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Lamiak

von

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Familienbande

Am nächsten Morgen waren die Sorgen der vergangenen Nacht wieder vergessen und die fünf saßen an einem üppig gedeckten Frühstückstisch. Arantxa überspielte die Geschehnisse der vergangenen Nacht gekonnt und benahm sich als wäre nie etwas geschehen. Es war ihrer Meinung nach keiner Rede wert. Luken schaute ab und an zu ihr herüber, wurde aber nicht schlau aus ihr. Wenn niemand hinsah, musterte er ihre Gesichtszüge nachdenklich. Sie war anders letzte Nacht. Es schien als hätte sie Angst gehabt. Irgendetwas an ihr ließ ihn nicht los. Während Luken das Mädchen begutachtete lachten Lexi und Ara über eine Lügengeschichte über Arantxas verlaufen. Nael und Colin bemerkten die Abwesenheit ihres Mitbewohners.

„Ey Arriola, alles klar?“ wollte Colin wissen und holte seinen Freund mit einer klopfenden Berührung aus seinen Gedanken.

„Eh ja, bin nur noch etwas müde.“ gab dieser zurück und rieb sich die Augen.

„Sag mal, ist bei euch daheim eigentlich alles klar, Nael?“ erkundigte sich der Lockenkopf.

„Ich denke schon, warum fragst du?“

„Ach nichts, deine Schwester erwähnte nur etwas von ein paar Alpträumen gestern.“

„Sie hat sie schonwieder…“ nuschelte Nael zu sich selbst. „Mach dir keine Gedanken, sie ist tough.“

Nach dem Frühstück packten alle ihre Taschen und machten sich auf zu ein paar Stunden Sightseeing in der Stadt. Am späten Nachmittag fuhren sie zurück ins Internat.

Am nächsten Tag ging Colin in einer Unterrichtspause auf Lexi zu.

„Leah!“

„Colin, hey!“

„Kann ich dich mal was fragen?“ er versuchte das Gespräch vor anderen zu verstecken und zog sie sanft um eine Ecke.

„Was ist denn los?“ Lexi wirkte überrascht.

„Luken und Nael erwähnten neulich etwas darüber, dass Arantxa Alpträume habe. Schon seit einer ganzen Weile. Sie tauchen wohl immer wieder auf. Hast du etwas Ungewöhnliches an ihr bemerkt?“

„Was? Ihr spinnt doch, haben euch die Geistergeschichten den Kopf verdreht oder was?“ sie belächelte seine Nachfrage. Colin legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Es wirkte ziemlich ernst. Gib etwas Acht auf sie, ja?“ Sie schaute ihn leicht verwirrt an und stimmte dann nickend zu.

Alexis und ihre Freundin unterhielten sich am Ende des Tages über Freizeitangebote. Sie saßen zusammen mit Nael an einem Tisch im Essenssaal. Nael beriet sie über die verschiedensten Sportangebote, Literaturzirkel, die Ausgabe einer Internatszeitung und künstlerische Aktivitäten. Alexis war wie geschaffen für einen Club der sich ausschließlich mit guter Literatur auseinander setze und beschloss beizutreten. Nael war seit zwei Jahren im Ruderteam, welches einmal wöchentlich auf den schönen Ullíbarri-Gamboa See trainierte. „Was ist mit dir Arantxa, willst du nicht auch irgendwo beitreten?“ erkundigte sich ihr Bruder.

„Hm…ich weiß nicht.“ Gab die braunäugige von sich und spielte gelangweilt mit einer geflochtenen Haarsträhne.

„Was ist mit Musik…?“ hakte Nael vorsichtig nach. Alexis schaute ruckartig zu ihrer Freundin herüber: „Musik?“ Arantxa schnaufte einmal.

„Ja vielleicht… ich weiß nicht.“ Sie wirkte etwas bedrückt und schüttelte den Gedanken ab.

„Ach komm, es hat dir früher sehr am Herzen gelegen.“ Er versuchte ihr einen Ruck zu geben. „Ich kann dich zum Musikraum begleiten morgen!“

„Ja, vielleicht.“ Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf.

„Ich wusste gar nicht, dass sie Musik mag.“ Gab Lexi erstaunt zu.

„Ja sie spielte früher viel Klavier. Unsere Mutter brachte es ihr bei.“

„Warum hat sie aufgehört?“ Nael schwieg eine kleine Weile auf Alexis Frage.

„Unsere Eltern sind vor fünf Jahren gestorben. Danach setzte sie sich nie wieder an ein Klavier. Ich hörte ihr und unserer Mutter gerne beim Üben zu. Sie spielten oft alte folkloristische Stücke. Aber auch anderes.“ Er lächelte bei der Erinnerung daran. Lexi’s Augen weiteten sich und sie hielt erschrocken eine Hand vor den Mund.

„Oh du meine Güte… Nael, es tut mir leid!“ es war ihr sichtlich unangenehm das Thema angesprochen zu haben. Er schüttelte nur sanft seinen Kopf.

„Es ist okay. Mach dir keine Gedanken. Es ist schon eine Weile her. Wir lebten danach bei meinem Großvater in Bilbao. Ara machte ihm das Leben ganz schön schwer. Ich wollte damals in dieses Internat und er schickte sie nun hinterher, weil er inzwischen zu alt ist um sich ausreichend um sie kümmern zu können. Wir haben nur unseren einen Großvater. Die Familie unserer Mutter war nie ein Thema. Wir kennen sie nicht einmal. Was genau damals mit unseren Eltern geschah haben wir nicht recht mitbekommen. Zuerst war Vater verschwunden und ein paar Tage später übergab uns unsere Mutter in die Obhut von Großvater. Kurz darauf war auch sie von uns gegangen. Abuelo erzähle uns es sei ein Unfall gewesen bei dem Vater starb. Und Mutter kurze Zeit später an deren Folgen.“

„Wie traurig das zu hören…“ Alexis senkte den Kopf und legte aus Beileid eine Hand auf Naels Schulter.

„Es ist wirklich okay Lexi, mach dir keine Sorgen. Aber immer, wenn Arantxa damals von Alpträumen heimgesucht wurde, spielte sie Klavier. Es half ihr. Kannst du nicht auch versuchen sie zu überreden wieder zu spielen?“

„Aber natürlich.“

„Danke. Ich muss jetzt langsam weiter. Mach‘s gut Lexi!“ Er verabschiedete sich und ging. Lexi saß noch eine Weile nachdenklich am Tisch und beschloss die anderen zwei Jungs in ihren Plan Arantxa einem Klavier wieder näher zu bringen, einzuweihen. Am darauf folgenden Tag nervten die vier Freunde die Baskin solange mit ihren Vorträgen über Musik solange bis Arantxa am Ende des Tages sich vor die Musikräume drängen ließ. Nael verabschiedete sich für sein wöchentliches Training und Lexi, Luken und Colin empfanden ihren Auftrag als ausgeführt und gingen auch zufrieden von dannen. Arantxas Herz klopfte als sie vor dem großen wunderschönen Flügel stand. Sie setzte sich zaghaft und legte vorsichtig ihre Finger auf die schwarzen und weißen Tasten. Der Flügel gab bezaubernde Töne von sich. Ein elektrisches Kribbeln durchzog Arantxa’s Körper als sie die ersten Noten spielte, stoppte dann aber abrupt. Sie stand wieder auf.

„Das bringt doch nix.“ Sagte sie zu sich selbst und drehte sich um.

„Willst du etwa schon gehen, Ibarra?“ entgegnete ihr jemand. Luken lehnte im Türrahmen.

„Hast du etwa gelauscht du Spanner?!“ sie war sichtlich erzürnt.

„Dein Bruder sagte ich darf dich nicht gehen lassen bevor du nicht wenigstens ein komplettes Stück gespielt hast. Und, auch wenn ich kein großartiger Komponist oder Musikversteher bin, glaube ich diese paar Tönen gelten nicht als komplett.“ Er zog seine Augenbrauen erwartungsvoll hoch und blieb standhaft. Arantxa schnaubte abtrünnig und setzte sich zurück an den Flügel. Sie verfluchte ihren Bruder und Luken innerlich. Sie legte ihre Finger erneut auf die Tasten und gab sich den so lang vermissten Klängen hin. Luken bewegte sich keinen Zentimeter und hörte ihr einfach nur zu. Er wär überwältigt von der Schönheit die gerade den Raum ausfüllte.

Als Arantxa das Lied beendete, stand sie beleidigt auf.

„Zufrieden, pegote (Quälgeist)?!“

„Das war doch… ganz nett.“ ärgerte er sie etwas. Er stand noch immer im Türrahmen mit vor dem Oberkörper verschränkten Armen. „Ich glaube ich kenne dieses Lied.“

„Es heißt `Lamiak´. Quita (Aus dem Weg), Arriola!“ Sie ging auf ihn zu, schubste ihn aus dem Türrahmen und ließ den Musikraum hinter sich.



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