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Strandurlaub

von

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Strandgut

Hallo ^^
 

Krankhafter Weise eine kleine Story, die länger werden wird als ich ursprünglich wollte, wie so oft also...

Noch eine kleine Anmerkung: Alles meine. Ähnlichkeiten mit lebenden, toten oder sonstigen Personen sind rein zufällig und keineswegs beabsichtigt. Orte, die genannt werden, mögen mir vergeben, aber mir fielen grad keine anderen ein... und wer auch immer da wohnt, auch diejenigen bitte ich um Vergebung, ich meinte es nicht so...
 

So, nun aber zum Grund unserer Zusammenkunft:
 

Kapitel 1

Strandgut
 

Ich bin ein Idiot. Ein verdammter Idiot. Warum auch muss ein Mensch an Weihnachten durch die Gegend fahren? Noch dazu an einem eiskalten Abend. Mit dem Fahrrad. Bei Eisregen. Auf einer kleinen, dunklen Landstraße. Was ich davon hatte? Kaputte Jeans, einen dreckigen Mantel und eine formschöne Acht im Vorderrad. Und wofür ich so was auf mich nehme? Für den lieben Familienfrieden, wofür sonst? Ohne diese kleine Tour würde meine Mutter ohne Eier in der Küche stehen. Okay, die Ersatzeier sind mittlerweile auch Matsch und nicht mal mehr für Rührei zu gebrauchen, dabei waren es die letzten, die meine Oma uns spenden konnte. Aber was soll’s, ich mochte Würstchen schon immer lieber zum Kartoffelsalat… Mal abgesehen davon, dass der wohl das Beste am heutigen Abend darstellt, vor allem wenn man zwei Geschwister hat. Zwillinge. Neun Jahre alt und quietschvergnügt, weil endlich Weihnachten ist. Aber mein Fluchtplan steht und wird konsequent umgesetzt.

Morgen Vormittag geht ein Zug in Richtung Berlin und von da aus ein zwei weitere in Richtung… warum vergesse ich nur ständig Orts- und sonstige Namen?... ach ja, Ahlbeck auf Usedom. Weit, weit weg von dieser durchgedrehten Familie… und ich werde in diesen Zügen sitzen. Die Fahrt dauert zwar ewig, aber das ist es mir allemal wert. Und nichts und niemand wird mich aufhalten. Meine Tante hat darauf bestanden, dass ich bei ihr Hundesitter spiele. Zwei Wochen lang nur ich und der Hund in einem Haus direkt am Meer, wenn man die Dünen mal außer Acht lässt. So eine Chance lass ich mir natürlich nicht entgehen. Besser noch: Meine Familie ist einverstanden. Der Junge muss schließlich für seine Prüfungen lernen, das Studium dauert eh schon viel zu lange, ganze vier Jahre schon, und das, wo er doch mit 17 Abitur gemacht hat, als Jahrgangsbester. Ja, so war ich, Musterschüler und Vorzeigesohn. Kein Wunder, dass es mit den Mädchen nichts wird. Ich wäre ja so ein guter Ehemann, sagen meine Großeltern. Aber die ahnen nicht, dass ich Fußball nicht wegen des Sports schaue, genauso wenig wie Schwimmwettkämpfe… Wir leben in einer Kleinstadt, und meine Großeltern auf dem Dorf, da gibt so unanständige Sachen wie Homosexualität nicht. Dabei haben sie keine Ahnung, dass der Pfarrer nicht verheiratet ist, weil er eine Beziehung mit dem Kantor hat. Und die beiden Frauen, die vor kurzem den großen Vierseitenhof am Dorfrand gekauft haben teilen sich auch mehr als nur die Wohnung… Aber nein, so etwas gibt es nicht, und schon gar nicht bei uns. Zum Glück sind meine Eltern anders drauf und halten gegenüber meinen Großeltern dicht. Und zum Glück studiere ich in einer angehenden Großstadt in der es Menschen gibt, die sich selbst nicht verleugnen, ziemlich viele sogar.

Doch da bin ich gerade nicht und muss mich stattdessen mit einer Mutter rumschlagen, die es nach Eiern verlangt und mit einem Vater, der mir Vorwürfe macht, dass ich nicht das Auto genommen habe, wo er genau weiß, dass ich keinen Führerschein habe und er schon zu viel getrunken hat. Eigentlich trinkt er nie, aber anders würde auch er wohl die schreiend bunte Weihnachtsdeko meiner Schwestern nicht aushalten. Nun hat also dieser Zusammenhang sein Fahrrad auf dem Gewissen. So kann’s gehen. Zumal er die letzten Eier hat auf den Boden fallen lassen.

Meine Mutter dreht derweil komplett am (kaputten) Rad:

1. Keine Eier!

2. Mein Vater und ich sind kurz davor uns zu zoffen.

3. Meine Schwestern drängeln wegen der Geschenke.

„Ich geh packen“, meine ich nur bevor das Ganze in Stress ausartet und verzeihe mich in mein Zimmer.
 

„Nicky, komm jetzt endlich oder wir essen ohne dich!“, brüllen die Zwillinge im Chor.

Also wie immer das gleiche Spielchen. Essen im Schnelldurchlauf und dann die allseits beliebte Geschenkeschlacht, also beliebt bei den jüngeren Mitgliedern der Familie, jünger als ich. Dabei kommt es im Endeffekt gar nicht mehr darauf an, ob Charlotte oder Josephine auf dem Packet steht, da alles auf einem Haufen landet und die beiden sich danach darum streiten, wer womit spielen darf. Man muss sie einfach lieb haben. Besonders wenn sie letztendlich doch mal müde werden und wir endlich das weihnachtsquietschige Wohnzimmer verlassen können. Ich muss eh noch ein bisschen was packen.
 

Am nächsten Morgen folgt dann der, zumindest auf Seiten meiner Schwestern, tränenreiche Abschied, die ewig lange Fahrt in Richtung Erholung und die Erkenntnis, dass es an der Ostsee auch nicht wärmer ist als zu Haus. Meine Tante holt mich vom Bahnhof ab und zeigt mir das Haus, in dem ich schon vor 15 Jahren gespielt habe und mich eigentlich ganz gut auskenne. Dann drückt sie mir noch 200 Euro für die Verpflegung in die Hand und lässt mich mit Mephisto, ihrem steinalten Zwerg-Wasauchimmer, allein um mit meinem Onkel auf eine 14-tägige Kreuzfahrt in die Karibik zu fliegen.

Ach, kinderloser Großverdiener müsste man sein. Oder eben deren Hundesitter. Zwei Wochen lang Ruhe und selbst das Lernen kann ich mir verkneifen, da ich vorgearbeitet habe. Und Mephisto schläft sowieso zwei Drittel des Tages. Ja, besser kann es wohl kaum kommen.

Das Haus an sich ist schön, ungefähr 100 Jahre alt, frisch renoviert und geschmackvoll eingerichtet, gerade so, wie es sich für ein Haus dieses Alters gehört, inklusive neuem Plasmafernseher an der Wohnzimmerwand. Ich weiß schon, weshalb ich mich immer mit meiner Tante gutgestellt habe. Mephisto muss erfahrungsgemäß dreimal am Tag raus, das sollte aber nicht weiter stören, da er bei der Kälte auch gerne mal nur in den Garten geht und schnellst möglich wieder reinkommt. Wir sind ein eingespieltes Team und überstehen den Rest des Tages und die Nacht ohne weitere Vorkommnisse.
 

Doch irgendwann braucht auch der Mensch mal ein wenig Auslauf, also gehen wir zwei, der Hund und ich, an den Strand, der dank der Kälte menschenleer ist. Den Schal bis zur Nase gezogen und die Hände tief in den Taschen vergraben beobachte ich Mephisto, der versucht die kleinen, auf den Sand rollenden Wellen zu fangen.

„Das hast du davon, Schwuchtel!“, brüllt auf einmal jemand hinter den Dünen und als ich mich umdrehe, sehe ich eine Gestalt auf mich zu laufen. Sie trägt ein Kleid, rennt, fällt, steht auf, rennt, fällt wieder und bleibt schließlich keine zehn Meter von mir entfernt im Sand liegen.

Ich trete näher und sehe, dass das, was ich für blondes Haar gehalten hatte, eigentlich eine Perücke über tiefschwarzem Haar ist, und die Person im Kleid eigentlich ein Mann, oder besser ein Teenager von vielleicht 18 Jahren. Ich gehe neben ihm in die Knie und berühre vorsichtig seinen Arm, doch er zuckt nur zusammen.

„Ganz ruhig, ich gehöre nicht zu denen“, flüstere ich.

„Lass mich!“, fordert er mit erstickter Stimme.

„Du liegst weinend, ohne Schuhe und ohne Jacke im Sand, natürlich werde ich dich nicht in Ruhe lassen“, erwidere ich nur und ziehe ihn auf seine Füße. Ob er will oder nicht, jetzt steht er und sieht mich nicht an, schnieft nur hin und wieder.

„Ist dir kalt?“, frage ich obwohl er am ganzen Körper zittert.

Er nickt logischerweise und ich lege ihm meinen Mantel um die Schultern.

„Mephisto, komm!“ Der Hund gehorcht und ich ziehe den Kleinen an der Hand in Richtung Tantchens Haus, weit weg von den immer noch Lachenden hinter den Dünen. Er zittert immer noch und ein Blick auf seine unnatürlich blauen Zehen verrät mir, dass die kurz vorm Abfrieren sind.

„Steig auf meinen Rücken“, fordere ich ihn auf und gehe vor ihm in die Hocke.

„A-ab-aber…“, klappern seine Zähne.

„Nichts ‚aber’, steig auf.“ Ich bin zwar nicht viel größer als er, aber dafür nicht ganz so dürr, das schaff ich also auf jeden Fall, zumal es nicht mehr weit ist. Ohne weiteres Murren wird er vernünftig und krabbelt auf meinen Rücken, auf welchem ich ihn bis vor die Haustür trage. Zum Aufschließen muss ich ihn dann aber doch absetzen und ziehe in dann ohne Umwege durchs Haus direkt ins Bad.

„So, du gehst erstmal unter die Dusche und ich bringe dir gleich was zum Anziehen, dann erzählst du mir was los ist, ja?“

Er nickt zaghaft und versucht den Mantel aufzuknöpfen, allerdings zittern seine Finger so sehr, dass ihm das nicht wirklich gelingen will. Ich helfe ihm also beim Ausziehen bis nur noch ein zitternder Junge in Unterhose vor mir steht.

„Den Rest schaffst du aber allein, oder?“, frage ich.

„J-ja, d-danke.“

Ich nehme das Kleid gleich mit, um es zu entsorgen, die Perücke hat er unterwegs schon weggeworfen.
 

Als ich wiederkomme, rauscht die Dusche immer noch und da auf mein Rufen niemand reagiert, schiebe ich die Tür auf und trete in den warmen Wasserdampf, der den Raum erfüllt.

„Ich lege dir ein paar Klamotten aufs Fensterbrett und warte unten, okay?“

„Danke“, kommt es leise aus der Dusche.

Ich gehe in die Küche, um Kakao zu machen und einem bettelnden Mephisto sein Futter zu geben.

„Und, was hältst du von unserem Gast?“, frage ich den in sein Futter vertieften Hund. „Kennst du ihn? Kommt er überhaupt von hier? Ach was soll’s, du antwortest mir doch eh nicht, du verfressenes Fellknäuel.“

„W- wie heißt er?“, fragt eine leise Stimme an der Küchentür.

„Mephisto“, antworte ich dem Kleinen lächelnd. Der steht, mit nassen Haaren und eingewickelt in den wohl wärmsten Pullover meines Onkels da und beobachtet das Fellknäuel beim Fressen.

„Er ist süß“, meint er und kommt langsam näher, hockt sich neben mich und streichelt den Hund, der sich durch nichts und niemanden ablenken lässt.

„Er ist schon ziemlich alt und mittlerweile auch ziemlich eigensinnig.“

„Ich mag den Namen. Hat er den von dir?“

„Nein, ich passe nur auf ihn auf solange meine Tante im Urlaub ist. Sie hat ihn so genannt, hat es irgendwie mit Goethe. Mephistos Vorgänger hieß Götz von Berlichingen.“

„Ziemlich uncool.“

„Meine Meinung, aber nach der haben sie damals nicht gefragt. Wie wäre es mit einer Tasse Kakao?“

„Gerne“, antwortet der Kleine und sieht auch jetzt immer nur zu Mephisto.
 

Kurze Zeit später sitzt er dann regelrecht zusammen geknüllt in einer Ecke des Sofas, krallt sich an seine Tasse und schweigt.

„Darf ich fragen, wie du heißt?“, frage ich und versuche damit ein Gespräch anzufangen, ganz leise und vorsichtig, damit er sich nicht erschreckt.

„Benjamin“, flüstert er. „Du?“

„Nicolas, aber nenn mich bitte Nick. Oder Nicky, wie meine kleinen Schwestern.“

„Magst du Nicolas nicht?“

„Nicht wirklich, so hat meine Mum mich immer genannt, wenn es Ärger gab. Darf ich dich Benni nennen?“

„Bitte nicht, den Namen hasse ich.“

„Dann nur Ben also, ja?“

Er nickt und trinkt etwas von seinem Kakao. „Du hast Schwestern?“

„Ja, Josi und Charlie, die beiden sind Zwillinge und ziemlich nervtötend.“

„Wie alt?“

„Neun dreiviertel, wenn du sie fragen würdest.“

„Aber so nervtötend können sie gar nicht sein, so wie du grade lächelst. Du musst sie wirklich lieb haben.“

Das erste Mal sehen wir uns direkt an, und würde ich nicht schon sitzen, hätte ich ein echtes Problem. Seine Augen sind so unglaublich blau, dass es einen förmlich umhaut. Und so unfassbar traurig, dass es nur schwer zu ertragen ist.

Da hilft nur eins, Ruhe bewahren und so tun als würden einen solche Augen nicht aus dem Konzept bringen.

„Hast du Geschwister?“, frage ich.

„Leider“, erwidert er und senkt den Blick wieder.

„Wieso? Mögt ihr euch nicht?“

In seine Tasse starrend schüttelt er den Kopf. „Vorhin… der, der am lautesten gelacht hat, der mich dazu gezwungen hat… Alexander, der ist mein Bruder.“

Und jetzt sag mir bitte mal einer, was man darauf sagen soll. Eigentlich scheint es unmöglich irgendetwas zu sagen. Oder irgendetwas tun außer Ben völlig überrumpelt anzustarren. Und jetzt fängt er auch noch an, leise vor sich hin zu schniefen als wolle er gleich los heulen. Okay, in seiner Lage würde ich das zwar auch wollen, aber in solchen Situationen zeigt sich immer, wie talentlos ich doch eigentlich bin, besonders in zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber das alles hilft nichts, der Kleine muss getröstet werden und ich bin der einzige Mensch außer ihm hier, also nehme ich ihm vorsichtig die Tasse ab und stelle sie auf den Tisch. Dann nehme ich ihn noch in den Arm, was sich nicht einmal als Fehlentscheidung erweist, da er keine Sekunde später in Tränen ausbricht und sich schluchzend an mich klammert.
 

Als er sich schließlich ausgeweint hat, liegt er kraftlos in meinen Armen und wir beide auf dem Sofa, irgendwie jedenfalls.

„T-Tut mir Leid“, stammelt er irgendwann kaum hörbar.

„Nichts muss dir Leid tun“, erwidere ich nur unwesentlich lauter.

„A-Aber ich mache dir nur Umstände…“

„Machst du nicht, ich bin froh, dir helfen zu können. Außer natürlich es gibt jemanden, mit dem du lieber reden würdest, deine Eltern vielleicht? Ich kann sie gerne anrufen.“

Er schüttelt den Kopf. „Nein, die sind auch nicht besser als Alex, haben mir wahrscheinlich genauso die Pest an den Hals gewünscht als ich gesagt habe, dass ich schwul bin.“

Aus einem, meinem schwachen Hirn in dem Moment unerklärlichen Grund schließen sich meine Arme etwas fester um Ben.

„Hast du denn überhaupt niemanden?“, frage ich leise und wieder schüttelt er den Kopf.

„Willst du hier bleiben?“

Überrascht löst er sich von mir und sieht mich mit seinen unglaublichen Augen an. „Geht das denn?“

„Bis meine Tante und mein Onkel wieder kommen auf jeden Fall und dann finden wir eine Lösung. Zu deiner Familie lass ich dich jedenfalls nicht zurück.“

„Danke“, haucht er daraufhin nur und wirft sich mir um den Hals. Wie sollte ich ihn denn nicht bei mir behalten? Obwohl es wohl reichlich schwer werden wird, so wie ich mich kenne…

„Schon gut. Und fang jetzt nicht wieder an zu heulen, ja?“ Das wäre nämlich wirklich fatal…

„I-Ich heul doch gar nicht“, schnieft er.

„Ja, klar“, entgegne ich dieser wenig überzeugenden Darbietung und wische ihm schon mal die erste Träne von der Wange, woraufhin Ben nur knallrot anläuft und von mir wegsieht.

„Ich glaube, Mephisto will uns etwas sagen“, stellt er nach einigen Sekunden des Schweigens fest. Und tatsächlich, als ich zu ihm rüberschaue, guckt der Hund abwechselnd uns und die Terrassentür an.

„Und ich glaube, er will raus.“ Schweren Herzens löse ich mich endgültig von Ben und lasse Mephisto in den Garten um in der offenen Tür stehen zu bleiben.

„Gibt es was interessantes da draußen?“, meldet sich Ben nach einer Weile vom Sofa.

„Nur Schnee.“

„Echt? Lass sehen!“ Fast klingt er wie ein kleines Kind, steht auch keine Sekunde später wie ein Kind neben mir und starrt völlig fasziniert die Flocken an.

„Aber nicht lange, oder willst du dich erkälten?“

„Es ist Schnee, der ist es mir alle Mal wert.“ Und kaum hat Ben diese Worte gesprochen, kommt Mephisto hereingetapst, schüttelt sich und lässt sich in der Nähe der Heizung nieder.

„So, genug gesehen“, erkläre ich daraufhin die abendliche Schneebeschau für beendet und schließe die Tür wieder.

„Schade“, seufzt Ben nur.

„Hast du Hunger?“, frage ich um ihn abzulenken, Schnee bleibt schließlich länger kalt als seine Haare nass.

„Ein bisschen, glaube ich.“

„Okay, ich habe großen Hunger, also lass uns essen.“

Wir essen dann auch, oder besser, ich esse während Ben mit der Gabel auf seinem Teller rumstochert und schweigt.

Nur zu gern wüsste ich, was in seinem süßen Kopf vor sich geht… Streicht das Wort ‚süß’. Für so was bin ich nicht hier, ich wollte abschalten, mich erholen und das bedeutet auch: KEINE Liebesabenteuer! Hör also auf, dich zu verlieben, du Vollidiot!

„Wo… wo schlafe ich eigentlich?“, fragt er leise als mein Teller leer und sein Essen kalt ist.

„Im zweiten Gästezimmer, würde ich sagen. Wir müssen nur das Bett noch beziehen“, erkläre ich lächelnd und hoffe, ihn auch mal lächeln zu sehen, wenn auch nur ein bisschen. Aber vergeblich, er nickt nur und macht sich daran, den Tisch abzuräumen.

„Lass stehen, das mach ich später“, fordere ich erfolgreich und er schlurft hinter mir die Treppe hoch, hilft mir noch mit dem Bett und sagt kein Wort mehr außer „Gute Nacht“ bevor ich ihn allein lasse und wieder runtergehe um aufzuräumen.

Die halbe Nacht liege ich noch wach und versuche nicht an Bens Augen zu denken, oder seinen Mund, seine Stimme, sein… Nein, ich muss wissen, was ich mit ihm anstelle, wenn ich wieder weg muss. Zu seiner Familie kann er nicht wieder, das ist mal klar, aber was sonst…? Und dabei habe ich keine Ahnung, ob er noch zur Schule geht, oder vielleicht einen Job hat, zu dem er muss, oder was er sonst mit seiner Zeit anfängt… Doch bis ich einschlafe, rätsle ich weiter und dennoch fällt mir nichts ein. Rein gar nichts außer seinen Augen…

Sturmwarnung

Vorwörtchen:

Tut mir leid, aber es muss so sein: Es geht weiter!

Sonst ist alles wie gehabt. Also Charas, Handlung usw. sind allein meinem kranken Kopf entsprungen. Und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen ^^
 

Sturmwarnung
 

„Warum hast du mich mitgenommen?“

Häh… was ist los? Mitgenommen? Was hab ich mitgenommen? Warum ist es so hell? Warum darf ich nicht weiter von den Rettungsschwimmern in Spanien letzten Sommer träumen? Egal, erst mal den Wecker ausfindig machen und zerstören, damit ich weiterschlafen kann. Dazu sollte ich aber die Augen öffnen, oder? Gedacht, getan. Mehr oder weniger elegant, wie man es halt nennen will, wenn man gleich wieder unter der Decke verschwindet.

„Tut mir leid, dass ich dich wecke, aber ich muss es wissen.“

Wer muss was wissen? Mal überlegen… Getrunken hab ich gestern Kakao, Cola und Kaffee, gegessen… irgendwelche Fertiggerichte, genau das richtige für talentlose Hobbyköche wie mich. Also am Alkohol oder irgendwelchen anderen Drogen liegt es nicht, davon hatte ich nämlich nichts in den letzten zwei Wochen. Aber blaue Augen hatte ich… Nein, ich nicht, aber… Ben! Der hat solche Augen, der hat… hier übernachtet.

„Bitte, ich weiß, dass du wach bist…“

Und der hatte so eine Stimme, so eine traurige, dünne Stimme. Und Probleme, genau, die hat er auch.

Langsam schiebe ich also doch noch die Decke nach unten, bis zum Kinn muss aber reichen.

„Was denn?“, frage ich, meine Stimme schläft vermutlich noch.

„Warum hast du mich mitgenommen?“ Er steht am Fußende des Bettes, direkt vorm Fenster, und sieht mich todernst an.

„Darf ich erstmal wach werden bevor wir die essentiellen Fragen des Lebens erläutern?“ Ich hätte dich nicht dabehalten, würdest du nicht immer so süß gucken, egal welchen Blick du drauf hast… Nein, das ist nicht einmal mit Übermüdung zu entschuldigen, das grenzt an Selbstzerstörung. Der Kleine vor dir steht vor einem Trümmerhaufen und hat mit anderen Dingen zu kämpfen und du denkst nur daran, wie süß er doch ist.

„Der Kaffee ist fast fertig, also würde ich mich an deiner Stelle beeilen.“ Und weg ist er.

Aber er hat doch Kaffee gesagt, ja? Da bin ich doch dabei… und lege mich beim Versuch aufzustehen fast wieder hin, diesmal auf den Boden. Also, das Bein links, das rechts, und jetzt… Geht doch, sehr schön, Glückwunsch! Ich sollte echt lernen, schneller aufzuwachen. Fürs erste muss etwas kaltes Wasser im Gesicht reichen, duschen kann ich nach meiner morgendlichen Koffeindosis immer noch.
 

Unten trifft mich dann fast der Schlag, fast. Auf dem Küchentisch steht KEIN Kaffee, obwohl noch deutlich Kaffeespuren in der Luft liegen. So was rieche ich auf 500 Meter gegen den Wind. Aber von irgendwoher weht da was… Kaffee, genau, aus der Richtung, in der das Esszimmer ist. Juhu, also doch keine Verarsche. Ich folge also der Kaffeewolke und finde meinen Geliebten, soll heißen den Kaffee, auf dem Esstisch vor, in Mitten von frischen Aufbackbrötchen, Croissants, Wurst, Käse, Marmelade, Milch, Honig, einem aus markenrechtlichen Gründen nicht zu nennenden Nuss-Nougat-Brotaufstrich und diversen anderen Kleinigkeiten, die zu einem ausgewogenen Frühstück zu gehören scheinen. Ich persönlich kenne mich da nicht wirklich aus, da ich schon seit längerem gleich von Kaffee pur zum Mittagessen springe, also seit der neunten Klasse ungefähr.

„Wann hast du das denn gemacht?“, frage ich Ben vollkommen verwirrt.

„Naja, ich bin vor drei Stunden aufgewacht und wollte mich nützlich machen. Mit Mephisto war ich auch schon draußen. Aber setz dich erstmal, ich würde gern mit dir reden.“ Er guckt immer noch total ernst, was ihm wirklich verdammt gut… nein, das tut es nicht, Idiot.

Ich setze mich also und greife mir eine Tasse meiner Lieblingsdroge. „Worüber denn?“

„Warum hast du mich mitgenommen?“, wiederholt er seine Frage von vorhin.

„Du wärst erfroren da draußen, das konnte ich nicht zulassen.“

„Nimmst du immer Fremde mit in die Häuser deiner Verwandten?“

„Nein, du bist eine Ausnahme.“

„Warum hast du mir erlaubt, hier zu übernachten? Ich hätte dich töten und das Haus ausräumen können.“

„Hast du nicht.“

„Ich hätte es tun können.“

„Ich habe dir eben vertraut. Meine Freunde haben schon immer gesagt, ich hätte ein zu großes Herz und wäre viel zu vertrauensselig.“

„Woher weiß ich, dass du mich nicht auch verarschst, so wie alle anderen?“

„Ich verarsche dich nicht, ich will dir helfen, das musst du mir glauben. Du kannst mir vertrauen.“

„So wie du einem dahergelaufenen Fremden vertraust?“

„Genau so.“

„Du bist verrückt.“ Falsch, du machst mich verrückt, Ben. So wie du mich mit diesen Augen ansiehst, dieser Blick treibt mich noch in den Wahnsinn, da bin ich mir sicher.

„Nein, aber wenn es dir hilft, ich würde gerne mehr über diesen dahergelaufenen Fremden erfahren, der mir gegenüber sitzt.“

„Da gibt es nicht viel zu erfahren.“

„Doch. Warum zum Beispiel haben diese Typen dich gestern in dieses Kostüm gesteckt?“

„Weil sie hirnlose Idioten sind, intolerant und vollkommen in ihrer kleinen Welt gefangen.“

„Und der Auslöser? Wenn ich fragen darf…“

„Alex. Der ist der Anführer bei denen, alles was er sagt wird gemacht, seit die sich kennen. Seit dem hacken sie auch auf mir rum.“

„Aber seid ihr nicht Brüder? Das ist doch…“

„Krank? Ja, aber in meiner Familie bin ich sowieso das schwarze Schaf.“

„Wieso? Du siehst doch ganz harmlos aus.“

„Denkst du vielleicht jetzt, aber das ist schon lange so. Alex und ich waren als Kinder unzertrennlich, doch als wir älter wurden, entwickelten wir uns in vollkommen gegensätzliche Richtungen.“

„Bei Brüdern ist das doch nicht so ungewöhnlich, oder?“

„Auch bei Zwillingen? Zweieiig, das sieht man ganz leicht, Alex hat viel hellere Haare als ich und ist einen halben Kopf größer. Um ehrlich zu sein, haben wir nicht einmal das gleiche Geburtsdatum.“

„Häh? Wieso das denn nicht?“

„Er wurde zehn Minuten vor Mitternacht geboren, ich zehn Minuten danach. Und ich fürchte, das gestern war seine Vorstellung von einem gelungenen Geburtstag.“

„Du hattest gestern Geburtstag?“ Eine irgendwie überwältigende Mordlust bahnt sich gerade den Weg durch mein Gehirn, so einen Bruder würde ich ohne zu zögern im Schlaf ersticken.

„Nein, aber er. Und er dachte wohl, es wäre ein fantastischer Höhepunkt für seine Party, mich… naja, du weißt schon.“

„Wer legt denn bitte den Höhepunkt einer Party auf drei Uhr nachmittags?“

„Jemand, der schon mittags angefangen hat zu trinken?“

Scheiß auf das Frühstück, am liebsten würde ich den Kleinen jetzt quer über den Tisch ziehen und ganz fest drücken, ihn knuddeln und lieb haben. Vielleicht würde das ja die Tränen stoppen, die ihm über die Wangen laufen. Doch er wischt sie sich gleich wieder weg.

„Vergiss es, eigentlich ist das… vergiss es einfach, ja?“

Ich nicke nur.

„Da… da ist noch etwas anderes, was ich dich fragen wollte…“

„Was denn?“

„Ich glaube, es wäre besser, wenn ich meine eigenen Sachen holen würde, denkst du nicht auch?“

„Schon, aber müsstest du dann nicht nach Hause? In die Höhle des Löwen quasi?“

„Die müssen alle Arbeiten, den ganzen Tag. Da ist keiner.“

„Wenn das so ist, holen wir deine Sachen. Meine Tante hat praktischerweise ihr Auto hier gelassen, aber du müsstest fahren.“

„Ich hab meinen Führerschein gar nicht dabei.“

„Toll.“

„Wie meinst du das?“

„Na ja, wenn du ihn nicht dabei hast, bedeutet das, dass du einen hast.“

„Du nicht?“, fragt er und schaut mich an als wäre ein Führerschein das Normalste auf der Welt.

„Nein.“

„Okay, ich fahre.“ Immer noch dieser verständnislose Blick. Ich hätte nicht gedacht, dass so ein kleines Stückchen Plastik einen so aus der Bahn werfen kann.
 

Eine Stunde später sitzen wir im Auto vor einem kleinen unscheinbaren Haus in einer noch unscheinbareren Gegend.

„Das ist es“, murmelt Ben neben mir, steigt aus und holt unter einem Stein einen Schlüssel hervor.

„Hallo Benjamin!“, ruft eine ältere, lächelnde Frau plötzlich über den Zaun aus dem Nachbargrundstück. „Alles in Ordnung?“

„Hallo, Frau Jansen. Ja, alles in Ordnung, ich habe nur meinen Schlüssel vergessen“, ruft Ben freundlich lächelnd zurück. Es ist das gleiche Lächeln, das meine Mum aufsetzt, wenn sie in ihrem Laden steht und eigentlich mal wieder keinen Bock auf die ganzen Idioten hat, die sich Kunden nennen.

„Na dann. Einen schönen Tag noch“, kommt es von der Grinsefrau zurück.

„Danke, Ihnen auch“, ruft Ben noch zu ihr rüber und öffnet die Tür. „Komm rein.“

Ich folge ihm durch den Flur und die Treppen hoch und alles aber auch wirklich alles stinkt förmlich nach Mittelmaß. Die langweiligen Familienbilder an den Wänden, die typischen Möbelhausmöbel, die eintönig hellen Tapeten.

„Hier rein“, meldet sich Ben plötzlich wieder zu Wort und reißt mich aus meinen Betrachtungen dieser innenarchitektonischen Katastrophe. Er steht vor einer offenen Tür, die nach außen von einem riesigen „KEEP OUT OR YOU’LL DIE“-Schild geschmückt wird. Die Frage, ob er sich erst nach diesem Schild von seiner Familie wegentwickelt hat oder ob das Schild eine Folge davon war, verkneife ich mir lieber.

Im Zimmer sieht es nicht anders aus als im Rest des Hauses, die Wände sind in dezentem Hellblau gehalten und die Möbel frisch aus einem Möbelhauskatalog entsprungen (und zwar nicht aus dem schwedischen mit den vier Buchstaben). Zugegeben, die schwarzen Vorhänge und die Kritzeleien an den Wänden fallen ein bisschen aus der Rolle, aber sonst… Warte mal. Kritzeleien an den Wänden? Überall bis fast zur Decke? Und alles in Englisch, Französisch oder Latein? Dazwischen sind hier und da kleine Fledermäuse, Drachen und Spinnen gemalt, durch die Luft weht ein Hauch wie von Räucherstäbchen, die auf dem Boden verstreuten Klamotten sind ausnahmslos schwarz und nicht das erste Mal wirkt der helle Pullover meines Onkels, den Ben trägt, fehl am Platz.

„Ich bin gleich fertig“, sagt Ben, der schon fleißig am rotieren ist während er Sachen aus dem Schrank holt und vom Boden aufsammelt um dann alles zusammen in einen auf dem Bett platzierten Koffer zu stopfen.

Ich lese mir unterdessen die Wände durch. Es sind einzelne Sätze, Satzbrocken, halbe und ganze Gedichte, alles ist düster und verbreitet eine Art Endzeitstimmung. Da mein Französisch sich allerdings auf ein paar Sätze aus unserem letzten Urlaub am Atlantik beschränkt, nehme ich einfach mal an, dass sich die Inhalte insgesamt nicht viel nehmen.

„Lass dich davon nicht abschrecken, alles in allem schätze ich mich als umgänglicher ein als den Rest meiner Familie“, meint plötzlich eine Stimme neben mir.

„Warum steht hier alles in irgendwelchen Fremdsprachen?“

„Damit niemand es lesen kann. Abgesehen von mir, sind alle Mitglieder meiner Familie Nieten, was Fremdsprachen angeht. Und außerdem… ein paar Worte stehen hier auch auf Deutsch.“

„Echt? Wo?“ Ich suche die Wand vor mir ab.

„Da“, antwortet Ben und zeigt auf seinen Nachttisch. Darüber steht echt etwas auf Deutsch.

„Papierschnee für den Weltfrieden…“, lese ich leise vor und schaue wahrscheinlich mit einem unübertroffen blöden Gesichtsausdruck zu Ben.

„Klar, wofür sonst?“, fragt der nur Schulter zuckend.

„Stimmt auch wieder, aber wie kommt man auf solche Erkenntnisse?“

„Indem man als unschuldiger Zehnjähriger dazu verdonnert wird, Schneeflocken aus Papier auszuschneiden, die dann für die Klassenzimmerdeko bestimmt sind. Ich allerdings habe schon damals den Sinn solcher Aktionen in Frage gestellt, und naja, das war der einzig plausible Grund, den ich finden konnte.“

„Schon daran gedacht, dass das Zimmer dadurch schöner gemacht werden sollte?“

„Es sah hinterher schlimmer aus als vorher, zumindest war und ist das meine Meinung.“

„Also ich fand undekorierte Klassenzimmer immer katastrophal, viel zu kalt.“

„Ich bin Minimalist. Gib mir eine weiße Wand und ich bin glücklich, da hab ich wenigstens Platz für Notizen.“

„Ähm… ja. Wie weit bist du mit Packen?“

„Fertig.“

„Sehr schön. Dann…“

„Lass uns gehen, genau.“ Er lächelt traurig und wirft einen letzten Blick auf sein Zimmer bevor er den Koffer vom Bett zieht und zur Tür geht, die er mir aufhält.

„Ich trage den, okay?“, sage ich und nehme ihm gleich mal den Koffer ab, schließlich hat er in der anderen Hand noch einen Rucksack und einen Mantel. Das ist eindeutig zuviel auf einmal.

„Danke.“ Er macht die Tür hinter sich zu und geht mir voraus wieder nach unten.

Kurz vor der Haustür dreht er sich allerdings um und rennt wie von der Tarantel gestochen wieder nach oben. Ein paar Minuten später kommt er wieder und stopft etwas, das nach einer Waschtasche aussieht in seinen Rucksack. Dann scheint ihm noch etwas einzufallen und er stürmt in ein Zimmer, das ich durch die halboffene Tür als Wohnzimmer identifiziere. Mit einem Schokoweihnachtsmann und zwei Umschlägen bewaffnet, schmeißt er mich diesmal fast um, als ich ihm nicht schnell genug ausweichen kann.

„Sorry, aber man sollte nichts verkommen lassen“, meint er grinsend und lässt das Zeug der Waschtasche folgen. „Nur noch meine eigenen Schuhe und dann war’s das.“

„Gut, ich bring den Koffer schon mal ins Auto.“ Wenn man sich von seinem Elternhaus verabschiedet, sollte man immer eine Minute für sich haben, danach kann man sich die Tränen oder das zufriedene, endlich glückliche Lächeln wieder aus dem Gesicht wischen und so tun als wäre alles wie immer.

„Nimmst du den bitte gleich mit?“, fragt Ben und hält mir den Mantel entgegen.

„Klar.“ Für dich doch immer, Süßer. Nein, nicht wieder damit anfangen, Triebe im Zaum halten und warten bis das Leben dieses Jungen nicht mehr ganz so kaputt ist. Bessere Idee! Er hat Geburtstag, oder? So was muss man doch feiern. Genau, irgendwas Gutes muss ich ihm heute noch tun, schließlich ist es gerade mal Mittag. Aber erst muss ich mal diesen blöden Koffer in den Wagen hieven, Mantel darüber und die Windschutzscheibe vom frisch gefallenen Schnee befreien. Dann warten und mich schließlich von einem deprimierten Ben zurück fahren lassen.

„Ich hab mir da etwas überlegt…“, beginne ich vorsichtig als wir fast wieder am Haus meiner Tante sind.

„Ach ja, was denn?“, fragt mein Fahrer tonlos und starrt weiter auf die Straße.

„Ja. Heute Abend lade ich dich zum Essen ein!“

„Tust du nicht.“

Widerworte? Das wagt er? Nicht mit mir! „Doch, das tue ich. Du hast doch Geburtstag, wenn ich dich richtig verstanden habe. Das muss gefeiert werden.“

„Ich will aber nicht feiern.“

„Wie alt wirst du?“

„Zwanzig.“

„Also doch ein Grund zu feiern, ein runder Geburtstag. Du hast gar keine Wahl.“

„Meinetwegen“, seufzt er und parkt das Auto. „Aber ich komm nur in meinen eigenen Klamotten mit.“

„Klar, nichts lieber als das.“
 

Gut, also am Abend sitze ich im Wohnzimmer und warte. Nachdem wir angekommen waren, ist Ben mit seinem Gepäck in seinem Zimmer verschwunden und hat auf mein Klopfen und meine Ansagen im Stile von „Ich geh kurz mit Mephisto raus.“ ziemlich einsilbig geantwortet. Genau wie auf den Satz „Ich habe uns für acht Uhr einen Tisch reserviert.“ Ein einfaches Okay war die Erwiderung gewesen.

Nun ist es also 19:30 Uhr und wir sollten langsam los, da ich eigentlich vor hatte zu laufen. Das Restaurant ist zwar eines der Teuersten hier, aber das ist mir egal. Ich finde, Ben hat es verdient. Außerdem liegt es nur zehn Minuten zu Fuß entfernt, sodass wir nicht mal fahren müssen, also wir beide auch ordentlich anstoßen können. Schnee fällt auch keiner mehr und der Himmel ist schon fast sternenklar, das heißt, es wird vielleicht kalt, aber wenigstens nicht nass.

19:35. Ben lässt sich echt Zeit und ich hab das Buch, dass ich vor zwei Stunden angefangen habe schon fast wieder durch. Zugegeben, ist ziemlich dünn, noch nicht mal ein richtiges Buch, aber was soll’s.

19:40. So, fertig. Lange braucht man für 100 Seiten ja nicht wirklich. Und da ich mich aus reinem Übermut schon am Nachmittag umgezogen habe, ist mein Hemd mittlerweile auch wieder zerknittert, juhu!

„Da bin ich.“ Ben steht in der Tür und mir fällt die Kinnlade auf die Brust. Jetzt weiß ich wenigstens, warum er nicht in einen weißen Pullover passt! Seine Farbe ist Schwarz! Schwarz getünchte Augen, schwarzes Hemd unter schwarzem Jackett, schwarze Hosen, selbst seine Haare wirken schwärzer als vorher. Er ist perfekt, süßer und gleichzeitig heißer als noch vor ein paar Stunden und irgendwie fühle ich mich nicht in der Lage, ihm viel länger zu widerstehen.

„Gut, dann sollten wir los“, sage ich und stehe auf, unfähig meine Augen von ihm zu nehmen.

„Ist alles in Ordnung, du bist auf einmal so blass“, stellt Ben fest und ich kann nichts weiter machen als nur zu nicken.

„Wirklich?“

„Ja, wirklich. Gehen wir.“ Ich gehe an ihm vorbei, wobei ich mich wirklich zusammenreißen muss. Ja, Ben nicht anzufallen ist wirklich Schwerstarbeit. Am besten also gar nicht hinschauen, zum Glück haben meine Schuhe Schnürsenkel, bei denen ich mir Zeit lassen kann, und den Mantel muss ich auch zuknöpfen und ein Schal und Handschuhe… das alles braucht Aufmerksamkeit…
 

Wir gehen also Essen und der Abend wird ein voller Erfolg. Wir reden und lachen. Ben wehrt sich gegen alles und jeden. Gegen das Restaurant, gegen die drei Gänge und den Wein, dagegen, dass ich die Rechnung übernehme. Es scheint ihm gut zu gehen und das wiederum macht mich glücklich. Ich rede den ganzen Abend, von meinem Studium, Josie und Charlie, meinem bekloppten Mitbewohner und allem, was mir sonst noch so einfällt. Er erzählt mir von seinem Job in einem hiesigen Café, seinen Studienplänen, aber im Großen und Ganzen bleibt er allgemein und gibt nur wenig von sich preis, fast als hätte er Angst, ich würde es gegen ihn verwenden. Trotzdem lächelt er. Und wie er lächelt… und seine Augen. Das Schwarz bringt sie erst recht zum Vorschein und jedes Mal, wenn ich sie sehe, hauen sie mich aufs Neue um. Ich bin wirklich nicht mehr zu retten.

Dank des Weins ist es auch nicht mal so kalt, wie ich gefürchtet hatte als wir uns auf den Heimweg machen, obwohl es schon weit nach Mitternacht ist und bestimmt um die minus zehn Grad kalt. Vollkommen von unserem Übermut überrumpelt, machen wir noch einen kleinen Umweg über den Strand und brauchen auf diese Art ungefähr eine dreiviertel Stunde für den Zehn-Minuten-Weg. Meine Ohren sind schon ganz taub als wir wieder im Haus sind und uns lachend gegenseitig aus unseren Mänteln befreien.

Vor seiner Zimmertür macht Ben noch einmal Halt und dreht sich mit geröteten Wangen zu mir.

„Danke“, lächelt er. „Das war wahrscheinlich der beste Geburtstag, den ich je hatte.“

Wir stehen nicht mal einen Meter voneinander entfernt und mein Herz rast schon wieder.

„Keine Ursache“, erwidere ich leise und mache noch einen Schritt nach vorn. „Happy Birthday!“

Und ja, ich tue es, ich küsse ihn. Etwas, das ich die ganze Zeit vermeiden wollte. Und nein, er wehrt sich nicht. Okay, etwas überrascht scheint er zu sein, aber er lässt sich darauf ein, macht mit, zieht mich mit sich in sein Zimmer, auf sein Bett… Eigentlich wollte ich mich doch zurückhalten, oder? Auch egal, wo wir schon mal hier sind… und wie heißt es so schön? So jung (und heiß) kommen wir nicht mehr zusammen…
 

Ende Kapitel 2
 

(Bevor ihr mich zum Abschuss freigebt, dürft ihr gerne noch einen Kommi hinterlassen *zwinker*)

Leuchtfeuer

Da bin ich wieder ^^

So schnell diesmal... find ich auch merkwürdig, aber manchmal verlangt es die Muse einfach, ein Kapitel in nur wenigen Stunden mit mannigfaltigen Ablenkungen zu tippen und dann den eigenen Lesern präsentieren zu können ^^

Dann also viel Vergügen und wenn ihr geht, dürft ihr gerne einen Kommi da lassen *zwinker*
 

Leuchtfeuer
 

Irgendetwas riecht hier gut, verdammt gut. Und schön warm ist es… und kuschelig… und Haut hat es… und ein schlagendes Herz… leiser Atem… ein Mensch! Und er riecht so gut, so schön natürlich und ohne künstliches Aroma. Ben ist eben einfach immer perfekt. Ben? Im Bett? Mit mir? MIST!!! Genau das wollte ich doch vermeiden, wollte mich zurückhalten, mich nicht auf irgendetwas einlassen, mich nicht verlieben. Das ist doch nur eine weitere Möglichkeit für mich, es zu versemmeln. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass Ben im Moment keine Lust auf eine Beziehung hat. Ja, er braucht jemanden, aber wohl eher einen Freund als einen Lover, und beides kann ich einfach nicht, das zeigt meine langjährige Erfahrung als Mensch.

„Sorry, Kleiner, aber ich kann nicht“, flüstere ich ihm ins Ohr und ziehe meine Gliedmaßen vorsichtig aus dem Knäuel, das wir beide sind, sammle meine Klamotten vom Boden auf und verkrümele mich leise.

Natürlich wartet Mephisto schon auf dem Flur und jammert, aber erstmal ziehe ich mir lieber etwas an, dann bekommt er schon seinen Auslauf und sein Futter, auch wenn ich immer noch neben mir stehe. Selbst Schuld, Volltrottel! Ja, ich bin ganz allein Schuld an dieser Katastrophe, ich weiß.

An jede Einzelheit der letzten Nacht kann ich mich erinnern. Seine weichen Lippen, seine Hände, seine Haut auf meiner, seine Stimme, sein Atem, seine Augen… verdammt, ich darf nicht an seine Augen denken! Dann verstreue ich doch nur wertvollstes Kaffeepulver und mache es mir selbst unmöglich, die Finger von ihm zu lassen. Meine zitternden Finger… dazu ein rasendes Herz und ein ausgeschalteter Verstand, ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen. Aber nicht mal ein Arzt könnte mir jetzt noch helfen. So was nennt sich, glaube ich, gerechte Strafe für unübertreffbare Dummheit. Das und die Tatsache, dass ich eine geschlagene Viertelstunde benötige, um Kaffee zumachen. Eine Schande ist das, allerdings nicht verwunderlich, bei dem Tempo, das meine Gedanken drauf haben, wenn es darum geht, wieder einmal zu Ben zu wandern. Und er ist wohl die einzige Person, zu der sie nicht dürfen.

Zu meinem Glück habe ich noch Mephisto, dem ich meine gesamte Aufmerksamkeit schenken kann, auch wenn er nicht sonderlich glücklich dabei aussieht.

„Fellknäuel, komm her“, befehle ich und überraschender Weise gehorcht er sogar und lässt sich von mir aufs Sofa hieven, wenn auch etwas widerstrebend, doch er hat keine Wahl. Und als ich mich an ihn kuschele, kuschelt er sogar zurück.

„Sag mal, hältst du mich eigentlich für bescheuert?“

Keine Reaktion, das nehme ich einfach mal als Ja.

„Danke, ich mich auch. Aber kann ein einzelner Mensch wirklich so blöd sein? Wie konnte ich meinen Verstand nur auf so sträfliche Weise ausschalten? Ich wollte doch gar nicht, durfte nicht. Ja, ich gebe ja zu, dass er süß ist, und heiß noch dazu, wie da so vor einem steht mit seinen Klamotten und diesen Augen… aber trotzdem… ich meine, er ist auch so zerbrechlich…“

Wieder keine Reaktion, nur dieser unbeteiligte Hundeblick. Na toll, warum eigentlich immer auf die Kleinen, also auf mich? Katastrophenbeziehungen, ungebetenes Verlieben, verständnislose Hunde… und da wundert sich meine Mutter, wenn ich mal wieder der ganzen Welt die kalte Schulter zeige. Und dann schläft dieser blöde Hund auch noch ein. Na ja, mal sehen, was das Fernsehen hergibt, Ablenkung tut schließlich gut und Not. Zu blaue Augen… zu schwarze Haare… ein kleiner Grufti… Gibt es denn auf diesem Planeten gar keine Kochsendungen mehr? Offensichtlich nicht, wie ich beim Weiterschalten bemerke. Dann eben kein bewegtes Bild. Und wo wir schon dabei sind, auch kein unbewegtes Bild, sicher ist sicher. Lesen wäre doch mal eine gute Idee, dazu bräuchte man aber ein Buch. Das steht allerdings im Regal und wenn ich jetzt aufstehe, wecke ich nur Mephisto, der dann wieder tagelang nicht mit mir redet. Dann also doch lieber einfach nur dasitzen und…

„Hier bist du also.“

… mir einbilden, Bens Stimme zu hören und ihn mir im Türrahmen vorstellen und sein lächelndes Gesicht vor meinem inneren Auge zu sehen und ihn wenig später neben mir sitzen spüren…

„Redest du noch mit mir?“, fragt er leise neben meinem Ohr und erst der Hauch seines Atems auf meiner Haut macht mir klar, dass er es wirklich ist, der mir seinen Arm um die Schultern legt und sich an mich kuschelt.

Langsam drehe ich mich zu ihm.

„Tut mir leid, ich habe nachgedacht.“

„Verrätst du mir auch worüber?“, fragt er lächelnd und ich sehe lieber schnell wieder weg, um nicht gleich wieder über ihn herzufallen.

„Über uns“, antworte ich fast wahrheitsgemäß, schließlich habe ich nur über einen Teil von „Uns“ nachgedacht. Über dich nämlich, mein kleiner, süßer, schwarzer Engel.

„Und zu welchem Schluss bist du gekommen?“, fragt er neugierig weiter.

„Zu dem, dass wir das besser lassen sollten“, gebe ich schweren Herzens zu.

„Wieso?“

„Ich… ich kann nicht. Und du hast auch mit wichtigeren Dingen zu tun.“

„Du kannst nicht? Hast du etwa einen Freund? Oder gar eine Freundin?“

Ich schüttele den Kopf.

„Dann… wo liegt das Problem? Ich bräuchte jemanden, der mir beisteht, bei den wichtigen Dingen, wie du es nennst, und ich will, dass DU dieser jemand bist.“

„Du brauchst einen Freund, keinen Liebhaber.“ Nur nicht hinsehen, stark bleiben. Und nicht aus dem Augenwinkel sehen wollen, wie er lächelt. Er lächelt? Ich gebe ihm einen Korb und er lächelt? Okay, das ist neu…

„Sei beides“, fordert er und ich sehe ihn doch an. Seine Augen sind so blau, so schön, so gefährlich, sein Lächeln so unschuldig, dass ich gar nicht anders kann als ihn auch anzulächeln, auch wenn es einen bitteren Beigeschmack mit sich bringt.

„Das war ich noch nie. Ich kann keine Beziehung führen, in denen ich beides bin“, gebe ich zu. Heute bin ich schon fast zu ehrlich.

„Versuch es noch einmal, mit mir!“

„Aber…“

„Bitte. Und wenn du doch den falschen Weg einschlägst, werde ich dich auf den richtigen führen, versprochen.“

Nein, nicht dieses Lächeln, nicht diese verführerische, leise, sanfte Stimme, nicht diese entschlossen lächelnden Augen. Lieber mal mit dem Kopf schütteln.

„Weißt du, als du mich geküsst hast, war ich ziemlich überrascht. Hätte nicht gedacht, dass du so was machst, aber um ganz ehrlich zu sein, es hat mich… wie soll ich sagen? … gefreut. So musste ich wenigstens nicht den ersten Schritt machen und… nachfragen.“

„Sag doch so was nicht…“

„Wieso? Könnte es dich etwa auf den richtigen Weg führen?“

Jetzt sieht er mich schon wieder so an, so unschuldig und doch selbstbewusst. Er weiß genau, wie er auf andere wirkt und das nutzt er aus. Er ist der Teufel. In einer äußerst schönen Maskerade, einer unwiderstehlichen sogar.

„Zu spät, da bin ich schon drauf“, flüstere ich und während Ben mir fröhlich um den Hals fällt, wacht Mephisto auf und nutzt unverschämter Weise meine Beine als Rampe auf den Boden. Wir umarmen uns, küssen uns und ich bete zu einem nicht-existenten Gott, dass es diesmal klappt, dass ich diesmal nicht wieder Mist baue.
 

Also die ersten 24 Stunden hätte ich schon mal überstanden. Und Ben auch, was bei meiner Anwesenheit schon mal eine Leistung ist. Er lacht sogar. Was wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen ist, dass wir hier gerade im Schnee liegen. Das hat auch durchaus seine Gründe.

Heute kamen sie, die Touristen. Ben meint, sie kämen immer ein paar Tage vor Silvester, weil sie meinten, es ließe sich hier besonders gut feiern. Dann besetzen sie wohl ca. eine Woche lang alle guten Orte, den Strand, die Cafés, die offen sind und was man eben sonst noch so besetzen kann in einem Badeort im Winter. Und da wir keinen überfüllten Strand sehen wollten, sind wir mit Mephisto in die andere Richtung gegangen. Den Hund hat das eigentlich nicht weiter interessiert, der ist da flexibel, Hauptsache Auslauf. Zum Glück ist in den letzten Tagen ständig Schnee gefallen, so dass wir uns ohne weiteres wie Kinder aufführen konnten, ohne Einschränkungen. Schneebälle flogen, im Garten meiner Tante thront ein Zwei-Meter-Schneemann, und Ben versuchte mit aller Macht, Schneeengel zu machen ohne sie beim Aufstehen zu zerstören. Nun ist der Schnee im Garten alle und er macht auf freiem Feld weiter, mehr oder weniger erfolgreich.

„Das ist deine Schuld, hättest du mich ordentlich hochgezogen, lägen wir jetzt nicht hier.“ Er macht mir Vorwürfe? Ich glaube, ich bin im falschen Film.

„Wieso soll ich denn Schuld sein? Du schaffst es doch nicht, die Füße ruhig zu halten, wenn ich dich ziehen will!“ Das ist der vierte Engel, den wir hier auf dem Feld zerstörten bevor er richtig fertig war, aber das erste Mal liege ich auch mit unten.

„Ja klar, immer alles auf mich schieben!“

„Nur die Sachen, an denen du Schuld bist.“

„An was bin ich denn noch so Schuld?“

„Zum Beispiel an unserem angebrannten Essen gestern Abend.“

„Du hast es anbrennen lassen, ich war nicht mal in der Nähe der Küche.“ Alles Ausreden.

„Das vielleicht, aber dafür war ich bei dir, und da du mich abgelenkt hast…“

„Du hättest dich eben nicht ablenken lassen sollen!“

„Wie könnte ich denn nicht? Bei deinem Lächeln, deinen Augen…?“

„Ähm… du guckst schon wieder so komisch…“

„Wie denn?“

„So wie du heute morgen geguckt hast, als du wach wurdest.“

„Was war denn heute Morgen als ich wach wurde?“

„Du hast mich angeschaut, bist zu mir gekrabbelt und wir konnten uns das mit dem Aufstehen abschminken.“ Okay, ja, ich gebe es zu, ich bin nach dem Aufwachen direkt wieder über ihn hergefallen.

„Sag jetzt nicht, dass es dir nicht gefallen hätte.“

„Würde ich nie wagen“, sagt er und lächelt schon wieder so, dass ich gar nicht anders kann als mich zu ihm zu beugen und ihn zu küssen. Tja, selbst Schuld. Aber es scheint ihm ja Spaß zu machen…

„Ich… ich glaube, wir sollten uns ein anderes Plätzchen suchen…“ Atemlos sieht Ben mich an, die Wangen knallrot, ob vor Kälte oder Anstrengung… ich weiß es nicht, es wäre beides möglich.

„Du meinst eines, wo unsere Klamotten nicht durchgeweicht werden?“

„Allen voran meine ich eines, wo es wärmer ist.“

„Stimmt, das sollten wir beachten.“ Ich stehe also auf und helfe Ben neben mir, von dem Schneeengel, der an der Stelle eigentlich entstehen sollte, fehlt jede Spur.

„Danke“, meint er lächelnd und klopft sich und mir den Schnee von den Sachen.

„Mephisto!“, rufe ich den Hund, der etwas weiter Schneeflocken jagt.

„Lass uns gehen“, bittet Ben, auf einmal klingt er angespannt, wenn nicht sogar ängstlich, und krallt sich an meinen Ärmel. Ich sehe mich um und sehe in der Ferne nur einen Menschen, den ich nicht kenne, der uns aber genauestens beobachtet.

„Klar doch“, erwidere ich verwirrt, nehme Mephisto wieder an die Leine als er angewackelt kommt und wir gehen wieder zurück.

„Ist alles in Ordnung?“, frage ich unterwegs, aber Ben nickt nur ohne aufzusehen. Er starrt nur auf den Boden und klammert sich an meinen Arm. Wer war der Typ, der uns beobachtet hat?

„Ich… ich zieh mich schnell um“, flüstert Ben sobald wir das Haus betreten und rennt auch gleich nach oben.

Doch um ihm nachzulaufen fehlt mir die Zeit, es klingelt. Und ich Trottel mache auch noch auf.

„Rück meinen Bruder raus!“, fordert der Kerl vor der Tür von mir.

„Deinen Bruder? Welchen Bruder?“

„Tu nicht so, ich hab euch zusammen reingehen sehen, Benni ist hier im Haus, und ich will ihn wieder mit nach Hause nehmen, dort gehört er schließlich hin.“

„Ach, du bist also dieser Alex? Tut mir ja wirklich Leid, dich enttäuschen zu müssen… obwohl, eigentlich nicht, aber Ben will nicht wieder nach Hause!“ Und damit wäre dann auch die Haustür zu und der Arsch aus meinem Blickfeld. Was ihn natürlich nicht daran hindert, weiter zu klingeln, aber das ignorieren wir am besten einfach. Ben ist oben und ich glaube nicht, dass es ihm sonderlich gut geht.

„Ist er weg?“, will er leise von mir wissen als ich in sein Zimmer gehe, wo er wie zusammen gefaltet in einem Sessel sitzt.

„Ich hoffe es, er klingelt zumindest nicht mehr.“

„Er wird nicht aufgeben.“

„Aber wenn deine Familie dich nie wirklich akzeptiert hat, warum wollen sie dich dann zurück?“

„Das ist anders, meinen Eltern ist nichts so wichtig, wie ihr guter Ruf. Und wenn unter ihren Freunden bekannt wird, dass wir beide etwas miteinander haben, dann… keine Ahnung, was dann, aber schon allein die Idee gefällt ihnen nicht, zumal sie deine Tante und deinen Onkel sowieso für liberale Volltrottel halten.“

„Lieber liberale Volltrottel als so was.“

„Stimmt, trotzdem wird er wiederkommen.“

„Dann werden wir ihn eben erwarten.“

„Und wie?“

„Och… ich hätte da schon eine Idee.“

„Ach ja?“

„Ja, du müsstest mir allerdings assistieren.“

„Bei dem Grinsen auf deinem Gesicht wird es Alex umso weniger gefallen, hab ich Recht?“

„Und wie du Recht hast.“
 

Am nächsten Tag kommt er dann auch wieder, am Abend diesmal, aber da Ben tagsüber arbeiten musste, ging es wohl nicht anders.

Es klingelt also und ich mache die Tür auf.

„Rück ihn raus“, fordert Alex gleich.

„Wen?“, frage ich unschuldig zurück.

„Meinen Bruder“, zischt er unfreundlich.

„Naja, das gestaltet sich als etwas schwierig. Der, von dem du gestern gesagt hast, er sein dein Bruder, meinte, er habe gar keinen Bruder.“

„Benjamin ist in diesem Haus und ich will, dass du ihn sofort gehen lässt.“

„Aber wieso denn? Hier ist es doch so schön… Willst du nicht auch mal sehen, wie schön Häuser sein können?“ Manchmal bin ich echt froh, dass meine Ekelgrenze so weit oben liegt, sonst könnte ich Alex nicht durch die Tür zerren und diese auch noch zumachen.

„Lass mich gehen!“, verlangt er.

„Nein“, erwidere ich nur lächelnd und rücke näher an ihn heran.

„Was… was…?“ In seinem Gesicht ist pure Angst zu sehen und in meinem Hirn macht sich pure Schadenfreude breit.

„Du siehst gut aus… viel schärfer als dein Bruder…“ Die Wand hinter ihm behindert seine Fluchtversuche. Er kann mir nicht entkommen, zumal ich seine Arme bereits mit meinen eigenen außer Gefecht gesetzt habe. Und jetzt der Höhepunkt der heutigen Vorstellung: Ein einwandfrei ausgeführter Zungenkuss. Und dabei immer schön den Brechreiz unterdrücken…

„Perfekt“, meldet sich endlich Ben zu Wort und kommt mit Tantchens Camcorder in der Hand aus seinem Versteck hervor.

„Ist auch alles schön drauf?“, frage ich auch keine Sekunde später. Nur weg von diesem… Ding, welches sich Bruder nennt.

„Alles“, grinst Ben und ich wende mich wieder Alex zu, der uns vollkommen verwirrt ansieht.

„Also, solltest du es noch einmal wagen, hier aufzutauchen oder Ben nach zuspionieren oder irgendwem von der Sache hier zu erzählen, landet dieses Video in Null Komma Nix im Internet. Würde sicher lustig werden, findest du nicht auch?“

„Du…“

„Ich? Was ist, hat es dir etwa die Sprache verschlagen?“

Er antwortet nicht, ziemlich unhöflich.

„Na wenn du nicht weiter plaudern willst, dann kann ich dich ja auch bitten zu gehen.“ Netterweise zeige ich ihm auch noch den Weg zur Tür, hach wie wohlerzogen ich doch bin. „Und vergiss nicht, die User werden sich bestimmt freuen.“

„Das wirst du büßen!“, zischt er und glaubt wahrscheinlich, ich hätte jetzt Angst vor ihm.

„Solange du Ben in Ruhe lässt, gibt es nichts, wovor du dich fürchten müsstest, das gilt auch für deine Eltern. Du weißt bestimmt, dass man von Filmen auch Fotoabzüge machen kann und die kann man vergrößern und an Plakatwände hängen und mit zwei schwulen Söhne kämen die beiden wohl nicht zurecht.“

Und weg ist er, die Tür zu und Ben wieder in meinen Armen.

„Du warst genial“, meint er lächelnd.

„Ja, aber erstmal muss ich mir den Mund ausspülen gehen.“

„Meinst du nicht, dass es ausreicht, den guten Zwilling zu küssen?“

„Bestimmt…“

Er hat Recht, es reicht.
 

Ende Kapitel 3

Böse, böse...

Hi ^^

Es hat lange gedauert, ich weiß, leider...

Tut mir echt leid, bitte vergebt mir.

Dafür aber kein weiteres Gelaber sondern gleich mal das Ergebnis, das eine Weile fast vergessen war (Entschuldige, mein Werk...)

Viel Spaß beim Lesen

Eure Naoko ^^
 

Böse, böse…
 

„Er ist schon wieder da.“

Ein Tag später, nachmittags um drei. Ben arbeitet, ich sitze an einem Tisch in der Ecke den Cafés und passe auf. Okay, offizielle lese ich, aber es muss ja niemand wissen, dass ich seit einer halben Stunde auf Seite 27 bin. Es ist ziemlich voll, so dass ich nicht jeden Winkel einsehen kann, dafür kann Ben das, der mir grad meine fünfte Tasse Kaffee vor die Nase setzt.

„Aber ich hab ihn doch erst vor zehn Minuten gehen sehen…“

„Glaub mir, er ist schon wieder da, und er wird auch wieder kommen“, meint Ben irgendwo zwischen Resignation und Genervtheit.

„Dann werde ich wohl mal zur Tat schreiten.“ Da mein Plan steht, kann ich mir dieses riesige Grinsen auf meinem Gesicht durchaus erlauben, oder?

„Dein Grinsen macht mir Angst“, grinst Ben zurück.

„Du musst keine Angst haben, mein Süßer, meine Rache trifft nur die, die sie verdient haben.“

„Freut mich zu hören“, sagt Ben noch und verschwindet wieder hinter die Theke, einem Hilferuf seiner Chefin folgend.

Ich trinke noch schnell meinen Kaffee aus, man sollt schließlich nichts verkommen lassen… Schnell noch bezahlen und dann frisch ans Werk. Koffeingestärkt kann ich sowieso viel besser böse sein.

Das Video haben wir gestern Abend noch so zurechtgeschnitten, dass man Alex richtig gut sieht, von allen möglichen Seiten und dass man auch aus dem besten nur möglichen Winkel beobachten kann, was der liebe Alexander denn da böses anstellt. Und ich muss sagen, wir könnten den großen Hollywood-Regisseuren Konkurrenz machen, wenn wir wollten…

Also, Internet an und weg damit. Den Link noch an ein paar sorgfältig ausgewählte Multiplikatoren geschickt, Alex Firma, seine Kumpels, seine Ex-Freundinnen… zum Glück kennt Ben das Passwort zu Alex E-Mail-Account, den Namen seines ersten Hundes sollte man eben nicht so einfach für alles nutzen… und es dann noch seinem Bruder erzählen… und das Passwort dann jahrelang nicht ändern… Aber mich soll es nicht stören, schließlich hat er es so gewollt. Und wenn er glaubt, die verschickten Links, die ich in seinem Postfach natürlich wieder lösche, führen zu einem Video und er wäre fein raus, wenn er dieses eine verschwinden lässt, dann tut es mir Leid für ihn… okay, nicht wirklich. Das Internet bietet einfach zu viele Möglichkeiten, und ich lote sie gerne alle aus.
 

Gegen halb sieben am Abend sind die guten Nachrichten verbreitet, Ben liegt wieder in meinen Armen und nach seinen Angaben vergnügt Alex sich irgendwo draußen im Schneesturm.

„Gib mir mal seine Handynummer“, fordere ich Ben auf, da hätte ich doch glatt was vergessen. Ben drückt mir sein Handy in die Hand.

„Steht unter A wie Arschloch. Wozu brauchst du sie?“

„Wir sollten ihm doch sagen, dass er bald zum Internetstar aufsteigen wird, oder?“

„Sollten wir?“

„Natürlich, er hat doch ein Recht, das zu wissen“, meine ich so ernst wie möglich, aber so ein kleines, schadenfrohes Grinsen kann ich mir immer schlecht verkneifen. Und eine kurze SMS sollte das eigentlich rechtfertigen, kurz und höflich: „Du solltest Ben in Ruhe lassen. Hast du nicht. Dein Pech!“ So, dann noch schnell die Handys ausmachen, so kommt er wenigstens nicht auf die Idee anzurufen.

„Du bist böse“, grinst Ben mir jetzt ins Gesicht.

„Danke für das Kompliment.“ Okay, in einem Um-die-Wette-grins-Wettbewerb hätten wir jetzt beide gewonnen, aber wenn man etwas für einen guten Zweck tut, kann man seine Glückshormone eben nicht im Zaum halten. Aber so ein kleiner Kuss hilft eigentlich immer gegen Grinsen, habe ich auch schon getestet und probiere es gleich mal mit Ben… Ja, hilft. Leider nicht gegen die Klingel an der Haustür…

„Nee, oder?“, protestiert Ben als ich mich von ihm löse und zur Tür schlurfe. Und es ist… er. Manchmal sind moderne Kommunikationsmittel einfach zu schnell. Alex steht also vor der Tür, mich kann er noch nicht gesehen haben, aber ich ihn – Dank an den Türspion – und obwohl es mir sehr schwer fällt, öffne ich die Tür nicht. Er wird dieses Haus nicht mehr betreten und gegen sein ständiges Klingeln hilft ein Handgriff, ein gedrückter Knopf und schon verstummt sie. Tolle Technik. Neben mir steht Ben und will etwas sagen, sein Ausdruck weißt auf Zweifel hin, aber mit meinem Zeigefinger auf seinem Mund kann er nicht viel sagen. Ein Lächeln von mir, ein verstehendes von ihm und schon ist alles klar.

„Es ist eben immer von Vorteil zu wissen, welchen Kopf man drücken muss, um die Klingel auf stumm zu schalten“, flüstere ich ihm leise ins Ohr und knabbere bei der Gelegenheit gleich mal daran, lecker.

„Lass dass“, murmelt er und entzieht sich mir. Feigling.

„Willst du mich ärgern?“, frage ich leise als ich ihm in die Küche folge.

„Nein, nur etwas essen. Gerade hab ich keine Lust, dich zu ärgern.“

„Du kannst gerne mich vernaschen“, schlage ich ihm vor.

„Danke für das Angebot, aber von dir werde ich nicht satt.“

„Na toll“, seufze ich und werde zum Trost aus der Küche gesperrt.

„Tut mir leid, aber das, was hier in den nächsten Stunden geschieht, ist streng geheim“, lächelt er noch. „Spiel doch ein bisschen mit Mephisto, der freut sich bestimmt.“ Damit fällt mir die Küchentür ins Gesicht. Und Mephisto schläft in seinem Körbchen im Wohnzimmer.
 

In den nächsten Stunden langweile ich mich. Und das auf besonders niedrigem Niveau, da Silvester ist und ich fernsehe. Die schaffen es ja nicht mal mehr, gute Unterhaltungssendungen an so einem Tag zu bringen… sollte man ändern. Aber heute nicht mehr, ist schon zu spät, außerdem ist Mephisto wieder aufgewacht und will raus. Da der Schneesturm abgeflaut ist und der Himmel langsam klarer wird, tue ich ihm dann doch den Gefallen. Langsam wird es wirklich kalt, was der schon fast klare Sternenhimmel natürlich nur beschleunigt. Ich habe ja nichts gegen die Kälte, aber Mephisto schaut mich schon ziemlich bald ziemlich böse an und bevor er seine Bissstärke an meinen Waden testet, gehe ich lieber mal zurück.
 

„Stehen bleiben!“ Welch eine nette Begrüßung in den eigenen vier Wänden, na ja, fast jedenfalls. „Mantel und Schuhe kannst du auch gleich anlassen.“

„Gehen wir noch wo hin?“, frage ich und fürchte, die Verwirrung, die in meinem Kopf kann man deutlich in meinem Gesicht sehen, doch Ben lächelte mich nur an.

„Nein“, meint er und stellt sich hinter mich. „Aber glaub mir, es ist besser, wenn du alles anlässt.“ Dann bindet er mir die Augen zu. Bei solchen Aktionen sollte man stutzig werden, oder? Vor allem, da Ben auch seine Schuhe anhat.

„Was hast du vor?“, frage ich noch verwirrter als vorher.

„Überraschung“, haucht er nur in mein Ohr, dann raschelt etwas, klingt wie Ben und sein Mantel, aber wozu? Okay, wieso habe ich meinen Mantel noch an? Er greift sich meine Hand und zerrt mich was weiß ich wohin. „Vorsicht Stufe!“ Okay, es geht also nach oben und ich verstehe gar nichts mehr.

Eiskalter Wind streift nach zwei Stockwerken meine Haut und Ben zieht mich nach unten auf etwas Weiches.

„Wo zum Geier sind wir?“

„Siehst du schon noch früh genug.“ Ein Flüstern neben meinem Ohr, ein Hauch von Kuss auf meiner Wange und ein sanfter Druck wie von einem schweren Federbett, der sich auf meinen gesamten Körper legt.

„Jetzt wäre mir aber lieber“, protestiere ich und hebe meine Hände an diese blöde Augenbinde, die sich verdächtig nach einem Schal anfühlt. Doch Ben hält mich auf.

„Bist du wirklich so ungeduldig?“, fragt er leise lachend, seine Hände auf meinen.

„Ja!“

„Na gut“, lacht er und nimmt den Schal vom Kopf.

Überall um uns herum sind Laternen platziert, die sonst im Sommer im Garten hängen und stehen, jetzt aber hängen sie am Geländer der kleinen Dachterrasse und stehen auf dem Boden neben Schüsseln und Tellern mit Finger-Food, mal offensichtlich kalt, mal dampfend. Dazwischen finden sich noch ein paar Weinflaschen, die wir schon für heute gekauft hatten, Gläser, eine mysteriöse Thermoskanne und Tassen.

„Was ist das hier?“, frage ich vollkommen verwundert, schließlich haben wir gesagt, wir machen es uns vorm Kamin gemütlich und schauen Filme bis wir einschlafen.

„Eine Privatparty“, lächelt Ben. „Da es aufgehört hat zu schneien, dachte ich mir, wir könnten doch hier das neue Jahr begrüßen.“ Er scheint wirklich glücklich zu sein mit der Situation, Alex im Internet, ich an seiner Seite und endlich mal keiner, der nervt. „Außerdem“, fährt er fort, „scheint das der beste Ort zu sein, um das Feuerwerk am Strand anzuschauen. Ich hoffe es geht in Ordnung, dass ich mir mal die Luftmatratzen ausgeliehen habe, und das Bettzeug.“

„Komm mal her… näher… näher… noch näher.“ Bens blaue Augen verdecken mir schon längst den Blick auf den Rest der Welt, aber das schafft er ja immer, auch wenn er weit weg ist…

„Was hast du vor?“, fragt er flüsternd, auch wenn er es schon längst weiß.

„Als ob du das nicht schon wüsstest…“ Und bevor er noch auf die Idee kommt, weiterreden zu wollen, verschließen meine Lippen seinen lächelnden Mund.

„Du denkst auch immer nur an das Eine, oder?“, fragt Ben atemlos als wir uns voneinander lösen.

„Nicht ganz, aber bei dir fällt es mir auch schwer an etwas anderes zu denken.“ Okay, da kommt mal wieder der triebgesteuerte Teil meiner Persönlichkeit durch… Ich sollte echt mal lernen, den unter Kontrolle zu halten.

„Solltest du aber mal, zum Beispiel daran.“ Grinsend hält er mir etwas zu essen vor den Mund.

„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du so gut kochen kannst?“, frage ich kauend.

„Ein paar kleine Geheimnisse werde ich doch noch haben können, oder?“

„Na gut, ein paar…“

Die folgenden Stunden kurz gefasst: Zuckerschockgefahr. Ich glaube nicht einmal die besten Schulzenregisseure der Welt zusammen hätten so was wie unser Verhalten inszenieren können. Wir füttern uns gegenseitig, küssen uns, trinken Wein und Glühwein, küssen uns wieder, bis wir schließlich unter mehreren Deckenschichten liegen, Ben in meinen Armen. Und dank des Alkohols kommt es mir nicht mal mehr so kalt vor, wie es wahrscheinlich ist.

„Ob er immer noch da unten ist?“, murmelt Ben plötzlich, den Blick gen Himmel gerichtet und gedanklich wohl näher bei den Sternen über uns als hier bei mir.

„Wenn ja, dann sollte er mal nachschauen, wie lang die Einzapfen an seiner Nase schon sind.“

„Sähe bestimmt lustig aus…“, murmelt er und hört sich leicht schläfrig an, aber hier wäre genau das wohl zu gefährlich.

„Nicht einschlafen, Süßer.“

„Warum nicht?“

„Weil es erstens viel zu kalt ist und zweitens sind es nur noch ein paar Minuten bis Mitternacht und damit bis zum Feuerwerk.“

„Nur noch ein paar Minuten?“ Mit großen Augen sieht er mich an, das Feuerwerk sei das Beste an Silvester, hat er mir erzählt.

„Na ja, eine halbe um genau zu sein.“

„Dann bleibe ich wohl doch noch wach“, lächelt er.

„Zehn Sekunden… drei... zwei… eins… Frohes neues Jahr!“

„Frohes neues Jahr…“, murmelt Ben und sieht sich einschlafender Weise das Feuerwerk an. Das mit dem anständigen Neujahrskuss kann ich also auch vergessen, aber so süß, wie er ihm Schein des Feuerwerks aussieht, kann ich ihm das nicht einmal übelnehmen… viel zu leicht manipulierbar…

„Komm mal mit“, fordere ich ihn nach einigen Minuten auf.

„Wohin denn?“

„Ins Bett.“

„Du denkst echt nur an das Eine“, murmelt er, während ich ihn irgendwie zum Aufstehen bewegen kann.

„Erwischt“, grinse ich einfach nur, muss ja nicht gleich jeder wissen, dass ich das völlig uneigennützig tue.

„Wir müssen noch aufräumen…“

„Du hängst in meinen Armen, kannst die Augen kaum noch offenhalten, und willst trotzdem noch aufräumen?“

Ben nickt nur.

„Das machen wir später, Süßer“, lächle ich ihn an.

Er zittert schon, wohl wegen der Mischung aus Müdigkeit und Kälte, aber das sollte eine Decke schon abhalten, bis er im Bett liegt. Nur dahin muss er erstmal kommen… Und irgendwie schaffe ich es sogar, ihn dahin zu bringen, obwohl er sich schon an mir fest krallt, wenn ich nur das Licht auf der engen, steilen Wendeltreppe anschalte. Das macht es auch nicht leichter, Süßer, aber solange wir nicht gemeinschaftlich die Stufen runterrollen… Jedenfalls schaffen wir es irgendwie, ich leicht schwankend dank Wein und er schwer schwankend dank Wein und Müdigkeit. Wie? Ich bin eben verdammt gut… Ja, ja, mein Ego wird schon wieder eingefahren.

„So, Süßer, du legst dich jetzt brav hin und schläfst, ja?“ Ich zieh ihm lieber mal noch Schuhe und Mantel aus, auch wenn sich das durch fehlende Kooperation der Gegenseite als durchaus nicht einfach erweist, aber wie gesagt, ich bin verdammt gut.

„Bleib…“, murmelt Ben auf einmal als ich mich von ihm entferne. Und ich dachte, er schläft schon tief und fest.

„Soll ich nicht schnell noch aufräumen?“

„Nein“, meint er verschlafen aber bestimmt. „Bitte bleib hier.“

„Gut, ich zieh nur noch schnell Schuhe und Mantel aus, ja?“

„Beeil dich bitte…“ Dabei lächelt er, mit halb offenen Augen… einfach unwiderstehlich. Da würde doch niemand weiter als einen Schritt vom Bett weggehen, um sich den Mantel auszuziehen und ihn lieblos auf den Boden neben Bens zu werfen. Und als ich mich dann noch auf die Bettkante setze und die Schuhe ausziehe, klammert er sich auch noch an mich. Offenbar hat die Sache mit seinem Bruder doch mehr in ihm ausgelöst, als er zugibt, oder selber weiß, schließlich ist er schon seit unserer Videoaktion so anhänglich, jedenfalls wenn wir allein sind.

Brummend protestiert er als ich seine Arme von mir löse, um mich hinlegen zu können, ohne mich auf ihn zu legen. Aber mit einem kleinen Küsschen scheint er sich zufrieden zu geben und schläft auch gleich darauf in meinen Armen ein. Auch ich folge seinem Beispiel nur wenige Minuten später, so lange brauche ich um mich von dem wunderschönen Anblick neben mir lösen zu können.
 

Ein verdammt lautes Klopfen weckt mich am nächsten Morgen, viel zu früh, schließlich ist es noch nicht einmal hell, wie mir ein Blick aus dem Fenster verrät. Wer zum Henker tut so was? Seufzend löse ich mich von Ben, der wieder einmal brummt und damit protestieren will, aber einer muss den Störenfried ja töten. Also stehe ich auf und gehe runter, immer noch in den Klamotten von gestern, aber das ist mir egal.

„Ja, ich komm ja schon“, rufe ich der Tür entgegen, die immer noch verprügelt wird, und langsam hört das Klopfen auf. Ohne durch den Spion zu schauen öffne ich, in der Hoffnung, dass es nicht Alex ist.

Vor mir stehen zwei Menschen um die 40, ein Mann und eine Frau, sie klein und schon etwas rundlich, er groß und leicht ergraut. Irgendetwas an den beiden erinnert mich an jemanden, aber ich habe zu wenig geschlafen um zu dieser Unzeit schon Zusammenhänge erkennen zu können.

„Morgen“, begrüße ich die beiden unmotiviert während sich etwas an meinem Arm festkrallt. Offenbar ist Ben mir doch gefolgt.

„Mum… Dad…“, presst er nur hervor.
 

Ende Kapitel 4
 

So, das war es schon wieder, ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr verzeiht mir die lange Wartezeit ^^

Bis demnächst ^^

Wellengang

Hi, ich schon wieder ^^

Heute nur ganz kurz und ohne Umschweife:

Viel Spaß damit ^^

Eure Naoko
 

5 Wellengang
 

„Benni“, meint seine Mutter leise. Irgendwie sieht sie fertig aus, aber nicht so sehr, wie ich mich dank ihres frühen Weckrufs fühle.

„Zieh dich an und komm mit“, fordert sein Vater streng und kälter als die Morgenluft.

Ben zittert, löst sich aber von meinem Arm. „Nein!“, meint er ernst, Wut in seinen Augen.

„Du kommst mit nach Hause!“, zischt der alte Mann.

„Nach Hause? Ich komme nicht mit zu euch zurück, das könnt ihr vergessen“, zischt sein Sohnemann zurück.

„Aber Benni, du gehörst doch zu deiner Familie“, sagt seine Mutter, aber so ganz kann ich ihr nicht abnehmen, dass sie das so meint.

„Schöne Familie habe ich! Mein Bruder hat seit Jahren nichts besseres zu tun, als auf mir herum zu trampeln und meine Eltern halten mich für Abschaum! Mal ganz abgesehen davon, dass ihr noch nie an mich geglaubt habt und an das, was ich tue! Denkt ihr wirklich, dass ich noch einmal mit euch komme und mich euch unterwerfe!?“ Jetzt schreit Ben die beiden schon fast an, die Hände zu Fäusten geballt.

„Natürlich kommst du mit!“, schreit sein Vater zurück und seine Mutter streckt langsam die Hand nach ihm aus.

„Komm doch mit, wir können das Problem sicher lösen, du bist doch nur verwirrt, das gibt sich...“, sagt sie leise und berührt sanft Bens Arm, den er sofort zurückzieht.

„Fass mich nicht an!“, fährt er sie an. „Das einzige Problem, das ich habe, ist meine Familie! Und das werde ich jetzt ein für alle mal lösen! Lebt wohl!“ Damit fliegt die Tür mit einem lauten Krachen ins Schloss und den beiden wahrscheinlich direkt auf die Nase.
 

„Denkst du, dass das richtig war?“, frage ich leise nachdem Ben mehrere Minuten zitternd vor Wut auf die Tür gestarrt hat.

Langsam dreht er sich zu mir um und sieht mich aus erschreckend leeren Augen an. Dann zieht er mich zu sich und in einen leidenschaftlichen Kuss. Jeder normale Mensch würde ihn gewähren lassen, ich schiebe ihn von mir.

„Warte“, erhebe ich Einspruch. „Ich... ich glaube, du solltest erstmal runterkommen.“

„Ja“, haucht er atemlos und mit hungrigem Blick. „Hilf mir dabei!“

Mit zitternden Fingern und trotzdem unglaublich schnell, zieht er mir gleich darauf das Hemd vom Vortag aus und fängt an, meinen Oberkörper zu küssen.

„Ich will sie vergessen, ihre Gesichter nicht mehr sehen, ihre Stimmen nicht mehr hören... hilf mir dabei!“, flüstert er zwischendurch.

Okay, jetzt weiß ich, worauf das hier hinausläuft, und das einzige, was ich tun kann, ist, uns von der Haustür und dem Schuhschrank wegbringen.

„Bitte...“, haucht Ben zum wiederholten Male und obwohl ich es besser weiß, lasse ich ihn gewähren, ziehe ihn nur mit mir nach oben in mein Zimmer. Würde ich ihn jetzt aufhalten, würde er sich nur verschließen, das kenne ich zur genüge, bei mir, bei Lovern und bei Kumpels. Nur die wenigsten vertreiben ihren Stress allerdings auf diese Art, die meisten greifen zu Hochprozentigem.

Ungewöhnlicher Weise werde ich von ihm auf Bett geworfen, dann sieht er mich einen Moment lang an, wieder mit diesen leeren Augen, die einem fast das Herz zerreißen, und fällt regelrecht über mich her, während sich mein Körper verselbstständigt und nur noch mein Verstand protestiert, erfolglos.
 

Oh Mann, so viel Action am frühen Morgen... Ich hoffe nur, er weiß, was er tut. Jeder geht mit Stress anders um, ja, aber selten ist man nach der Bewältigung noch fertiger als vorher. So wirkt Ben zumindest jetzt, da er neben mir schläft, das Gesicht immer noch wütend, verwirrt und ängstlich zugleich. Wie er das schafft? Ich habe keine Ahnung, also wenn es irgendwer weiß...

„Wuff!“ Wie ich sehe, steht Mephisto neben dem Bett, im Blick eine unübersehbare Bitte um Aufmerksamkeit.

„Na gut, aber erwarte nicht, dass ich mit dir spiele, Fellknäuel. Das hab ich heute nämlich schon getan und muss mich erstmal erholen“, rede ich auf ihn ein während ich wieder aufstehe, mir schnell etwas anziehe und dann mit ihm nach unten gehe. Der Hund rast gleich auf die Terrassentür im Wohnzimmer zu und sieht mich mit seinen Hundeaugen an.

„Natürlich, sofort, geht gleich los, Sekunde“, murmle ich vor mich hin und lasse den Ungeduldigen raus. Wenn er uns zugeschaut hat, hoffe ich, dass er kein allzu großes Trauma davon tragen wird...

Vorsichtshalber lasse ich die Tür gleich offen, erstens will ich natürlich den Hund nicht aussperren und zweitens tut dem Zimmer ein bisschen Sauerstoff mal ganz gut, auch wenn es danach etwas frisch sein wird. Und vor kalter Luft flüchte ich nur zu gern in die Küche, zum einen weil Mephisto Hunger haben wird, wenn er wieder rein kommt, zum anderen weil dort meine Lieblingsdroge zu finden ist, in möglichst großen Mengen und am liebsten pur. Also erstmal die Kaffeemaschine anwerfen und warten, auf das Koffein und auf den Hund. Leider kommt der früher zu seinem Frühstück als ich. Blödes, langsames Elektrogerät... Während ich also warte und versuche zu denken, merke ich, wie wenig ich im Endeffekt geschlafen habe. Erst bin ich noch mal aufgewacht und Ben hielt mich allein durch seinen Anblick ewig wach, dann tun das seine Eltern und danach wieder Ben, wenn auch weitaus weniger unschuldig als zuvor. Denken geht aber nicht. Egal, Kaffee wird helfen, das hat er bis jetzt immer... bis genau jetzt. Trotz Kaffee mit extra viel Koffein kann ich nicht denken... irgendetwas stimmt nicht mit mir, vielleicht bin ich krank... ja, mehr als so schon... Ich bin schon müde, aber auch durcheinander, noch dazu mache ich mir Sorgen um meinen schwarzen Engel, da kann ich nicht mehr an mein Bett oder gar Schlaf denken.

Na gut, dann muss mich eben das Fernsehprogramm ablenken, mal sehen ob es das schafft... Klare Antwort: Nein! Der Schwachsinn, den sie uns da andrehen wollen, wäre selbst der großen Zeitung mit den vier Buchstaben zu blöd, und das will ja etwas heißen. Besorgniserregend ist hierbei vor allem, dass es sich offensichtlich um das Kinderprogramm handelt. Unsere Zukunft liegt düster – oder besser rabenschwarz – vor uns... Da! Endlich etwas vernünftiges: Home Shopping. Ich sag ja, ich bin krank, aber ich finde es immer wieder faszinierend, wie sauber Teppiche sein können oder wie schön Autopolitur wirkt. Kaufen würde ich das Zeug nie, aber es lenkt ab. Das dumme, sinnlose Gefasel des Moderators; das formvollendete Polieren des Firmenvertreters, der Ben aufs Haar gleicht; die Tatsache, dass das Auto langsam verschwimmt und mit Mephisto am Steuer aus dem Fernseher gefahren kommt. Immer näher kommt es, bis es so nah ist, dass gar kein Licht mehr zu meinen Augen vordringt und alles dunkel wird... dunkel auf dem weichen Sofa... fühlt sich schon fast wie Schlaf an, ist es wahrscheinlich sogar... toll...
 

„Tüüht!“

Wer wagt es hier zu tüühten?

„Tüüht!“

Komme her, Störenfried, und hol dir deine gerechte Strafe.

„Tüüht!“

Jetzt reicht es! Ich bin wach und du endgültig tot! Zeig dich, Feigling!

„Tüüht!“

Das kommt aus dem Flur, da wo auch das Telefon steht... verstehe, dann muss also das Telefon dran glauben!

„Hallo?“ Bens Stimme. Er ist wohl rangegangen und so ungefähr läuft das Gespräch ab: (Ja, ich bin nicht nur krank sondern auch faul...)
 

Ben: Hallo?

Pause

Ben: Nein, einen Moment bitte... kommt ins Wohnzimmer und hält Nick (also mir) den Hörer entgegen Hier, ist für dich

Nick: nimmt Hörer

(zu Ben) Danke

(zum Anrufer) Ja?

Tante: wirkt irgendwie perplex Hallo Nicky...

Nick: Hallo Tantchen!

Tante: Nenn mich nicht so! Wie oft muss ich dir das denn noch sagen?!

Nick: Sorry, kommt nicht wieder vor. (wahrscheinlich doch, aber was kann ich dafür, dass ich es toll finde, wenn sie sich so gekünstelt aufregt?)

Tante: Schon gut, aber sag mal... wer...?

Nick: Ein Freund, ich hoffe, du hast nichts dagegen...

Tante: freudig erregt Heißt das, du hast endlich jemanden gefunden?

Nick: besonders intelligent Häh?

Tante: Wie heißt er denn?

Nick: Ähm... Benjamin...

Tante: begeistert Doch nicht etwa der Kleine, der im Eiscafé an der Promenade arbeitet?

Nick: Ähm... doch, genau der...

Tante: ins Off Liebling, ich weiß ja, dass dir meine Idee nicht gefallen hat, aber er hat es auch ohne unsere Einmischung geschafft, er hat Ben genommen.

Lautstarkes Seufzen im Hintergrund

Nick: noch intelligenter als zuvor Häh?

Tante: weiter ins Off Ja, Liebling, ich weiß, dass dir dieser komische Randolph besser gefallen hätte, aber unser Nicky hat sich nun mal für Ben entschieden.

Anmerkung des Erzählers: Wer zum Teufel ist Randolph?

Onkel: ruft aus dem Off ins Telefon Danke, Nicky, jetzt hält sie mir das wieder ewig vor! (Keine Ursache, ich wüsste nur gerne, worum es eigentlich geht...!?)

Nick: verleiht seiner Verwirrung endlich Ausdruck Ähm... Leute... wovon redet ihr?

Tante: ihn gekonnt ignorierend und immer noch vollauf begeistert Ach Nicky, ich freu mich so für euch.

Nick: Danke, das hat meine Frage jetzt auch nicht beantwortet... aber auch egal, es gibt nämlich etwas, das ich euch noch fragen wollte...

Tante: Schieß los, Schätzchen! (Ich will dasselbe, was sie genommen hat, und zwar viel davon!)

Nick: Ähm... na ja, Ben hat da ein paar Probleme zu Hause und ich wollte fragen, ob es in Ordnung ist, dass er...

Tante: ihren Neffen netter Weise unterbrechend … dass er bei uns wohnt? Nein, kein Problem, Schätzchen, ich habe mich sowieso schon lange gefragt, wie er das bei den Eltern aushält. (Jetzt habe ich eindeutig etwas verpasst...)

Nick: zögert etwas Du hast also nichts dagegen?

Tante: Natürlich nicht, wieso sollte ich? ins Off Liebling, hast du etwas dagegen, dass Ben bei uns wohnt?

Onkel: offensichtlich immer noch leicht geknickt, weil sein Kandidat es nicht mal bis zum Casting geschafft hat, geschweige denn zum Re-Call Nein, nein, schon gut, besser bei uns als bei seinen komischen Eltern...

Tante: noch ins Off Och Liebling, jetzt sei doch nicht so, freu dich lieber für die zwei... wieder zu Nick Schenk dem Spinner (wird jetzt dazu ein Kommentar von mir erwartet?) einfach keine Beachtung, Nicky, Eigentlich wollte ich dir ja ein frohes neues Jahr wünschen und nachfragen, wie es euch beiden geht, Mephisto und dir...

Nick: Also zu Punkt Eins: Danke und euch auch ein frohes neues Jahr, auch von Ben. (Der sitzt heftig nickend und winkend neben Nick, bis sein Name fällt und er sich zufrieden lächelnd zurücklehnt.) Und zu Punkt Zwei: Uns geht es gut, wir vertragen uns sogar alle drei ziemlich gut. Ich würde dir Mephisto gerne mal geben, aber der schläft zufrieden in seinem Körbchen.

Tante: (eine Durchsage im Hintergrund) Sehr schön, sehr schön... Ach, wir müssen los, Landgang, das nützen wir natürlich, wo doch dein Onkel so schnell seekrank wird.

Onkel: empört Werde ich nicht! Nicky, du darfst ihr kein Wort glauben!

Tante: amüsiert Das sagt er, aber was weiß er schon... (auch hier: No Comment) Also dann, lasst es euch gut gehen und treibt es nicht allzu wild, ich hätte gerne noch ein Haus, wenn wir wieder kommen.

Nick: Ähm... natürlich, zur Not bauen wir es auch wieder auf. Genießt mal schön euren Urlaub.

Tante: Danke, bis bald, Schätzchen. (Legt auf.)
 

Das wäre also das und nun schaut Ben mich fragend an.

„Keine Angst, sie haben wirklich nichts dagegen, dass du hier bleibst“, lächle ich ihn an und er lächelt glücklich zurück.

„Danke“, sagt er leise und seine Augen leuchten erleichtert auf. Langsam legt er mir seine Hand auf die Schulter und zieht mich zu sich, so dass mein Kopf auf seinem Schoß zum liegen kommt, den Telefonhörer kann ich vorher nur noch schnell auf den Couchtisch werfen. Im Fernsehen läuft mittlerweile eine Dokumentation über Leonardo Da Vinci. Stimmt ja, mein Kissen will Kunstgeschichte studieren, da nützt Home Shopping reichlich wenig.

„Weißt du, es ist schon wieder dunkel draußen“, murmelt Ben und streicht mir durch die Haare.

„Oh Mann, wie lange hab ich denn geschlafen?“

Er lacht leise. „Nicht lange genug, wenn ich mir dein Gesicht ansehe, es ist erst um fünf.“

„Na dann kann ich ja weiter machen“, stelle ich clever wie ich nun mal bin fest. Und eigentlich wäre das wirklich ein guter Plan...

„Tut mir leid, Süßer“, meint er schon wieder ernster und ich frage mich geistesgegenwärtig, ob er mit 'Süßer' nicht eher sich selbst meint.

„Was genau meinst du?“, frage ich.

„Das mit meinen Eltern, und dann auch noch vor Sonnenaufgang, und mein Verhalten danach, das war ziemlich daneben.“

Ich drehe mich ein wenig, so dass ich Ben von unten her ansehen kann. „Das ist schon gut, für deine Eltern kannst du ja nichts, und das danach... na ja, die meisten Leute, die ich kenne, saufen sich in solchen Situationen entweder einen an oder sie futtern innerhalb von drei Minuten den Kühlschrank leer.“

Bei dem Wort weiten sich seine Augen ein wenig. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich in dem Moment auch einfach nur leer gefühlt und – versteh das jetzt bitte nicht falsch – danach war es nicht besser.“

„Glaub mir, das geht allen so, auch den Säufern und Essern. Ich bin übrigens ein Esser, nur dass du es weißt“, lächle ich ihn an, er lächelt zurück.

„Gut zu wissen, dass es nicht ansetzt“, sagt er, aber sein Lächeln wird wieder kleiner. „Als ich aufgewacht bin und dich dann hier unten gefunden habe, wie du so friedlich da lagst und schliefst, da hatte ich irgendwie das Gefühl, hier her zu gehören, zu dir, nicht zu denen. Das hatte ich lange nicht mehr, wenn überhaupt schon einmal, aber wenn es da war, kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Danke, dass du mich damals einfach mitgenommen hast.“

„Das habe ich doch gerne gemacht.“

Er krault mir weiter meinen Kopf und ich könnte sofort wieder einschlafen, aber das hier ist doch der erste Tag des Jahres, den kann ich doch nicht einfach so verschlafen... und die Dachterrasse wollte ich auch noch aufräumen...

„Ach ja, die Terrasse oben habe ich schon aufgeräumt während du geschlafen hast“, erzählte Ben leise als könne er Gedanken lesen. Vielleicht kann er das ja auch, sollte ihn mal fragen...

„Bist ein Schatz“, murmel ich nur noch bevor ich auf mein süßes, kraulendes Kissen gebettet wieder einschlafe.
 

Mein Kissen hat sich verdünnisiert als ich die Augen wieder öffne, aber wie als Entschädigung riecht es nach Essen, wie schön. Gähnend betrete ich kurz darauf die Küche. Ben steht am Herd und sieht mich mit dem Lächeln eines Engels an, eine Schürze mit der Aufschrift „Kiss the Cook“ tragend. Mein Onkel hatte schon immer einen merkwürdigen Geschmack, egal was meine Tante dazu sagt.

„Ich hoffe, du hast Hunger“, lächelt er.

„Und wie! Was gibt es denn? Und wie lange habe ich diesmal geschlafen?“

„Zu Punkt Eins: Da ich heute faul bin nur Reis, Tiefkühlgemüse und Tiefkühlfisch. Zu Punkt Zwei: Diesmal nur ungefähr eine Stunde.“

„Lecker und sehr schön“, grinse ich ihn an während ich auf dem Boden hocke und mein Lieblingsfellknäuel kraule.

„Tüüht!“

Das Telefon. Schon wieder... So oft wie heute hat das Ding die ganze letzte Woche nicht geklingelt...

„Tüüht!“

„Ja, ja, ich komm ja schon“, brülle ich das Telefon an, gehe ran und rede fünf Minuten lang mit meiner Mutter, die auf wundersame Weise schon von Ben weiß. Meine Tante redet wirklich zu viel...
 

Ben steht schon in der Küchentür als ich den Hörer wieder auf seine Ladestation knalle, und er sieht mich mit großen, neugierigen Augen an.

„Schlechte Nachrichten?“, fragte er. Scheint sich also doch auf meinem Gesicht widerzuspiegeln.

Ich nicke. „Ziemlich. Ab morgen ist es vorbei mit der Ruhe, um drei müssen wir zum Bahnhof. Du fährst doch, oder?“

„Klar, aber warum?“, will er natürlich wissen.

„Meine Schwestern kommen“, gestehe ich. „Und jeder, der die beiden kennt, weiß, dass es dann wirklich keine Ruhe mehr geben kann.“

Doch was tut Ben? Er sieht mich mit seinen unglaublichen Augen und seinem unwiderstehlichen Lächeln an. „Das bekommen wir hin, Kinder mögen mich. Und bis dahin genießen wir einfach noch ein bisschen die Zweisam...“

„Wuff!“ Seit wann so unhöflich, Hund? Kannst doch nicht einfach so unterbrechen.

„Entschuldige, Mephisto... die Dreisamkeit, okay?“

„Okay, und wie ich sehe, ist das Essen auch fertig“, stelle ich grinsend fest. Komisch, eine optimistische Bemerkung von ihm und ich bin aufgemuntert.

Als Antwort bekomme ich nur ein Nicken und wie angekündigt genießen wir nach dem Essen einfach die Ruhe vor dem Sturm, Ben, Mephisto, ich und Tantchens DVD-Sammlung. Eigentlich ist doch so ein letzter, ruhiger und entspannter Abend durch nichts zu ersetzen...
 


 

Bis hoffentlich bald ^^

Kindsköpfe

Tagchen allerseits ^^

Da bin ich wieder und habe ein schönes, kleines, vielleicht auch krankes Mitbringsel

Viel Spaß dabei ^^

Eure Naoko
 


 

6 Kindsköpfe
 

2. Januar, 15:37 Uhr. Geschätzte Außentemperatur: -15° C.

Eigentlich ja perfekt, um mit Ben vorm Kamin meiner Tante zu liegen und uns mehr als nur warme Gedanken zu machen, oder? Klingt das jetzt so triebgesteuert wie es ist? Ja? Gut, dann wird es überraschen, dass ich genau das jetzt NICHT tue. Meine Triebe haben mich verlassen, Ben übrigens auch. Er wollte doch nur schnell Kaffee bei dem Bäcker vorm Bahnhof holen und nun ist er seit geschlagenen zehn Minuten weg. Und ich stehe einsam und verlassen auf dem Bahnsteig und friere mir meinen Allerwertesten ab, von dem Ben heute morgen noch meinte, dass er mir besser gelungen sei als meine heutige Frisur. Danke auch, Süßer...

Mittlerweile ist das auch egal, da ich meinen Hintern wenigstens noch spüre, ganz im Gegensatz zu meinen Zehen, oder dem Rest meiner Füße, wo wir gerade dabei sind. Seit einer halben Stunde ist der Zug, in dem Josie und Charlie sitzen, nun schon verspätet. Immer zehn Minuten mehr, nachdem schon weitere zehn Minuten vergangen sind. Natürlich ohne Durchsage. Momentan sind es laut Anzeige und Lautsprecher 25 Minuten, meine Uhr und der Fahrplan sagen 35. Irgendetwas stimmt hier nicht...

Plötzlich rieche ich Kaffee hinter mir und als ich mich umdrehe, steht Ben tatsächlich da, mit zwei dampfenden Pappbechern in der Hand, und lächelt mich an.

„Mein Retter“, seufze ich glücklich und nehme meinen Kaffee entgegen.

Während ich ungeduldig das warme, schwarze Gold in mich kippe und die Anzeigetafel anstarre, bemerke ich, wie Bens Blick nur auf mir ruht und er dieses verträumte Lächeln auf den Lippen hat, das einen schon mal um den Verstand bringen kann.
 

Zehn Minuten später, der Kaffee ist längst Geschichte, fängt Ben an zu zittern und ich die Bahn zu verfluchen. Meine Wut ist durchaus berechtigt, wie ich finde, aber Ben ist wichtiger. Da mir aber gerade nur Körperwärme zur Verfügung steht – der Wartesaal des Bahnhofs ist praktischer Weise geschlossen – , lege ich meine Arme von hinten um ihn und mein Kinn auf seine Schulter. Er schließt die Augen und lehnt sich an mich. So stehen wir also da, er mit geschlossenen Augen und ich auf die Anzeige starrend.

„Ich liebe dich“, murmelt Ben nach einer gefühlten Ewigkeit, die doch viel zu kurz ist. Das erste Mal höre ich diese Worte so ehrlich und so ernst, dass mir fasst das Herz zerspringt. Bis jetzt war alles nur Spiel, doch das hier, das ist Ernst, das ist es endlich, mein Leben.

„Meine Damen und Herren an Gleis 1“, meldet sich die Lautsprecherstimme bevor ich etwas erwidern kann. „Der Regionalexpress aus...“ Der Lautsprecher gibt ein Ächzen von sich und dann völlig den Geist auf. So viel also zum Thema 'Technik und warum ich ihr nicht vertraue'...

„Da hinten kommt er“, meint Ben, der die Augen wieder geöffnet hat und in die Ferne sieht.

„Na endlich“, entfährt es mir seufzend.

Ben lacht leise und dreht sich zu mir um. „Bald sind wir ja wieder zu Hause im Warmen“, lächelt er mich an und küsst mich kurz. Seine Lippen sind genauso kalt wie meine.
 

Die Zwillinge springen als erste aus dem Zug, begleitet von einer Schaffnerin, die ziemlich erleichtert aussieht, nun da das Ziel endlich erreicht ist.

„NICKY!“, schreien die beiden Mädchen im Chor als sie mich sehen und rennen, ihr kleinen Rollkoffer hinter sich herziehend, auf Ben und mich zu. Noch während ich die beiden in meinen Armen halte, tritt die Schaffnerin zu uns.

„Die beiden gehören also zu Ihnen“, stellt sie mehr fest, als dass sie fragt.

„Ja, tun sie“, erwidere ich lächelnd.

„Gut. Dann einen schönen Tag noch“, meint sie nur und geht.

„Bisschen unhöflich, was?“, murmelt Ben neben mir.

„Bald wirst du wissen warum“, lächle ich nur.

„Du bist bestimmt Ben, oder?“, fragt Josie ihn.

„Ja, der bin ich“, antwortet er lächelnd.

„Ich bin Josie!“ „Und ich Charlie!“

Zum Glück hat meine Mutter ihnen unterschiedliche Mützen und Schals gekauft, sonst hätte Ben wohl keine Chance, sie auseinander zu halten.

„Es freut mich, euch kennen zu lernen. Aber wie wäre es, wenn wir weitere Unterhaltungen zu Hause führen, da ist es wärmer und es gibt heißen Kakao.“

Meine Schwestern strahlen ihn an und alle Fragen, mit denen sie ihn sonst bombardieren würden, scheinen verflogen. Ein Lächeln und sie sind ihm verfallen. Scheint irgendwie in der Familie zu liegen...
 

Während der Autofahrt starren die beiden Ben einfach nur lächelnd an. Wenn sie in die Pubertät kommen, sollte ich mir einen anderen Typ Mann zulegen... Ob Ben mit blonden Locken auch noch so süß wäre...?

„Nick?“ Ben reißt mich aus meinen Gedanken, in denen sich gerade ein blonder Ben-Engel mit weißen Flügeln breit machen wollte.

„Was denn?“, frage ich nur leise zurück, die Zwillinge auf der Rückbank kichern.

„Wir sind da, Träumer“, lacht Ben.

„Sehr schön“, erwidere ich und steige aus.

Josie und Charlie laufen gleich wieder zu Ben, als sie das Auto verlassen, doch anstatt auf ihre Fragen zu antworten, öffnet er den Kofferraum und drückt ihnen ihre Koffer in die Hand, und mir die Einkaufstüten, die wir vor unserer Fahrt zum Bahnhof noch gefüllt haben.

„Und was nimmst du?“, frage ich leicht muffelnd.

„Die Verantwortung“, grinst er und schließt den Wagen ab. „Aber keine Angst, ich helfe dir ja“, meint er schon lieber lächelnd und nimmt mir einen Teil der Last ab. „Kann doch nicht zulassen, dass du dich überanstrengst und dann gar nichts mehr mit dir anzufangen ist.“

Er küsst mich und ich denke, ich weiß, worauf er hinaus will. Die Zwillinge neben uns quietschen vergnügt.

„Ins Haus!“

Kichernd befolgen sie meinen Befehl, wenigstens bis zur noch verschlossenen Haustür.
 

Drinnen lassen sie ihre Koffer wieder fallen, reißen sich die Mützen von den Köpfen und wickeln sich aus ihren Schals.

„Was ist denn mit dir passiert, Josie?“, platzt es aus mir heraus als ich sehe, dass ihre Haare, ganz im Gegensatz zu denen ihrer Schwester, auf einmal nur noch bis zum Kinn reichen.

„Sie hat sich auf einmal eingebildet, dass die Frisur besser wäre als die lange“, meint Charlie und man merkt, wie wenig ihr das gefällt.

„Es sieht besser aus!“, protestiert Josie und schüttelt zufrieden ihre Haare.

„Ihr seht beide toll aus“, lächelt Ben die beiden an und lässt seinen unwiderstehlichen Charme spielen, indem er sanft über Josies kurze und über Charlies lange Haare streicht. Die beiden werden knallrot und drehen sich kichernd weg.
 

„Sag mal, sind das immer solche Kichererbsen?“, will Ben wissen während wir die Einkäufe auspacken.

„Nein, das hat sich erst in den letzten Jahren herausgebildet, und ich fürchte, bis die Pubertät vorbei ist, bleibt das so.“

„Deine armen Eltern“, lacht Ben, doch was es zu lachen gibt, habe ich noch nicht mitgeschnitten.

„Du meinst 'armes Nickylein'. Ich muss das schließlich auch ertragen.“

„Studierst doch weit genug weg“, grinst Ben.

„Nicky?“, unterbrechen uns die Zwillinge. „Wo schlafen wir?“

„Dreimal dürft ihr raten, ihr Kichererbsen“, erwidere ich nur.

„Wir sind keine Kichererbsen!“, wird im Chor protestiert.

„Doch, und jetzt bringt eure Koffer nach oben!“

„Du bist gemein!“, brummen sie und verlassen die Küche wieder.

„Gute Frage, wo schlafen die beiden eigentlich?“, fragt Ben, der sich unpraktischer Weise von hinten auf mich hängt.

„Komm mit, ich zeige es dir.“
 

Meine Tante hat, als ich vor langer, langer Zeit geboren wurde, vorgesorgt und eines ihrer damals noch drei Gästezimmer in ein Kinderzimmer verwandelt. Während all der Jahre hat sich im Zimmer kaum etwas geändert und so sieht es immer noch aus wie die Kajüte eines Piratenschiffes, natürlich kindertauglich bunt bemalt und komplett mit holzvertäfeltem Doppelstockbett und Bullaugen mit Aussicht auf gemalte Unterwasserwelten. Eigentlich kein typisches Mädchenzimmer also, aber meine Schwestern lieben es. Und den großen Augen nach zu urteilen, Ben auch.

„Das Zimmer ist genial“, stellt er fest während er es genauer unter die Lupe nimmt und die Zwillinge sich streiten, wer das obere Bett bekommt.

„Stimmt. Ich hätte es dir eigentlich schon eher zeigen können, was?“

„Hättest du, aber ob ich dann noch hätte woanders schlafen wollen...“

„Du würdest also lieber hier schlafen als neben mir?!“

„Bin eben doch noch ein Kind“, grinst Ben nur.

„Also so wirkte das gestern Nacht gar nicht“, grinse ich zurück.

„Ben, spielst du mit uns?“, drängen sich Charlie und ihre großen Augen zwischen uns.

„Was denn?“, fragt er lächelnd zurück.

„'Mensch ärger dich nicht!'“, wirft Josie ein und rollt einen quadratischen Teppich aus, auf dem das Spielfeld ist. Meine Tante hat das Teil vor Jahren mitsamt den in der Größe passenden Spielfiguren und Würfeln erstanden.

„Wir sind dabei!“, stellt Ben fest. „Aber nur, wenn ich Blau bekomme.“

Josie seufzt. „Na gut, aber nur ausnahmsweise.“

„Habe ich was falsches gesagt?“, fragt er mich leise.

„Normalerweise ist Blau Josies Farbe, aber wenn du sie einmal lieb anlächelst, dürfte alles wieder gut werden.“

Wie sich kurz darauf herausstellt, habe ich Recht. Manchmal sind die Zwillinge einfach zu leicht zu durchschauen. Und da Ben und ich nett sind und die beiden nicht immer raus werfen, wenn wir könnten, gewinnen die Mädchen sogar, womit wir uns natürlich wieder erfolgreich einschleimen können.

Trotzdem drängen die beiden uns dann zum Essen machen, was ganze fünf Minuten Ruhe bedeutet, also fünf Minuten knutschen bis das Nudelwasser kocht. Dann folge ich Bens Anweisungen, leider. Ohne Gäste hätte ich ihn längst dazu überredet, Pizza zu bestellen, aber so will er sich von seiner besten Kochseite zeigen. Schleimer! Süßer, sexy Schleimer!

Natürlich funktioniert es. Sie himmeln ihn regelrecht an, MEINEN Freund!
 

Später spielen wir noch Monopoly und mich zocken sie ab, während sie ihm ganze Städte schenken würden, gäbe es nicht nur Straßen. Dabei bin ich ihr großer Bruder, der schon immer alles für sie getan hat, da kann man doch erwarten, dass die mir meinen Freund lassen, oder? Ich habe ihn schließlich gefunden. Ich habe... Ich bin eifersüchtig auf meine kleinen Schwestern. Sollte ich nicht, was? Es sind kleine Mädchen, aber was soll ich machen? Jedes Mal, wenn sie Ben anlächeln oder ihm die Miete erlassen, macht meine Stimmung einen weiteren Satz nach unten und das lasse ich an den Geldvorräten der anderen aus. Noch nie war ich so unbarmherzig oder habe so viele Hotels gebaut. Es ist mir vollkommen egal, wie kindisch ich mich aufführe oder was die anderen denken. Und dass die Zwillinge sich dann auch noch an Ben klammern und ihn fast zu Tode knuddeln, macht es auch nicht besser. Eher im Gegenteil.

„Ich gehe ins Bett“, meine ich schließlich nur und verkrümle mich in mein Zimmer. Es ist noch nicht einmal 21 Uhr.
 

Ich schlafe nicht, ziehe mich nicht mal aus, sondern sitze nur im Dunkeln auf meinem Bett und denke. Dieses blöde Gefühl darf nicht sein, es ist vollkommen unbegründet. Warum also kann ich es nicht einfach abschalten? Warum?

Nach einer Stunde wird die Tür vorsichtig aufgeschoben und von Ben wieder zugemacht.

„Alles in Ordnung?“, fragt er leise und kommt auf mich zu.

„Hab ich dir schon mal gesagt, dass ca. zwei Drittel meiner Beziehungen nach wenigen Wochen wegen meiner Eifersucht kaputt gehen?“, frage ich noch leiser zurück.

Bens Gesicht kann ich im Dunkel kaum erkennen, aber er klettert aufs Bett und setzt sich direkt vor mich.

„Hast du nicht. Aber warum bist du denn so eifersüchtig?“, will er wissen. Ich auch.

„Keine Ahnung“, gebe ich zu. „Hab wohl noch nie gern geteilt.“

„Es sind deine Schwestern, sie werden mich dir schon nicht wegnehmen.“

„Das weiß ich auch und ich sage es mir selbst ständig, doch dann ist da immer diese blöde Stimme in meinem Kopf, die fragt: 'Und wenn doch?' Und diese Stimme kann ich einfach nicht abschalten, egal was ich tue. Das war schon immer so.“

„Hast du dich deswegen gegen eine Beziehung gewehrt?“, fragt er leise, dreht sich um und lässt langsam gegen mich fallen, so dass sein Kopf auf meiner Brust liegt.

„Unter anderem“, antworte ich nur und lege meine Arme und Beine um ihn, wie um ihn festzuhalten, mich festzuklammern.

Okay... Arme mögen noch vernünftig sein, stellt mein Verstand eine Sekunde später fest, aber Beine? Übertrieben und größenwahnsinnig, also ziehe ich sie wieder zurück, doch Ben legt sie gleich darauf erneut um sich.

„Ein bisschen festhalten ist in Ordnung, aber nicht zu fest“, meint er leise. „Aber zu lose ist auch nicht gut, das wirkt schnell wie Desinteresse“, fügt er hinzu und dreht seinen Kopf zu mir, damit wir uns ansehen können.

„Ich habe mich vorhin ziemlich ekelhaft aufgeführt, was?“

„Und wie“, bestätigt Ben. „Josie hätte fast geweint, weil ihr lieber, großer Bruder sie so herzlos und brutal in den Ruin getrieben hat.“

„Ich sollte mich entschuldigen“, murmle ich nur.

„Morgen, für heute schlafen die beiden. Ich habe ihnen erlaubt, zusammen im oberen Bett zu schlafen, weil Josie so fertig war. Das war doch in Ordnung, oder?“

„Ja“, antworte ich. „Du wärst ein toller großer Bruder.“

„Mag sein, aber du bist schon einer“, lächelt Ben und dreht sich vollständig zu mir.

Wir küssen uns, ich beginne, ihn auszuziehen, Ben tut das gleiche bei mir und... na ja, zum schlafen kommen wir jedenfalls erst einige Zeit später. Vielleicht ist Ben ja genauso triebgesteuert wie ich...
 

Nächster Morgen: Ich wache auf, sehe Ben und lächle ihn an. Er lächelt zurück. Wir küssen uns. Eigentlich tun wir das ja schon selten genug, also was soll's?

„Ich liebe dich“, hauche ich. Das hatte ich schon gestern sagen wollen, aber irgendwie kam ich nicht mehr dazu.

Ben strahlt mich an und küsst mich erneut. Und wie soll ich es sagen? Wir sind jung, die Hormone kochen hoch und wir tun Dinge, die ich hier aus jugendschutzrechtlichen Gründen nicht ausschreiben darf. Aber ich darf anmerken, dass wir nicht gerade zimperlich vorgehen, dafür geschützt, wie sich das gehört.

„Haben Schwule immer so Sex?“, dringt eine leise Mädchenstimme zu uns und anstatt uns erschöpft in die Kissen sinken zu lassen, bedecken wir mit besagten Kissen lieber schnell unsere Blöße.

In der Tür stehen die Zwillinge und starren uns an. Uns, ihren sonst so vorbildlichen, großen Bruder und dessen Freund, wie wir verschwitzt, zerzaust und mit Kissen vor unseren Intimitäten auf die beiden starren, die in ihren karierten Flanellpyjamas einfach nur dastehen.

Plötzlich dreht Charlie sich aber zu Josie und sagt ganz ernst: „Also Mama und Papa machen es anders und die sind ja Mann und Frau, also hetero. Da denke ich doch, dass es bei Schwulen eher wie bei Nicky und Ben abläuft.“

„Ja, wird wohl so sein“, stimmt Josie ihr nachdenklich zu. „Aber ob die alle immer so wild sind?“, fragt sie und die beiden gehen Schulter zuckend wieder aus dem Zimmer.

„Wir sind wild“, murmelt Ben neben mir.

„Und ich mache mir ernste Sorgen um das seelische Wohl meiner Schwestern“, erwidere ich nur und wir starren noch eine Weile auf die Tür.
 

Ende Kapitel 6
 

Bis zum nächsten Mal ^^

Familienbande

Hi ^^

Hab mal wieder was verbrochen, so im Prüfungsstress...

Viel Spaß

Eure Naoko
 


 

7 Familienbande
 

„Wir sollten mit ihnen reden“, meint Ben nach der Ewigkeit, die wir brauchen um uns aus unserer Starre zu lösen.

„Denkst du, das hilft?“

„Na ja, entweder sie sind total verstört wegen dem, was sie gesehen haben, oder sie gehen zu... lasch damit um.“

„Nicky, Ben, jetzt beeilt euch, wir wollen endlich frühstücken!“, ruft es plötzlich aus dem Flur.

„Wohl eher zu lasch“, stelle ich fest und werfe meinen Bademantel über. „Ich geh nur schnell duschen.“
 

Eine halbe Stunde später sitzen wir alle im Esszimmer, angezogen, Ben mit nassen Haaren und wir beide peinlich berührt. Den Zwillingen scheint das ganze nichts auszumachen, sie stürzen sich nur auf ihre Honigbrötchen und den Kakao.

„Also... das was ihr da vorhin gesehen habt...“, beginnt Ben schließlich. Wenigstens einer von uns hat Mut...

„Keine Angst, wir wissen, was ihr gemacht habt“, meint Charlie und beißt in ihr Brötchen.

„Ja, Mama und Papa haben es uns erklärt, und auch gesagt, dass es eben auch schwule und lesbische Pärchen gibt, aber wie die das machen, wollten sie uns nicht sagen, das solltest du uns erklären“, lächelt Josie unschuldig. „Aber das erübrigt sich ja jetzt.“

Ich bin geschockt, wahrhaft geschockt! Meine kleinen, lieben, unschuldigen Schwestern sind so... so... so verdorben. Anders lässt es sich nicht sagen. Sie sind verdorben. Ihre Kindheit ist vorbei, hinüber, von Sünde weggespült! Dabei waren sie gestern noch so rein wie Engel, unschuldig und rein! Zumindest für mich, wusste ich doch noch nicht, was sie schon wussten. Wer weiß, wie lange schon... Ich werde sie nie wieder so sehen wie zuvor. Wie sollte ich, wenn sie die tiefsten Tiefen meines sündhaften Lebens kennen. Und sie werden mich nie wieder mit ihren unschuldigen Augen ansehen, ohne zu wissen, wie ich wirklich bin. Jetzt weiß ich, wieso ich nie einen meiner Freunde mit nach Hause gebracht habe. Deswegen und weil es nie ernst genug dafür war... Ich sollte lernen, Schlüssel auch im Haus zu benutzen...

„Ich glaube, der kommt heute nicht mehr wieder“, meint eine weibliche Stimme neben meinem Ohr und drei Köpfe schieben sich gleichzeitig in mein Blickfeld.

„Du bist ziemlich blass“, stellt Ben besorgt fest. „Geht es dir gut?“

„Ja“, antworte ich leise. „Alles klar, aber langsam mache ich mir wirklich Sorgen um die Zwillinge.“

„Rede nicht so! Wir sind schließlich im Raum!“, protestiert Charlie.

Doch Ben lächelt. „Ich glaube, ich weiß, was du meinst.“

„Was soll das denn heißen?!“, will Josie entgeistert wissen.

„Nichts, Engelchen, gar nichts“, lächelt Ben sie an und streicht ihr über den Kopf. Sie liebt ihn schon wieder. Wie könnte sie nicht?

Nur Charlie lässt sich nicht so schnell einlullen und hängt sich um meinen Hals.

„Über was redet ihr zwei?“, fragt sie zuckersüß lächelnd und klettert auf meinen Schoß.

„Über nichts, Schätzchen, über gar nichts“, lächle ich zuckersüß zurück.

„Ihr seid fies“, muffelt sie.

„Danke für das Kompliment“, grinse ich während Ben lacht und dafür von Josie in den Arm geknufft wird.

Ich weiß ja nicht, wie das anderswo gehandhabt wird, aber bei uns wurde Muffeln und brutales Armknuffen schon immer mit extensivem Folterknuddeln bestraft. Zum Glück scheint Ben das genauso zu sehen, kann aber auch an dem verschwörerischem Blick liegen, den wir uns direkt vor der Strafvollstreckung zuwerfen...
 

Da draußen schon wieder ein Schneesturm tobt, toben wir drinnen, also die Zwillinge toben und zerren uns mit. Ich werde zum bösen Piraten und Ben zum starken Helden, der die beiden vor mir rettet. Ich werde zum fiesen Zauberer und Ben zum strahlenden Ritter, der die beiden vor mir rettet. Ich werde zum abgehalfterten Wild-West-Schurken und Ben zum mutigen Cowboy, der... Wieso nur? Ich will auch retten, will auch gerettet werden von Ben, will auch mal der Gute sein.
 

Und wer jetzt denkt, nach dem Abendessen wird es ruhiger, der irrt. Und zwar gewaltig! Ben wird gleich aus dem Esszimmer gezerrt und das Aufräumen mir überlassen. Nett, oder? Noch netter wird es nur, als ich ins Wohnzimmer komme...

Ben sitzt auf dem Sofa, mit einem Schal gefesselt und sieht mich bittend an. Die Zwillinge springen mich mit ihren Holzschwertern in der Hand an. Juhu! Jetzt darf ich Ben doch noch retten, ohne Waffe...

„Wuff!“ Obwohl...

Ja, es ist gemein, aber Mephisto wird von mir mal eben als Waffe missbraucht. Wie? Ich nehme ihn hoch und halte ihn den Zwillingen entgegen. Den Hund greifen sie natürlich nicht an, sie streicheln ihn, nehmen ihn mir ab und knuddeln ihn. Mein Plan geht also auf, sie sind abgelenkt, sodass ich mir Ben schnappen kann und ihn quasi auf Händen nach oben in mein Zimmer tragen kann.

„Lass mich runter!“, fordert der Gute glatt.

„Aber ich bin doch Euer Ritter ohne strahlende Rüstung, der Euch retten muss, mein Prinz.“

„LASS MICH RUNTER!“, zischt Ben.

Er hat Glück, wir sind am Ziel und er landet sanft auf dem Bett. Ohne ein weiteres Wort streckt er mir seine gefesselten Hände entgegen.

„Warum hast du es denn so eilig?“ Ich meine, da ließe sich doch was machen...

„Weil ich sonst heute Nacht im meinem Zimmer schlafe und zuschließe.“

Er meint es ernst, er meint es wirklich ernst. Das sieht man an seinen Augen, die mich finster fixieren. Dann mal doch lieber schnell weg mit dem fesselnden Schal, wir wollen doch nichts riskieren.

„Danke“, murmelt er und zieht mich zu sich aufs Bett.

„Ist alles in Ordnung?“, frage ich und lege ihm meine Hände ans traurige Gesicht.

„Ja, es ist nur... Alex hat mich früher auch immer als Gefangenen eingesetzt, wenn wir gespielt haben“, flüstert er. „Nur damals wollte mich keiner retten.“

„Komm her.“ Ich ziehe ihn in meine Arme und hauche Küsse auf jede Stelle seines Körpers, die ich erreichen kann.

„Danke“, kommt es leise von Ben, der sich an mir festklammert.

„Wie gesagt, ich bin dein Ritter ohne strahlende Rüstung und ohne weißes Ross. Und Ritter sind zum retten da, oder?“, lächle ich ihn an.

„Ja, mein Ritter bist du“, lächelt er zurück. „Nur dass du statt einem weißen Ross einen alten Hund hast.“

„Stimmt, sollte mich bei der armen Socke entschuldigen“, lache ich und Ben stimmt sogar mit ein.

„Wenn ihr dann fertig seid, kommt ihr wieder runter?“, fragt Josie auf einmal von der Tür her.

Ben seufzt und lässt sich gegen mich fallen. „Ich bin müde...“

„Ich weiß, was du meinst, aber ich habe einen Plan“, raune ich ihm zu.
 

Unten wartet Charlie schon mit einem angriffslustigen Grinsen, aber solche Anwandlungen müssen im Keim erstickt werden.

„Wie wäre es mit einem Film?“, frage ich die Zwillinge.

„Nemo!“, schreit Josie.

„Nein, Madagaskar!“, fordert Charlie.

„Nemo!“

„Madagaskar!“

„Streitet euch nicht, heute entscheidet Ben“, bestimme ich einfach.

Ben begibt sich auch gleich zum DVD-Regal und zieht zielgerichtet „Aladdin“ heraus.

„So was altes?“, stellt Charlie entsetzt fest.

„Als ich in deinem Alter war, war das mein Lieblingsfilm, also hör auf zu meckern“, meint Ben nur und legt den Film ein.

„Wir brauchen noch Popcorn“, verkünde ich und die leicht betröppelt schauenden Mädchen nicken. „Ben, hilft du mir mal eben?“

„Ja“, sagt er nur und geht voran in die Küche.
 

„Konntest du das nicht ein bisschen netter sagen?“, frage ich grade heraus als wir allein sind.

„Nein.“ Er ist genervt, man würde es auf mehrere Kilometer Entfernung sehen.

„Sie nerven, ja, ich weiß, aber bald sind sie im Bett und wir haben es überstanden“, versuche ich zu beschwichtigen.

„Dann geht es morgen weiter und übermorgen und überübermorgen und... ich will das hier nicht weiter ausführen“, seufzt Ben.

Meine Arme legen sich automatisch von hinten um ihn.

„Ich werde ihnen sagen, dass sie sich zurückhalten sollen und dass sie dich nie mehr als Gefangenen missbrauchen dürfen, ja?“, verspreche ich flüsternd und küsse seinen Nacken.

Ben nickt leicht. „Danke“, haucht er. „Ich mag die beiden ja, sehr sogar, aber von Null auf Hundert in so kurzer Zeit ist anstrengend. Und es hat Erinnerungen geweckt...“

„Tut mir leid, ich hätte dich beschützen müssen.“

„Du musst mich doch nicht vor deinen eigenen Schwestern beschützen. Ich muss mich nur daran gewöhnen“, flüstert er und die Mikrowelle meldet, dass das Popcorn fertig ist.

Ben zieht mich mit sich zum Schüsselschrank und dann zur Mikrowelle. Ja, auch während er das Popcorn in die Schüssel kippt, hänge ich auf seinem Rücken.

„Zucker oder Salz?“, fragt er.

„Das ist schon gezuckert, aber ich nehme gerne noch Chips.“

„Sei nicht so gefräßig, wir haben Popcorn und Gummibärchen, das muss reichen.“ Ben dreht sich um und lächelt mich zuckersüß an. „Außerdem musst du ein gutes Vorbild sein, mein Ritter.“

„Na toll, da rettet man dich schon und wird dann auch noch bestraft“, brumme ich und werde mit einem Kuss entschädigt.
 

Im Wohnzimmer warten die Zwillinge schon ungeduldig.

„Ihr braucht viel zu lange“, meckert Charlie sobald wir reinkommen. Josie sieht Ben nur traurig an.

„Wir brauchen nicht zu lange, das war das Popcorn“, lächelt Ben die beiden an, setzt sich zwischen sie und zieht Josie auf seinen Schoß.

„Tut mir leid, dass wir dich gefesselt haben“, entschuldigt sie sich leise.

„Schon gut, Engelchen“, erwidert Ben ebenso leise aber lächelnd.

„Mir tut es auch leid“, murmelt Charlie neben ihm.

Ben streicht ihr nur über den Kopf, Josie hatte schon den Rest von ihm in Beschlag genommen.

„Wie sieht's aus? Wollen wir dann den Film gucken?“, frage ich nachdem sich alle mit Blicken versöhnt haben.

„Lass laufen“, lächelt Ben.

Charlie greift sich die Schüssel Popcorn und macht es sich auf meinem Schoß bequem. Ben rückt mit Josie näher, so dass er seinen Kopf auf meiner Schulter ablegen kann. Josies Kopf liegt auf seiner Schulter und Charlie legt ihren auf meine, nur ich kann meinen nirgendwo ablegen. Schon fies, oder? Egal, der Film läuft und alle haben ihren Spaß, vor allem die Mädchen, und das obwohl der Streifen noch mit der Hand gezeichnet wurde und nicht per Computer 3D-animiert.
 

Die Zwillinge schlafen schließlich in unseren Armen ein und wir tragen sie hoch.

Nach einem gescheiterten Versuch, Josie auf das obere Bett zu heben, sagt Ben leise: „Wie wäre es, wenn wir beide zu mir ins Bett legen, da haben sie genug Platz und wir müssen keine von ihnen nach oben hieven?“

„Gute Idee“, stimme ich flüsternd zu und die beiden kuscheln sich kurze Zeit später in Bens Bett in die Kissen.

„Schlaft gut, ihr Engel“, flüstert Ben und küsst jede von ihnen auf die Stirn. Was für ein guter, liebevoller großer Bruder doch an ihm verloren ist...
 

Wieder in meinem Zimmer wirft er sich gleich aufs Bett.

„Willst du dich nicht wenigstens ausziehen? Und wie sieht es mit Zähneputzen aus?“, will ich wissen.

„Das nervt schon, wenn man müde ist, weißt du?“, murrt Ben und geht kurz ins Bad, nur um sich dann wieder aufs Bett zu werfen.

„Schlaf nicht ein, bevor ich wiederkomme“, ermahne ich ihn lächelnd.

Zu meiner eigenen Überraschung hält er sich daran bis ich neben ihm liege.

„Ich beneide dich“, murmelt er.

„Worum?“

„Um deine Schwestern. Ich hätte auch gerne solche Geschwister. Sie lieben dich, bedingungslos.“ Noch einmal sieht er mich traurig lächelnd an bevor er sich an mich kuschelt und einschläft.

„Ich liebe dich, bedingungslos“, flüstere ich. Genau das haben mir die letzten Tage gezeigt. Es kommt ganz tief aus meinem Herzen. Es ist wahr. Aber es kann nicht deine Familie ersetzen, mein schwarzer Engel, bitte entschuldige.

Während ich unzählige Liebesschwüre und Entschuldigungen hauche, schlafe ich irgendwann auch ein.
 

Dann läuft zwei Tage lang alles gut. Die Zwillinge sind zwar immer noch ziemlich aufgedreht, aber wenn wir sagen „Es reicht!“, dann halten sie sich zurück. Ich habe also doch nicht alles in ihrer Erziehung falsch gemacht. Oder eben meine Eltern...

„Können wir heute endlich raus gehen?“, drängelt Charlie wie jeden Morgen beim Frühstück.

„Es schneit auch gar nicht mehr“, wirft Josie ein.

„Lass uns rausgehen, Nick. Ich werde schon klaustrophob.“ Ben lächelt mich auf seine unnachahmliche Weise an.

Wie soll ich da noch Nein sagen können? Bei drei bittenden Augenpaaren, von denen auch noch eines dem Menschen gehört, mit dem ich das Bett teile? Obwohl... mit Josie haben wir in der letzten Nacht auch das Bett geteilt, weil sie nach einem Alptraum zu uns gekommen ist, sich an Ben gekuschelt hat und friedlich wieder eingeschlafen ist.

„Ja, wir gehen raus“, gebe ich nach. Dass ich das sowieso vor hatte, muss ich ja keinem verraten. Sonst könnte ich mir wohl die Extra-Knuddeleinheit der Zwillinge wohl abschminken. Oder Bens Dankeskuss während wir das Geschirr in die Spülmaschine stapeln. Seinen dankbaren Blick würde ich wohl auf jeden Fall geschenkt bekommen.

Die letzten Nächte ist er immer todmüde ins Bett gefallen, da ihn die Zwillinge trotz allem belagert haben. Jetzt ist er auch noch müde, obwohl wir ziemlich lange geschlafen haben.

„Ich konnte nicht mehr einschlafen nachdem Josie zu uns gekommen ist“, hat er mir beim Aufstehen gestanden.

Immer wieder gähnt er, bis ich ihn von der Aufräumarbeit befreie und aus der Küche verbanne.

Kaum ist er weg, stehen die Zwillinge vor mir, fertig angezogen mit Mänteln, Mützen und Handschuhen.

„Können wir dann?“, fragt Charlie ungeduldig.

„Hättet ihr nicht noch warten können?“, frage ich leicht genervt.

„Nein!“, erwidern die Mädchen im Chor. Juhu...

„Habt ihr Ben gesehen?“

„Der ist ins Wohnzimmer gegangen“, antwortet Josie.

Wohnzimmer also, da sollte ich mal vorbei gehen, tue es auch, gefolgt von den Zwillingen. Ben ist wirklich da, engelsgleich auf dem Sofa. Schlafend.

„Geht erstmal in den Garten, da liegt ja auch Schnee“, flüstere ich den Mädchen zu.

Mit langen Gesichtern stapfen sie durch die Terrassentür nach draußen, Mephisto nehmen sie auch gleich mit.

Endlich etwas Ruhe! Am liebsten würde ich mich gleich neben Ben legen, aber das lasse ich besser bleiben, decke ihn zu und mache es mir mit einem Buch vor dem Sofa bequem. Ich liebe Fußbodenheizungen...
 

„Danke.“ Ein Arm schiebt sich mir über die Schulter, was mich in Verbindung mit dem geflüstertem Dank mal eben zu Tode erschreckt.

„Gut geschlafen?“, frage ich Ben, den ich ziemlich leicht an den schwarzen Fingernägeln erkenne. Musste sie ja auch gestern erst bemalen, nachdem die Mädchen ihre blassrosa Versuche versaut hatten, da wollte er nicht noch größere Katastrophen riskieren. Ich frage mich eh, bei welchen Gelegenheiten meine Tante schwarzen Nagellack trägt. Und warum sie uns keinen Nagellackentferner da gelassen hat...

In meinem Nacken spüre ich ein Nicken. „Es ist so ruhig“, flüstert Ben.

„Die Mädchen sind seit zwei Stunden im Garten und quälen Mephisto mit Schnee“, erkläre ich.

„Der Ärmste“, lacht Ben leise. „Hast du das zu verantworten?“

„Ich habe sie nur raus geschickt, das Fellknäuel haben sie freiwillig mitgenommen.“

„Lass sie draußen, alle drei“, bittet Ben mich, „nur eine Weile.“

„Kann es ja versuchen, aber um sicher zu gehen, müssten wir sie wohl aussperren und das würden sie uns besonders übel nehmen.“

„Egal. Ich will nicht mehr nett sein. Ich habe mich jahrelang immer gut benommen, habe immer den lieben Jungen gespielt. Übernimm du das bei den Zwillingen für mich.“

„Wie meinst du das?“, frage ich leise.

„Lass mich ihr Drachen sein, und sei du ihr strahlender Ritter, der sie aus dem Turm befreit.“

„Du meinst, ich bin Shrek und du der liebestolle Drachen, der mit dem Esel von Dannen zieht?“ 'Tschuldigung, wir haben gestern Abend 'Shrek' geschaut...

„Zum Glück siehst du besser aus als ein Oger“, lacht Ben mir ins Ohr.

„Stimmt. Aber mich würde viel mehr interessieren, wer dein Eselersatz sein soll?“

„Wuff!“

Ich drehe mich zu Ben um, wir sehen uns an, ganz fest, immer darauf bedacht, nicht laut loszulachen.

„Wuff!“

Okay, es geht nicht. Nach einer halben Minute schon liegen wir förmlich flach vor lachen.

„Beruhigt ihr euch heute noch?“ Mit ihrer besorgten Frage reißt Josie uns wieder in die Realität zurück.

„Wuff!“ Aber Mephisto arbeitet gegen sie.

Lachend steht Ben auf und zerzaust Mephistos kurzes Fell.

„Komm mit, mein Esel, dann bekommst du was zu fressen“, meint er und geht dem aufgeregt in die Küche wackelnden Hund hinterher.

„Was meint Ben denn mit Esel?“, wundert Josie sich.

„Das, meine Liebe, ist unser Geheimnis“, grinse ich und versuche mysteriös zu wirken. Bei meinem Glück klappt es nicht...

„Du machst mir Angst“, stellt Josie trocken fest.

„Gut so. Hol aber mal Charlie rein, dann machen wir gleich Mittagessen und danach springt ihr in eure Badeanzüge und es geht an den Strand zum Baden.“

„Sehr witzig“, brummt sie und schreit aus der Terrassentür heraus nach ihrer Schwester. Ganz so lautstark hatte ich das zwar nicht gemeint, aber na gut. Hab es ehrlich gesagt auch immer so gemacht.
 

Wir essen also. Ben hat, talentiert wie er ist, Spaghetti mit Tomatensoße gekocht. Mehr als ich kann. Vielleicht sollte ich dafür sorgen, dass er zu mir zieht, ab sofort. Ein guter Koch im Haus ist für jeden Studenten unentbehrlich.

Durch sein kleines Nickerchen ist er auch wieder einigermaßen fit, ganz zur Freude meiner strandverrückten Schwestern. Ihre Augen leuchten regelrecht, als sie nach drei Schneesturmtagen endlich das Meer sehen und nicht mehr nur hören. Ben zerren sie gleich mit in Richtung Wasser, Mephisto rennt vor lauter Übermut hinterher. Irgendwer muss dem sonst dauerschlafenden Fellknäuel Ecstasy ins Futter gemischt haben...

„Wehe, ihr lauft ins Wasser!“, rufe ich ihnen noch hinterher. „Ihr erfriert bloß, und ich habe keine Lust, euch wieder aufzutauen.“
 

Eine halbe Stunde tollen sie über den Strand, werfen sich in den Sand, sauen ihre Mäntel ein und scheuchen Mephisto hin und her. Alle drei übrigens. Nur spielt Ben diesmal wirklich den Bösen, der sie jagt.

„So kenne ich ihn gar nicht“, verkündet eine kalte Stimme plötzlich neben mir.

Als ich mich umdrehe, steht da Alex, das Arschloch.

„Verschwinde!“, zische ich nur und gehe weiter.

„Warum denn so feindselig?“, fragt der Trottel doch glatt, aber ich tue einfach mal so, als existiere er gar nicht.

„Charlie, Josie! Hebt Ben auf und kommt her, wir gehen!“, rufe ich quer über den Strand.

Die beiden muffeln zwar, tun aber trotzdem, worum ich sie gebeten habe. Bens fragender Gesichtsausdruck, den er beim Abklopfen der Schnee-Sand-Mischung von seinem Mantel noch hat, gefriert, als er Alex sieht, der mir unverschämter Weise folgt.

Das Arschloch grinst. „Hallo Bruderherz!“

Sturm

Moin, Moin

Da wäre dann schon wieder was von mir, tut mir leid

Und ja, eigentlich müsste ich lernen, aber ich hab einfach keine Lust...

Und ja, ich gebe es zu, viel kommt nach diesem Kapitel nicht mehr. Gut für mich, schlecht für euch, sorry -.-

Ich hoffe ihr vergebt mir... sagt nicht, das es nichts zu vergeben gibt, lest erstmal...

Viel Spaß dabei

Eure Naoko ^^
 


 

8 Sturm
 


 

Das Arschloch grinst. „Hallo Bruderherz!“

„Was willst du?“, fragt Ben kalt.

„Nur Hallo sagen, Benni“, grinst Alex weiter. Wenn Blicke töten könnten, wäre ihm das Grinsen schon längst vergangen. Ben beschießt ihn regelrecht mit giftigen Blicken, und bei mir sieht es nicht besser aus. Wenn...

An meinem Ärmel zupft irgendwas.

„Nick“, flüstert Josie ängstlich. „Was ist los?“

„Nimm die Mädchen und bring sie nach Hause“, fordert Ben mich auf.

„Hast du etwa Angst, dich vor deinem Stecher zu blamieren?“, gibt Alex höhnisch von sich. Obwohl... dümmlich wäre auch ein gutes Wort.

„Geht schon mal vor“, bitte ich die Zwillinge und drückte Josie den Hausschlüssel in die Hand.

„Nein!“, protestieren sie entschlossen.

„Oh wie süß! Ich glaube, sie wollen dich beschützen, Bennilein“, spottet Alex und baut sich direkt vor Ben auf.

„Lass sie in Ruhe! Sie haben nichts mit dir zu tun!“, zischt Ben.

Ein Knall schallt über den Strand.

„Halt die Klappe, Kleiner! Du hast hier gar nichts mehr zu sagen!“

„Ben!“, rufen die Zwillinge und wollen zu ihm rennen, aber ich halte sie zurück.

„Bleibt zurück!“, ermahne ich sie leise. Sie bleiben neben mir stehen und erdolchen Alex nun auch mit ihren Augen.

„Lass sie doch, Tunte, die beiden scheinen sich wenigstens wehren zu können“, grinst Arschloch weiter und boxt Ben in den Bauch.

„Kann ich auch!“, zischt Ben und boxt zurück, mitten aufs Auge.

Etwas Metallenes blitzt auf und eine Sekunde später fliegt es durch die Luft, Ben hält sich den linken Arm. Die Zwillinge reißen sich von mir los und laufen zu ihm. Alex gehört mir. Ein gekonnter Tritt und der Gute liegt im Sand.

„Lass Ben endlich in Ruhe oder du lernst dein Messer bald selber kennen, Arschloch!“, grinse ich ihn böse an während mein Knie in auf den Boden drückt. „Jetzt hau ab und halte dich fern!“

Ich lasse ihn aufstehen und das Weite suchen, sein Buttermesser sammelt er unterwegs stolpernd ein. Gerade versuche ich noch, Pfeil und Bogen her zu zaubern, damit ich ihn erschießen kann, da greift Ben nach meiner Hand.

„Gehen wir“, flüstert er nur und zieht mich in die entgegengesetzte Richtung. Sein Gesicht ist noch schmerzverzerrt.

„Ja, gehen wir, zum Arzt“, meine ich nur. Josie klammert sich an meinen anderen Arm und Charlie an sie, so dass der einzige Arm, an dem kein anderer Mensch hängt, Bens verletzter Arm ist.
 

Ben nickt nur und führt uns zu einer Arztpraxis, in der es nur so vor Rentnern wimmelt. Am Tresen versichert die Sprechstundenhilfe ihm, dass er gleich als nächstes an der Reihe sein wird. Sollte bei einem Schwerverletzten ja auch sein...

Die Zwillinge werden aus Platzgründen in die Kinderecke des vollen Wartezimmers verfrachtet, und da sie uns nicht gehen lassen wollen, quetschen wir uns eben dazu.

„Benjamin, kommst du bitte?“, ruft die Sprechstundenhilfe kaum, dass wir sitzen.

Ben folgt ihr wortlos.

„Wer war der Typ?“, fragt Charlie leise.

„Alex, Bens Bruder“, antworte ich nur.

„Ist der immer so fies?“

„Ja, ist er. Fies und gemein. Haltet euch ja von ihm fern.“

„Entschuldigung“, spricht mich eine ältere Dame neben uns an. „Sie reden da nicht gerade von den Schwarz-Brüdern, oder?“

„Doch, wieso?“, frage ich.

„Sagen sie mir aber jetzt bitte nicht, dass Alexander Benjamin so verletzt hat“, bittet die Frau bestürzt.

„Doch, hat er.“

Sie sieht mich entsetzt an. „Seinen eigenen Bruder... Dabei wirkt er immer so so nett...“, murmelt sie.

„Ist er aber nicht!“, protestiert Charlie bestimmt.

„Er ist einfach nur fies!“, stimmt Josie mit ein.

„Ruhig, ihr zwei“, ermahne ich sie. „Ihr erschreckt ja die ganze Praxis.“

„Aber wir haben doch Recht!“, schmollt Charlie während die Augen des gesamten Wartezimmers auf uns ruhen.

„Wenn er das wirklich getan hat, dann habt ihr auch recht und keiner wird euch widersprechen“, lächelt die Frau.

„Er hat es getan, wir haben es doch selbst gesehen!“, meint Charlie.

„Dann habt ihr vollkommen Recht, er ist fies.“

Josie hängt sich unterdessen auf meinen Rücken und drückt mich so fest sie kann.

„Nicky ist auch unser Bruder, dem würden wir nie so was antun“, murmelt sie.

„Ihr seid ja auch nicht wie Alex“, versichere ich.

„Sind wir nicht“, murmelt Charlie, die mich von vorne umarmt. Irgendwie komme ich mir vor wie ein Sandwichbelag...

„Wir haben unseren Nicky doch lieb“, fügt sie an.

„Ich euch auch, ihr Süßen, ich euch auch“, flüstere ich den beiden zu.

Die Frau lächelt uns zu und ein Blick über Charlie hinweg verrät mir, dass wir immer noch die Sensation im Wartezimmer sind. Lauter Rentner starren uns an, mit Gesichtsausdrücken von freundlich lächelnd bis zutiefst gerührt.

Nur Ben, der gerade wieder in der Tür auftaucht, fällt aus der Rolle. Sein Gesicht allein ist todernst, ohne den Anflug eines Lächelns. Für einen Augenblick sehe ich nur ihn und er scheint nur mich zu sehen.

„Lasst uns gehen“, sagt er schließlich. Ob nach einem Jahr oder einer Sekunde, ich weiß es nicht...

Charlie löst sich von mir, doch Josie bleibt auf meinem Rücken hängen.

„Sag jetzt nicht, ich soll dich tragen?“, meine ich lächelnd.

„Doch“, murmelt sie nur leise. Die Aktion eben am Strand scheint sie doch mehr mitgenommen zu haben als Charlie, die sich gerade von Ben in ihren Mantel helfen lässt.

„Na gut, aber erst musst du mich nochmal loslassen, oder willst du ohne Mantel raus?“

Sie schüttelt leicht den Kopf und geht zu Ben, der auch ihr in den Mantel hilft. Ich gehe auch zu ihnen und während Ben den anwesenden Rentnern nur zunickt und die Zwillinge freundlich winken, sieht die Frau, die sich mit uns unterhalten hat, mich direkt an. Ben geht mit den Mädchen schon mal raus.

„Passen Sie gut auf ihn auf“, ermahnt sie mich. „Sonst haben Sie bald die halbe Stadt gegen sich.“

„Ich passe auf ihn auf, versprochen“, versichere ich ihr.

Sie lächelt zufrieden und nickt. „Wir vergessen hier nichts, junger Mann. Alles Gute!“

„Ich werde es mir merken. Ihnen auch alles Gute!“, lächle ich sie an, dann folge ich den anderen nach draußen. Irgendetwas gibt mir das Gefühl, diese Frau war die einzige Person im Wartezimmer, die bemerkt hat, in welcher Beziehung ich zu Ben stehe. Kleinstädter können manchmal echt langsam sein...
 

Josie zupft gleich wieder an meinen Ärmel und sieht mich mit großen Augen an.

„Keine Angst, ich habe es nicht vergessen, Kleines“, lächle ich und gehe vor ihr in die Hocke. Sie klettert auf meinen Rücken und krallt sich an mir fest.

„Gehen wir bitte nach Hause?“, fragt Charlie.

„Nein, eines muss ich noch erledigen“, meint Ben nur und geht voran.

„Wohin gehen wir?“, will ich wissen.

„Keine Angst, es ist nicht weit, nur ein paar Häuser.“
 

Mit 'ein paar' meint Ben genau vier Häuser. Da steht dann ein Haus mit Gittern vor den Fenstern und Überwachungskameras an den Wänden. Ein Leuchtschild, das gerade angeht, verkündet 'Polizei'. Gerade als ich verstehe, betritt Ben das Gebäude, wir folgen ihm.

„Guten Tag“, begrüßt uns ein Polizist hinter einer Glasscheibe mit Luftlöchern knapp.

„Ich will Alexander Schwarz anzeigen“, meint Ben mit todernstem Gesicht.

„Weswegen denn?“, fragt der Polizist wenig beeindruckt.

„Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.“

Jetzt sieht der Polizist ihn doch interessiert an, dann sieht er Charlie an, dann mich und Josie auf meinem Rücken.

„Meine Zeugen“, meint Ben knapp.

Der Beamte nickt und winkt uns zu einer Tür, rechts neben der Glasscheibe. Die Tür öffnet sich, ich setze Josie ab und der Polizist lächelt uns an.

„Dann mal rein spaziert.“

Josie klammert sich wieder einmal an meinen Arm und Charlie sieht sich interessiert im Revier um. Ich selbst habe zwar zuvor nie ein Polizeirevier von Innen gesehen, aber es sind eh nur Schreibtische, Aktenschränke und ein paar Polizeibeamte, die Papierkram erledigen. Nichts, was meine Aufmerksamkeit von Ben ablenken könnte also. Der Polizist vom Empfang spricht kurz mit zwei seiner Kollegen, von denen einer Ben mitnimmt, der andere führt uns in einen Konferenzraum.

„Zieht eure Jacken aus und setzt euch“, lächelt der ältere Mann die Zwillinge an. „Möchtet ihr was trinken?“

„Kann ich eine Cola haben, bitte?“, fragt Charlie und zieht ihren Mantel aus. Heute werde ich ihr das mal durchgehen lassen mit der Cola, sonst gibt es das Zeug nur für die Großen...

„Natürlich“, lächelt der Mann. „Und was ist mit dir?“, spricht er Josie an, die sich immer noch an meinen Arm klammert und ihr Gesicht vor ihm versteckt.

„Wenn sie einfach zwei Colas hätten...“, lächle ich ihn an.

„Und Sie sehen aus, als könnten Sie einen Kaffee vertragen?“

„Ja, bitte. Wo ist Ben?“ Die Frage kommt vielleicht etwas plötzlich und ist unpassend im Moment, aber ich muss es wissen.

„Ihr Freund macht gerade seine Aussage und wegen der Anzeige und dem damit verbundenen Papierkram wird es wohl noch eine Weile dauern. Die Aussagen von Ihnen und den Mädchen werden wir bald aufnehmen. Warten Sie bitte einfach hier.“

„Herr Polizist?“, fragt Charlie plötzlich und der Mann sieht sie fragend an. „Ist die Pistole echt?“

„Natürlich ist die echt“, meint der Beamte lächelnd.

„Kann ich sie mal halten? Bitte?“

„Leider nicht,... Wie heißt du eigentlich?“

„Charlotte Marie Weiß. Darf ich echt nicht?“ Sie setzt ihr bestes Schmollgesicht auf.

„Das ist doch viel zu gefährlich“, murmelt Josie leise und sieht den Polizisten an. „Ich bin übrigens Josefine Marie Weiß. Fallen Sie nicht auf Charlies Bettelei herein.“

„Keine Angst, ich bringe deine Schwester nicht in Gefahr, die Pistole bekommt sie nicht. Aber... warum heißt ihr denn beide Marie mit zweitem Vornamen? Das ist dann doch ungewöhnlich...“

„So hieß unsere Oma, sie ist kurz vor unserer Geburt gestorben und deswegen heißen wir auch so“, erklärt Charlie.

„Ihr habt wirklich schöne Namen, trotzdem werde ich mal eure Colas holen, ja?“, lächelt der Beamte.

„Ist es denn sehr gefährlich als Polizist?“, will Charlie noch schnell wissen.

„Willst du mich begleiten? Ich könnte dir deine Fragen beantworten und dir das Revier zeigen“, schlägt der gute Mann vor.

Charlies Augen werden riesig. „Au ja, das wäre toll!“, strahlt sie.

„Darf sie?“, fragt er mich.

„Ja, klar.“ Ich lächle ihn an und die beiden verlassen den Konferenzraum. Charlie feuert gleich Fragesalven auf den armen Mann ab, aber er lacht freundlich. Ich kann sie durch die Wände aus Glas sehen, bis sie in einen weiterführenden Gang einbiegen.
 

„Können wir nicht nach Hause gehen?“, fragt Josie kaum hörbar an meinem Arm. Vorsichtig löse ich mich von ihr und gehe vor ihr auf die Knie. Wir tragen beide noch unsere Mäntel, wie ich feststelle, Josie sogar noch Mütze, Schal und Handschuhe.

„Tut mir Leid, meine Kleine, aber es wird wohl noch eine Weile dauern.“ Langsam ziehe ich ihr Handschuhe, Mütze und Schal aus, knöpfe ihren Mantel auf.

„Aber ich will zu Ben und dann mit ihm nach Hause. Ich will zu Mama und Papa“, flüstert sie und Tränen treten in ihre Augen.

„Ich weiß“, flüstere auch ich und ziehe die Kleine in meine Arme. Wie bringt man seiner kleinen Schwester bei, dass man auch Angst hat? Dass man das Ganze im Grunde genauso wenig versteht wie sie? Wie kann man von ihr verlangen zu verarbeiten, was man selbst noch nicht verarbeitet hat?Wie verlangen, stark zu sein, wenn man sich selbst am liebsten unter der Bettdecke verkriechen möchte?

„Hör zu, Josie. Wir gehen nach Hause, aber vorher müssen wir den Polizisten noch erzählen, was am Strand passiert ist, ja? Und wir müssen ganz ehrlich sein, versprichst du mir das?“

„Ja“, bringt sie noch leise heraus bevor sie vollkommen in Tränen aufgeht.

Eine junge Polizistin kommt herein, mit einem Glas Cola in der einen und einer dampfenden Tasse Kaffee in der anderen Hand. Sie lächelt mich an als würde sie sich gleich in mich verlieben.

„Ihre Schwester macht gerade schon ihre Aussage“, teilt sie mir lächelnd mit und stellt die Getränke ab. Hatte ich erwähnt, dass ich ihr Bruder bin? Keine Ahnung. Vielleicht war es Ben, vielleicht Charlie, vielleicht sieht man es uns an... Auch egal...

„Gut. Wer ist als nächstes dran?“, will ich wissen.

„Josefine, soweit ich weiß“, lächelt die Frau mich an. Sollte ihr sagen, dass ich mit Ben zusammen bin...

„Das könnte noch etwas dauern“, gebe ich zu bedenken, da Josie sich weinend an mir festkrallt.

„Lassen Sie sich ruhig Zeit“, lächelt sie immer noch und lässt uns allein.

Josie weint unaufhörlich weiter und mir fällt nichts ein, was ich tun oder sagen könnte, um sie zu beruhigen. Nichts!
 

Urplötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter.

„Nick“, spricht Ben mich leise an. „Ich glaube, Josie ist eingeschlafen. Und sie würden gerne deine Aussage aufnehmen.“

„Klar. Nimmst du mir die Süße ab?“

Er kniet sich hinter Josie, so dass ich sie in seine Arme legen kann.

„Sie war ziemlich fertig mit den Nerven, lass sie bitte so lange schlafen, wie es geht“, bitte ich ihn.

Er nickt nur und ich folge dem Polizisten, der in der Tür auf mich wartet.

Als ich nach meiner Aussage zurück komme, ist nur noch Ben da.

„Josie macht gerade ihre Aussage und Charlie löchert die Polizisten noch mit Fragen“, erklärt er.

„Du meinst 'schon wieder'“, meine ich nur und lehne mich neben seinem Stuhl an den Tisch.

„Egal, ich hoffe nur, sie beeilen sich“, seufzt Ben leise. „Ich bin müde.“

„Nicht nur du“, gebe ich zu. „Wir gehen dann gleich nach Hause und verlassen das Haus heute nicht mehr.“

„Und zum Abendessen bestellen wir Pizza. Ich habe nämlich keine Lust zu kochen.“

„Machen wir“, lächle ich ihn an und er zieht mich zu sich runter.

„Danke, mein Ritter“, haucht er und küsst mich. Die Glaswände stören keinen von uns, sollen sie es doch wissen. Nur das Gesicht der jungen Beamtin würde mich mal interessieren...

„Jetzt knutschen sie schon wieder“, seufzt Josie nach einer gefühlten Ewigkeit.

„Machen sie doch ständig“, brummt Charlie. Würden wir ja gerne, aber ihr seid ja noch da...

Wir lösen uns von einander und schauen sie unschuldig an.

„Habt ihr was gesagt?“, fragt Ben lächelnd.

„Können wir nach Hause gehen?“, fragt Josie zurück.

„Können wir, Süße“, lächle ich sie an nachdem der Polizist, der hinter den beiden steht, genickt hat, und sie seufzt erleichtert auf.

Charlie scheint es hier allerdings zu gefallen, wie man nur zu leicht an ihrem Gesicht sehen kann. Die armen Polizisten...

„Dann zieht euch mal an“, sagt Ben, wirft mir meinen Mantel zu und zieht seinen eigenen an.
 

Wieder zu Hause erwartet uns Mephisto ungeduldig. Die arme Socke hatte ich doch glatt vergessen... Dafür wird er von den Zwillingen geradezu verwöhnt und schließlich sogar mit Pizza vollgestopft. Todesgleich schläft er in seinem Körbchen ein.

„Ihr habt ihn total überfordert“, stellt Ben lachend fest.

„Wenn er nicht weiß, wann er aufhören muss...“, schmollt Charlie.

„Sagt mal, ihr Süßen, hättet ihr etwas dagegen, heute Abend das sehen zu können, was ihr wollt?“, frage ich die Mädchen lächelnd, die schon wieder viel zu aufgedreht sind.

„Was wir wollen?“, fragt Charlie mit großen Augen.

„Ja, was ihr wollt, solange ihr wollt“, bestätige ich und Ben hat keinen Schimmer, weshalb. Ratlos sieht er auch total süß aus. Okay, tut er immer...

„Au ja!“, jubeln die Zwillinge synchron.

„Gut, dann mach ich euch noch eine Schüssel Popcorn, okay?“

Zu mehr als einem begeisterten Nicken sind die beiden Glückspilze nicht mehr in der Lage.
 

„Was hast du vor?“, will Ben leise wissen während er mir in die Küche folgt.

„Ganz einfach. Wir überlassen den beiden das Wohnzimmer und nehmen uns den Rest des Abends frei“, erkläre ich ihm und stecke das Popcorn in die Mikrowelle.

„Da wird Popcorn aber nicht reichen“, grinst Ben und wühlt im Schrank. „Also Gummibärchen, Marshmallows, Chips... Schokolade ist im Kühlschrank... Cola und Zitronenlimonade...“

„Sie sollen abgelenkt sein, keinen Zuckerschock erleiden“, ermahne ich ihn.

„Gib Kindern alles, was sie wollen, dann sind sie zufrieden und stören uns nicht“, grinst er nur.

„Stimmt, und bei den beiden gilt das besonders“, grinse ich zurück.

„Gut, such du schon mal nach Wein für uns, ich bring die erste Fuhre Raubtierfutter schon mal ins Wohnzimmer.“ Er verlässt voll bepackt die Küche.

Das Popcorn ist fertig und als ich das Wohnzimmer damit betrete, schauen uns die Zwillinge traurig an. Wahrscheinlich hat Ben ihnen gerade von unseren Plänen erzählt...

„Wollt ihr uns nicht bei euch haben?“, fragt Josie leise und den Tränen nahe.

„Doch, Engelchen, wir wollen euch bei uns haben, aber heute Abend hätten wir gerne etwas Zeit für uns“, lächelt Ben sie an. „Weißt du, wir müssen über vieles reden, was euch bestimmt nur langweilen würde. Und nach dem, was heute passiert ist, solltet ihr einfach mal an etwas anderes denken, versteht ihr?“

„Aber...“, beginnt Josie, doch Charlie flüstert ihr etwas ins Ohr, das sie abbrechen lässt. Die beiden sehen sich an, dann uns.

„Na gut“, gibt Josie nach. „Geht mal schön reden.“

Jetzt bin ich aber geplättet! So leicht lenkt Josie selten ein. Verdächtig ist nicht nur das, sondern auch das Grinsen auf den Gesichtern der Mädchen. Ich fürchte, sie denken, wir wollen nur das Eine tun.

„Danke, ihr Süßen“, lächelt Ben. „Wenn irgendetwas ganz wichtiges ist, klopft einfach, ja?“

Die Zwillinge nicken grinsend.

„Lass uns gehen, sie machen mir Angst“, flüstere ich Ben zu, aber immer noch laut genug, dass die zwei mich hören können.

„Jetzt haut endlich ab!“, drängelt Charlie und Ben zieht mich lachend aus dem Wohnzimmer.

„Hast du an den Wein gedacht?“, fragt er im Flur. „Du weißt, dass ich nicht viel trinke, aber heute...“

„Kann ich verstehen, geh schon mal hoch, ich komme gleich nach.“

„Beeil dich!“, murmelt Ben neben meinem Ohr und geht lächelnd die Treppe hoch.
 

Oben erwische ich ihn, wie er sich gerade meinen Lieblingspullover überziehen will. Prinzipiell habe ich ja nichts dagegen, doch dann fällt mein Blick auf den Verband an Bens linkem Arm.

„Warte mal“, bitte ich ihn und stelle den Wein und die Gläser ab.

„Sorry, ich dachte, es macht dir nichts aus. Er riecht so schön... nach dir“, verteidigt Ben sich.

„Nein, das ist es nicht. Ich wollte nur nach der Verletzung fragen“, erwidere ich und fahre ganz leicht darüber.

„Es tut schon kaum noch weh. Musste nicht mal genäht werden.“

„Echt? Ich dachte, er hätte dich voll erwischt?!“

„Nein, er hat mich nur gestreift“, versichert Ben lächelnd.

„Hättest du mir das nicht früher sagen können?“

„Tut mir leid, aber ich dachte, da ich nicht vor Schmerzen gekrümmt am Boden lag, hast du das schon mitbekommen.“

„Ich dachte, du willst den Tapferen spielen, damit wir uns keine Sorgen machen...“, gebe ich zu.

„Würde ich nie“, lächelt Ben und zieht sich den Pullover über, sein am Arm aufgeschlitzter liegt auf dem Boden. „Hast du was zu trinken gefunden?“

„Ja, und clever wie ich bin, habe ich die Flasche gleich unten aufgemacht“, grinse ich zurück.
 

Er setzt sich auf eine der Fensterbänke, die praktischer Weise so breit sind, dass man bequem darauf sitzen kann ohne einen Krampf im Hintern zu bekommen. Im Sommer habe ich das schon Nächte lang getestet... Meine Tante hat wirklich an alles gedacht. Ich setze mich Ben gegenüber ans andere Ende der Fensterbank und reiche ihm sein Glas, welches er gleich erhebt.

„Auf... ich habe keine Ahnung, auf was...“

„Auf dein neues Leben“, schlage ich vor.

„Auf uns“, lächelt er, wir stoßen an und er leert sein Glas in einem Zug.

„Eine kleine Frage hätte ich da allerdings noch...“, fange ich an.

„Welche denn?“

„Woher wusstest du, dass Alex mit seinem Messer gegen das Waffengesetz verstößt? Es hätte ein Küchenmesser sein können...“

„Von ihm. Als er das Ding vor ein paar Jahren neu hatte, hat er ständig damit geprahlt, wie er es aus Polen geschmuggelt hat, weil es hier eigentlich verboten ist. Und dass es kein beliebiges Messer war, wusste ich, weil es nicht meine erste Begegnung damit war.“

„Ach nein?“

„Nein, aber für die Geschichte brauche ich mehr Wein.“

Mit abwesendem Blick hält er mir sein Glas hin, das ich auffülle.

„Danke.“ Wieder trinkt er es mit einem Mal aus.
 

„Also, bis vor kurzem hat er mit dem Messer immer nur vor meiner Nase rumgefuchtelt, um mir zu drohen oder so. Es war lächerlich. Dann, an dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben, hat meine Mutter mich in den Keller geschickt, um etwas aus der Tiefkühltruhe zu holen. Blöder Weise besteht unser Keller aus nur einem Raum, und der wird auch als Partykeller genutzt, an dem Tag von Alex und seinen Freunden. Ich wollte nur schnell an die Truhe und wieder hoch, weil selbst meine Eltern erträglicher sind als diese Arschlöcher. Sie entdeckten mich aber und ehe ich mich versah, zerrte Alex lachend an meinem Arm.

'Guckt euch mal unsere kleine Tunte an', meinte er amüsiert. 'Sie lacht gar nicht, dabei ist heute unser Geburtstag.'

'Du hast heute Geburtstag, nicht ich', habe ich nur gesagt und versucht, mich loszureißen. Natürlich gefiel ihm das gar nicht. Er zückte sein Messer und hielt es mir an die Kehle.

'Jetzt bist du nicht mehr so aufmüpfig, was?' Er grinste so fies wie ich es noch nie gesehen hatte. Seine Freunde johlten und einer von ihnen entdeckte die Truhe, wo meine Eltern ihre Faschingsutensilien aufbewahren, ein anderer den Schrank für die Sommerklamotten – oder Winterklamotten, je nach Jahreszeit eben... Sie haben tolle Sachen gefunden: Das Kleid und die Perücke.“

Ben sieht von seinem leere Glas auf, Tränen in den Augen.

„Alex hat mich mit dem Messer in der Hand gezwungen, das anzuziehen. Er hat gedroht, mir das Gesicht damit zu zerkratzen und mir – wie es meine Familie so schön nennt – meine Männlichkeit abzuschneiden, die bräuchte ich ja eh nicht, da ich nichts anderes als das Mädchen sein könne, dass sich ficken lässt. Ich hab es getan, lieber die Demütigung als die Verletzung. Was noch eine blöde Sache bei unserem Keller ist, ist die zweite Tür, die an der Seite des Hauses direkt nach draußen führt, so dass sie mich von unseren Eltern unbemerkt raus schleifen konnten, durch die halbe Stadt, die zum Glück leer war. Am Strand konnte ich abhauen und den Rest kennst du...“
 

Ben starrt wieder auf sein Glas.

„Warum hast du mir das noch nicht erzählt?“, frage ich vorsichtig.

„Weil ich es vergessen will, nicht mehr davon träumen will“, schnieft Ben leise und sieht mich mit feuchten Augen an, dann rollen die ersten Tränen. „Ich will nicht mehr wegen ihm weinen“, sagt er leise aber entschlossen und wischt die Tränen weg. „Ich will das alles nicht mehr.“

Langsam strecke ich meinen Arm nach ihm aus und rücke näher, aber Ben schiebt meinen Arm weg und schüttelt leicht den Kopf.

„Ich will endlich stark sein“, meint er ernst.

„Du bist jetzt schon stärker als ich es je sein werde“, versichere ich ihm.

„So fühle ich mich aber nicht“, flüstert er und sieht mich mit einem Blick an, den ich so erwachsen noch nie bei ihm gesehen habe. Die Beine hat er angezogen und mit seinen Armen umschlungen.

„Das kommt noch. Du musst dir nur Zeit geben, denke ich“, erwidere ich.

„Wahrscheinlich“, murmelt Ben und starrt in die Finsternis jenseits des Fensters.
 

„Ich habe gerade keine Ahnung, was ich tun soll“, gebe ich nach einer ziemlich langen Weile zu und lehne meinen Kopf an die angenehm kühle Fensterscheibe.

„Wie meinst du das?“, fragend sieht Ben mich an.

„Na ja, am liebsten würde ich dich in den Arm nehmen und so lange knuddeln bis es dir besser geht. Aber ich habe Angst, dass du das nicht willst...“

„Wieso sollte ich das nicht wollen?“, fragt Ben verwundert.

„Warum hast du vorhin meinen Arm weggeschoben?“, frage ich zurück.

„Weil ich dann geheult hätte wie ein Kleinkind, das will nicht mehr, nicht wegen ihm.“

„Dann würde es dir nicht schwach vorkommen, von mir geknuddelt zu werden?“, wundere ich mich.

Ben lacht leise. „Nein. Solange ich nicht heule, kommt mir das nicht schwach oder so vor, sondern einfach nur schön.“

„Dann habe ich mich also umsonst zurückgehalten?“

Wieder lacht Ben, dann löst er seine Sitzposition und beugt sich zu mir. „Du bist süß!“, flüstert er und küsst mich.

„Bringt es was, dagegen zu protestieren?“, frage ich danach.

„Nein!“ Und schon küsst er mich wieder, sanft und leidenschaftlich, schüchtern und verlangend.

Irgendwann muss ich meine Lippen leider von seinen lösen, ich atme nämlich ziemlich gerne.

„Was ist los?“, fragt Ben gleich besorgt. Er ist hier der Süße...!

„Luft!“, entgegne ich und er lacht. Dann dreht er sich umständlich auf der Fensterbank und lehnt sich an mich.

„Du darfst mich immer in den Arm nehmen und knuddeln bis es mir besser geht, ganz egal, wie stark ich schon bin“, flüstert er.
 

Ich glaube, wir bleiben ewig so sitzen. Oder fast...

„Duhu, Ben...?“

„Was denn?“, fragt er leise zurück.

„Ich glaube, mein Bein ist eingeschlafen. Ich spüre es nicht mehr...“

Er lacht leise. „Dann komm mal mit“, meint er, steht auf und zieht mich zum Bett.

„Was hast du denn vor?“, will ich wissen.

„Wirst du schon sehen“, lächelt er unschuldig, wirft mich dann aber nach hinten aufs Bett und zieht mir die Hosen aus. „Welches Bein ist es denn?“

„Das Rechte...“ Was soll das denn werden, bitteschön?

Ben lächelt nur und fängt an, das betreffende Bein zu massieren. Was für ein Service...

„Geht es wieder?“, fragt er nach einer Weile.

„Ja, danke.“

„Gut.“ Er setzt sich auf mich und zieht mir den Pullover aus, doch mir haut er auf die Finger als ich ihm meinen Pullover ausziehen will. Schon fies...

„Warum machst du das?“, frage ich.

„Ganzkörpermassage“, lächelt er unschuldig und macht an meinem Oberkörper weiter. „Lass dich heute einfach mal von mir verwöhnen. Ich bin auch ganz sanft.“

„Wärst du nicht heute eher derjenige, den es zu verwöhnen gilt?“

„Du bist immer für mich da, lass mich jetzt mal etwas für dich tun.“

„Kannst du auch gerne tun, aber trotzdem ist da zu viel Stoff an dir...“

„Denkst du nur an das Eine?“, fragt Ben grinsend.

„Ja!“ Ich ziehe ihm schnell den Pullover aus, doch anstatt sich von mir küssen zu lassen, drückt er mich wieder nach hinten, kniet sich neben mich, dreht mich um und setzt sich auf meinen Hintern.

„Lass dich einfach verwöhnen“, haucht er in mein Ohr und fängt an, meinen Rücken zu kneten.

Kurz darauf geht es nicht mehr ganz so unschuldig zu und ich bin ziemlich froh, diesmal die Tür abgeschlossen zu haben. Ich hoffe nur, die Wände sind auch schalldicht genug...

Aufbruchstimmung

Hallöchen ^^

So, nach einer etwas längeren Pause geht es jetzt endlich weiter...

Es tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat, aber nach einer Diplomarbeit hat man nicht mehr wirklich die nötige Kreativität... zumindest ich nicht...

Und damit wären wir auch schon bei der schlechten Nachricht: Mehr sag ich nicht und ihr müsst lesen, sorry.

Viel Vergnügen,

Eure Naoko ^^
 

Kapitel 9

Aufbruchstimmung
 

„Jetzt steht endlich auf!“

„Es ist schon Mittag!“

Genervte Zwillingsstimmen dringen an mein Ohr, und dem Brummen neben mir entnehme ich, dass sie auch an Bens Ohr dringen. Reflexartig ziehen wir die Decke noch ein bisschen weiter über unsere Köpfe. Unsere Nacht war lang, das letzte Mal vor dem Einschlafen habe ich um halb fünf auf den Wecker geschaut. Kein Grund für die Zwillinge nicht gegen die Tür zu trommeln, mit vier Fäusten.

„Nick! Mama und Papa haben vor einer halben Stunde angerufen! Sie waren gerade in Berlin und sind auf dem Weg hierher!“

Okay, ich bin wach. Die Androhung, dass die eigenen Eltern den wohlverdienten Urlaub von ihnen stören, würde wohl jeden wecken, oder?

„Deine Eltern kommen her?“, fragt Ben neben mir, leise und verschlafen.

„Ja“, erwidere ich nur und schäle mich unter der Decke hervor. Ben brummt und folgt mir, seine Haare sind ein einziges Chaos und seine Augen noch nicht mal halb offen. Wie kann ein einziger Mensch nur so verdammt süß sein? Und das schon beim Aufstehen…

„Kannst du sie nicht anrufen und ihnen sagen, sie sollen wieder nach Hause fahren? Wir kommen ja auch gut ohne sie klar“, murrt er weiter als ich schon den Bademantel anhabe und die Tür öffnen will.

„Zieh dir lieber was an, die Mädchen sind wahrscheinlich noch draußen“, schlage ich lächelnd vor, wohl wissend, dass NICHTS meine Eltern aufhalten könnte.

Ben sieht an sich runter und braucht ungewöhnlich lange um zu realisieren, was ich meine.

„Du bist kein bisschen wach, was?“

„Wach? Was ist das?“

Da er es geschafft hat, sich wenigstens Boxershorts anzuziehen, mache ich mal die Tür auf, vor der die Zwillinge ungeduldig warten.

„Da seid ihr ja endlich!“, brummt Charlie und verdreht die Augen.

Ganz im Gegensatz dazu, lächelt Josie uns an.

„Guten Morgen, Ben“, sagt sie, doch anstatt zu antworten, lehnt der Angesprochene sich an mich und will offenbar auf meiner Schulter weiterschlafen.

„Ben, wach auf!“, ermahne ich ihn.

„Lass ihn doch, er ist so süß!“, meint Josie breit lächelnd.

„Ja, und er gehört mir“, erwidere ich streng. Kann doch nicht angehen, so was! Am besten ich bring ihn schnell ins Bad, wo ich ihm kaltes Wasser ins Gesicht spritzen kann.

Er protestiert nicht! Er reagiert nicht mal wirklich, sondern murmelt nur: „Ich bin nicht süß.“

Mir würden hier gleich mal zwar ein Dutzend Gegenargumente einfallen, aber aus Zeitgründen lasse ich es bleiben. Wenn meine Berechnungen und die Aussagen der Mädchen stimmen, haben wir noch ca. eine Stunde und 15 Minuten bis unsere Eltern eintreffen. Bis dahin muss ich Ben wach und das Haus sauber bekommen. Was wäre das Leben auch ohne ein paar Herausforderungen?
 

Wie sich herausstellt, ist das Haus das geringere Problem, auch Dank der Zwillinge, doch Ben bekommt selbst der stärkste Kaffee nur notdürftig hin. Noch ein bisschen zerzaust, schläfrig und gähnend sitzt er auf dem Sofa als es klingelt. Eine Viertelstunde zu spät nach meinen Berechnungen, typisch!

„Sind sie da?“, fragt Ben leise.

„Klar, das müssen sie sein!“, strahlt Charlie und die Zwillinge laufen in den Flur, Mephisto bellend hinterher. Auch ich erhebe mich.

„Kommst du mit?“, frage ich Ben, der nur nickt und ebenfalls aufsteht.

Meine Eltern werden schon von den Zwillingen in Beschlag genommen und es wird ausgiebig geknuddelt, geküsst und begrüßt.

„Nicky!“, stellt meine Mutter nach mehreren Minuten schließlich meine Anwesenheit fest.

„Hi Mum“, begrüße ich sie und werde in eine mehr als feste Umarmung gezogen. Über ihre Schulter sehe ich Ben, traurig lächelnd an die Wand gelehnt. Glückliche Familien tun ihm bestimmt weh. Tut mir leid, mein schwarzer Engel.

Mein Vater hat ihn aber schon entdeckt und geht lächelnd auf ihn zu.

„Sie müssen Ben sein“, stellt er fest und streckt ihm seine Hand entgegen.

Ben reicht ihm nur nickend seine Hand und sagt: „Freut mich.“

Meine Mum lässt von mir ab und wendet sich meinem Liebsten zu.

„Mädchen, ihr hattet Recht, Ben ist total niedlich“, freut sie sich und zieht einen sehr hilflos dreinschauenden Ben in ihre Arme. Na toll, noch jemand aus meiner eigenen Familie, der Ben haben will...

„Ja, aber er gehört Nicky!“, meint Charlie grinsend.

„Genau“, stimmt Ben zu. „So leid es mir tut, aber ich gehöre zu Nicky.“ Lächelnd nimmt er meine Hand.

Genau so eine Aussage habe ich gebraucht, schon allein für mein leicht anknacksbares Selbstbewusstsein.

„Schade eigentlich“, lacht meine Mum.

„Schade?“, mischt sich mein Dad ein.

„Wie wäre eine Tasse Kaffee?“ Lieber mal schnell das Thema wechseln, könnte sonst unangenehm werden. Ben ist noch so müde, dass er ohne zu zögern zustimmt, wiedermal halb an mich gelehnt.
 

Kurz darauf sitzen wir alle im Esszimmer, brav bei Kaffee und Kuchen und meine Eltern fragen Ben aus.

„Das ist ja schrecklich!“, wiederholt meine Mum ständig während Ben von den Ereignissen der letzten Wochen berichtet.

„Wenn ich groß bin, werde ich Polizistin und dann kann ich Ben beschützen!“, wirft Charlie urplötzlich ein.

„Seit wann willst du denn Polizistin werden?“, fragt mein Vater verwundert.

„Seit gestern!“, strahlt Charlie ihn an und erzählt von dem, was gestern am Strand und danach auf der Polizeiwache passiert ist. Noch während sie erzählt wird Josie immer kleiner auf ihrem Stuhl und ihr Blick immer trauriger. Ben, der neben ihr sitzt, zieht sie nur stumm auf seinen Schoß und sofort kuschelt sie sich an ihn.

„Alles wird gut“, flüstert er ihr zu, so leise, dass wahrscheinlich nur ich direkt neben ihnen es hören kann.

„Wirklich?“, fragt sie leise und sieht ihn mit großen Augen an.

„Wirklich!“, lächelt er.

Josie strahlt ihn an und drückt ihn an sich. Oder er sie an sich? So genau kann man das nicht sagen. Die beiden scheint etwas miteinander zu verbinden, fast scheinen sie für einander geschaffen, wäre er nicht schwul und sie nicht erst 9. Ben sieht auch mich an, lächelnd, erwachsen, stark. Mit jeder Minute wird er stärker, das sieht man ihm an.

„Darf ich jetzt endlich weitererzählen?“, drängelt Charlie.

„Natürlich, Liebling, erzähl weiter“, lächelt meine Mum.

Charlie ist voll in ihrem Element und redet ununterbrochen bis zum Abend. Natürlich schaffen Ben und Josie es, sich mit Mephisto eine Zeit lang abzusetzen. Fies ist besonders, dass Josie irgendwas von Kakao in einem Kaffee erzählt als sie nach über einer Stunde wiederkommen.
 

Irgendwann am späten Abend, als die Zwillinge längst schlafen und meine Eltern Bens gesamte Geschichte kennen, schaffen wir es endlich allein zu sein, in Bens Zimmer, das jetzt erstmal uns beiden gehört, da meine Eltern bis übermorgen bleiben und morgen Tantchen und Onkel zurück kehren. Das Haus ist voll belegt...

„Ich mache mir Sorgen um Josie“, meint Ben urplötzlich.

„Ja, ich auch, aber sie wird es verkraften, denke ich. Sie war schon immer empfindlicher als Charlie.“

„Kann ich nicht irgendwas tun? Weißt du, irgendwie fühle ich mich schuldig.“

Ben liegt schon im Bett und zieht die Decke noch ein bisschen höher, so dass nur noch seine Nase und seine traurigen Augen von seinem Gesicht zu sehen sind.

„Du bist nicht schuld!“, versichere ich ihm.

„Das Gefühl habe ich trotzdem“, murmelt er.

„Lass das Gefühl Gefühl sein, sei einfach für sie da. Außerdem sind ja jetzt unsere Eltern da, das hilft sicher auch“, sage ich und lege mich neben ihn.

„Ich vermisse die beiden jetzt schon“, flüstert Ben lächelnd.

„Nur die beiden?“, hake ich dann doch nach, schließlich fahre ich mit meinen Eltern zurück und Ben bleibt hier zurück.

„Ja, weil ich noch gar nicht daran denken will, dass du auch fährst“, murmelt Ben und kuschelt sich an mich.

„Kenn ich“, gebe ich leise zu und meine Arme legen sich um meinen schwarzen Engel.

„Dann bin ich wenigstens nicht allein“, lächelt er leicht und ist drauf und dran einzuschlafen.

„Nein, bist du nicht“, versichere ich ihm und meine damit mehr als nur die Gefühle bezüglich meiner Abreise.

„Ich hab dich lieb“, haucht Ben noch und schläft endgültig ein. Und ich will die Zeit anhalten und sein friedliches Gesicht bis in alle Ewigkeit betrachten. Ich will ihn mitnehmen, nicht allein hier lassen. Es ist egoistisch, ja, ich weiß, aber etwas anderes kann ich nicht denken. Meine Tante und mein Onkel werden sich gut um ihn kümmern solange die Sache mit Alex läuft, Onkelchen ist immerhin Anwalt. Doch ich kann nur daran denken, ob er auch ja in Leipzig, also bei mir studieren kann, ob ihn die Idioten ihn auch ja annehmen, zum Glück kann man das in seinem Studiengang auch im Sommersemester, also im April. Und selbst das ist mir noch zu lang. Unwillkürlich drücke ich ihn fester an mich und versuche so lange wie möglich, ihn zu beobachten, doch leider fallen auch mir irgendwann die Augen zu.

„Ich liebe dich“, hauche ich noch bevor ich einschlafe – glaube ich jedenfalls.
 

Der nächste Morgen verläuft dann einigermaßen chaotisch. Nachdem er sie gestern erfolgreich verdrängt hat, läuft mein fotoverrückter Vater nur noch mit seiner Kamera durchs Haus. Sein Lieblingsmotiv ist Ben - „Er gehört doch jetzt zur Familie!“: Ben geknuddelt von den Zwillingen. Ben genervt von den Zwillingen. Ben gequält von den Zwillingen. Ben geknuddelt von mir. Ben geküsst von mir. Ben genervt von... nein, nicht von mir, sondern von der Kamera meines Vaters. Leider bleiben die Versuche meiner Mum, sie ihm abzunehmen, erfolglos.

„Wir brauchen mal wieder neue Familienschnappschüsse“, meint er nur und knippst fröhlich weiter.

Doch dank dem Essen kommen Ben, meine Mum und ich von der Kamera weg und sperren sie aus der Küche aus.

„Ist er immer so?“, will Ben mit großen Augen wissen.

„Nur wenn er die Kamera raus holt, sonst geht es eigentlich“, erklärt meine Mum lächelnd.

„Ist dich toll, dass er so viele Bilder von dir macht!“, stelle ich fest.

„Ach ja?“ Ben zweifelt an mir – also echt mal...

„Ja klar, die kann ich wenigstens über mein Bett hängen bis du zu mir ziehst.“

„Du bist krank!“, grinst Ben und küsst mich.

„Hey, ihr Turteltauben“, mischt sich meine Mum ein. Ups... hätte sie fast vergessen... „Wenn ihr knutschen wollt, geht nach oben!“

„Geht nicht, da draußen ist der Feind“, grinse ich.

„Genau, da können wir nicht durch“, stimmt Ben mir zu und kuschelt sich an mich.

„Tja, dann müsst ihr euch damit abfinden, dass ich auch euer Feind bin – der mit den Kartoffeln!“, grinst sie zurück und drückt uns ungeschälte Kartoffeln in die Hände. Wir sind echt umzingelt!

„Also da bleibe ich lieber bei den Kartoffeln“, lächelt Ben und ich ergebe mich meinem Schicksal.

„So ist es brav“, meint meine Mum und tätschelt mir den Kopf. Was bin ich?! Ein Kleinkind?!

Ben lacht.

Er lacht und mir wird schlecht bei dem Gedanken, ihn allein lassen zu müssen. So ging es mir noch nie! Ein weiteres Zeichen dafür, dass es ernster als alles zuvor ist. Sehr viel ernster.

„Nick, was ist los?“, fragt Ben mich plötzlich und sieht mich mit seinen großen, blauen Augen besorgt an.

„Nichts.“ Ich lüge, versuche zu lächeln und wende mich wieder den Kartoffeln zu.

„Bist du sicher, Liebling? Du siehst so blass aus“, mischt sich Mum auch noch ein.

„Können wir mal kurz das Fenster auf machen?“, frage ich nur. Zum Glück tut meine Mutter alles für ihre kranken Kinder, so stört sie uns nicht, als Ben sich zu mir beugt, seine Stirn an meine legt und flüstert: „Mir geht es auch nicht besser, aber wir schaffen das!“

Ich kann nur leicht nicken und in seine unglaublichen Augen schauen. Und mir wünschen, wir hätten mehr Zeit.

Wollte ich mich nicht eigentlich gar nicht verlieben? Habe ich nicht versucht mir einzureden, dass das nie etwas werden kann? Wollte ich ihm nicht einfach nur helfen und ihm ein Freund sein? Und jetzt? Was bin ich jetzt? Sein Freund, sein Liebhaber, sein Ritter mit altem Hund. Ich sollte mir nicht anmerken lassen, dass ich Angst habe, oder? Bei Ben will ich, dass es klappt. Ihn will ich behalten. Ja, es ist erst eine kurze Beziehung, und ja, ich weiß, wie viel Mist ich früher gebaut habe. Diesmal will ich nicht wie sonst zu viel verlangen und selbst zu wenig geben. Im Gegensatz zu allen vor ihm, liebe ich ihn. Es klingt verdammt schnulzig, ja, aber meine Gedanken kreisen um nichts anderes in dem Moment, nicht mal um die Kartoffel in meiner Hand. Am liebsten würde ich mich jetzt in meinem Bett verkriechen und in Selbstmitleid versinken, doch das verschiebe ich lieber auf zu Hause oder Leipzig, dorthin jedenfalls, wo Ben nicht ist. Da wo er ist, küsst er mich kurz und droht mir mit einer halb geschälten Kartoffel. Da stellt sich einem Ex-Deutschleistungskursler, der noch dazu Kunst anstatt Musik belegt hatte, glatt die Frage: Was will uns der Künstler damit sagen?

„Schält weiter, Jungs, oder es gibt nichts zu essen für euch!“, stellt meine Mum klar und alle weiteren Interpretationsversuche erübrigen sich. Also wieder an die Arbeit...
 

„SIE SIND DA!“, schallt es einige Zeit später durchs Haus, dem Lärmpegel nach zu urteilen, ist es Charlie, die schreit.

„Pünktlich zum Essen“, stellt Ben amüsiert fest, an dessen Schulter ich lehne, am Küchentisch sitzend.

„Was will uns das wohl sagen?“, grinst meine Mum.

„Dass ich mich von Ben lösen muss?“, frage ich leise.

„Ben, was hast du nur mit ihm gemacht?“, wundert sich meine Mum. „Er war nicht mehr so anhänglich seit er neun war und sein Meerschweinchen gestorben ist.“

Natürlich spüre ich, wie mir das Blut in die Wangen schießt! Das sind ja auch nicht gerade Dinge, die man vor seinem Freund ausbreitet...

„Keine Angst, ich werde es nicht gegen dich verwenden“, flüstert Ben mir ins Ohr.

„Danke“, flüstere ich zurück.

„Kommt ihr endlich?“ Charlie steckt ihren Kopf zur Küchentür herein und sieht uns fragend an.

„Wir kommen ja schon“, antworten Ben und ich gleichzeitig. Doch seelenverwandt würde ich sagen.

Sobald wir in den Flur treten, werden wir von meiner Tante umarmt.

„Wie geht es dir?“, fragt sie Ben dann schnell.

„Gut geht es mir, machen Sie sich keine Sorgen“, lächelt Ben sie an. Zukunftspläne wurden praktischer Weise gestern schon am Telefon geschmiedet, als meine werte Verwandtschaft in einem Hotel irgendwo zwischen dem Frankfurter Flughafen und ihrer Heimat weilten.

„Und dir, Nicky? Du siehst irgendwie traurig aus.“

„Mir geht’s auch gut, Tantchen“, lüge ich lächelnd. Doch anstatt meine Lüge zu durchschauen oder darauf einzugehen, regt sie sich mal wieder über die Anrede auf. So ist es mir auch irgendwie lieber.

Und genug Trubel, um nicht noch einmal darauf angesprochen zu werden, herrscht alle Mal. Die Zwillinge sind fröhlich, Mephisto schleicht zwischen unseren Beinen hindurch bevor er von meiner Tante fast zu Tode geknuddelt wird. Ben und ich hängen den ganzen Rest des Tages aneinander und als dann auch noch die Gespräche anfangen, wann wir am nächsten Tag aufbrechen, fange ich an, die Stunden zu zählen.

Noch vor dem Abendessen nimmt Ben mich zur Seite.

„Bitte, versuch nicht daran zu denken“, fleht er mich fast an.

„Mach ich doch, aber ich kann es nicht verhindern“, murmele ich nur und finde mich mal wieder in seinen Armen wieder.

„Ich liebe dich“, flüstert Ben in mein Ohr.

„Ich dich auch“, flüstere ich zurück und erwidere die Umarmung.

„Jungs, kommt ihr Essen?“, meldet sich plötzlich meine Tante aus der Esszimmertür heraus. „Danach habt ihr genug Zeit“, fügt sie lächelnd an.

„Komm, wir wollen sie doch nicht enttäuschen“, meint Ben leise.

„Warum eigentlich nicht?“, erwidere ich leise.

Er lächelt nur nachsichtig und küsst mich kurz, dann geht er langsam ins Esszimmer.

Warte mal... Bin ich hier nicht der ältere? Ja. Also müsste ich doch auch der Vernünftigere sein, oder? Aber eigentlich war das ja noch nie so, also jetzt wohl auch nicht mehr darauf an...
 

„Können wir nochmal 'Aladin' gucken?“, fragt Josie nach dem Essen plötzlich und sieht Ben und mich fragend an.

„Bestimmt“, lächelt Ben.

Da alle anderen auch einverstanden sind, schauen wir also 'Aladin'. Oder besser, wir wollen, aber als ich nach einem kurzen Abstecher ins Bad wieder ins Wohnzimmer komme, wird Ben schon von den Zwillingen belagert. Das ist zu viel! Josie würde ich ja noch verkraften, da die beiden so sehr aneinander hängen, aber beide?

Bevor ich noch anfange zu heulen, geh ich lieber, werfe mich auf Bens Bett und bleibe im Dunkeln liegen, bis sich eine kleine Hand auf meinen Arm legt, Josies. Sie hat einen kleinen Ring mit Schmetterlingen, der seit Jahren von einem Finger zum nächsten wandert, mittlerweile ist er an ihrem kleinen Finger angekommen, doch einen neuen Ring will sie nicht, weil ich ihn ihr bei einem unserer Josie-Nick-Ausflüge gekauft hatte.

„Lass mich bitte allein, Josie“, flüstere ich nur.

„Nein, ich habe Ben versprochen, mich um dich zu kümmern“, protestiert sie und legt sich neben mich.

Mein Gesicht vergräbt sich noch tiefer im Kissen.

„Ihr seht euch doch wieder“, flüstert sie. „Ihr zieht zusammen und kommt an Weihnachten gemeinsam zu uns nach Hause. Und zu unserem Geburtstag. Und zu deinem. Und zu Ostern.“

Langsam drehe ich mein Gesicht zu ihr. Ich habe geweint. Ihr kann ich das zeigen, nicht Ben oder Charlie oder meinen Eltern, nur Josie.

„Aber es tut weh und ich habe Angst“, gebe ich flüsternd zu.

„Lollies helfen“, lächelt sie unschuldig.

„Ich soll also die nächsten drei Monate nur Lollies essen?“

„Ja!“, grinst sie und wirft sich mir um den Hals. Ich drücke sie fest an mich und wir rollen über das Bett, unglücklicher Weise so, dass ich auf Josie liegen bleibe.

„Du bist zu schwer“, beschwert sie sich.

„Tut mir leid“, murmele ich und rolle von ihr runter.

„Schon gut“, lächelt sie mich lieb an und legt ihren Kopf auf meine Schulter, sieht wie ich an die Decke.

„Schade, dass wir hier die Sterne nicht sehen können, was?“, meint sie leise.

„Ja, aber draußen ist es zu kalt.“

„Silvester habt ihr auch auf der Dachterrasse gefeiert.“

„Ja, und fast wäre Ben eingeschlafen und dann wäre er erfroren“, erkläre ich ihr.

„Im Sommer können wir ja dann zu dritt im Garten liegen und die Sterne beobachten“, schlägt sie vor. Wir liegen gerne im Garten und beobachten die Sterne, Josie und ich.

„Ja, das machen wir, versprochen“, flüstere ich und schon fange ich wieder an zu heulen. Was ist nur mit mir los? Irgendwas stimmt hier nicht...

„Schön“, höre ich Josie noch während ich mein Gesicht unter einem Kissen verstecke und stumm weine, bis ich schließlich einschlafe, Josies Streicheleinheiten auf meinem Arm spürend.
 

Küsse... Haut... Atem... eine leise Stimme neben meinem Ohr, die „Schlafmütze“ flüstert... Ben!

„Du kannst doch nicht in unserer letzten Nacht für Monate schlafen“, lächelt er mich an.

„Tut mir leid“, flüstere ich.

„Schon gut.“ Er lächelt weiter, auf seine absolut unwiderstehliche Art.

„Ich liebe dich!“ Mir ist dafür ganz und gar nicht nach lächeln zumute.

„Ich dich auch“, flüstert Ben zurück, aber bevor wir noch mehr Zeit mit sinnlosem Reden vergeuden, küsse ich ihn lieber. Reden können wir am Telefon... Jetzt zählt nur, dass wir jede Sekunde genießen.

Und wie wir sie genießen. So sehr, dass wir atemlos und schweißnass nebeneinander liegen bleiben und uns in die Augen sehen, damit kein Augenblick dieser Nacht verloren geht. Kein Augenblick... und doch schlafen wir ein, viel zu schnell und viel zu früh.
 

„Sieh sie dir an, wie friedlich sie schlafen.“

„Ja, sie sind so niedlich, da will man sie gar nicht wecken.“

Zwei Frauenstimmen flüstern neben dem Bett. Sie sind mir ehrlich gesagt egal, so lange Ben in meinen Armen liegt.

„Aber leider müssen wir, schließlich wollt ihr bald los.“

Hier muss gar nichts und los will erst recht keiner!

„Bleiben!“, murmelt Ben leise und und kuschelt sich demonstrativ an mich. Das ist die richtige Einstellung!

„So leid es mir tut, Jungs, aber ihr müsst aufstehen“, teilt uns meine Tante freundlich mit.

„Müssen wir nicht!“, brumme ich mit immer noch geschlossenen Augen.

„Genau!“, stimmt Ben mir zu.

Die beiden Frauen – ich bin mir sicher, dass die zweite meine Mutter ist – seufzen.

„Wollt ihr ewig im Bett bleiben?“, fragt meine Tante.

„Wenn's sein muss!“, stellen Ben und ich gleichzeitig fest und sehen uns dann doch an. Ein Schritt, den ich gleich darauf bereue, denn Ben sieht so unfassbar traurig aus, dass es weh tut.

„Guck mich nicht so an, da will man ja gleich heulen“, brummt er.

„Anders guckst du aber auch nicht“, brumme ich zurück.

„Kommt bitte bald runter“, bittet meine Mum uns, dann fällt die Tür ins Schloss.

„Ich will nicht, dass du gehst“, flüstert Ben und setzt sich auf.

„Ich auch nicht“, gebe ich zu und umarme ihn, lege meinen Kopf auf seine Schulter und will schon wieder die Zeit anhalten.

„Ich weiß ja, dass wir uns erst seit zwei Wochen kennen, aber es fällt mir trotzdem schwer, dich loszulassen.“

„Das Gefühl kenne ich“, gebe ich flüsternd zu.

„Josie hat mir verraten, dass du geweint hast...“

„Na toll“, seufze ich.

„Komm schon, ich nehme es dir nicht übel und sie hat sich Sorgen gemacht. Sie meinte, sie hätte dich noch nie so fertig gesehen“, sagt Ben leise und sieht mich besorgt an.

„War ja auch noch nie so verliebt“, gestehe ich.

„Ich auch nicht“, lächelt Ben leicht. Ich küsse ihn. Das ist wahrscheinlich der erste Kuss in meinem Leben, der einfach nur schmerzt. Ich weiß ja, dass wir uns aufführen wie liebeskranke Teenager, aber irgendwie fühle ich mich genauso. Ich bin krank und habe Schmerzen wegen der Liebe, und ich habe das Gefühl, 17 zu sein. Oder 14, so frühreif, wie die Jugend heute ist...
 

Wir liegen uns einfach nur in den Armen, eine Ewigkeit lang.

„Da steht jemand neben dem Bett“, flüstert Ben schließlich.

Und tatsächlich stehen die Zwillinge da, als ich den Kopf drehe.

„Tut uns leid zu stören, aber ihr sollt langsam mal runter kommen“, meint Charlie leise. Josie sieht uns nur traurig an und umklammert die Hand ihrer Schwester.

Ben löst sich von mir und hält ihnen lächelnd die Hand entgegen. „Wenn ihr uns noch ein bisschen Zeit gebt, dürft ihr mitkuscheln.“

Charlie sieht ihn tadelnd an, doch Josie geht nur zu gern auf das Angebot ein, krabbelt zu uns und schon laufen Tränen über ihre Wangen und bald auch über Bens Brust, an die sie sich lehnt. Charlie setzt sich neben sie und streichelt ihren Kopf.

„Nicht weinen, wir sehen Ben doch wieder“, sagt sie leise.

Schniefend sieht Josie sie an, drückt sich aber etwas mehr an Ben. „Trotzdem...“, murmelt sie.

„Wein ruhig, dann tut es nicht mehr so weh“, lächelt Ben sie an.

Mir selbst wird langsam kalt, also verkrieche ich mich wieder unter die Decke, die zum Glück noch halb über Ben und mir liegt.

„Was ist los?“, fragt Charlie mich.

„Nichts, mir ist nur kalt“, antworte ich wahrheitsgemäß.

„Du Armer“, sagt sie nur und legt sich über der Decke auf mich.

„Ihr... ihr solltet euch anziehen, dann ist dir auch nicht mehr kalt“, meldet sich Josie leise zu Wort.

„Stimmt, die werden eh schon alle sauer sein, weil wir so lange brauchen“, meint Ben.

Die Mädchen stehen langsam auf.

„Sagt denen da unten bitte, wir duschen noch schnell und kommen dann gleich, ja?“, bitte ich sie.

„Machen wir“, versprechen sie lächelnd, Josie noch mit roten Augen, dann verlassen sie uns.

„Willst du zu erst duschen?“, fragt Ben mich leicht lächelnd.

„Ich dachte, wir gehen zusammen, das geht schneller und spart Wasser“, schlage ich grinsend vor.

Unglaublicher Weise geht Ben darauf ein, doch es stellt sich heraus, dass „schneller“ relativ ist...
 

Natürlich wartet man unten bereits auf uns, lächelnd. Ich versuche, ihr Lächeln zu erwidern, ehrlich, aber es geht nicht. Normalerweise kann ich falsch lächeln, nur heute nicht.

„Setzt euch, der Kaffee kommt gleich“, lächelt meine Tante.

Wir folgen ihrem Rat und schließlich zwingt Ben mich zum Essen. Ohne ihn würde ich wohl nichts essen können.

„Hast du deine Sachen schon gepackt, Nick?“, will mein Vater irgendwann wissen.

„Schon vorgestern, als ich zu Ben gezogen bin“, erkläre ich nur.

„Gut, dann fahren wir, wenn ihr fertig seid.“

„Vergiss deine Sachen im Bad nicht“, erinnert Ben mich.

„Guckt nachher einfach noch mal durch“, schlägt meine Tante vor.

„Machen wir“, meine ich nur und schlürfe weiter meinen Kaffee.

Netterweise verwuschelt meine Tante nur meine Haare.

Ich will nicht gehen, aber das habe ich wohl deutlich zum Ausdruck gebracht, was? Doch ich muss. Schweigend suche ich nochmal das Haus nach Dingen ab, die ich auf keinen Fall vergessen darf, Ben schleife ich dabei immer mit. Aus irgendeinem kindischen Grund kann ich Bens Hand einfach nicht loslassen.
 

Dann geht alles viel zu schnell. Geflüsterte Versprechen, ein letzter Kuss, unterdrückte Tränen, unzählige Umarmungen...

Zu schnell sitze ich im Auto und sehe durch die Heckscheibe zurück zu Ben, der uns traurig nachsieht bis wir abbiegen müssen und ich ihn aus den Augen verliere. Mit gesenktem Blick lehne ich mich an die Scheibe, Josie drückt meine Hand und wir fahren weg. Weg vom Haus meiner Tante, weg vom Meer und dem Strand, an dem ich Ben das erste Mal traf, weg von Ben selbst. Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Fernbeziehungen hasse? Oder dass ich Ben vermissen werde?

„Bald ist es vorbei, dann hast du ihn wieder“, meint Josie leise und lehnt sich an mich.

„Ja, bald...“
 

Ende
 


 

Bis zum nächsten Kapitel ^^

Horizont

Hallöchen ^^

Ja, ich schon wieder.

Als kleine Entschädigung, weil es beim letzten Kapitel so lang gedauert hat, diesmal etwas schneller...

Viel Spaß beim Lesen

Eure Naoko
 

10 Horizont
 

1. April. Der Scherz liegt direkt vor mir, in Form eines Kleiderschranks. Zu meiner Rechten kniet mein Mitbewohner Sebastian und zu meiner Linken mein Vater und gemeinsam starren wir auf die Ansammlung aus Brettern und Schrauben vor uns.

„Also, die Küche ist fertig eingeräumt“, verkündet meine Mum fröhlich als sie ins Zimmer kommt.

„Schön“, kommt es nur von Sebastian.

Mein Dad und ich nicken zustimmend.

„Habt ihr Probleme, den Schrank aufzubauen?“, fragt sie mit hochgezogener Augenbraue.

Wir schütteln synchron den Kopf. Männer geben so etwas nicht zu. Nie! Auf keinen Fall!

Sie seufzt und krallt sich die Aufbauanleitung. „Also, Nicky, du nimmst das Brett da und hältst es aufrecht, während Sebastian die Schrauben dort unten rein schraubt, dann...“ So geht es weiter bis der Schrank steht und wir drei total fertig aufs Bett sinken.

„Schatz, wieso hast du nur Anweisungen gegeben?“, fragt mein Dad.

„Ohne mich hättet ihr es gar nicht geschafft, also tu nicht so, starker Mann“, lächelt sie unschuldig und verlässt den Raum.

„Hey, was soll das heißen?“, entrüstet sich mein Vater und folgt ihr.

„Ich hoffe, dass Ben und du nicht auch so seid“, lacht Sebastian.

„Nein, wir sind schlimmer“, grinse ich.

„Na dann komm, bauen wir noch die Schreibtische und Regale auf, dann können wir uns bald dem Wohnzimmer widmen“, meint er nur und zerrt mich wieder auf die Beine.

Ich bin mittlerweile umgezogen, in eine neue Wohnung, aber mit altem Mitbewohner. Okay, wir sind noch dabei, alles aufzubauen und einzuräumen, aber deswegen sind ja auch meine Eltern da und helfen. Da wir aus unserer alten Wohnung sowieso in einem Monat hätten ausziehen müssen, haben wir Bens Einzug gleich zum Anlass genommen, in eine größere Wohnung zu ziehen, diesmal haben wir sogar ein Wohnzimmer und ein Fenster im Bad, doch bei drei Leuten, die Miete zahlen, kann man sich solchen Luxus schon mal leisten.

Bis morgen Nachmittag muss alles stehen, dann kommt Ben, endlich. Nicht, dass wir uns zwischendurch nicht gesehen hätten, aber immer nur für ein, zwei Tage, das kann man also nicht wirklich zählen. Und jetzt ist es also endlich so weit. Mal abgesehen von der schwierigen Zeit des Möbelaufbaus komme ich nicht aus dem Grinsen heraus. Unser Zimmer sieht so aus, wie wir es mittels Internet und Telefon entschieden haben, die Kosten werden später geteilt. Die Wohnung selbst haben Sebastian und ich ausgesucht und danach in ein Haus direkt gegenüber unserer alten Wohnung transferiert. Na ja, sie war schon da, aber das macht nur den Umzug leichter. Jetzt haben Ben und ich ein Zimmer mit zwei Schreibtischen, einem riesigen Schrank, einem neuen Bett und unzähligen Regalen, die die Wände verstecken. Nur Sebastian hat nichts neues für sein Zimmer bekommen, der Arme. Okay, die Wohnzimmereinrichtung ist neu, aber eben nichts für ihn alleine, nicht einmal die Küche... Dafür war er auch schneller fertig mit einräumen. Alles hat seine gute Seiten. Warum ich meine Möbel nicht auch einfach mitgenommen habe? Weil es ein Neuanfang wird. Für Ben und für mich. Für ihn ist ein genereller, neue Stadt, Studium, neues Leben, und für mich ist zumindest einer auf der Beziehungsebene. Das Frühwarnsystem habe ich schon installiert: Sebastian. Sobald ich anfange, Scheiße zu bauen, sagt er es mir. Oder er haut mir gleich eine rein, je nach dem wie groß die Scheiße ist.
 

„Du bist glücklich, oder?“, fragt Sebastian als wir am Abend im Wohnzimmer sitzen.

Ich kann nur noch breiter grinsen und weiter nervös mit meinen Händen spielen. „Ja, bin ich.“

„Strahl nur nicht zu viel, sonst beschweren sich noch die Nachbarn“, grinst er.

„Damit müssten sie dann wohl leben“, grinse ich zurück.
 

In dieser Nacht schlafe ich auf dem Sofa. Irgendwas hindert mich daran, unser Bett allein einzuweihen, schließlich gehört es uns beiden und nicht ein einziges Mal möchte ich darin allein schlafen. Sebastian, der Frauenheld, nennt mein Verhalten bekloppt. Er war noch nie verliebt. Ich weiß es, wir kennen uns seit der Schulzeit. Er studiert Jura wie ich, ist aber noch nicht so weit wie ich. Menschen, die viel lernen müssen, tun mir manchmal wirklich leid...
 

Den ganzen Tag über werde ich immer nervöser und insgesamt drei Geschirrteile fallen meinen zitternden Händen zum Opfer – ein Teller, eine Tasse und ein Glas. Sebastian hat alle Mühe, mich zu beruhigen, aber auch Dank meinem Lieblingsgetränk – Koffein mit Kaffeegeschmack – bekommt er es nicht wirklich hin und wirft mich schließlich, zwei ganze Stunden bevor Bens Zug ankommt, aus der Wohnung.

Habe ich schon mal erwähnt, wie sehr ich die Erfindung des Coffee to go liebe? Kaum hat ein Becher meine Hand verlassen, kommt schon der nächste dran. Mich in ein Café setzen? Geht nicht – zu nervös.

Nach ca. 1 Stunde und 50 Minuten ziellosen Umherlaufens in der Innenstadt (ich glaube, ich bin mindestens zehnmal am Kaufhof vorbei gegangen – in eine Richtung...), begebe ich mich zum Bahnhof. Laut Fahrplan kommt der Zug aus Berlin, in dem Ben sitzt, um 17 Uhr 5 auf Gleis 11 an. Laut Anzeigetafel hat der Zug 30 Minuten Verspätung. Genug Zeit also, die Bahn mal wieder zu verfluchen und noch ein bisschen mehr Kaffee zu trinken. 30 Minuten nach fahrplanmäßiger Ankunft hasse ich die Bahn endgültig: 1 Stunde Verspätung. Auf genaue Nachfrage per Handy teilt Ben mir mit, dass er immer noch auf dem Bahnhof steht und der Zug noch nicht zu sehen ist. Irgendwie wäre ich jetzt gern in Japan, da gibt es so was nicht, wie ich im Fernsehen irgendwann mal gesehen habe. Okay, wenn der Fuji ausbricht, Erdbeben alle Städte zerstören und das Ebola-Virus die Bevölkerung dahin rafft, gleichzeitig, dann vielleicht, aber dann würden sich wohl selbst Japaner um andere Sachen sorgen als um verspätete Züge. Zurück nach Leipzig: Mein Handy gibt zu allem Überfluss auch noch den Geist auf. Ich hasse mein Leben. Es ist fast als hätte sich die ganze Welt gegen Ben und mich verschworen.
 

Grummelnd sitze ich auf dem Bahnsteig, aufgrund der Menschenmassen auf dem Boden, als die Ansage ertönt: „Meine Damen und Herren an Gleis 11, der verspätete ICE aus Berlin zur Weiterfahrt nach München, planmäßige Ankunft war 17 Uhr 5, hat in wenigen Minuten Einfahrt am Gleis 10 gegenüber.“

Er kommt, er kommt wirklich an! Offenbar ist die Welt doch nicht ganz so böse, wie ich dachte. Und ich hätte schon fast geheult, laut, damit die von der Bahn es mitbekommen.

„Endlich!“, seufze ich laut.

„Ist Ihre Freundin in dem Zug?“, fragt eine amüsierte Rentnerin neben mir.

„So ähnlich“, grinse ich sie an und stehe auf.

Dann fährt er ein, der Ben mit meinem Zug. Nein, der Zug mit meinem Ben. Pünktlich um 19 Uhr 37. Der Bahnsteig ist so brechend voll, dass ich keine Ahnung habe, wie ich Ben in dem Chaos finden soll. Fast schon verzweifelt suche ich also die Massen nach ihm ab, als mir etwas auf die Schulter tippt. Ich drehe mich um, genervt, weil mich der Störenfried davon abhält, Ben zu suchen.

„Suchst du was?“, fragt er mich grinsend, mein schwarzer Engel mit den strahlend blauen Augen, dem riesigen Rucksack, der Laptop-Tasche und den zwei großen Koffern.

Ich kann nicht mal was sagen, bevor ich ihn umarme. Nur heulen könnte ich, vor Glück. Klingt übertrieben? Ist es aber nicht, weil es diesmal nicht nur zwei Tage sind, die wir uns sehen, sondern länger, weil diesmal nicht das Gefühl mitschwingt, sich bald wieder verabschieden zu müssen.

„Hast es gefunden, was?“, lacht Ben.

Ich nicke nur und küsse ihn. Die Menschenmassen um uns herum sind mir egal, einzig und allein er zählt, und dass er da ist, endlich. Unser Kuss kommt mir vor, als würde er in Zeitlupe stattfinden, wahrscheinlich weil wir uns wirklich Zeit lassen.

„Komm, lass uns nach Hause gehen“, lächelt Ben mich schließlich an.

„Ja, gehen wir“, erwidere ich nur leise, bewege mich aber keinen Millimeter.

„Dann solltest du mich loslassen, oder dich wenigstens bewegen“, lacht Ben. „Wenn wir da sind, lass ich dich eh nicht mehr los.“

„Bei den Aussichten...“, murmele ich, lasse ihn doch los und schnappe mir gleich mal einen seiner Koffer.
 

Meine Tante hat uns doch glatt ein Taxi spendiert, so müssen wir uns wenigstens nicht in die Straßenbahn quetschen. Dafür aber Bens Sachen in den zweiten Stock hoch schleppen. Und Sebastian vorstellen, den Ben nur vom Telefon und aus meinen Erzählungen kennt, doch das geht fröhlich vonstatten. Die beiden verstehen sich prima und der Abend wird sehr schön gemütlich bei Pizza, Bier und einem sehr anhänglichen Nick. Wie soll ich auch die Hände von Ben lassen, wenn er endlich in Reichweite ist? Sebastian nimmt es gelassen hin und geht früher ins Bett als gewöhnlich. Aus irgendeinem Grund ahne ich, warum...

„Ich fürchte, wir haben ihn vergrault“, meint Ben als er weg ist.

„Tut mir gar nicht leid“, grinse ich und küsse ihn mal wieder.

„Warte mal, ich will noch über was mit dir reden.“ Mit diesen Worten schiebt er mich von sich, nicht weit, aber zu weit für meinen Geschmack. Scheint was ernstes zu sein...

„Worüber?“, frage ich vorsichtig.

„Na ja, ich hab dir doch gesagt, dass ich noch bei deiner Tante und deinem Onkel bleiben will, weil ich dort den Job habe und das Geld für die Wohnung und das Studium und so sparen will...“

„Hast du das nicht?“

„Doch, und es ist mehr als genug, hatte ja Zeit zum Arbeiten und nichts anderes zu tun, aber wir haben auch noch einiges regeln müssen...“

„Die Sache mit Alex“, meine ich und bin fest davon überzeugt, dass ich richtig liege. Was soll es sonst sein?

„Auch...“, sagt Ben nur und seufzt. „Ich will dir was zeigen.“

Er steht auf und kramt in seinem Rucksack, der noch neben der Wohnzimmertür im Flur steht. Dann hält er mir plötzlich einen Ausweis vor die Nase. Seinen Ausweis. Nur steht da nicht Benjamin Schwarz, sondern Benjamin Gerken. Blöder Name, wie ich fin... Warte mal! Das ist der Name von Onkelchen und Tantchen! Aber wieso steht der auf Bens Ausweis? Offenbar habe ich was verpasst...

„Ich konnte nicht früher herkommen, weil das zu regeln war“, meint Ben leise.

„Wie? Das?“

„Wir... wir sind jetzt verwandt... rein rechtlich jedenfalls.“

Ich steh auf dem Schlauch, und auf meiner ganz gewaltig langen Leitung noch dazu. Was will Ben mir sagen? Was meint er mit verwandt? Was soll dieser Name?

„Du kapierst es nicht, oder?“, fragt er lächelnd und ich schüttle nur den Kopf.

„Sie haben mich adoptiert. Deine Tante und dein Onkel haben mich adoptiert.“ Er lächelt irgendwie erleichtert.

„Adoptiert? Das... das heißt, du bist mein Cousin?“

„Nur rechtlich! An unserer Beziehung ändert sich nichts, wir dürfen machen, was wir wollen, ich hab Rainer extra gefragt“, erklärt er. „Du bist der Erste, der es erfährt!“ (Anmerkung des Nick: Rainer ist im Übrigen der Vorname meines Onkels.)

„Seit wann?“, frage ich nur. Wieso erfahre ich so etwas wichtiges denn nicht?

„Seit einem Monat ist es unter Dach und Fach, aber es war noch so viel zu erledigen... den Ausweis konnte ich auch erst gestern abholen. Tut mir leid, dass ich es dir nicht früher gesagt habe, aber ich wollte es dir persönlich sagen, nicht am Telefon und schon gar nicht per E-Mail“, meint er ernst.

Könnte mir aber bitte mal einer sagen, warum ich beleidigt bin, dass er nichts gesagt hat? Ich sollte mich für ihn freuen, schließlich hat er jetzt endlich eine Familie, die ihn auch verdient, und die wahrscheinlich mehr für ihn tut als seine leibliche Familie. Den doofen Bruder ist er auch los! Nur Gründe zur Freude also. Nur ich Trottel bin beleidigt.

„Nick?“, dringt Bens ängstliche Stimme an mein Ohr als ich nichts sage.

„Tut mir leid, ich frage mich nur, was ich falsch gemacht habe, dass du es mir nicht früher gesagt hast“, gebe ich zu. Ich will ihm ja gar keine Vorwürfe machen, und doch klingt es so.

„Nichts! Du hast gar nichts falsch gemacht!“, protestiert er energisch. „Ich wollte es dir eben nur persönlich sagen. Tut mir leid.“

„Wir haben uns gesehen, erst vor zwei Wochen. Das Wochenende mit meiner Tante und meinem Onkel in Berlin, das blöde Musical... du erinnerst dich?“

„Es tut mir leid“, wiederholt er und klammert sich an mich.

„Mir auch“, flüstere ich und umarme ihn.

„Ich... ich hatte Angst, dass du die Idee nicht gut findest“, gibt er leise zu.

„Ich finde sie gut, fantastisch sogar. Wer ist denn darauf gekommen?“

„Keine Ahnung. Einen Tag nachdem ihr gefahren seid, haben Monika und Rainer beim Abendessen davon angefangen. Ich hab einfach nur Ja gesagt.“ (Anmerkung des Nick: Monika wäre dann der Vorname meiner Tante. Komisch, dass ich das noch nicht erwähnt hatte...)

„Ich freu mich für dich! Wirklich! Jetzt hast endlich richtige Eltern“, lächle ich.

„Die hatte ich schon vorher, nur waren die... na ja, total bescheuert, verbohrt und konservativ.“

Stimmt, aber mal abgesehen von den tollen Eltern hast du noch was ganz tolles bekommen“, grinse ich.

„Was denn?“, wundert Ben sich.

„Einen absolut unwiderstehlichen und noch dazu verdammt cleveren und gut aussehenden Cousin!“

„Spinner!“, lacht Ben und küsst mich.
 

Eine ganze Weile sitzen wir knutschend auf dem Sofa, auf dem Tisch vor uns stehen noch die leeren Pizzakartons, aber wen kümmert das schon?

Plötzlich löst Ben sich aber von mir und steht auf.

„Was ist los?“, frage ich verwundert, lief doch gerade alles super...

Ben sieht mich mit großen, traurigen Augen an. „Du hast mir zwar schon unser Zimmer gezeigt, aber irgendwie habe ich Lust, mir unsere Bettwäsche genauer zeigen zu lassen.“

Okay, manchmal bin ich zwar ziemlich schwer von Begriff, aber das kapiere ich auf Anhieb. Mist, wieso versteh ich immer nur das schnell, was meine Triebe befriedigt?

„Dann sollte ich sie dir mal zeigen, was?“, schlage ich unschuldig lächelnd vor, jedenfalls denke und hoffe ich, dass es unschuldig und nicht triebgesteuert aussieht.

Ben streckt mir seine Hand entgegen. „Komm! Zwei Wochen allein schlafen ist nicht mein Ding, zumindest seit wir zusammen sind.“

„Wir haben uns zwischendurch doch auch mal drei Wochen nicht gesehen. Wie hast du das denn überlebt?“, wundere ich mich während ich zu ihm gehe und seine Hand nehme.

„Es waren vier und die reinste Hölle“, lächelt er und zieht mich ins unser Zimmer.

Auf dem Flur begegnen wir Sebastian, der im Schlafoutfit ins Bad schlurft.

„Wehe ihr macht zu laut!“, meint er nur und verschwindet.

„Wenn wir wollen können wir auch leise sein“, murre ich ihm hinterher, doch Ben zieht mich schon weiter, macht die Tür zu und schiebt mich zum Bett.

„Wirklich schöne Bettwäsche“, lächelt er lasziv.

„Ja, guck dir mal das Muster an, es ist so schön raffiniert“, meine ich und mache mich an die Arbeit, also ich befreie ihn von seinem Hemd.

„Du meinst so schön einfarbig blau“, grinst Ben.

„Genau“, murmle ich nur und bedecke seinen Oberkörper mit Küssen.

„Hey, du wolltest mir die Bettwäsche zeigen“, lacht er.

Da gibt man sich schon mal Mühe... Gut, dann höre ich eben auf.

Scheint ihm aber auch nicht zu gefallen, so wie er mir unters T-Shirt fährt und mich küsst.

„Du hättest ein Hemd anziehen sollen“, murmelt er während er mir das Shirt über den Kopf zieht.

„Warum?“, frage ich leise.

„Das kann man ausziehen ohne die Lippen von einander trennen zu müssen.“

„Dann komm her! Meine Lippen vermissen deine schon“, meine ich nur und ziehe ihn wieder zu mir.

Das Bett ist wirklich gut, so schön gefedert und es quietscht auch nicht...

Als Ben eine ganze Weile später schon schläft, und nachdem ich nochmal im Bad war und das Licht ausgemacht habe, setze ich mich neben ihn und beobachte ihn im Licht der Straßenlaterne, das durch die Fenster scheint. Schlafend sieht er wirklich unschuldig aus.

„Willkommen zu Hause“, flüstere ich und streiche ihm sanft eine Strähne aus der Stirn.

„Schlaf endlich“, brummt er plötzlich und und zieht mich zu sich.

„Zu Befehl!“, flüstere ich, betrachte ihn aber weiter, bis ich schließlich einschlafe.
 

Monate späte, genauer gesagt 4 Monate und 3 Tage später, ist immer noch alles in Ordnung. Ich habe es noch nicht geschafft, irgendwelchen Mist zu bauen, und Sebastian hält es immer noch mit uns aus, tapferer Mann. Aber der ist gerade irgendwo in Russland oder so, irgendwo in Osteuropa jedenfalls, und versucht lebendig nach St. Petersburg zu kommen. Ben und ich sind nicht ganz so weit gekommen, nur zu meinen Eltern nach Hause. Tolles Urlaubsziel, ich weiß, vor allem, wenn man sonst wo sein könnte. Italien zum Beispiel, oder Island, oder Irland, oder Marokko. Hatten wir uns alles überlegt, aber sind dann doch wieder bei meiner Tante gelandet, für drei Wochen als Hunde- und Haussitter. Merkwürdigerweise gab es keine Probleme, nicht mal mit Bens ehemaliger Familie. Könnte aber auch daran liegen, dass sie, nachdem herauskam, wie Alex Ben behandelt hat, nichts mehr zu lachen hatten und aufs Festland gezogen sind. Es hat eben durchaus Vorteile, der beliebtere Bruder zu sein... Wie dem auch sei, jetzt ist die ganze Familie beisammen, sogar meine Großeltern sind da und der Bruder meines Vaters samt Anhang. Heute steigt nämlich die größte Party des Jahres, in unserem Garten. Nur nach feiern ist mir gerade nicht wirklich. Ben, der neben mir auf der Terrassentreppe zum Garten hin sitzt, auch nicht.

„Ich werde sie umbringen“, murrt er.

„Wir sehen lächerlich aus“, füge ich an.

„Ja, außerdem ist es viel zu... luftig. Wir werden garantiert krank.“

„Warum haben wir nochmal Ja gesagt?“, frage ich.

„Weil sie uns mit großen Augen angeguckt haben, alle vier!“, brummt er und meint meine Mum, meine Tante und die Zwillinge.

Was murmelt ihr da in eure nicht vorhandenen Bärte?“, fragt mein Vater uns plötzlich. Er hat schon wieder seine Kamera in der Hand.

„Pack die Kamera weg!“, fordere ich.

„So etwas nennt man Katastrophentourismus“, murrt Ben.

„Was habt ihr nur? Sieht doch sexy aus“, lächelt mein Vater.

„DAD!“, entrüste ich mich fassungslos und er zieht weiter.

„Ich will nie wieder das Wort 'sexy' aus dem Mund deines Vaters hören“, meint Ben leise.

„Ich auch nicht“, gebe ich zu.

„Wir hätten Monika und Rainer nach Japan oder so schicken sollen“, murmelt Ben.

„Dann würden wir jetzt Kimono tragen“, gebe ich zu bedenken.

„Aber die gehen wenigstens bis zu den Knöcheln, nicht nur bis zu den Knien“, wirft Ben ein.

„Nächstes Jahr schicken wir sie nach Japan! Oder noch besser: nach Indien! Da wird es nur ein Turban und wir können unsere normalen Klamotten anlassen.“

„Oh ja! Hauptsache nicht wieder Schottland!“

„Nie wieder!“, stimme ich zu.

Richtig geraten! Wir tragen Schottenröcke. Tantchen und Onkelchen haben sie uns mitgebracht und nun müssen wir sie tragen, vor allen Augen. Vorhin hat mich auch schon der Postbote in dem Ding gesehen, als er ein Paket meines in Amerika lebenden Onkels ablieferte, und prompt hat er die altbekannte Frage nach dem Darunter gestellt. Jetzt hasse ich ihn.

„Nicky! Ben! Kommt her, wir wollen die Torten anschneiden“, ruft Charlie.

„Na komm, wir wollen die beiden doch nicht warten lassen“, meint Ben und steht auf.

„Ich trage einen Rock“, murre ich nur, doch Ben zieht mich nur hoch und in Richtung Tisch, auf dem zwei Torten mit jeweils 10 brennenden Kerzen stehen.

„Sie haben doch nur einmal im Jahr Geburtstag“, lächelt Ben nur ruhig.

„Und wir müssen leiden“, murre ich ungestört weiter.

Ben lächelt immer noch. „Also irgendwie steht er dir ja.“

„Das will ich nie wieder von dir hören, wenn ich knielange Röcke trage!“

„Du ziehst wieder einen an?“, fragt er mit großen Augen.

„Nein!“

„Ben, Nicky!“, rufen die Mädchen im Chor.

„Schade“, grinst Ben nur und zerrt mich zum Tisch, an dem die Familie schon versammelt ist.

Die Zeremonie kann also beginnen. Es werden Kerzen ausgeblasen und Geschenke verteilt. Die Zwillinge bekommen wie immer viele Geschenke, Spielzeug, neue Schultaschen, DVDs und CDs, was man halt als zehnjähriges Mädchen so alles braucht. Auch ein Umschlag ist dabei.

„Von wem ist der denn?“, wundert Josie sich.

„Keine Ahnung, mich beunruhigt eher, dass er für uns beide gemeinsam ist“, meint Charlie.

„Macht ihn doch mal auf“, schlägt meine Großmutter mütterlicherseits vor.

Josie nickt, reißt den Umschlag unter den neugierigen Blicken aller auf und zieht die darin befindliche Karte hervor. Die Zwillinge lesen sie und sehen Ben und mich fragend an.

„Was ist?“, fragt Ben sie lächelnd.

„Da steht, dass ihr mit uns nach Paris fahrt...“, murmelt Josie.

„Nicht ganz. Da steht, dass wir mit euch nach Paris und nach Disneyland fahren, drei Tage Paris, drei Tage Disneyland“, erkläre ich lächelnd.

Wir haben das halbe Semester gespart und gearbeitet, aber zum ersten runden Geburtstag darf es gerne mal mehr sein, fanden wir. Meine Eltern sind natürlich eingeweiht, soll ja schon in zwei Tagen losgehen, da haben die zwei noch Ferien.

Die Mädchen sind fassungslos, wenigstens 10 Sekunden lang, dann fallen sie uns fröhlich um die Hälse.

„Ich hab das Gefühl, die Idee gefällt ihnen“, lacht Ben.

„Und wie sie uns gefällt!“

„Ihr seid echt die Besten!“, meint Josie und umarmt uns beide auf einmal.

Mein Vater räuspert sich wenig unauffällig.

„Tut mir leid, Papa, aber von dir haben wir ja nur was praktisches bekommen“, sagt Charlie ihm ins Gesicht.

„Genau, Schultaschen sind für die Schule, und die kommt gar nicht gut an“, fügt Josie hinzu.

„Dann lasst uns mal Kuchen essen“, erwidert mein Dad nur, was den Rest der Sippschaft nur noch mehr amüsiert und die Geburtstagskinder wieder jubeln lässt.
 

Während des Essens werden wir die ganze Zeit von meinen Großeltern skeptisch beobachtet. Oder sollte ich lieber sagen, von unseren Großeltern? Weil ja jetzt die Eltern meiner Mum auch Bens Großeltern sind, da sie ja genauso die Eltern meiner Tante sind. Und der eine Onkel, der in den Staaten lebt und der Bruder meiner Mum ist, ist ja auch Bens Onkel, dafür aber der anwesende Onkel nicht, weil der ja der Bruder meines Vaters ist, der aber ja nicht direkt mit meiner Tante verwandt ist, sondern nur ihr Schwager... So richtig sehe ich bei den Verwandtschaftsverhältnissen nicht mehr durch...

„Wir sollten es ihnen sagen“, flüstert Ben mir schließlich zu.

„Ja, aber erst will ich noch ein Stück Kuchen“, flüstere ich zurück.

„Vielfraß“, lacht er.

„Jep“, grinse ich nur und schnappe mir noch ein Stück Schokotorte.

Etwas später sitzen zwei Großmütter und zwei Großväter auf unserer Hollywoodschaukel.

„Also... Opa, Oma, Oma, Opa... Wir müssen euch etwas sagen...“, beginne ich.

„Wir sind zusammen“, meint Ben selbstbewusster als ich.

„Zusammen?“, fragt die eine Oma verwundert nach.

„Ja, wir sind ein Paar, wir lieben uns“, erklärt Ben.

„Das ist aber schön für euch“, sagt die andere Oma, die ich eigentlich immer für konservativer gehalten hatte.

Ihr Mann seufzt. „Guck nicht so verwirrt, Nicolas.“

„Aber... ihr rastet gar nicht aus...?!“, wundere ich mich.

„Na ja, seit deine Oma hier diesen komischen Kabelanbieter abonniert hat und wir so viele Kanäle haben, schauen sich deine beiden Großmütter immer diese komische Sendung mit den Schwulen an...“

„Queer as Folk“, wirft die eine Oma ein. Man beachte hierbei die deutsche Aussprache des englischen Serientitels...

„Aber die anderen Sachen, die auf dem Sender kommen sind auch gut“, meint die andere.

„Stimmt, diese eine Sendung...“

Ich erspare mir an dieser Stelle die Wiedergabe des Gespräches zweier siebzigjähriger Großmütter über das Programm des ominösen, schwulen Fernsehsenders, von dem ich auch schon mal irgendwo gehört habe.

„Lass uns gehen, das ist gruselig“, raunt Ben mir zu. Meine Großväter stimmen schnell zu und wir verkrümeln uns lieber.

Der Rest des Tages gehört den Zwillingen, die uns belagern und immer wieder versichern, wie toll wir doch in unseren Röcken aussehen. Ben scheint sich mit dem Kleidungsstück abzufinden und auf meinen zu stehen... Na toll, dann darf ich das Teil wohl noch öfter tragen...
 

Die Nacht gehört dann wieder uns allein. Wir liegen im Garten und beobachten die Sterne. Josie liegt auch noch neben Ben, ist aber längst eingeschlafen.

„Das sollten wir öfter machen“, meint Ben irgendwann leise.

„Gerne“, lächle ich ihn an. „Aber erst müssen wir mit den Zwergen nach Paris.“

„Wird bestimmt lustig“, murmelt er und sieht mich auf seine Ellenbogen gestützt an.

„Mit dir allein wäre es auch schön lustig“, grinse ich.

„Aber du kannst mich doch das ganze Jahr haben...“

„Ja, da hab ich wirklich Glück gehabt“, lächle ich.

„Unsagbares Glück“, haucht er und küsst mich.

Er hat Recht, es war unsagbares Glück, dass ich ihn gefunden habe. Mittlerweile ist bei mir zwar die Verliebtheit vorbei, dafür allerdings ist dieses Gefühl da, dass ich nur mit dem Wort Liebe erklären kann. Die Schmetterlinge in meinem Bauch haben sich beruhigt, jetzt ist da statt des Kribbelns Wärme und statt des Herzrasens Glück.

„Ich liebe dich, Ben“, flüstere ich nach dem Kuss.

„Ich liebe dich auch“, erwidert er und lehnt sich an mich, so dass wir Arm in Arm in den Nachthimmel sehen.

Das Leben ist schön. Und wir sind wohl beide glücklich. Endlich weiß ich, wie sich das anfühlt: Einfach nur gut! So soll es sein, für den Rest unseres gemeinsamen Lebens.
 

ENDE
 

Ich hoffe, ihr seid mir jetzt nicht böse, dass es vorbei ist...

Ja, es ist schade, mir sind die beiden auch ans Herz gewachsen, aber lassen wir sie jetzt mal ihr Leben genießen.

Bis bald an anderer Stelle ^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (34)
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Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:40:12+00:00 25.02.2010 16:40
Schon der Anfang mit dem Schrank ist witzig xD ‚Männer geben sowas nicht zu. Nie!‘
Ich finde seien ganze Nervosität genial, da werde ich ja selbst ganz hibbelig @__@ Aber dann haben sie sich ja endlich wieder :)
Ich musste so lachen wegen der Sache mit dem Namen und als er sich dachte was das für ein blöder Name ist xD Ans ich finde ich es ja auch toll für Ben, aber dass er jetzt Nicks Cousin ist... Interessant aber skurril... Genau mein Ding xP
Ich weiß nicht, aber die letzten Kapitel waren echt total witzig :D Also vorher auch shcon, aber hie rnoch mehr.... Die Idee mit ‚die Bettwäsche zeigen‘ und ‚das Bett federt so schön und quietscht nicht‘ xD Genial, genau wie Sebastians Kommentar ‚Macht nicht zu laut‘. Nette WG ;)
Schottenröcke... Oh je! :P Das ist in der Tat peinlich. Aber hey. Urlaubssouvenirs :D
Die Idee mit Paris finde ich toll, will auch.
QUEER AS FOLK ♥ Absolute Liebe *______* Ich finde die Großmütter hammer xD Aber was soll das für ein Sender sein?
Auch ein tolles Ende, runder Abschluss und... einfach super Story.
Deswegen: Platz 1 für dich :)
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:39:48+00:00 25.02.2010 16:39
) Hierzu kann ich nur sagen: Ich bin auch unglaublich traurig, kann mich da total hineinversetzen, dass Nick Ben nicht alleine lassen will... :( Ist schon ne scheiss Situation, würde ich sagen.
Aber der Vater ._. Mich würde das auch nerven, wenn ich ständig und überall geknipst werden würde... Allerdings bringt das echt ein lustiges Element in die Story xD
Die Frage wegen der Kartoffel bannt mich jetzt @__@‘ Aber ich denke, ich werde keine Lösung finden...
Ich mag das Gespräch zwischen Josie und Nick sehr gerne. Das war eine tolle Idee und zeigt auch wie sehr sie einander verbunden sind :) Ich bin gerade total überwältigt... Du schaffst es gerade, dass ich mich auch so traurig fühle und... das ist definitiv nicht negativ ^^
Das Ende dieses Kapitels ist ja wirklich herzzerreißend... Hast du so toll gemacht!

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:39:26+00:00 25.02.2010 16:39
Schönes und langes Kapitel :)
Das mit Alex und dem Angriff war schon ... heftig für die Umstände. Ich finde vor allem die unterschiedliche Reaktion der Zwillinge toll und auch gut beschrieben.
Was mir sehr gefallen hat war die Szene in der Praxis und dass sich alle entfernt für Ben eingesetzt haben. Schöne Idee :)
Auch Charlie ist richtig süß, als sie sich so für die Polizei interessiert ^^ Und Ben‘ s Reaktion, als er sich diese Fragen stellt wie er Josie trösten soll. Gute Gefühlsbeschreibung.
Der Rückblick auf den Geburtstag war auch ne nette Idee, dass man das erst später genau erfährt.

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:39:03+00:00 25.02.2010 16:39
Auch hier ein sehr gelungenes, spannendes Ende :) Da will man gleich wissen wies weitergeht.
Die Zwillinge finde ich immer noch unheimlich süß und vor allem ihre lässige Art in Bezug auf Sex ist ziemlich witzig :D Gibt’s dem ganzen einen unterhaltsamen Schwung.
Verständlich aber dass Nick und Ben genervt sind, ich packe Kinder nicht einmal eine Viertelstunde...
Tja, da müssen sie durch.
Wie immer super geschrieben und einfach schön zu lesen :)

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:38:40+00:00 25.02.2010 16:38
Oh ... mein... Gott ... xDDDD Ich musste so lachen! Soooo lachen!!
Die Zwillinge sind ja echt der hammer, obwohl ich anfangs noch skeptisch war. Schon allein ihre quirlige Art ist unheimlich süß, obwohl ich Kinder ja nicht so dolle mag. Aber Josie und Charlie sind einfach toll :)
Und dann der Schluss xD Alter, ich war erst derbe geschockt, als man wusste, dass die beiden im Zimmer sind und so. Aber dann diskutieren die da so fachmännisch drüber, einfach genial. Ich hätte fast geweint vor Lachen xD Geschämt hätte ich mich trotzdem unheimlich...
Also dieses Kapitel war echt eines der besten, auch die Eifersucht von Nick. Für mich sehr verständlich =O

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:38:02+00:00 25.02.2010 16:38
Ich bin froh, dass das mit den Eltern so rasch geklärt wurde :P Und Bens Verarbeitungsprozess hat äußerst interessante Formen angenommen... Kann ich nur befürworten xD
Was ich witzig fand war die Äußerungen des Schlafes, als Nick vorm Fernseher sitzt. Mephisto autofahrend xP Geil.
Zum Telefonat: Ich fand es zwar sehr unterhaltsam (und ich mag die Tante xD Vor allem das ‚Treibt es nicht zu wild‘ ... *hust*), nur ein kleiner Kritikpunkt: In eine FF sollte kein solcher... RPG-Stil vorkommen oder wie man dies am besten bezeichnet. Es sollte alles ausformuliert sein, vermeide sowas am besten :)
Nun, ein schockierender Wendepunkt, dass die Schwestern kommen. Sowas macht sich gut in ner Story ;P

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:37:33+00:00 25.02.2010 16:37
Und das nächste Kapitel :) Ich persönlich bin ja begeistert von Boshaftigkeiten, deswegen gefällt mir dies hier natürlich umso mehr >:] Is ja wirklich sehr konsequent unser Nick, was das im Internet veröffentlichen geht.
Tja, Alex hats auch nicht besser verdient.
Bens Idee ist ja zuckersüß <3 Ich mag die beiden ungmein.
Und der Schluss ist auch sehr gut gewählt, baut Spannung auf und macht Lust zum weiterlesen :)
Tut mir leid, falls ich nicht so viel zu deinem Schreibstil sage, nur gibt es da nicht so viel zu beurteilen. Er ist einfach unterhaltsam und gut. Genau ^^

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:37:08+00:00 25.02.2010 16:37
Ich mag Ben und Nick zusammen, ich kann es nur immer wieder wiederholen :) Ekelig war nur das mit dem Bruder, oh ja ._. Aber was sein muss, muss sein.
Zu deinem Schreibstil kann ich nicht mehr recht viel sagen, außer dass ich ihn einfach total amüsant finde und das im positiven Sinne ^____^
Ich hatte schon Angst, dass die beiden sich trennen würden... also wegen dem Anfang. Aber das war ja dann zum Glück nicht der Fall ;)
Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:36:40+00:00 25.02.2010 16:36
Ich kann einfach nicht anders, als dir zu sagen, dass ich begeister bin =D Ben ist jetzt auch nicht mehr so am rumheulen, sondern gesprächiger und ich finde, das steht ihm besser.
Auch die ganzen Beschreibungen seines Zimmers sind echt interessant und was mir an deiner FF eindeutig am besten gefällt sind die Gedanken von Nick.
Wie er immer versucht Ben zu widerstehen und überhaupt seine Meinung zu den Dingen. Ist echt witzig, ich musste des Öfteren lachen ;)
Naja, und das Ende ist ja wohl mehr als gut .. :P
Liebe Grüße,
Core.
Von:  Heartsbane
2010-02-25T15:35:51+00:00 25.02.2010 16:35
So, also hier meine Bewertung in Kommis :)
Zunächst mal zu den Charakteren. Leider erfährt man in der Beschreibung ja nicht sooo sonderlich viel über sie, aber das muss man jedem selbst überlassen. Minuspunkt ist leider auch, weil es nicht wirklich eine Inhaltsangabe gibt :(
Allerdings finde ich deinen Schreibstil wirklich unheimlich gut ^^ Er lässt sich flüssig lesen, ist unterhaltsam und wird einem nicht langweilig. Besonders dieses Persönliche, dass du einem vermittelst ist echt schön zu lesen :)
Nick scheint ein interessanter und - was mir persönlich sehr gefällt - pragmatischer Typ zu sein. Ich mochte vor allem die Stelle, in der er über Homosexualität redet, also am Anfang.
Mephisto. Besonders toll, da ich in der Schule gerade Faust lese ;P
Zu Ben, ich war extrem überrascht, dass er so ein zurückhaltender Typ ist. Dachte er wäre voll kalt und so o.O Das beißt sich etwas mit dem Bild, aber ich mag ihn ^^ Er ist richtig süß und die beiden zusammen sind auch knuffig.

Liebe Grüße,
Core.


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