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A Song of Ice and Fire: A Smile of Shadows

von

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Prolog

Du bist König.

Natürlich war es eine Sache, etwas entsprechendes gesagt zu bekommen, und eine andere, es auch tatsächlich zu glauben.

Im Nachhinein war er sich nicht sicher, ob er es geglaubt hatte oder nicht.

Seine Glieder waren kalt und schwer, seine Lippen steif und unbeweglich, die Stille dröhnte in seinen Ohren.

Warum?

Er hatte sein ganzes Leben lang versucht, keine Angst zu haben, aber wenn man an so einem Ort aufgewachsen war wie er, war das nicht einfach. Kinder hatten vor vielen Sachen Angst, und manches wuchs eben nicht so einfach aus.

Selbstverständlich spürte er keinen Herzschlag; das war ja das Blöde, wenn man tot war, offensichtlich hatte man trotzdem noch Angst, aber der Körper merkte es nicht mehr.

Vielleicht war es auch bloß der Gedanke, dass er Angst hätte haben sollen, und die Erinnerung an das Gefühl. Die meisten Leute hatten Angst vor dem Tod, und er hatte nicht direkt damit gerechnet, um es milde auszudrücken.

Andererseits war er davon ausgegangen, wenn man schon tot war, dann merkte man eben gar nichts mehr, oder nicht? Dafür war ihm überraschend kalt.

Der Frost kroch seine Arme und Beine empor; er wollte dagegen ankämpfen, doch selbstverständlich rührte sich kein Muskel.

Feuer und Eis, Eis und Feuer, summte es in seinem Kopf, du bist kein König, Könige haben Narben von Schlachten, du bist nur…

In ihm regte sich unweigerlich das jugendliche Bedürfnis, zu widersprechen, doch seine Zunge gehorchte ihm ohnehin nicht, also ließ er es bleiben.

Es war immer noch kalt, die Luft gemischt mit dem Geruch von Schnee und Fichtennadeln, obwohl er unmöglich hätte sagen können, woher er das wusste.

Schnee und Fichtennadeln und Rauch und Blut und Verwesung, blaue Augen gegen den Winterhimmel.

Er war sich nicht ganz sicher, was er erwartet hatte.

Das Dunkel über ihm war frei von Sternen, der Schnee durchzogen mit schwarzen Flecken. Es ging Wind – er konnte ihn hören – aber er spürte ihn nicht. Die Kälte kroch in seinen Brustkorb.

Die Flecken im Schnee waren nicht schwarz, sondern dunkelrot.

Starks, Lannisters, Baratheons, Targaryens, flüsterte es, hast du denn wirklich gedacht, das spielt eine Rolle?

Die Nacht war dunkel und voller Schrecken.

Als kleines Kind hatte er öfters Angst im Dunkeln gehabt, aber es war immer jemand dagewesen; eine Septa, seine Mutter, der Maester, manchmal sogar sein Vater.

Jetzt war er allein. Er war noch nie allein gewesen.

Du hast Angst, wisperte die Stimme, ich dachte, du wärst ein Krieger?

Hab ich nie gesagt, dachte er ein wenig trotzig. Er war sich ziemlich sicher, dass weder die alten Götter noch die Sieben Verstorbenen Vorhaltungen zu machen pflegten, jedenfalls nicht auf diese Weise.

Gesichtslose Gestalten huschten durch den Wald, gehüllt in schwarze Pelzmäntel. Sie trugen Fackeln; gedämpfte Rufe drangen an sein Ohr, doch sie schienen eine Sprache zu nutzen, derer er nicht mächtig war. Blaue Augen glitzerten wachsam im Schatten.

Wenn es soweit ist, sagte die Stimme leise, glaubst du, dann fragt jemand, wer auf dem Thron sitzt?

Funken tanzten vor ihm in der Dunkelheit wie Schmetterlinge, Nordlichter und Fackeln und Glühwürmchen, er spürte seine Finger nicht mehr.

Wenn die Mauer fällt, wer kämpft dann für die Lebenden? Wer steht für den Sommer ein, wenn der Winter kommt?

Funken in der Dunkelheit gegen schwarzen Himmel…

Wer kämpft für die Lebenden?, wiederholte die Stimme hartnäckig und mit Nachdruck; die Worte klangen dumpf gegen sein Trommelfell.

Feuer gegen die Kälte, Licht gegen den Schatten, Leben gegen…

Und dann schmeckte er feuchte Erde und Gras, Schlamm und Staub und Sand, spürte den Himmel voller Sterne über sich und roch Salz und Seetang in der Luft.

Arya


 

Honor and courage are matters of the bone, and what a man will kill for, he will sometimes die for, too.

(Diana Gabaldon – “The Fiery Cross”)

~*~

ARYA
 

Aryas Finger zitterten.

Mit aller Kraft zerrte sie an dem Schloss, das den Käfig verschlossen hielt, konnte hören, wie der Wolf dahinter fauchte und knurrte und winselte und sich gegen das Holz warf.

Seistillseistillseistill!, flehte sie in Gedanken, man würde sie hören und sie beide umbringen, sie hatte ja nicht einmal eine Waffe und vermutlich hatte sie sich selten ihre Nadel so sehr zurückgewünscht wie jetzt.

„Was glaubst du, was du da machst?“, grollte eine Stimme über ihrer Schulter; sie fuhr zusammen und unterdrückte mit Mühe einen Aufschrei, als sie Cleganes Gesicht im Licht der Fackeln erkannte. Grauwinds Knurren wurde tiefer; mit Mühe schob sie die Fingerspitzen zwischen zwei Holzbretter und endlich war er still, schnupperte ein wenig neugierig an ihrer Hand.

„Wenn keiner mehr da ist, an den du mich verkaufen kannst, gibt es auch kein Geld“, antwortete sie patzig, „Macht den Käfig auf.“

Wenn es nicht schon zu spät war.

Clegane verengte die Augen kaum merklich und starrte sie an, offenbar daran zweifelnd, wieviel Geld den Aufwand wett machte.

„Geh beiseite“, sagte er schließlich.

Arya presste die Lippen zusammen und huschte einen Schritt weiter; Cleganes Schwert sauste durch die Luft und spaltete das alte Schloss sauber in zwei Teile. Grauwind schoss aus dem Verschlag wie ein Dämon aus der Unterwelt, das Fell gesträubt, geifernd und Laute von sich gebend, die Arya noch nie bei einem Tier gehört hatte. Gerade noch schaffte sie es, den riesenhaften Wolf am Nackenfell zu packen, bevor er davonstürmen konnte; Grauwind gab ein überraschtes Japsen von sich und riss sie beinahe von den Füßen.

„Du musst warten!“, presste sie hervor, „Die bringen uns nur alle um!“

Es war wohl ihr Glücksfall, dass Grauwind erst drei Jahre alt und noch nicht ganz ausgewachsen war; er scharrte und stemmte die Füße in den Boden bei dem Versuch, ihr zu entwischen, ihre Arme schmerzten. Kurz huschte ihr Blick über die Schulter zurück – noch waren keine Soldaten zu sehen, doch die Fackeln an den Wänden tanzten wild, und in der Ferne gellten Schreie und vereinzelte Kommandos.

„Wir müssen Robb finden!“, stöhnte sie.

Beim Namen seines Herrn hielt Grauwind schlagartig still, die Ohren wachsam gespitzt. Arya atmete tief durch und warf Clegane, der offenbar beschlossen hatte, dass ein paar Fuß Sicherheitsabstand zu einem wilden Schattenwolf nicht die schlechteste Idee war, einen Blick zu.

Sie nahm Grauwinds Kopf in ihre Hände – wenn er stand, war er inzwischen fast so groß wie sie, das war ein bisschen unheimlich – und sah ihn fest an.

„Du musst Nymeria finden“, sagte sie.

Grauwind jaulte leise, doch in seinen Augen glomm etwas, das Arya nicht ganz einordnen konnte.

„Du musst gehen und dich verstecken“, sagte sie fest, „und uns später finden, damit dir nichts passiert.“

Grauwind starrte sie an ohne zu blinzeln, Arya konnte sehen, wie seine Flanken sich unter schweren Atemzügen hoben und senkten.

„Du… musst… gehen“, wiederholte Arya mit Nachdruck.

Noch immer ruhten die Augen des Wolfes fest auf ihr, sie versuchte so heftig, seinen Blick starr zu erwidern, dass ihre Augen zu tränen begannen.

Wolfsträume, wisperte die Erinnerung in ihrem Hinterkopf, Geh und finde deine Schwester…

Grauwind winselte leise und sie ließ ihn los; er verschwand leise und lautlos wie ein Schatten zwischen den zuckenden Fackeln und nachtschwarzen Bäumen. Sie fing Cleganes argwöhnischen Blick auf und wischte sich die schweißfeuchten Hände an der Hose ab, bevor sie losstürmte.

Die Türen zur Festhalle waren verschlossen und bewacht.

Feiglinge, Feiglinge, Feiglinge!, dachte Arya, mehr Namen für ihre Liste, aber dafür musste sie erst rausfinden, wie sie hießen; Clegane packte sie im Genick wie einen aufmüpfigen Welpen und schleifte sie zurück hinter die nächste Ecke, bevor sie von den Wachsoldaten gesehen werden konnte.

„Hattest du da auch einen Plan?“, knurrte er.

Aryas Lippen bewegten sich stumm; sie spürte kaum, dass sie am ganzen Körper zitterte. Die Luft schmeckte nach Blut und Rauch und Tod. Vielleicht wäre es besser gewesen, Grauwind nicht wegzuschicken, er hätte die Wachsoldaten für sie töten können, aber die Männer waren mit Schwertern und Armbrüsten bewaffnet und Grauwind war nur einer… Die Gedanken drehten sich in ihrem Kopf und es schien unmöglich, einen davon klar zu erwischen.

Für ein paar Sekunden schien die Welt seltsam eingefroren; dann packte Clegane sie an der Schulter und dirigierte sie nach draußen auf den Gang, direkt vor die Wachen.

Der Ältere der beiden – in seinem pockennarbigen Gesicht standen die Stoppeln eines rötlichen Dreitagebarts – verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, die Hand auf seinem Schwertgriff, während er Clegane musterte.

„Ihr seid der Hund“, sagte er, „Bisschen spät dran, das Fest hat schon angefangen.“

Arya biss sich auf die Zunge, um zu verhindern, dass ihre Zähne klapperten. Ihr war schlecht.

Feiglinge, Feiglinge, Feiglinge.

„Das Fest ist vorbei“, antwortete Clegane so gelassen, als hätte er sein Lebtag auf diesen Augenblick hingearbeitet, „Der König will Robb Stark und seine Mutter in Königsmund hinrichten lassen.“

Sein Panzergriff um Aryas Arm lockerte sich keinen Millimeter.

„Das hier ist Arya Stark, sie soll beide identifizieren. Nur für den Fall, dass Walder Frey sich einen Namen ohne Gegenleistung machen will.“

Der Rotschopf schnaubte leise.

„Dann fegt mal zusammen, was ihr finden könnt“, antwortete er und trat beiseite.

Seit sie ihren Vater auf den Stufen der Septe von Baelor hatte sterben sehen, hatte Arya fast jede Nacht Alpträume gehabt; dann in den Flusslanden und in Harrenhal war es schlimmer geworden, doch nichts hatte sie auf das Bild vorbereiten können, das sich ihr bot, als Clegane die Tür zur Festhalle aufstieß.

Ihre Mutter stand umringt von toten Nordmännern und Freys, das Kleid blutbespritzt und mit blitzenden Augen, ein Bratenmesser an den Hals eines Mädchens um die siebzehn Jahre gedrückt. Robb lehnte ein paar Meter entfernt an einem der Tische, kalkweiß im Gesicht und offensichtlich kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten; Arya sah dunkle Flecken auf seiner Kleidung und die fedrigen Schafte von Armbrustbolzen. Sie schienen die einzigen Nordmänner zu sein, die noch am Leben waren; dunkel erkannte sie das Gesicht von Dacey Mormont mit blutigen Lippen und aufgeschlitztem Leib, einen Mann mit dem Wappen der Umbers auf der Kleidung, Manderlys, Lockes, Flints…

Clegane schleifte sie am Leichnam einer jungen Frau mit dunklem Haar vorbei, die mandelförmigen Augen weit aufgerissen, ihr Rock blutgetränkt. Arya wandte rasch den Blick ab.

Walder Frey saß mittig an einem erhöhten Tisch am Ende des Raumes, in den kleinen Augen einen Ausdruck, als habe man ihn bei einem besonders köstlichen Mittagessen gestört, als sein Blick auf Arya und den Hund fiel. Immerhin schien er ihn zu erkennen, denn er hob die Hand, und die drei, vier Bogenschützen, die sofort ihre Waffen auf sie gerichtet hatten, ließen diese ein wenig mehr sinken.

„Ihr seid spät dran, Clegane“, sagte er mit knarrender Stimme wie altes Holz, „Ihr könnt ihre Köpfe nach Königsmund bringen, wenn Euch das glücklich macht…“

Catelyn starrte an Clegane vorbei ihre Tochter an, ähnlich wie Robb, den Blick verschleiert vor Schmerz und Erschöpfung; unweigerlich wand sie sich in Cleganes Griff, doch er ließ sie nicht los.

„Ich bringe sie in einem Stück nach Königsmund“, antwortete Clegane, „Mit einer Eskorte aus Euren Männern, Frey, zum Beweis Eurer Treue gegenüber der Krone. Befehl des Königs.“

Er zerrte Arya etwas näher zu sich und sie spürte, wie sich etwas kaltes gegen ihre Kehle drückte.

„Das Messer, Lady Stark. Wenn Ihr so freundlich wärt.“

Loras


 

‘tis better to have love and lost,

than never to have loved at all.

(Alfred, Lord Tennyson – “In Memoriam A.H.H.”)

~*~

LORAS
 

Es dauerte eine Weile, bis der Junge begriff, dass es der Sturm war, der ihn geweckt hatte.

Man gewöhnte sich daran, das hatte er schnell festgestellt,, die Festung hieß ja nicht umsonst Sturmkap, und eigentlich war es ganz spannend, die Wellen zu beobachten, die grau und grün gegen die Felsen schlugen, und den violett verfärbten Himmel, die zuckenden Blitze, obwohl er die ersten Wochen furchtbares Heimweh gehabt hatte…

Einen Augenblick lang blieb er liegen und lauschte dem Jaulen des Windes und dem Donnergrollen irgendwo weit über ihm. Er schloss die Augen und fragte sich, wie es jetzt wohl draußen aussehen mochte – die Bäume, die im Wind ächzten und krachten, die aufgepeitschte See – ob man bei diesem Wetter wohl segeln konnte… und dann fiel ihm wieder das Unglück mit Renlys Eltern ein, und er fühlte sich unweigerlich schuldig.

Er zögerte einen weiteren Moment lang, bevor er aus dem Bett schlüpfte.

Der Boden war kalt unter seinen Füßen, doch das störte ihn nicht; lautlos huschte er aus dem Zimmer – nicht ganz lautlos, die schweren Eisenscharniere knirschten leise, doch das hatte wohl kaum jemand gehört – und über den Gang.

Renly war wach, aber das wunderte ihn auch gar nicht. Renly mochte keine Stürme.

Einen Augenblick lang blieb er ein bisschen nervös an der Tür stehen, als er Renly auf der Fensterbank sitzen sah, bevor er sie leise ins Schloss fallen ließ.

Renly warf ihm einen raschen Blick zu und erwartete offenbar im ersten Moment eine Strafpredigt, weil er nicht im Bett war, doch seine Schultern entspannten sich ein wenig, als er Loras sah. Im Halbdunklen, das nur gelegentlich von den zuckenden Blitzen erhellt wurde, sah man noch ein bisschen deutlicher, dass er eigentlich gar nicht so viel größer als Loras war, obwohl er schon zwölf war.

Loras kroch zu ihm auf die breite Steinfensterbank.

„Könnt Ihr nicht schlafen, milord?“, fragte er so höflich und unbefangen wie möglich nach einem Moment des Schweigens.

Renly blinzelte ihn an. „Nein“, murmelte er, den Blick immer noch aus dem Fenster gewandt. Einer der Bäume unten im Hof bog sich so sehr, dass der Sturm ihn beinahe entwurzelte; dicke Regentropfen klatschten gegen das Glas.

Unsicher, was er sagen sollte, hielt Loras den Mund. Auch die Fensterbank war kalt, aber Renly saß dicht neben ihm und war angenehm warm, das machte es einfacher, sich nicht direkt in sein eigenes warmes Bett zurückzuwünschen – er war schließlich Renlys Knappe und es war seine Aufgabe, sich um ihn zu kümmern, nicht wahr?

„Robert hat gesagt, wenn ich volljährig werde, bin ich der Lord von Sturmkap.“

Die Aussicht schien Renly nicht gerade zu freuen; Loras zögerte einen Augenblick, bevor er sich auf der Suche nach Wärme ein bisschen mehr gegen ihn lehnte.

„Ihr werdet bestimmt ein guter Lord sein“, merkte er dann an.

Renly verzog das Gesicht.

„Ich werde gar kein Lord sein“, antwortete er, „dann müsste ich nämlich kämpfen, in Turnieren und so, und heiraten.“

Das letzte sprach er aus, als sei es dem Schwert eines Henkers gleichzusetzen – Loras konnte das durchaus verstehen, die meisten Mädchen, die er kannte, waren nicht besonders helle und kicherten die ganze Zeit und klimperten mit den Augenlidern. Margaery machte das nur, wenn sie wusste, dass sie Süßigkeiten dafür bekam, das fand er schon ein bisschen cleverer.

„Und irgendwann müsste ich dann auch hinter die Meerenge fahren…“, fuhr Renly düster fort.

Loras zog die Augenbrauen zusammen. „Euch würde schon nichts passieren, ich würde mitkommen und auf Euch aufpassen…“
 

Ihm war schlecht.

Loras schloss die Augen und biss die Zähne zusammen, um einen Moment lang ruhig durch die Nase ein und auszuatmen. Das Blut rauschte in seinen Ohren und er konnte sein Herz klopfen spüren.

Selbstverständlich gehörten die beigefarbenen Wände ringsum nicht nach Sturmkap, sondern zur Roten Festung, und der Himmel draußen zeigte lediglich ein paar helle Wolken und nicht das Dunkelgrau und Violett der Herbststürme.

Selbstverständlich war er allein.

Noch immer schmeckte er bittere Galle auf der Zunge. Als er die Augen wieder öffnete, fiel sein Blick auf eines der Dienstmädchen – blau gewandet, offenbar von seiner Großmutter oder Margaery geschickt – das sich hereingeschlichen hatte.

„…was?“, murrte er und schloss die Augen wieder in dem kindischen Versuch, die Realität noch etwas länger auszublenden.

„Lady Margaery bittet um Eure Anwesenheit“, verkündete das Mädchen und blinzelte scheu aus großen braunen Augen, bevor sie verschwand.

Loras stöhnte leise und rieb sich die Stirn. Eigentlich freute er sich über jede Gelegenheit, dem Einfluss seiner Großmutter zu entwischen („Nein, wirklich, du bist so ein stattlicher junger Ritter geworden – wenn deine Mutter dich so sehen könnte – ganz anders als dein Vater“, gefolgt von einem Zwicken in die Wange und dem Gefühl, spontan wieder fünf Jahre alt zu sein), doch selbstverständlich war seine Schwester in letzter Zeit äußerst selten allein anzutreffen, und wenn sie schon um seine Anwesenheit bat, dann wohl, weil sie jemanden brauchte, der sich im Zweifelsfall zwischen sie und Joffrey warf. Selten hatte der Tag besser angefangen. Andererseits fingen seit geraumer Zeit alle Tage gleich schlecht an und gingen ähnlich weiter.

Zwei Stunden später saß er zwischen seiner Großmutter und seiner Schwester am Tisch im warmen Sonnenlicht von Königsmund zwischen Blumen und Sträuchern, starrte auf die dunkelrote Flüssigkeit in seinem Becher und fragte sich, wieviel er wohl noch davon trinken musste, um die Stimme seines Schwagers nicht mehr zu hören (er fuchtelte am anderen Ende des Tisches mit seinem neuen Schwert und faselte irgendetwas von Ned Stark), oder wie lange man seine Gnaden wohl würgen musste, um sein Gesicht auf dieselbe Farbe zu bringen. Margaery spielte ihre Rolle gut; sie schenkte ihrem Gatten in spe hier und da ein bezauberndes Lächeln oder einen treuherzigen Augenaufschlag, gab hier und da ein bewunderndes „Ooh“ von sich und trat Loras nebenbei unter dem Tisch auf den Fuß.

Sein Kopf schoss hoch. „Was?“ Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Joffrey ihn aus kalten, grünen Augen heraus musterte. Loras zwang sich, seinen Blick einigermaßen neutral zu erwidern. „Euer Gnaden…?“

„Ich erwähnte gerade“, sagte Joffrey mit nur mühsam gezügelter Ungeduld in der Stimme, „wie Ihr in der Schlacht am Schwarzwasser die Rüstung von Renly dem Verräter getragen habt, Ser Loras.“

Das schwere, fruchtige Bouquet des Weins schien Loras in die Luftröhre zu kriechen. „So?“, murmelte er und nahm hastig einen weiteren Schluck in der Hoffnung, nicht weiter angesprochen zu werden. Selbstverständlich war Hoffnung in Joffreys Nähe üblicherweise fehl am Platz.

„Ich habe ein neues Schwert, Ser Loras“, fuhr Joffrey fort, offensichtlich ungnädig gestimmt darüber, dass Loras dem nicht genug Aufmerksamkeit schenkte, und stemmte die Klingenspitze gegen den Tisch.

Loras erwiderte seinen Blick und umklammerte seinen Becher ein wenig mehr. „Ein wunderbares Stück, Euer Gnaden“, antwortete er so höflich wie möglich. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Sansa Stark reichlich blass um die Nase an einem Stück Zitronenkuchen mümmelte. Sein Vater regte sich zwei Plätze weiter und tat sich noch ein wenig mehr Fleisch auf, offenbar fest entschlossen, so zu tun, als säße er allein am Tisch.

„Die Klinge ist aus valyrischem Stahl“, wiederholte Joffrey und schwenkte sie als Aufforderung, sie ganz genau ins Auge zu fassen, was Loras pflichtschuldigst tat und ein weiteres „Eindrucksvoll, Euer Gnaden“ murmelte, „und sie hat Eddard Stark gehört, bevor sie eingeschmolzen wurde. Ich verwende den Stahl meiner besiegten Feinde gegen sie.“

„Beeindruckend, Euer Gnaden“, antwortete Loras und ließ unauffällig seinen Becher nachfüllen.

Joffrey verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und taxierte ihn auf eine Art und Weise, die Loras ganz und gar nicht gefiel. „Habt Ihr eigentlich Renlys Rüstung noch, Ser Loras? Er stand Euch doch… recht nah?“

In Margaerys Gesicht regte sich immer noch kein Muskel außer denen, die sie zum Lächeln brauchte, doch vielleicht wurde es für Sekundenbruchteile kaum merklich steifer. Loras öffnete den Mund und schloss ihn wieder, während er spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten.

„…Euer Gnaden…?“

Joffrey lächelte. „Wäre es nicht unglaublich passend, den Stahl meiner Feinde nicht nur zu führen, sondern auch zu tragen?“

Schlagartig wurde ihm übel und er konnte spüren, wie sich irgendetwas in seinem Magen eisig zusammenzog; mit Mühe rang er nach irgendeiner vernünftigen Antwort, die ihn nicht den Kopf kostete, während Olenna neben ihm heftig zu husten begann, als stecke ihr der Zitronenkuchen quer im Hals. Joffrey warf ihr einen irritierten Blick zu, Mace Tyrell erstarrte mitten im Essen und wandte sich besorgt seiner Mutter zu, die jedoch bereits an einem Ärmel von Loras‘ Seidenhemd zupfte.

„Mir ist gar nicht gut, Euer Gnaden, verzeiht“, keuchte sie, „Loras, mein Junge, wenn du so freundlich wärest…“

Und bevor er oder Joffrey widersprechen konnten, hatte sie ihn schon auf die Beine gezogen und sich bei ihm untergehakt, um ihn zurück ins kühle Innere der Roten Festung zu schleifen, während ihnen Joffreys Stimme mit etwas nachwehte, was unerfreulich nach „Wir unterhalten uns später weiter!“ klang. Loras zitterten immer noch die Knie, als sich Olennas Husten selbstverständlich schlagartig legte, sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war. Ein paar Minuten lang gingen sie schweigend nebeneinander her in Richtung ihrer Quartiere.

„Wie geht es dir, Junge?“, fragte Olenna schließlich nonchalant, als säßen sie bei Wein und Obst daheim in Rosengarten; Loras presste flüchtig die Lippen zusammen.

„Gut, milady“, antwortete er so neutral wie möglich.

Olenna schürzte die Lippen.

„Ich fürchte, deine Schwester ist eine bessere Lügnerin als du“, seufzte sie, „Tu nur dir und ihr und uns allen einen Gefallen und üb ein bisschen, was das betrifft.“

Loras‘ Augenbraue zuckte kaum merklich.

„Wie Ihr meint“, murmelte er, und sie setzten den Rest des Weges schweigend fort.

Robb


 

If you get an infection, you get a fever; the fever is your body dealing with the infection. If you get traumatized, your mind and your brain have a reaction to that trauma. If you're not dreaming about it, something's probably wrong.

(Sebastian Junger)

~*~

ROBB

 

Er war müde und seine Beine trugen ihn kaum noch. Das Gras unter seinen Füßen war hart und trocken, die Luft roch nach Schnee und den Nadelwäldern des Nordens.

Jeder Muskel seines Körpers brannte vor Schmerz, innen vor seinen Augenlidern tanzten rote Wirbel. Er spürte kalten Schweiß auf seiner Stirn und schmeckte Blut. Unter ihm befand sich etwas hartes, Holz oder Stein, er roch modriges Stroh. Irgendwo raschelte es leise.

Er war hungrig, aber zum Jagen war keine Zeit. Finde deine Schwester. Aber er hatte seine Geschwister ein halbes Leben lang nicht gesehen…

„Robb“, flüsterte jemand. Sie hielt seine Finger fest zwischen ihren eigenen, ihre Stimme klang dumpf und verzerrt. Es war die Stimme eines Mädchens, vor seinen Augen schimmerte dunkles Haar. „Es wird alles gut“, fuhr Arya fort, „alles gut, hörst du, die Lannisters glauben, du kannst gar nicht sterben…“

So hungrig. So müde. Allein. Verräterverräterverräter. Das Mädchen hatte ihn weggeschickt, aber er hätte nicht gehen dürfen… sein Herr hatte ihm vertraut, er fürchtete die Menschen nicht, Menschen waren weich und schwach, selbst mit künstlich hartem Pelz, er wusste, wie Menschenfleisch schmeckte…

„Geh zur Seite, Mädchen.“ Es war die raue Stimme eines Soldaten, Aryas Hand verschwand, er konnte sie fauchen und zappeln hören wie eine junge Katze, ein dumpfer Laut und sie verstummte schlagartig. Arya. Er musste ihr helfen, er konnte sich nicht bewegen, bitte, sie war noch ein Kind…

Sein Herr hatte sein Weibchen und seinen Welpen in seine Obhut gegeben, er hätte bleiben müssen, aber die Wurfschwester seines Herrn hatte ihn weggeschickt, warum…

„Diese Männer sind für dich gestorben.“ Talisas Stimme klang scharf und kalt in seinen Ohren, sie war leichenblass, trug den Kittel, den sie als Heilerin getragen hatte, doch die Blutflecken darauf stammten nicht von ihren Patienten. „Ich bin für dich gestorben. Für dich“, wiederholte sie anklagend, „Für nichts…“ Er schmeckte etwas salziges auf seinen Lippen und war sich nicht sicher, ob es Blut war. Bitte. Doch er brachte keinen Laut hervor. Bitte, es tut mir leid…

Er hielt an einem Bachlauf an, um zu trinken, die Ohren gespitzt. Feindesland. Sein Magen röhrte vor Hunger, aber er hatte keine Zeit zum Jagen oder zum Schlafen. Feinde. Verräter. Das Grollen in seiner Kehle stammte nicht von seinem Magen. Er kannte ihre Namen nicht, aber den Geruch, sie waren bei seinem Herrn gewesen, hatten mit ihm gespeist und gekämpft, und dann hatten sie ihre Schwerter gegen seinen Herrn gezogen, er wusste…

Jemand zerrte ihn auf die Beine und vor Schmerz wurde ihm übel, der Würgereflex schnürte ihm die Kehle zu. Einer der Soldaten gab einen angewiderten Laut von sich. In seinem Kopf drehte sich alles, seine Beine konnten ihn nicht tragen. Es brauchte zwei Soldaten, um ihn zu stützen. Sein Hals brannte vor Durst, seine Lippen fühlten sich wund und rau an. „Wasser.“ Seine Stimme klang so heiser, dass er sich selbst kaum hörte. „Bitte. Wasser.“ Niemand hörte ihn, vielleicht interessierte es auch niemanden.

Verräterverräterverräter! Salzig-heißes Blut sickerte seine Kehle hinab. Verräter! Der Mann kreischte wie ein waidwundes Tier, die Zähne des Wolfs gruben sich tief in sein Fleisch, rissen sein Vorderbein aus dem Gelenk. Hunger. Keine Zeit zum Fressen. Er war nicht allein; der Wolf ließ seine Beute fallen und hatte mit zwei Sätzen einen seiner Begleiter erreicht. Beute. Sie trugen ihre künstlich-harten Pelze, doch er hatte gelernt, dass die nicht bis zum Hals reichten. Danach konnte er fressen.

„Hier rüber.“ Die Stimme des Mannes war ruhig und gelassen. Unsanft schlug er mit dem Hinterkopf auf einer Holzplatte auf. „Bindet ihn fest.“ Er hätte sich ohnehin nicht zur Wehr setzen können. Noch immer war ihm übel, jeder Atemzug schmerzte in seiner Kehle. „Ich kümmere mich um die Bolzen. Ihr bleibt hier, falls er Ärger macht.“ Für einen Moment lang herrschte Stille, das taube Gefühl in seinen Ohren ließ seinen Kopf nur noch mehr dröhnen. Dann roch er glühendes Metall und verbranntes Fleisch und der Schmerz verschluckte ihn.

Der letzte war keine Gefahr. Er war jung, das bisschen Fell auf seinem Kopf war dunkel und zerzaust, er roch nach Angst und Schweiß und Blut. Der Wolf behielt ihn im Auge, während er fraß, und machte dann die paar Schritte zu ihm hinüber. Ich kenne dich. Der Mensch starrte ihn an, als habe er noch nie zuvor einen Schattenwolf gesehen. Grauwind leckte sich etwas Blut von der Schnauze. Du. Er senkte den Kopf und seine Kiefer schlossen sich – sachte, mit aller Vorsicht, die er aufbringen konnte – um das Vorderbein des Menschen. Komm mit. Der Herr braucht dich.

Ihm war kalt, schrecklich kalt. Jeder Muskel in seinem Körper zitterte, ohne dass er etwas dagegen hätte tun können; seine Zähne schlugen hörbar aufeinander. Jemand fuhr ihm sanft durchs Haar, summte leise vor sich hin, hielt ihn fest, ihre Hände auf seinen Schultern. Mutter. Der Geruch ihrer Kleider war ihm so vertraut wie sein eigener Handrücken. Mutter. Er vergrub das Gesicht in ihrem Umhang, zitternd und schluchzend wie ein kleines Kind. „Es tut mir so leid“, krächzte er, unsicher, ob sie ihn überhaupt hören konnte, und unsicher, ob er damit überhaupt sie meinte oder Talisa oder seine Männer oder seinen Vater, „Es tut mir so leid, so leid, so leid…“

„Ich weiß“, flüsterte sie, seinen Kopf in ihrem Schoß, ihre Finger sanft in seinem Haar, „Ich weiß doch.“ Sachte wiegte sie ihn hin und her, als sei er wieder ein Säugling, der nicht schlafen konnte.

Jemand setzte ihm mit ruhiger Hand einen Becher an die Lippen; erst nach ein paar Schlucken erkannte er das blasse, von dunklem Haar umrahmte Gesicht seiner Schwester. Sie hatte einen schillernden Bluterguss dort auf der Wange, wo der Panzerhandschuh des Soldaten sie getroffen hatte, doch ihre Hände zitterten nicht, als sie mit beeindruckender Ruhe den Becher beiseite stellte und sich anschließend neben ihm zusammenrollte, den Kopf an seine Schulter gelehnt und dicht an ihre Mutter geschmiegt.

Leise wehte ihre Stimme zu ihm herüber. „Cersei. Joffrey. Ser Ilyn Payne. Walder Frey…“

Er hatte nicht die geringste Ahnung, was das zu bedeuten hatte, doch seine Gedanken waren zäh und träge, seine Lider unendlich schwer. Seine Tränen waren versiegt und das Zittern hatte nachgelassen, er fühlte sich innerlich hohl und leer, und unsagbar erschöpft. Mit dem Bild der schlanken, kühlen Finger seiner Mutter vor Augen glitt er in einen tiefen, traumlosen Schlaf hinüber.

 

„Also, kommt er lebend in Königsmund an oder nicht?“

Roose Boltons Stimme wies darauf hin, dass er alles andere als erpicht darauf war, weiterhin an den Zwillingen zu bleiben; er sah nicht einmal von dem Pergamentfetzen auf, den er in der Hand hielt.

Der Maester warf einen kritischen Blick auf Robbs Brust und die Verletzungen, die die Armbrüste der Freys dort hinterlassen hatten. „Ja, ja, ich denke schon“, sagte er schließlich, mehr zu sich selbst als zu Bolton, der ihn nach wie vor keines Blickes würdigte. Robb tat sein Bestes, an die gegenüberliegende Wand zu starren und so zu tun, als sei er überhaupt nicht anwesend.

Das Fieber war gesunken, doch ihm war furchtbar schwindelig; Wachsoldaten der Freys hatten ihn links und rechts an den Armen gepackt, teils, um potentielle Fluchtversuche zu vereiteln, teils, damit er sich auf den Füßen hielt. Der Raum war nur von Fackeln an den Wänden erleuchtet und Robb konnte kalten Schweiß auf seiner Haut spüren, die Luft war modrig und feucht und roch nach fauligem Stroh und Tod, seine Knie zitterten und er biss die Zähne zusammen, um aufrecht stehen zu bleiben, als die Soldaten ihn notgedrungen loslassen mussten, damit er sein Hemd zuschnüren konnte. Seine Fingerspitzen fühlten sich seltsam taub an und es dauerte quälend lange Sekunden, bis er dazu in der Lage war.

Bolton hatte das Pergament beiseite gelegt und musterte ihn schräg von der Seite, aber aufmerksam, wie eine Katze die Maus. Robb zwang sich, seinen Blick so stoisch wie möglich zu erwidern.

Vor weniger als einem Monat hast du noch an meinem Tisch gesessen, mich beraten, meine Strategien ausgearbeitet…

„Darf ich wenigstens erfahren, wieviel Tywin Lannister für Euren Verrat bezahlt hat?“, fragte er und war selbst überrascht, wie kühl, aber gelassen seine Stimme dabei klang.

„Vermutlich weniger, als Ihr glaubt, mylord“, antwortete Bolton, als säßen sie bei ein paar Krügen Met und einer zwanglosen Plauderei, „Eigentlich war es mehr Walder Freys Idee, wenn Ihr versteht, und gar nicht so sehr die von Lord Tywin, und eigentlich ging es auch mehr um Eure hohe Gemahlin und ihre Brut, soweit ich das mitbekommen habe. Das hat ihn wirklich sehr gekränkt, doch – aber dass Ihr sie dann auch noch mitbringen musstet – das macht die Sache natürlich unschön, wir waren eigentlich davon ausgegangen, Ihr würdet sie irgendwo in Sicherheit lassen, aber nein…“

Robb schien etwas kaltes, splitteriges verschluckt zu haben, wie gefrorenes Metall. Vor seinen Augen schien sich langsam, aber stetig ein dunkler Ring zusammenzuziehen. Er fixierte eine Bruchstelle in den Ziegelsteinen dicht neben Boltons Kopf, und konzentrierte sich darauf, stehen zu bleiben. Die Soldaten standen reglos wie Statuen neben ihm, sie hielten ihn nicht wieder fest, offenbar davon ausgehend, dass er in seinem Zustand ohnehin nicht fliehen konnte. Der Maester packte in einer Ecke still seine Werkzeuge zusammen.

„Natürlich haben wir jetzt ein Problem“, fuhr Bolton fort und stand auf, um langsam zum Tisch hinüberzugehen, neben dem Robb stand, „Die Lannisters haben das halbe Land nach Eurer Schwester Arya abgesucht, und eigentlich war es angedacht, sie meinen Sohn ehelichen zu lassen – Ihr versteht, immer ein Stark in Winterfell und so weiter, und ich bin mir sicher, Ramsay hätte sie… zuvorkommend behandelt, aber diesem Brief zufolge gab es einen bedauerlichen… Jagdunfall…“

Boltons Umrisse flirrten vor seinen Augen; die schwarzen Ringe breiteten sich aus. Jeder Atemzug schien ein bisschen mehr Energie aus seinem Körper zu saugen; er starrte in Boltons regloses Gesicht und versuchte, keine Miene zu verziehen.

„Glücklicherweise hatte der gute Lord Walder eine Lösung“, fuhr Bolton fort, „Immerhin betraf diese Heiratsvereinbarung ja nicht nur Euch, nicht wahr? Es gibt unter seinen vielen Söhnen ein oder zwei, die durchaus bereit wären – er hat mir auch zu verstehen gegeben, dass ihr Alter in diesem Fall nicht wirklich eine Rolle spielt-“

Er konnte sich nicht erinnern, sich auch nur bewegt zu haben; sein Körper reagierte instinktiv, er schoss nach vorn und rammte Bolton die Schulter gegen die Brust. Sie stürzten beide und heißer Schmerz zuckte durch seinen Körper, doch er beachtete ihn nicht, rammte Bolton die Faust ins Gesicht mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, Arya, etwas heißes sickerte über seinen Oberkörper – seine Verletzungen mussten wieder aufgebrochen sein – jemand packte ihn und drehte ihm den Arm so fest auf den Rücken, dass er spüren konnte, wie das Gelenk nachgab, mit einem erstickten Schmerzenslaut sackte er auf die Knie… Bolton rappelte sich auf und fuhr sich flüchtig mit dem Handrücken über den Mund. Mehr überrascht als erschrocken – als wundere es ihn, dass er dazu fähig war – warf er einen Blick auf den verschmierten Blutstropfen auf seiner blassen Haut hinab, bevor er mit einem Schulterzucken seine Kleidung richtete und sich Robb zuwandte.

Der Schmerz trieb Robb die Tränen in die Augen, doch er blinzelte sie beiseite, starrte Bolton durch einen Schleier aus rotem Nebel und rasender Wut an, während es sich anfühlte, als triebe ihm jemand einen Nagel in die Schulter. „Clegane“, stieß er zwischen den Zähnen hervor, „Clegane hat gesagt, in Königsmund-“

„In Königsmund“, sagte Bolton freundlich, „habt Ihr eine zweite Schwester, die Euch sicher mit Freuden identifizieren wird, um sicherzugehen, dass wir auch die richtigen dorthin geschickt haben.“

Er klopfte sich ein paar imaginäre Staubkörner von der Kleidung.

„Ich glaube nicht, dass wir uns wiedersehen werden, also…“

Robb wurde auf die Beine gezerrt und jemand grub ihm die Finger in die Schulter; unwillkürlich stöhnte er leise auf. Arya

Bolton beobachtete, wie die Soldaten ihn zur Tür schleiften, hob jedoch die Hand.

„Ah, wartet…“

Er kam ein wenig näher – sein Gang hatte etwas lauerndes – und behielt den Blick dabei fest auf Robbs Gesicht gerichtet. Ohne Vorwarnung traf seine Faust ihn mitten auf Verletzung auf seiner Brust, und während Robb hustend und keuchend vor Schmerz nach Atem rang, wehte Boltons Stimme durch den Nebel in seinem Kopf an sein Ohr: „Die Lannisters schicken ihre Grüße…“

Azor Ahai


 

Whatever I will become will be what God has chosen for me.

(Elvis Presley)

~*~

AZOR AHAI
 

Es regnete. Selbstverständlich regnete es, und er hasste den Regen.

Große Tropfen fielen aus dem stahlgrauen Himmel, klatschten auf Blätter und Zweige und Gras und in seinen Nacken; seine Kleider waren bereits bis auf die Haut getränkt, und wenn das so weiterging, würde er wahrscheinlich an einer Lungenentzündung sterben, bevor er auch nur in die Nähe von etwas kam, was man als Zivilisation bezeichnen konnte. Dummerweise hatte er nicht den leisesten Schimmer, in welche Richtung er sich dafür wenden musste, wenn man davon absah, dass er selbstverständlich dem Königsweg folgte. Der Weg von Sturmkap nach Rosengarten war ihm ja durchaus bekannt, aber es war eine ganz andere Sache, wenn man mit einer Eskorte und mit Freunden und zu Pferd unterwegs war, als wenn man sich seinen Weg alleine und zu Fuß suchen musste, von so etwas wie Verpflegung ganz zu schweigen…

Mit einem leisen Seufzen strich er sich die nassen Haare aus der Stirn – ein Haarschnitt hätte ihm sicher auch ganz gut getan, von anständiger Kleidung ganz zu schweigen wenn man bedachte, dass seine momentanen Sachen aus irgendeiner Bauernkate stammten, nachdem er sich vermutlich glücklich schätzen konnte, dass die Bewohner ihn weder erkannt noch auf der Stelle erschlagen hatten, nachdem er mitten in der Nacht in ihre Hütte gestolpert war.

Rosengarten, rief er sich in den Sinn, die Tyrells würden ihm helfen. Loras würde ihm helfen.

Wenn er die Augen schloss, konnte er sein Gesicht vor sich sehen; die hellbraunen Locken, die sanften, goldfarbenen Augen, das spitzbübische Lächeln, wenn er ihn bei den Turnieren auf der Tribüne sah und gleichzeitig versuchte, möglichst ritterlich irgendeiner Lady seine dummen Rosen in die Hand zu drücken… er hatte eine davon gehabt, die Loras ihm nach irgendeinem dieser Turniere mitgebracht hatte, halb scherzhaft…

Der Regen war zu einem leichten Nieseln geworden, als er das Dorf erreichte. Auf den ersten Blick wirkte es friedlich – natürlich tat es das – und es dauerte eine Weile, bis ihm auffiel, dass die Rauchwolke, die darüber schwebte, wohl kaum nur aus Schornsteinen stammen konnte.

Es roch immer noch nach Regen und feuchten Blättern, doch als er näher kam, konnte das den schweren Geruch von Asche nicht mehr überdecken. Soldaten in roten Uniformen bewegten sich zwischen den Häusern – Männer der Lannisters…

Das Herz klopfte ihm bis zum Hals und er blieb wie angewurzelt stehen, unsicher, was er tun sollte.

Das sind deine Leute, merkte eine Stimme in seinem Hinterkopf an, deine Ländereien, die Lannisters haben kein Recht, hier zu sein und irgendetwas anzuzünden. Das sind deine Leute, Bauern, die Sturmkap mit Brot und Käse und Obst beliefert haben, die...

Die Rauchwolken wurden größer und als zöge ihn etwas daran magisch an, ging er weiter.

Natürlich waren es nicht mehr seine Ländereien. Jetzt waren es wohl Stannis', oder nicht?

Meinetwegen, flüsterte die Stimme, meine Schuld, meine Schuld...

Die ersten Toten fand er gleich am Eingang des Dorfes.

Es waren drei junge Männer, der älteste vielleicht zwanzig Jahre alt, der jüngste keine zwölf. Die Soldaten hatten sie an einem Dachbalken aufgehängt; ihre Gesichter waren bereits schwärzlich angelaufen, die Körper schwangen im Wind sachte hin und her. Übelkeit ballte sich in seinem Magen zusammen, als habe ihn eine Faust getroffen. Der Älteste trug noch einen von Wind und Wetter ausgeblichenen blaugrünen Umhang mit dem abgewetzten goldenen Hirschkopf darauf, der vor einer scheinbaren Ewigkeit sein eigenes Banner geziert hatte.

Die meisten Häuser schienen seltsam verlassen, Türen und Fensterläden waren eingeschlagen und -getreten, hier und da zeigten sich unerfreulich große dunkelrote Pfützen auf den Stufen, über denen bereits einige große Mücken träge kreisten.

Hastig wandte er den Blick ab. Es ist nur Blut, rief er sich ins Gedächtnis, wir alle haben es in uns und manchmal wird etwas davon verschüttet... oder auch ein bisschen mehr...

Es schien ein Leben lang her zu sein, seit Loras ihm das gesagt hatte...

Ein Mädchen von vielleicht dreizehn Jahren saß auf den Stufen eines reetgedeckten Hauses, mit wirrem, braunen Haar und in zerfetzten, blutbespritzten Kleidern, leicht hin und her wippend; reflexartig machte er einen Schritt auf sie zu - kann ich dir helfen? - und sie starrte ihn an, als sähe sie einen Geist vor sich, bevor sie zu schreien anfing, ein seltsam hoher, wimmernder Ton und mit gerafftem Rock zwischen den Häusern davon stob.

Meine Schuld, flüsterte es, meine Schuld.

Inzwischen zogen dichte Rauchschwaden durch das Dorf; beißende Luft brannte ihm in den Augen. Mit einem seltsam dumpfen Gefühl in der Brust setzte er seinen Weg fort, vorbei an aufgeschlitzten Familienvätern und kleinen Kindern, die drahtigen Körper seltsam verdreht, als hätten sie noch versucht, dem tödlichen Hieb auszuweichen.

Die Überlebenden hatte man auf dem Marktplatz zusammengetrieben, bewacht von ein paar Soldaten in roten und goldenen Rüstungen. Offensichtlich waren die Soldaten noch nicht fertig damit, das Dorf zu plündern; die meisten von ihnen trugen Kisten mit Lebensmitteln und allem, was sich potentiell zu Waffen zusammenschmelzen ließ, zusammen, während zwei, drei andere damit beschäftigt waren, die Gefangenen zu verhören.

„Gibt es Gold im Dorf?“, wehte zu ihm herüber, „Silber? Stahl?“

Sie sprachen mit einem weiteren Mädchen von vielleicht zwölf Jahren, das offensichtlich nicht den blassesten Schimmer hatte, wovon sie redeten; er drückte sich ein wenig mehr an die Hauswand und ein erstickter Laut gefolgt von einem widerlichen Spritzgeräusch verriet ihm recht deutlich, dass man es offenbar vorzog, seine Zeit nicht zu vergeuden und stattdessen jemand anderen zu fragen.

Meine Schuld.

Er konnte spüren, wie seine Finger zitterten; er grub die Fingernägel in die Handballen und zwang sich, tief und ruhig zu atmen, unterdrückte ein Husten, als der Rauch ihm in die Nase kroch.

Als er die Augen wieder öffnete, sah er sich einem der Soldaten gegenüber.

„Na, verlaufen?“

Der Griff eines Schwertes traf ihn so hart an die Schläfe, dass er stürzte; noch während er stürzte sah er, wie die Soldaten auf dem Marktplatz sich einen rundgesichtigen Jungen mit demselben roten Haar wie das Mädchen aus der Menge holten, eine ältere Frau kreischte und schlug nach ihnen, dann wurde es dunkel und er spürte nicht mehr, wie er mit dem Gesicht voran im Schlamm landete.

Jon


 

Stranger, if you passing meet me and desire to speak to me, why should you not speak to me? And why should I not speak to you?

(Walt Whitman)

~*~

JON

 

Das Wiehern von Pferden weckte ihn bei Sonnenaufgang.

Jeder Muskel in seinem Körper fühlte sich verkrampft und steif vor Kälte an; es dauerte einen Moment, bis es ihm gelungen war, die Müdigkeit weit genug abzuschütteln. Seine Kleider und Stiefel überzuziehen schien länger zu dauern als üblich; Sam war bereits unten.

Es war eine Gruppe von fast zwei Dutzend Männern, alle ins Schwarz der Nachtwache gekleidet, die meisten von ihnen zu Pferd. Ihre Gesichter waren gerötet von der Kälte und offenbar waren sie bereits seit einer Weile unterwegs gewesen; Schnee hing in ihren Mänteln und den Mähnen ihrer Tiere.

Ihr Anführer war ein Mann, dessen Alter Jon unmöglich hätte schätzen können mit scharfen grauen Augen und kurz geschnittenem schwarzen Haar. Unter dem schweren Pelzmantel zeichnete sich ein überraschend drahtiger Körperbau ab, als er mit Schwung aus dem Sattel glitt und Sam die Zügel zuwarf, der Mühe hatte, sie aufzufangen.

„Brandon Sand“, stellte er sich vor und klopfte seinem Pferd dabei flüchtig auf den Hals; die Flanken des massigen Tieres bebten leicht und Dampf stieg von seinen Nüstern auf. „Erster Grenzer der Ostwacht, wir sind die Verstärkung. Wo ist euer Lordkommandant, oder wer auch immer ihn jetzt ersetzt?“

„Ich war sein Kämmerer“, antwortete Jon in einem ersten Reflex, immer noch ein wenig verdutzt darüber, dass Brandon anscheinend schon beschlossen hatte, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, „Jon Schnee.“

Erst dann wurde ihm klar, dass er vermutlich nicht in der Position war, hier irgendwelche offiziellen Angelegenheiten zu übernehmen.

„Ihr sprecht wohl besser mit Maester Aemon“, merkte Sam reichlich verschüchtert an, „Er ist oben bei den Raben, äh – ich hol‘ ihn.“

Er stapfte davon, während Brandon Jon unter einer halb hochgezogenen Augenbraue von Kopf bis Fuß musterte und zwei Jungen sich um die Pferde kümmerten.

„Jon Schnee von Winterfell? Ned Starks Bastard?“

Flüchtig presste Jon die Lippen zusammen. „Ja“, antwortet er knapp.

Brandon verengte die Augen kaum merklich, vielleicht auch gegen den beißenden Wind. Etwas an seinem Gesichtsausdruck war seltsam, wie Jon feststellte, nur für Sekundenbruchteile, dann war es auch schon wieder verschwunden, bevor er es richtig greifen konnte.

Sam kam die Treppe wieder heruntergestolpert, gefolgt von Maester Aemon, der ihm ein wenig langsamer folgte, um sich  der Neuankömmlinge anzunehmen, und dennoch spürte Jon Brandons Blick auf sich ruhen, als er sich umdrehte und sich auf den Weg zurück zu den Quartieren machte; Sam hastete neben ihm her.

„Von der Ostwacht“, sagte er, „Das ist gut, oder? Wegen der Wildlinge dann…“

„Ja, dann sind wir immerhin fünfzig gegen ein paar tausend Wildlinge“, murmelte Jon, während ihm die Erleichterung vermutlich ins Gesicht geschrieben war.

Jon.

Sams letzten Satz hatte er nicht mitbekommen; er blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Was denn?“

Sein Freund wirkte seltsam angespannt und nervös, oder eher, noch nervöser als sonst. So hatte er ihn nur selten erlebt; Jons Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Oh, bitte nicht.

„Es geht um deinen Bruder“, sagte Sam und bestätigte damit seine Befürchtung, „Vorhin kam ein Rabe, und… es gab einen Hinterhalt bei den Zwillingen, Walder Frey hat…“

„Lebt Robb?“, fragte Jon scharf und Sam zuckte kaum merklich zusammen, bevor er rasch nickte.

„Ja, ja, er – er lebt. Aber…“ Nervös zog er die Augenbrauen zusammen. „Er wurde gefangen genommen, zusammen mit… zusammen mit seiner Mutter, und, ehm – seiner Schwester, sagen sie.“

Jon blieb der Mund halb offen stehen.

„Schwester?“

„Äh, ja“, antwortete Sam, offenbar froh, ganz passable Neuigkeiten überbringen zu können, „Arya – das war doch die jüngere, richtig, du hast gesagt…“

Für ein paar Sekunden klopfte sein Herz ein wenig schneller – Arya lebt, sie ist nicht als Geisel in King’s Landing – doch dann sickerte die volle Wucht von Sams Neuigkeiten zu ihm durch.

„Gefangen?“, wiederholte er wie betäubt, „Was heißt das, was passiert mit ihnen?“

Natürlich war das eine dumme Frage, die er sich eigentlich selbst beantworten konnte.

„Sie bringen sie nach Königsmund“, sagte Sam und sah dabei so schuldbewusst drein, als habe er das höchstpersönlich zu verantworten, „Robb Stark und seine Mutter, meine ich – wegen seines Verrats…“

Nach Königsmund. Flüchtig fuhr Jon sich mit der flachen Hand über das Gesicht, um einen einigermaßen klaren Kopf zu bewahren. Wegen seines Verrats… Sie würden ihn hinrichten.

„Und Arya…?“

Sam presste flüchtig die Lippen zusammen.

„Es heißt, sie soll einen der Freys heiraten“, sagte er leise.

Jon starrte ihn an wie vom Donner gerührt. „Wie bitte? Sie ist elf!“

Er biss die Zähne zusammen und ließ seinen Blick wahllos ringsum gleiten, ohne die geringste Ahnung, was er tun sollte.

Sie ist elf und die wollen Robb hinrichten…

Für Sekundenbruchteile tauchten schreckliche Bilder in seinem Kopf auf; Robb, geschlagen und blutig vor einer johlenden Menge, sein Kopf auf einer Lanze am Stadttor, direkt neben dem von Lady Catelyn, Arya in einem viel zu großen weißen Kleid, die grauen Augen voller Angst…

Sams Berührung an seinem Arm riss ihn zurück in die Gegenwart; er starrte ihn an, als sähe er ihn zum ersten Mal. Geist kam auf leisen Pfoten die Treppe hochgeschlichen und drückte den Kopf gegen seine Hand, als spürte er, dass sein Herr Unterstützung gebrauchen konnte.

„Jon“, sagte Sam leise, „Es tut mir leid…“

„Ich weiß“, antwortete er heiser und mit einer Stimme, die er kaum als seine erkannte, „Hör mal, könntest du… gib mir einen Moment, ja?“

Sam warf ihm einen weiteren besorgten Blick zu, wandte sich dann jedoch folgsam ab und machte sich auf den Weg, um Maester Aemon zu helfen. Jon ließ sich mit dem Rücken gegen die grobe Holzwand sinken und schloss die Augen für einen Moment. Geist winselte leise und rollte sich neben ihm ein; Jon presste die Lippen zusammen und vergrub seine Hände im weißen Fell des Wolfes.

Arya und Robb…

„Ärger?“

Er blinzelte hoch zu Brandon, der ihn unter hochgezogenen Augenbrauen musterte, bevor sein Blick zu Geist weiterwanderte.

„Was ist das?“, fragte er mit unüberhörbarer Faszination.

„Ein Schattenwolf“, antwortete Jon düster. Verdammt, hatte er nicht einfach nur eine Minute für sich haben wollen?

Brandon verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und musterte ihn flüchtig.

„Was ist passiert?“, fragte er dann und seine Stimme war schlagartig ernst.

Jon ließ den Hinterkopf gegen die Wand sinken. Für einen Moment lang schweifte sein Blick wahllos über den grauen Himmel.

„Mein Bruder wurde bei den Zwillingen gefangen genommen und meine Schwester soll einen der Freys heiraten“, antwortete er müde. Seine Worte besaßen eine seltsame Endgültigkeit, als er es aussprach. „Sie werden ihn in Königsmund hinrichten lassen und Arya ist erst elf.“

Erneut regte sich etwas seltsames in Brandons Gesicht, nur für Sekundenbruchteile; Jon verengte die Augen kaum merklich, sagte jedoch nichts.

„Verstehe“, antwortete Brandon schließlich, vielleicht ein bisschen zu gelassen, „Das tut mir leid…“

Geist regte sich und stand auf, um argwöhnisch an Brandons Umhang zu schnüffeln; Brandon warf dem Wolf einen flüchtigen Blick zu, regte sich jedoch nicht. Jon kam nicht umhin, ihm eine gewisse Kaltblütigkeit zu unterstellen; Geists Kopf ragte ihm immerhin fast bis zur Brust und normalerweise wichen die Leute zumindest zurück…

Unten im Hof war Lärm zu hören und rasch erhob er sich; Geist stellte wachsam die Ohren auf, als Brandon sich umdrehte, um über die Brüstung zu spähen.

Eine kleinere Gruppe Grenzer war gerade von ihrer Patrouille zurückgekehrt. Es waren wenige – sie hatten ja kaum noch welche, die sie entbehren konnten – und Jon war sich recht sicher, dass es auch einige mehr gewesen waren, als sie aufgebrochen waren; einige wiesen üble Kratzer und Schnittwunden auf, und soweit er das erkennen konnte, hatte mindestens einer Schwierigkeiten, sich gerade auf seinem Pferd zu halten, was vermutlich den zwei abgebrochenen Pfeilen in seiner Schulter geschuldet war. Unweigerlich begannen die Narben auf Jons Rücken unter dem Pelzmantel zu jucken.

Langsam folgte er Brandon die Treppe wieder hinunter, und das ungute Gefühl in seinem Magen wurde deutlich verstärkt, als sein Blick auf eine kleine Gestalt in der Mitte der Grenzer fiel, deren roter Haarschopf deutlich unter der fellbesetzten Kapuze zu erkennen war.

Loras


 

I have found the paradox, that if you love until it hurts, there can be no more hurt, only more love.

(Mother Teresa)

~*~

LORAS

 

Renlys Berührung war Sonnenstrahlen und Schmetterlingsflügel, Grasflecken auf Seide und Lachen, federleichte Küsse und Pfirsichsaft. Es war Sommer, Renly war neunzehn, er gerade sechzehn. „Ich liebe dich“, sagte er leise und zupfte einen vereinzelten Grashalm von heller Haut; Renlys Brust vibrierte sachte unter ihm, als er lachte. „Ich weiß“, antwortete er und küsste ihn.

Olyvars Haut war heller als Renlys, und seine Haare waren blond, nicht dunkel, aber wenn er die Augen schloss, machte das keinen Unterschied.

Renlys Berührung war Leidenschaft und Feuer, schwitzige Laken und Salz, heißer Atem im Mondlicht. „Ich liebe dich“, flüsterte seine Stimme an Loras‘ Ohr; er spürte vertraute Finger in seinem Haar. „Ich weiß“, antwortete er atemlos gegen seine Lippen. Es war Nacht und draußen tobte der Sturm.

Er konnte Olyvars Nägel in seinem Rücken spüren, bloße Haut auf seinem Bauch und die Bewegung seiner Hüfte unter ihm. Manchmal half es nicht, wenn er die Augen schloss; Olyvar war schlank, wo Renly muskulös gewesen war, er war ein gutes Stück kleiner und seinem Lächeln fehlte die Wärme.

Renlys Berührung war Geborgenheit und Zuhause, Wärme und Erfüllung, sanfte Fingerspitzen auf blauen Flecken und Kratzern aus dem letzten Tjost, vorwurfsvolle Blicke, wenn er etwas als zu risikoreich empfand, Bewunderung und Hochgefühl. „Ich will auch eine von diesen Rosen, weißt du?“, murmelte Renly und er grinste. „Ich bring dir eine mit“, antwortete er sanft.

„Verschwinde.“

Seine Stimme war leise, aber fest. Olyvar warf ihm einen fast verletzten Blick zu und Loras verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.

„Ich sagte, verschwinde“, zischte er, „Dein Silber liegt auf der Kommode.“

Er schloss die Augen, bis ihm das Rascheln von Seide und die Tür, die ins Schloss fiel, verriet, dass er allein war. Erst dann richtete er sich auf und griff nach seinen Kleidern.

Sein Weg führte ihn in den Götterhain. Er war nie besonders religiös gewesen, aber dort war es ruhig und verlassen, es gab keine neugierigen Blicke und keine dummen Fragen, bloß kühlen Wind und Stille. So abgeschieden wie möglich ließ er sich auf eine der Steinbänke sinken und stützte den Kopf in die Hände.

Renly.

Das Verdrängen hatte eine Weile ganz gut funktioniert, nicht zuletzt durch Olyvars tatkräftige Unterstützung. Er hätte nicht sagen können, woran es lag, doch spätestens mit seinem Traum vor weniger als einer Woche fühlte es sich an, als sei eine alte Verletzung wieder aufgebrochen, und der Schmerz war kein bisschen zurückgegangen.

Seitdem hatte es keine Nacht mehr gegeben, in der er nicht aufgewacht war, mit Tränen auf den Wangen und dem Gefühl kalter, lebloser Haut unter seinen Fingern, in bebender Ekstase mit dem Geschmack von Renlys Lippen auf seinen, mit dem erdrückenden Gefühl von völliger Leere in seiner Brust und der vergeblichen Hoffnung, nach dem nächsten Blinzeln aufzuwachen und sich in Sturmkap in Renlys Armen wiederzufinden.

Hinter seinen Augen brannte es und rasch presste er die Lider zusammen und tat sein Bestes, um sich auf etwas anderes zu konzentrieren, doch das hatte nur zur Folge, dass seine Gedanken zu Margaery und dieser verfluchten Hochzeit abdrifteten, und damit natürlich zu Joffrey und der Tatsache, dass der auf Renlys Thron saß, und…

Das Metall war glatt und poliert unter seinen Händen, warm von Renlys Körper und der Sommersonne, als Loras ihm dabei half, die letzten Schnallen zu schließen. Renly warf einen argwöhnischen Blick an sich herunter und seufzte leise; Loras schmunzelte.

„Ihr seht gut aus, milord.“

Renly warf ihm einen Blick über die Schulter zu. „Ich seh‘ aus wie ein Ritter“, antwortete er, „Ich hab noch nie…“

„Ihr seid der Lord von Sturmkap“, antwortete Loras, musterte ihn prüfend und zupfte dann Renlys Umhang ein wenig mehr zurecht. Er war grün, wie seine Augen. „Oder Ihr werdet es sein, sobald Ihr nach unten in den Hof gegangen seid und Eurem Bruder den Treueeid geleistet habt, Ihr seid jetzt volljährig und könnt Eure Pflichten übernehmen.“

Renly wirkte alles andere als begeistert, doch das Lächeln stahl sich für einen Moment auf sein Gesicht zurück, als er Loras‘ Fingern mit den Augen folgte, bevor es bei dem Gedanken an seine Brüder wieder verschwand.

„Stannis ist nicht da, oder?“

„Nein“, antwortete Loras, „Aber ich bin da, reicht Euch das nicht?“ Ein Grinsen huschte über sein Gesicht und er zupfte noch ein wenig mehr an dem schweren Samtstoff herum, bis er Renly schließlich in lässigen Wellen über die Brust fiel. „Schon besser“, stellte er fest, „Die Leute werden Euch bewundern…“

Renly grinste ein wenig verlegen. „So?“

Ihre Blicke trafen sich und Loras streckte wie selbstverständlich die Hand aus, um Renly eine dunkle Strähne aus der Stirn zu streichen.

„Natürlich“, fuhr er leise fort, „bewundern die meisten davon dich ohnehin schon…“

Er trat hinter Renly, um den Rest seines Umhangs zu ordnen, und flüchtig trafen sich ihre Blicke über den Spiegel hinweg, bevor er wie selbstverständlich einen flüchtigen Kuss auf Renlys Halsbeuge hauchte.

Schritte auf dem Kies rissen ihn aus seinen Gedanken; sein Kopf schoss hoch, gerade noch rechtzeitig, um Sansa Stark zu sehen, die bei seinem Anblick erstarrte wie vom Blitz getroffen.

Wunderbar; das letzte, was er jetzt brauchte, war irgendeine Verehrerin, die meinte, ihn trösten zu müssen… andererseits wirkte sie mit ihren geröteten Augen so, als sei sie eher selbst auf der Suche nach irgendjemandes Schulter zum Ausweinen, und daran war ihm persönlich noch viel weniger gelegen, dafür hatte sie ja schließlich ihren, äh, Ehemann, wenn der denn dazu in der Lage war.

Hastig stand er auf und drückte sich mit einer halbherzig gemurmelten Entschuldigung an ihr vorbei auf den Rückweg zu seinen Gemächern, kam jedoch keine zwei Schritte weit, bevor ihre Stimme ihn zurückhielt.

„Ser Loras…?“

Er schaffte es, keine Miene zu verziehen, als er sich zu ihr umdrehte.

„Lady Sansa?“

Sie war blass; offensichtlich war er nicht der einzige, der in dieser verfluchten Stadt recht wenig Schlaf bekam, aber so betrachtet wunderte ihn das wohl nicht.

Anscheinend kratzte sie ein bisschen Mut zusammen, bevor sie wieder etwas näher kam.

„Was bringt Euch her?“, fragte sie leise.

Flüchtig presste Loras die Lippen zusammen.

Sei ein besserer Lügner, hatte Olenna gesagt.

„Die Stille, milady“, antwortete er höflich, „Ich wurde im Glauben an die Sieben erzogen, aber das bedeutet nicht, dass ich die Abgeschiedenheit des Götterhains nicht zu würdigen gewusst hätte.“

Feuchte Blätter und der Geruch von Erde, die Rufe von Seemöwen und geflüsterte Liebkosungen, Bartstoppeln und Renlys Lippen an seiner Kehle, mit einem erstickten Laut grub er die Fingernägel in die weiche Haut an seiner Hüfte

Sansa starrte ihn eine Sekunde lang wortlos an. „Ich verstehe“, sagte sie dann langsam.

Ein Moment fast peinlich berührten Schweigens folgte.

„Es tut mir leid wegen Lord Renly“, sagte sie dann leise.

Irgendwo in Loras‘ Magengrube zog sich erneut etwas schmerzhaft fest zusammen. „Ich richte es meiner Schwester aus“, antwortete er rasch, und verkniff sich die Bemerkung, dass sie das bereits erwähnt hatte, als sie beide noch verlobt gewesen waren.

„Ich habe es nicht eurer Schwester gesagt“, antwortete Sansa ein wenig steif, „Ich sage es Euch.“

Loras spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. „…milady?“

Flüchtig huschte Sansas Blick ringsum, bevor sie auf der Steinbank Platz nahm und Loras einen auffordernden Blick zuwarf; seine Beine bewegten sich wie von selbst, als er sich neben sie setzte.

Erneut herrschte Stille, wenn man von den zwitschernden Vögeln irgendwo im Geäst absah; Sansa hatte die schlanken Hände in ihrem Schoß gefaltet und musterte ihn ein wenig verstohlen.

„Ich wollte Euch nicht in Verlegenheit bringen“, sagte sie schließlich, „Ich dachte nur – nach allem, was man sich erzählt…“

Loras‘ Augenbraue zuckte unweigerlich. „So, was erzählt man sich denn?“, fragte er vielleicht ein wenig schärfer als gedacht; die wenig schmeichelhaften Gerüchte waren ihm ja durchaus bekannt, und auch, wenn sie ihn in Bezug auf seine Person eher weniger interessierten, bezogen sie immer noch Renly mit ein…

Sansa zuckte kaum merklich zusammen. „Ihr wart sein Knappe in Sturmkap“, antwortete sie, „Und sein Page, und später dann…“ Ihr stieg die Röte in die Wangen und mit Mühe verschluckte sie ein ‚sein Liebhaber‘; Loras presste die Lippen zusammen.

„Ich erinnere mich an die paar Wochen, die wir verlobt waren“, fuhr Sansa fort, während ihr Gesicht noch eine Spur dunkler wurde, denn offenbar war ihr klar, wie unangemessen das Gespräch eigentlich war, das sie gerade führten, „Und ich – ich habe viel Zeit zum Nachdenken gehabt, und…“

Loras starrte sie an. „Unterstellt Ihr mir gerade ernsthaft, ich hätte ein – unangemessenes Verhältnis mit dem Ehemann meiner Schwester gehabt?“, fragte er heiser, während jede Faser und jeder Muskel in seinem Körper Lügner kreischte.

Sansa zupfte ein wenig nervös am bestickten Saum ihres Ärmels. „Nein“, antwortete sie dann noch leiser, „Ich frage Euch, ob Ihr Lord Renly geliebt habt.“

Loras‘ Lippen bewegten sich stumm, während er versuchte, genug Gedanken für eine Lüge zusammenzukratzen, für eine Ausrede oder irgendetwas vergleichbares, was weder ihn noch Renly noch ihre Familien in tiefste Schande stürzen würde, ist das ein Trick?, aber Sansa Stark war wohl kaum in der Position, ihm irgendwelche Fallen zu stellen, bloß damit Joffrey aus dem nächsten Busch gesprungen kam um Renlys Andenken noch ein bisschen mehr zu schänden, seine Finger zitterten kaum merklich und hastig ballte er die Fäuste.

„Immer“, flüsterte er, bevor er etwas dagegen tun konnte, „Von der ersten Minute in Sturmkap an – bis zu – immer…“

Er schaffte es gerade noch, seinen Atem nicht wie Schluchzer klingen zu lassen, konnte jedoch die Tränen nicht mehr zurückhalten, doch überraschenderweise nahm Sansa nicht kreischend Reißaus, um überall hysterisch zu verkünden, dass die Gerüchte stimmten und man sie beinahe an einen noch schlimmeren Lustmolch verheiratet hätte; im Gegenteil, sie bleib sitzen, reichte ihm mit elfenbeinerner Miene ihr Taschentuch und hörte stumm zu, während er es nicht mehr schaffte, die Worte zurückzuhalten, die sich so lange in seinem Hinterkopf angestaut hatten, von denen selbst Margaery nicht alles wusste, die aus ihm hervorströmten, als hätte sie eine Mauer eingerissen, und während er in den Armen eines praktisch fremden Mädchens um das weinte, was er verloren hatte.

Robb


 

True friends stab you in the front.

(Oscar Wilde)

~*~

ROBB

 

Sie hatten ihn im Sattel festbinden müssen, damit es ihm gelang, sich einigermaßen auf dem Rücken des Pferdes zu halten; der Strick schnitt in seine Oberschenkel und in seine Handgelenke, doch er spürte es kaum. Cleganes Gesicht war wie versteinert, als sie die Zwillinge hinter sich ließen; wenn ihm aufgefallen war, dass Arya nicht bei ihnen war, dann ließ er es sich nicht anmerken. Vermutlich kümmerte es ihn nicht besonders, das würde wohl erst seine Sorge werden, wenn Joffrey sich fragte, warum ihm eins der Stark-Mädchen abhanden gekommen war. Hoffentlich brannte er die Zwillinge bis auf die Grundmauern nieder.

Lady Catelyn schien seine Gedanken in der Hinsicht zu teilen. Ihr Gesicht war so blass, wie Robb sie selten gesehen hatte, und der Ausdruck in ihren Augen hätte ihm vermutlich Angst eingejagt, wenn es ihn interessiert hätte.

Er starrte auf seine blutigen Handgelenke hinab, und auf die Mähne seines Pferdes, während ihm die Herbstsonne den Nacken verbrannte und er irgendwo in seinem Hinterkopf feststellte, dass er vermutlich Schmerzen hätte haben sollen, doch da war nichts, als sei er bereits tot, erstickt an der Leere in seiner Brust und in seinen Knochen und in seinen Adern, während jeder um ihn herum ihn noch atmen sah.

Als sie rasteten, hatte er nicht den leisesten Schimmer, wie lange sie unterwegs gewesen waren. Es musste Mittag sein, denn die Sonne stand hoch am Himmel. Seine Mutter schwang sich trotz gefesselten Händen aus dem Sattel, als habe sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht als von fünf oder sechs bewaffneten Soldaten umgeben zu ihrer Exekution zu reiten; die Sonne ließ kleine Funken in ihren Haaren tanzen wie Flammen, als sie durch das kniehohe Gras zu ihm hinüberstapfte und mit bloßen Händen an den Stricken an seinem Bein zerrte. Clegane trat neben sie und sie warf ihm einen flammenden Blick zu, als sie das Messer in seiner Hand sah, doch er schob sie überraschend sachte beiseite und half Robb aus dem Sattel.

Für Sekundenbruchteile verschwamm die Welt vor seinen Augen, und er musste sich am Sattel festhalten, damit seine Knie nicht nachgaben.

„Was zu trinken, Euer Gnaden?“ In Cleganes Stimme schwang nicht der geringste Spott mit, als er ihm einen groben Tonbecher hinhielt; irgendwo in ihm regte sich ein Funke Widerstand.

„Nein“, antwortete er, seine Stimme ein heiseres Zischen, „Ich brauche Eure Hilfe nicht.“

Clegane zuckte die Schultern und trank selbst. Der Geruch von billigem Alkohol stieg Robb in die Nase, als er sich Catelyn zuwandte, deren Miene nach wie vor eisern war, und die ebenfalls ablehnte, bevor der Hund seinen Weinschlauch an die anderen Soldaten weitergab.

Jemand stieß ihm die Faust zwischen die Schulterblätter; er landete mit dem Gesicht voraus im Gras und schaffte es gerade noch, sich mit den Händen abzufangen, mit einem leisen Stöhnen rang er nach Atem. Catelyn griff nach seinem Arm und half ihm dabei ohne ein weiteres Wort dabei, sich aufrecht hinzusetzen.

Es war das erste Mal, dass er sie seit der Unterredung mit Roose Bolton zu Gesicht bekam; vielleicht wirkte sie ein wenig dünner, er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, ihr Gesicht und ihre Kleider waren schmutzig, doch trotz allem war sie überraschend gut frisiert und ihre Haltung war nach wie vor die einer Lady, so wenig sie auch momentan wie eine wirken mochte.

„Du musst gehen“, sagte er leise und sah sie fest an.

Catelyn gab einen verhaltenen Laut von sich. „Nein“, antwortete sie und tupfte ihm sachte die Stirn ab, „Aber du musst essen und trinken.“

Seine Hand schoss vor und er war selbst ein wenig überrascht, wie viel Kraft er aufbrachte, um ihr Handgelenk zu umklammern.

„Du – musst gehen“, wiederholte er leise, aber scharf, „Sie werden dich nicht verfolgen, ich bin der, den Joffrey will, du-“

„Nein“, wiederholte sie ruhig und schlang den Arm um seine Schultern, um ihm einen Kuss auf die Haare zu geben, wie sie es nicht mehr getan hatte, seit er elf gewesen war, „Aber du wirst essen und trinken und am Leben bleiben, und wenn es das letzte ist, was ich tue.“

Die Soldaten hatten sich über die kleine Lichtung ein wenig ausgebreitet; drei saßen mit Clegane zusammen auf ein paar Baumstümpfen und Steinen und hatten offensichtlich eine Art Trinkspiel begonnen während ein weiterer am Rand der Lichtung nach Feuerholz suchte.

Catelyn hatte damit begonnen, seine Handgelenke zu bandagieren, soweit ihr das möglich war; es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass sie wohl vor allem irgendwie nach einer Beschäftigung suchte.

„Auf König Joffrey!“, schallte es herüber und aus dem Augenwinkel sah er, wie die nächste Runde ausgegeben wurde. Die Becher klirrten leise.

„Wie geht es dir?“, fragte Catelyn leise. Ihre Finger fühlten sich seltsam kühl an; immer noch schlich sich ab und an das Fieber zurück in seine Knochen.

Er zog einen Mundwinkel hoch. „Bestens“, antwortete er. Sein Kopf sank gegen Catelyns Schulter, er blinzelte müde und seine Lider fühlten sich furchtbar schwer an…

…trockene Blätter unter seinen Füßen, vertrauter Geruch, kühler Wind…

„Auf den Erben von Winterfell!“

Jemand schien ihm einen Eimer eiskaltes Wasser übergegossen zu haben; er konnte spüren, wie er zu zittern begann und grub Finger ins Gras, um jede Regung zu unterdrücken. Unter seinen Händen spürte er feuchten Tau.

Auf den Erben von Winterfell.

Ihm war schlecht. Catelyns Hände auf seinen Schultern wurden kaum merklich fester, doch sonst zeigte sich keine Reaktion bei ihr.

Einer der Soldaten warf über die Schulter einen Blick zu ihnen, offenbar, um festzustellen, ob sie auch artig alles mitbekamen; allerdings hatte er offensichtlich Probleme dabei, sie genau zu sehen – was immer sie tranken, es schien gut zu wirken.

Catelyn fuhr ihm flüchtig mit den Fingerspitzen durchs Haar, doch sie sagte nach wie vor kein Wort.

Die Pferde hatten die Soldaten mehr oder minder fest an ein paar Ästen angebunden, damit sie grasen konnten, doch das taten sie nicht; sie wirkten angespannt, eines tänzelte nervös auf der Stelle und warf den Kopf zurück. Die Reaktion war Robb so vertraut, dass er sie erst bemerkte, als Catelyn ihm gegen den Oberarm stieß; mit Mühe wandte er den Blick von den Soldaten ab (und von der Fantasie, wie er demjenigen, der als letztes gesprochen hatte, den Schädel an dem Felsen einschlug, auf dem er saß). Der Soldat, der am Rande der Lichtung Feuerholz gesammelt hatte, war verschwunden…

Im selben Augenblick schoss mit einem infernalischen Geräusch ein Wirbel aus grauem Fell aus dem Gebüsch und hatte seine Zähne in die Kehle des Mannes, der ihm am nächsten stand, geschlagen, bevor die Soldaten auch nur dazu kamen, nach ihren Waffen zu greifen. Ein weiterer fiel mit zwei Pfeilen in der Brust, als Clegane gerade in einer fließenden Bewegung nach seinem Schwert griff und dem Mann, der neben ihm gesessen hatte, die Hand abschlug, mit der er nach seiner Armbrust hatte greifen wollen. Der Mann kreischte auf und im selben Moment stieß der Hund ihm seinen Dolch in den Hals, bevor er ihn direkt wieder herauszog und Catelyn zuwarf, die ihn mit halb offenem Mund anstarrte.

Grauwind schien ebenfalls ein wenig verdutzt, stellte dann jedoch fest, dass Clegane offenbar keine Bedrohung darstellte; stattdessen huschte er zu Robb hinüber, und drückte die feuchte Schnauze gegen die Wange seines Herrn.

Das alles hatte weniger als fünf Minuten gedauert, und Robb spürte sein Herz bis zum Hals klopfen, als er einem Reflex folgend die Arme um Grauwind schlang, um das Gesicht in seinem Fell zu vergraben. Die Zunge des Wolfes streifte seine Wange und sein Ohr, er winselte leise und schmiegte sich an ihn, als wolle er sich dafür entschuldigen, sich so lange Zeit gelassen zu haben; Catelyn hatte Mühe, ihn lange genug von Robb zu lösen, um dessen Handfesseln durchtrennen zu können.

Wo warst du?

Grauwind blickte ihn aus treuen, gelben Augen heraus an, sein Schwanz zuckte sachte hin und her, bevor er den Kopf wieder an Robbs schmiegte. Sein Fell war zerzaust und filzig, er hatte abgenommen, als hätte er wochenlang kaum gefressen, an seiner Schnauze klebte getrocknetes Blut, das offensichtlich schon etwas älter war. Kurz zuckte ein Bild durch Robbs Kopf – schwarze und rote Uniformen mit dem Wappen der Boltons, das verzerrte Gesicht eines jungen Mannes, dessen Ähnlichkeit unverkennbar – vielleicht spürte er einen Stich grimmiger Genugtuung und schlang die Arme noch etwas fester um Grauwind, ungeachtet der Tatsache, dass seine Verletzungen bereits wieder schmerzhaft pochten. Ja, sieht aus wie ein Jagdunfall.

Aus dem Augenwinkel erhaschte er eine Bewegung – Clegane war dabei, die Leichen der getöteten Soldaten zu plündern – und sein Blick fiel auf die Gestalt hinter Grauwind, die zwischen den Bäumen stand, still wie ein Schatten, den Bogen noch in der Hand, und im ersten Augenblick hätte er ihn fast nicht erkannt. Das Grinsen, das er zehn Jahre lang gekannt hatte, war aus Theons Gesicht verschwunden; seine Augen wirkten seltsam stumpf, aber vielleicht kam Robb das auch bloß so vor. Er umklammerte seinen Bogen so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten, wie den sprichwörtlichen Strohhalm, in seinem Gesicht lagen tiefe Schatten und seine Hände waren mit silbrig-weißem Narbengeflecht überzogen, doch er erwiderte Robbs Blick überraschend fest.

Catelyn richtete sich auf, das Messer noch in der Hand.

„Du hast mehr Nerven als ich dir zugetraut hätte, Greyjoy“, sagte Robb leise.

In seinem Kopf strömte alles und nichts durcheinander – er hat Bran und Rickon umgebracht, er hat Winterfell eingenommen, warum ist er hier – und vielleicht zum ersten Mal in den letzten zwei Jahren hatte er nicht den leisesten Schimmer, was er tun sollte.

Margaery


 

Ridicule dishonors a man more than dishonor does.

(Francois de La Rochefoucauld)

~*~

MARGAERY
 

Als sie noch ein Kind gewesen war, hatte Margaery ihren Brüdern immer gerne beim Training zugeschaut. Als das zweitjüngste Kind von vier Geschwistern – als die kleine Prinzessin ihres Vaters – hatte es ihr etwas beruhigendes gegeben, zu wissen, dass ihre Brüder allesamt Ritter sein würden, die sie vor Drachen und was sich sonst so in den Liedern ihrer Septa herumgetrieben hatte beschützen können würden. Als sie fünf oder sechs Jahre alt gewesen war, hatte sie ihre Brüder beneidet, selbst Loras, der noch zu klein gewesen war, um etwas anderes zu führen als sein Spielzeugschwert und etwas anderes zu reiten als ein Pony, und sich gefragt, warum sie nicht ebenfalls ihr Haus würde unter einem Banner voller Rosen verteidigen dürfen. Sie hatte danach gefragt, lauthals, beim Abendessen, und für einen Moment hatte es fast peinlich berührter Stille gegeben, bevor alle so weitergemacht hatten als wäre nichts geschehen. Nach dem Abendessen hatte Olenna sie beiseite genommen und ihr erklärt, dass man als Lady zwar kein Schwert führen würde, aber ganz andere Waffen hatte...

Ihre Handflächen fühlten sich schwitzig an und sie wischte sie an ihrem Rock ab, den Blick fest auf den Rücken von Loras gerichtet. Im ersten Augenblick hatte sie fast geglaubt, dass Joffrey es ernst meinte. Loras, mehr noch als Garlan und Willas, war der Stolz von Rosengarten und viele junge Lords wollten so sein wie er (die Ladies interessierten sich üblicherweise mehr für die Tatsache, dass seine Hand nach wie vor bloß war, ob man ihn nun an Cersei versprochen hatte oder nicht), und im Nachhinein verfluchte sie sich dafür, auch nur eine Sekunde lang geglaubt zu haben, die Bewunderung in Joffreys Stimme sei echt gewesen, als er die Fähigkeiten ihres Bruders in der Schlacht vom Schwarzwasser gelobt hatte und ihn eingeladen hatte, in Zukunft mit ihm zu trainieren. Dann hatte er sich zu Margaery umgedreht und sie angelächelt, freundlich und gleichzeitig scharf wie ein Rasiermesser, um sie zu fragen, ob sie ihnen nicht zuschauen wollen würde, und ihr war klar geworden, dass es nicht um Loras ging oder um Joffreys Fähigkeiten mit einem Schwert. Er testete ihren Gehorsam – Margaerys und Loras‘ – und nichts weiter, und weil es bisher noch nicht den Kopf ihres Vaters auf einem Spieß dafür gab, hatte er einen anderen Weg gefunden.

Bei dem verdammten Frühstück hatte Olenna gewohnt schnell reagiert und Loras aus der Gefahrenzone schaffen können, bevor er eine Dummheit machte, doch Joffrey zitierte ihn seitdem fast täglich in einen vielen Innenhöfe des Roten Bergfrieds, um ihm vor den Augen der anwesenden Lords und Ladies nach ein paar halbherzigen Bewegungen die Übungswaffe aus der Hand zu schlagen oder ihn zu Boden zu stoßen, während die Zuschauer applaudierten und dem König Komplimente machten. Natürlich musste den meisten hier - eigentlich jedem, der Loras jemals in einem Turnier gesehen hatte - klar sein, dass Joffreys Triumphe eine Farce waren; selbstverständlich traute sich aber so oder so niemand, etwas dazu zu sagen. Unweigerlich nervös zog Margaery die Unterlippe leicht zwischen die Zähne und fragte sich, wie lange Loras‘ Selbstbeherrschung noch anhalten würde.

Aus dem Augenwinkel warf sie einen Blick auf Sansa Stark, die ähnlich unerfreut von der Situation wirkte, flüchtig registrierte sie neben ihr Tyrion und einen blonden jungen Mann, den sie nicht kannte, bevor ihr Blick weiter zu Cersei huschte; ein kaum merkliches Lächeln umspielte die Lippen der Königinregentin und Margaery wandte rasch den Blick ab, bevor sie das Bedürfnis überkam, ihr die Schale mit den Weintrauben, die neben ihr stand, über den Kopf zu stülpen.

 „Das ist unehrenhaft“, sagte Brienne neben ihr so leise, dass hoffentlich nur Margaery es hören konnte, als Joffrey Loras den Knauf seines Übungsschwertes vor die Brust stieß und ihr Bruder folgsam ein, zwei Schritte zurückstolperte.

Innerlich verfluchte sie Joffrey und alle Lannisters, die sie kannte, während sie sich stattdessen eine der Früchte in den Mund schob und hoffte, dass man potentielle Grimassen jetzt auf Kaubewegungen zurückführen konnte.

Es war nicht nur das Training ihrer Brüder, auch bei den Turnieren war sie immer gern gewesen; Renly und vor allem Robert hatten ja mit Begeisterung welche ausgerichtet. Natürlich hatte das Hauptaugenmerk – spätestens nach Willas‘ Unfall – dabei vor allem auf Loras gelegen, doch während der seine Rosen an vorher mit ihr oder Olenna abgesprochene Ladies auf der Tribüne verteilt hatte, war es ihr zugefallen, dem einen oder anderen Ritter ihre Gunst zu erweisen, und damit ähnlich effektiv zu sein, wenn es darum ging, den Ruf ihrer Familie zu stärken. Vor allem die jüngeren Ritter waren durch ihren Enthusiasmus angespornt worden (auch wenn der letzten Endes vor allem ihrem Bruder gegolten hatte), und insofern kam es ihr zugute, dass sie wusste, an welchen Stellen sie möglichst lebhaft zu jubeln hatte, auch, wenn sie sich in diesem Kontext lieber die Zunge herausgerissen hätte.

Loras rappelte sich auf und hob seine Waffe auf, während Joffrey ihn wachsam musterte; Margaery dankte allen verfügbaren Göttern dafür, dass Loras sein Gesicht einigermaßen im Griff zu haben schien und man die Konzentration darauf als Zeichen für seine Fokussierung auf das Training werten konnte und nicht auf den Versuch, den Impuls zu unterdrücken, Joffrey mit der Übungswaffe zu verprügeln.

„Ich fürchte, Ihr entsprecht nicht ganz Eurem Ruf, Ser Loras“, merkte Joffrey an und Margaery biss die Zähne zusammen, doch in Loras‘ Gesicht zeigte sich keine Regung; sie sah bloß, wie Joffreys Arm unter seinem nächsten Hieb erbebte. „Ich dachte, Ihr wart ein Mitglied von Lord Renlys Königsgarde?“

Margaery grub die Fingernägel so fest in ihre Handballen, dass sie dort kleine halbmondförmige Druckstellen hinterließen, während sie sich wünschte, dass Joffrey bitte auf der Stelle die Stimme verlor. Du widerlicher kleiner Mistkerl, ich weiß, was du vorhast!

„Ich nehme an, das erklärt, warum seine Ermordung so einfach war“, fügte Joffrey hinzu, Margaerys Herz setzte einen Schlag aus, als sie den Ausdruck auf dem Gesicht ihres Bruders sah, und Loras‘ Waffe traf Joffrey mit der flachen Seite mitten ins Gesicht.

Der junge König stürzte und landete auf dem Rücken im Kies, Cersei gab einen spitzen Laut von sich und stürzte an die Seite ihres Sohnes, einen Ritter der Königsgarde auf den Fersen, während Margaery fast ebenso hastig folgte. Im ersten Augenblick hätte sie die Hand fast nach Loras ausgestreckt, der seine Waffe fallen gelassen hatte und dastand wie versteinert, bevor sie sich an ihre Rolle erinnerte und sich stattdessen Joffrey zuwandte, wohlweislich ohne ihn zu berühren und damit seine Aufmerksamkeit (und seinen potentiellen Zorn) auf sich zu ziehen. Joffrey hatte den Ärmel gegen seine blutende Nase gepresst und der helle Stoff seiner Trainingskleidung färbte sich überraschend schnell dunkelrot.

„Ihr!“, zischte Cersei, das Gesicht wutverzerrt, als sie aufstand, um sich Loras zuzuwenden, „Wie könnt Ihr es wagen, das Leben Eures Königs so leichtfertig zu riskieren?“

„Mutter…“ Joffreys Stimme war gedämpft und leicht nasal, offenbar hatte Loras ihm die Nase gebrochen. Mit einiger Mühe und unterstützt von einem der Ritter zog er sich auf die Füße und lächelte, was sein blutverschmiertes Gesicht allerdings kein bisschen freundlicher wirken ließ. „Es war ein Unfall, Mutter. Das kommt vor.“

Margaery warf Loras einen flüchtigen scharfen Blick zu, den er für Sekundenbruchteile erwiderte. Vermutlich wäre es ihnen beiden lieber gewesen, wenn Joffrey sich schreiend auf ihn gestürzt und nach seinem Kopf verlangt hätte; so…

„Das reicht für heute, Ser Loras“, wandte Joffrey sich an Margaerys Bruder und schüttelte ihm die Hand; Loras reagierte wie mechanisch, als Joffreys blutige Finger Spuren an seinem Ärmel hinterließen, bevor der König sich abwandte und – nach wie vor gestützt von einem Mann der Königsgarde – zu Maester Pycelle hinüberwankte.

Margaery zögerte keine Sekunde; sie griff nach Loras‘ Hand, die sich klamm und kalt in ihrer anfühlte, und zog ihn vorbei an den aufgeregt tuschelnden Höflingen auf den Gang, wo sie glücklicherweise allein waren.

Erst, als sie sich sicher war, dass sie außer Hörweite waren, blieb sie stehen, gerade noch rechtzeitig, denn Loras rammte die Faust gegen die nächste Säule, so heftig, dass der Putz bedrohlich knirschte und seine Fingerknöchel zu bluten begannen.

„Ich weiß“, sagte Margaery leise und griff sachte auch nach dieser Hand, „Ich weiß, hörst du?“

„Dieser elende kleine-“

Rasch ließ sie los und legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Es kostet dich den Kopf, wenn das einer hört“, sagte sie, „Ist ja gut, ich bin hier…“

Sie schlang die Arme um seinen Oberkörper und zog ihn an sich, konnte spüren, wie seine Schultern bebten.

„Es war nicht deine Schuld“, sagte sie leise, „Das weißt du, oder? Es war nicht deine Schuld, er wollte dich bloß mit irgendwas treffen…“

Und es hatte wunderbar funktioniert, und sie hatte nicht den blassesten Schimmer, was jetzt folgen würde, denn dass Joffrey die Sache wirklich so schnell abgehakt hatte, glaubte wohl keiner von ihnen tatsächlich.

Loras sah sie an und obwohl er ein ganzes Stück größer war als sie, wurde ihr wieder einmal beinahe schmerzhaft bewusst, dass er trotz allem ihr kleiner Bruder war.

„Maggie, warum musst du ihn unbedingt heiraten?“ sagte er und sie konnte die unterdrückten Emotionen in seiner Stimme hören; ein müdes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Stannis wäre wohl noch schlimmer, oder?“, fragte sie leise und griff erneut nach seiner Hand; Loras presste die Lippen zusammen und sagte nichts.

Sie verschränkte seine Finger mit ihren und einem Impuls folgend drückte sie ihm einen Kuss auf die blutigen Knöchel.

„Lass das jemanden ansehen, ja?“, sagte sie und zwang sich, einen Moment lang tief durchzuatmen, „Und dann müssen wir überlegen, was wir als nächstes tun…“

„Ich weiß, was wir tun könnten“, antwortete Loras düster, setzte den Satz aber glücklicherweise nicht fort.

Margaery grinste müde; es schien seltsam anstrengend für ihr Gesicht zu sein.

„Du wirst alles tun, was sie von dir wollen, hast du gehört?“, sagte sie leise und als Loras nicht direkt antwortete wiederholte sie ein wenig schärfer: „Hast du gehört? Ich meine das ernst, Loras, du glaubst doch hoffentlich nicht, dass Joffrey oder die Königin das auf sich sitzen lassen?“

Loras nickte knapp und ruckartig. „Was noch?“

Margaery zögerte einen Augenblick, bevor sie seine Hand sachte drückte.

„Ich brauche dich, verstehst du?“, sagte sie sanft, „Wenn du dir das mit der Königsgarde nochmal überlegst…“

„Ich will nicht in die Königsgarde“, antwortete Loras blitzartig, „Ich werde mich nicht jeden Tag neben den kleinen Mistkerl stellen und-“

„Stattdessen heiratest du lieber seine Mutter?“, rutschte es Margaery heraus und Loras zuckte kaum merklich zusammen, als habe sie ihn geohrfeigt.

„Fang du nicht auch noch so an“, murmelte er und Margaery seufzte tief.

„Wenn du in der Königsgarde wärst, könntest du nicht nur auf Joffrey aufpassen, sondern auch auf mich“, sagte sie sanft, „Überleg es dir, bitte. Mir zuliebe.“

Arya


 

I'm not afraid of death; I just don't want to be there when it happens.
 

(Woody Allen)
 

~*~
 

ARYA
 

 

„Joffrey. Cersei. Walder Frey.“ Ihre Stimme war hilfreich gegen die Dunkelheit. „Ilyn Payne. Meryn Trant. Der Hund.“ Sie räusperte sich, langsam wurden es viele Namen. „Ser Gregor. Roose Bolton…“

Viele Namen. Viele Menschen. Menschen waren schwach, Menschen waren Beute.

Über ihr schien der Vollmond, der Fluss plätscherte leise, doch sein Wasser war nicht silbrig wie sonst, sondern schwarz.

Ihre kleinen Geschwister winselten und jaulten angstvoll; sie mochten keine Menschen, aber sie hatte keine Angst.

Die Wellen waren voller aufgetriebener Körper. Vor allem Männer, Männer in Rüstungen, manche ohne, mit aufgeschlitzten Bäuchen und zerfetzten Kehlen und abgerissenen Gliedmaßen, mit Bolzen in ihrem Körper, mit Stricken um den Hals, mit zerschmetterten Schädeln und gebrochenen Knochen.

Der Geruch von Blut und Tod lag schwer in der Luft und kroch ihr in die Nase. Unschlüssig blieb sie stehen.

Der Welpe hatte keine Angst; er folgte ihr wie ein kleiner schwarzgrauer Schatten, bevor er sich durch ihre Beine drängte und neugierig auf die Gefallenen spähte. Er machte ein paar tapsige Schritte in Richtung des Flussufers, und zuerst wollte sie ihn zurückhalten, doch sie waren alle tot, und tote Menschen waren keine Gefahr, tote Menschen waren Futter.

Sie folgte ihm.

Unter den Toten waren auch einige Weibchen, wie sie feststellte; manche trugen Rüstungen, das war seltsam. Eines von ihnen lag dicht am Ufer, im seichten Wasser noch halb von Wellen umspült, und trug keine Rüstung.

Ihr Gesicht kam ihr dunkel bekannt vor, doch sie wusste nicht, woher; das lange, dunkle Haar schwebte wie ein geisterhafter Schleier in den Wellen, die mandelförmigen Augen waren halb geschlossen. Sie war tot; ihr Rock war blutgetränkt, ihre Haut war kalt und nass.

Neben ihr lag ihr eigener Welpe. Er war blass und still, genau wie das Menschenweibchen; etwas scharfes hatte seine Wange aufgeschlitzt und ihn einen Teil des linken Ohrs gekostet, dazu zwei Finger des linken Vorderbeins…

Sie spürte Bedauern in sich aufkeimen und wusste nicht, warum. Sie hatte schon viele tote Menschenwelpen gesehen, doch dieser hier war anders; er roch genauso nach Blut und Verderben wie der ganze Fluss, doch darunter war eine Spur von Vertrautheit und Zuhause, und kurz huschte das Bild eines dürren schwarzhaarigen Mädchens durch ihren Kopf, das sie gekannt hatte, aber das war lange her…

Ihr Sohn machte einen mutigen Schritt nach vorn und stieß dem Menschenwelpen die kleine Schnauze gegen die Wange; der Säugling begann zu wimmern und vor Schreck machte sie einen Satz zurück.

Er lebt.

Erst langsam beruhigte sich ihr pochender Herzschlag, hinter ihr knurrten und jaulten ihre kleinen Geschwister beunruhigt. Der Menschenwelpe hörte nicht auf, zu schreien.

Menschen sind Beute, und Menschenwelpen...

Aber der hier war anders.

Sie trat ein bisschen näher; ihr Sohn winselte und beäugte die Geräuschquelle mit nicht zu übersehender Neugierde, und plötzlich drängte sich ein anderes Bild in ihr Gedächtnis: Ein frostüberzogener Wald und das Geweih eines gewaltigen Hirsches, Angst und Einsamkeit, warme Kinderhände und Lachen und Zuhause.

Welpen muss man füttern.

Sie ließ sich neben dem Säugling auf die Seite sinken und erlaubte ihm, zu trinken.

 

Arya verschränkte die Arme vor der Brust, vielleicht auch, damit man nicht sah, wie ihre Finger zitterten. Seit sie Königsmund verlassen hatte, war sie nicht mehr allein gewesen; sie hatten Robb und ihre Mutter nach Süden gebracht, sie würden sie hinrichten wie ihren Vater…

Sie verdrängte das Bild aus ihrem Kopf und funkelte den Mann vor sich an.

„Die Freys sind Verräter, und ich werde überhaupt keinen heiraten“, verkündete sie.

Edmure verdrehte kaum merklich die Augen.

„Du bist eine Stark von Winterfell“, antwortete er leise, aber scharf, „Und wir sind beide Geiseln in diesem Haus, du wirst tun, was man dir sagt.“

Arya verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.

„Ich werde überhaupt nichts tun!“

Edmure presste die Lippen zusammen, auf genau die gleiche Weise, wie ihre Mutter es immer getan hatte, wenn sie beim Bogenschießen besser gewesen war als Bran oder ihre Stickereien nicht so ordentlich gewesen waren, wie sie hätten sein sollen.

„Wenn sie mich zwingen, irgendwen zu heiraten, bring ich ihn um“, fuhr sie fort, „Ich hab schonmal jemanden erstochen…“

Lady Roslin wurde ein wenig blasser, sagte jedoch nichts; Arya presste die Lippen zusammen und verdrängte das Bild des fetten Jungen aus Königsmund aus ihrem Kopf, um stattdessen zum Fenster hinüberzugehen.

„Wir müssen weg von hier“, beschloss sie, „Wir müssen Robb und Mutter finden, bevor sie sie nach Königsmund bringen können…“

„Das hier ist eine Festung, Mädchen“, sagte Edmure leise, „Ich hatte vier Wochen Zeit, um mir darüber klarzuwerden, aber wir kommen nicht von hier weg. Sieh mal, deine Mutter ist meine Schwester, glaubst du denn, das würde mir nichts ausmachen?“

Sie wandte sich vom Fenster ab und warf Lady Roslin einen argwöhnischen Blick zu. „Woher weißt du, dass die ihrem Vater nicht alles erzählt?“

„Weil sie meine Frau ist“, antwortete Edmure eine Spur kühler. Er hielt Lady Roslins Hand zwischen seinen eigenen, und Arya gefiel die Art und Weise nicht, wie er sie ansah; sie war Walder Freys Tochter, wie konnte er ihr da vertrauen?

Dunkel erinnerte sie sich daran, wie ihr Vater sie darauf hingewiesen hatte, dass man als Ehefrau zu seinem Lord halten musste. Aber das war Sansa gewesen und Prinz Joffrey, und bei dem Gedanken wurde ihr fast schlecht.

Ihr Blick huschte wieder aus dem Fenster und durch die Gitter hinunter in den Hof. Tagelöhner strömten durch das Tor ein und aus; Arbeiter waren unten im Hof damit beschäftigt, die Mauer auszubessern oder neue Waffen anzufertigen…

Arya blieb der Mund halb offen stehen, bevor sie hastig vom Fenster zurücktrat. Einen Augenblick lang huschte ihr Blick wahllos durchs Zimmer, bevor sie nach einer Obstschale auf dem Tisch griff und einen Apfel herausnahm; Edmure musterte sie fragend.

„Hast du nicht vorhin noch angemerkt, du würdest nichts mehr essen wollen?“

„Jaah, hab meine Meinung geändert“, antwortete sie rasch, huschte mit dem Apfel zum Fenster zurück und nahm mit den Augen kurz Maß, bevor sie das Obst mit aller Kraft aus dem Fenster unten in den Hof warf.

Vermutlich hinterließ es eine ganz schöne Beule an Gendrys Hinterkopf; er zuckte zusammen und rieb sich den schwarzen Haarschopf, bevor er verwirrt auf den Apfel sah und dann nach oben. Kurz huschte sein Blick über das Fenster, hinter dem Arya wie wild auf und ab hüpfte und winkte, ohne jedoch einen Laut von sich zu geben, der auf sie hätte aufmerksam machen können – unter den Blicken von Lord Edmure und Lady Roslin, die wahrscheinlich glaubten, jetzt habe sie der Wahnsinn dahingerafft – und sie war sich nicht sicher, ob er sie gesehen hatte, denn gleich darauf trat er den Apfel beiseite – ein magerer Junge in Aryas Alter griff schnell danach – und widmete sich wieder seiner Arbeit.

Mit klopfendem Herzen drückte Arya sich gegen den grob behauenen Stein. Edmure räusperte sich und sie fuhr zusammen; fast hatte sie vergessen, dass er überhaupt da war.

Argwöhnisch warf sie über die Schulter einen Blick zurück zu ihm und Lady Roslin.

„Ihr werdet schon sehen“, sagte sie.

Sansa


 

“…sometimes one feels freer speaking to a stranger than to people one knows. Why is that?"

“Probably because a stranger sees us the way we are, not as he wishes to think we are.”

(Carlos Ruiz Zafón –  “The Shadow of the Wind”)

~*~

SANSA
 

Vielleicht wirkte ihr Lächeln ein bisschen weniger aufgesetzt, als sie rasch neben Tyrion den Innenhof verließ. Vielleicht musste sie Ser Loras auch bei Gelegenheit in irgendeiner Form danken, wenn es keiner mitbekam. Vielleicht hatte sie auch kurz den Gedanken gehabt, dass Arya das sicher gern gesehen hätte…

Tyrion schien ihre Meinung zu teilen, auch, wenn er nichts sagte; Ser Joylin hingegen wirkte ehrlich besorgt.

„Seine Gnaden ist doch hoffentlich nicht zu schwer verletzt?“

Vielleicht krepiert er dran.

„Es braucht schon mehr um uns von ihm zu befreien als eine gebrochene Nase, fürchte ich“, antwortete Tyrion nonchalant, und Sansa hielt für einen Moment den Atem an, doch Ser Joylins Lächeln wurde nur ein wenig verwirrter, und er fragte nicht nach.

Er war erst heute Morgen zu ihnen gestoßen, und Tyrion hatte angemerkt, dass er dem jungen Ritter wohl vor ein paar Jahren mal mit irgendeiner Erbregelung aus der Klemme geholfen hatte und ihn daher recht gut kannte; groß, blond und mit grünen Augen stand Ser Joylin der Name Lannister quasi ins Gesicht geschrieben, und er hätte äußerlich eine jüngere Ausgabe des Königsmörders sein können, so weit Sansa Jaime Lannister in Erinnerung hatte. Doch ihm fehlte der arrogante Zug um den Mund, der Ser Jaime und die Königinregentin ausmachte, und er war geradezu verblüffend unsicher im Umgang mit den anderen Lords und Ladies am Hof; seine Rüstung wirkte neu und blitzblank, als habe er in seinem Leben noch nie ein Schlachtfeld gesehen, und Sansa schätzte ihn auf vielleicht siebzehn oder achtzehn Jahre, nur wenig älter als sie selbst.

„Wie lange seid Ihr schon in Königsmund, Ser?“, fragte sie leise, während sie sich – mit dem Bild von Joffreys blutigem Gesicht sicher in ihrem Hinterkopf verstaut – an ihre Manieren erinnerte.

Joylin grinste ein wenig verlegen. „Äh, erst seit gestern Abend, milady“, antwortete er, „Lord Tywin hat mich überraschend herbeordert, ich sollte eigentlich – ich meine, ich bin der einzige Sohn meines Vaters, deshalb wurde ich nicht eingezogen…“

„Das hatte nicht zufällig irgendwas mit der Verlobung deiner Schwester zu tun, oder?“, fragte Tyrion unter einer hochgezogenen Augenbraue. Joylin wirkte ein wenig betreten. „Äh – ja, ich nehme an, das hing damit zusammen… meine älteste Schwester ist mit einem Ritter aus Dorne verlobt“, erklärte er Sansa, „Das Land, das ich geerbt habe, ist nicht besonders groß, aber voller Edelsteine, und ich nehme an, Lord Tywin wollte nicht, dass der Ehemann meiner Schwester das erbt…“

Sansa erwiderte sein Lächeln glatt und einstudiert. „Ich verstehe, Ser.“

Zwei Ritter der Königsgarde hasteten in Gold und Weiß gewandet an ihnen vorbei; sie erkannte Ser Boros und zu ihrer Überraschung auch Ser Jaime. Selbstverständlich hatte sie gewusst, dass er zurück in Königsmund war, doch sie hatte ihn bislang nicht zu Gesicht bekommen; ein Jahr Gefangenschaft hatte seine Züge härter und schärfer werden lassen, seine blonden Haare waren zentimeterkurze Stoppeln und seine rechte Hand war durch eine goldene Prothese ersetzt worden.

Hoffentlich war das Robb. Aber es wäre vermutlich nicht die Art ihres Bruders gewesen…

Er blieb stehen, sein Blick flackerte kurz über Tyrion und Sansa, blieb dann jedoch an Joylin hängen, fast entsetzt.

„Was machst du hier?“, fragte er ohne jede weitere Begrüßung, Tyrions Augenbraue zuckte fragend.

„…Lord Tywin hat mich herbestellt“, antwortete Ser Joylin, sichtlich verdattert ob Jaimes Feindseligkeit, „Ich, äh – verzeiht, habe ich…?“

Sansa kam nicht umhin, Tyrion einen kurzen, fragenden Blick zuzuwerfen, doch der wirkte nicht minder verwundert.

Erneut huschte Jaimes Blick über Joylin von Kopf bis Fuß und es war deutlich sichtbar, dass er nach Worten rang, bevor er sich auf dem Absatz umwandte und mit wehendem Umgang den Gang hinunter verschwand, über den er gekommen war.

Einen Augenblick lang starrten sie ihm alle gleichermaßen verdutzt nach, bevor Tyrion sich hörbar räusperte.

„Gut, äh… ich nehme nicht an, dass du mir sagen kannst, was das zu bedeuten hatte?“

„Nein, milord“, antwortete Joylin, „Es muss Jahre her sein, seit ich Ser Jaime das letzte Mal – verzeiht, aber geht es ihm nicht gut…?“

„So könnte man es ausdrücken“, murmelte Tyrion.

Joylin trat ein wenig peinlich berührt von einem Fuß auf den anderen. „Ehm – wenn Ihr erlaubt, Lord Tyrion – ich würde gerne Lord Tywin meine Aufwartung machen…“

„Oh, sicher.“ Tyrion warf Sansa einen fragenden Blick zu. „Ich nehme an, Ihr würdet gerne den Götterhain aufsuchen und… für die Genesung unseres geliebten Königs beten?“

 

„Ihr habt ganz schön zugeschlagen.“

Loras antwortete nicht, doch unter hellbraunen Locken konnte sie den Hauch eines Grinsens erkennen, und schmunzelte ihrerseits kaum merklich, wurde jedoch rasch wieder ernst. Es war seltsam; während der paar Wochen ihrer Verlobung hatte sie kaum registriert, wie seltsam abweisend er ab und an gewesen war, so erleichtert war sie von der Aussicht gewesen, Königsmund bald verlassen zu können, doch im Nachhinein ergab es natürlich Sinn…

„Darf ich fragen, was…“

Loras warf ihr einen scharfen Blick aus goldbraunen Augen zu, und am liebsten hätte sie die Frage rasch zurückgenommen, doch stattdessen erwiderte sie seinen Blick ein wenig nervös.

„Er hat gesagt, dass ich meinem Ruf nicht entspreche“, antwortete Loras ruhig, doch sie konnte das kaum merkliche Zittern seiner Fingerspitzen bemerken, als er den goldbestickten Saum seines Mantels entlangfuhr, „Deshalb läge Renlys Tod in meiner Verantwortung.“

Flüchtig presste Sansa die Lippen zusammen – nun, das erklärte zumindest seine Reaktion. Einen Moment lang zögerte sie, bevor sie sachte die Hand auf seinen Arm legte. Kurz huschte Loras‘ Blick auf ihre Finger hinunter, doch er rührte sich nicht.

„Ich habe euch in Turnieren kämpfen sehen und Ihr seid einer der Helden vom Schwarzwasser“, sagte sie leise, „Lord Renlys Tod war nicht Eure Schuld.“

Loras presste mit einem leisen Schnauben die Lippen zusammen. „Wenn ich in der Nacht bei ihm gewesen wäre, hätte es niemand gewagt, Hand an ihn zu legen“, antwortete er leicht gepresst, „Aber das war ich nicht, also hat unser geliebter König nicht völlig Unrecht.“

Unsicher, wie sie darauf antworten sollte, ließ Sansa ihre Hand sinken. „Und wieso wart Ihr dann nicht bei ihm…?“

Loras stützte den Kopf in die Hände und schwieg für einen Moment; beinahe fürchtete sie, zu neugierig gewesen zu sein, als er weitersprach.

„Wir haben gestritten“, sagte er müde, „Am – am Abend vorher, meine ich. Wegen Briennes Aufnahme in die Königsgarde, und wegen Margaery…“

Sansa musterte ihn ein wenig besorgt. Loras‘ Geständnis ihr gegenüber hatte selbstverständlich einiges erklärt, aber dennoch fiel es ihr schwer, nachzuvollziehen, wie es sich wohl anfühlen musste, wenn der Mann, den man liebte, die eigene Schwester heiratete – es war auf seltsame Art romantisch, aber sie war sich recht sicher, dass Ser Loras das im Augenblick nicht gerne gehört hätte.

„Ich bin gegangen, und er hat kein Wort mit mir gesprochen am nächsten Tag“, fuhr Loras fort, „Und Brienne hat sich am nächsten Abend um ihn gekümmert, nicht ich… ich hätte da sein sollen, ich hätte ihn beschützen müssen.“ Er warf Sansa einen kurzen Blick zu. „Ich erwarte nicht, dass Ihr-“

„Doch“, antwortete sie leise. Eine Erinnerung wie aus einem anderen Leben flackerte flüchtig vor ihrem inneren Auge auf; ihr Vater, der sie und Arya mit einem Schiff aus der Stadt schaffen wollte, Joffrey ist kein bisschen wie der fette alte König… „Doch, ich verstehe Euch“, antwortete sie mit etwas kräftigerer Stimme, „Meine Schwester und ich haben auch gestritten, als wir uns das letzte Mal gesehen haben…“

Loras antwortete nicht, doch vielleicht wurde die Erschöpfung in seinem Blick ein bisschen weniger. Einen Augenblick lang herschte Stille, vom Wind in den Büschen und Bäumen des Götterhains abgesehen.

„Margaery hat mir vorhin gesagt, der König hat beschlossen, meine Fähigkeiten einem Test zu unterziehen, aber wegen seiner, äh, Verletzung könne er es nicht selbst tun“, sagte Loras dann.

Sansa spürte, wie ihr kalt wurde. „Ich verstehe“, sagte sie leise. Irgendwo in ihr keimte der Impuls auf, ihn zu umarmen und den Versuch zu unternehmen, ihm in irgendeiner Form Trost zu spenden, doch das wäre wohl gänzlich unangemessen gewesen.

Loras grinste, doch es wirkte wie eine Maske. „Ich nehme an, wenn die Sache schlecht läuft, kann ich mich wenigstens bei Renly entschuldigen.“

Joylin


 

“Parents can only give good advice or put them on the right paths, but the final forming of a person's character lies in their own hands.”

(Anne Frank)

 

~*~

 

JOYLIN 

Er war in Casterlystein aufgewachsen und hatte die Stadt nicht besonders oft verlassen, bis sein Vater gestorben war; danach hatte er zugegebenermaßen nicht allzu viel Gelegenheit gehabt, das kleine Anwesen seiner Familie zu verlassen – mit einer verwitweten Mutter und drei kleinen Schwestern mit jeweils knapp vier Jahren Abstand hatte er alle Hände voll zu tun gehabt – und dementsprechend war er noch nie zuvor in Königsmund gewesen. Es dauerte daher eine Weile, bis er den Weg zum Turm der Hand gefunden hatte, nicht zuletzt, weil ihm immer noch Ser Jaimes eigenartige Reaktion im Kopf herumspukte.

Das letzte Mal, dass er mit den Söhnen von Tywin Lannister zu tun gehabt hatte, war kurz nach dem Tod seines Vaters gewesen, vor vielleicht fünf Jahren. Er war dreizehn gewesen und damit noch nicht volljährig, doch sein Vater hatte ebenfalls keine lebenden Brüder mehr gehabt und seine Mutter hatte sich an Ser Jaime gewandt, den sie – soweit Joylin das wusste – schon vor Jahren zufällig kennen gelernt hatte; dessen Bruder wiederum hatte vorgeschlagen, doch einfach seine Mutter – ob erbberechtigt oder nicht – zu seinem Vormund zu machen wie das schließlich in den größeren Häusern schon seit längerem Gang und Gebe war, wenn es keinen männlichen volljährigen Erben gab, und Ser Jaime war zu ihnen gekommen, um die Sache unter Dach und Fach zu bringen, ungeachtet der Tatsache, dass seine Verpflichtungen durch die Königsgarde ihn eigentlich an Königsmund banden…

„Was macht er hier?“

Joylin erstarrte, die Hand noch am Türklopfer von Lord Tywins Arbeitszimmer. Die Wachen links und rechts – gewandet in das Weiß der Königsgarde – taten so, als sei er gar nicht da. Langsam ließ er den Türklopfer los und machte einen Schritt zurück.

Was macht der Bengel in Königsmund?!“ Ser Jaimes Stimme war ein gepresstes Zischen voller unterdrückter Wut. „Er hat gesagt, du hast ihn herbestellt, du konntest mich nicht zufällig zumindest vorwarnen?“

„Ich bin dir wohl keine Rechenschaft über meine Entscheidungen schuldig.“

Lord Tywin klang wesentlich gelassener als sein Ältester, im Geiste konnte Joylin die kühlen, grünen Augen des älteren Mannes vor sich sehen, immer wachsam. Der Herr von Casterlystein hatte sich um den größten Teil seiner Ausbildung gekümmert, seit er ein kleines Kind gewesen war, hatte ihm persönlich lesen und schreiben beigebracht, als sich gezeigt hatte, dass er damit Schwierigkeiten gehabt hatte, hatte ihn die Namen und Wappen der Häuser von Westeros lernen lassen und ihre Allianzen und Ränkespiele, hatte ihm schließlich Pferd und Rüstung und seinen Ritterschlag bezahlt; Joylin fuhr sich ein wenig nervös mit der Zungenspitze über die Lippen und fragte sich innerlich, was er Ser Jaime wohl getan haben mochte, und was er verpasst hatte.

„Im übrigen“, fuhr Lord Tywin fort, „darf ich dich daran erinnern, dass du mir keine Wahl gelassen hast.“

„Keine Wahl-“ Ser Jaime brach ab, und als er weitersprach klang seine Stimme seltsam belegt. „Du meinst das ernst?“

Lord Tywin antwortete nicht, eine Feder kratzte leise auf Pergament, und abgesehen davon hätte man sowohl in Lord Tywins Arbeitszimmer als auch draußen auf dem Gang eine Stecknadel fallen hören können.

„Was glaubst du wohl“, sagte Tywin schließlich leise, aber mit einer Stimme kalt wie Eis, „warum ich ihn sonst herbestellen würde?“

Durch den schmalen Spalt, den die Tür offen stand, konnte Joylin sehen, wie Ser Jaime seinen Vater mit einer Mischung aus den letzten Resten Respekt vor seinem Vater und mühsam gezügelter Wut musterte, die Finger seiner verbliebenen Hand fest um den Griff seines Schwertes an seiner linken Seite geschlossen, als erwäge er, den Herrn von Casterlystein an Ort und Stelle niederzustrecken.

„Und wenn mir zufällig irgendwas rausrutscht?“, sagte er dann heiser, „So – beim nächsten Abendessen?“

„Nur zu“, antwortete Lord Tywin, ohne aufzusehen, „Seine Gnaden wird sicher erfreut sein, das zu hören, von deiner Schwester ganz zu schweigen. Wir könnten deinen Kopf und den des Jungen auf nebeneinanderliegende Spieße stecken, wenn dir das recht ist?“

Jaime öffnete den Mund und schloss ihn wieder, das Gesicht fast so weiß während sein Umhang; Joylin spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals klopfte.

Er machte einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen die Wand, als Ser Jaime sich auf dem Absatz umwandte und das Zimmer verließ; ihre Blicke trafen sich im Vorbeigehen und Joylin konnte spüren, wie ihm das Blut in die Wangen schoss, als ihm klar wurde, dass es wohl nicht gerade von guten Manieren zeugte, anderer Leute Gespräche zu lauschen. Vielleicht zitterten ihm auch kaum merklich die Knie, als er an die Tür klopfte und Lord Tywin ihn hereinrief.

Das Gesicht des älteren Mannes war nach wie vor angespannt, sein Blick huschte nur flüchtig hoch zu Joylin. Einen Augenblick lang schien es fast, als hätte er dessen Anwesenheit vergessen, unterschrieb mit völliger Ruhe weiter die Urkunden vor sich auf dem Tisch – von seiner Position aus erkannte Joylin Ernennungen für die Königsgarde; anscheinend mussten ein oder zwei Schwerter neu besetzt werden – sodass Joylin letzten Endes fast überrascht war, als er ihn ansprach.

„Du hast dir Zeit gelassen.“

Joylin öffnete den Mund und schloss ihn wieder, konnte sich der Schuldgefühle nicht erwehren, die in ihm aufstiegen.

„Verzeihung, milord, ich hatte eigentlich – ich meine, ich wollte nicht…“

Lord Tywin machte eine knappe Handbewegung; rasch schloss er den Mund wieder.

„Wie war deine Reise?“

„Gut“, antwortete er ein wenig verdutzt, „Ich meine – das halbe Land ist im Krieg, aber vergleichsweise – gefahrlos.“

Lord Tywin drehte die Feder zwischen den Fingern und sein Blick schien Joylin von Kopf bis Fuß zu durchleuchten.

„Ich habe gehört, du hast dir bereits einen Eindruck von Seinen Gnaden verschafft.“

Etwas prickelte unheilvoll in Joylins Nacken; war er in Schwierigkeiten?

„Ehm… ich hab nur – Seine Gnaden hat mit Ser Loras im Hof trainiert und…“

„Du wirst dich von Joffrey fernhalten.“

Der nächste Themenwechsel erwischte Joylin erneut auf dem falschen Fuß; irritiert sah er Lord Tywin an, während in seinem Hinterkopf seine Worte zu Ser Jaime nachhalten. „Wenn Ihr das sagt?“, antwortete er fragend.

In Tywins Gesicht regte sich kein Muskel. „Du wirst dich von Joffrey fernhalten, so weit es geht, und du wirst jede Anweisung, die er dir gibt, zuerst mit mir absprechen, hast du verstanden?“

„Selbstverständlich“, antwortete Joylin und kam sich dabei vor wie ein Schuljunge, der irgendeinem besonders schwierigen Test unterzogen wurde, ohne dass man ihn vorher darüber unterrichtet hatte.

„Heute Abend“, fuhr Tywin fort und musterte ihn über die Feder in seiner Hand hinweg, „wirst du allerdings mit mir und unserem König essen, du wirst nur reden, wenn du gefragt wirst, du wirst höflich und zuvorkommend sein, egal was er oder meine Tochter dir zu sagen haben, und ihm in allem zustimmen, hast du verstanden?“

Joylin runzelte kaum merklich die Stirn. „Milord“, sagte er zögerlich – aber Lord Tywin hatte ihn ja schon früher gelegentlich auf die Probe gestellt – „versteht mich nicht falsch, aber als ich zum Ritter geschlagen wurde, habe ich geschworen, die Wahrheit-“

„Du wirst ihm in allem zustimmen“, wiederholte Lord Tywin in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ, „und wenn er sich darüber auslässt, welchen Spaß es macht, Waisenkinder mit seiner Armbrust zu jagen, hast du verstanden?“

Joylin öffnete den Mund und schloss ihn wieder angesichts von Lord Tywins Miene.

„Und du wirst weder dieses Gespräch noch mein Gespräch mit Ser Jaime gegenüber irgendjemandem erwähnen“, fügte Tywin beiläufig an und wandte sich dann wieder seinen Urkunden zu.

Loras


 

Courage is being scared to death... and saddling up anyway.
 

(John Wayne)
 

 
 

LORAS
 

 

Er würde sterben.

Er hatte es in dem Moment gewusst, als ihm verkündet worden war, dass Gregor Clegane sein Gegner sein würde und als Joffrey angemerkt hatte, dass er seinen letzten, beeindruckenden Ritt gegen den Berg noch in so lebendiger Erinnerung hatte, dass er sie diesmal nicht zu Pferd, sondern mit dem Schwert in der Hand zu sehen wünschte; er hatte es in Margaerys Blick gesehen und vermutlich hatte er es auch geahnt – das war die Rache für ihren kleinen Trainingsunfall. Joffreys Nase war immer noch ein wenig geschwollen und unter seinen Augen zeigten sich blau und bräunlich die Reste von Blutergüssen, doch er musterte ihn durch eisiges Grün, als sei nicht das geringste passiert.

Loras biss die Zähne zusammen und schaffte es, dass seine Knie nicht zitterten, als er vor das Podest mit den adligen Lords und Ladies des Hofes trat, um dem König seine Ehrerbietung zu erweisen, obwohl er ihm lieber vor die Füße gespuckt hätte. Kurz kreuzt sein Blick sich mit Margaerys; ihr Lächeln wirkte zittrig und sie hatte die Finger der von Joffrey abgewandten Hand so fest um die Armlehne ihres Sitzes gekrallt, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Sansa neben ihr regte sich nicht; sie blickte starr geradeaus an ihm vorbei. Leonette war blass und noch zittriger als Margaery; Garlans Gesicht war steinern.

Loras machte einen Schritt zurück und wollte gerade seinen Helm wieder aufsetzen, als Joffreys Stimme ihn zurück hielt.

„Braucht ein so geschickter Ritter wie Ihr denn wirklich einen Helm?“ Die Stimme des jungen Königs war trotzdem seines fast freundlich-aufmerksamen Lächelns schneidend wie Stahl.

Du kleiner Bastard.

Ohne ein Wort ließ er seinen Helm fallen; das scheppernde Geräusch schien von den Wänden ringsum ewig widerzuhallen. Margaery zuckte kaum merklich zusammen.

„Euer Gnaden...“, sagte sie leise; Joffrey wandte den Blick nicht von Loras ab.

Aus dem Augenwinkel sah Loras, wie jemand seinen Helm einsammelte, als er in die Mitte des Platzes trat; er erhaschte einen Blick auf blondes Haar und eine blaue Tunika.

Olyvar, natürlich.

Er unterdrückte den Impuls, wie er es vor jedem Turnier getan hatte, in der Menge nach einem dunklen Haarschopf und vertrauten grünen Augen zu suchen.

Renly war immer da, er war es immer gewesen, seit er das erste Mal einen Gegner aus dem Sattel gehoben hatte.

Er spürte seinen Blick auf ihm, und natürlich wussten sie beide, für wen die Rosen wirklich gedacht waren, die er in der Menge verteilte; er wusste auch, dass Renly ab und an auf seine Siege wettete - üblicherweise teilten sie hinterher, er hatte ihn noch nie enttäuscht.

Renly selbst hatte nur ein, zweimal an Turnieren teilgenommen, mit mäßigem Erfolg, und es danach vermieden, solange Robert es nicht verlangte. Zugegebenermaßen war es Loras auch lieber, ihn auf der Tribüne in Sicherheit zu wissen; zwar trainierten Renly und er gemeinsam, aber das bedeutete nicht, dass er es gerne sah, wenn Renly auf die Idee kam, das auch anwenden zu wollen...

Der Jubel der Menge gellte in seinen Ohren und über ihre Köpfe hinweg sah er, wie Renly voller Enthusiasmus die Faust in die Luft reckte und den Stolz in seinem Gesicht und konnte seine Lippen schmecken...

Der nächste Aufprall von Cleganes Zweihänder war so heftig, dass ihm die Waffe beinahe aus der Hand geschlagen wurde; fast sofort war sein rechter Arm bis zur Schulter hinauf taub. Er konnte ein leises Aufkeuchen nicht unterdrücken; geschickt wich er einem weiteren Hieb aus und dankte jedem erreichbaren Gott dafür, dass Cleganes Größe ihn entsprechend behäbig machte.

Ihr Publikum – reiche Lords und Ladies, Höflinge, einige Lannistersoldaten zu ihrer Bewachung in rotgoldenen Uniformen – war beinahe totenstill, oder vielleicht empfand er das auch nur so, weil er darauf konzentriert war, sich nicht von Cleganes Schwert in zwei Hälften teilen zu lassen.

„Ich dachte, wir sehen einen Kampf und keinen Tanz“, konnte er Joffreys Stimme von der Seite hören; jemand lachte pflichtschuldigst und er meinte, Kleinfingers Stimme zu erkennen.

Einhundert Golddrachen auf den Berg. Aber Renly war nicht hier, um gegen ihn zu wetten.

Beim nächsten Hieb war er zu langsam. Die flache Seite des Breitschwertes traf ihn mit solcher Wucht vor die Schläfe, dass er stürzte; das Schwert glitt ihm aus den Fingern und er rang noch völlig benommen nach Atem, während er sich in einem Reflex zur Seite wegrollte und Cleganes Klinge nur wenige Zentimeter neben ihm klirrend auf Stein traf. Etwas heißes lief ihm in den Nacken und er schmeckte Blut; er hatte sich auf die Zunge gebissen und ohne Helm war sein Kopf ungeschützt auf den Boden geschlagen. Gerade noch rechtzeitig schüttelte er die Benommenheit ab, wich einem weiteren Schlag aus und angelte nach seinem Schwert - vom Podium her war ein erstickter Laut zu hören, ob von Margaery oder einer der anderen Ladies hätte er nicht sagen können.

Cleganes Schwert zischte durch die Luft und grub sich zwischen Schulterpanzer und Armschiene in seinen Oberarm.

Im ersten Moment spürte er gar nichts. Seine Finger waren alle noch an Ort und Stelle, doch sie gehorchten ihm nicht mehr; dann schrammte die Klinge buchstäblich über den Knochen seines Oberarms und im ersten Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen. Jemand schrie und es dauerte einen Moment, bis er seine eigene Stimme erkannte; zähflüssiges Blut sickerte durch seine Finger, die er auf die Verletzung gepresst hatte. Vor seinen Augen tanzten schwarze Schemen, Metall blitzte in der Sonne und sein Herzschlag dröhnte wie eine Trommel in seinen Ohren; jemand packte seinen Harnisch und schleifte ihn ein Stück zur Seite, verzerrt erkannte er das Rot und Gold der Lannisters und dann grüne Seide und vertraute, goldfarbene Augen. Garlan griff nach seiner unverletzten Hand und zog sie behutsam beiseite; von irgendwo hörte er einen erstickten wimmernden Laut und spürte brennende Scham in seinem Magen, als ihm klar wurde, dass der von ihm stammte.

„Ganz ruhig, ganz ruhig“, murmelte Garlan halb zu sich selbst, „Bist in Sicherheit, scheiße, was bei allen...“

Sein Blick ging an Loras vorbei zu dem Mann in rotgoldener Uniform, der von Clegane nicht minder verwirrt angestarrt wurde wie von den restlichen Anwesenden, und schlagartig waren seine Schmerzen vergessen; Garlan musste ihn an der Schulter festhalten um zu verhindern, dass er sich aufrichtete.

„Ich bin hier, um Euch die Treue zu schwören, Euer Gnaden“, sagte Renly kühl, aber ruhig, „Sollte ich die Feierlichkeiten stören, können wir das aber gerne verschieben.“ Er hatte den rotgoldenen Helm abgenommen, damit man ihn besser erkannte; in der Menge flüsterte und tuschelte es. Haare und Bart waren angemessen gestutzt, als sei nie irgendetwas geschehen; die Uniform war hochgeschlossen genug als dass Loras nichts von seiner Verletzung erkennen konnte.

„Renly?“ Seine Stimme war ein heiseres Flüstern aus trockener Kehle, doch er drehte sich nicht einmal zu ihm um. Joffrey sah aus, als erwäge er, sich hinter den Röcken seiner Mutter zu verstecken.

Hinter seinem Rücken warf Margaery Garlan einen scharfen Blick zu und der verstand.

„Komm.“ Er schlang sich Loras' unverletzten Arm um die Schultern und zog ihn auf die Füße; Loras' Knie gaben sofort wieder nach. „Ich bring' dich zu einem Maester...“

„Nein.“ Er hatte nicht die Kraft, um sich gegen Garlans Griff zu stemmen; seine Beine fühlten sich fast so taub an wie sein Arm. „Nein, nein, Renly...“

"Sei still!", zischte Garlan und schleifte ihn zu einer der Seitentüren, während die Menge immer noch gebannt Renly anstarrte, und das letzte, was er sah, bevor die Tür hinter ihnen zufiel, war, wie Renly vor Joffrey auf ein Knie sank.

 

Das nächste, woran er sich erinnerte, war grober Stoff unter ihm und der Geruch von Kräutern und Alkohol in der Luft. Seine rechte Gesichtshälfte, dort, wo ihn Cleganes Schwert getroffen hatte, fühlte sich wund und taub an, als sei er in eine üble Schlägerei verwickelt worden; ihm war schwindlig und der Raum um ihn herum schien sich zu drehen, ohne dass er dafür die Augen öffnen musste. Sein verletzter linker Arm steckte von der Schulter bis fast zu den Fingerspitzen in Leinenstreifen fixiert; probeweise versuchte er, die Finger zu bewegen, heißer Schmerz zuckte durch seinen Arm bis hoch in seinem Kopf und mit einem leisen Stöhnen biss er die Zähne zusammen.

„Der Maester hat gesagt, du wirst für eine Weile auf deinen Arm verzichten müssen.“

Trübe blinzelte er unter einem Augenlid nach oben; Renlys Silhouette zeichnete sich unscharf gegen das Fenster ab.

„Ich weiß nicht, ob man im nächsten Leben überhaupt Arme braucht“, antwortete er müde.

Renly schmunzelte verhalten und schob das Buch beiseite, in dem er geblättert hatte, um etwas näher zu Loras‘ Bett zu rücken.

„Du brauchst deine Arme noch, du bist ein Ritter. Außerdem bist du nicht tot.“

„Du auch nicht.“ Seine Zunge fühlte sich schwer und träge an; er wollte nach Renlys Hand greifen, doch der saß dafür auf der falschen Seite und er fühlte sich unglaublich erschöpft. „Was ist passiert…?“

Ein Schatten huschte über Renlys Gesicht, doch vielleicht lag das auch am Licht. „Es geht mir gut“, sagte er leise, „Alles andere ist eine lange Geschichte.“

Er griff selbst nach Loras‘ unverletzter Hand und verschränkte ihre Finger miteinander, um seine Knöchel mit einem flüchtigen Kuss zu streifen. Die rotgoldene Uniform hatte er abgelegt, soweit Loras das sehen konnte, und seine Tunika war – für Renlys Verhältnisse – überraschend schlicht, wenn man von den Stickereien am Kragen und an den Ärmel absah; aus der Nähe betrachtet waren die dunklen Haare ein, zwei Zentimeter länger als Loras sie in Erinnerung hatte, und an seiner Schläfe zeigte sich silbrig rot der Rest einer älteren Verletzung.

Mit etwas Mühe zog Loras ihn näher zu sich heran und lehnte die Wange gegen Renlys Arm, roch vertraute Haut und Renlys Atem. „Es tut mir leid“, sagte er leise und war sich nicht sicher, was er damit meinte. Dass ich nicht bei dir war. Dass unser letztes Gespräch damit geendet hat, dass ich dich in Margaerys Bett geschickt habe. Dass du meinetwegen nach Königsmund zurückkommen musstest…

Renly antwortete nicht, fuhr ihm nur flüchtig durch die braunen Locken und streifte seine Wange mit den Lippen.

„Du hast Joffrey einen Treueeid geleistet…?“

Renly lachte leise. „Mir fiel nichts anderes ein, um zu verhindern, dass mein Kopf auf dem nächsten Spieß landet“, antwortete er, „Deine Großmutter hat mit ihrem Barden schon ganz gute Vorarbeit geleistet – Lord Renlys letzter Ritt und so weiter, du weißt schon... Außerdem dachte ich mir, um an einen Thron zu kommen, ist es wohl hilfreich, wenn man schon in dessen Nähe ist.“

Loras‘ Kopf schoss hoch und sofort wurde ihm wieder schwindlig.

„Du willst immer noch-?“

Renlys Augenbrauen zuckten leicht fragend. „Das war deine Idee, wenn ich mich recht entsinne. Aber ja, ich muss König werden.“

Seine Wortwahl war seltsam, doch Loras schwirrte immer noch zu sehr der Kopf, um diesbezüglich nachzuhaken.

„Bring dich – bring dich nicht in Schwierigkeiten…“

Renly grinste müde. „Joffrey denkt, ich wäre ein Geist, Cersei hält mich für einen sehr gewieften Verräter, und ich habe vor ungefähr zwei Stunden vor dem ganzen Hof erläutern dürfen, dass meine Ehe nie vollzogen wurde, weshalb ich keinerlei Ansprüche auf Margaery anmelden will, von was für Schwierigkeiten reden wir?“

Nie vollzogen wurde? Die Erleichterung bei Renlys Worten löste erneute Schuldgefühle bei ihm aus; er schloss die Augen für einen Moment.

Renly“, sagte er leise, aber mit Nachdruck, „ich hab dich beerdigt, im – in Sturmkap, ganz allein, bitte, du warst tot, ich hab – wo warst du?“

„Jaah, das ist mir aufgefallen“, antwortete Renly zögerlich, „Ein halber Meter Erde weniger hätt’s auch getan, glaube ich…“

Loras gab einen halb erstickten Laut von sich und war sich nicht sicher, ob das ein Lachen oder ein Schluchzen hatte werden sollen; Renly schlang die Arme etwas mehr um ihn und lehnte die Wange an sein Haar.

„Ich bin wieder da“, murmelte er, „Das ist doch das wichtigste, oder?“

Arya


 

Never deprive someone of hope; it might be all they have.

(H. Jackson Brown, Jr.)

 

~*~

 

ARYA

 

Edmure und seine Frau schliefen, doch Arya war hellwach.

Schon seit drei Tagen hatte sie kaum ein Auge zugetan; immer noch wartete sie darauf, dass Gendry etwas von sich hören ließ, oder dass er ihr irgendein Zeichen gab... ab und an hatte sie ihn unten im Hof arbeiten sehen, doch er hatte nie wieder nach oben zu ihrem Fenster geschaut.

Unter ihren Fellen rollte sie sich ein wenig mehr zusammen, beobachtete den Vollmond durch das vergitterte Fenster und lauschte auf jedes Geräusch.

Würden Robb und ihre Mutter zurückkommen, um sie zu holen? Würde der Hund ihnen helfen, zu entkommen? Seit der furchtbaren Nacht, in der sie Grauwind weggeschickt hatte, hatte sie nicht mehr mit ihm gesprochen, und er hatte so getan, als gäbe es sie nicht, als er aufgebrochen war. Aber er hatte Joffrey verlassen, oder nicht, das hatte er selbst gesagt...

Sie kniff die Lider zusammen und verdrängte die aufkeimende Müdigkeit.

Vielleicht entkamen sie auch nicht. Vielleicht würde man sie in Königsmund hinrichten, wie ihren Vater. Bei dem Gedanken wurde ihr schlecht. Boltons Männer hatten Robb mitgenommen, damit der Maester einen Blick auf ihn hatte werfen können, und sie hatten ihn nicht wieder zu ihr und ihrer Mutter zurück gebracht. Er hatte immer noch furchtbar krank ausgesehen, als die Soldaten der Freys ihn nach draußen in den Hof geschleift hatten, um mit ihm und ihrer nach Mutter nach Königsmund aufzubrechen; blass, unrasiert und mit furchtbar stumpfen Augen schien er nicht einmal gemerkt zu haben, wie Lady Catelyn erst wütend, dann verzweifelt nach ihrer Tochter verlangt hatte, wie sie einem der Soldaten sehr unladyhaft das Gesicht zerkratzt hatte bis der sie hatte bändigen können, während Arya hinter dem vergitterten Fenster gekauert hatte, die Hände über die Ohren gepresst, um sie nicht hören zu müssen.

Ihr bekommt sie nicht, ihr bekommt sie nicht, Arya, Arya...!

Ihre Augen brannten verräterisch und rasch fuhr sie sich mit dem Ärmel über die geschlossenen Lider.

„Mama“, flüsterte sie kaum hörbar gegen den rauen Pelz, und ärgerte sich selbst darüber, wie zittrig ihre Stimme klang. Sie musste sie finden. Sie musste ihnen helfen, Joffrey durfte nicht...

Ein kratzendes Geräusch war draußen am Türschloss zu hören und sie fuhr zusammen.

Unweigerlich richtete sie sich auf, während das Herz ihr bis zum Hals klopfte, suchte mit der freien Hand etwas, womit sie sich im Zweifel verteidigen konnte. Ihre Finger schlossen sich um den Griff eines Weinkruges. Lord Edmure schnarchte leise, wachte jedoch nicht auf.

Arya presste die Lippen zusammen und umklammerte ihre Waffe fester, huschte auf leisen bloßen Füßen zur Tür hinüber.

Der Türknauf drehte sich fast in Zeitlupe; das Schloss öffnete sich mit einem leisen Knirschen. Der Weinkrug sauste durch die Luft und traf mit einem dumpfen Geräusch auf etwas Hartes; der Eindringling sackte mit einem erstickten Fluch nach vorn auf die Knie und hielt sich mit beiden Händen den Kopf.

„Scheiße, was ist bloß falsch mit dir?!“, murmelte er mit einem Stöhnen; Arya ließ mit einem lautlosen Quietschen alle Beherrschung fallen und schlang die Arme um Gendrys Hals.

„Ich dachte, du wärst einer von denen!“, zischte sie ihm im Flüsterton zu, „Warum hast du so lange gebraucht, ich dachte du hättest mich nicht gesehen – was machst du überhaupt hier, ich dachte, du wärst bei der Bruderschaft...“

„Jaah“, murmelte Gendry ein wenig gedämpft und benommen, offenbar rang er noch mit den Nachwirkungen des Weinkruges, „Können wir das verschieben bevor die Wachen draußen ihren Rausch ausgeschlafen haben, das war nämlich echt ziemlich langwierig, die vertragen hier eine ganze Menge...“

Erst jetzt fiel Arya auf, dass er in der Tat roch, als habe man ihn in billigem Wein gebadet.

„Du stinkst“, stellte sie fest und trat einen Schritt zurück, nur um erneut gegen etwas weiches zu stoßen; beinahe hätte sie diesmal wirklich erschrocken aufgequietscht, doch Edmure legte ihr rasch die Hand über den Mund.

„Wer ist das?“, fragte er leise, aber scharf.

„Gendry Wasser, milord“, antwortete Gendry leise und ein wenig heiser, „Waffenschmied, aber bin auch ganz gut im Schlösser knacken... wollen wir dann gehen?“

Lady Roslin erwies sich als das größte Problem. Arya hatte inzwischen festgestellt, dass sie und Edmure sich offenbar überraschend gut verstanden – sie war fast schüchtern, hatte Arya mehrfach unter Tränen versichert sie habe von all dem nichts gewusst, und Arya hatte schon festgestellt, dass sie und Sansa wahrscheinlich wunderbar zurecht gekommen wären und sich den ganzen Tag über irgendwelche Strickmuster hätten unterhalten können. Dummerweise hatte sie auch ähnlich wenig Ahnung vom Schleichen wie Sansa – Arya riet ihr schließlich, ihre Stiefel einfach auszuziehen und barfuß zu gehen, um weniger Geräusche zu machen, was sie mehr als unwillig tat. Immerhin hatte Gendry daran gedacht, Arya ein Messer aus der Schmiede mitzubringen – ein kleines zwar, und es war nicht Nadel, aber besser als nichts.

Edmure war unbewaffnet – er hatte Arya das Messer abnehmen wollen, sie hatte sich geweigert und schließlich hatte er es dabei bewenden lassen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass es ihm überhaupt nicht behagte, „seine Frau und ein kleines Mädchen einem dahergelaufenen Schmied anzuvertrauen“, wie er gesagt hatte, doch Arya hatte nur die Augen verdreht und ihn darauf hingewiesen, dass er ja bleiben konnte, wenn er zu feige war. Er war nicht geblieben.

Gendry schaffte es, die Tür hinter ihnen wieder einigermaßen zu verschließen, damit es nicht sofort auffiel, dass sie nicht mehr in ihren Gemächern eingeschlossen waren; er hatte die Wahrheit gesagt, die drei, vier Wachen, die auf dem Gang postiert gewesen waren, schliefen tief und fest. Arya umklammerte ihr Messer ein wenig fester und hielt dennoch die Luft an.

„Du hältst mich für total blöd, oder“, murmelte Gendry, als Arya ihn darauf hinwies, dass es vermutlich nicht allzu klug war, die Haupttreppe zu nehmen, „Wir haben an alles gedacht...“

„Wir?“ Arya sah ihn mit großen Augen an und Gendry hob flüchtig die Schultern. „Glaubst du echt, in zwei Monaten kriegt die Bruderschaft nicht mit, dass die Robb Starks kleine Schwester an irgendeinen Frey verheiraten wollen?“, antwortete er, „Hast du gedacht, ich lass dich da sitzen oder was?“

Arya starrte ihn mit halboffenem Mund an, während ihr Herz unweigerlich ein wenig schneller schlug. „Aber du hast so lange gebraucht“, flüsterte sie während sie ihm auf die Brustwehr folgte – inzwischen bedeckten Wolken den Mond, was ihnen ein bisschen Schatten gab, „Ich dachte...“

„Jaah, ich musste halt die Burg erstmal kennen lernen“, murmelte Gendry, „Rausfinden was wo ist und so... Ruhe jetzt, sonst hört man uns...“

Sein Oberkörper und sein Gesicht verschwanden vollständig im Schatten, als sie sich an die Mauer drückten; Arya musste im ersten Augenblick den Impuls unterdrücken, nach seiner Hand zu greifen – gerade noch rechtzeitig erinnerte sie sich daran, dass sie ja wohl lange genug ohne ihn ausgekommen war.

In den wenigen Strahlen silbrigen Mondlichtes hätte man Edmure für eine Statue halten können; kein Muskel regte sich in seinem Gesicht, lediglich seine Augen huschten wachsam die Mauer entlang, und zum ersten Mal fiel Arya auf, dass er ja tatsächlich schon im Krieg gewesen war, zusammen mit Robb.

Sie wischte sich die schwitzigen Hände an ihrer Hose ab – es war immer noch die gleiche Kleidung, die Yoren ihr gegeben hatte; sie hatten ihr zwar befohlen, ein Kleid anzuziehen, aber nachdem sie den ersten, der versucht hatte, sie dazu zu zwingen, so feste in die Hand gebissen hatte, dass der noch ein paar Tage darauf einen Verband getragen hatte, hatten sie es aufgegeben. Ein wenig zögerlich griff sie dann doch nach Gendrys Ärmel, um ihn im Dunkeln nicht aus den Augen zu verlieren, als sie die Mauer entlang schlichen, still und leise wie Schatten.

Auf der anderen Seite des Walls konnte sie einen der Wachsoldaten langsam auf und ab gehen sehen; seine Schritte waren schleppend und der Enthusiasmus, mit dem er seiner Aufgabe nachging, war deutlich erkennbar.

Unweigerlich huschte sie ein wenig mehr zu Gendry und stolperte gegen ihn, als dieser stehen blieb.

„Was machst du denn?!“, zischte sie; Gendry legte ihr rasch die Hand über den Mund und sie biss ihn einem Impuls folgend in die Finger.

Gendry fluchte leise.

„Glaubst du, wir können einfach durchs Haupttor wie in Harrenhal?“, zischte er zurück, „Wir müssen warten, bis Lord Beric…“

Er unterbrach sich selbst; die Bewegungen unten im Hof waren emsiger geworden, und erst jetzt bemerkte Arya den schwachen orangefarbenen Schimmer in der Dunkelheit, der schwerlich von der Morgenröte stammen konnte.

„Was ist das?“, flüsterte sie.

„Feuer“, antwortete Gendry überflüssigerweise und sie unterdrückte den Impuls, die Augen zu verdrehen.

„Ja, aber-“

„Schnell jetzt.“ Er griff nach ihrem Arm und zog sie rasch weiter; die Flammen an der Ostmauer züngelten höher und jetzt sah Arya auch die Rauchfahne gegen den Nachthimmel. Sie erreichten das Ende der Mauer, gerade als einer der Wachsoldaten dort hinauftrat und erstarrte, als er sie sah. Es war der rothaarige Kerl, der die Tür zur Festhalle bewacht hatte.

Schlagartig fühlten Aryas Hände sich eiskalt und schwitzig an; der Soldat öffnete den Mund, um Alarm zu geben, und ohne darüber nachzudenken glitt sie hinter Gendry hervor und sprang den Mann an, das Messer, das Gendry ihr gegeben hatte, nach vorn gerichtet.

Sie stürzten beide und kugelten die Treppe hinunter; ihr Kopf schlug gegen die Stufen und ihr wurde schwarz vor Augen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  MorganMidnight
2019-01-10T17:02:02+00:00 10.01.2019 18:02
Ich bin echt begeistert!!!!!!!!!
Deine FF ist echt der Wahnsinn!!!!!!!
Wie du es schaffst meine Lieblingscharaktere nicht sterben zu lassen und es dann auch noch so realistisch ist!!!!!!!!!
Ich bewundere dich!!!!!!!!
Deine Story ist auch sehr lustig (ein halber Meter weniger Erde hätte auch gereicht)!!!!!!!!!!!!
Ich bin schon gespannt auf das nächste Kapitel!!!!!!!!!!!
Wird Sansa auch den Gnom heiraten müssen, oder erlöst du sie?
Vielleicht Renly, denn mit Loras versteht sie sich eigentlich sehr gut!!!!!!!!!
Von:  YasuDesire
2014-10-30T11:12:41+00:00 30.10.2014 12:12
Um ehrlich zu sein hab ich ab den ersten Sätzen befürchtet einen etwas unbeholfenen Prolog zu lesen, da du ziemlich oft war/waren (allgemein dass etwas "ist") benutzt hast. Umso mehr dann hingegen kam an Text, umso besser wurde es.
Du hast eine sehr angenehme Art zu beschreiben, ein wenig eigen, trotzdem punktgenau. Es ist zur Abwechslung schön anzuschauen, dass jemand sich auch mal mit der Lektüre selber zu befassen scheint :D
Bin sehr gespannt wie's weiter geht hehe.
LG Yasu
Antwort von:  BluejayPrime
30.10.2014 12:15
Danke :) Ich muss gestehen, dass ich den Prolog ursprünglich auf englisch für Tumblr geschrieben und den dann quasi nur ins deutsche übersetzt habe, ich vermute, daran liegt der teilweise etwas ruckelige Schreibstil :D Freut mich aber, dass es dann anscheinend (hoffentlich ;) ) besser geworden ist :) und dass es dir gefallen hat. Bleib mir treu :D
LG Jay
Von: abgemeldet
2014-07-17T20:54:22+00:00 17.07.2014 22:54
Hey,

ist es böse, wenn ich mir wünsche, dass sie ihn getötet hat?
Ich bin sehr gespannt, was will die Bruderschaft mit Arya und vor allem mit Edmund oder ist der einfach nur gerettet worden, weil er bei Arya war?
Gut gefallen hat mir Aryas weiche Seite, es ist einfach nur tragisch, dass Mutter und Tochter sich um Haaresbreite verpasst haben. (Wobei das im Original noch schlimmer ist.)

Liebe Grüße,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
17.07.2014 23:00
Nein, ich glaube, das ist nicht schlimm. Namenlose Redshirts/Redheads... ;D Freut mich, dass es dir gefallen hat :) <3

LG
Bluejay êe
Von: abgemeldet
2014-05-28T21:49:42+00:00 28.05.2014 23:49
Hey,

dieses Kapitel verwirrt mich. Was ist Jamies Problem und weiß Tywin von Cersei und Jamie? Weil das klingt so an und wenn er es weiß, warum tut er dann nichts dagegen? Wieso hat Joylinn keinen blassen Schimmer, warum Jamie und nicht mag und warum ist er in Königsmund? Was ist seine Rolle? Fragen über Fragen...
Ich mag das Ende, weil es Tywins Überlegenheit so schön zeigt, wobei ich mich frage, warum er ihn überhaupt hat lauschen lassen. Ansonsten ein Kapitel, das viele Fragen hinterlässt... Und obwohl es aus Joylins Perspektive ist, kann ich ihn immer noch nicht fassen, aber das wird wohl noch kommen.:)

Alles Liebe,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
28.05.2014 23:52
Keine Sorge, die Fragen sind beabsichtigt und die Verwirrung auch ;D
Was Tywin betrifft, da bin ich mir eigentlich zu 99,9 % sicher, dass er von der ganzen Sache weiß - ich kann mir schwer vorstellen, dass sowas ja immerhin jahrelang unter seinem Dach stattfindet, aber er nichts davon mitbekommen soll :3 Alles andere wird sich hoffentlich im Laufe der Story aufklären, keine Sorge ;D

LG
Jay
Von: abgemeldet
2014-05-17T08:00:48+00:00 17.05.2014 10:00
Hey,

okay, der neue Charakter ist interessant und ich frage mich, welche Rolle er noch einnehmen soll, vor allem da Jamie ihn nicht mag. Genauso gefällt es mir, dass Sansa bei dir auch ohne Kleinfinger immer mehr ihren Kopf einschaltet - sie wäre so eine gute Intrigantin. ;)
Und die Beziehung zu Tyrion ist schön, ich finde, man merkt, dass sie langsam Respekt vor ihm entwickelt und vielleicht begreift sie ja noch, wie viel Glück sie mit ihm hatte und freundet sich richtig mit ihm an.
Loras Satz am Ende ist traurig, vor allem weil Renly noch lebt... Ein Umstand, den ich bisher am wenigsten verstanden habe, wie hat er das geschafft?
Ich mag es, dass Loras und Sansa sich verstehen und sie endlich über das Schwärmen hinausgekommen ist. Eventuell kommt auch noch eine Freundschaft zu seiner Schwester? Fand es schade, dass die so schnell im Buch zerbrochen ist.

Alles Liebe,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
17.05.2014 13:11
Keine Sorge - das mit Renly weiß bisher ja noch niemand so genau, das werd ich noch entsprechend aufdröseln ;D Was die Tyrells betrifft, nun, die werden in Sansas Storyline definitiv noch eine etwas größere Rolle spielen :3
Freut mich, dass Joylin dir gefällt :D Ich hab immer direkt die Sue-Angst bei eigenen Charakteren bei mir, aber ich hab so viele Tests gemacht *hust* Aber ja, der kriegt auch noch 'ne größere Rolle. Inklusive POV. :3

LG
Jay
Von: abgemeldet
2014-05-11T09:10:42+00:00 11.05.2014 11:10
Ahh Gendry. Ich liebe die Interaktion der beiden miteinander. :)
Da bin ich ja mal gespannt, wie er sie befreit und vor allem, wie die nächste Begegnung mit dem Hund aussieht, Arya und der Hund sind einfach eine sehr interessante Kombination... Vor allem hoffe ich aber, dass sie bald auf ihren Wolf trifft, im Buch dauert das Wiedersehen ja ewig. ;)
Wobei ich sagen muss, dass ich gerne sehen würde wie Arya ihren Dickschädel gegen Edmure durchsetzt, der würde schier an ihre verzweifeln.
Was ich bei dir genauso gemein wie in den Büchern finde, da bin ich gerade gespannt, wie es bei dem Einen weitergeht und dann kommt es zum nächsten Kapitel und schon will ich dort auch wissen, wie es weitergeht.
Hoffe ja, dass du bald das Mysterium des blonden Mannes bei Sansa lüftest... Bekommt Tyrion auch eine Perspekive?
Liebe Grüße,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
11.05.2014 13:39
Heyho,
ja, ich glaube, Edmure ist schon ein bisschen verzweifelt (von der Tatsache, dass Arya seine Frau verschreckt, ganz zu schweigen) :D
Tyrions POV ist tatsächlich als nächstes geplant ^^ Aber freut mich, dass ich es schaffe, den Buch-Effekt zu erhalten êe
Von: abgemeldet
2014-05-10T07:49:20+00:00 10.05.2014 09:49
Hey,

ich freue mich über Margaerys Perpektive, sie ist toll, wobei ich sagen muss, dass ich dieses Kapitel nicht so spannend fand wie die Anderen - einfach deshalb, weil wir die Szene schon kannten und ich jetzt nicht so vieles neues erfahren habe.
Allerdings mag ich die Beziehung der beiden Geschwister sehr gerne. Sie sind toll.:)
Kennst du die Bücher eigentlich? Dort tritt Loras sofort in die Königsgrade ein, genau aus dem Grund, um Margaery zu schützen, auch vor ihrem eigenen Ehemann, der weiß, dass der beschützende Bruder immer in der Nähe ist...
Was ich mich jedoch frage, wer ist der blonde Mann bei Sansa gewesen? Den konnte ich gerade gar nicht zuordnen.
Ansonsten Brienne ist mit dabei, ich hoffe dann ja auch auf Interaktion mit Jamie und Sansa... Und vielleicht trifft sie Cat wieder, das fände ich cool. :3

Alles Liebe,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
10.05.2014 14:35
Heyho,
ja, ich kenn die Bücher :3 Aber weil ich hier ja praktisch den Serien- und Buchcanon ein bisschen miteinander vermischt habe (zum Beispiel ist Margaery bei mir wie in der Serie älter als Loras, weil ich diese Große-Schwester-Beziehung unglaublich gerne mag; kennst du die deleted scene wo er um Renly trauert?) hab ich mich dafür entschieden, es über diesen Weg zu regeln. In den Büchern hat er ja leider nie eine POV, sodass man von ihm mal tatsächliche Gedanken über seinen Eintritt in die Königsgarde hören könnte (wenn man eben davon absieht, dass er Margaery beschützen will, aber ich denke mir, dass er wegen der ganzen Sache mit Renly schon ziemlich im Zwiespalt gewesen sein muss) :3
Keine Sorge, den Neuzugang bei Sansa und Tyrion kannst du auch noch nicht kennen, das kommt in einem der weiteren Kapitel ;D

LG
Bluejay~ :D
Von: abgemeldet
2014-05-09T08:52:21+00:00 09.05.2014 10:52
Hey,

ich muss sagen, ich liebe diese Geschichte, allein deswegen weil du einige Charaktere überleben lässt und ihnen dafür eine andere spannende Geschichte gibst. Das Theon jetzt wieder auf Robb stößt, freut mich ungemein, ich habe mich die ganze Zeit im Buch gefragt, wie das wohl aussehen würde, immerhin hat Theon seinen besten Freund verraten.
Wobei ich erst dachte, dass es Arya wäre, die ihnen gefolgt ist - das wäre auch cool gewesen, so richtig schön badass, vor allem hätte ich dann das Verhalten des Hundes verstanden, das ist mir in diesem Kapitel ein wenig unklar.
Auf jeden Fall eine spannende Geschichte und ich freue mich darauf sie weiterzulesen. :)

Alles Liebe,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
09.05.2014 12:07
Heyho, freut mich dass es dir gefällt! :D
Keine Sorge, Sandors Verhalten wird noch ein bisschen näher beleuchtet, Robb und Cat sind ja genauso verwirrt (das ist das Problem, wenn man nur eine POV hat; daran musste ich mich schreibtechnisch auch erst gewöhnen). ^^ Die sind ja davon ausgegangen, er würde sie tatsächlich nach King's Landing bringen wollen.
Das nächste Kapitel ist auch schon in der Freischalte êe


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