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"Du willst Kira töten?" Mars, Literatur, Manga, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Kashino: "Sie haben dich also entlassen..."
Makio: "Nun, vorläufig schon, wie es aussieht. Aber solche Läden gibt's sowieso nur der Form halber... Du kommst rein und wenn du wieder rauskommst, hat sich nicht viel getan. Aber das weißt du ja selbst am besten, nicht wahr?"
Kashino: (Pause.) "Ich war neulich in der Psychiatrie."
Makio: "Ja, ich hab dich dort zufällig im Park gesehen. Aber du willst mir doch nicht erzählen, dass du wieder in Behandlung musst?"
Kashino: "Aber nein... Ich habe einen Arzt besucht, den ich von früher kenne."
Makio: (Pause.) "Ja, ich dachte mir das schon... Wäre ja auch seltsam, wenn einer, der kurz vor seiner Hochzeit steht..."
Kashino: "Woher weißt du davon?"
Makio: (Lachen.) "Hör mal, so viel bekomme selbst ich noch mit. An jeder Ecke hört man Gerüchte über euch. Und selbst ich habe so meine Freunde..." (Lächeln.) "Du willst schon wieder etwas ganz für dich haben. Trotz dieser Erfahrung damals... Was passiert, wenn du es auch diesmal wieder verlierst? Zum zweiten Mal, das wird eine bittere Pille für dich."
Kashino: (Pause.) "Du willst Kira töten?"

Makio: "Tja, was könnte ich mit Verlieren wohl meinen?"

Kashino: "Wenn ich Kira verlieren würde... müsste ich dich wohl töten. Egal, ob das ein Fehler wäre oder nicht. Egal, wie lange es dauern würde oder welche Mittel dazu nötig wären. Es würde zu meinem Lebenszweck werden. Allerdings... was wohl danach käme? Wenn ich Kira verloren und dich getötet hätte. Selbst wenn ich weiterleben könnte, würde ich meines Lebens... wohl nicht mehr froh." (Lachen.) "Nicht mehr froh? Das sagt sich so leicht..."
Makio: "Was gibt's da so blöd zu kichern, Kashino? Was soll das, hier den coolen Erwachsenen zu spielen, der über allem steht?"
Kashino: (Pause.) "Ich will hier nicht den Erwachsenen spielen. Ich stehe auch ganz und gar nicht über der Sache. Aber egal, was mir passiert, und egal, was ich tue... es wäre eine Tatsache, vor der ich nicht weglaufen könnte. Auch wenn ich es ignorieren würde. Auch wenn ich anderen die Schuld gäbe und mich an meiner Umgebung abreagieren würde. Wenn ich abends allein im Bett liege und die Augen schließe, würde es mich überkommen. Dieses Gefühl, ohnmächtig zu sein..."
Makio: "Hör jetzt auf! Was ist denn mit dir los?! Wieso redest ausgerechnet du so ein Zeug?! Du warst doch früher auch nicht so drauf! Was soll dieses altmodische moralische Getue?!"
Stimme im Hintergrund: "Wenn du berühmt werden willst, musst du einen umbringen..." (Kashino und Makio sich umwendend, unbemerkt zuhörend.) "Na ja, es ist nicht besonders originell, aber... mit 'nem Mord geht's nun mal am schnellsten. Dein Gesicht dürfen sie auch nicht zeigen. Also wenn, dann müsste man's bald tun. Bevor unsere Zeit abläuft*, sozusagen." (Lachen.)
Makio: "Wie will der Kerl berühmt werden, wenn keiner seinen Namen und sein Gesicht kennt? Diese Durchschnittsidioten finde ich am schlimmsten, Kashino. Es ist schon widerlich, dass sie die gleiche Luft atmen wie man selbst. Aber wirklich unerträglich ist... dass solche Typen das gleiche Recht auf Leben haben wie man selbst. Egal, wie widerlich und überflüssig die sind, wenn du einen umbringst, bist du ein Verbrecher. In so einer Welt leben zu müssen... ist an sich schon unerträglich."
Kashino: "Seltsam, Makio... ich dachte immer, dass du alle Menschen außer dir selbst für Müll und Abschaum hältst. Dann versteh ich eins nicht... Irgendwie habe ich den Eindruck, dass diese dummen Kerle mit ihrem dummen Geschwätz dich eben ganz schön beeindruckt haben." (Pause.) "Bist halt doch ein armes Schwein, Makio."
Makio: (Kashino wütend Wasser ins Gesicht schüttend.) "Mich beeindruckt, sagst du?! Diese Typen?! Mich?! Du meinst, dass solche Kerle mir überlegen sind?! Dass ich ein armes Schwein bin?!" (Schreiend.) "So etwas muss ich mir von dir nicht bieten lassen!"
Kashino: (Pause.) "Sieh mal an... du kannst ja richtig laut werden." (Pause.) "Jetzt hast du mich zum ersten Mal an einen Menschen erinnert."

 

* Kinder unter 14 Jahren sind in Japan nicht strafmündig

 

"Mars" von Fuyumi Soryo

Übernahme des Tons Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Weil man wohl oder übel den gegebenen Ton übernimmt; weil man sich beim Eintritt in die Gesellschaft, gewohnheitsgemäß schon an der Zimmertür, bis hin zum Gesichtsausdruck auf diejenigen einstellt, die man sieht; man macht Scherze, wenn man traurig ist, man spielt den Traurigen, wenn man lieber scherzen würde; wovon immer die Rede sein mag, man will mitreden; und ob nun der Literat politisiert, der Politiker metaphysiziert, der Metaphysiker moralisiert, der Moralist über Finanzen redet, der Finanzier über Literatur oder Geometrie - jeder, anstatt zuzuhören oder zu schweigen, schwatzt über das, was er nicht weiß, und alle langweilen sich aus dummer Eitelkeit oder Höflichkeit.

Denis Diderot

Einen Menschen umzubringen ist einfach Monster (Anime/Manga), Naoki Urasawa, Literatur, Manga, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Sie tun ja immer noch fünf Löffel Zucker rein."

"Natürlich. Sonst schmeckt der Kaffee ja gar nicht. Du wusstest von mir, oder?"

"Ohne Zweifel waren Sie ein professioneller Killer. Und zwar einer der absolut besten."

"Was meinst du, wie viele Menschen ich schon getötet habe? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht mehr. Es war für mich nichts Besonderes. Ich tat nur meinen Job.
An dem einen Tag habe ich mich wie immer einfach nur auf mein Ziel konzentriert. Ich weiß nicht mehr, der wie vielte Auftrag das schon war. Ein Café am helllichten Tag. Es lief wie immer. Er bestellte Kaffee. Dann streute er sich Zucker rein. Erst einen Löffel, dann zwei, dann drei, dann vier... nach dem fünften Löffel hatte ich plötzlich den Geschmack des Kaffees, den ich sonst immer trank, in meinem Mund. Es sah aus, als würde ihm der Kaffee sehr gut schmecken. In dem Moment ließ ich mein Gewehr los. Das war alles. Wegen sowas konnte ich keine Menschen mehr umbringen.
Einen Menschen umzubringen ist einfach. Man muss nur vergessen, wie der Zucker schmeckt."

 

"Monster" von Naoki Urasawa

Einen Menschen umzubringen ist einfach Monster (Anime/Manga), Naoki Urasawa, Literatur, Manga, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Sie tun ja immer noch fünf Löffel Zucker rein."

"Natürlich. Sonst schmeckt der Kaffee ja gar nicht. Du wusstest von mir, oder?"

"Ohne Zweifel waren Sie ein professioneller Killer. Und zwar einer der absolut besten."

"Was meinst du, wie viele Menschen ich schon getötet habe? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht mehr. Es war für mich nichts Besonderes. Ich tat nur meinen Job.
An dem einen Tag habe ich mich wie immer einfach nur auf mein Ziel konzentriert. Ich weiß nicht mehr, der wie vielte Auftrag das schon war. Ein Café am helllichten Tag. Es lief wie immer. Er bestellte Kaffee. Dann streute er sich Zucker rein. Erst einen Löffel, dann zwei, dann drei, dann vier... nach dem fünften Löffel hatte ich plötzlich den Geschmack des Kaffees, den ich sonst immer trank, in meinem Mund. Es sah aus, als würde ihm der Kaffee sehr gut schmecken. In dem Moment ließ ich mein Gewehr los. Das war alles. Wegen sowas konnte ich keine Menschen mehr umbringen.
Einen Menschen umzubringen ist einfach. Man muss nur vergessen, wie der Zucker schmeckt."

 

"Monster" von Naoki Urasawa

Einen Menschen umzubringen ist einfach Monster (Anime/Manga), Naoki Urasawa, Literatur, Manga, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Sie tun ja immer noch fünf Löffel Zucker rein."

"Natürlich. Sonst schmeckt der Kaffee ja gar nicht. Du wusstest von mir, oder?"

"Ohne Zweifel waren Sie ein professioneller Killer. Und zwar einer der absolut besten."

"Was meinst du, wie viele Menschen ich schon getötet habe? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht mehr. Es war für mich nichts Besonderes. Ich tat nur meinen Job.
An dem einen Tag habe ich mich wie immer einfach nur auf mein Ziel konzentriert. Ich weiß nicht mehr, der wie vielte Auftrag das schon war. Ein Café am helllichten Tag. Es lief wie immer. Er bestellte Kaffee. Dann streute er sich Zucker rein. Erst einen Löffel, dann zwei, dann drei, dann vier... nach dem fünften Löffel hatte ich plötzlich den Geschmack des Kaffees, den ich sonst immer trank, in meinem Mund. Es sah aus, als würde ihm der Kaffee sehr gut schmecken. In dem Moment ließ ich mein Gewehr los. Das war alles. Wegen sowas konnte ich keine Menschen mehr umbringen.
Einen Menschen umzubringen ist einfach. Man muss nur vergessen, wie der Zucker schmeckt."

 

"Monster" von Naoki Urasawa

Rittlings über dem Grabe geboren Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Irgendeines Tages ist er stumm geworden, eines Tages bin ich blind geworden, eines Tages werden wir taub, eines Tages wurden wir geboren, eines Tages sterben wir, am selben Tag, im selben Augenblick, genügt Ihnen das nicht? Sie gebären rittlings über dem Grabe, der Tag erglänzt einen Augenblick und dann von neuem die Nacht."

"Habe ich geschlafen, während die anderen litten? Schlafe ich gar in diesem Augenblick? Wenn ich morgen glaube, wach zu werden, was werde ich dann von diesem Tag sagen? Was wird wahr sein von alledem? Rittlings über dem Grabe und eine schwere Geburt. Aus der Tiefe der Grube legt der Totengräber träumerisch die Zange an. Man hat Zeit genug, um alt zu werden. Die Luft ist voll von unseren Schreien. Aber die Gewohnheit ist eine mächtige Sordine. Auch mich, auch mich betrachtet ein anderer, der sich sagt, er schläft, er weiß von nichts, lass ihn schlafen. Ich kann nicht mehr weiter."

"Warten auf Godot" von Samuel Becket

Schubladendenken Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Und dann werden wieder Schubladen gefordert. "Schubladen, Schubladen", brüllen sie auf den Straßen, machen Fackelzüge durch Innenstädte, kloppen auf Trommeln und brüllen: "Schubladen, Schubladen". Zumachbare, geschlossene, solche, in die man bequem Kinderhände quetschen kann, wenn sie nach karieserzeugendem Süßkram langen, die dicken, bereits im Kindergartenalter verbitterten Biester. Menschen halten ja so gerne fest an dieser Schubladenromantik, denken immer "was draufsteht, ist drin" und so. Auch wenn auf der Lade ein Aufkleber mit der Aufschrift "Subkultureller Individualist" klebt, dann kann ein Typ drin sein, der so sehr auf Archivierung steht, dass er selbst zu einer geworden ist. Und in der Lade mit der "bequemen Kleidung", da ist ja auch meistens die Zwangsjacke drin. Ich plädiere hier nochmal für das undramatische Verbrennen von Schubladen. Die Dinger stören Abläufe, das Auf- und Zumachen ist Zeitverlust.

Dirk Bernemann

Verwandtschaft des Schreibens mit dem Tod Literatur, Philosophie, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Die Erzählung wiegt den in Kauf genommenen Tod auf.
Dieses Thema des Erzählens oder des Schreibens, das dazu bestimmt ist, den Tod zu bannen, hat in unserer Kultur eine Metamorphose erfahren.
Das Schreiben ist heute an das Opfer gebunden, sogar an das Opfer des Lebens, an das freiwillige Auslöschen, das in den Büchern nicht dargestellt werden soll, da es sich im Leben des Schriftstellers selbst vollzieht. Das Werk, das die Aufgabe hatte, unsterblich zu machen, hat das Recht erhalten, zu töten, seinen Autor umzubringen.
Die Beziehung des Schreibens zum Tod zeigt sich auch im Verblassen der individuellen Züge des schreibenden Subjekts. Durch alle Barrieren, die das schreibende Objekt zwischen sich und dem, was es schreibt, errichtet, bringt es alle Zeichen seiner individuellen Besonderheit durcheinander. Das Merkmal des Schriftstellers besteht nur noch in der Eigentümlichkeit seiner Abwesenheit. Er muss die Rolle des Toten im Spiel des Schreibens einnehmen.

Michel Foucault

Elle me ne regarde pas Literatur, Philosophie, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Die Geschichte ist wahr. Sie stammt aus der Zeit meiner, ich würde sagen, meiner Zwanzigerjahre - ich hatte damals, als junger Intellektueller, natürlich nichts Besseres zu tun als rauszugehen und mich irgendeiner Tätigkeit hinzugeben, die nur direkt und ländlich sein sollte, also zum Beispiel Jagd oder Fischen. Eines Tages nun war ich auf einem kleinen Boot zusammen mit einigen Leuten aus einer Fischersfamilie, die an dem kleinen Hafen zu Hause war. Damals war unsere Bretagne noch unberührt von der Großindustrie, und Fischerei im großen Stil gab es noch nicht. Die Fischer fischten in ihrer Nussschale auf eigenes Risiko und eigene Gefahr. Und eben dieses: Gefahr und Risiko wollte ich mit ihnen teilen. Nur gab es Gefahr nicht immer, es gab auch Tage schönsten Wetters. Eines Tags nun, wir warteten auf den Augenblick, wo die Netze eingeholt werden sollten, zeigt mir ein gewisser Petit-Jean, wir nennen ihn so - er ist mit seiner ganzen Familie dann plötzlich von der Tuberkulose dahingerafft worden, die damals tatsächlich so etwas wie die Krankheit einer ganzen Sozialschicht war - eines Tags also zeigt mir Petit-Jean ein Etwas, das auf den Wellen dahinschaukelte. Es war eine kleine Büchse, genauer gesagt: eine Sardinenbüchse, ausgerechnet. Da schwamm sie also in der Sonne, als Zeuge der Konservenindustrie, die wir ja beliefern sollten. Spiegelte in der Sonne. Und Petit-Jean meinte:
Siehst du die Büchse? Siehst du sie? Sie, sie sieht dich nicht!
Er fand sie sehr lustig, die kleine Geschichte, ich weniger. Ich habe mich gefragt, warum ich sie weniger komisch fand. Das ist sehr aufschlussreich.
Zunächst, wenn es einen Sinn haben soll, dass Petit-Jean mir sagt, dass die Büchse mich nicht sehe, so deshalb, weil sie in einem bestimmten Sinn mich tatsächlich anblickt, angeht.* Sie blickt mich an auf der Ebene des Lichtpunktes, wo alles ist, was mich angeht, und das ist hier durchaus nicht als Metapher gemeint.
Was erklärt die Bedeutung dieser kleinen Geschichte, die ich dem Einfall des Gefährten verdanke, und was erklärt, dass er sie so komisch fand und ich weniger? Die Geschichte ist mir erzählt worden, weil ich in dem Moment damals - so wie ich mich geschildert habe zusammen mit diesen Leuten, die so schwer für ihre Existenz zu schuften hatten in fortgesetztem Kampf gegen etwas, was für sie rohe Natur hieß - weil ich damals also ein unsäglich komisches Bild gemacht haben muss. Oder vielmehr: Ich fiel aus dem Bild heraus, ich machte mehr oder weniger einen Fleck im Bild.** Und weil mir das bewusst ist, kann nichts mich bei dieser komischen, ironischen Geschichte, die ich mich jetzt hervorbringen höre, davon abbringen, sie wenig komisch zu finden.
 

* Elle me regarde: Der Doppelsinn des Französischen "sie blickt mich an" und "sie geht mich an"
** Je faisais tant soit peu tache

Jacques Lacan

Das Land der Menschen Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Niemand kann sich erinnern, dass diese Erde einst unter einer dicken Eisschicht verborgen war. Aber tief in jeder Seele gibt es eine leise Stimme, die noch von der Kälte erzählt, vom Schnee und von Sonnenstrahlen, die sich im Eis zu bunten Lichtfontänen brechen. In den Herzen tragen auch die Menschen hier einen winzigen Klumpen vom ewigen Eis. Deshalb verspüren sie eine Sehnsucht nach dem Weiß, nach Sauberkeit und Stille. Niemand versteht diese Sehnsucht, aber alle kennen sie. In jedem Jahr muss es Winter werden, damit das Stück Erinnerung zum Leben erwacht und die Menschen glücklich sind. Sie brauchen den Winter.

Juli Zeh