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Melodien für John

von

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Manchmal und heute

Manchmal da war es ganz leicht, da floss es einfach aus ihm hinaus, wie ein scheinbar unaufhörlicher Strom, beflügelnde Energie, wie mit John einen Fall zu lösen, denn jede Note war wie ein neuer Hinweis. Es ging nicht immer schnell, nein, aber jede Minute davon war wertvoll. Und wenn es getan war, war er stolz auf sein vollendetes Werk.
 

Manchmal da war es mühsam, da kämpfte er um jede Note, rang mit jeder Tonfolge, wie einen verängstigten Esel durch ein Flussbett zu führen, wie Kieselsteine zu heben um einen Berg zu versetzten, wie eine nackte Frau zu deduzieren. Dann bezwang er seine Wutausbrüche, strich durch, schrieb neu, strich wieder durch, schrieb neu, ein Schritt vor und zwei zurück. Er war erleichtert, wenn es endlich geschafft war.
 

Manchmal da kostete es Überwindung, da brauchte es Mut, wie auf brüchigem Eis zu stehen, wie über einen zugefrorenen See zu gehen, während das erstarrte Wasser unter einem leise knackte. Oder, nein, besser gesagt, wie im offenen Meer zu liegen und sich von der Strömung forttragen zu lassen, wie blind in ein Taxi zu steigen ohne das Ziel zu kennen, Türen zu öffnen, hinter die noch nie jemand geblickt hatte. Wenn er am Ziel war, war er froh, das Wagnis eingegangen zu sein.
 

Aber immer war es als würde er einen Teil von sich selbst auf das Papier bannen. Sherlock erschuf nicht bloß eine Melodie, komponierte nicht bloß ein Musikstück, sondern gab eine Seite von sich preis, die er oftmals selbst noch nicht gekannt hatte, legte etwas von sich offen, sodass alle Welt es sehen konnte. Sie sahen und doch erkannten sie nicht.
 

Doch dieses Mal, dieses Mal fühlte es sich an wie Ausbluten und jede Zeile war ein weiterer Schnitt. Es war wie mutwillig in einem tiefen dunklen Meer zu versinken, wie hinter einer Glaswand zu stehen, sehend aber nicht teilhabend, wie fallend auf den unvermeidlichen Aufprall zu warten, und er wusste bei Leibe wie sich das anfühlte. Jede Tonfolge kostete ihn mehr und mehr Überwindung, mehr Kraft, mehr Tapferkeit, als würde er seinen Gedächtnispalast bis auf die Grundmauern niederreißen, sein Kartenhaus unwiderruflich einstürzen lassen. Danach würde nichts mehr so sein wie es war. Denn mit jeder Bewegung des Violinenbogens gab er ein wenig mehr der Illusion auf, ließ ein wenig mehr Hoffnung fahren, musste ihn gehen lassen. Mit jeder Note zerschnitt er ein weiteres Band zu ihm. Als die letzte Note das Blatt berührte, war er so leer, ausgeblutet, als wäre nichts mehr von ihm übrig.

Walzer für John und Mary


Nachwort zu diesem Kapitel:
Empfehlung:
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