Zum Inhalt der Seite

Eren

Geheimnisse der Turanos
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Und das Verhör geht weiter

In der großen Turnhalle angekommen, die der im Bunker gar nicht so unähnlich ist - allerdings nur halb so groß, ohne Fluggeräte, die von der Decke baumeln und Fenster existieren - werden sie gleich von Herrn Lang begrüßt, der die Arme verschränkt hat und ungeduldig mit dem Fuß tippt.

 

„Da sind ja meine Trödler. Na los, hop, hop, nicht nur rumstehen, wärmt euch auf“, weist der Mann mit ergrauten Haaren die drei Jungs an und klatscht dabei drängend in die Hände. Er wartet allerdings gar nicht auf eine Reaktion, hakt nur die Anwesenheit ab und macht sich auf den Weg zu seinem kleinen Lehrerkammerl an der Seite.

 

Die restliche Klasse ist bereits dabei im Kreis zu laufen. Das erste was Eren dabei auffällt ist: die sind langsam. Und unkoordiniert. Und das, obwohl es wirklich NUR Joggen ist. Keine Hindernisse, Fallgruben oder Monster, die einem im Nacken sitzen. Einige keuchen jetzt schon wie nach einem Marathon, andere sind noch einigermaßen gut in Form, aber die meisten liegen so im Mittelfeld.

 

„Na kommt, wer mehr Runden schafft!“, schlägt Max euphorisch vor und rennt bereits los.

 

„Das war ein Fehlstart! Du wirst disqualifiziert!“, verlangt Timo sofort ihm hinterher sprintend.

 

Eren seufzt noch einmal stumm und setzt sich dann ebenfalls in Bewegung. In wenigen Sekunden hat er die Beiden eingeholt, sehr darauf bedacht sie nicht zu überholen. Er will möglichst durchschnittlich wirken.

 

„Hey, Jungs. Wo habt ihr denn so lange gesteckt?“ Paula hat sich etwas zurückfallen lassen, um bei den Dreien laufen zu können.

 

„Tja, hätte sich das Turanolein nicht so geniert und sich am Klo umziehen müssen, wären wir früher fertig gewesen“, schiebt er die Schuld auf Eren.

 

Dieser verkneift sich einen bissigen Kommentar, stattdessen sagt er: „Ohne euren Bauchvergleich wären wir auch früher hier gewesen. Außerdem hättet ihr nicht auf mich warten müssen.“

 

„Quatsch, das tun Freunde eben“, verkündet Max selbstverständlich.

 

„Moment, Bauchvergleich? Will ich es überhaupt wissen?“ Unsicher hat die Brünette die Augenbrauen hochgezogen, dennoch blitzt belustigtes Interesse in ihren Augen auf.

 

„Wir haben festgestellt, dass Timo und ich einen Sixpack haben. Schau“, genauso dämlich grinsend wie in der Umkleide zieht Max sein T-Shirt etwas hoch und präsentiert den blauen Sixpack. Ehrlich? Der hat ihn immer noch nicht abgewischt? „Der sieht doch voll echt aus, oder?“

 

Paula prustet los, gerät dabei ins Straucheln und stolpert ein paar Schritte vor sich hin, ehe sie sich einigermaßen wieder gefangen hat. Sie gackert immer noch, hält sich den Bauch und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Echt jetzt, wie kommt ihr immer auf so dämliche Ideen?“

 

Das fragt sich Eren auch.

 

„Übrigens, im Klo umzuziehen ist völlig normal. Das machen bei den Mädchen auch viele“, meint sie überraschenderweise an Eren gewandt.

 

„Vielleicht bei den Mädchen, aber bei den Jungs macht das niemand. Naja, niemand bis auf das reiche Söhnchen.“ Abwertend deutet der Klassensprecher auf Eren, der hinter ihm läuft und denkt nicht daran seine Stimme zu senken.

 

Blöd an diesen Sporthosen ist, es gibt keine Taschen in die er seine Hände vergraben kann. Gut wiederum ist, dass er durch das Joggen sowieso schon die Hände zu Fäusten geballt hat. Jetzt bohren sich nur die Nägel langsam in seine Handflächen. „Ich hab doch gesagt, ich musste nur auf´s Klo.“

 

„Klar, wer´s glaubt.“

 

Er kann einfach nicht aufhören. Und dann grinst er auch noch so provokativ!

 

Nein, Eren muss ruhig bleiben.

 

Der junge Turano schließt für einen Moment die Augen, atmet tief ein, konzentriert sich auf seinen Herzschlag und atmet langsam aus. Als er die Augen wieder öffnet, will er zwar immer noch diesem Timothy Jessy Zaun-Peidl eine Nasenkorrektur verpassen, aber er kann sich zumindest wieder soweit beherrschen, dass er es nicht tut. Jetzt noch nicht. Dafür boxt ihn seine Stiefschwester. Wenigstens etwas.

 

„So. Und jetzt versuch mal für fünf Minuten deinen Rand zu halten. Zeig uns doch lieber wie viele Runden zu schaffst oder ob das nur hohle Angeberei ist“, schlägt Paula vor, um ihren aufbrausenden Bruder von ihnen wegzulocken. „War dein Rekord nicht bei Zwanzig oder so?“

 

„Zweiundzwanzig“, korrigiert Timo prahlerisch. „Und den Rekord werde ich jetzt brechen. Bis nachher, ihr lahmen Schnecken!“

 

Damit flitzt er davon. Endlich. Erleichtert seufzt Eren auf. „Der ist anstrengend.“

 

Völlig unerwartet knurrt Paula neben ihm, weshalb er reflexartig einen Satz zur Seite macht.

 

„Ich weiß er ist mein Stiefbruder, aber manchmal könnte ich ihn einfach ...“ Die Erklärung geht in ein weiteres Knurren über, wobei die Geste, die sie dabei macht, keine Fragezeichen offen lässt. Sie atmet tief durch, bemüht wieder entspannt zu werden. „Danke, dass du ihn noch nicht erwürgt hast.“

 

Eren zuckt nur mit den Schultern und fügt im ernstgemeinten Ton hinzu: „Ich kann nicht versprechen, dass das nicht noch passieren wird.“

 

„Ich könnte dich voll verstehen.“ Sie lässt erschöpft die Schultern hängen. „Ich weiß gar nicht, was er momentan hat. Normalerweise ist er nicht auf so einem Machotrip. Nicht so schlimm zumindest."

 

„Das legt sich wieder“, meint Max zuversichtlich, der langsam rot im Gesicht wird. „Sag mal, wie machst du das nur?“

 

Fragend legt Eren den Kopf schief. „Was genau?“

 

„Naja, dass du nicht schwitzt“, erläutert Max abgehakt. „Mir ist jetzt schon heiß und du hast auch noch Schweißbänder an. Ich würde verglühen.“

 

Tja, das ist ein Detail, dass er nicht ändern kann. Er kann nicht auf Kommando schwitzen und die Entfernung und Geschwindigkeit ist viel zu gering, als dass Eren ins Schwitzen kommen würde. „Ich hatte doch Privatunterricht, auch Sport. Da bin ich auch viel gelaufen.“

 

„Echt? Auch mit Profisportlern?“, fragt Paula begeistert nach, die auch ein paar Schweißperlen auf der Stirn hat. Dabei sind erst knapp zehn Minuten rum, wie die Uhr über der Tür verrät.

 

„So ähnlich“, antwortet Eren ausweichend. „Außerdem“, fügt er hinzu, weil er irgendwie das Gefühl hat eine Erklärung für die Bänder abliefern zu müssen, „hab ich da eine nicht gerade schöne Narbe, die muss niemand sehen.“

 

Das ist zumindest teils wahr. Eine Tätowierung ist auch irgendwie eine Narbe, oder?

 

„Eine Narbe?“, wiederholt Max. Seine Mundwinkel heben sich. „Cool! Ich hab auch ein paar Narben.“

 

Und damit beginnt der Blondschopf für die nächsten fünf Minuten seine Narben und deren Entstehungsgeschichte aufzuzählen. Für die meisten ist er selbst verantwortlich - entweder pure Tollpatschigkeit oder ein dummer Zufall. Oder beides. Sogar Paula scheint die meisten noch nicht gekannt zu haben, denn sie kichert bei jeder Zweiten aufs Neue los. Eren versucht inzwischen hinter den Anekdoten versteckte Hinweise auf Übernatürliches zu finden.

 

Schließlich verkündet Herr Lang mit dem ohrenbetäubenden Lärm einer Trillerpfeife, dass das Aufwärmen vorbei sei.

 

„Endlich“, keucht Max und lässt sich einfach auf den Boden fallen, dreht sich auf den Rücken und schließt die Augen. „Ich kann nicht mehr.“

 

„Ich auch nicht“, stimmt Paula zu, die sich ebenfalls auf den Boden setzt und hechelnd atmet.

 

Mit hochgezogener Augenbraue mustert Eren die beiden. Nach so einem einfachen kleinen Lauf sind sie so außer Puste? Wow. Die können froh sein, dass sie nicht Ajax als Lehrer haben. Er würde sie wegen solchen Bemerkungen gleich noch einmal eine Viertelstunde durch die Halle jagen.

 

Er selbst legt die Hände an den Hinterkopf und streckt die Wirbelsäule. Dabei fällt sein Blick auf die Trainingsstationen in der Mitte der Halle, die ihm vorher gar nicht aufgefallen sind. Wann sind die da hingekommen? Ob der Lehrer sie aufgestellt hat, während die Schüler laufen mussten? Eren kann es nicht genau sagen. Genau das ärgert ihn. Noch so ein Moment, in dem seine Aufmerksamkeit mehr als nur zu wünschen übriglässt. Er schwächelt ganz schön in letzter Zeit.

 

„Du“, presst Max zwischen zwei Atemzügen hervor und kämpft sich auf die Ellbogen, „musst mir dringend verraten, wie du das machst. Gibt es irgendeinen Atemtrick oder einen Kniff beim Laufen oder irgendwas?“

 

„Ja. Das nennt man trainieren“, antwortet Eren sarkastisch schmunzelnd.

 

„Trainieren?“ Stöhnend lässt er sich wieder zurückfallen. „Das klingt anstrengend.“

 

„Hey, was ist hier denn los? Seid ihr schon wegen dem bisschen Laufen k.o.?“

 

Und da ist er wieder. Entnervt rollt Eren innerlich mit den Augen, nimmt die Arme runter und verschränkt sie vor der Brust. Dafür, dass Timo so redet, als wäre es einfach gewesen, sieht er dennoch ziemlich rot im Gesicht aus und das T-Shirt hat ein paar verräterische dunkle Flecken.

 

Mit einem überlegenen Grinsen bleibt er bei ihnen stehen. „Ich bin bestimmt doppelt so viel gelaufen wie ihr und kann noch stehen. Nehmt euch mal ein Beispiel an mir.“

 

„Halt die Klappe, Timo“, verlangt seine Stiefschwester schwach. „Ihr zwei seid nicht normal.“

 

„Ja“, pflichtet Max bei, der inzwischen wieder sitzen kann. „Du rennst ewig viel und Eren schwitzt nicht mal. Das ist echt nicht fair.“

 

Ja, der Kommentar hat Timo nicht ganz so gefallen. Er wirft Eren einen vernichtenden Blick zu und mustert ihn von oben bis unten bis er zu dem Ergebnis kommt: „Der hat sich ja auch bestimmt nicht richtig angestrengt.“

 

„Aber ist er dann nicht noch besser als du, wenn er trotzdem mit uns mithalten konnte?“, überlegt Paula weiter.

 

Jap, das war nicht zu Ende gedacht. Das merkt auch Timo, der sich mit einem „Pha" demonstrativ abwendet und zu den anderen Schülern geht, die sich allmählich vor dem Lehrerkammerl versammeln. „Das ist völlig ausgeschlossen.“

 

Die Drei wechseln amüsierte Blicke ehe sie sich ebenfalls zum Rest der Klasse gesellen. Der Lehrer ist gerade dabei ist ihnen die Aufgaben zu erklären. Da sie schon seit ein paar Wochen dieselben Stationen üben, dauert es nicht lange bis Herr Lang die Gruppe entlässt, um wieder in seinem Kammerl zu verschwinden. Die Schüler verteilen sich auf die unterschiedlichen Stationen, um selbstständig zu sporteln.

 

Eren, Max, Timo und Paula starten mit der Nummer Vier: gewöhnlichen Sit-Ups. Dafür setzen sie sich nebeneinander an eine Sprossenwand, verhaken die Füße darin und legen die Arme hinter den Kopf. Zunächst schielt Eren zu den anderen, um sich an die geforderte Art und Geschwindigkeit anzupassen. Auch hier ist das Niveau eher niedrig. Es gibt noch nicht einmal Zusatzgewichte oder ein Nagelbrett unterm Kreuz, damit man nicht zu weit zu Boden sinkt.

 

„Übrigens, was ich dich mal fragen wollte“, druckst Max nach den ersten fünf Sit-Ups herum. „Vielleicht geht’s mich ja auch nichts an und du musst nicht antworten, wenn du nicht willst und ich bin bestimmt zu neugierig, aber vielleicht verrätst du...“

 

„Jetzt frag einfach“, unterbricht ihn Eren bevor es noch Nacht wird bis er mit der Frage rausrückt.

 

„Warum warst du denn jetzt im Anzug im Park?“, rückt er schließlich doch noch mit der Sprache raus.

 

Verwundert dreht Eren den Kopf zu ihm. „Das ist deine wichtige Frage?“

 

„Ja“, gibt er zu. „Ich bin neugierig, hartnäckig und kann nervig sein, weißt du noch?“

 

„Irgendwie“, beginnt Eren, der Timo wiedermal zu ignorieren versucht, der an seinem eigenen Lachen erstickt, „war mir das schon seit dem Park klar.“

 

„Okay, jetzt reicht´s mir. Könntest du mir endlich verraten, woher du einen Turano kennst?“, mischt sich Paula gespielt schmollend ein. „Gestern habt ihr meine Frage auch schon ignoriert.“

 

Bevor sie die Geschichte erzählen können, hallt der Trillerpfeifenton durch die Halle, was bedeutet: Stationswechsel. Als nächstes ist Seilspringen an der Reihe. Das ist eine Übung, die hat Eren auch noch nicht so oft gemacht, doch oft genug, um mit Max mithalten zu können. Paula dagegen hat Schwierigkeiten einen Rhythmus zu finden und Timo … der übertreibt es mit der Angeberei, verheddert sich im Seil und landet auf der Nase.

 

*Geschieht dir recht*, kommentiert Eren gedanklich.

 

„Also“, beginnt der Blondschopf. „Ihr wisst ja, dass letzte Woche Sport ausgefallen ist, deshalb bin ich mit meinem Nachbarn in den Park gegangen, um ein wenig Skateboard zu fahren. Und da hab ich Eren gesehen. Er hatte einen richtig schicken Anzug an mit Lackschuhe, Krawatte und allem drum und dran.“

 

Das war dann wohl Timos Stichwort sich einzumischen. „Wer geht denn bitte im Anzug in den Park?“

 

Max übergeht den gackernden Timo einfach und fährt unbeirrt fort: „Und er war im Park, weil ...“

 

Auffordernd wirft der Grünäugige Eren einen Blick zu. Dieser verdreht kurz ergeben den Kopf. Soll er die Frage überhaupt beantwortet? Solange er weder etwas vom Ort des Kliententreffens, noch vom Klienten oder dem Auftrag selbst etwas erwähnt, sollte es doch in Ordnung sein, oder? Ach, er riskiert´s jetzt einfach. Er hat heute eh schon genug ausgeplaudert, da kommt es darauf jetzt auch nicht mehr an.

 

„Weil“, übernimmt er also das Wort, „ich meinen Vater und Ajax auf ein Meeting begleiten musste. Aber da ich bei der eigentlichen Besprechung nicht dabei sein durfte, musste ich im Wartezimmer bleiben. Das war mir zu langweilig, also bin ich aus dem Fenster geklettert und rüber zum Park geschlichen. Aber dann hatte ich doch ein schlechtes Gewissen. Und weil mich dann auch noch so ein blonder Dödel genervt hat, bin ich zurück ins Wartezimmer gegangen.“

 

„Der blonde Dödel war ich“, erläutert Max überflüssig und irgendwie stolz, was ihm von Paula einen sarkastischen Kommentar beschert: „Ach, echt? Darauf wär ich ja nie gekommen.“

 

Max grinst daraufhin nur. „Jedenfalls, ich hab also Eren nach seiner Flucht vor dem langweiligen Wartezimmer allein und verloren auf der Bank entdeckt.“

 

„Das klingt ja so, als hätte ich da geheult“, bemerkt der Turano vorwurfsvoll.

 

Max hat schon wieder so ein spitzbübischen Funkeln in den Augen. „Das nicht, aber einsam sahst du trotzdem aus.“

 

„Wenn du meinst.“ Eren ist es aus ihm unerklärlichen Gründen unangenehm, dass Max das so schildert. Es ist ja nichts schlimmes dabei und ein Geheimnis ist es auch nicht. Aber es lässt ihn eben schwach dastehen. Ein Turano ist niemals schwach! „Du musst ja nicht jedes Detail erwähnen.“

 

„Oh, doch. Das muss er, armes, trauriges, reiches Vatersöhnchen“, stänkert Timo. Wird ihm das nicht langsam langweilig?

 

Eren jedenfalls hat genug davon. „Sag mal, Timo, kannst du nicht endlich damit aufhören? Bitte? Wenn ich dir irgendwas getan hab, tut´s mir leid, aber lass die dummen Sprüche, ja? Sind die dir nicht peinlich?“

 

So. Das ist der einzige Versuch es friedlich zu lösen. Er wird zwar trotzdem nicht auf ihn losgehen, aber ihm fällt schon was anderes ein. Es gibt viele Möglichkeiten jemanden zu quälen, ohne dass dieser seine Anwesenheit überhaupt bemerkt.

 

Mit dieser Aussage hat Eren Timo völlig aus dem Konzept gebracht. Mit überraschten großen Augen öffnet und schließt er den Mund, ohne einen Ton von sich zu geben. Durch die gestörte Konzentration verfängt er sich im Seil und küsst den Boden. Sein Kopf wird ganz rot und man kann den bevorstehenden Ausbruch schon beinahe hören, glücklicherweise gibt es da noch Paula, die einfach dazwischen grätscht.

 

„Ja, er versucht sich zu besser. Das verspricht er und ich sorge dafür, dass er es auch wirklich tut. Und jetzt Psst! Ich will die Geschichte weiterhören“, verlangt Paula, wirft ihrem Stiefbruder noch einen warnenden Blick zu und richtet dann ihre volle Aufmerksamkeit auf Max, der verdattert ein paar Sekunden braucht, ehe er begreift, dass das sein Stichwort ist.

 

Doch bevor es weitergeht, muss die Gruppe noch einmal die Station wechseln. Diesmal sind Liegestützen an der Reihe. Sehr zur Freude von Timo, der zeigt, wie gut er diese beherrscht. Sogar kommentarlos, allerdings kann er sich gehässige Seitenblicke nicht verkneifen. Eren bleibt mit Max im Mittelfeld zwischen Timo und Paula, die mit dieser Übung am wenigsten zurechtkommt. Selbst auf Knien zittern ihre Arme deutlich. Wobei, Max´ sehen auch nicht so aus, als würden sie das öfter als im Schulsport tun.

 

„Jedenfalls, ich hab ihn dann angesprochen und dafür eine ziemlich schroffe Antwort bekommen. Doch anstatt wie verlangt zu verschwinden hab ich mich zu ihm gesetzt. Aber dann ist er einfach aufgestanden und abgehauen“, erzählt Max weiter und sieht gekränkt zu Eren. „Das war echt fies.“

 

„Ja, sorry. Ich sollte ja nicht einmal im Park sein und mit Fremden sprechen schon gar nicht“, erklärt Eren ohne Reue in der Stimme.

 

„Fies“, wiederholt Max ehe er fortfährt: „Das nächste Mal haben wir uns im Krankenhaus beim Schulausflug getroffen. Und du warst dort, weil ...?“

 

Wieder spielt er den Ball zu Eren. „Wir haben jemanden besucht.“

 

„Unter der Schulzeit? Also, ohne dass es ein Schulausflug war“, fragt Paula verwundert nach.

 

„Da hatte ich noch Privatunterricht. Die Zeit ist dabei relativ flexibel.“

 

„Ich hab mich doch mal auf´s Klo weggeschlichen und dabei bin ich Eren über den Weg gelaufen“, nimmt Max den Faden wieder auf. „Und wieder saß er allein auf einem Stuhl.“

 

„Ich hab auf meinen Bruder gewartet“, verteidigt sich der Zwölfjährige.

 

„Trotzdem saßt du allein auf einem Stuhl“, besteht Max auf seine Worte. „Ich bin also wieder zu ihm hin und hab ihn genervt. Da er meinte, mit Fremden spricht man eigentlich nicht, hab ich mich einfach vorgestellt. Er nicht. Dafür ist sein Bruder dann gekommen und hat mir seinen Namen verraten. Unabsichtlich, ja, aber er hat ihn mir verraten und ein wenig grummelig geguckt. Er war nicht begeistert davon, dass ich mich mit ihm unterhalten hab. Hast du eigentlich noch deswegen Ärger bekommen?“

 

„Ärger, weil du mit jemanden sprichst?“ Paula hat die Liegestützen inzwischen aufgegeben, sich einfach auf den Boden gelegt und hört nur noch zu.

 

„Mein Bruder ist sehr … kontrollierend? Und nein.“ Eren schüttelt den Kopf. Dass er deswegen die ganze Nacht mit Gewichten herumfliegen musste, kann er ihnen ja schlecht verraten.

 

„Oh, gut“, meint der Blonde froh darüber und sieht wieder zu dem Mädchen. „Und das war´s dann auch schon. Dann seid ihr im Gang vorbeimarschiert und ich hab euch eingeholt.“

 

„Irgendwie seid ihr beide komische Vögel“, kommentiert das Mädchen.

 

Bevor jemand etwas darauf erwidern kann, verkündet das Signal einen weiteren Stationswechsel.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück