Zum Inhalt der Seite




Wenn Microsoft Autos entwickeln würde... Humor, Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Bill Gates, der Herr über die meiste Software dieses Planeten, sagte bei einer öffenlichten Gelegenheit: "Wenn General Motors ebenso mit der technischen Entwicklung Schritt gehalten hätte wie die Computerindustrie, würden wir heute allesamt mit Autos für 25 $ fahren, die auf tausend Kilometer nur einen Liter verbrauchen."
Diesen Tort konnte General Motors nicht auf sich sitzen lassen. Die Firma antwortete mit einer Presseerklärung:

Hätte General Motors Technologien nach dem Muster von Microsoft entwickelt, würden wir Autos fahren, die sich durch folgende Eigenschaften auszeichnen:

1. Aus überhaupt keinem Grund würde Ihr Auto zweimal am Tag einen Totalschaden erleiden.

2. Jedes Mal, wenn die Striche auf der Straße neu gemalt werden, müssten Sie sofort einen neuen Wagen kaufen.

3. Gelegentlich würde Ihr Auto grundlos auf der Autobahn zusammenbrechen. Sie müssten dann rechts heranfahren, alle Fenster schließen, den Motor abstellen, das Auto neu starten und die Fenster wieder öffnen, bevor Sie weiterfahren könnten. Aus irgendeinem Grund würden Sie das einfach so hinnehmen.

4. Gelegentlich würde ein alltägliches Manöver - etwa der Versuch, links abzubiegen - Ihren Wagen veranlassen, abzusterben und nie wieder anzuspringen. In diesem Fall müssten Sie den Motor neu einsetzen.

5. Macintosh würde ein Auto bauen, das von der Sonne angetrieben wird, verlässlich wäre, fünfmal so schnell führe und sich zweimal so leicht lenken ließe - all dies aber nur auf 5 % der Straßen.

6. Die Warnlichter für Öl, Wassertemperatur und den Batteriestand wären durch ein einziges Signal ersetzt: Dieses Auto hat eine unerlaubte Handlung durchgeführt.

7. Das Airbagsystem würde fragen: Sind Sie sicher?, bevor die Airbags sich aufblasen.

8. Gelegentlich würde Ihr Auto Sie grundlos aussperren und sich weigern, Sie wieder hereinzulassen, sofern Sie nicht gleichzeitig den Türgriff hochheben, den Schlüssel herumdrehen und sich an der Radioantenne festhalten.

9. Jedes Mal, wenn ein neues Auto auf den Markt geworfen wird, müssten Autofahrer das Fahren wieder von vorn lernen, da keine einzige der Armaturen so funktionieren würde wie im alten Auto.

10. Man müsste auf den Startknopf drücken, um den Motor abzustellen.

"Enzyklopädie der Alltagsqualen. Ein Trostbuch für den geplagten Zeitgenossen" von Hannes Stein

Kafka Literatur, Persönliches

Autor:  halfJack

Vor einigen Tagen habe ich einen Käfer gefangen. Er flog durch den Raum, gegen die Fensterscheibe, weil er vermutlich in die Außenwelt wollte, und stürzte ab. Dabei landete er auf seinem Rücken und kam nicht mehr hoch. Ich habe ein Glas über ihn gestellt. Eine Zeit lang bewegte er sich noch. Aber ich schenkte ihm schnell keine Beachtung mehr. Jetzt, nachdem ich mich seiner wieder erinnerte, musste ich feststellen, dass er noch immer lebt. Er drückt seine Beine gegen den Boden, um sich aufzurichten. Beinahe wollte ich die Beschreibung "verzweifelt" verwenden, weil er genau danach aussieht. Seine Bewegungen wirken menschlich. Ob er wirklich etwas Derartiges fühlt, kann ich nicht sagen. Aber aus seinem kleinen Glaskäfig kann er ohnehin nicht entfliehen, selbst wenn er noch immer mit den Beinen um sich schlägt, sogar wenn er nicht auf dem Rücken läge. Doch das weiß er nicht. Darum ergeben seine Bemühungen noch so lange Sinn, bis er die Wahrheit erkennt. Ich habe ihn Kafka genannt. Weil ich es nicht schaffe, ihn zu erlösen, warte ich darauf, dass er stirbt.

Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Was soll ich anstellen mit meinen Jahren zwischen Wiege und Grab? Wenn ich mir ansehe, mit welchen lächerlichen Methoden Menschen probieren, unser lächerliches Leben zu verlängern, kann ich darüber nur lachen. Wie viele andere habe ich längst eine einfache, billige und sehr effektive Methode entdeckt, mein eigenes Leben um Jahrhunderte zu verlängern. Der Irrtum der anderen besteht doch darin, dass sie nach Wegen suchen, das Leben in die Zukunft hinein zu verlängern, ein höchst schwieriges Unterfangen mit einem höchst unklaren Ziel. Ich hingegen verlängere mein Leben in die Vergangenheit, und mein Weg dorthin ist natürlich das Lesen. Anstatt darum zu kämpfen, weitere zwei oder zehn Jahre in eine mir immer unverständlicher werdende Zukunft zu stolpern, wandere ich in Begleitung der klügsten Köpfe durch die Epochen.

"Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht" von Jakob Hein

Bekenntnisse eines englischen Opium-Essers Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Als ich mir vor vielen Jahren Piranesis ›Römische Antike‹ ansah, stand Coleridge dabei und beschrieb mir eine Reihe von Stichen dieses Künstlers, die seine Träume genannt wurden und die die Szenerie seiner Visionen während eines Fieberwahns wiedergaben. Einige von ihnen (ich beschreibe sie lediglich aus der Erinnerung an Coleridges Bericht) zeigten riesige gotische Hallen, auf deren Boden mächtige Maschinen und Geräte, Räder, Seile, Schleudern und so weiter standen, eine ungeheure Kraft ausdrückend, die sie freigesetzt, oder einen riesigen Widerstand, den sie überwunden haben. An der Seite der Mauern sah man eine Treppe sich hinauf winden, und diese Treppe schritt Piranesi persönlich empor. Folge der Treppe ein Stück weiter, und du bemerkst, daß sie ein plötzliches Ende erreicht, ohne irgendein Geländer, und keinen Schritt dem erlaubt, der das äußerste Ende erreichen sollte, es sei denn hinunter in die Tiefe. Was auch immer mit dem armen Piranesi werden sollte, zumindest war zu vermuten, daß seine Mühen in irgendeiner Weise zu Ende gehen würden. Doch erhebe deinen Blick und erblicke weiter oben noch eine Treppe, auf der wieder Piranesi zu sehen ist, der diesmal unmittelbar am Rande des Abgrundes steht. Erhebe abermals deinen Blick und entdecke eine noch luftigere Treppe, und wieder befindet sich dort der phantasierende Piranesi, mit seiner hochstrebenden Arbeit beschäftigt; und so geht es immer weiter, bis sich sowohl die unendlichen Treppen als auch der hoffnungslose Piranesi in der oberen Düsternis der Halle verlieren."

Piranesi und Thomas de Quincey

Ins Kristall bald dein Fall Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Wohl darf ich geradezu dich selbst, günstiger Leser, fragen, ob du in deinem Leben nicht Stunden, ja Tage und Wochen hattest, in denen dir all dein gewöhnliches Tun und Treiben ein recht quälendes Missbehagen erregte, und in denen dir alles, was dir sonst recht wichtig und wert, in Sinn und Gedanken zu fragen, vorkam, nun läppisch und nichtswürdig erschien? Du wusstest dann selbst nicht, was du tun und wohin du dich wenden solltest; ein dunkles Gefühl, es müsse irgendwo und zu irgendeiner Zeit ein hoher, den Kreis alles irdischen Genusses überschreitender Wunsch erfüllt werden, den der Geist wie ein strenggehaltenes furchtsames Kind gar nicht auszusprechen wage, erhob deine Brust, und in dieser Sehnsucht nach dem unbekannten Etwas, das dich überall, wo du gingst und standest, wie ein duftiger Traum mit durchsichtigen, vor dem schärferen Blick verfließenden Gestalten umschwebte, verstummetest du für alles, was dich hier umgab. Du schlichst mit trübem Blick umher wie ein hoffnungslos Liebender, und alles, was du die Menschen auf allerlei Weise im bunten Gewühl durcheinander treiben sahst, erregte dir keinen Schmerz und keine Freude, als gehörtest du nicht mehr dieser Welt an.

"Der goldene Topf" von E. T. A. Hoffmann

Die Welt ein ewiger Wechsel, das Leben ein Wahn Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Am Ende treibt dich die Ruhmsucht in der Welt umher? Da sieh hin, wie schnell alles ins Grab der Vergessenheit sinkt, sieh hin auf den unermesslichen Abgrund der Zeit vor dir und nach dir, mache dir klar die Nichtigkeit des Lobgetöns, die Wandelbarkeit und Urteilslosigkeit derer, die dir Beifall klatschen, und die Enge des Raumes, der deinen Ruhm umfasst. Ist doch die ganze Erde nur ein Punkt im All, und welch kleiner Winkel auf ihr ist deine Wohnung?

Wenn du auch dreitausend Jahre lebtest oder dreißigtausend, so vergiss doch nie, dass keiner ein anderes Leben verliert als das, welches er wirklich lebt, und kein anderes lebt als das, welches er verliert. Das längste Leben läuft also mit dem kürzesten auf eines hinaus. Der gegenwärtige Augenblick ist für alle gleich und der entschwindende sollte es nicht sein? Auch der verlorene erscheint in Wirklichkeit nur wie ein Augenblick, denn weder kann man die Vergangenheit noch die Zukunft verlieren, denn was man nicht hat, kann man auch nicht verlieren. Nur den gegenwärtigen Augenblick verliert man, da man nur diesen allein besitzt.

Marc Aurel

Jahrmarkt Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Habt ihr es wohl schon bemerkt, wie ich es nicht bezweifle, dass wenn man lange einen Kleiderschrank nicht öffnet, die Röcke nicht herausnimmt und trägt, leicht Motten sich hier und dort einspinnen und selbst ganz neues, schönes Tuch zernagen und sich ganze gute Teile herausbeißen, die nachher zu Löchern werden?
Seht Kinder, so ist es auch mit dem Menschen. Er muss an das Freie, umgepackt oder getragen werden, etwas erleben, sonst setzen sich in der ungestörten Einsamkeit noch schlimmere Motten in sein Herz und seinen Verstand. Ja, das Gemüt kann so versauern, dass der Mensch wahrhaft schlecht und elend wird."

"Die vollendete Unnatur hat auch einen gewissen Reiz; auch wird dadurch der Sinn für Natur umso mehr geläutert und geschärft."

"Ganz gut", sagte der Amtmann, "er bleibt mit allen seinen Schwächen immer ein verehrungswertes Individuum, denn er strebt einem Unsichtbaren nach, einem Überirdischen, und ein solcher ist immer mehr wert als Tausende von denen, die nichts Höheres wissen und wünschen, als nur der Gemeinheit zu dienen."

"Der Jahrmarkt" von Ludwig Tieck

"Tut mir Leid", sagte der Teller. Humor, Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Im Traum war er ein Stück Vollkornbrot gewesen. Er lag auf einem Teller und wollte das Glas Wasser heiraten, das neben ihm stand.
"Das geht nicht", sagte der Teller. "Du bist nicht rein wie das Wasser. Auf deinen Körnern haben Blattläuse gesessen und du hast das zugelassen."
"Aber ich bin doch durch das Feuer gegangen", antwortete das Brot.
"Trotzdem weiß ich das mit den Blattläusen. Tut mir Leid! Ich bleibe hart", sagte der Teller.

"Im Wolfspelz" von Wolfgang Joop

Jacques II Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Jacques ist Schriftsteller, seine Freundin Kinderärztin.

Abends erzählt sie mir, welcher ihrer Patienten an diesem Tag in ihren Armen gestorben ist. Sie ist aufgewühlt und ich weiß nicht, was ich tun soll, um sie von der Last ihres Schmerzes zu befreien.
"Vielleicht solltest du dir einen anderen Beruf suchen", sage ich, nachdem sie wegen des Todes eines epileptischen Kindes die ganze Nacht geweint hat.
Diesen Satz verzeiht sie mir nie.
"Es ist einfach, den Leuten zu helfen, ohne sie zu sehen, zu berühren oder direkt mit ihnen zu reden. Es ist einfach, es ist bequem, es ist ungefährlich!"
"Du willst doch wohl nicht, dass ich mich zu jedem meiner Leser setze und mit ihm diskutiere?"
"Doch, genau das sollst du tun! Du hast dir diesen Job ausgesucht, um vor der Welt zu fliehen. Mit wem hast du denn schon zu tun, verbarrikadiert in deinem Zimmer, immer nur vor dem Computer? Mit deinem Verleger? Mit deinen wenigen Freunden? Das ist doch nicht die Welt. Du lebst in einer Fantasiewelt, einem kindlichen Universum, das nur in deinem Kopf existiert, egal was, Hauptsache, du musst nicht erwachsen werden. Aber eines Tages wird die wirkliche Welt dich einholen, meine Welt, die, in der ich mich mit meinen Kranken, meinen Deprimierten, meinen Gedemütigten herumschlage. Mit deinen Büchern wirst du nie etwas an dem Elend, dem Hunger und den Kriegen ändern."
Mir gehen Fragen durch den Kopf. Ist mein Beruf wirklich unmoralisch?
Um mich wieder ins Gleichgewicht zu bringen, gehe ich am Abend ins Kino und sehe mir genau die Art von Film an, die ich normalerweise hasse wie die Pest. Dort wird lang und breit all das gezeigt: Arme, Kranke, vom Schicksal Geschlagene und Leute, die sich gegenseitig umbringen. Wenn das die Realität ist, dann ziehe ich das Kino in meinem Kopf vor.
Die Worte wirken mit Verspätung. Ich kann nicht mehr schreiben. Ich bin ein Perverser, der Spaß daran hat, verrückte Geschichten zu verfassen, während die ganze Welt leidet. Soll ich mich jetzt den "Ärzten ohne Grenzen" anschließen? Durch Afrika laufen und jedes Kind impfen, das mir unter die Nase kommt? Ich spüre in mir Anfänge einer Alles-sinnlos-Krise. Bewährtes Mittel dagegen: mich im Klo einschließen und Bilanz ziehen. Ist es eine Schreibblockade? Ist es die Verzweiflung, nicht allen Geplagten auf diesem Planeten helfen zu können? Ist es die Hilflosigkeit, Tyrannen und Ausbeutern gegenüber machtlos zu sein?
Ich reiße mich am Riemen, schicke einen Scheck an eine karitative Organisation und setze mich wieder an den Schreibtisch. Ich liebe das Schreiben so sehr, dass ich sogar bereit bin, dafür zu bezahlen, dass ich mich ihm in Ruhe widmen kann.

"Im Reich der Engel" von Bernard Werber

Jacques I Humor, Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Eines Tages läuft Jacques von seinen Eltern fort und hat nur die fernsehsüchtige Katze Mona Lisa bei sich...

Mona Lisa dreht völlig durch, weil ich keinen Fernseher habe. Sie springt wie eine Wahnsinnige umher. Mit den Pfoten zeigt sie auf die Steckdosen und den Antennenanschluss, für den Fall, dass ich diese noch nicht entdeckt habe.
Nach ein paar Tagen Fernsehentzug verfällt Mona Lisa in eine Depression. Sie frisst nicht mehr, entzieht sich meinen Streicheleinheiten, schnurrt nicht mehr und faucht, sobald ich mich ihr nähere.
Gestern habe ich Mona Lisa tot auf dem Tisch gefunden, auf den ich einen Fernseher hätte stellen können. Ich vergrabe sie hinter einem Busch in einem Park. Als Grabstein stecke ich eine Fernbedienung in die Erde, die ich in einer Mülltonne gefunden habe. Dann gehe ich ins nächste Tierheim und adoptiere Mona Lisa II., die der jungen Mona Lisa I. unglaublich ähnelt: das gleiche Fell, der gleiche Blick, die gleiche Haltung.
Diesmal begehe ich nicht denselben Fehler. Ich spare von meinem Lebensmitteletat die erste Rate für einen kleinen gebrauchten Fernseher ab und lasse ihn von morgens bis abends laufen.

"Im Reich der Engel" von Bernard Werber