin lachte leicht und schüttelte grinsend den Kopf. "Na dann herzlichen Glückwunsch!", lächelte er verschmitzt hinüber und zwinkerte den Mädchen zu, während er die Hose abstreifte, so dass er nun nackt war. „Klingt nett“, sagte er dann, griff nach einem Handtuch, das er sich über die Schulter legte, und begann ins Wasser zu waten, auf Aaron zu, bis er vor ihm stehen blieb. „Aber ich fürchte, Mädels, dass wir nicht die richtigen für euch sind…“ Er blickte nun das erste Mal Aaron an. „Wir haben nämlich heute noch etwas Anderes vor…“, raunte er leiser, aber für die Frauen hörbar. Er wusste, dass Aaron ein Problem damit hatte, jemanden nackt zu sehen. Und sicher war es ein noch größeres Problem, sich selbst nackt zu präsentieren. Und auch wenn das hier ein schmaler Grad war, auf dem er wandelte, so hoffte er, dass Aaron ihm diese Art des Rettens verzieh! Die Mädchen lachten beschämt, unsicher ob sie die Andeutung richtig verstanden. Merthin legte dem anderen eine Hand auf die schmale Hüfte, sah tief in das schöne Blau, das so gut zu seinem Element passte. Dann nahm er das Handtuch und legte es dem anderen um die Schultern, damit er gleich etwas hätte zum Umbinden. „Wir treffen uns dann bei der Scheune“, sagte er leise. „Ich lenke sie noch ein wenig ab…“ Dann hob er die Hand, strich Aaron mit den Fingerspitzen über die Wange, den Hals hinab zu dessen Hand, in der die Seife lag, und nahm ihm diese ab.

'Hoffentlich verzeiht er mir...', dachte Merthin, der das Gefühl hatte, es könnte dem Prinz unangenehm sein. Homoerotik war in Kreisen des Adels nicht nur verpönt, sondern schlichtweg verboten und unter Strafe gestellt. Immerhin schien Aaron bei ihm nicht mehr so große Berührungsangst zu haben, wenn er an ihre Fahrt im Wagen dachte. Aber dennoch klopfte Merthins Herz heftig, Aaron so nah bei sich zu haben, nackt und ... schön. Er sollte das auflösen, auch damit sie nicht heute Nacht noch Besuch von einem Mop aufgebrachter Bauern bekämen...

Daher sah er die Mädchen wieder an, drehte sich so, dass Aaron hinter ihm verschwand. "Wir müssen heute nämlich noch weiterkommen...", sagte er nun die Aufmerksamkeit auf sich ziehend. "Wir hatten vor, in Puklan eine Herberge zu finden. Könnt ihr mir sagen, was empfehlenswert ist?" Er trat näher zu den Mädchen, die ihm bereitwillig mit ihren Augen folgten und ihm nun dabei zusahen, wie er sich einzuseifen begann. Nun löste sich die kurze Anspannung bei den Frauen wieder. „Aber sicher!“, sagte die dritte, die sich vorher noch zurückgehalten hatte. „Was habt ihr für Geschäfte in Puklan zu erledigen?“, fragte sie neugierig. Merthin sah sie tadelnd an. „Ganz schön neugierig“, sagte er mit einem Lächeln. „Aber weil ihr so hübsch seid, verrate ich es euch! Wir sind geschäftlich da, um mit Randolf über seine Waren zu sprechen… Ich habe den Eindruck, dass er Dinge verkauft, die er lieber nicht verkaufen sollte.“ Randolf war einer der Händler am Markt, die am lautesten und aggressivsten ihre Waren feilboten. Merthin hatte beobachtet, wie der Händler immer mal wieder mit Männern in seinem Haus verschwunden war, oder mit anderen kurz Worte gewechselt hatte. Ganz offensichtlich war er einer der, die in Puklan das Sagen hatten und sicher nicht immer nur legal Geld verdienten. Vermutlich war er einer derjenigen, die auch ihre Finger beim Sklavenhandel im Spiel hatten. Die Mädchen tauschten Blicke aus und das Lachen schien wie weggewischt. „Dann solltet ihr vorsichtig sein!“, erklärte die ernsthafteste von ihnen. „Ich würde dann das Gasthaus zum roten Stier vorziehen. Dort könnt ihr am sichersten sein, denn der Wirt lässt Randolfs Leute nicht hinein…“ Merthin lächelte sie dankbar an. „Danke für den Hinweis! Vermutlich wird uns das viel Ärger ersparen.“ Kurz hielt er inne und blickte sie abschätzend an. „Tut ihr mir noch einen Gefallen?“, sagte er nun relativ nah bei ihnen. „Wo hat Randolf die Ware, die er lieber nicht am Markt feilbietet?“ Die Frauen begannen ihre Sachen zusammen zu packen. „Das wissen wir nicht…“, sagte eine schnell. „Ich denke, das sollten Sie ihn selbst fragen.“ Merthin hob beschwichtigend die Hände. „Ich habe nicht vor, etwas in dieser Art zu kaufen. Im Gegenteil, ich empfinde es Barbarei!“ Die Frauen erwiderten zunächst nichts. „Wir müssen nun gehen und die Wäsche aufhängen…“, erklärten sie. Doch bevor sie gingen, drehte sich die Ernsthafte noch einmal um und kam zu ihm. „Er hat eine Scheune auf der anderen Seite von Puklan“, sagte sie eindringlich. „Wenn ihr aufrichtig seid, dann ändert etwas an der Situation!“ Merthin nickte leicht. „Das werde ich“, sagte er fest. „Sagt niemanden, dass ihr uns gesehen habt!“ Die Frau nickte und wandte sich um, ihren Freundinnen folgend.
 

Merthin blickte ihnen kurz nach, dann ließ er sich ins Wasser sinken und wusch sich die Seife ab. Er öffnete seinen Zopf und wusch sich nun auch die Haare. Zurück am anderen Ufer, reinigte er ihre Kleidung aus. Er würde sie mit der Leine, die er im Rucksack hatte, aufhängen können, so dass sie morgen getrocknet sein würden. Schließlich trocknete er sich selbst ab und zog sich an. Seine Haare kämmte er durch und ließ sie offen, damit sie schneller trocknen konnten. Sie waren schon wieder über Schulter lang… er sollte sie mal wieder schneiden. Dann machte er sich auf den Weg zurück zur Scheune.
 

Aaron

Es dauerte ein bisschen, bis Aaron schließlich Merthins Stimme ertönen hörte. Erleichtert seufzte er und kam schonmal ein paar Schritte näher ans Ufer heran, allerdings blieb er weit genug im Wasser, sodass er nicht zu viel von sich zeigte. Aaron dachte, das Merthin mit den Frauen sprechen würde und sie dadurch ablenkte, sodass er selber ungesehen das Wasser verlassen könnte, doch wurde Aaron schnell klar, das Merthin eine viel... interessantere Lösung für das Problem anstrebte; nämlich in dem Augenblick, als Merthin begann sich ebenfalls zu entkleiden. Vor Aaron. Vor den Frauen! Ein bisschen ungläubig schaute er zu, wie der Blonde sogar einfach so seine Hose auszog und seelenruhig zuließ, das die Damen seine Blöße bewunderten. Aber Aaron musste zugeben, dass das eine gute Ablenkung war, immerhin beachteten die jungen Damen Aaron so gar nicht mehr und der Prinz versuchte das zu nutzen, indem er wieder einige Schritte Richtung Ufer setzte. Allerdings wurde er in seiner Bewegung gestoppt, als er sah, das Merthin nun auf ihn zukam. Was wurde das...? Das lenkte die Aufmerksamkeit der Frauen doch automatisch zusammen mit dem gut gebauten Mann erneut zu Aaron, welcher sich nun wieder ungewollt im Blickfeld aller Anwesenden befand. Mit klopfenden Herzen blieb der Prinz einfach stehen und ließ es nervös zu, dass Merthin so nahe heran kam. Dabei seine etwas verwirrenden Worte und dieser intensive Blick in die Augen, der Aaron aber wenigstens einen Bezugspunkt bot, den er anschauen konnte, ohne zu anmaßend zu werden, indem er sich noch in die Reihen der bewundernden Frauen einreihen würde. Es half ein wenig, dass dies nicht das erste Mal war, dass Aaron Merthin ohne Kleidung zu Gesicht bekam und auch dass dieser so natürlich mit der Situation umging. Das gab auch Aaron das Gefühl, das gerade nicht etwa was Anrüchiges, was 'Verbotenes', geschah, sondern etwas Neues, etwas, auf das sich Aaron einlassen müsste, um das unsichere und unbehagliche Gefühl loszuwerden, das ihm schon zu Kopf stieg und ihn schwindeln ließ. Das hier war dennoch eine vollkommen andere Situation als auf dem Wagen, wo Aaron keine Probleme mit der Nähe gehabt hatte. Es herrschte jetzt eine andere Stimmung um sie herum, eine andere Atmosphäre zwischen ihnen, was alles mehr Herzklopfen verursachte und Aaron nervöser werden ließ. Oder bildete sich der Prinz das bloß ein...?

Aaron wusste nicht mehr wohin mit seinen Armen, wohin mit seinen Blicken... wohin mit sich selbst. Langsam schlang Aaron einen Arm um seinen Bauch, den anderen Arm legte er schräg hoch zu seiner Schulter, um seinen Oberkörper ein bisschen abzuschirmen, während er seine Blicke einfach in Merthins Augen ließ. Selbst dann noch, als er die Hand des anderen an seiner Hüfte spürte. Merthins Finger berührten Aarons eigenes Zeichen auf der Haut, das leicht bläulich zu schimmern begann. Tief atmete Aaron ein, um dabei gleichzeitig das magische jeder ihrer Berührungen nachzuspüren, das ihn in diesem Moment wieder durchflutete, diesmal jedoch intensiver und auf wunderlich andere Weise als sonst. Ihre gemeinsame Magie bewirkte nichts schlechtes, wie konnte dann sowas schlecht sein...? Das beruhigte Aaron irgendwie. Obwohl sich eine kleine Röte diesmal nicht von Aarons Wangen fern halten ließ und auch das magische Gefühl nicht so schnell verging, während Merthin regelrecht zärtlich die Seife aus seinen Händen nahm. Den Weg seiner Fingerspitzen über seine Haut fühlte der Prinz noch Augenblicke später. Aaron fühlte sich dabei dennoch viel ruhiger als eben noch, konnte Merthin unterdessen weiterhin fest anschauen. Merthin war sein Freund, sein magischer Verbündeter, jemand, der so schön magisches Kribbeln in seinem Innersten auslöste. Er würde nichts tun, was Aaron schaden würde. Es gab also keinen Grund Unbehagen zu spüren. Zumindest in diesem Moment nicht.

"Vielen Dank", flüsterte Aaron dem Blonden zu. Wieder half Merthin ihm und Aaron nickte noch, damit Merthin auch wusste, das Aaron verstanden hatte. Als Merthin ihm schließlich seinen Rücken zuwandte, blickte Aaron ihn kurz von hinten an, ehe er die Chance ergriff und so schnell wie er es leise hinbekam das Wasser verließ. Sofort als seine Hüfte aus dem Wasser ragte, band er sich das Handtuch um und huschte zum Baum. Aaron trocknete sich nicht richtig ab, tupfte nur schnell hier und da, um schnellstmöglich wieder Kleidung am Leib zu haben. Als er sich das Oberteil über den Kopf zog, das er von Merthin bekommen hatte, hielt er einen klitzekleinen Moment inne. Der Stoff roch angenehm nach Seife... und nach Merthin.

Ein paar Wortfetzen bekam Aaron noch mit, allerdings blieb er nicht lange genug, um das ganze Gespräch mit anzuhören. Lieber beeilte er sich, zurück zur Scheune zu gelangen und blieb erst stehen, als er ankam. Aaron fühlte immernoch sein Herz schneller schlagen von eben und klopfte sich deshalb wieder mal auf die Wangen, um sich einzukriegen. Das war ein reines Ablenkungsmanöver gewesen, nichts weiter. Also auch nichts, weshalb er sich aus adeliger Sicht straftbar gemacht hätte. Immerhin war die Intention hinter dieser recht missverständlichen Situation eine andere gewesen, richtig? Dass nur das seine Sorge war und gar nicht die erneute kleine Frechheit des Blonden ihm gegenüber, da er ihn vor anderen Leuten verlegen gemacht hatte, fiel Aaron dabei auch auf. Irgendwie wurde Aaron gerade selbst nicht schlau aus sich und seinen Reaktionen. Zum Glück entdeckte er in diesem Moment das hübsch gebundene Buch und die Schatulle dazu, was seine Gedanken sofort ablenkte. Andächtig berührte er den fein gearbeiteten Einband des Buches, nahm dieses dann gänzlich zur Hand und warf einen Blick auf die leeren Seiten. Hatte Merthin diese schönen Dinge für Aaron mitgebracht? Er freute sich, dass Merthin auf Qualität geachtet hatte, obwohl Aaron nur um einfaches Pergament gebeten hatte. Wieder würde er sich bei ihm bedanken müssen, man sah und merkte, dass dieses schicke Einzelstück seinen Preis gehabt haben dürfte.

Mit einem glücklichen Lächeln setzte sich Aaron in der Scheune auf das Stroh, nahm den Bilderrahmen zur Hand und auch einen der Griffel, welcher hübsch verziert war und als modern galt, da er nicht wie andere Griffel einzig zum einritzen von Worten genutzt werden konnte, sondern auch, um auf Papier zu schreiben. Sogleich begann Aaron damit das Textbild zu bearbeiten, nutzte dafür das Buch, um sich Textpassagen rauszuschreiben und bemerkte schnell, dass die Schriftzeichen in sich verdreht worden waren und richtig sortiert werden mussten, damit ein fließender Text aus alter Sprache entstehen konnte. Dafür musste er viele Schriftzeichen aufdröseln, was sicherlich leichter gewesen wäre, wenn er jetzt in der großen Bibliothek sitzen und in anderen Büchern Vergleiche anstellen könnte, aber er würde das auch so hinbekommen. Er würde nur etwas mehr Zeit brauchen. Bei all seiner Begeisterung für dieses wirklich fantastisch schöne Buch und die gefundene alte Schrift übersah Aaron, dass Merthin noch mehr für ihn mitgebracht hatte: Waffen und allgemeine Ausrüstung.



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