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Fünfzig-Pfund-Kraniche

von
Koautor:  Seki

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Teil 1: Astraler Einbruch

Die weihnachtlich geschmückte Innenstadt lag verlassen im frühen Morgenlicht, als Joanne vor der Zentralbank vorfuhr. Sie wusste nicht, was Officer Richards von ihr wollte, doch da es früher Morgen war und hatte zu einer Bank kommen sollen, war die Liste klein. Die Bank öffnete offiziell erst um zehn, also gab es zwei Möglichkeiten: Entweder, man hatte in der Bank oder bei der Bank eine Leiche gefunden, oder jemand hatte eingebrochen. Und da die Special Devision von Scotland Yard beteiligt war und man sie dazu gerufen hatte, war etwas an der Leiche oder an dem Einbruch seltsam – möglicher Weise magisch.

Sie nahm ihren Kaffee aus dem Tassenhalter zu ihrer Linken, rückte die Jacke zurecht und stieg aus. Es war frisch. Über Nacht hatte es geschneit und ihre Atemluft kondensierte über ihrem Mund.

Joanne war vierzig, auch wenn man ihr das Alter nicht ansah. Ihr blondes Haar war kurz geschoren, ihre blaugrauen Augen wirkten kühl und berechnend. Für eine Frau war sie ungewöhnlich groß und kräftig, verfügte kaum über weibliche Rundungen, auch wenn man dank der weiten Lederjacke davon wenig sah.

Zwei Polizeiwagen standen zusammen mit einem schwarzen Kombi mit verdunkelten Fenstern, der wohl zur Special Devision gehörte.

Ein Polizist, ein dunkelhäutiger Mann mit müdem Gesicht, stand vor der Schiebetür, die in die Bank führte und sah sie an. Noch bevor er etwas sagen konnte, fischte sie ihren Einsatzausweis heraus. Eine einfache Plastikkarte, die sie als Konsultantin der Polizei auswies.

„Seargent Richards hat mich herbestellt“, sagte sie, noch bevor der Mann fragen konnte.

Der Mann nickte. Er hob die Hand, um ein Gähnen zu verbergen und zeigte in das Gebäude. „Mrs. Anderson, ja?“, fragte er, als er es endlich schaffte, das Gähnen zu unterdrücken.

Sie nickte stumm und folgte dem Fingerzeig ins Gebäude.

Die Bank war alt. Eine der ältesten Liverpools. Auch wenn der Vorraum modern eingerichtet war, mit Geldautomaten und Kontoauszugsmaschinen in dafür vorgesehenen Wandkuhlen, so war die Haupthalle noch alt. Sandstein, über den man Teppich gelegt hatte, formte den Boden. Die Beratungsplätze waren noch immer mit verzierten Holzwänden getrennt. Es wirkte wie ein altes Filmset, auch wenn man an jedem Arbeitsplatz Computer sehen konnte. Der Wandel der Zeit war unaufhaltsam – zumindest aus der Sicht der Menschen.

Sie sah sich um, konnte Richards nicht sehen, sehr wohl aber zwei weitere Polizisten, die an der Tür am anderen Ende des Raums waren, wo ein Portal wahrscheinlich zu den Safes führte.

Mit langen Schritten ging sie zu ihnen hinüber.

Beide hoben den Kopf, doch erneut kam Joanne ihnen voraus: „Joanne Anderson. Seargent Richards hat mich herbestellt.“

„Er ist unten. Bei den Safes“, meinte eine junge Polizistin, nicht älter als fünfundzwanzig.

Joanne nickte. „Danke.“ Damit ging sie zwischen den beiden hindurch und eine breite, alte Treppe hinab, die in den Keller führte. Hier fanden sich fraglos die Safes und ganz offenbar – wie sie feststellte – ebenfalls ein Tresor. Dabei hatten die wenigsten Banken mit Kundenverkehr noch lokale Geldvorräte.

Bereits auf dem Weg nach unten hörte sie die Stimmen zweier Männer in gemäßigter Diskussion. Die eine – eine dröhnende, tiefe Stimme – klang amüsiert, die andere – eine etwas brüchigere Stimme – verärgert.

Seargant Richards, ein Mann Anfang fünfzig mit licht gewordenem grauen Haar, stand hier. Er trug wie immer einen dunklen Trenchcoat, ausgewaschene Jeans und festes Schuhwerk. Er leitete die örtliche Niederlassung der Special Devision, auch wenn er selbst keinerlei magische Begabung hatte. Doch das konnte man so über die meisten seiner Kollegen sagen.

Er stand bei einem groß gewachsenen hageren Mann, der kurz vor seiner Pensionierung zu stehen schien und ein längliches, humorloses Gesicht hatte. Seine Augenbrauen waren buschig gewachsen, sein Schädel beinahe kahl. Er trug ein Hemd mit Krawatte, dazu eine dunkelgraue Anzugshose. „Und ich sage Ihnen, dass es ein schlechter Scherz ist“, empörte er sich, als Joanne näher kam.

Richards schien amüsiert. Also war es kein Mordfall.

„Wenn Sie das wirklich glauben würden, dann hätten sie uns wohl kaum endlich angerufen“, meinte Richards und winkte sie zu sich hinüber.

Der andere Mann drückte seine Lippen aufeinander, bis sie zu einem einzigen dünnen Strich zu verschmelzen schienen. „Nun, was machen Sie jetzt damit?“

„Das werden wir sehen, mein Guter.“ Er zwinkerte. „Es fehlt ja nichts, oder?“

Der dünne Strich zitterte.

„Darf ich Ihnen unsere Konsultantin Vorstellen?“, meinte Richards übergangslos. „Mrs. Anderson. Sie betreibt eine private Sicherheitsfirma und Detektei, die sich auf solche seltsamen Fälle spezialisiert hat.“ Er nickte ihr zu und zeigte dann auf den Herrn. „Joanne, das ist Mr. Blackburn, der Inhaber dieser Filiale.“

Sie streckte ihm die Hand mit einem zynischen Lächeln entgegen. „Freut mich, Mr. Blackburn.“

„Ja“, war die einzige Antwort, die er hervorbrachte, als er ihre Hand ergriff. Er fühlte sich nicht ernst genommen.

„Also, Owen, worum geht's?“ Sie wandte sich dem Seargent zu, der bis vor zwei Jahren ihr Vorgesetzter gewesen war.

Owen Richards wirkte noch immer sehr amüsiert. Seine Stimme klang, als müsse er ein Lachen unterdrücken. „Nun, eigentlich ist es eine recht interessante Geschichte. Wenn du mitkommen würdest?“ Er wandte sich von Mr. Blackburn ab und ging zu der dunklen Tür hinüber, die fraglos zum Tresorraum führte.

Wie zur heutigen Zeit üblich, war dieser gleich dreifach geschützt: Durch die Tür, die die Treppe vom oberen Bereich der Bank abtrennte, eine weitere Feuerschutztür am Eingang des Kellers, und diese dunkle Doppeltür, bei der es sich um eine moderne Sicherheitstür handelte. Dahinter lag der Vorraum, in der man die eigentliche Tresortür fand.

Kurzum: Der Tresor selbst war lächerlich gut geschützt.

Hier im Raum waren drei weitere Polizisten, die Spurensicherung betrieben. Zwei missmutig wirkende Sicherheitskräfte der Bank beobachteten sie dabei.

Als Owen und Joanne den Raum betraten, sahen die Sicherheitskräfte gleich noch etwas unglücklicher aus, doch einer von ihnen ging zum Tresor, als Blackburn hinter ihnen den Raum betrat und nickte.

Die schwere Tresortür wurde geöffnet und gab damit den Blick auf ein interessantes Bild frei.

Im Tresor befanden sich Schließfächer, wie es üblich war. Ein gutes Drittel der Schließfächer stand offen. Aus manchen hingen Gold- oder Perlenketten. Andere Inhalte waren auf dem Boden gelandet. Auf dem Tisch in der Mitte des Raums lag ein juwelenbesetztes Smartphone. Das war jedoch nicht der skurrile Teil. Denn zwischen all den ausgeräumten Wertgegenständen auf dem Boden und bei dem teuren Smartphone lagen kleine Formen. Papierkraniche, wie Joanne erkannte. Zumindest sah es aus, als hätte derjenige, der die stark eingedellten Formen gefaltet hatte, versucht, Papierkraniche zu falten. Gelungen war es nur teilweise. Die Kraniche, die auf dem Tisch standen, waren als solche zu erkennen, doch andere Papierstücke, die auf dem Boden um den Tisch herum lagen, ließen den Versuch des Faltens bloß erahnen.

Das verwendete Papier ließ es noch seltsamer wirken: Es waren Geldscheine.

Joanne zog sich Latexhandschuhe über und hob einen der Kraniche auf, der offenbar aus einer Hundert-Dollar-Note gefaltet worden war. Seinesgleichen fanden sich daneben. Andere waren aus Fünfzig-Pfund-Noten entstanden. Fünfzig-Pfund-Kraniche? Sie musste leicht grinsen.

Mr. Blackburn räusperte sich. „So haben wir es heute morgen vorgefunden.“

„Es hat aber nichts gefehlt, korrekt?“, fragte Owen. Er wusste es offenbar bereits, fragte nur noch einmal für sie.

„Ja“, presste der Bankdirektor hervor. „Es hat nichts gefehlt.“ Er räusperte sich. „Genau so wenig, wie in den letzten beiden Nächten.“

Joanne drehte sich zu ihm um. „Die letzten beiden Nächte?“

„Das ist eine lustige Geschichte, Joanne“, erwiderte Owen. „Der gute Mr. Blackburn sagte nämlich, dass es bereits zwei Einbrüche gegeben hat, aber da nichts gefehlt hat, hat man darauf verzichtet, die Polizei zu rufen.“

Um den guten Ruf der Bank zu bewahren, ergänzte Joanne gedanklich.

Blackburn sagte nichts dergleichen, räusperte sich nur. „Wir sahen kein Grund zur Besorgnis. Wir gingen davon aus, dass einer unsere Angestellten sich einen Scherz erlaubt hat. Eventuell als Reaktion auf den neuen Gehaltsplan.“ Die letzten Worte murmelte er.

Joanne musterte ihn. Sie konnte ihn nicht leiden und er hielt von ihnen genau so wenig. Sie konnte sich die meisten Fragen, die ihr in den Sinn kamen, bereits selbst beantworten. Dennoch holte sie kurz eine Bestätigung ein. „Und es gibt keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens?“

„Ja“, krächzte der Bankdirektor. „Keine.“

„Wer hätte normal Zugang zum Tresor?“, fragte sie.

„Ich, mein Stellvertreter Mr. Johanson, Erik Fuller, Morgan Brady und Courtney Lamb. Aber selbst von uns hat nur Zugriff auf manche der Schließfächer.“ Natürlich. Einige Kunden, die Schließfächer gemietet hatten, bestanden darauf, alle Schlüssel und Kopien zu behalten.

Joannes Blick wanderte die Decke des Tresorraums entlang. Sie erkannte insgesamt vier Überwachungskameras, die alle Ecken beleuchteten. „Was zeigen die Überwachungsvideos?“

„Nichts“, antwortete der Mann. „Gar nichts. Die Kameras sind in allen drei vergangenen Nächten ausgefallen.“

Aha. Ja, es wurde langsam klar, warum die Special Devision an diesem Fall arbeitete. Und auch, warum sie hergerufen worden war, denn das klang ganz nach einem magischen Eindringling. Sie tauschte Blicke mit Owen. „Kann ich die Videos dennoch sehen?“

Blackburn gab einen unzufriedenen Laut von sich, der an eine verstimmte Katze erinnerte. „Ja. Kommen Sie mit.“

Und so folgten sie und Owen dem Direktor zwei Treppen empor in ein Büro. Ein Sicherheitsbüro, wie sie es aus ihrer frühen Karriere noch gut kannte.

Ein Mitarbeiter der Banksicherheit saß hier in seinem Stuhl und wirkte so gelangweilt, wie Sicherheitsbedienstete auf Monitordienst es meistens waren. Er sah missmutig in seinen Kaffee, setzte sich dann aber gerade hin, als Blackburn in den Raum kam.

„Zeigen Sie den beiden bitte die Videos von der letzten Nacht, Mr. Fox“, meinte Blackburn.

„Sicher, Sir“, erwiderte der Mann, der einen dichten Schnauzbart trug, und begann auf seinem Hauptbildschirm zu klicken.

Mr. Blackburn blieb bei der Tür stehen. „Kann ich Sie vorerst mit Mr. Fox allein lassen?“

Owen lächelte freundlich. „Natürlich, Mr. Blackburn.“

Der Bankdirektor nickte und ging – wortlos.

Joanne lehnte sich an die Wand und nippte an ihrem Thermosbecher. Sie wartete, dass Mr. Fox die Videos eingelegt hatte, und sah dann zu den vier Bildschirmen, zu denen er gestikulierte.

„Viel gibt es nicht zu sehen“, meinte er mit einem Seufzen. Er stellte die Videos alle gleichzeitig an. Sie liefen auf zehnfacher Geschwindigkeit.

Ein Timer in der unteren Ecke verriet, dass das aktuelle Bild, das einen verlassenen Raum zeigte, um kurz nach acht am Vorabend aufgenommen wurde. Der Timer tickte voran, bis er schließlich zwanzig nach acht erreichte. Zu diesem Zeitpunkt begann das Bild erst zu rauschen, ehe es gänzlich Schneegestöber wich.

Der Sicherheitsbeamte seufzte und stellte die Geschwindigkeit schneller. „So geht das dann bis kurz nach sechs“, kommentierte er.

Sie sahen auf die vier rauschenden Bildschirme, die seine Worte bestätigten. Die Timer rasten voran. Das Datum änderte sich. Doch erst, als die Uhrzeit viertel nach sechs erreichte, wich das Schneegestöber einem verrauschten Bild, das sich schließlich langsam stabilisierte.

Der Raum war so chaotisch, inklusive Fünfzig-Pfund-Kraniche, wie sie ihn zuvor auch vorgefunden hatte.

„Was ist mit den Kameras vom Vorraum?“, fragte Joanne, als der Sicherheitsbedienstete das Bild anhielt und mit den Schultern zuckte.

„Nichts besonderes. Man sieht kurz ein Rauschen, aber dann ist alles normal.“ Er rief das Video auf einem Bildschirm auf, um es ihnen zu zeigen. Und tatsächlich: Um Zwanzig nach acht rauschte das Bild für einige Sekunden, stabilisierte sich dann jedoch wieder und blieb offenbar normal. „Bis kurz nach sechs“, meinte Mr. Fox

Natürlich.

Sie wechselte einen Blick mit Owen. Sicherlich könnte sie sich auch die Videos der vergangenen Nächte ansehen, doch ahnte sie sehr wohl, was hier vor sich ging. Mehr musste sie nicht wissen.

„Vielen Dank“, meinte Owen freundlich zu dem Sicherheitsbediensteten. Damit machte er einen Schritt in Richtung der Tür des kleinen, schmalen Büros, das dank der vielen Rechner stickig roch.

Joanne folgte ihm und gemeinsam gingen sie in den Flur hinaus.

„Musst du das Ding mit dir rumschleppen?“, fragte Owen, als sie draußen waren, und sah neidisch zu ihrem Kaffeebecher.

„Du solltest dir selbst eins kaufen“, meinte sie süffisant. „Aber mich bekommst du um die Zeit garantiert nicht ohne Kaffee aus dem Haus.“

„Dann bring mir das nächste Mal welchen mit“, grummelte er.

„Wenn du lieb Bitte sagst, dann denke ich drüber nach.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Du bist Amy übrigens noch etwas schuldig. Ich hatte ihr eigentlich versprochen, bis Montag daheim zu bleiben.“

„Ich habe keinen Magier bekommen“, erwiderte er. „Und … Nun, du siehst es ja.“

„Sag es Amy, nicht mir.“ Ihre Tochter hatte auf ihre übliche Art und Weise geschmollt, als Joanne sie zu Jack gebracht hatte. Immerhin hatte sie ihr erst beim Frühstück versprochen, mit ihr Cartoons zu schauen.

„Ach je“, murmelte er. „Nun. Wie dem auch sei. Was meinst du? Geist?“

Technisch gesehen sah sie drei Möglichkeiten: Ein Geist, wahrscheinlich ein Poltergeist. Irgendeine Art von Fae oder Dämon. Oder etwas mächtigeres. Geister und Poltergeister konnten willentlich die Technologie manipulieren. Bei mächtigen magischen Wesen gab es teilweise durch ihre reine Anwesenheit Interferenzen. Eine Sache, die sie im Tresorraum gesehen hatte, ließ sie jedoch zu einer der Möglichkeiten tendieren: „Ich glaube nicht, dass es ein Geist war. Eher etwas physisches. Da waren kleine Fingerabdrücke auf dem Handy.“

„Also eine Fee?“, meinte Owen.

„Irgendeine Art von Fae. Fee. Pixie. Puck. So etwas in der Art.“

Owen nickte. „Nun …“ Er sprach es nicht aus, doch sie wusste, was er meinte: Es hatte einen Grund warum er sie herbestellt hatte und dieser Grund war nicht, dass er ihr Weihnachtsgeld erhöhen wollte. Es mochte ein Grund gewesen sein, war aber nicht der Hauptgrund.

„Wo sind die Toiletten?“, fragte sie.

„Die Mitarbeitertoiletten findest du den Gang hinab“, meinte er. „Die Damentoilette hat sehr große Spiegel.“

„Wunderbar“, erwiderte sie. „Wundere dich nicht, wenn ich für eine Stunde bleibe.“

„Sicher. Ich rede noch einmal mit Blackburn, um herauszufinden, ob sie irgendetwas getan haben, um das kleine Volk zu verärgern.“

Joanne lächelte ihn mitleidig an. Die Fragen würden interessant ausfallen. Immerhin schätzte sie Blackburn nicht als jemanden ein, der einer Frage nach verkohltem Brot oder vergorener Milch viel Sinn beimessen würde. Der alte Banker würde nicht einmal wissen, wer die Special Devision überhaupt war. „Viel Spaß.“

„Dir auch“, murmelte Owen spitzt und sah ihr nach, als sie den Gang hinab ging.

Der Gang wirkte weniger klassisch, so wie die Halle unten. Viel eher wirkte er wie ein Gang in einem modernen Bürogebäude und ließ sie sicher sein, dass abseits des Erdgeschoss ein Großteil des Gebäudeinneren schon vor längerer Zeit komplett erneuert worden war. Die Wände waren weiß gestrichen. Dunkler Teppich lag auf dem Boden. Die Türen waren weiß und unterschieden sich nur durch die Namensschilder neben dem Rahmen.

Doch sie fand was sie suchte: Das WC am Ende des Flurs. Die letzte Tür auf der rechten Seite beherbergte das Damenklo.

Sie öffnete die Tür und atmete erleichtert auf, als sie feststellte, alleine hier zu sein. Das machte einiges einfacher.

Zu ihrer linken waren die Waschbecken. Zwei flache Becken, die in dunklen Stein gemeißelt und mit Edelstahlamaturen bestückt waren. Viel wichtiger aber: Hinter den Waschbecken lag ein großer Spiegel – etwa eineinhalb Meter hoch und vielleicht eins-zwanzig breit. Groß genug, als dass sie bequem würde hindurch gehen können.

Kurz lauschte sie, um sicher zu gehen, dass niemand zur Toilette ging, dann kletterte sie auf die steinerne Oberfläche, die sie dankbarer Weise trug.

Sie stellte sich auf, auch wenn sie sich etwas ducken musste, da die Decke tief hing. Dann konzentrierte sie sich. Sie schloss die Augen und erspürte die magische Energie, die ihrer Umgebung inne lag. Sie konnte den Geist des Gebäudes selbst spüren. Ein alter, müder Geist. Wahrscheinlich würde es sich lohnen, mit ihm zu sprechen. Nun aber streckte sie die Hand aus, um die glatte Oberfläche des Spiegels zu berühren, die sich unter ihren Fingern in eine eisige Flüssigkeit zu verwandeln schien. Sie streckte die Hand hindurch, ehe sie einen Schritt nach vorne machte und mit dem Fuß beinahe im Waschbecken landete.

Sie öffnete die Augen und fand sich im Astralraum wieder. Jener geisterhaften Spiegelung er physischen Welt, die man durch Spiegel am einfachsten erreichen konnte.

Der Astralraum sah nicht viel anders aus, als der physische Raum auch. Sie stand im selben kagen Toilettenvorraum, den sie eben auch verlassen hatte. Dennoch wirkte alles etwas anders. Hier gab es keine leuchtenden Deckenlampen. Viel eher schienen es die Wände selbst zu sein, von denen das Licht ausging. Auch schienen sie, wenn man genauer hinsah, nicht gänzlich fest zu sein. Man konnte durch sie hindurchsehen, selbst wenn die Räume jenseits der Wände verschwommen wirkten.

Es reichte jedoch um die Lichter, die von lebenden Personen ausgingen, die sich dort in den Büros langweilten, irgendwelche Dokumente bearbeiteten und taten, was auch immer Bankmitarbeiter ihre Arbeit nannten. Das sollte sie nicht interessieren.

Viel eher suchte sie Zeugen, die ihr sagen konnten, was in der vergangenen Nacht hier passiert war.

Dankbarer Weise war das Gebäude alt, weshalb sie beinahe sicher war, dass sie ein paar Geister würde finden können, die sich hier herumtrieben und vielleicht auch in der vergangenen Nacht hier gewesen waren.

Also verließ sie das WC, trat auf den Flur hinaus. Wenn sie geisterhafte Zeugen suchte, so waren diese wohl eher im Erdgeschoss anzutreffen. Also machte sie sich auf den Weg zur Treppe und fand sich bald in der Eingangshalle wieder. Diese noch immer leer. Die Bank würde bis auf weiteres geschlossen bleiben. Es gab allein in einem halben Kilometer Umkreis zwei weitere Filialen. Es würde den meisten Leuten wohl wenig Mühe machen.

Ganz verlassen war die Halle jedoch nicht, denn hinter einem der Beratungsplätze stand der Geist einer älteren, müde wirkenden Frau. Im Astralraum war es schwer zu erkennen, welche Farbe ihr Haar einmal gehabt hatte, doch sie hatte es zu einem Knoten gebunden. Sie schien ein Papier, das neben einer Maschine lag genauer zu begutachten.

„Hallo?“, fragte Joanne und ging zu ihr hinüber.

Die Geisterfrau sah auf und hob eine Augenbraue. „Oh, hallo.“ Sie sah sich verwirrt um. „Sie können mich sehen? Oh, sie sind hier?“ Sie betonte das hier auf eine Art, die klar machte, dass sie den Astralraum meinte.

„Ja“, erwiderte Joanne. „Ich arbeite für die Polizei und suche Zeugen.“

„Wegen dem kleinen Wicht, der letzte Nacht im Tresorraum war?“, schloss die Frau. Sie setzte eine Brille auf, als würde sie diese brauchen.

Joanne nickte. „Genau. Haben Sie ihn gesehen?“

Die Frau lächelte wissend. „Oh, ja, gesehen habe ich ihn. Kurz. Ganz kurz nur. So ein kleiner Wicht.“ Sie gestikulierte knappe fünfzehn Zentimeter mit den Händen. „Ist hier durchgehuscht und nach unten.“

„Hier? Durch den Eingangsraum?“, fragte Joanne.

„Ja, sehr wohl“, meinte die Frau. „Habe nicht gesehen, wie er reingekommen ist.“

Wäre ja auch zu schön gewesen. „Können Sie ihn genauer beschreiben?“

„Na ja, klein war er halt.“ Die Frau zuckte mit den Schultern. „Ich habe ihn nur kurz gesehen, als ich hier etwas aufgeräumt habe. Der ist an mir vorbei geschossen und war dann auch schon wieder weg. Mehr kann ich nicht sagen, fürchte ich.“

Joanne verkniff sich ein Seufzen. „Schon gut.“ Sie zögerte. „Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich den Geist des Hauses finde? Er könnte vielleicht mehr wissen.“

„Oh. Der Alte.“ Die Frau verdrehte die Augen. „Ja, sicher, der ist ganz oben. Aber glauben Sie nicht, dass er viel weiß. Er ist nur ein alter Griesgram.“

„Ich werde dennoch mit ihm reden.“ Joanne lächelte. „Vielen Dank.“

Wieder ging sie die Treppe hoch. Dieses Mal bis in das zweite und damit oberste Geschoss des alten Gebäudes. Wo sollte sie hier den Geist finden? Sie sah sich um. Ja, wo?

Wahrscheinlich dort, wo eigentlich Mr. Blackburns Büro war, schloss sie. Am Ende des Gangs? Es war einen Versuch wert. Sie folgte dem Gang bis zum Ende und fand eine Tür, deren Beschriftung im Astralraum nicht auszumachen war. Sie konnte dahinter jedoch den hellen Schein einer magischen Kreatur erkennen. Sie war richtig.

Mit einem Räuspern klopfte sie und sah das helle Schimmern näher kommen, um die Tür zu öffnen. Ein alter Mann mit einem länglichem Kinnbart und einer dünnen Brille sah sie an. Er trug einen alten Anzug, wie er heute nur auf Steampunk-Conventions zu sehen war, mit einem langen Jacket. „Ja, bitte?“, fragte er in einem Dialekt, den man hätte aus Queen Victorias Zeiten erwarten können.

Hielt er sich für einen menschlichen Geist? War er vielleicht sogar ein menschlicher Geist? Es wäre nicht gänzlich unbekannt, dass ein Architekt oder ein Teil dessen Geistes in einem von ihm entworfenem Gebäude als Patron verblieb. „Sie sind der Geist des Gebäudes“, schloss sie sachlich.

„Ja, sehr wohl“, erwiderte der Geist. „Und mit wem habe ich die Ehre?“

„Joanne Anderson, ich arbeite für die Polizei“, antwortete sie förmlich.

„Können Sie das auch beweisen?“ Der Geist sah sie misstrauisch an.

Sie holte ihre Dienstkarte aus der Jackentasche hervor, froh, ihre Kleidung an sich gebunden zu haben. „Natürlich, Sir.“ Sie zeigte ihm die Plastikkarte, die ihr auch zuvor schon Einlass gewehrt hatte und die im Astralraum leicht bläulich glühte.

Der Geist nahm sie ihr ab und studierte sie für einen Moment. „Sehr wohl, sehr wohl.“ Er räusperte sich. „Das scheint ja seine Richtigkeit zu haben. Wieso wollten Sie mit mir sprechen?“

„Die Einbrüche der letzten Nächte.“

Der Geist ließ ein frustriertes Stöhnen hören. „Ach, erinnern Sie mich nicht daran. Es ist eine Schande, ist das!“

Joanne schwieg.

„Sehen Sie doch nur. Diese Menschen, die hier arbeiten, haben keinerlei Ahnung. Haben diese Pfade nicht gesichert. Furchtbar.“

Joanne nickte – bemüht verständnisvoll. „Ich verstehe Ihren Ärger. Deswegen bin ich ja hier.“

„Sehr spät, möchte ich anmerken“, grummelte der Geist.

„Ich weiß, ich weiß.“ Am liebsten hätte sie ihn bei der Schulter gegriffen. Sie beherrschte sich jedoch und wartete seinen Ärger nur ab.

„Dieser Blackburn kriegt gar nichts auf die Reihe“, murmelte der Geist. „Aber gut. Sie sind hier. Mehr kann ich wohl nicht erwarten.“

Kurz wartete sie, ob noch weitere Beschwerden folgten. Dann räusperte sie sich. „Was können Sie mir über den Einbrecher sagen?“

„Der Einbrecher? Ein ganz kleiner Wicht war das. Roch dreckig. Nach Erde oder so etwas.“

Also ein Fae der Erde. „Wissen Sie, wie er reingekommen ist?“

Der Geist des Hauses verschränkte die Arme und musterte sie mit hochgezogenen Lippen. Ihm schien das Thema gar nicht zu behagen.

Als er nach einigen Sekunden nichts gesagt hatte, half sie nach. „Sehen Sie, alles was Sie mir erzählen bleibt unter uns. Die Allgemeinheit wird es nicht erfahren.“ Nicht das irgendjemand glauben würde, dass ein Feenwesen den wachsamen Augen eines geisterhaften Gebäudewächters entkommen war. „Wir können einen weiteren Einbruch effizienter verhindern, wenn Sie mir erzählen, was geschehen ist.“

Scharf zog der Geist die astrale Luft ein. Dann seufzte er schwer. „Sehr wohl“, meinte er spitz. „Sehr wohl. Kommen Sie mit.“ Dann ging er mit langen Schritten an ihr vorbei. Gemeinsam gingen sie zur Treppe, runter in den Keller, der im Astralraum ein gänzlich anderes Bild bot.

Die Umrisse der eigentlichen modernen Wände waren zu erahnen, doch waren sie kaum mehr als ein blasser Schatten, der ganz anderen Strukturen gewichen war: Einer alten, gesicherten Tür in einem Raum, der vorrangig von Gitterstäben geschützt wurde. Kurzum: Das, was vor vierhundert Jahren vielleicht einmal als Sicherheit gedient hatte.

Doch wieso? Genug Leute kamen hierher, sahen all die moderne Sicherheit und ihre Gedanken, ihre Wahrnehmung der Sicherheit formte das heutige Bild im Astralraum. Es sah sicher nicht so aus.

„Der kleine Wicht hat die Wände an die gute alte Zeit erinnert“, grummelte der Geist des Gebäudes. „Ich konnte nichts dagegen tun.“

Joanne runzelte die Stirn. Der Fae war fähig gewesen, den Ort selbst – ohne Einfluss auf den Patron zu nehmen – daran zu erinnern, wie er einmal ausgesehen hatte? Das war höhere Magie. Aber es erklärte, wie er in den Tresorraum gekommen war.

„Was ist mit dem Gebäude selbst? Hat er dort dasselbe gemacht?“, fragte sie.

Der Geist seufzte schwer. „Nein. Schlimmer.“ Er wandte sich von dem Trauerspiel der alten Sicherheitsvorkehrungen ab und ging die Treppe hinauf. Oben angekommen ging er in die Haupthalle hinein, wo der Geist der alten Dame ihm missmutig zunickte.

Er ging zur nördlichen Wand des Gebäudes und hob ein hölzernes Regal an, setzte es zur Seite. „Da.“ Er zeigte anschuldigend auf ein etwa fünfzehn mal zehn Zentimeter großes Loch in der Wand, das beinahe aussah wie ein Tunnel.

Der Fae hatte sich also durch die äußere Wand gearbeitet, die – anders als die inneren Wände – auch im Astralraum solide war und keinen Weg nach außen ließ.

„Und, was machen Sie daraus?“, fragte der Geist.

„Wir haben es mit jemanden mit handwerklichem Geschick zu tun“, erwiderte Joanne und besah sich das Loch genauer. Es wirkte, als hätte sich jemand mit Hammer und Meißel durch die Wand gearbeitet. Wie auch immer der Fae das geschafft hatte. Und warum? „Ich werde mir das ganze genauer ansehen“, versprach sie dann. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich auf eine bekannte, warme Energie. „Pukk?“, rief sie dann.

Die Energie kam auf sie zugeschossen, war wenige Sekunden später bei ihr und hatte die Gestalt eines kleinen, jugendlich wirkenden Mannes – fast noch ein Kind – der an einen eingeborenen Amerikaner erinnerte. „Sehr wohl, Chefin! Was kann ich für dich tun?“

Der kleine Geist hatte ihr vor einigen Jahren Treue geschworen und befasste sich seither meistens damit, ihren Kaffee zu wärmen. Er freute sich jedoch über jede Hilfe, die er bieten konnte.

„Dreh dich um“, meinte sie sanft.

Er tat, wie ihm geheißen und stand vor dem Tunnel, der genau die richtige Größe für ihn hatte. „Bei Whope!“, rief er aus. „Wer hat das denn gemacht?“

„Jemand, der Ihnen sehr ähnlich sieht“, murmelte der Patron.

„Ich garantiere Ihnen, dass es Pukk nicht war“, meinte Joanne gutmütig. „Aber er wird mir helfen, den eigentlichen Täter zu finden.“

„Natürlich werde ich das!“, versicherte der kleine Feuergeist mit Begeisterung.

„Kannst du dem Gang bitte folgen und am anderen Ende auf mich warten?“, fragte sie. Immerhin konnte sie auch im Astralraum nicht durch einen so schmalen Durchgang kriechen. Sie würde außen um das Gebäude gehen müssen.

„Natürlich, Chefin!“ Er salutierte, hielt dann aber inne. „Du weißt schon, dass es draußen schneit, ja?“

„Ich werde ganz schnell da sein“, versprach sie, woraufhin er entschlossen nickte.

Und so ging Joanne durch die Eingangshalle zur Ausgangstür, verließ das Gebäude durch den Vorraum und ging draußen durch den Schnee, der im Astralraum keine Feuchtigkeit brachte, sondern viel eher die Idee der Kälte und das Versprechen von Schneeballschlachten.

Sie fand Pukk schon sehr bald vor einem zur Seite gerollten Stein stehen, die Arme verschränkt. „Hierhin führt der geheime Pfad, Chefin.“

Sie kniete sich hin und besah die Außenwand, wo sich ein Loch in ähnlichen Abmessungen am Boden befand.

Hier war der Eindringling also rein und raus gekommen. Er musste durchaus Kräfte haben, wenn er die Wand so hatte durchdringen können, von dem Trick im Tresorraum ganz zu schweigen. Wahrscheinlich waren seine Kräfte jedoch rein auf die Umgebung bezogen, wie es bei vielen Fay war.

Sie kniete sich hin und bot Pukk eine Hand an, damit er auf ihre Schulter klettern konnte und in ihrer Wärme ein wenig vor der astralen Repräsentation des Schnees geschützt war. Dann schloss sie die Augen und versuchte die Magie des Eindringlings zu erspüren. Er war hier mehrfach durchgekommen, hatte einige Energie darauf aufgewendet, den Durchgang zu schaffen. Vielleicht hatte er so eine Spur hinterlassen.

Das Schlurfen eines Strohhalms in einem halbleeren Getränkebechers riss sie jedoch aus ihrer Konzentration. Sie sah auf.

Ein Mann stand neben ihr. Groß gewachsen. Abstehendes Haar. Kurze Daumen. Mit dem Gesicht eines asiatischen Affen und einem dazu passenden Schwanz. Gekleidet in eine buddhistische Mönchsrobe, aber mit einer Sonnenbrille auf der dicken Affennase. In der Hand hielt er einen Getränkebecher, der offenbar einem McDonalds entstammte.

„Da war jemand sehr entschlossen“, kommentierte der Affenkönig.

Er musste sich gelangweilt haben, dass er bei einer solchen Sache herkam. Normal war er erst dann bei ihr, wenn sie in einen Kampf verwickelt war. Oder, wenn er eine Aufgabe für sie hatte.

Sie seufzte. „Das kann man wohl sagen. Ich nehme an, es war ein Fae.“

„Ja, das könnte gut sein“, stimmte der Affenkönig zu.

„Und was machst du hier?“

„Langeweile“, bestätigte er ihre Vermutung. Er drückte ihr den Becher in die Hand, machte einen Handstand und besah sich das Loch aus dieser Perspektive. Er legte den Kopf schief und lief dann – auf den Händen – etwas in Richtung der im Astralraum praktisch leeren Straße. „Da schau mal einer an.“

„Was?“, fragte sie.

Er sah sie schweigend an. „Schau selbst!“

Sie verdrehte die Augen. Von allen Schutzgeistern hatte sie den Clown erwischen müssen. Doch sie sah zu Boden, da, wo er langgegangen war und konnte tatsächlich etwas erkennen. Einen grünlichen Schimmer, der wie ein Nebel über dem Boden hing und zur anderen Straßenseite führte. Also lief sie los.

„Gern geschehen!“, rief Wukong ihr hinterher. Doch sie ignorierte ihn. Meistens war es besser, ihn zu ignorieren.

Auf der anderen Straßenseite verlief die Spur in Richtung Westen, ehe sie bei einer Straßenkreuzung Richtung Süden fortfuhr. Sie folgte. Vielleicht war der Einbrecher ja noch in der Nähe. Auch wenn sie nicht wirklich daran glaubte. Wenn sie eine Sache in ihrem Leben gelernt hatte, dann war es: Nichts ist so einfach, wie man es gerne hätte. Nichts.

Zwischenspiel

Als Joanne vor dem Haus von Jack und Robert stand, war es bereits früher Nachmittag. Sie hatte die Spur für gute vier Kilometer verfolgt, war aber zur Bank zurückgekehrt, als sie niemanden gesehen hatte. Da sie nicht wusste, mit was sie es zu tun hatte, gab es die Möglichkeit, dass sie der Spur zwanzig Kilometer folgen konnte ohne einem Ziel näher zu kommen. Sie hatte Owen nicht länger mit Blackburn allein lassen wollen.

Der Filialleiter war nicht glücklich über ihren Plan, die nächste Nacht abzuwarten. Sie war nicht glücklich darüber, eine Erklärung erfinden zu müssen, was „wirklich“ passiert war.

Jack öffnete die Tür. Haut und Haar verrieten seine persische Abstammung, auch wenn seine Züge erstaunlich fein dafür wirkten. Er hätte wahrscheinlich einen guten Aladdin abgegeben. „Ah, da bist du ja wieder“, meinte er grinsend und umarmte sie kurz. „Du wurdest schmerzlich vermisst.“

Das schlechte Gewissen stach ihr im Magen. Sie wusste, dass sie ihr Versprechen nicht gehalten hatte. „Ich weiß, ich weiß.“ Sie zog die Schuhe aus, die mit Schneematsch verschmiert waren und drückte Jack dann das Paket mit Kuchen in die Hand.

„Ich sehe, du versuchst deine Tochter zu bestechen.“

Sie schlüpfte aus ihrer Jacke und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte eher, ihr würdet euch drüber freuen. Ist Robert schon da?“

„Er kommt sicher nicht vor sechs“, erwiderte Jack.

Joanne nickte. „Ich sag's dir gleich. Ich muss dich bitten, auf Amy aufzupassen, bis Joachim Feierabend macht.“

„Wieso?“

„Ich fahre nachher zur Bank zurück. Ich warte darauf, dass der Einbrecher wiederkommt.“ Sie verdrehte die Augen. „Dir fällt keine gute Begründung für einen grimmigen Filialleiter ein, warum jemand in seinen Tresor einbricht, um Oragami zu falten, oder?“

Jack lachte. „Das klingt nach einer guten Geschichte.“

„Oh ja, glorreich“, murmelte sie und folgte ihm in das Wohnzimmer des schmal gebauten Reihenhauses.

Amy saß vor dem Fernseher. Sie kniete am niedrigen Wohnzimmertisch und malte mit dicken Wachsstiften, während im Fernsehen irgendein Cartoon lief. Als sie die Schritte hörte sah sie auf und für einen Moment zeigte sich ein Strahlen auf ihrem Gesicht, dass jedoch schnell wieder verblasste und einem Schmollmund wich.

Das blonde Haar der Fünfjährigen war zu einem losen Zopf gebunden, aus dem sich bereits einige Strähnen gelöst hatten. „Du bist wieder da“, murmelte sie und wandte sich demonstrativ wieder ihrer Zeichnung zu.

Jack schenkte Joanne einen Vielsagenden Blick und ging dann in die Küche, die durch eine halbhohe Wand vom Wohnzimmer abgetrennt war.

„Ja, ich bin erst mal wieder da, Liebes“, meinte sie und ging zur Sitzecke vor dem Wohnzimmer, um ihrer Tochter über die Schulter sehen zu können.

„Das heißt du gehst wieder“, stellte Amy missmutig fest.

„Erst in ein paar Stunden“, erwiderte Joanne.

Amy erwiderte nichts, sondern zeichnete weiter an einem Bild, dass einen Schneemann, auf dessen Hut ein schwarzer Vogel saß, darstellte.

„War Murphy hier?“, fragte Joanne.

„Er sagt, er kommt nachher wieder.“ Amys Stimme ließ keinen Zweifel daran zu, dass sie noch immer schmollte.

Vielleicht sollte sie nachher Murphy fragen, ob er mitkam. Er wäre zumindest fähig Blackburn von irgendeiner unsinnigen Erklärung für den Vorfall zu überzeugen. Es würde einiges leichter machen. Aber erst einmal musste sie sich um ihre Tochter kümmern.

„Hör mal, Amy. Es tut mir leid, dass ich schon wieder weg musste, aber die Leute von der Polizei haben meine Hilfe wirklich gebraucht.“

„Warum?“, kam es wehleidig, während Amy mit blauer Kreide Kreise auf das Bild malte, die wohl Schneeflocken darstellen sollten.

„Weil jemand den Leuten in der Bank einen Streich gespielt hat und dafür durch den Geisterraum gelaufen ist.“ Das Wort „Astral“ verwirrte Amy immer, weshalb sie es mieden. „Und sie hatten niemanden da, der dort nachsehen konnte, verstehst du?“

„Warum können sie niemand anderen rufen?“

Joanne seufzte. „Weil so schnell niemand anderes kommen konnte.“

Ihr Seufzen wurde von einem schwermütigen Seufzen ihrer Tochter geechot. „Und warum musst du da wieder hin?“

„Weil ich darauf warte, dass der Einbrecher zurückkommt, und ich ihn fassen kann“, antwortete sie.

Amy brummte etwas, worauf Joanne sie vorsichtig von hinten nahm und auf ihren Schoss zog. „Es tut mir wirklich leid, ja, Liebes? Morgen bin ich ganz bestimmt tagsüber da.“

„Das sagst du immer.“ Amy verschränkte ihre Arme.

„Ich weiß.“ Es tat ihr auch wirklich leid, aber sie wusste, dass ihre Tochter das nicht hören wollte. „Aber ich werde nachher Owen sagen, dass er mich morgen nicht rufen kann, wenn noch etwas da ist. Und über Weihnachten werden Papa und ich beide da sein.“

Wieder seufzte Amy. „Pfadfinderehrenwort?“

Joanne lächelte. „Pfadfinderehrenwort.“ Sie lächelte und stand dann – Amy auf dem Arm – auf. „Magst du etwas Kuchen? Ich habe welchen mitgebracht.“

„Was für Kuchen?“

„Schokoladenkuchen und Marzipankuchen.“ Sie war auf dem Rückweg an einer Konditorei vorbei gekommen.

Amy zögerte. „Sollten wir nicht auf Papa und Murphy warten?“

Es war wirklich bewundernswert, dass Amy zu warten bereit war. Viele Kinder waren es nicht. „Weißt du denn, wann er wiederkommt?“ Was er eigentlich machte fragte sie besser nicht.

„Er hat gesagt bald, also wird er nicht lange brauchen.“

Und da sollte man eigentlich meinen, der Junge würde auch arbeiten. War nicht eigentlich gerade auch Saison der Rugby-Spieler? Wobei, es war beinahe Weihnachten und Saisonpause. Vielleicht hatte er deswegen Zeit. Oder er probte einmal wieder, wie wütend er Crash machen konnte, ehe ihm etwaige Gegenstände hinterher geworfen wurden.

Jack kam zu ihnen hinüber. „Wir könnten etwas spielen. Zu dritt macht es mehr Spaß, oder?“

„Ja. Lass uns Monopoly spielen“, meinte Amy sofort.

Joanne seufzte. „Ich weiß nicht, ob ich dafür Zeit habe.“

Traurige blaue Augen sahen sie an. „Bitte?“

Jack klopfte ihr lachend auf die Schulter. „Ich glaube nicht, dass man dir eine Wahl lässt.“

Teil 2: Wichte

„Ich möchte an dieser Stelle noch einmal zu Protokoll geben, dass ich weitaus lieber meinen brüderlichen Pflichten nachgekommen wäre, Monopoly zu spielen.“ Murphy marschierte Joanne hinterdrein, als sie – eine frische Tasse warmen Kaffees in der Hand – zum Eingang der Bank ging, wo Owen bereits auf sie wartete.

Auch wenn Murphy aktuell die Gestalt eines knapp dreißig Jahre alten Mannes mit strohblonden Haar zur Schau trug, erkannte Owen ihn offenbar an der Stimme. „Du hast den Jungen mitgebracht?“

„Ich sollte mir langsam das Upgrade zum 'jungen Mann' verdient haben“, kommentierte Murphy noncharlant. Es stimmte eigentlich: Er war 25 Jahre alt. Dennoch bevorzugte er es die Gestalt eines Jungen kaum älter als 18 zu tragen.

Owen beachtete ihn nicht. Stattdessen schenkte er Joanne einen fragenden Blick.

„Ich dachte, es wäre eventuell praktisch, würden wir Mr. Blackburn von einer etwaigen Erklärung überzeugen müssen“, erwiderte sie.

„Ich fühle mich benutzt.“

„Ich weiß, ich weiß“, antwortete sie und tätschelte seine Schulter. Er beschwerte sich gerne – meistens noch immer, um später mit einem großen Becher Schokoladeneis kompensiert zu werden. Etwas, das Amy begann sich abzuschauen.

Owen seufzte. „Nun, du erklärst es Blackburn. Er ist noch immer nicht begeistert davon, dich allein hier zu lassen.“

„Habe ich mir gedacht“, erwiderte sie und lächelte. „Na, wo ist den der Herr Oberbanker?“

„Drin“, meinte Owen. „Wartet. Wenn du so nett wärst: Kümmer du dich doch um ihn.

„Dann schauen wir mal.“ Sie klopfte dem Mann auf die Schulter und ging an ihm vorbei in den Vorraum der Bank. Natürlich war die Tür zur Haupthalle bereits verschlossen, doch sie klopfte und nach vielleicht zwei Minuten näherte sich eine Gestalt, die als Schatten hinter dem zugezogenen Vorhang zu erkennen war. Ein Schalter wurde betätigt und die Schiebetür öffnete sich.

„Sie sind da, Mrs. Anderson“, stellte Blackburn griesgrämig und wenig begeistert fest. Sein Blick wanderte zu Murphy, der sich interessiert in der alten Halle umsah.

„Ganz schön pompös.“

„Wer ist das?“, fragte Blackburn.

„Mein Sohn“, antwortete Joanne. „Er wird mich unterstützen.“ Sie stieß Murphy an, damit er seinen Ausweis zeigte, der ihn ebenfalls als Konsutant der Polizei auswies.

Blackburn sah sich die Karte an und hob eine Augenbraue. „In Ordnung.“ Er seufzte und holte dann widerwillig einen Schlüsselbund aus seiner Tasche hervor. Daran fanden sich gesamt fünf Schlüssel und eine Schlüsselkarte. „Das ist das wichtigste. Seien sie sich nur dessen bewusst, dass normale Sicherheitskräfte weiterhin hier sind.“

„Davon bin ich ausgegangen“, antwortete Joanne. Glaubte er wirklich, sie würde eine Bank ausrauben wollen?

Eine ferne Stimme flüsterte in ihr Ohr: „Glaubt der wirklich, du brauchst dafür einen Schlüssel?“ Offenbar hatte er noch immer Langeweile. Oh Gott, das würde eine anstrengende Nacht werden.

Sie würde zwischen Murphy und Wukong sitzen und sich zulabern lassen. Wahrscheinlich würden die beiden es auch noch schaffen, den vermeintlichen Einbrecher zu vertreiben.

„Gut.“ Blackburn musterte sie und Murphy.
 

Zwanzig Minuten später hatten Blackburn und Owen die Bank verlassen. Sie war mit Murphy gemeinsam, kaum, dass Blackburn sie nicht mehr beobachtet hatte, in den Astralraum gewechselt. Denn wenn würde der Einbrecher wohl hier eindringen.

So saß sie hier nun, missmutig, da ihr Kaffee noch immer in der physischen Ebene stand. Sie hatte einen Stuhl etwas entfernt von dem kleinen Durchgang, der nur im Astralraum existierte, an der Wand aufgestellt und behielt den Tunnelausgang im Auge.

Murphy hockte im Schneidersitz auf einem der Schreibtische an einem Beratungsplatz. Er war nackt und trug eine Gestalt, die an seine reale Gestalt – ein afrikanischer, junger Mann, der jedoch ebenfalls zu jung aussah – da er noch immer keinen Sinn darin sah Kleidung an sich zu binden. Zumindest sagte er es so. Was er meinte war, dass er es viel lustiger fand Leute mit seiner Nacktheit aus dem Konzept zu bringen.

Er wippte mit dem Oberkörper ein wenig vor und zurück.

Auch Wukong war da, wie sie schon vorher erkannt hatte. Er hing kopfüber von der Balustrade der Galerie, die sich über die Nordseite der Halle erstreckte und beobachtete sie.

„Weißt du, Jojo, ich verstehe ja wirklich nicht, warum du den Jungen immer mitnimmst“, kommentierte er. „Sicher, er gibt deinem Charakter eine etwas weichere Seite, aber wirklich viel macht er ja nicht.“

„Weißt du, Mum“, kam es prompt von Murphy, „ich weiß ja nicht, warum du den Affen immer tolerierst. Sicher, er hält sich für einen Gott, aber wirklich viel macht er ja nicht.“

„Ach, das kleine Vögelchen hält sich für besonders helle“, meinte Wukong.

„Ach, der große Affe hält sich für wirklich klug“, meinte Murphy.

Joanne verdrehte die Augen. Wukong hatte normal eigentlich Respekt vor Murphys schneller Zunge. Murphy war immer von Wukong genervt. Wenn sie beide weitermachen lief, würden sie das die ganze Nacht durchziehen. „Es ist nicht so, als wärst du eine besonders große Hilfe, wenn es darum geht, Banker von normalen Erklärungen zu überzeugen, Wu.“ Sie sah zu dem Affengott.

„Das wäre ja auch nur halb so interessant.“ Der Gott grinste sie Kopfüber an und zeigte dabei seine raubtierhaften Zähne. „Ich fände es viel amüsanter, würdest du dem Herrn Waldbrand deine Kräfte zeigen. Keine Ahnung. Schlag ein Loch in seinen Tresor oder so.“

„Du weißt, dass das so nicht möglich ist.“

„Möglich ist es schon“, flötete der Affengott. „Du willst es nur nicht. Du hältst dich noch immer viel zu sehr an die Regeln. Wie langweilig.“

Noch einmal verdrehte sie die Augen. „Buhu.“

„Wirklich, Jojo! Ich bin hier, um mich zu amüsieren. Soweit ist diese Sache wirklich sehr, sehr langweilig.“ Auf einmal hellte sein Gesicht sich auf. Er schwang sich nach vorne und katapultierte sich aus dem Sprung heraus auf das Geländer. Dann drehte er sich um. „Oh, ich habe eine tolle Idee.“

Es war klar, was für eine Idee das war. „Nein, ich habe gerade keine Zeit gegen einen Drachen zu kämpfen.“

„Aber …“

„Wukong. Lass mich meine Arbeit machen.“ Das schlimmste war, dass sie ihn am Ende nur bitten konnte. Meistens respektierte er ihre Wünsche, doch technisch gesehen konnte er sie jeder Zeit sonstwohin katapultieren, um sonstwasfürein Monster zu bekämpfen. Es war nervig, doch sie hatte sich damit abgefunden. Sie hatte im Tausch dafür Kräfte bekommen, die ihr halfen, andere Dinge zu vollbringen, Leute zu beschützen. Auch wenn sie ihn nie darum gebeten hatte.

„Besonders kreativ bist du ja nicht, Affenhirn“, meinte Murphy. „Alles was ich höre sind Drachen hier, Drachen da. Ziemlich langweilig. Findest du nicht?“

„Murphy!“, rief Joanne aus. Das letzte, was sie gebrauchen konnte, war, dass er Wukong auf neue Ideen brachte. Langsam wusste sie zumindest, wie man mit Drachen umging.

„Was ist denn?“, fragte er und lehnte sich zurück.

Sie seufzte. „Du weißt genau was ist.“

„Es ist halt langweilig“, meinte Murphy. „Hier passiert ja nichts.“

Wukong nickte. „Da stimme ich ihm zu.“

„Und es wird auch nichts passieren, wenn ihr mit eurem Gelaber unseren Einbrecher verschreckt!“

„Aber …“, setzten beide einstimmig an.

„Kid, ich lad' dich morgen zum Essen ein, wenn du jetzt ruhig bist“, bot sie Murphy an.

Der Junge sah sie über seine verschränkten Arme hinweg an. Er zog einen Schmollmund, seufzte dann aber schwer. „Oookay.“

Wukong sah empört auf sie hinab. „Und was bekomm' ich?“

Sie schenkte ihm einen unbeeindruckten Blick. „Reicht es nicht, dass du mich in regelmäßigen Abständen entführst, um Götter und Monster für dich zu bekämpfen?“

„Nein.“

Natürlich nicht. Sie wartete auf eine konkrete Forderung.

„Aber ich weiß was.“

„Aha?“

„Du hilfst mir bei meiner Arbeit.“ Der Affengott grinste breit.

„Tue ich das nicht, wenn ich deine Monsterchen bekämpfe?“, fragte sie mit einem Seufzen.

„Nein, nein. Ich meine die langweilige Arbeit.“

Meinte er Papierkram? Wahrscheinlich meinte er Papierkram. Der thaoistische Pantheon hieß ja nicht umsonst „himmlische Bürokratie“. Sie seufzte. „Du weißt, dass ich kein Chinesisch kann.“

„Brauchst du nicht. Ich schwöre.“ Der menschengroße Affe machte das Zeichen eines Pfadfinderehrenwortes – und kreuzte dabei fraglos die Finger der linken Hand hinter dem Rücken.

Ach, zur Hölle. „Von mir aus.“

„Oookay“, kam es daraufhin vom Affengott, auf dieselbe unenthusiastische Art, wie von Murphy zuvor.

Stille. Wunderbare Stille senkte sich über den Astralraum, während Murphy demonstrativ Däumchen drehte und Wukong still über die Balustrade turnte, Grimassen schnitt und zwischenzeitlich seinen magischen Stab durch die Gegend schleuderte, nur um ihn in der Luft zu überholen und aufzufangen.

Kindsköpfe. Alle beide.

Aber bei Murphy hatte sie gewusst, dass es so sein würde, als sie sich entschlossen hatte, ihn mitzunehmen. Wukong … Mit ihm hatte sie nicht gerechnet. Normal scherte er sich nur um ihren Alltag, wenn sie sich dabei mit einem zu starken Gegner anlegte. Normaler Weise sah sie ihn nur alle paar Wochen einmal. Aber was war schon normal?

Die Zeit verging. Fünf Minuten, zehn Minuten, elf Minuten, zwölf Minuten …

Holz schabte über den Boden. Das Trappeln kleiner Füße, die schnell über den Boden huschten, war zu hören.

Joanne sah sich um. Ihre Augen brauchten einen Moment, um im seltsamen Dämmerlicht, das den Astralraum zu jeder Zeit erfüllte, die kleine Gestalt auszumachen, die von einer Zuflucht zur nächsten huschte, von einer vibrierenden, grünlichen Aura umgeben.

Das Wesen war, ganz wie sie erwartet hatte, nur knapp zwölf Zentimeter groß. Sein Kopf war unter einem dunklen Umhang versteckt, wie auch der Rest seines Körpers. Doch dem Geräusch nach, das seine Füße auf dem Steinboden erzeugten, besaß es Hufe. Dünne, kleine Hufe.

Es huschte unter einen der Schreibtische und lugte darunter hervor. Dann huschte es zu einem Regal hinüber und verschwand unter dem untersten Brett. Dann ging es weiter zum nächsten Schreibtisch. Immer und immer näher tastete das Wesen sich so an die hintere Wand und damit der Tür zum Keller heran. Aus jedem Versteck heraus, sah es nach vorne, sah sich um, zögerte, sah dann weiter, den Blick immer in die Richtung seines Ziels gewandt. Und das war sein Fehler.

Denn so bemerkte der kleine Wicht Joanne nicht, als sie sich vorsichtig von hinten näherte. Gerade flitzte er unter einem Schreibtisch hervor, als sie ihn mit einer einzigen, flinken Bewegung vom Boden aufhob und an seiner Kapuze festhielt. Sie war vorsichtig, ihm nicht zu sehr weh zu tun.

„He-he-hey!“, rief das Männchen erschrocken auf und strampelte mit seinen winzig kleinen Ziegenfüßen. „L-lass mich runter, du Wicht!“

„Wicht?“ Sie hielt ihn hoch genug, um ihn genauer beobachten zu können. Er hatte die Gestalt eines winzig kleinen, jungen Mannes mit lockigem Haar, dessen Farbe sie im Astralraum nicht genau ausmachen konnte. Sein Körper war neben dem Umhang von einer Robe verhüllt, die ihm bis über die Knie reichten, die von dicken, zotteligen Fell überzogen waren.

„Ja! Wicht!“, rief er aus. „Elendiger Wicht! Lass mich runter! Ich bin auf einer wichtigen Mission!“

„Der Mission eine Bank auszurauben?“ Sie hob fragend eine Augenbraue und betrachtete den Jungen.

Murphy war aufgestanden und kam zu ihr hinüber, um den kleinen Mann genauer in Augenschein zu nehmen. Er schwieg, wahrscheinlich um einen Punkt daraus zu machen, dass sie ihm zuvor den Mund verboten hatte.

„Ich habe nichts geraubt!“

„Du hast nur fremder Leute Eigentum durcheinander gebracht, hmm?“, meinte sie.

„Eigentum? Eigentum? Wessen Eigentum!“ Der Wicht strampelte noch immer. Wenn sie nicht irrte, hatte sie es hier mit einem Puck zu tun. Einem Feenwesen der Wiesen und Pilze.

„Das Eigentum der Leute, die die Schließfächer gemietet haben zum Beispiel.“ Sie setzte ihn auf dem nächsten Schreibtisch ab, hielt ihn aber bei seinem Umhang fest, um sicher zu gehen, dass er ihr nicht zu schnell entkam. „Zum Beispiel das Geld, was du zu Kranichen gefaltet hast.“

Mit vorgeschobener Verständnislosigkeit sah er sie an. „Geld?“ Er war kein guter Lügner.

„Du weißt, wovon ich spreche.“

„Und du weißt nicht, wovon du sprichst! Ich bin auf einer wichtigen Mission!“

„Was für einer Mission denn?“, fragte sie.

Schnaubend sah das Männchen sie an. Dann verschränkte es demonstrativ die Arme. „Das geht dich nichts an. Wicht!“

„Dann fürchte ich, dass ich dich den Special Department der MPD überlassen muss.“

„Dem was?“

Nun konnte Murphy sich doch nicht beherrschen. „Der Polizei. Das sind gewaltätige Menschen, die nur so darauf warten, einen kleinen Feenmann zu foltern und ihm die Geheimnisse …“

„Kid.“ Sie sah ihn von der Seite an.

Murphy kicherte. „Ich sage die Wahrheit“, versicherte er. Anders als der Feenmann war er ein guter Lügner.

„Nein, sagst du nicht.“ Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Puck zu. „Warum hast du das Geld gefaltet?“

Verschränkte Arme. Schmollmund. Wie kindisch. „Ich sage nichts.“

„Dann muss ich dich mitnehmen.“ Sie wartete für einen Moment, hob ihn dann wieder hoch.

„Nein!“, rief er aus.

„Aha?“, fragte sie und sah ihn an.

Stille. Der Schmollmund wurde noch weiter verzogen. Dann: „Ich bin auf einer wichtigen Mission. Ich muss ein heiliges Ritual zu Ende bringen!“

„Ein Ritual?“

Der Puck nickte mit ernstem Blick und funkelte sie an. „Ja. Ein Ritual.“

Natürlich wusste sie, wovon er sprach. Sie hatte es nachgeschaut und ihre eigenen Schlüsse gezogen. Er redete wahrscheinlich von den tausend Kranichen, die man laut japanischer Legende aus Origami faltete, um einen Wunsch erfüllt zu bekommen oder jemanden zu heilen – je nachdem, wen man fragte. Hazel hätte ihr wahrscheinlich mehr dazu erzählen können, doch sie war – wie so oft in letzter Zeit – mit Raksha fort gewesen. Wohin auch immer die beiden verschwunden waren. Joanne hatte nicht mehr wissen müssen.

„Was für ein Ritual?“, fragte sie.

„Ein enorm wichtiges!“, meinte der Puck. „Und jetzt lass mich runter!“ Er schrie bei diesen letzten Worten, auch wenn seine Stimme dennoch nicht mehr als ein Piepsen war.

„Sag mir, was für ein Ritual es ist“, forderte sie grob.

„Ich rate dir, auf sie zu hören, denn was sie sonst tut …“

„Murphy!“

„Was?“

Unglücklich und mit zitternder Nase sah der Puck sie an. Er holte tief Luft. „Wenn ich das Ritual nicht zu Ende bringe, dann wird ein Freund sterben! Also lass mich runter, du elendiger Wicht!“

Joanne seufzte. So etwas hatte sie sich schon gedacht. „Du willst also jemanden heilen?“

Verschränkte Arme. Misstrauischer Blick. „Ja.“

„Und deswegen willst du tausend Kraniche falten?“

Ein tiefer Atemzug. „Ja.“

„Und warum benutzt du dafür Geld?“ Sie musterte den Kleinen.

„Na, weil der Zauber stärker ist, wenn dem Papier ein größerer Wert beigemessen wird!“ Der Puck sah sie an, als wäre das vollkommen natürlich, was es vielleicht auch war.

Schließlich wussten viele Feen und auch einige Menschen, dass Gegenstände, denen ein metaphorischer, emotionaler oder symbolischer Wert inne lag, oft bessere Zauberfoki abgaben, als etwaige wertlose Gegenstücke. Es war nicht ungehört und wurde oftmals bedacht – gerade von Schamanen. Was es allerdings dennoch nicht okay machte, fremder Leute Geld dafür zu verwenden.

„Warum hast du keinen Heiler gesucht?“, fragte sie.

Noch immer hatte der Puck die Arme verschränkt. Mutlos kickten seine Beine in der Luft. Er hatte schon lange aufgegeben zu entkommen. „Weil ich keinen Heiler kenne.“

„Du hättest dennoch einen Heiler suchen können, bevor du in die Bank einbrichst.“

„Wieso? Ich habe doch nichts weggenommen.“

„Weil du nicht einmal weißt, ob das Ritual so funktioniert“, kommentierte Joanne und musterte ihn. „Und weil du bisher ja nicht erfolgreich warst, oder?“

Der Blick des kleinen Feenwesens sah aus, als würde es sie persönlich dafür verantwortlich machen, dass seine bisherigen Faltversuche fehlgeschlagen waren. „Erika sagte, dass es funktioniert.“

„Aber vielleicht funktioniert es nur, wenn du denselben Göttern folgst, wie sie.“

Die Lippe schon wieder zu einem Schmollmund hochgezogen, wandte der kleine Mann den Blick ab.

Murphy, der neben ihr stand, verdrehte die Augen. Wahrscheinlich verkniff er sich nur gerade so einen Kommentar zu der Situation.

Schließlich seufzte Joanne. „Ich kenne einen Heiler.“

Der kleine Puck sah sie an. Misstrauisch funkelten seine Augen. „Ach ja?“

„Ja. Mein Mann ist ein Heiler. Also wenn du mir sagen würdest, was eigentlich das Problem ist, können wir sicher schauen, dass wir deinem Freund“ – oder nicht eher Freundin? – „helfen können.“

Er sah sie an und schien für einen Augenblick wirklich über ihr Angebot nachzudenken, doch dann verschränkte er wieder die Arme. „Nein!“

Was zur Hölle war sein Problem? „Warum nicht?“

„Du willst mich sicher nur in eine Falle locken, und dann zusammen mit Erika gefangen nehmen!“

„Wenn ich dich gefangen nehmen wollte, würde ich es einfach so tun und dann könntest du Erika nicht helfen. Warum sollte ich sie Gefangen nehmen wollen?“

„Weil du ein Mensch bist und Menschen böse sind.“

Murphy ließ ein leises Lachen hören, was ihm einen entgeisterten Blick von ihr einbrachte. Auch wenn sie genau wusste, warum er lachte.

„Magst du das vielleicht übernehmen?“, meinte sie süffisant und sah ihn an.

„Du hast gesagt, ich soll den Mund halten“, entgegnete Murphy.

Sie seufzte. „Damit du den Einbrecher nicht verscheuchst und wir ihn fangen können.“

„Aha!“, rief der Puck aus.

Sie sah ihn an. „Damit wir ihn befragen können“, fügte sie dann mit Nachdruck hinzu. Dann wandte sie sich wieder Murphy zu. „Jetzt, da wir ja mit ihm reden, könntest du ihn davon überzeugen, zu kooperieren.“

„Und was bekomme ich dafür?“

Tat heute denn niemand mehr etwas nur des Helfens willen? „Einen extra großen Schoko-Erdbeer-Becher?“

Murphy tat, als müsse er länger darüber nachdenken, streckte dann aber die Hand aus. „Deal.“

Anstatt seine Hand zu ergreifen, setzte sie den Puck, der so leicht seinen Namen wohl nicht verraten würde, darauf ab.

„Bleib von mir fern!“, protestierte der Puck und machte Anstalten von Murphys Handfläche zu springen.

„Jetzt mach aber mal Halblang“, meinte Murphy. Er zeigte seine grün leuchtenden Faeaugen. „Wie du siehst, bin ich kein Mensch. Also hör mir einmal zu.“ Als der Puck ansetzte, um zu protestierten, redete Murphy einfach weiter, wie er es so gerne tat. „Wie ich das sehe, hast du keine großartige Wahl. Du warst nicht vorsichtig genug und wurdest aufgespürt und musst daher nun die Konsequenzen tragen. Die Konsequenzen sind, dass du entweder der Polizei ausgehändigt wirst und dieser dann Rede und Antwort stehen musst, ehe sie dich in ein tiefes Loch werfen, wo man dich garantiert verhungern lassen wird und du niemanden mehr helfen kannst.“

„Murphy“, knurrte Joanne.

Der Junge fuhr unbeirrt fort. „Oder du zeigst dich Kooperationsbereit und bringst meinen Dad zu deiner Freundin, damit er ihr helfen kann, anstatt ein Ritual zu versuchen, das du ohnehin nicht ganz verstanden hast, und damit auch noch die Menschen auf deine Existenz aufmerksam zu machen, was auf Dauer den Magiern und den Werwölfen fraglos missfallen wird und dir noch ganz andere Probleme einbringen wird. Kurzum hast du eine Wahl, aber ich weiß, welche Möglichkeit ich wählen würde, wenn ich du wäre. Das ist nämlich die zweite, wo du wahrscheinlich ungeschoren davon kommst und deiner Freundin geholfen werden kann. Siehst du das nicht auch so?“

Der Schwall der Wörter wusch förmlich über den Puck hinweg, der mehrfach Anstalten machte, zu protestieren und auf andere Art zu widersprechen, jedoch nie wirklich dazu kam. Am Ende saß er nur auf Murphys Hand und öffnete mehrfach den Mund, nur um ihn jedes Mal wieder zu schließen. Er brauchte einige Minuten, ehe er sich davon erholt hatte. Schließlich holte er tief Luft. „Woher weiß ich nicht, dass das eine Falle ist?“

„Das kannst du nicht wissen“, meinte Murphy süffisant und lächelte. „Aber deine Auswahl ist zwischen sicherem Verderben und einer Chance, die eventuell kein Verderben mit sich bringt. Also: Was soll es sein?“

Der kleine Feenmann verschränkte seine Arme und sah Murphy schmollend an. „Von mir aus. Dann gehen wir halt zu dem Heiler. Aber ich sage euch, wenn das eine Falle ist, dann werde ich euch verfluchen, dass euch Hören und Sehen vergeht. Jawohl.“

Joanne seufzte. „Ist gut.“ Sie sah Murphy an, der ihr ein selbstüberzeugtes Grinsen schenkte.

Zwischenspiel

Joanne saß im Wagen. Zu ihrer Linken auf dem Beifahrersitz saßen Pukk und der Puck ohne Namen. Denn seinen Namen wollte er ihnen noch immer nicht verraten.

Der Puck schmollte. Er hatte seine Arme verschränkt und seine Beine zu einem Schneidersitz zusammen gezogen. Er sah starr auf die Fensterscheibe, auf der sich immer wieder Schneeflocken absetzten, ehe sie von den Scheibenwischern zur Seite gewischt wurde.

Das Wetter war beinahe schon als ein Schneesturm zu beschreiben.

„Jetzt sag uns endlich deinen Namen“, forderte Pukk nicht zum ersten Mal.

„Nein“, beharrte der Puck.

Pukk stupste ihn mit dem Holzende seines kleinen Speers an. „Jetzt sag schon! Damit wir wissen, ob wir dir vertrauen können.“

„Nein.“

„Lass gut sein, Pukk“, meinte Joanne.

„Aber, Chefin.“ Der kleine Kerl sah sie an. „Der Typ vertraut dir nicht, obwohl du seinen undankbaren Hintern gerettet hast. Wo kommen wir denn dahin?“

„Ich neige dazu, Leuten, die mich gefangen nehmen nicht zu vertrauen!“, warf der Puck ein.

„Du bist kein Gefangener“, meinte Joanne ruhig.

„Ich habe sogar einen eigenen Wachmann!“, protestierte der Puck. „Wie bin ich kein Gefangener?“

In einer Sache musste sie Pukk zustimmen: Der Knirps war Undankbar. Mit einem Seufzen und im Plan, die Streiterei zu unterbinden, stellte sie das Radio an. Eine Entscheidung, die sie keine zwei Sekunden später wieder bereute.

So kam sie fünfzehn Minuten „Last Christmas“ und anderer, ähnlich penetranter Weihnachtslieder später bei Jack und Robert an, nun in Begleitung eines Pucks, der davon überzeugt war, dass sie eine Folter plante. Ihm Radioprogramm zu erklären, versuchte sie erst gar nicht.

Sie trug die beiden Feenwesen, da diese kaum durch den frisch gefallenen Schnee kamen. An der Tür wurde sie von einem müde wirkenden Jack empfangen.

„Da seid ihr ja“, meinte er. „Murphy hat gesagt, du brauchst den Doc?“

„Ja“, erwiderte sie. Murphy war in Rabengestalt voran geflogen, da er so nicht auf die dank dem Wetter verstopften Straßen angewiesen war. „Es gibt offenbar einen medizinischen Notfall.“

Jack musterte sie und sein Blick blieb an dem Puck hängen. „Ist das der Einbrecher?“

„Ich bin kein Einbrecher“, protestierte der Puck.

„Du bist sehr wohl in die Bank eingebrochen, auch wenn du nichts gestohlen hast!“, entgegnete Pukk.

Jack schien amüsiert. „Ich verstehe“, meinte er. „Nun, du wirst dich gegen deine Tochter durchsetzen müssen.“

Unwillkürlich sah Joanne auf die Uhr. Es war kurz nach zehn. „Amy ist noch wach?“

„Monopoly“, erklärte Jack. „Sie will das Spiel zu Ende spielen. Also haben wir ihr gesagt …“ Er ließ die Worte ausklingen, entlockte Joanne aber nur ein Seufzen.

Natürlich. Amy konnte sehr dickköpfig sein. Das musste in der Familie liegen.

„Lass mich mal sehen.“ Sie ging in das Haus hinein, zog ihre Schuhe aus und setzte die Pukk und den Puck auf dem Boden ab, ehe sie zum Wohnzimmer ging, wo Joachim, Robert und Amy noch immer spielten. Joanne vermutete, dass Jack schon ausgeschieden war. Sie kannte sein Glück.

Ein Lächeln breitete sich auf Joachims Gesicht aus. Er schien – wie so oft – müde zu sein. Mittlerweile war sein Haar wirklich angegraut. Es war ein vertrauter Anblick. Als sie ihn vor sieben Jahren kennen gelernt hatte, hatte er seine Haare schon grau gefärbt, um seine Identität zu verschleiern.

„Hey.“

Sie ging zu ihm hinüber, küsste ihn kurz auf die Stirn. „Hey. Was macht ihr hier noch?“

Er lächelte. „Jemand hat drauf bestanden, das Spiel zu beenden.“

„Wir haben erst so spät angefangen“, bestätigte Amy und zog das „so“ dabei extra in die Länge.

Joannes Blick wanderte über das Spielfeld und die Geldreserven, die an den jeweiligen Enden unter dem Spielbrett lagen. Aktuell sah es so aus, als würde Joachim gewinnen und Amy als nächste ausscheiden.

Sie seufzte. „Was meinst du, Liebling, soll Mama dir beim Spielen helfen?“

Amy verschränkte die Arme und sah auf ihren Geldvorrat. „Ich kann das allein.“ Den Karten nach zu urteilen, hatte sie die Mayfair und die Parklane gekauft, auf denen jeweils zwei Hotels standen. Kurzum: Sie hatte wie immer darauf gebaut, dass jemand auf einem der zwei Felder landen würde.

„Das zweifle ich gar nicht. Ich möchte dir nur helfen.“

Amy schien schwer darüber nachzudenken, während eine Dohle – Murphy – am Rand des Tisches saß und mit einem Auge aufmerksam das Spielfeld beobachtete. „Okay“, meinte Amy schließlich.

Joanne wusste, dass sie eigentlich direkt mit Joachim auf dem Weg zu „Erika“ – wer auch immer sie war – machen sollte. Es war nur richtig. Doch wollte sie Amys Spiel nicht unterbrechen, indem sie Joachim entführte. Sie hatte ihre Tochter heute schon zu genüge enttäuscht. Zudem: Der Puck hätte die ganze Nacht gebraucht, um die Kraniche zu falten und hätte es dennoch wahrscheinlich nicht geschafft. War es wirklich so schlimm, wenn sie sich ein oder zwei Stunden Verspätung erlaubte?

Sie hob Amy hoch und nahm sie auf den Schoss, während Jack sich zu Robert setzte.

„Heißt das, ich bin der einzige ohne Unterstützung?“, fragte Joachim mit gespielter Empörung.

Murphy krächzte und sprang auf seine Schulter. „Helfe.“ Seine Stimme klang in Dohlengestalt durch den Schnabel seltsam verzerrt.

„Na, ob du hilfst“, meinte Joachim neckend.

„Wenn es um Verhandlungen geht“, klackerte die Dohle.

Teil 3: Elefantenschädel

Irgendwie schafften sie es das Spiel vor Mitternacht zu beenden und danach eine schläfrige Amy Jack und Robert zu übergeben, die versprachen, sie ins Bett zu bringen. Joachim hatte absichtlich verloren, während Jacks Glück oder eher sein Pech am Ende auf Robert abgefärbt hatte.

„Das war eine enorme Zeitverschwendung“, kommentierte der Puck, dessen Gesicht nun von einem blauen Auge geziert wurde.

Pukk und der Puck waren, während sie versucht hatte, das Spiel schnellstmöglich zu Ende zu bringen, aneinander geraten. Sie hatten angefangen über besagte Zeitverschwendung zu streiten, Murphy hatte sie angespornt und am Ende war es zu einer Prügelei gekommen. Zumindest hatte keiner von beiden gezaubert.

„Was ist denn genau das Problem?“, fragte Joachim und sah über die Schulter auf den Rücksitz, wo Dohle, Puck und Pukk saßen. „Also wobei soll ich genau helfen.“

„Ein Freund von mir ist verletzt“, meinte der Puck. Breitbeining und mit verschränkten Armen lehnte er gegen den Rücksitz.

„Wie wurde dein Freund denn verletzt?“, fragte Joachim.

Dankbarerweise hatte es vor einer halben Stunde aufgehört zu schneien und die Straßen waren seither größtenteils geräumt worden.

„Mit einem von den menschlichen Donnerstäben“, meinte der Puck. Er sah Joachim bitter an. „Bist du überhaupt ein Heiler?“

Murphy lachte krächzend, während Pukk aufsprang.

„Er ist ein ganz großer Heiler!“

„Du siehst nicht aus, wie ein Heiler“, kommentierte der Puck.

„Wie sieht deiner Meinung nach ein Heiler denn aus?“, fragte Joanne.

Der Puck sah zum Seitenfenster des Wagens. „Nicht so.“

„Können wir zu dem Verletzten zurückkommen?“ Joachim drehte sich noch etwas weiter nach hinten. „Er wurde angeschossen?“

„Nennt ihr das so? Das war so ein lauter Stab und daraus kam etwas geflogen.“

Joanne seufzte und rückte etwas auf dem Fahrersitz zurecht, um ihre Pistole aus dem Unterholster zu ziehen. „So ein Stab?“

„Nein. Größer.“

„Also ein Gewehr“, schloss Joachim.

Der Puck schien ungeduldig zu werden. „Was weiß ich! Jedenfalls ist Erika verletzt und schwach und es ist nicht besser geworden.“

„Wie lang ist das jetzt her?“, fragte Joachim.

„Vier Tage.“

„Und was genau ist dein Freund, beziehungsweise deine Freundin genau? Also Erika?“

Wieder antwortete ein langes schweigen. „So etwas wie ein Hund.“

„Ein Wolf?“

„Nein.“

Der Kleine traute ihnen noch immer nicht. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht versuchte, sie in eine Falle zu locken. Doch was sollten sie tun? Wahrscheinlich waren sie zu gutmütig. Am Ende würde sie sich am nächsten Tag noch eine Erklärung für Owen und Blackburn ausdenken dürfen. Owen würde es vielleicht verstehen, doch was zur Hölle sollten sie Blackburn erzählen? Doch das war von Anfang an die Frage gewesen.

„Jetzt links!“, rief der Puck auf einmal aus und zeigte nach links.

Joanne wusste nicht, woran er es festmachte, doch sie folgte seinen Anweisungen, die sie immer weiter in den Südwesten der Stadt führten. Die Gegend verlor ihr städtisches Aussehen und schließlich ließ der Puck sie rechts abbiegen – in den botanischen Garten, wie sie nun erkannte. Dem nördlichen Ende speziell, das einem Golfclub. Ein typischer Ort, an dem sich reiche Menschen trafen, um im Sommer Tennis oder Golf zu spielen und entsprechend abgesperrt. Hier gab es ein kleines Wäldchen und einen See. Kein Wunder, dass sich zwei Feenwesen hierhin gezogen gefühlt hatten. Warum waren sie eigentlich nicht in die Anderswelt gegangen? Waren sie zu schwach?

„Hier! Wir sind gleich da!“, rief der Puck und sprang an das Fenster, als sie eine kleine Zufahrsstraße zum Golfplatz entlang fuhren. „Hier, hier. Dahinten.“ Er zeigte geradeaus, wo eine Abdeckung über etwas hing, dass Joanne in der mondlosen Nacht nicht genau erkennen konnte.

Sie fuhr mit dem Wagen an den Rand der Straße und hielt den Motor an. „Dann zeig uns, wo dein Freund ist.“ Sie öffnete die Fahrertür und stieg vorsichtig aus, da der Schnee hier erstaunlich hoch lag.

„Ja.“ Der Puck schaffte es das Fenster zu öffnen und sprang hinaus. Da er so klein und damit leicht war, konnte er tatsächlich auf dem Schnee laufen. Anders als Pukk, der als Feuergeist ein Loch in die weiße Decke schmolz und damit unter dem Schnee verschwunden war.

Joanne hielt an, bückte sich und fischte den Feuergeist aus dem Loch hervor, um ihn auf ihrer Schulter sitzen zu lassen.

Die kleine, dunkle Gestalt des Fae huschte über den Schnee, während Joachim seinen erste Hilfe Koffer, sowie die kleine Tasche gefüllt mit Notfallmedikamente für Iggy aus dem Kofferraum holte.

Der Puck lief direkt auf die Plane zu, die offenbar über einen Holzverschlag gezogen war, der über zwei angehäuften Hügeln gebaut war. Als Joanne näher kam und die Plane schließlich zur Seite schlug, konnte sie sehen, dass der Verschlag mit Heuballen gefüllt war, die offenbar im Sommer von den Wiesen eingefahren worden waren.

„Erika!“, rief der Puck aus und lief in die hinterste Ecke des Verschlags.

Joanne folgte ihm. Sie hatte es weit einfacher als er, über die Heuballen zu klettern. Als sie die hintere Ecke des Verschlags endlich erreicht hatte fand sie eine pelzige zusammengerollte, weiße Gestalt. Ein weißer Fuchs, wie ihr nach einigen Sekunden bewusst wurde.

Das Tier hob seinen Kopf und sah den Puck an. Es winselte leise und legte den Kopf dann wieder auf das Heu.

Joanne konnte Blut an der Flanke des Tieres erkennen. Es war eindeutig verletzt.

Hinter ihr klappte Joachim die Plane zur Seite und kletterte über die Heuballen, um sich neben dem kleinen Fuchs zum Boden gleiten zu lassen. „Das ist also Erika?“

Der Puck schluckte und nickte. „Ja. Die Menschen mit dem Donnerstab haben sie verletzt und es geht ihr seither schlecht. Sie ist schwächer geworden.“ Er wandte sich dem Fuchs zu: „Erika. Der Mann sagt, er ist ein Heiler. Er will sich deine Wunde ansehen. Ist das in Ordnung?“

Der Fuchs gab einen Laut von sich, der nicht ganz wie ein Bellen klang. Es war ein hoher Laut, der etwas menschliches an sich hatte. Dann legte der junge Fuchs seinen Kopf wieder auf den Vorderpfoten ab.

Selbst Joanne konnte sehen, dass das Tier schwach war. Sie vermutete, dass es entweder zu viel Blut verloren hatte, oder irgendwie vergiftet worden war. Vielleicht hatte sich die Wunde auch entzündet. Wenn sie nicht irrte – und sie ging davon aus, dass dieser Fuchs ein magisches Wesen war – hatte sie es mit einem der japanischen Fuchsgeister zu tun, wie auch immer einer davon hierher gekommen war.

Vorsichtig hockte sie sich ebenfalls neben den Fuchs, während Joachim sich erst die Hände desinfizierte und dann Handschuhe überzog. Er bereitete eine Betäubungsspritze vor, hielt dann aber inne. „Ich werde dir etwas gegen die Schmerzen geben, ja?“ Er strich dem Tier, das noch fast ein Welpe war, über das Fell.

Ein leises Wimmern war zu hören, doch auch wenn die goldenen Augen des Tieres auf der Spritze verharrten, als Joachim die Nadel unter seine Haut gleiten ließ, so machte es keine Anstalten sich zu wehren. Einzig der Puck sah die Spritz noch immer misstrauisch an und erntete dafür ebenso misstrauische Blicke von Pukk.

Murphy war offenbar draußen geblieben. Meinte er Wache halten zu müssen?

Nach kurzem Warten, um dem Mittel zu erlauben seine Wirkung zu entfalten, nahm Joachim einen Tupfer und tränkte ihn in Alkohollösung, ehe er begann das Fell um die Wunde herum zu säubern. Ab und an reichte er Joanne einen dreckigen Tupfer, den sie in einen kleinen Beutel fallen ließ.

Die Wunde war nicht besonders groß und wirkte verhältnismäßig sauber. Es war eindeutig eine Schusswunde und sie war an den Rändern bereits verheilt.

Mit einer Pinzette und einem Skalpell machte er sich daran, die Wunde vorsichtig weit genug zu öffnen, als dass er sich zu der Kugel, die sich tief in das Gewebe des Tiers gefressen hatte, vordringen zu können. Er brauchte etwas, doch schließlich schaffte er es das verformte Stück Metall zu lösen und heraus zu ziehen.

Ein lauteres Wimmern entrann dem Fuchs, doch noch immer war das Tier ruhig und geduldig.

„Hier“, meinte Joachim und hielt Joanne das verformte Metall mit der Pinzette entgegen. Schnell nahm sie einen neuen Beutel, um ihm die Kugel darein fallen zu lassen. „Ich hole noch die Splitter raus.“

Joanne nickte. „Okay.“

„Ich frage mich nur“, murmelte Joachim, als er sich dem Fuchs zuwandte, „was das genau ist. Haben sie es benutzt, um ihr damit Gift einzuflößen? Oder haben Sie es verzaubert?“

„Wieso?“, fragte Joanne.

„Sie ist schwach. Sie hat Anzeichen einer Vergiftung. Aber es gibt keinen Grund für sie vergiftet zu sein, wenn nicht irgendetwas an der Kugel …“ Er ließ des Satz matt ausklingen.

Joanne betrachtete den Beutel in ihrer Hand, während der Puck die Stimme erhob.

„Sie sagt, ihr sei schlecht geworden, als sie getroffen worden war. Und es habe alles ganz taub gemacht.“

Mit einem tiefen Luftzug schloss Joanne die Augen, konzentrierte sich, sammelte ihre Energie und öffnete ihre Augen dann wieder. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass ihr Vorhaben gelungen war: Sie konnte die Auren ihrer Umgebung sehen. Ihr Sichtfeld war mit der Wahrnehmung des Astralraums überlagert.

So sah sie auf die verformte Kugel, die – wenn sie wirklich vergiftet oder verzaubert war – dies in ihrer Aura zeigen sollte. Die Aura des Metallklumpens war durch den Beutel, aber auch durch die Magie des Fuchses, die noch immer an ihm hing, verzerrt. Doch strahlte die Kugel dunkel – sie war eine Waffe, von ihr ging Gefahr aus. Doch da war noch etwas anderes. Ein violettes Schimmern, das an einigen Stellen von einem giftigen Gelbgrün durchbrochen wurde. „Oh verdammt“, seufzte sie und schluckte.

Joachim warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. „Was ist?“

„Nichts“, erwiderte sie. Sie wollte ihn nicht verunsichern. Er zog die abgebrochenen Splitter besser schnell aus dem Fuchs heraus.

Nur was machten sie dann damit? Die Kugel strahlte nur leicht, doch Unsterblichkeit hin oder her, sie wollte das Ding so schnell wie möglich loswerden. Vielleicht sollte sie sich wirklich angewöhnen irgendeinen Bleikasten mit sich zu führen. Doch im Moment tat sie nichts dergleichen. Also was tun? Sie überlegte. Sie konnte es nicht einfach in den Astralraum werfen. Geister waren immun gegen Radioaktivität, sie schadete ihnen nicht. Doch Joanne hatte von Fällen gehört, wo Geister von radioaktiver Strahlung korrumpiert worden waren. Das wollte sie nicht riskieren.

Also. Was?

Der erste Splitter landete – von Blut verklebt – im Beutel. Kurz darauf gefolgt von einem zweiten und winzig kleinen dritten.

„Ich glaube, das war's.“ Joachim atmete auf. „Alles okay?“

Sie nickte. „Ich gehe kurz raus.“ Was besseres fiel ihr nicht ein. Denn sie wusste eine Person, die ihr helfen konnte, die Kugeln loszuwerfen. Auch wenn diese Person mit ihr verhandeln würde.

Also ging sie vor den Verschlag – noch immer ihren Blick gen Astralraum gerichtet – und sah sich um. „Wukong?“, fragte sie leise in die Nacht hinein. Wo war der Affengott, wenn man ihn mal brauchte?

Stille.

Ihr fiel eine kleine Gruppe von Leuten auf, die über die Wiese lief. Was machten sie um diese Zeit noch hier?

„Wukong?“, fragte sie erneut.

Ein Affengesicht erschien von oben in ihrem Blickfeld. Da saß er, auf seiner albernen Wolke reitend oder besser von dieser herunterhängend und grinste sie an. „Buh!“

Unbeeindruckt sah sie ihn an. „Du bist doch einmal an den Rand des Universums gesprungen, nicht?“

„Mag sein, ja“, gab er zu bedenken. „Wieso?“ Er ließ sich von der Wolke fallen.

„Wärst du, rein theoretisch, fähig, etwas an den Rand des Universums zu werfen?“

Er musterte sie amüsiert und nicht ohne dabei einen Handstand zu machen, da es ganz offenbar zu viel von ihm verlangt war, einfach stehen zu bleiben. „Vielleicht“, meinte er dann und beugte einen seiner Füße herunter, um sich etwas Dreck unter einem Zehnnagel zu entfernen.

„Könntest du das hier ans Ende des Universums befördern?“, fragte sie und hielt ihm den Beutel mit der Kugel hin.

Endlich richtete er sich wieder auf. Er nahm den Beutel und musterte ihn. „Könnte ich wohl, ja.“ Er gähnte. „Aber ob ich wirklich Lust dazu habe …“

Sie seufzte. „Wukong!“

„Was hast du denn? Es ist nicht so, als könnte so etwas dich noch töten, oder? Also entspann dich!“

„Nur weil es mich nicht töten kann, heißt es nicht, dass dasselbe für Joachim oder Murphy gilt. Also, bitte …“

„Bitte?“ Eine buschige Augenbraue hob sich amüsiert.

„Ja, Wukong. Bitte. Sorg einfach nur dafür, dass das Zeug weg von hier kommt. Bitte.“

Der Affenkönig ließ ein dramatisches Seufzen hören, verdrehte die Augen und fischte dann das Metall aus dem Beutel hervor. Er war mächtig genug, um es einfach so aus der physischen Ebene in den Astralraum zu holen. Und so knetete er das Metall, inklusive der Splitter, bis er eine Kugel in der Hand hatte. „Nur, um das klar zu machen, Jojo“, meinte er dann, „du schuldest mir was.“

Nun war sie es, die die Augen verdrehte. „So wie ich das sehe, stehst du eigentlich fünffach in meiner Schuld.“

Er lachte, warf die murmelgroße Kugel, die gleichzeitig in der physischen und metaphysischen Ebene zu existieren schien, hoch in die Luft, fischte seinen magischen Stab hervor, sprang der Kugel hinterher und schlug sie mit dem Stab wie einen Baseball gen Himmel.

Ein lauter Knall erklang, ließ den Boden unter ihren Füßen beben, als die Kugel im Bruchteil einer Sekunde auf Schallgeschwindigkeit und noch weiter beschleunigte.

Sie riss ein Loch in die Wolkendecke und verschwand, jenseits der Atmosphäre – wenn sie nicht in dieser verglühte.

Wukong landete auf dem Boden und klopfte seine Hände ab. „Na, siehst du, alles kein Drama.“

„Nicht, wenn man ein Gott ist.“

„Oh ja, ich bin wirklich göttlich, oder?“ Er lachte. Dann horchte er auf einmal auf und zeigte mit dem Daumen hinter sich, von wo aus die kleine Gruppe, die Joanne zuvor schon bemerkt hatte, auf sie zukam. „Und ich glaube, meine Liebe, da will jemand etwas von dir.“ Er sprang hinter sie, auch wenn es für die Fremden keinen Unterschied machten: Sie konnten ihn nicht sehen, wenn sie nicht in den Astralraum sahen.

„Hallo?“, rief Joanne ihnen entgegen. Es waren drei. Dem Aussehen nach zwei Männer und eine Frau. Sie trugen Winterkleidung – dicke Mäntel mit Schälen, die teilweise ihre Gesichter verhüllten.

Einer der Männer, den Augen nach ein älterer Mann, trat auf sie zu. Joanne kam nicht umher, die Pistole, deren Holster unter seinem Mantel hervor lugte zu bemerkten. „Hallo“, meinte er barsch. „Wir haben einen Schuss von hier gehört. Wissen Sie etwas darüber?“

Joanne stellte sich unwissend. „Es kam von dahinten irgendwo.“ Sie zeigte in Richtung des Wäldchens. „Ganz schön laut, eh?“

„Wissen Sie etwas darüber?“ Er schien ihr ihre vermeintliche Unwissenheit nicht abzukaufen.

„Wie? Was sollte ich denn wissen?“ Sie machte sich zum Kampf bereit. Die drei wären kaum eine Herausforderung für sie. Wachsam behielt sie die Hände der Fremden in den Augen, bereit vorzupreschen, wenn einer von ihnen nach einer Waffe griff.

„Was machen Sie hier?“, fragte der Mann.

„Ich habe nur einen Abendspaziergang mit meinem Mann gemacht“, meinte sie mit breitem Lächeln. „Dasselbe könnte ich Sie fragen.“

„Wir sind für die Sicherheit hier Zuständig“, grunzte der Mann.

Ja, sicher. Die drei sahen auch absolut aus, wie Sicherheitskräfte. Sie trugen ja nicht einmal Uniformen. Andere Leute versuchten zumindest ihre Geschichte glaubwürdig erscheinen zu lassen – diese drei sahen aus, wie Kriminelle. Waren sie es, die Erika angeschossen hatten?

„Das trifft sich ja wunderbar“, erwiderte Joanne. „Ich arbeite mit der Polizei.“ Nebensächlich fischte sie ihre Karte aus der Tasche, um sie ihnen zu zeigen. „Soll ich Ihnen helfen, die Ursache für diesen Knall zu finden?“

„Zur Hölle“, grummelte der männliche Begleiter.

Der ältere Mann grummelte etwas in seinen Schal. „Wissen Sie etwas über einen Fuchs?“

„Einen Fuchs?“, fragte sie. Sie ließ ihre Stimme ernster werden, bedrohlicher. „Sie sind doch nicht etwa Wilderer, oder? Ich würde gerne ihre Waffenlizenz sehen.“ Sie sah zu dem jüngeren Mann, über dessen Schulter ein Gewehr hing.

Die drei wechselten Blicke.

Na, worauf warteten sie denn? Joanne war sauer. Mit radioaktiver Munition auf Kinder – und wenn es Fuchswelpen waren – zu schießen, war weit von allem entfernt, was sie als „unter den richtigen Umständen entschuldbar“ ansehen würde. Davon abgesehen, dass die drei – wenn es wirklich die Jäger waren – allerlei anderer Sachen in Kauf genommen hatten. Warum überhaupt radioaktive Munition? Hatten sie versucht den Fuchs zu korrumpieren? Radioaktivität tötete magische Wesen nicht, wie sie es bei sterblichen tat.

Und da war es. Der Mann zog seine Waffe. Er war geübt, schaffte es die Sicherung des Holsters in einer fließenden Bewegung zu öffnen und die Waffe zu heben. „Sagen Sie uns, wo der Fuchs ist.“

Unbeeindruckt sah sie ihn an, während sie ihre nächsten Schritte plante. Sie war knapp fünf Meter von ihm und seinen Kumpanen entfernt. „Oder was?“

„Ist das ein schlechter Witz?“, brummte er.

„Oder du schießt?“ Sie ließ ihre Stimme amüsiert klingen.

„Sag mir, wo der Fuchs ist, Bitch!“, presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.

Na, er wollte es nicht anders.

Bevor er überhaupt verstand, was vor sich ging, sprang sie vor. Er schoss, verfehlte aber. Wie die meisten Menschen mit Schusswaffen, hatte er nicht damit gerechnet, von vorne attackiert zu werden.

Mit einem geübten Griff schlug sie gegen sein Handgelenk, schaffte es damit den zweiten Schuss umzuleiten. Dann griff sie mit der Linken nach, verdrehte seine Hand und entwand ihm so die Waffe. All das in weniger als zwei Sekunden.

Fassungslos starrte er sie an, als sie seine Waffe vor ihn hob.

„Also wart ihr es, die die kleine Füchsin angeschossen haben?“, fragte sie. „Wisst ihr nicht, dass es eine ganz dumme Idee ist, sich mit Feen und Geistern anzulegen?“

„Gib das zurück.“ Wie ein kleiner Junge versuchte er nach der Waffe zu greifen, während sie diese in die Luft hielt.

„Ich denke, ich behalte die besser“, meinte sie. „Immerhin weiß ich, wie man damit umgeht. Wobei vergiftete Munition eigentlich weniger mein Stil ist.“ Sie behielt die anderen beiden im Auge und sah sehr wohl, wie die Frau ebenfalls eine Pistole gezogen hatte.

Man sollte meinen, dass die anderen beiden so eingeschüchtert genug waren. Was hatte dieser Fuchs, dass die drei versuchten, sich mit ihr anzulegen?

Sie trat gegen die Kniescheibe des Mannes – mit ausreichend Kraft um seine Kniescheibe zu brechen. Mit einem Schlag brachte sie ihn aus dem Gleichgewicht und beförderte ihn zu Boden, wo er schreiend und halb betäubt liegen blieb.

Die Frau zögerte einen Moment zu lang. Joanne war bei ihr, bevor sie schießen konnte und trat ihr die Waffe aus der Hand, die einige Meter weiter im Schnee landete. Sie griff nach der Hand der Frau, zog sie nach vorn, nur um sie so aus dem Gleichgewicht zu bringen und dann mit einem Wurf in den Schnee zu befördern.

Das warnende Krächzen eines Raben erklang. Flügel flatterten, dann ein überraschter Aufschrei.

Nummer Drei hatte sein Gewehr bereits gemacht, war aber von Murphy aufgehalten worden, der sich in Rabengestalt auf ihn gestürzt hatte, und auf sein Gesicht einhakte.

Noch immer schrie der ältere der beiden Typen.

„Uuuuuh“, kommentierte Wukong auf einmal begeistert.

Joanne wusste, dass dies nichts gutes zu bedeuten hatte. „Uuuuh“, machte Wukong nicht, weil sie gegen ein paar Menschen mit Waffen gekämpft hatte, die zu keinem Zeitpunkt auch nur eine Chance gehabt hatten.

Sie drehte sich herum: Die Frau rutschte Rückwärts von ihr fort und hatte dabei etwas aus ihrer Tasche gezogen. Es sah aus, wie ein schwarzer Schlüsselanhänger. Während sie versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, nahm sie ihn und warf ihn in Joanne Richtung.

Joanne war lang genug mit der magischen Welt vertraut, um aus dem Weg zu springen, damit rechnend, dass es sich um einen Zauber handelte. Womit sie nicht rechnete, war, dass die kleine schwarze Statue im Flug wuchs und die Gestalt eines knapp zweieinhalb Meter großem und drei Meter langem Monstrums annahm.

Das Wesen landete mit einem Krachen im Schnee, die Klauen ausgefahren, und fuhr zu Joanne herum.

„Was zur Hölle …“, murmelte sie.

Das Wesen hatte den Körper einer großen Katze – eines Löwen, wenn sie nicht irrte – aber den Kopf eines mit Stoßzähnen bestückten Elefantens mit glühend roten Augen.

Strahlend saß Wukong auf einem nahe stehenden Baum und klatschte voller Begeisterung in die Hände. „Das, meine Liebe, nennen die Inder einen Yowie.“

„Oh toll.“ Sie schnaubte und spannte ihre Muskeln an. „Ich weiß, wie das Monstrum heißt.“

Die beiden magischen Wilderer, die noch stehen konnten, ergriffen ihre Chance. Sie liefen.

„Chefin?“, fragte Pukk, der noch immer auf Joannes Schulter saß.

„Hilf Murphy, die beiden zurück zu holen, ja?“, meinte sie, die Augen auf den Yowie gerichtet, der sie seinerseits zu beobachten schien.

„Geht klar, Chefin!“ Er sprang gen Boden, verwandelte sich dabei jedoch in seine wahre Form: In der Gestalt eines dämonisch aussehenden Kobolds mit rötlicher Haut und flammenden Haar – nicht ganz einen Meter groß – landete er auf den Boden. In dieser Gestalt hatte er, ganz wie der Puck, Tierbeine, auch wenn seine die eines Alpakas waren, und goldene Ohrringe vergrößerten seine Ohren. Er schnaubte und Flammen umgaben ihn, ehe er losrannte und sich dabei einfach einen Weg durch den Schnee schmolz.

„Das lässt uns beide“, meinte sie und sah zu dem Yowie. Sie sprach, um ihre eigenen Nerven zu beruhigen. Zwar war sie sich recht sicher, dass das Ungeheuer sie nicht würde töten können, doch stellte sie es sich dennoch als äußerst schmerzhaft vor, von der Kreatur zertrampelt oder zerkratzt zu werden und auf engeren Kontakt mit den Stoßzähnen konnte sie ebenso verzichten.

Sie bewegte sich vorsichtig zur Seite, um etwas weiter vom Schreihals weg zu kommen. Sie fand die Wilderer widerlich, doch wollte sie nicht riskieren, dass das Ungeheuer ihn tötete, wenn es doch mit ihr kämpfte.

Da stürmte das Untier auf sie zu. Trotz der Katzenpfote ließen seine Schritte den Boden beben.

Joanne wartete. Erst im letzten Moment sprang sie zur Seite und beobachtete den Körper des Wesens. Was sollte sie tun? Sie wollte das Wesen nicht töten, denn es war wahrscheinlich selbst ein Gefangener der Wilderer.

Es fuhr herum und ließ ein kehliges Dröhnen hören. In einem Versuch sie einzuschüchtern stellte es die Ohren ab, ließ sie vibrieren und hob den Rüssel in die Höhe, ehe es den Kopf wieder senkte und erneut auf sie zustürmte. Wieder sprang sie zur Seite.

Das war keine Taktik.

Was tun?

Sie holte ihre Pfeilpistole unter der eigenen Jacke hervor und hob sie in die Höhe. Dann zögerte sie und wandte die Waffe in eine andere Richtung. Sie schoss auf den Mann, um ihn vorerst seiner Schmerzen zu erlösen und ihn ruhig werden zu lassen. Das Mittel sollte ihn für eine Weile betäuben. Doch für ein Wesen wie den Yowie würde sie mehr als einen Pfeil brauchen.

Sie war sich nicht einmal sicher, ob ein ganzes Magazin reichen würde, um das Ungetüm ins Taumeln zu bringen.

Während die Schreie des Mannes langsam verklungen stürmte der Yowie erneut auf sie zu. Wieder stürzte sie zur Seite, nutzte die Nähe des Tiers aber, um zwei Schüsse auf seine Flanken abzugeben.

Beide Darts prallten vom goldenen Fell des Löwen ab und landeten im Schnee. Natürlich. Was hatte sie auch erwartet?

„Oh, das sieht so aus, als hätte er ein Fell wie eine Rüstung“, kommentierte Wukong erheitert. „Wer hätte das nur gedacht!“

„Oh ja, wunderbar. Was für eine tolle Entwicklung“, schnaufte Joanne.

Wieder kam der Yowie auf sie zu und dieses Mal entschied sie sich zu einer anderen Taktik. Sie sammelte ihre Kraft und sprang in die Höhe. Ihre „Magie“ erlaubte es ihr hoch genug zu springen, um auf dem Rücken des Fabelwesens zu landen. Doch was jetzt?

Der Yowie blieb stehen und warf seinen Kopf herum. Mit dem Rüssel versuchte er an sie zu kommen – fraglos, um sie von seinem Rücken zu werfen. Doch ein Elefantenrüssel reichte kaum über den Kopf hinaus und egal wie er es versuchte, er kam nicht an sie heran. So ging er schließlich zur katzenhaften Art den ungebetenen Reiter loszuwerden hinüber. Er machte den Rücken krum, stellte seine Haare auf, Fauchte, sprang in die Höhe und ließ Joanne mit der Frage, was sie als nächstes tun sollte.

„Weißt du noch, Was Herakles mit dem Nemeischen Löwen gemacht hat?“, kommentierte Wukong.

Erwürgt. Großartig. Ihre Arme waren bei weitem nicht lang genug, um um den Hals dieses Ungeheuers zu reichen. Sie brauchte eine Schwachstelle, in die sie die Pfeile stecken konnte. Nur wo?

In der Dokumentation über die Ranger in Afrika hatten sie den Elefanten über das Ohr versorgt. Vielleicht war das eine Idee?

Wieder sprang der Yowie zur Seite und versuchte dabei sie gegen den Baum, auf dem Wukong saß und – fraglos, weil er sie ärgern wollte – Popcorn aß, zu schleudern.

Sie rückte weit genug nach vorn, hielt sich an den Ohren fest und zog ihre Beine dann an, ging in die Hocke, während der Yowie weiterrannte. Aus ihrem Gürtel löste sie vorsichtig zwei einzelne Darts und nahm sie in die Hand.

Wieder änderte der Yowie seine Richtung und beinahe verlor Joanne den Halt, doch sie schaffte es sich am Ohr festzuhalten. Sie wartete, bis der Gang des Tieres sich wieder normalisiert hatte, ehe sie beide Pfeile in die Rückseite des Ohrs schlug.

Ein Brüllen war zu hören, doch ihr Plan funktionierte: Die Pfeilspitzen drangen durch die hier dünne Haut.

Dafür reichte es dem Tier nun wirklich mit der ungebetenen Reiterin. Es warf sich auf die Seite und rollte sich auf den Rücken, mit dem Ziel, sie zu zerquetschen. Doch Joanne sprang zur Seite und rollte über den Schnee, während das Tier sich auf den Rücken warf.

„Bravo!“, kommentierte Wukong mit vollem Mund.

Der Yowie bemerkte, dass sein Plan nicht geklappt hatte und kam wieder auf die Beine. Er kam zu ihr herüber gelaufen, wollte sie offenbar unter seinen Füßen erwischen, war aber nicht schnell genug. Mit einer Rolle zur Seite kam sie wieder auf die Beine und brachte Abstand zwischen sich und das Ungeheuer.

Dieses schüttelte wütend und irritiert seinen Kopf.

Offenbar wirkte das Betäubungsmittel. Als das Wesen zu ihr herumfuhr, brauchte es einen Moment, um wieder festen Halt zu bekommen. Es schwankte, als wäre es betrunken.

Das war ein Anfang. Mehr, als sie gehofft hätte. Viele Geister- und Feenwesen, die sie in der Vergangenheit getroffen hatte, waren gegen Gifte immun, doch der Yowie augenscheinlich nicht.

Sie könnte versuchen, ihre verbleibenden vier Darts in seine Ohren zu setzen und darauf hoffen, dass die Menge reichte, um ihn auszuknocken. Oder … Ihr Blick wanderte über die Landschaft.

Wieder stürmte der Yowie über sie zu. Auch wenn er schwankte hatte er noch immer eine halsbrecherische Geschwindigkeit. Dieses Mal sprang sie einen Moment zu spät.

Der breite Kopf des Ungeheuers prallte gegen ihre Seite und Schmerz schoss durch ihren Körper: Die Pistole flog aus ihrer Hand und landete etwas entfernt im Schnee. Mühsam klammerte sie sich an dem Tier fest, um nicht in Reichweite seiner Krallen zu kommen, ehe sie es schließlich schaffte, sich von ihm abzustoßen und unsanft auf dem Boden zu landen.

„Fuck“, zischte sie schwer atmend. Sie hielt sich ihre Seite.

Sie hatte Recht gehabt. Es tat weh. Doch – da war sie sich halbwegs sicher – sie hatte sich nichts gebrochen. Denn so sehr sie auch Wukong, der auf seinem Ast saß und wie ein enttäuschter Fan beim Wrestling „Ooooooooooh“ brüllte, auch den Hals umdrehen wollte, so schützte seine Magie sie doch vor schwereren Verletzungen. Einmal davon abgesehen, dass die verdammten Pfirsiche ihr mehr Resistenz zugestanden, als ihr lieb gewesen wären.

Also kam sie wieder auf die Beine. Was zur Hölle sollte sie machen?

Der Yowie drehte sich mit einem Brüllen herum, stürmte wieder auf sie zu. Und ihre Pistole war ein Stück entfernt.

Verdammt. Nein, sie würde das anders angehen. Selbst wenn es eine dumme Wette war.

Sie drehte sich herum und rannte. Da war der See, der von Eis bedeckt hatte. Das kalte Wetter hielt gerade erst seit drei Tagen an. Die Eisschicht sollte nicht zu dick sein. Was sie tragen würde, sollte unter dem Gewicht eines drei Meter großen Ungeheuers nachgeben.

Sie hörte die schweren Schritte des Yowie direkt hinter sich, keine zwei Meter von ihr entfernt. Wäre sie ein normaler Mensch gewesen, hätte sie es nie geschafft, doch ihre Kräfte und vor allem die Kräfte Wukongs erlaubten es ihr, Dinge zu tun, die unmöglich erschienen. Und so schaffte sie es, vor dem Yowie zu bleiben, auch wenn sie dessen Rüssel beinahe hinter sich spürte.

Eine Stimme erklang: „Joanne?“ Joachim.

„Nicht jetzt!“, keuchte sie, die Augen fest auf den See gelegen, der von Lampen erleuchtet war.

Es waren noch dreißig Meter.

Der Rüssel schlug nach ihr, doch ein Gefühl warnte sie, erlaubte es ihr zur Seite auszuweichen.

Noch zwanzig Meter.

Der Yowie versuchte offenbar, zu beschleunigen, doch sie tat es ihm gleich. Die eisige Winterluft brannte in ihrer Kehle.

Noch zehn Meter.

Sie lief etwas seitlicher, hatte das Ungeheuer doch beinahe aufgeholt.

Noch fünf Meter.

Innerlich machte sie sich für einen langen Sprung bereich. Der See war etwa zehn mal fünfzehn Meter groß.

Sie hatte das Ufer erreicht und während der Rüssel des Monsters erneut nach ihr schlug, sprang sie und landete knappe vier Meter weiter nahe der Mitte des Sees, wo sie weiter über das Eis schlitterte.

Der Yowie hielt nur für einen Augenblick inne, ehe er auf das Eis stürmte, das bereits nach wenigen Schritten bedrohlich zu knarzen begann. Doch noch brach es nicht. Noch hielt es ihn.

Sie hatte keine Zeit. Sie zog ihre normale Pistole und richtete sie auf das Eis. Ein Schuss. Zwei Schüsse. Drei. Vier.

Das Knarzen wurde lauter, immer lauter und dann auf einmal brach das Eis.

Überrascht ruderten die Löwenbeine durch die Luft, als die Eisscholle unter dem Yowie sich drehte, nachgab und er in einem breiten Loch versank.

Auch um das Loch herum splitterte das Eis und der Boden unter Joannes Füßen schien zu schwanken, als sie sich enger als die breite Eisscholle drückte, die sich unter ihren Füßen gebildet hatte.

Dann herrschte Stille.

„Joanne?“, erklang erneut die Stimme Joachims.

Sie erlaubte sich aufzuatmen und sah zum Rand des Sees, wo er stand. „Alles in Ordnung.“

Vielleicht sprach sie zu früh. Als sie in das schwarze Wasser unter der Eisscholle sah, hatte der Yowie gerade den Boden des vielleicht vier Meter tiefen Sees erreicht. Er stieß sich vom Boden ab, schnellte auf sie zu und stieß mit der Wassermasse die Eisscholle zur Seite, so dass seine Stoßzähne nur Luft trafen.

Wieder versank er im Wasser. Erfolglos ruderten seine Beine, trafen die Oberfläche und gingen doch unter. War es eine magische Schwäche des Tieres, nicht schwimmen zu können? Eigentlich war es Elefanten und Löwen möglich zu schwimmen.

Der Yowie gab dennoch nicht auf und so schnellte er noch einmal in die Höhe – und stieß die Eisscholle bei Seite.

Für einen Moment hatte Joanne das Gefühl zu rutschen, doch schaffte se es Halt am Rand der Scholle zu finden.

Noch einmal schnellte der Yowie in die Höhe. Dann noch einmal. Beide Male vergebens. Er half ihr damit sogar, da die Scholle an den Rand des Sees trieb.

Wieder versuchte er es, doch waren seine Bewegungen lahmer als zuvor. Er kam nur knapp über die Oberfläche und versank dann wie ein Stein.

„Was zur Hölle ist das?“, fragte Joachim und streckte ihr einen Arm entgegen, um ihr von der Eisscholle zu helfen.

Sie nahm den Arm. Ihre Hose war mittlerweile durchnässt und klebte eisig an ihrer Haut. „Wokung sagt, das sei ein 'Yowie'“, erklärte sie. „Was auch immer das bedeutet.“

„Was ist passiert?“ Joachim schlüpfte aus seiner Jacke, um sie ihr zu geben.

„Da waren Jäger. Wilderer oder so etwas.“ Dankbar nahm sie seinen Mantel entgegen, der dicker und vor allem länger war als der Ihre. „Sie wollten den Fuchs und … Das Vieh da. Sie hatten es in irgendeiner Art Statue gehalten.“ Sie sah ihn an. „Was ist mit dem Fuchs?“

„Ich habe die Kleine versorgt und geheilt. Sie ist im Wagen und schläft. Sie ist müde und wird wohl ein paar Tage brauchen.“

Joanne lächelte. „Okay.“

Wieder sah sie zum See hinüber, der still vor ihr lag.

Ein unwohles Gefühl beschlich sie. Was, wenn der Yowie nun ertrank? Sie hatte ihn nicht töten wollen.

„Was ist?“, fragte Joachim.

Sie seufzte schwer. „Ich glaube, ich werde Schwimmen gehen.“ Manchmal hasste sie ihren eigenen moralischen Codex.

Nachspiel

Sie lag in einem warmen Bett. Ihrem Bett. Sie war zuhause. Nur konnte sie sich nicht ganz daran erinnern, wie sie hierher gekommen war.

Gedanklich ließ sie die Ereignisse der vergangenen Nacht Revue passieren. Sie hatten den Fuchs gefunden, da waren die Wilderer gewesen, sie hatte einen ausgeschaltet und einer der anderen hatte das Monster, das halb Elefant, halb Löwe gewesen war, auf sie losgelassen. Sie hatte gegen das Monster gekämpft, während Murphy und Pukk den beiden fliehenden Wilderern gefolgt waren. Am Ende hatte sie das Monster auf den See gelockt, wo es eingebrochen war. Dann hatte sie es vor dem ertrinken Retten wollen und … Genau, es hatte sich wieder in die kleine Obsidianstatue zurückverwandelt, die sie letzten Endes vom Boden des Sees geborgen hatte.

Murphy hatte die Wilderer zu ihnen gebracht. Sie hatte Owen rufen wollen und dann … Da endeten ihre Erinnerungen. Was war dann geschehen? Sie konnte sich an Wukong erinnern, der irgendetwas gesagt hatte.

Ein Schlafzauber? Es musste ein Schlafzauber gewesen sein.

Sie streckte sich und tastete das Bett neben ihr ab. Joachim war nicht da. Zu schade.

Blinzelnd öffnete sie die Augen. Mattes Licht fiel an den Vorhängen vorbei in das geräumige, hell eingerichtete Schlafzimmer und auf eine pinke Frucht, die auf dem vollhölznernen Nachttisch stand. Ein Pfirsich.

Das sah Wukong ähnlich.

Neben dem Pfirsich stand die Obsidianstatue. Ob sie sich wieder in einen Yowie verwandeln würde?

„Ziemlich sicher“, kommentierte Wukongs Stimme aus dem Nichts heraus. Er war nicht zu sehen, versteckte sich wohl im Astralraum. „So wie ich das sehe hast du bis Mitternacht Zeit, um eine Lösung zu finden. Denn wenn ich das Ding wäre, ich wäre richtig sauer auf dich.“

„Ich habe das Vieh aus dem See gefischt“, grummelte sie und richtete sich auf. Sie griff nach dem Pfirsich. Sie ahnte, woher er kam und zögerte für einen Moment. Doch was sollte es? Man konnte ja eh nicht mehr als einmal unsterblich werden.

Also biss sie hinein.

Sofort wich sämtliche Müdigkeit aus ihrem Körper. Auch der Schmerz, der noch immer leicht in ihrer linken Seite gepocht hatte, verschwand und – da war sie sich sicher – ebenso jedwede blaue Flecken, die sie gehabt hatte. Ein Hurrah auf magisches, von Göttern angebautes Obst.

„Tick-Tock“, klang Wukongs Stimme leise, ehe sich die Atmosphäre im Raum änderte. Er war gegangen.

Joanne seufzte. Sie biss noch ein Stück aus dem Pfirsich ab und stand auf, um zur Tür zu gehen. Sie öffnete sie und sah zu Joachim, der auf dem Sofa saß und versuchte, etwas in seinen Laptop einzugeben. Die Betonung lag bei „versuchen“, da ein Ungetüm von einem Schäferhund seinen gut einen halben Meter großen Kopf auf dem Schoss des Arztes abgelegt hatte.

„Guten Morgen“, meinte sie lächelnd.

Joachim sah sie an. „Hey. Guten Morgen, Joanne.“ Er machte Anstalten aufzustehen, doch auch dafür war der Hund – Iggy – im Weg, auch wenn dieser seine Ohren nun aufstellte und zu ihr hinübersah. „Wie geht es dir?“

„Alles in allem ganz gut“, meinte sie. „Wie komme ich hierher?“

„Na, wie wohl?“, erwiderte Joachim. „Ich habe dich her gebracht. Was ist gestern passiert? Du bist einfach umgekippt.“

„Schlafzauber“, murmelte sie und ging zu ihm hinüber.

Offenbar hatte er sie auch umgezogen, trug sie nun ein weißes Tanktop und frische Unterhosen. Sie setzte sich neben ihn und küsste ihn auf die Wange.

„Wukong?“, fragte er und legte einen Arm um sie.

„Wukong.“ Sie seufzte und nutzte ihre freie Hand, um den Kopf des Riesenhundes zu tätscheln, was ihr mit einem Hecheln begolten wurde.

„Woher hast du den Pfirsich?“, fragte Joachim auf einmal.

Sie sah drauf. „Oh. Auch Wukong.“

Erkenntnis zeigte sich in Joachims Augen. „Ist das einer von den Pfirsichen?“

Sie lächelte amüsiert. Das stimmte. Bisher hatte er keinen der Pfirsiche zu Gesicht bekommen. „Ja.“ Sie zögerte. Sie war sich nicht sicher, ob Wukong oder eher der Jadekaiser ihr Schwierigkeiten machen würde. Doch zur Hölle, es war Wukongs eigene Schuld. „Hier.“ Sie reichte ihm den Pfirsich, wohl wissend, dass er nicht davon essen würde. Dann stand sie auf. „Komm her, Iggy.“

Der Hund sah auf und kam zu ihr gelaufen. Er hechelte, sah zur Treppe, die ins Erdgeschoss führte, hechelte weiter.

„Ich ziehe mich erst einmal an“, meinte Joanne. „Dann hole ich mir einen Kaffee.“

„Uhum.“ Mehr sagte Joachim nicht. Er hatte einen Notizblock aus der Tasche hervorgeholt und studierte den halben Pfirsich fraglos mit astraler Sicht.

Joanne lächelte und streckte sich.

Zurück im Schlafzimmer – und von Iggy verfolgt – zog sie sich einen dünnen Pulli und eine Jogginghose über, ehe sie zurückging. „Ist Amy wieder daheim?“

„Jap“, murmelte Joachim.

„Wo ist sie?“

„Unten. Sie ist ganz begeistert von der Füchsin.“

Natürlich war sie das. Es war ein junges Tier und damit süß. Was wollte ein kleines Mädchen denn mehr?

„Ich muss gleich los und mich um die Statue kümmern“, erklärte Joanne. „Das Ungeheuer muss möglichst wieder in seine Heimat zurück.“

„Okay. Machen wir.“

Sie lachte. „Dann lass mich mal nach unserer Tochter schauen.“

„Uhum.“

Sie ließ ihn mit dem Pfirsich allein und ging zur Treppe, nur um von Iggy daran gehindert zu werden, diese zu betrieben. Eineinhalb Meter Hund drängten sich zwischen sie und die Treppe. Er gab einen undeutbaren Laut von sich.

„Iggy. Ich will runter.“ Sie versuchte ihn zur Seite zu schieben, doch er stellte sich vor sie.

Okay. Dieses Verhalten konnte nur eins bedeuten. Jemand hatte ihn angewiesen, sie oben zu halten. Und da die Liste der Leute, auf die Iggy hörte und die so etwas tun würden, nur sehr kurz war, deutete es darauf hin, dass Murphy etwas im Schilde führte.

„Murphy!“, rief sie die Treppe herunter, erhielt aber – wie erwartet – keine Antwort.

Was zur Hölle machte der Junge schon wieder?

„Murphy!“

Stille.

Iggy hechelte.

„Iggy“, sagte sie mit freundlicher Stimme und brachte den Hund damit, seinen Kopf zur Seite zu legen.

„Was hältst du davon, wenn ich dir noch etwas Essen gebe, hmm?“, meinte sie.

Essen verstand der Hund. Seine Ohren stellten sich aufmerksam auf. Sein Hecheln wurde zu einer Art hundischem Lächeln. Er bellte. Sein Schwand begann langsam hin und her zu wedeln.

„Möchtest du ein leckeres Frühstück haben?“ Sie kraulte seinen Hals. „Möchtest du?“

Wieder bellte der Hund, nun gänzlich begeistert.

„Und wo gibt es Frühstück?“, fragte sie.

Der Hund verstand. Was auch immer Murphy ihm vorher gesagt hatte, war vergessen, denn er sprang die Treppe herunter und rannte unten mit über dem Boden trommelnden Pfoten in die Küche.

Joanne lächelte. Der Hund mochte ungewöhnlich Intelligent sein, doch wenn es Futter gab, vergaß er alles.

Und so folgte sie ihm, hielt ihr Versprechen, ihm Futter zu geben, und machte sich die Kaffeemaschine an. Sie brauchte Kaffee zum Tagesbeginn – heilende Pfirsiche hin oder her.

„Murphy!“, rief sie noch einmal in das vermeintlich leere Haus hinein. „Murphy!“

Keine Antwort.

Dann also anders. „Amy! Amy-Schätzchen!“

Ein Quietschen war aus der Richtung des Gästezimmers zu hören. Ganz wie sie es sich gedacht hatte.

Zwei Minuten später mit einem vollen Kaffeebecher ausgerüstet ging sie zum Gästezimmer hinüber und klopfte an der Tür. Sie hörte Geraschel, ein helles Bellen, ein vergnügtes Quietschen Amys und dann Schritte. Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und Murphys jugendliches Gesicht blickte ihr entgegen. „Ja, Mum?“

„Was geht darin vor sich?“, fragte sie.

„Nichts besonderes. Wir spielen nur“, meinte er mit einem Ausdruck vollkommener Unschuld.

Ein ersticktes Murmeln erklang, gefolgt von einem warnenden „Psst!“

Sie sah ihren Sohn an. „Murphy?“

„Ja, Mum?“ Er hielt die Tür fest.

Sie seufzte und stieß die Tür auf. Zwar versuchte er dagegen zu halten, hatte jedoch keine Chance und musste zur Seite treten, als sie hinein kam.

Das Gästezimmer war deutlich kleiner als das Schlafzimmer oben. Doch auch hier gab es ein Bett, das frisch bezogen war, und einen kleinen Kleiderschrank, zusammen mit einem Regel, das all die Bücher beherbergte, die weder im Wohn-, noch im Esszimmer Platz gefunden hatten.

Auf dem Bett lag Amy zusammen mit der wesentlich wacher wirkenden Füchsin, die die Streicheleinheiten überraschender Weise zu genießen schien.

Und auf dem Nachttisch lag ein Kissen, vor dem wiederum Pukk stand.

„Guten Morgen, Chefin“, meinte er brav.

Joanne seufzte. „Wo ist der kleine Puck?“

„Der ist gegangen“, sagte Murphy. Sein Ton klang ehrlich und sie hätte ihm wohl geglaubt, hätte sie ihn nicht über sieben Jahre hinweg kennen gelernt. „Er hat sich über die Zustände hier beschwert und ist abgehauen.“

„Ja.“ Joanne machte zwei Schritte auf den Nachttisch zu.

„Was gibt es, Chefin?“, meinte Pukk, der deutlich unsicherer war.

„Was ist da hinter dir?“, fragte sie.

„Ein Kissen!“ Er antwortete viel zu schnell.

„Und was ist hinter dem Kissen.“ Ihr fiel auf, dass es gegen etwas lehnte, das eindeutig nicht die Nachtlampe sein konnte, da diese auf dem Boden stand.

„Nichts“, erwiderte der kleine Geist schnell.

Joanne sagte nichts. Sie griff nach dem Kissen und hob es hoch, nur um ein kleines Gefängnis von gerade einmal fünfzehn Zentimeter Höhe zu zeigen. Es schien aus Metall zu sein, auch wenn sie ahnte, dass es nur eine Illusion war, und hatte ein einzelnes, mit Metallstreben versperrtes Fenster. Aus diesem heraus sah ein wütender Puck.

„Unverschämtheiten sind das hier! Unverschämt! Wie ich hier behandelt werde …“, zeterte der kleine Wicht.

Joanne drehte sich zu Murphy um. „Was soll das?“

Murphy kicherte. „Na ja, unser kleiner Aufschneider da, beschwerte sich trotz allem, dass wir ihn wie einen Gefangenen behandeln, also dachten wir, wir zeigen ihm mal, wie so ein Gefangener …“

Mit einem leicht wütenden Stöhnen wandte Joanne sich wieder dem Puck zu. „Murphy“, murmelte sie. Nichts, was sie sagen würde, würde den Jungen davon überzeugen, einen Fehler gemacht zu haben. „Kannst du dich nicht einmal beherrschen?“

„Nö“, erwiderte er fröhlich.

Sie griff nach dem vermeintlichen Metallblock, der – wie sie es erwartet hatte – nach unten geöffnet war, und hob ihn an. Er knickte unter ihrer Berührung. Gefaltetes Papier. Origami. Murphys Verständnis von Ironie.

„Unverschämt!“, rief der Puck wieder. „Was der Junge sich erlaubt! So behandelt man keinen Gast.“

„Da stimme ich dir zu“, sagte sie süffisant. „Es tut mir wirklich leid, dass mein Sohn dich eingesperrt hat. Glaub mir, er wird entsprechende Konsequenzen davon tragen.“

„Was?“, meinte Murphy.

Der Puck sah sie an. Offenbar wusste er nicht so Recht, wie er darauf reagieren sollte. „Das werde ich wohl hoffen!“, meinte er schließlich.

Sie lächelte. „Keine Sorge.“ Dann wandte sie sich der Füchsin zu. „Wie geht es dir?“

Ein leises Bellen. Was für eine Antwort. Zumindest hatte sich die Wunde an ihrem Oberschenkel geschlossen – fraglos dank Joachims Heilmagie. Die weißen Ohren waren aufgestellt und das Tier sah sie mit goldenen Augen an.

„Kannst du nicht Sprechen?“, fragte sie.

Die Antwort war ein etwas tieferes Bellen. Offenbar ein „Nein“.

„Murphy?“, fragte Joanne. Der Junge war nicht umsonst fähig die Sprache der Tiere zu sprechen.

Doch Murphy antwortete nicht. Er hatte wieder die Gestalt eines Raben angenommen und saß so aufgeplustert auf dem Boden und warf dem Puck einen bösen Blick zu.

„Murphy, bitte“, meinte Joanne erneut.

Die Dohle plusterte sich noch weiter auf.

„Murphy!“, rief Amy aus und ließ sich auf den Boden fallen. „Murphy, komm. Hilf Mama.“

Murphy schenkte ihr einen beleidigten Blick. Dann aber sprang er auf das Bett und begann zu bellen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ich weiß, dass es etwas offen endet *hust* Aber das war tatsächlich so geplant. Bei dieser Truppe gibt es nie Ruhe xD Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  Taroru
2017-12-23T12:22:37+00:00 23.12.2017 13:22
natürlich ist es absicht, das du das offen enden lässt :-p
was anderes hab ich von dir gar nicht erwartet *lach* XD
aber ich mag diesen chaoten trupp unglaublich gerne, und freu mich auch da noch viel mehr zum lesen zu bekommen ^^

Von:  Taroru
2017-12-22T13:50:12+00:00 22.12.2017 14:50
mir gefällt ihr moralischer codex XD
ich hoffe dem yowie geht es doch noch gut o.o
und das mit den wilderern wird interessant, vor allem was das ganze dann doch noch für kreis gezogen hat.... origamis in der bank..... ein verletzter fuchs.....
also ich bin immer noch gespannt :-D
Von:  Taroru
2017-12-21T13:37:31+00:00 21.12.2017 14:37
na da bin ich ja gespannt wie das monopoly spiel aus geht XD
sie sind mir immer noch sehr sympatisch, alle samt :-p
auch wenn das zwischenspiel viel zu kurz war! du weißt, ich brauche mehr lesefutter :-p
Von:  Taroru
2017-12-20T12:57:31+00:00 20.12.2017 13:57
ach gott... na das ist ja ein gespann XD
eigentlich da nur chaos enstehen oder? mir sind die beiden jedenfalls sehr sympatisch, auch wenn es mit ihnen echt anstrengend sein muss *lach* XD
die erklärung hat mir gefallen, warum der kleine puck unbedingt die kraniche falten muss usw. erscheint mir hier echt so weit logisch :-)
freu mich auf mehr ^^
Von:  Taroru
2017-12-19T11:57:03+00:00 19.12.2017 12:57
amy ist süß *lach* XD
und jack mag ich auch, joanne hat es tatsächlich nicht einfach *lach* XD
freu mich auf das nächste kapitel, das dann auch wieder etwas länger ist? ^^
Von:  Taroru
2017-12-18T13:52:31+00:00 18.12.2017 14:52
und weiter? o.O
du kannst da doch nicht aufhören? o.O
was war es denn nu? und wie? o.O
und vor allem... warum? o.o

ich finde die perspektive mit der astralebene gut gemacht, ich kann mir das echt gut als serie vorstellen *lach* XD
und hoffe das es hier dann halt auch noch viel input gibt :-)
Antwort von:  Alaiya
18.12.2017 14:53
Die Geschichte gibt es jetzt bis Weihnachten täglich. ;)
Also keine Sorge.
Antwort von:  Taroru
18.12.2017 14:55
yes :-D
täglicher lesefutter, das klingt doch super :-D
Antwort von:  Alaiya
18.12.2017 14:56
Werden gesamt 6 Teile.
Bzw. 3 Teile, 2 Zwischenspiele und 1 Nachspiel.
Antwort von:  Taroru
18.12.2017 15:01
ich freu mich drauf :-D


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